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Übersetzung aus dem Finnischen von Elina Kritzokat

Die Übersetzerin dankt dem Deutschen Übersetzerfonds und FILI (Finnish Literature Exchange) für die Förderung ihrer Arbeit und Prof. Dr. Dr. h.c. Randolf Menzel für die Überprüfung der neurobiologischen Fachbegriffe.

Kürzungen und weitere Änderungen im Einverständnis des Autors.

Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel He eivät tiedä mitä tekevät bei Tammi Publishers, Helsinki

Die Übersetzung dieses Werks wurde von FILI – Finish Literature Exchange gefördert

ISBN 978-3-492-97690-9

Mai 2017

© Jussi Valtonen & Tammi Publishers, 2014

German edition published by agreement with Jussi Valtonen and Elina Ahlback Literary Agency, Helsinki, Finland

Deutschsprachige Ausgabe:

© Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2017

Covergestaltung: Zero Media

Covermotiv: Jose A. Bernat Bacete / getty images

Datenkonvertierung: Kösel, Krugzell

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Wie hypnotisiert von dem Sirren starrte er auf den Fernseher, den irgendjemand angestellt hatte. In dem alten Haus knisterte und knackte es wie immer, sodass er fast glaubte, sie seien auch schon hier, dabei befand man sich am Pazifik noch in Sicherheit.

Sie sangen.

Bisher hatte er nichts von ihrer Existenz gewusst. Doch sie waren da gewesen, jahrelang, in der Erde, von allen unbemerkt, hatten aus den Tracheen der Baumwurzeln Nahrung gesogen und auf den richtigen Moment gewartet.

Sie kamen auch in den Nachrichten vor. Einer der Portland-Aktivisten tapste mit einer Tasse Kombucha-Tee aus der Küche herüber, ließ seinen Joint kreisen und sagte, es sei nur eine Frage der Zeit, bis sie auch hier wären. Dieses Jahr noch nicht, vielleicht auch noch nicht nächstes, aber ein Mechanismus werde dafür sorgen, dass sie sich von der Ostküste her ausbreiteten. Die anderen konnten das nicht glauben, es müsse einen Grund geben, weshalb sie nur im Osten vorkämen, doch dem Portland-Mann zufolge war es eher erstaunlich, dass der Mechanismus hier noch nicht gegriffen hatte.

Er sah wieder zum Bildschirm, wo eine frisch geschlüpfte Nymphe auf einem Fächerahorn saß, ihre noch unterentwickelten Flügel glänzten in der Sonne. Sie wartete, dass ihr Chitinpanzer fest wurde. Gegen das kräftige Laubgrün war sie weiß wie Milch und erinnerte an eine Leichenmade. Laut dem Biologen im Studio konnte sie auch als ausgewachsenes Insekt weder stechen noch beißen noch Krankheiten übertragen, war für Mensch und Tier vollkommen ungefährlich, zum größten Teil auch für Pflanzen. Der Portland-Mann zog an seinem Joint und meinte, dass die Unfälle nur durch unnötige Panik entstünden: Die Leute machten beim Autofahren die Augen zu oder fuchtelten auf Kreuzungen und Autobahnauffahrten mit den Händen. Das sei alles harmlos, sagte jetzt auch der Biologe im Fernsehen, wenn die Leute ruhig blieben.

Irgendetwas daran war faszinierend, dachte er, während seine Beine über die Lehne des abgewetzten Sessels baumelten: Die ganze Zeit hatten sie im Verborgenen gewartet. Fast zwanzig Jahre lang.

Das also sah er sich zusammen mit den anderen an, die meisten auf dem Fußboden, ein paar auf dem Sofa, als es auf einmal an der Tür hämmerte. Durch das beständige Sirren der Zikaden hindurch hörte man, wie jemand auf die Holztür eindrosch, als wollte er sie aus den Angeln schlagen.

Sie blickten einander an. War das Klopfen erst normal gewesen, und sie hatten es wegen des Fernsehers nicht gehört? Die dröhnenden Schritte auf der Holzterrasse verrieten, dass es sich um mehrere Personen in schweren Stiefeln handelte.

Der Fernseher lief noch immer, als endlich einer der Leute aus Eugene aufstand. Ja-a! Verdammt, jetzt tretet uns doch nicht das Haus kaputt! Bevor die Tür aufging und er in die erschrockenen, ungläubigen Gesichter der anderen sah, hörte er den Biologen sagen: Es hilft, sich vorzustellen, dass sie ganz genauso zur Natur gehören wie wir selbst, dass sie ein Wunder sind.