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Rom, 1953. Hal, ein englischer Journalist, hat sich nach dem Krieg nach Italien abgesetzt. Eines Nachts trifft er dort die geheimnisvolle Stella, die ihm wie ein kurzer Moment des absoluten Glücks erscheint. Doch so unverhofft sie in sein Leben tritt, so schnell ist sie am nächsten Morgen wieder verschwunden.

Ein Jahr später begegnen sie sich wieder, an Bord eines Schiffs, das die ligurische Küste entlang nach Cannes unterwegs ist, auf Einladung einer Contessa, deren Film dort gezeigt wird. Hal soll über die Reise berichten, merkt jedoch schnell, dass ihm der Auftrag zum Verhängnis wird. Unter der illustren Schar der Gäste sind nämlich auch Frank Truss, ein unberechenbarer und skrupelloser amerikanischer Geschäftsmann, und dessen Ehefrau – die, zu Hals Bestürzung, niemand anderes ist als jene rätselhafte Stella. Weder Hal noch Stella können ihre Gefühle füreinander verleugnen. Doch die Stimmung an Bord wird immer angespannter, und je näher sie dem Ziel ihrer Reise kommen, desto auswegloser scheint ihre Situation …

 

Große Emotionen, schicksalhafte Lebensgeschichten und prächtige Bilder verweben sich zu einem üppigen, bittersüßen Schmöker, der das Lebensgefühl des Dolce Vita in all seiner Sinnlichkeit heraufbeschwört.

 

Lucy Foley, 1986 in Sussex geboren, hat Englische Literatur in Durham studiert und ihren Masterabschluss in Moderner Literatur an der Universität in London gemacht. Sie arbeitete einige Jahre als Lektorin im Verlag und schrieb währenddessen ihren ersten Roman, Die Stunde der Liebenden (it 4479).

Lucy Foley lebt in London, wenn sie nicht gerade auf der Suche nach neuen Romanstoffen die Welt bereist.

 

 

Lucy Foley

Das
VERSPRECHEN
eines
SOMMERS

Roman

Aus dem Englischen
von Christel Dormagen

Insel Verlag

 

 

Die Originalausgabe erschien 2016 unter dem Titel The Invitation bei HarperCollinsPublishers, London. All rights reserved.

 

 

 

 

eBook Insel Verlag Berlin 2017

Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des insel taschenbuchs 4578.

Copyright © Lost and Found Books Ltd 2016

© der deutschen Ausgabe Insel Verlag Berlin 2017

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Umschlagfoto: Colin Anderson, mauritius images, Mittenwald

Umschlaggestaltung: Rothfos & Gabler, Hamburg

eISBN 978-3-458-75194-6

www.insel-verlag.de

Für meine geliebten Eltern, Sue und Patrick Foley – die Stifterin von Freundschaften und den Geschichtsforscher

Prolog

Essaouira, Marokko, 1955

 

Essaouira wirkt wie das Ende der Welt. Von Marrakesch braucht man mehrere Stunden mit dem Bus oder dem Auto, auf einer Strecke, die einen heftig durchrüttelt und mehr einer Piste als einer Straße gleicht. Dort angekommen, steht man dann dem gewaltigen, windgepeitschten Atlantik gegenüber. Furchteinflößend und grau wie eine alte Gouvernante.

Die Stadt wird vom Meer beherrscht: ein langgestrecktes, in salzige Gischt gehülltes, windumtostes Band aus Weiß und Blau. Von der Dachterrasse meines Hauses sieht man die weiten Boulevards, die die Souks umschließen. Dazu die schmaleren, gewundenen Wege, die sie durchziehen wie ein Netz aus pulsierenden Adern, mit ihren verwegen aufgetürmten Warenbergen am Rand. Doch der hiesige Markt ist längst nicht so turbulent wie der in Marrakesch, wo die Händler ununterbrochen brüllen und feilschen. Das mag auch daran liegen, dass das Tempo hier insgesamt langsamer ist als dort – oder, genauer gesagt, als an jedem anderen Ort, den ich kenne.

Außer mir gibt es hier noch einige andere westliche Ausländer. Die meisten sind in gewisser Hinsicht Exilierte; die Gründe dafür sind allerdings sehr unterschiedlich und lassen sich kaum generalisieren: der Druck durch McCarthy, Bankrott, zerbrochene Ehen. Der lange Schatten der Bombe.

Von der anderen Seite meiner Terrasse geht der Blick direkt auf den Atlantik. Ich bin gern dort oben und beobachte, wie die blau gestrichenen Fischerboote in den ersten Morgenstunden hinausfahren, um dann, beladen mit dem Tagesfang, in der Dämmerung wieder heimzukehren. Das verleiht dem Tag einen Rhythmus. Ich kenne die Launen des Ozeans inzwischen fast so gut wie jene Fischer, und von denen gibt es eine Menge. Ich beobachte auch gern, wie Wetterfronten aus der Ferne heranziehen, das Nahen eines gelegentlichen Gewitters.

Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich in Panik gerate, weil ich mich nicht mehr an ihr Gesicht erinnere. Ich habe das Gefühl, sie entgleitet mir. Dann beschwöre ich Details herauf, die mir noch lebhaft in Erinnerung sind. Den Duft ihrer von der Sonne gewärmten Haut, ein Geruch wie reifer Weizen. Oder den Ausdruck ihrer Augen, als sie mir von all dem erzählte, was sie verloren hat.

An den seltenen windstillen Tagen male ich mir häufig aus, wie sie aus der Tiefe auftaucht, wie eine Venus, die auf den Schaumkronen zu mir getragen wird. Vielleicht nicht unbedingt getragen, das war nicht ihre Art. Vielmehr kommt sie herausgeschritten und schüttelt sich das Meerwasser aus ihrem feucht glänzenden Haar. Zum Glück ist das hier das falsche Meer. Hätte ich die letzten Jahre damit verbracht, auf das Meer hinauszustarren, das unseres war, wäre ich verrückt geworden.

Manchmal überlege ich, ob ich nicht vielleicht tatsächlich ein bisschen verrückt geworden bin. Das Majoun, für das ich inzwischen eine Schwäche habe, ist sicherlich nicht gerade förderlich. Hin und wieder habe ich Halluzinationen, wenn ich es nehme, und bin dann fest überzeugt, dass das, was ich gerade sehe, real ist. Manchmal kommen solche Halluzinationen noch Tage oder sogar eine Woche später. Immerhin beeinträchtigt es nicht das Schreiben. Vielleicht hilft es sogar.

Jener Frühling damals war der Anfang von allem. Die Sonne, das Meer, der Zauber, der über allem lag, der Vorbote eines großen Sommers. Davor hatte ich mich halb schlafend durchs Leben treiben lassen. Davor hatte ich nicht gewusst, wozu ein menschliches Herz fähig ist.

Ich kann mich an all das mit erstaunlicher Klarheit erinnern.

Und obwohl ich weiß, dass ich dies hier jetzt tun muss, weil es sonst nie geschieht, kann ich nicht leugnen, dass ich mich davor fürchte, in jene Zeit zurückzukehren. Denn das, was damals geschehen ist, war ganz allein meine Schuld.

ERSTER TEIL