Kay Biesel, Lukas Fellmann, Brigitte Müller, Clarissa Schär, Stefan Schnurr

Prozessmanual.
Dialogisch-systemische Kindeswohlabklärung

Kay Biesel

Lukas Fellmann

Brigitte Müller

Clarissa Schär

Stefan Schnurr

Prozessmanual.
Dialogisch-systemische Kindeswohlabklärung

Haupt Verlag

1

Einführung

2

Grundlagen und Praxisprinzipien

3

Kindeswohlabklärung als dialogisch-systemischer Prozess

4

Zusammenarbeit im Kindesschutz

5

Dokumentation im Kindesschutz

6

Glossar

7

Entstehungskontext des Prozessmanuals

8

Literatur

www.kindeswohlabklaerung.ch

Weiterführende Informationen zur Einführung und Verwendung des Prozessmanuals sowie Werkzeugkästen und Checklisten zur Prozessgestaltung von Kindeswohlablärungen stehen auf der Webseite zur Verfügung.

Übersicht Kapitel 3: Kindeswohlabklärung als dialogisch-systemischer Prozess

3.1

Schlüsselprozess Ersteinschätzung

3.1.1

Aufgabe und Funktion

3.1.2

Fachliche Herausforderungen

3.1.3

Empfehlungen zur Prozessgestaltung Werkzeugkasten, Checkliste

3.2

Schlüsselprozess Kindeswohleinschätzung

3.2.1

Aufgabe und Funktion

3.2.2

Fachliche Herausforderungen

3.2.3

Empfehlungen zur Prozessgestaltung Werkzeugkasten, Checkliste

3.3

Schlüsselprozess Sofortmassnahmen

3.3.1

Aufgabe und Funktion

3.3.2

Fachliche Herausforderungen

3.3.3

Empfehlungen zur Prozessgestaltung Checkliste

3.4

Schlüsselprozess Kernabklärung

3.4.1

Aufgabe und Funktion

3.4.2

Fachliche Herausforderungen

3.4.3

Empfehlungen zur Prozessgestaltung Werkzeugkasten, Checkliste

3.5

Schlüsselprozess Bedarfsklärung

3.5.1

Aufgabe und Funktion

3.5.2

Fachliche Herausforderungen

3.5.3

Empfehlungen zur Prozessgestaltung Werkzeugkasten, Checkliste

3.6

Schlüsselprozess Ergebnisklärung

3.6.1

Aufgabe und Funktion

3.6.2

Fachliche Herausforderungen

3.6.3

Empfehlungen zur Prozessgestaltung Werkzeugkasten, Checkliste

1
Einführung

 

1.1 Kindeswohlabklärungen

Kindeswohlabklärungen dienen dem Ziel, das Wohl von Kindern zu schützen und zu fördern. Sie werden erforderlich, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die Lebenssituation eines Kindes von Problemlagen geprägt ist, die sein Wohlergehen beeinträchtigen und seine Entwicklung gefährden können. Am Ende einer Abklärung sollen begründete und belastbare Aussagen darüber vorliegen, ob das Wohl eines Kindes gewährleistet ist, wie allfällige Gefährdungen des Kindeswohls abgewendet werden können und wie das Kindeswohl bestmöglich geschützt, gesichert und gefördert werden kann. Dabei gilt der Grundsatz, dass das Wohl von Kindern gewahrt ist, wenn ihre altersmässigen Grundbedürfnisse befriedigt sind und ihre Rechte beachtet werden. Die Befriedigung der altersmässigen Grundbedürfnisse und die Gewährleistung der Rechte sind in Kindeswohlabklärungen demnach übergeordnete Bezugsnormen. In einer Kindeswohlabklärung geht es folglich darum, die Lebenssituation eines Kindes unter Berücksichtigung verschiedener Dimensionen (körperlich, geistig, seelisch, sozial) in einer hinreichenden Komplexität zu erfassen und mit diesen Bezugsnormen abzugleichen. Der Blick richtet sich dabei auf das Kind selbst, seinen Entwicklungsstand, seine Ressourcen und Bedürfnisse, auf seine unmittelbare Umgebung, auf die Art und Weise, wie es von den Eltern (bzw. den engsten Betreuungspersonen) versorgt wird, auf seine Erziehung und Förderung, auf die Beziehung zwischen Eltern und Kind sowie auf weitere bedeutsame soziale Beziehungen des Kindes. Fachpersonen, die Abklärungen durchführen, stehen somit vor der Aufgabe, jeweils in einem engen Bezug zur konkreten Lebenssituation eines Kindes bzw. mehrerer Kinder in einer Familie begründete Einschätzungen zu folgenden Fragen zu erarbeiten: Sind die altersmässigen Grundbedürfnisse erfüllt und werden die Rechte des Kindes gewährleistet? Ist das Wohl des Kindes bereits gefährdet oder droht eine solche Gefährdung in der Zukunft – in welcher Hinsicht? Welche Antworten (Unterstützungsleistungen, Kindesschutzmassnahmen) sind erforderlich, um festgestellte oder drohende Gefährdungen abzuwenden? Welche Antworten sind erforderlich, um das Wohl des Kindes jetzt und zukünftig bestmöglich zu sichern und zu fördern? Abklärungen dienen somit immer der Vorbereitung von Entscheiden über angemessene Antworten auf eine vorgefundene Situation bzw. einen vorgefundenen Bedarf.

Was sind Anlässe für Kindeswohlabklärungen?

Etwas vereinfachend lassen sich drei typische Anlässe für Kindeswohlabklärungen unterscheiden:

• Ein Kind oder seine Eltern wenden sich an eine Fachstelle (z. B. einen Kinder- und Jugendhilfedienst, Sozialdienst) und zeigen an, dass sie sich in einer Problemsituation befinden und Unterstützung brauchen.

• Fachpersonen eines Fachdienstes gewinnen im Kontakt mit einem jungen Menschen oder einer Familie den Eindruck, dass eine Problemsituation vorliegen könnte, die das Wohl eines Kindes gefährdet und weiterer Klärung bedarf; ein Fachdienst erhält von externen Fachpersonen, Einrichtungen (Kindertagesstätte, Kindergarten, Schule) oder weiteren Personen Hinweise darauf, dass das Wohl eines Kindes gefährdet sein könnte.

• Eine Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde erhält Hinweise auf mögliche Gefährdungen des Kindeswohls oder nimmt solche selbst wahr.

Wer führt Kindeswohlabklärungen durch?

Ein Merkmal der schweizerischen Kinder- und Jugendhilfe bzw. des schweizerischen Kindesschutzsystems ist das Zusammenspiel von Fachdiensten (Kinder- und Jugendhilfediensten, Sozialdiensten) einerseits und Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) andererseits. Abklärungen des Kindeswohls werden sowohl von Fachdiensten (Kinder- und Jugendhilfediensten, Sozialdiensten) als auch von Kindes-und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) durchgeführt.

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) führen Abklärungen des Kindeswohls generell «von Amts wegen» durch (Art. 446 ZGB). Sie sind mit weitreichenden Kompetenzen und Machtmitteln ausgestattet. Unter anderem können sie eine Abklärung auch gegen den artikulierten Willen der Sorgeberechtigten anordnen. In diesem Fall gilt für die Eltern eine Mitwirkungspflicht. In Bezug auf die Organisation der Abklärungen unterscheiden sich die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB). Einige KESB führen eigene (sogenannte interne) Abklärungsdienste. Die knappe Mehrheit der insgesamt 147 Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden der Schweiz delegieren Abklärungsaufgaben ganz oder teilweise an externe Fachdienste wie zum Beispiel Kinder- und Jugendhilfedienste, Sozialdienste und andere externe Stellen (Rieder et al. 2016, S. 47f.). Dazu können auch gewerbliche Anbieter zählen.

Kinder- und Jugendhilfedienste und Sozialdienste führen Abklärungen als eine auf Dauer gestellte Leistung im Rahmen ihres jeweils eigenen Leistungsauftrags durch, der auf der Ebene der Kantone bzw. Gemeinden festgelegt ist. Auch diese Abklärungen beziehen sich typischerweise auf Fragen der Gewährleistung des Kindeswohls, daraus abzuleitende Unterstützungsbedarfe und angemessene Antworten auf gegebenenfalls festgestellte Gefährdungslagen. Wird im Rahmen solcher Abklärungen ein Unterstützungsbedarf festgestellt, mündet die Abklärung typischerweise in die Vorbereitung eines Leistungsentscheids. Nicht selten werden auf diese Weise auch Entscheide über Leistungen vorbereitet, die einen erheblichen Eingriff in die Lebenssituation des Kindes und der Familie bedeuten (z. B. Sozialpädagogische Familienbegleitung, Sozialpädagogische Tagesstrukturen, Heimerziehung, Familienpflege und andere ergänzende Hilfen zu Erziehung). Dieser Prozess wird an vielen Orten auch als Indikationsstellung bezeichnet. Durch die Einbettung der Abklärung und des ausführenden Fachdienstes in den Rahmen kantonalen Verwaltungsrechts und kommunaler Bestimmungen zu Angeboten für Kinder, Jugendliche und Familien kann es sich dabei ausschliesslich um Leistungen handeln, die im Einvernehmen mit den Eltern vereinbart werden.

Abklärung in Leistungsverwaltungen und Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB)

Verfahrenskontext

Kantonale/kommunale Leistungsverwaltungen (freiwilliger Kindesschutz)

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) (zivilrechtlicher Kindesschutz)

Anlass der Abklärung

Hinweise auf Gefährdung des Wohls eines Kindes oder auf Unterstützungsbedarf an einen kantonalen/kommunalen Fachdienst. Solche Hinweise können Mitarbeitende eines Fachdienstes aufgrund der Zusammenarbeit mit einem Kind / einer Familie selbst wahrnehmen oder sie werden von Kindertagesstätte, Schule, Kindergarten oder Einzelpersonen an einen Fachdienst herangetragen. Im Rahmen geltender Melderechte und -pflichten entscheiden Fachdienste, ob sie eine Abklärung selbst durchführen oder ob sie den Fall per Gefährdungsmeldung an eine KESB weitergeben.

Hinweise auf Gefährdung des Wohls eines Kindes an eine Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB). Es liegt im Ermessen der KESB, ob sie einen Hinweis als Meldung im Sinne von Art. 443 ZGB sowie geltender Melderechte und -pflichten behandelt («Gefährdungsmeldung») und ein Kindesschutzverfahren eröffnet. Sie kann darauf verzichten, ein behördliches Kindesschutzverfahren zu eröffnen, und den Fall zur weiteren Bearbeitung an einen Fachdienst weitergeben.

Mitwirkung der Eltern

Eltern sind willens und (ggf. mit Unterstützung durch Fachpersonen) in der Lage, bei der Abklärung einer Gefährdung des Kindeswohls mitzuwirken; sie sind willens und in der Lage, bei der Wahl und Realisierung von Leistungen zur Abwendung einer im Abklärungsprozess festgestellten Gefährdung des Kindeswohls mitzuwirken (Mitwirkung im Einvernehmen).

Eltern sind nicht willens oder nicht in der Lage, an der Abklärung und Abwendung einer Gefährdung des Kindeswohls mitzuwirken. Ist ein Kindesschutzverfahren eröffnet, gilt für die Eltern eine Mitwirkungspflicht.

Fallverantwortliche Organisation

Kinder- und Jugendhilfedienst, Sozialdienst; andere nichtbehördliche Fachdienste

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB)

Rechtlicher Rahmen

Kantonales Recht: Kantonale und kommunale Gesetze und Verordnungen zu sozialen Fachdiensten bzw. zu sozialen Leistungen für Kinder, Jugendliche und Familien, kantonales Verwaltungsverfahrensrecht

Bundesrecht: Zivilgesetzbuch (ZGB), Zivilprozessordnung (ZPO).
Kantonales Recht: Kantonales Einführungsrecht zum Kindesschutzrecht, kantonales Verwaltungsverfahrensrecht

Verfahrensrechtlicher Kontext der Abklärung

Abklärung ist integraler Bestandteil des Leistungsauftrags eines kantonalen oder kommunalen Fachdienstes (Kinder- und Jugendhilfedienst; Sozialdienst; ggf. andere nichtbehördliche Dienste).

Abklärung ist integraler Bestandteil der Ausübung zivilgesetzlichen und kantonalen Kindesschutzrechts durch eine Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) oder in deren Auftrag.

Abklärende Dienste (Optionen)

Kinder- und Jugendhilfedienst, Sozialdienst; andere nichtbehördliche Dienste, gewerbliche Anbieter im Auftrag eines Kantons oder einer Gemeinde

Interner Abklärungsdienst einer KESB. Kinder- und Jugendhilfedienst, Sozialdienst; andere nichtbehördliche Dienste; gewerbliche Anbieter im Auftrag einer KESB

Verhältnis abklärende Fachpersonen vs. Eltern

Einvernehmliche Arbeitsbeziehung: einvernehmliche Zusammenarbeit in Bezug auf das Ziel, Gefährdungen abzuwenden und das Wohl des Kindes zu sichern und zu fördern

Verpflichtende Arbeitsbeziehung: durch die Mitwirkungspflicht erzwungene Zusammenarbeit in Bezug auf das Ziel, Gefährdungen abzuwenden

Rechte des Kindes

Recht auf Anhörung und Mitsprache. Art. 12 UN-Kinder-rechtskonvention ist massgebend und direkt anwendbar, auch wenn das kantonale Recht keine spezifische Regelung zur Beteiligung von Kindern enthält.

Recht auf Anhörung nach Art. 314a ZGB; Vertretung des Kindes nach Art. 314abis1 ZGB

Abklärungstyp

Einvernehmliche Abklärung

Behördlich angeordnete Abklärung

In einigen Kantonen ist es Praxis, dass kantonale/kommunale Fachdienste (Kinder-und Jugendhilfedienste, Sozialdienste) nicht nur Abklärungen im Rahmen ihres eigenen Leistungsauftrags durchführen, sondern auch Abklärungen im Auftrag einer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB).

Der entscheidende Unterschied liegt in der rechtlichen Rahmung: Die Abklärung wird in einem speziellen Auftragsverhältnis und im Kontext des zivilrechtlichen Kindesschutzes und seiner verfahrensrechtlichen Bestimmungen ausgeführt. In formaler Hinsicht ist das ausschlaggebende Kriterium, in wessen Auftrag die Abklärung durchgeführt wird. In materieller Hinsicht ist das ausschlaggebende Kriterium die Mitwirkungsbereitschaft der Eltern. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips kommt die Anordnung einer Abklärung durch eine Kindes-und Erwachsenenschutzbehörde infrage, wenn Hinweise vorliegen, dass das Wohl eines Kindes gefährdet sein könnte und die Eltern weder willens noch in der Lage sind, an der Abklärung und einer gegebenenfalls notwendigen Abwendung der Kindeswohlgefährdung mitzuwirken.

In fachlich-methodischer Hinsicht wird sich eine Abklärung, die im Rahmen des Leistungsauftrags eines kantonalen/kommunalen Fachdienstes durchgeführt wird, von einer Abklärung, die von einer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) oder in deren Auftrag durchgeführt wird, nicht zwingend unterscheiden. In beiden Fällen geht es um die Einschätzung der Lebenssituation des Kindes unter der gleichen Bezugsnorm «Kindeswohl»; in beiden Fällen sind viele für die Klärung von Kindeswohlfragen unverzichtbare Informationen nur im Kontakt und Austausch mit dem Kind und der Familie zu gewinnen; in beiden Fällen sind daher die Anforderungen an das methodische Vorgehen und an die professionelle Haltung der abklärenden Fachpersonen die gleichen. Das «Prozessmanual. Dialogisch-systemische Kindeswohlabklärung» wurde mit dem Ziel entwickelt, Fachpersonen bei der praktischen Durchführung von Abklärungsprozessen zu unterstützen, die in beiden Verfahrenskontexten angesiedelt sein können: im Kontext kantonaler/kommunaler Leistungsverwaltungen (freiwilliger Kindesschutz) und im Kontext von Kindes-und Erwachsenenschutzbehörden (zivilrechtlicher bzw. behördlicher Kindesschutz). Allerdings wurde davon ausgegangen, dass sowohl Abklärungen im Pflichtkontext als auch Abklärungen in Fällen vermuteter manifester Gefährdungen des Kindeswohls (Misshandlung, Unterversorgung) mit gesteigerten Anforderungen an die Professionalität und an das methodische Vorgehen verbunden sind. Bei der Entwicklung des Prozessmanuals wurde deshalb versucht, Empfehlungen zum fachlichen Vorgehen bei der Durchführung von Kindeswohlabklärungen zu erarbeiten, die Fachpersonen darin unterstützen, auch bei solchen gesteigerten Anforderungen professionell im Interesse des Wohls von Kindern und Familien zu handeln.

Was sind Ergebnisse von Kindeswohlabklärungen?

Kindeswohlabklärungen dienen der Vorbereitung von Entscheiden. Vereinfacht gesprochen wird aus der Einschätzung von Gefährdungslagen und ihren Kontextbedingungen ein Unterstützungsbedarf abgeleitet; auf dieser Grundlage können Fachpersonen unter Einbezug wissenschaftlichen Wissens und Erfahrungswissens schlussfolgern, welche Interventionen (Leistungen, Ressourcen etc.) erforderlich und geeignet sind, damit allfällige Gefahren und Gefährdungen abgewendet und Unterstützungsbedarfe gedeckt werden können sowie das Kindeswohl gesichert und gefördert werden kann. Diese Leistungen können entweder im Einvernehmen mit den Eltern vereinbart oder aber, falls die Eltern einer zur Abwendung von Gefährdungen des Kindeswohls erforderlichen Leistung nicht zustimmen, gegen den artikulierten Willen der Eltern angeordnet werden. Zur Aufgabe, auf eine erforderliche und geeignete Leistung zu schliessen, tritt somit die Aufgabe, zu einer begründeten Einschätzung darüber zu kommen, ob eine notwendige Leistung mit den Eltern vereinbart werden kann oder ob sie angeordnet werden muss. Stimmen die Eltern der Leistung zu und sind sie bereit und in der Lage, an deren Realisierung mitzuwirken, kann die Leistung im Einvernehmen mit den Eltern vereinbart werden. Stimmen die Eltern einer zur Abwendung von Gefährdungen des Kindeswohls erforderlichen Leistung nicht zu und sind sie weder bereit noch in der Lage, an ihrer Realisierung mitzuwirken, kann die Leistung durch die Kindes- und Erwachsenenbehörden angeordnet werden. Die Kompetenz zur Anordnung geeigneter und erforderlicher Leistungen liegt ausschliesslich bei den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB). Zusätzlich oder alternativ zu Leistungen kann die KESB ausserdem Kindesschutzmassnahmen anordnen: Mahnungen, Weisungen, Erziehungsaufsicht und weitere Massnahmen (Art. 307 ZGB), Beistandschaft (Art. 308 ZGB), Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts (Art. 310 ZGB) und die Entziehung der elterlichen Sorge (Art. 311, 312 ZGB). Zusammenfassend lässt sich sagen: Kindeswohlabklärungen dienen der Vorbereitung von Entscheiden über angemessene Antworten auf Lebenssituationen von Kindern und Familien, in denen zum Schutz des Kindeswohls Unterstützungsleistungen sowie gegebenenfalls Eingriffe in die elterliche Autonomie erforderlich sind. In anderen Worten: Kindeswohlabklärungen zielen auf die begründete Empfehlung von Leistungen und/oder Kindesschutzmassnahmen:

Ergebnisse von Kindeswohlabklärungen: Leistungen und/oder Kindesschutzmassnahmen

Vereinbarte Leistungen

Leistungen, die im Einvernehmen mit den Eltern vereinbart und unter Mitwirkung der Eltern und des Kindes umgesetzt werden (vereinbarte Leistungen). Dabei kommen primär Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe infrage und hier mit grosser Häufigkeit Leistungen aus dem Spektrum der ergänzenden Hilfen zu Erziehung (Heimerziehung, Familienpflege, Sozialpädagogische Familienbegleitung, Sozialpädagogische Tagesstrukturen). Mitunter werden als Ergebnis von Abklärungen auch Empfehlungen zu Leistungen aus anderen Versorgungssystemen ausgesprochen (Gesundheits-, Bildungs-, Sozialsystem).

Angeordnete Leistungen

Leistungen, die durch eine Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde angeordnet werden, bzw. eine behördliche Weisung zur Inanspruchnahme einer Leistung auf der Grundlage von Art. 307 ZGB. Das Spektrum an Leistungen ist dabei prinzipiell offen («Geeignete Massnahmen», Art. 307 ZGB). In der Praxis handelt es sich überwiegend um die oben bereits genannten Leistungen.

Kindesschutzmassnahmen nach ZGB

Kindesschutzmassnahmen: Beistandschaft (Art. 308 ZGB), Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts (Art. 310 ZGB), Entziehung der elterlichen Sorge (Art. 311, 312 ZGB) bzw. weitere Kindesschutzmassnahmen nach ZGB

 

1.2 Ziele und Aufbau des Prozessmanuals

Das «Prozessmanual. Dialogisch-systemische Kindeswohlabklärung» ist mit dem Ziel konzipiert worden, Fachpersonen in unterschiedlichen Abklärungskontexten bei der Umsetzung von Abklärungsaufgaben Orientierung zu bieten und sie anzuleiten.

Es soll abklärende Fachpersonen dabei unterstützen,

• elementare Versorgungs-, Pflege-, Entwicklungs-, Bindungs- und Kommunikationsbedürfnisse gefährdeter und/oder misshandelter Kinder innerhalb und ausserhalb familialer Settings sicherzustellen,

• auf der Basis differenzierter und begründeter Einschätzungen darauf zu schliessen, welche Leistungen und/oder Kindesschutzmassnahmen erforderlich und geeignet sind, um Gefährdungen des Wohls von Kindern abzuwenden und deren Wohl bestmöglich und nachhaltig zu fördern,

• Fehleinschätzungen zu verringern und unverhältnismässige Eingriffe in die Familienautonomie ebenso zu vermeiden wie unnötige, ungeeignete, aber gleichwohl kostenintensive Leistungen.

Es kann zudem dazu herangezogen werden, um zwischen abklärenden Diensten und KESB Schnittstellen, Fragen der Zusammenarbeit und der Arbeitsteilung zu klären und Standards für Abklärungen im Kindesschutz miteinander zu erarbeiten und zu vereinbaren.

Das Prozessmanual ist eine forschungsbasierte und in der Praxis erprobte Wegleitung, die eine umfassende praxisbezogene Orientierung für das konkrete Vorgehen in Abklärungsprozessen im Kindesschutz bieten will. Dazu werden verschiedene für die Abklärung von Kindeswohlgefährdungen relevante Schlüsselprozesse definiert. Diese Schlüsselprozesse beziehen sich auf generische Komponenten von Abklärungsprozessen, die in je unterschiedlichen Gewichtungen und mit je unterschiedlichen Anforderungen in Abklärungsprozessen vorkommen können – unabhängig davon, ob sie im Kontext des Leistungsauftrags von Kinder- und Jugendhilfediensten, Sozialdiensten oder anderen Fachdiensten nach kantonalem Recht durchgeführt werden oder im Kontext des zivilgesetzlichen (behördlichen) Kindesschutzes durch oder im Auftrag einer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB).

 

Schlüsselprozesse zur dialogisch-systemischen Kindeswohlabklärung

Ersteinschätzung

Hinweise auf Gefährdungen des Kindeswohls entgegennehmen und einschätzen

Kindeswohleinschätzung

Zur Einschätzung des Grads der Sicherheit und Grundversorgung des Kindes mit dem Kind, seiner Familie und weiteren Fachpersonen Kontakt aufnehmen

Sofortmassnahmen

Sofortmassnahmen für das gefährdete Kind und seine Familie besprechen, organisieren und einleiten

Kernabklärung

Die Gewährleistung des Kindeswohls mit dem Kind, seiner Familie und weiteren fachlichen Partnern wahrnehmen, erkunden und verstehen

Bedarfsklärung

Handlungsempfehlungen und einen Plan zur Förderung und Sicherung des Kindeswohls mit dem Kind, seiner Familie und weiteren fachlichen Personen entwickeln

Ergebnisklärung

Ergebnisse der Abklärung dem Kind und seiner Familie aufzeigen und ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme geben

Die Schlüsselprozesse werden aus Gründen der Trennschärfe und Übersichtlichkeit in einer linearen Reihenfolge vorgestellt. Um der Einmaligkeit und Komplexität von Kindesschutzfällen in der Abklärungspraxis gerecht zu werden, können sich die einzelnen Schlüsselprozesse in der Umsetzung teilweise stärker überschneiden oder andere Abfolgen erfordern; auch kann es nötig werden, Schlüsselprozesse aufgrund dynamischer Entwicklungen zu wiederholen. Mit der sequenziellen Darstellung der sechs Schlüsselprozesse wird somit keine starre Reihenfolge postuliert, auch wenn viele Abklärungen im Kindesschutz mit einer Ersteinschätzung beginnen.

Das Prozessmanual verfolgt den Anspruch, der Sicherung des Kindeswohls bereits während der Durchführung von Abklärungen zu dienen, und will die Zusammenarbeit zwischen KESB, Kinder- und Jugenddiensten, Sozialdiensten und anderen im Kindesschutz tätigen Organisationen unterstützen.

Das Prozessmanual enthält

• Grundsätze und Methoden zur Gestaltung des Kontakts mit Kindern, Jugendlichen und Eltern,

• Empfehlungen zu Methoden und Instrumenten,

• Argumentationshilfen zur Begründung von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und zur Ableitung von Empfehlungen für die Anordnung oder den Verzicht auf zivilrechtliche Kindesschutzmassnahmen,

• Checklisten, Planungs- und Entscheidungshilfen,

• Anregungen und Hinweise zur Dokumentation von Abklärungen und zur Erstellung von Abklärungsberichten.

In Kapitel 2 werden die Grundlagen und Prinzipien dialogisch-systemischer Kindeswohlabklärung erläutert. Daraus werden fünf Grundsätze professionellen Handelns in Kindeswohlabklärungen in Form von Praxisprinzipien hergeleitet. Im Hauptteil des Prozessmanuals werden Aufgaben und Funktionen, Herausforderungen und Empfehlungen zur Gestaltung einer Kindeswohlabklärung entlang der sechs Schlüsselprozesse umfassend beschrieben. Am Ende jedes Schlüsselprozesses finden sich Hinweise auf Methoden und Instrumente. Diese werden jeweils nur einmal genannt, obwohl einige auch in anderen Schlüsselprozessen sinnvoll verwendet werden können.

Neben konkreten Empfehlungen zur Prozessgestaltung von Kindeswohlabklärungen enthält das Prozessmanual auch Überlegungen zur Zusammenarbeit zwischen abklärenden Diensten und KESB während und nach der Durchführung von Abklärungen (Kapitel 4) und zur Dokumentation (Kapitel 5). Es wird abgerundet durch ein Glossar (Kapitel 6).

1.3 Adressatinnen und Adressaten des Prozessmanuals

Das «Prozessmanual. Dialogisch-systemische Kindeswohlabklärung» richtet sich an erfahrene Fachpersonen. Es soll Fachpersonen in Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB), die für die Abklärung von Kindeswohlgefährdungen zuständig sind, ebenso unterstützen wie abklärende Fachpersonen in Fachdiensten (Sozialdienste, Kinder- und Jugenddienste). Es soll ihnen dabei helfen, unter Einbezug des Kindes, seiner Eltern, weiterer Familienmitglieder und fachlicher Partner zu klären, welche freiwilligen Leistungen und/oder zivilrechtlichen Kindesschutzmassnahmen zum Schutz des Kindes oder Jugendlichen vor Gefährdungen seines Wohls ergriffen bzw. der KESB empfohlen werden sollen. Als formale Mindestqualifikation für Fachpersonen, die Abklärungen im Kindesschutz im Sinne dieses Prozessmanuals durchführen, betrachten wir einen Bachelorabschluss in Sozialer Arbeit – oder einer verwandten und für die Aufgaben des Kindesschutzes relevanten Disziplin/Profession – plus eine qualifizierende Zusatzausbildung, die spezifische Kompetenzen und Wissensbestände für Kindesschutz, Kindeswohlabklärungen oder Beratung bzw. Gesprächsführung in Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit vermittelt. Multiprofessionelle Zusammenarbeit bei Abklärungsaufgaben sowie in spezialisierten Abklärungsteams hat sich in verschiedenen Kindesschutzsystemen und -organisationen bewährt.

 

1.4 Grenzen und Leistungsvermögen des Prozessmanuals

Das Prozessmanual basiert auf der Annahme, dass Abklärungen von Kindeswohlgefährdungen in kontingenten – also ungewissen, mehrdeutigen und widersprüchlichen – Praxiskontexten realisiert werden, die nicht vollständig beeinflussbar, steuerbar und vorhersehbar sind (vgl. Alberth/Bode/Bühler-Niederberger 2010; Biesel/ Wolff 2014, S. 21ff.). Abklärungen können daher nicht in der Form eines One-best-way-Verfahrens angeleitet werden. Dies würde eine Abklärungspraxis unterstützen, die der Komplexität und Einzigartigkeit der Lebenssituationen von Kindern und Jugendlichen nicht gerecht wird. Die in den Schlüsselprozessen aufgegriffenen Aufgaben- und Funktionsbeschreibungen, die fachlichen Herausforderungen sowie die vor diesem Hintergrund abgeleiteten Empfehlungen zur Prozessgestaltung stellen insofern den Versuch dar, Fachpersonen bei der Bewältigung von Abklärungsaufgaben Orientierung zu bieten und sie anzuleiten.

Es liegt in der Verantwortung der abklärenden Fachpersonen, die für den konkreten Abklärungsprozess jeweils geltenden verfahrensrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen, wenn sie die Empfehlungen und Vorschläge des Prozessmanuals nutzen. Das Prozessmanual rechnet mit Fachpersonen, die seine Vorschläge und Empfehlungen bewusst und selektiv nutzen. Dazu gehört es auch, dass sie sich darüber im Klaren sind, ob sie eine Abklärung durchführen, die von einer KESB angeordnet worden ist und bei der die Verfahrensvorschriften des ZGB gelten, oder ob sie eine Abklärung durchführen, die Teil des Leistungsauftrags eines kantonalen oder kommunalen Fachdienstes ist (Kinder- und Jugendhilfedienst; Sozialdienst) und somit die jeweiligen Verfahrensvorschriften und Rahmensetzungen der kantonalen oder kommunalen Ebene gelten.

Die Wirksamkeit des Prozessmanuals hängt stark davon ab, wie es Fachpersonen und ihren Organisationen gelingt, die darin enthaltenen Vorschläge auf bereits vorhandene (inter-)organisationale Strukturen, Abläufe und Prozesse zu übertragen und in der Gestalt von Kooperationsvereinbarungen, Arbeitsanweisungen und Richtlinien zu implementieren. Desgleichen wird es erforderlich sein, für Umfeldbedingungen zu sorgen, die ein Handeln im dialogisch-systemischen Sinne möglich machen (vgl. Kapitel 2).

Das Prozessmanual ist nicht dafür konzipiert worden, die professionelle Autonomie von Fachpersonen mit Abklärungsaufgaben im Kindesschutz zu beschneiden. Es kann und soll die reflektierte Erfahrung von Fachpersonen nicht ersetzen. Es ist kein Kochbuch, in dem man Patentrezepte finden kann. Es enthält zwar Empfehlungen zur Prozessgestaltung, an denen man sich orientieren kann. Ihnen sollte aber nicht einfach unreflektiert und bedingungslos gefolgt werden. Vielmehr sollen sie unter Berücksichtigung des jeweiligen Abklärungsauftrags und des tatsächlichen Verlaufs des Abklärungsprozesses reflektiert angewendet werden. Sie sollen primär Orientierung bieten, zum Nachdenken anregen, dazu beitragen, dass Wichtiges nicht vergessen wird, und Handlungsoptionen aufzeigen, die möglicherweise aus dem Blick geraten sind. Sie sollen eine Erinnerungsstütze sein, der Vor- und Nachbereitung von Abklärungen im Kindesschutz dienen und professionelles Handeln unter Ungewissheitsbedingungen unterstützen.

Damit das Prozessmanual sachgerecht genutzt und in der Praxis umgesetzt werden kann, müssen folgende Bedingungen und Voraussetzungen erfüllt sein:

1 Fachlichkeit

Abklärungen im Kindesschutz werden von kompetenten und erfahrenen Fachpersonen durchgeführt (vgl. oben). Diese suchen aktiv den Austausch mit anderen Fachpersonen und Professionen innerhalb und ausserhalb ihrer Organisation – sei dies in Form kollegialer Beratungen, der Arbeit in Tandems, von Fallreviews, spezialisierten Abklärungen etc.

2 Ausstattung

Abklärende Fachpersonen sind auf Organisationen angewiesen, in denen genügend Ressourcen und Kompetenzen für die Gestaltung von Kindeswohlabklärungen vorhanden sind. Ausstattung, Strukturen und Abläufe, aber auch die Kultur einer Organisation können dialogisch-systemische Vorgehensweisen bei Kindeswohlabklärungen nachhaltig fördern – aber auch behindern. Die praktische Umsetzung der konzeptionellen und praktischen Vorschläge des Prozessmanuals hängt entscheidend von den infrastrukturellen Bedingungen wie auch von Kulturen der Zusammenarbeit und der Qualität der Kommunikation unter Fachpersonen innerhalb und ausserhalb abklärender Dienste ab.

3 Partizipation

Abklärende Fachpersonen pflegen eine Abklärungspraxis, in welcher der Kontakt und die Begegnung mit dem Kind, seinen Eltern, weiteren Familienmitgliedern sowie fachlichen Partnern aktiv gestaltet werden. Das dem Prozessmanual zugrunde liegende dialogisch-systemische Verständnis von Abklärungen im Kindesschutz basiert auf der Annahme, dass abklärende Fachpersonen nur zu begründeten Einschätzungen darüber gelangen können, was zur Sicherung und Förderung des Kindeswohls getan werden muss, wenn sie das Kind, seine Eltern, weitere Familienmitglieder sowie fachliche Partner an der Gestaltung des Abklärungsprozesses aktiv beteiligen und an ihren Überlegungen teilhaben lassen. Konkret sollen sie gemeinsam mit dem Kind, seinen Eltern, weiteren Familienmitgliedern sowie fachlichen Partnern zu einem Verständnis darüber gelangen, wie es zur Gefährdung des Kindeswohls gekommen ist und was getan werden kann, um diese abzuwenden. Hierfür sollten sie dialogisch, beteiligungsfördernd und aushandlungs-orientiert vorgehen.

4 Reflexivität

Abklärende Fachpersonen reflektieren und überprüfen ihre Vorgehensund Arbeitsweisen, ihre Eindrücke und Gefühle, ihre Vermutungen und Hypothesen fortlaufend. Hierfür nutzen sie unterschiedliche Reflexions-gefässe unter Beteiligung von Kolleg/innen sowie fachlichen Partnern, um neue Sichtweisen zu erhalten, Hypothesen zu korrigieren und auf Fehlinterpretationen aufmerksam gemacht zu werden. Sie sind offen für Kritik und offen für ein Lernen aus Fehlern; sie haben Interesse an alternativen Deutungen und Wahrnehmungen und sind dazu in der Lage, bereits geplante Vorgehensweisen und antizipierte Entscheidungen wieder infrage zu stellen, wenn neue Gesichtspunkte dies erfordern.

5 Verantwortung

Das Prozessmanual unterstützt abklärende Fachpersonen dabei, auf der Grundlage gesammelter Informationen und Eindrücke zu begründeten Einschätzungen darüber zu gelangen, welche Schritte notwendig sind, um das Kindeswohl zu sichern und zu fördern. Eine Bedingung für eine gelingende Anwendung des Prozessmanuals ist, dass geklärt und den abklärenden Fachpersonen während ihres Handelns im Abklärungsprozess stets präsent ist, wer in welchen Schlüsselprozessen wann und warum für die Realisierung welcher Abklärungsaufgaben verantwortlich bzw. zuständig ist und dass diesbezüglich aktiv die Verständigung mit anderen beteiligten Behörden und Diensten gesucht wird.

6 Dokumentation

Fachpersonen dokumentieren die Informationen, die sie im Abklärungsprozess in Erfahrung bringen bzw. einholen, zeitnah. Dabei unterscheiden sie zwischen eigenen Beobachtungen, Informationen des Kindes und der Familie, Informationen von Dritten, Interpretationen und Bewertungen. Sie gehen mit personenbezogenen Informationen sorgfältig und respektvoll um und dokumentieren nur solche Informationen und Einschätzungen, die für die Abklärungsaufgabe relevant sind. Dokumentationen sollen sicherstellen, dass Einschätzungen und Empfehlungen nicht willkürlich oder einseitig, sondern fundiert, nachvollziehbar und plausibel zustande kommen. Dazu ist es auch sinnvoll, festzuhalten, welche Informationen auf welchen Quellen basieren, zu welchen Schlussfolgerungen sie geführt und zu welchen Entscheidungen sie bei der Planung des Vorgehens veranlasst haben.