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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

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6.

7.

8.

9.

10.

11.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 1902

 

Bei den Setchenen

 

Menschen in Salmenghest – sie treffen auf die friedlichen Riesen

 

von Susan Schwartz

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Im Deltaraum der Baolin-Nda erfuhr Perry Rhodan mehr über die Koalition Thoregon und ihre Ziele: Thoregon will Menschen und andere intelligente Wesen des Universums aus den gigantischen Kämpfen zwischen Kosmokraten und Chaotarchen heraushalten, statt dessen für die Freiheit des einzelnen und Frieden im Kosmos eintreten.

Perry Rhodan wird zum Sechsten Boten von Thoregon ernannt. Sein erster Weg muss sein, sich ein Flaggschiff zu beschaffen. Er kennt das Raumschiff: Es ist die legendäre SOL, mit der er schon vor Jahrhunderten unterwegs war. So sind gegen Ende des Jahres 1289 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – entspricht dem Jahr 4876 christlicher Zeit – Perry Rhodan und die Menschheit erneut in gefährliche Aktivitäten kosmischer Mächte verwickelt. Denn die Koalition Thoregon wird von einem bislang unbekannten Gegner bedroht.

Dieser Gegner bedient sich eines Handlangers, der sich Shabazza nennt. Ihm haben die Terraner die verheerenden Ereignisse der letzten Zeit zu »verdanken«. Shabazza regte die Invasion der Tolkander an, die in der Milchstraße Milliarden von intelligenten Wesen töteten. Und er sorgte dafür, dass die Heliotischen Bollwerke explodierten, Menschen von der Erde in andere Galaxien geschleudert wurden und im Gegenzug die barbarischen Dscherro die Hauptstadt Terrania angriffen.

Auch in anderen Galaxien, die zu Thoregon gehören, wurde Shabazza aktiv. Perry Rhodan, der Zugang zur mysteriösen Brücke in die Unendlichkeit erhalten hatte, wurde fast zufällig in diesen Konflikt hineingezogen. Jetzt aber, da er mehr weiß, muss der Terraner »richtig« aktiv werden.

Doch sein erster Flug endet in einem Desaster. Sein Raumschiff, die KAURRANG, erleidet Schiffbruch – und er sucht Zuflucht BEI DEN SETCHENEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Tebb Celestain – Eine setchenische Unternehmerin wittert den Durchbruch.

Kobb Taphirtel – Tebbs härteste Konkurrentin bietet die Zusammenarbeit an.

Surt Ta-Celestain – Ein setchenischer Mann.

Perry Rhodan – Der Terraner wirkt künftig als Sechster Bote von Thoregon.

Poulton Kreyn – Der Ertruser verschwindet zeitweise in einem Schürfraumschiff.

1.

An einem frühen Morgen

 

Tebb Celestain erwachte abrupt. Sie wusste nicht, wodurch, und das war noch nie vorgekommen. Die Sandkuhle hatte bei weitem noch nicht die Aufwachtemperatur erreicht. Das konnte zwei Gründe haben: Die Automatik war defekt, oder es war noch Nacht.

Die Unternehmerin rührte sich nicht. In diesem Moment war sie noch nicht fähig, sich schnell zu bewegen. Ihr Kreislauf kam erst ziemlich langsam in Schwung, die Schlafstarre löste sich nach und nach. Obwohl die temperierte Sandkuhle und die Raumumgebung während der Nacht nicht so frostig kalt waren wie die Wüste und daher ein schnelleres Aufwachen und Agieren möglich war, brauchten die modernen Setchenen einige Zeit, um die Schlafstarre abzuschütteln.

Solange sie nicht wusste, weshalb sie erwacht war, wollte sie sich ohnehin nicht bewegen. Abruptes Aufstehen hätte nur einen ungeheuren Energieaufwand erfordert, unter dessen Nachwirkungen sie den restlichen Tag gelitten hätte. Vielleicht war es nur ein schlechter Traum gewesen, an den sie sich nicht mehr erinnern konnte; dann würde alles von ganz allein vorübergehen.

Aber sie konnte nicht mehr einschlafen. Die Unruhe blieb, ein – zumeist schlummernder – Urinstinkt meldete ihr pausenlos, dass etwas nicht stimmte und Wachsamkeit erforderte. Vorsichtig hob sie die Lider, ließ jedoch die Nickhaut über den Augen. Sollte tatsächlich Gefahr drohen, würde es für den heimlichen Angreifer so aussehen, als träumte sie; das vollkommen normale Verhalten eines Schläfers.

Wer aber soll der heimliche Angreifer sein?, überlegte sie in dumpfem Halbschlaf. In die sicheren Häuser konnten normalerweise keine Steppenräuber eindringen ...

Der Morgen dämmerte gerade erst; durch den schmalen Schlitz des weitgehend abgedunkelten Fensters konnte Tebb einen schwachen Schimmer ausmachen.

Vielleicht doch die Automatik? Sie war vor mehr als einem halben Jahr gewartet worden, eher schlecht als recht, wie Tebb damals schon vermutet hatte. Die Wartungstechnikerinnen wurden immer nachlässiger; sie hielten keine Termine ein, schrieben zuviel Zeit auf, die sie meistens vertrödelten, und verrichteten ihre Arbeit stümperhaft. Richtig gute Fachleute waren heutzutage schwer zu bekommen; sie verlangten entsprechende Entlohnung und machten sich rar. Sobald sie ein gutes Angebot bekamen, waren sie weg.

Tebb Celestain öffnete den Schlitz der freiliegenden linken Hörgrube und lauschte. Es schien alles in Ordnung zu sein, die übliche nächtliche Stille umgab sie.

Trotz ihres Vorstoßes in den Weltraum hatten sich die Gewohnheiten der Setchenen in dieser Hinsicht nicht geändert: Nachts schliefen sie, ohne Ausnahme. Nach Einsetzen der Dunkelheit und der nächtlichen Kälte fühlten sie den unwiderstehlichen Drang, sich in die Sandkuhlen zurückzuziehen. Auch die Temperierung und Helligkeit der Wohnräume hatten dieses archaische Relikt nicht überlisten können. Spätestens eine Stunde nach Einbruch der Nacht fielen alle in Schlafstarre, die bis mindestens zur Tagesdämmerung anhielt.

Tebb Celestain zwang sich, die Gedanken auszuschalten, und lauschte weiter. Die Pupillen zogen sich unter der Nickhaut zusammen und beobachteten den Raum, während sich die großen runden, etwas seitlich liegenden Augen langsam nach vorne und hinten bewegten. Die Sicht war durch die Nickhaut etwas verschwommen, aber immerhin konnte die Setchene ihre Umgebung rundum bis nahezu 360 Grad erkennen, ohne den Kopf zu drehen.

Sie stutzte, als sie einen schwachen Punkt ausmachte, der kurzzeitig den allmählich heller werdenden Fensterschlitz verdunkelte. Gleichzeitig hörte sie das hauchfeine Sirren schuppenbefiederter Insektenflügel. Ohne die nächtliche Stille in diesem Raum und ihre absolute Konzentration wäre der zarte Laut unmöglich auszumachen gewesen.

Ein Drezyps, dachte Tebb Celestain erschauernd.

Der Drezyps sah aus wie eine handtellergroße braune Fliege, war jedoch ein gefürchteter und sehr erfolgreicher nächtlicher Jäger, der sogar Jungvogel- und Mäusenester überfiel. Sein Giftstachel war auch für ausgewachsene Setchenen gefährlich. Normalerweise konnte er Setchenen in kalter Schlafstarre nicht ausmachen, aber kurz vor der Dämmerung, wenn Herz und Kreislauf allmählich wieder in Schwung kamen und eine langsame Erwärmung einsetzte, war der richtige Moment für einen Angriff gekommen.

Tebb Celestain öffnete nun auch die Nickhaut; das schwache Licht reichte ihr aus, um die Umgebung deutlich erkennen zu können.

Der Drezyps flog fast lautlos durch den Raum, er schien seine Beute noch nicht entdeckt zu haben. Das war natürlich nur eine Frage der Zeit, und die wollte sie nutzen. Ihr rechter Schulterarm, der halb im Sand vergraben war, bewegte sich ganz langsam zum Rand der Kuhle. In der Nähe ihres Kopfes befand sich die manuelle Schaltung, dennoch außer Reichweite des nur zwanzig Zentimeter langen Brust-Armpaares mit den sensiblen, sechsfingrigen Händen. Die dreifingrige starke Hand des Schulterarms, die normalerweise eher fürs Grobe gedacht war, glitt suchend über die Tastatur und fand den Regler für die Temperatur. Gleich darauf spürte die Unternehmerin, wie sich von ihrem Kinn, dem Bauch bis zu ihren lang ausgestreckten, kraftvollen Beinen hinab wohlige Wärme ausbreitete.

Sie würde den Drezyps dadurch zwar um so schneller anlocken, aber ihr blieb keine andere Wahl, wenn sie sich ihm nicht hilflos darbieten wollte.

Die Wärme durchströmte ihre ledrige, blaue Haut bis in die letzte Falte, und sie merkte, wie die Starre rasch von ihr abfiel.

In diesem Moment hatte der nächtliche Räuber sie mit seinen auf Wärme ausgerichteten Sinnen erfasst und griff sofort an.

Tebb Celestain erkannte gerade noch mit dem linken Auge die tödliche, mit hoher Geschwindigkeit, geradezu wie ein Geschoss heranrasende Fliege. Sie warf sich über den Rand ihrer Sandkuhle auf den Boden, erschauerte kurz vor der Kälte des glatten Materials. Der Drezyps sauste über sie hinweg, bremste gerade noch vor der Wand ab, schlug einen eleganten Bogen, orientierte sich neu und griff wiederum an.

Tebb sprang auf ihre starken Beine, die mehr als die Hälfte ihrer gesamten Körperlänge ausmachten, und wich dem Drezyps ein zweites Mal aus. Jetzt war sie vollends wach, ihre Körpertemperatur hatte das normale Wachstadium erreicht, und sie konnte sich wehren.

Die Setchene griff nach ihrem Schultertuch und warf es geschickt über das Insekt, das sich mit wütendem Brummen darin verhedderte und zu Boden stürzte. Tebb packte rasch, aber mit gebotener Umsicht das Tuch, bevor der Drezyps sich wieder befreien konnte. Sein langer, schwarzer Saugstachel bohrte sich mehrmals durch das feine Gewebe, die austretende Giftflüssigkeit färbte das prächtige Karmesinrot rasch dunkel.

Das Insekt wehrte sich verzweifelt, doch bald darauf hatte Tebb es in einem Glas mit dichtem Schraubverschluss verstaut.

»Verreck doch da drin!«, knurrte sie wütend.

Sie hatte es nicht gleich zertreten, um festzustellen, ob es tatsächlich nur ein »harmloses« Insekt war, das sich tagsüber irgendwie aus Versehen hier drin verirrt hatte, oder ...

Und ihr Verdacht trog sie nicht.

 

*

 

Surt Ta-Celestain lag in seligem Schlummer, als Tebb Celestain sein Zimmer betrat. Einen Moment lang stand sie einfach nur vor seiner Sandkuhle und sah ihn an.

Sie war lange nicht mehr hier gewesen, die Geschäfte hatten sie seit vielen Wochen so sehr beansprucht, dass sie für private Dinge keine Zeit mehr gehabt hatte.

Der Raum war wie immer unordentlich, überall lagen Bastelarbeiten und Material verstreut. Der Vivarium-Bereich jedoch war peinlich sauber, die Silbernussbäume mit ihren weit ausladenden, kräftigen Ästen, die auch Tebbs Gewicht aushalten konnten, standen in voller Blüte. Nicht mehr lange, dann konnte Surt seine heißgeliebten Nüsse selbst ernten, anstatt sie einfach vorgesetzt zu bekommen. Der Boden war mit feinstem Sand aufgeschüttet, eine Wassergrube, Steppenkraut und Büschelgras vollendeten das trügerische Bild des freien Landes.

Aber Surt fühlte sich hier wohl; er zeigte selten Verlangen, hinauszuwollen. Wie alle Männer war er streng reviergebunden, er fühlte sich in seinem kleinen Reich am wohlsten. Hier konnte er mit den geschickten Händen seines Armpaares wahre Kunstwerke aus Holz und Metall fertigen: verspielte, dekorative oder auch nützliche Gegenstände des täglichen Lebens, die nicht nur bei den Setchenen sehr beliebt waren. Darüber hinaus konnte niemand die Jungbrut besser beaufsichtigen als ein männlicher Setchene, sie standen sich sehr nahe bis zur ersten und einzigen Häutung und damit verbundenen Geschlechtsbildung.

Die Männer waren nur etwa halb so groß wie die Frauen, und ihre Beine nahmen im Verhältnis nur ein Drittel der Körperlänge ein. Das Armpaar auf der Brust war hingegen etwas stärker ausgebildet als bei den Frauen und vor allem zum Öffnen der Zwergnuss geeignet, von denen sich die Männer vorwiegend ernährten.

Während der Häutung, des Wechsels vom Jugend- ins Erwachsenenstadium, bildeten sich bei den künftigen weiblichen Setchenen die Reptilienschwänze zurück, während sie bei den männlichen erhalten blieben. Diese bewegten sich zumeist auf allen vieren und kletterten oder ruhten gern auf den Bäumen; dazu brauchten sie den Echsenschwanz für das Gleichgewicht.

Tebb Celestain verspürte Zärtlichkeit, als sie ihren Mann betrachtete. Nachdem sie ihn gefunden hatte, hatte sie in einer Art Vision erahnt, dass sie eine der ganz großen Unternehmerinnen ihres Volkes werden würde. Setchenen-Männer machten nur etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung aus – einen Mann als Familiengründer zu finden, dessen Pheromon-Kombination auch noch passte, war das schwierigste Hindernis für eine ehrgeizige junge Frau.

Mit Surt zusammen hatte Tebb das Haus der Celestain auf Quarantimo gegründet, und die heutige Großfamilie – zusammen mit allen Angestellten und dem Haushalt – umfasste mehr als zweihundert Mitglieder.

Zweifelsohne ging es Surt heute gut, er hatte zum Glück keinen nächtlichen Besucher gehabt. Das beruhigte Tebb, nur deswegen war sie gekommen. Dennoch blieb sie noch ein bisschen hier. Sie ging zu Surts Sandkuhle und stellte den Regler auf Erwärmung. Dann setzte sie sich an den Rand und wartete.

Surt kam bald darauf zu sich. Er blinzelte erstaunt, als er Tebb erkannte. Sein flacher Kopf mit den breiten, dick verhornten Lippen hob sich aus dem Sandbett, dann prustete er einige Sandkörnchen aus seinen Nasenlöchern. Wie bei Tebb ging seine blaugrün schillernde Schuppenhaut am Hals und an den Händen in die blaue Lederhaut am übrigen Körper über; sein Echsenschwanz, mit dem er nun liebevoll Tebbs Taille umringelte, war ebenfalls beschuppt.

»Hallo, Tebb!«, schnarrte er.

»Guten Morgen, mein Lieber«, gab sie zurück.

Tebb wehrte sich, wenngleich nicht allzu heftig, gegen das zärtliche, kribbelnde Tasten des Echsenschwanzes. Im Gegensatz zu vielen anderen hatte sie sehr viel Glück gehabt: Es war nicht notwendig gewesen, die richtige Pheromon-Kombination künstlich zu erzeugen, um Surt auf sie aufmerksam zu machen. Sie passten tatsächlich harmonisch zusammen.

»Lass das!«, sagte sie, bereits ein wenig verwirrt.

Sie merkte, wie das Kribbeln sich bis in ihr Innerstes fortsetzte und sie erregte. Surt merkte es auch, denn er sog die Luft mit einem scharfen Zischen ein. Der schmeichelnde Druck seines Echsenschwanzes verstärkte sich.

»Lass das!«, wiederholte sie. »Dazu haben wir jetzt keine Zeit.«

»Du hast nie Zeit«, schmollte er.

»Nur im Moment«, verteidigte sie sich. »Es wird besser.«

»Das sagst du immer«, quengelte er.

Er schmiegte sich an sie. Ihre lange blaue, schmale und gespaltene Zunge strich sanft über seine Augenhöcker.

»Ich wollte nur sehen, wie es dir geht, denn ich habe schlecht geträumt«, fuhr Tebb fort. »Ist bei dir wirklich alles in Ordnung?«

»Ich verstehe nicht«, entgegnete Surt.

Er verstand tatsächlich nicht. Subtile Bemerkungen wie diese würden seine Sensibilität niemals anregen. Männliche Setchenen besaßen nur einen Bruchteil der Intelligenz der Frauen. Stets auf ihr Revier angewiesen, wartend auf die Weibchen, fixiert auf Pheromone und die Aufzucht der Jungen, hatten sie niemals nennenswerte Intelligenz entwickelt. Surt wäre nicht in der Lage, das Vokabulon zu lernen, die Verkehrssprache von Salmenghest. Es gab zwar Frauen, die diese Sprache ebenfalls nicht beherrschten, doch lag das entweder an ihrer Faulheit oder weil sie keine weiten Reisen unternahmen, sondern nur in der Verwaltung oder der Nahrungsproduktion arbeiteten und höchstens im Quar-System herumreisten.

»Du hast eine ruhige Nacht verbracht?«, formulierte Tebb um.

»Aber ja. Bis zu dem Moment, da ich aufwachte und dich sah. Kannst du nicht noch ein bisschen bleiben?«

»Ich konnte überhaupt nur kommen, weil es noch so früh war. Aber jetzt ist es heller Tag, und ich muss zur Arbeit. Das verstehst du doch?«

»Immer nur Arbeit«, maulte Surt.

Tebb hatte ein schlechtes Gewissen. Er hatte recht, sie hatte sich seit ewigen Zeiten nicht mehr um den Nachwuchs gekümmert.

Wie alt waren die Jüngsten eigentlich schon? Hatten sie die erste Häutung hinter sich und einen Namen erhalten? Bis dahin hießen sie alle nur »Kind«. Die Geschwister einer Brut waren eine feste Gemeinschaft, alle genau gleich, verspielt, fröhlich und neugierig. Für Surt mochten sie schon eine Last geworden sein, aber er schien es immer wieder aufs neue zu genießen.

Er spürte ebenfalls, dass bei Tebb bald ein neuer Zyklus kam. Deshalb reagierte sie so empfindlich auf seine Zärtlichkeiten. Doch das musste warten, für lange Vorspiele hatte sie keine Zeit mehr. Ihre Großfamilie musste schließlich ernährt werden. Eventuell musste sie diesen Zyklus sogar ausfallen lassen. Das war aber nicht schlimm, eine ihrer Brutschwestern würde dann ihre Stelle einnehmen. Es gab für Surt nichts Schöneres, als sich um ein Gelege zu kümmern, die frisch Geschlüpften unter seine Obhut zu nehmen und sie die ersten Schritte zu lehren ...

»Ich muss jetzt gehen«, sagte sie.

Surt hielt sie fest, aber sie befreite sich schließlich und stand auf. Bewundernd sah er zu ihr hoch; er machte sich nicht die Mühe, sich ebenfalls aufzurichten, denn selbst dann war sie immer noch fast doppelt so groß wie er.

»Ich werde vielleicht ein Bad nehmen und mich dann auf den Ast zum Sonnen legen«, meinte er.

»Das ist gut«, lächelte sie. Sie zog dabei die hornige Unterlippe leicht nach unten, ohne ihre scharfen weißen Reißzähne zu entblößen.

»Liebst du mich?«, fragte Surt. Ein besonderer Glanz trat dabei in seine großen, leuchtenden Augen.

In Tebbs dunkle Augen trat derselbe Glanz. Solche Momente waren den Setchenen heilig und sehr wichtig für das Zusammengehörigkeitsgefühl.

»Ich habe dich erwählt, so, wie du meinen Duft erkanntest«, antwortete sie rituell.

Dann ging sie rasch. Die Versuchung, einfach einen Tag nur mit ihrem Mann und den Kindern zu verbringen, ohne an die Geschäfte denken zu müssen, war zu groß und würde sie vielleicht noch überwältigen.