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»Reise, Reise Seemann Reise
Jeder tut’s auf seine Weise«

Rammstein

Nördliche Hemisphäre

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Südliche Hemisphäre

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Vorwort

von Andreas Altmann

Begabte Erzähler berichten lakonisch, ob auf Reisen oder im Kaffeehaus. Ohne rote Flecken auf den Wangen. Ohne vor sich selbst hinzuknien, vor Ergriffenheit über das, was sie gerade notieren. Ohne in jedem Absatz mit drei Superlativen um sich zu werfen.

Ach, diese Kraftmeier, die immer sofort »durch die Hölle« gehen, die so gern ihr »rasendes Herz« erwähnen, bei denen alles »irre gefährlich« ist, die sich unterwegs, unheimlich komisch, »jeden Tag neu erfinden«.

Ich weiß, worüber ich hier nörgle: In meinen Anfängerjahren inszenierte ich mich ähnlich dramatisch.

Die halbstarken Schreiber produzieren Krach, die starken reden cool von dem, was geschah. Je intensiver das Geschehen, desto ruhiger muss die Sprache daherkommen. Um den Leser zu benebeln. Tief drinnen.

Das Gleiche gilt für Gedanken. Je bewegender sie sind, desto leiser dürfen sie auftreten.

Das Wunderliche am Reisen: Hat ein Traveller gelernt, sich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren, ist er zudem fest entschlossen, den Schafsnasen auszuweichen, die vor jedem Ziel Tripadvisor oder einschlägige Blogs studieren, um dort zu landen, wo der große Haufen schon angekommen ist, hält er es außerdem aus, nicht jede halbe Stunde per WhatsApp Mutti und Papi und seinen daheim hockenden friends eine Nachricht zu schicken, die sie unter anderem darüber aufklärt, dass er gerade eine Hühnersuppe löffelt, wenn dieser Mensch also – jetzt wird es anstrengend – mit Alleinsein, mit Zweifel und Ungewissheit umgehen kann, sprich, er uns verschont mit Phrasen wie »alle sind lieb und freundlich in fernen Ländern« und »du musst nie einsam sein«, wenn so ein Reisender – zum fulminanten Abschluss – über das unüberhörbare Talent verfügt, seine Erlebnisse in der Welt und seine Ansichten über die Welt in bewegende Sprache zu übersetzen, dann, ja, dann sind Vagabundieren und davon Erzählen die rechte Beschäftigung für ihn. Dann, ja, dann wollen wir uns hinsetzen und ihm (oder ihr) lauschen. Und uns beschenken lassen.

Eine, die das wunderlich begabt kann, ist Nadine Pungs, die Gewinnerin des Travel Episodes-Schreibwettbewerbs. Ihre Reportage Randvoll ist mein Herz handelt von einer Reise durch den Iran. Hier ist eine Frau unterwegs, die darauf besteht, dass ihr Leben intensiv ist. Und die nichts versteckt, auch nicht die Mühsal der Fremde, die Sprachlosigkeit, die Unruhe. Und die das alles hernimmt, um näher an die (iranische) Wirklichkeit heranzukommen. Und sie in einem Ton schildert, der swingt und uns daran erinnert, was dreißig stille Buchstaben vermögen.

Vielleicht darf ich den Reisenden, die vom Veröffentlichen träumen, schüchtern zurufen: Ihr werdet nichts Neues entdecken! Längst hat es eine/r in einem anderen Buch, zu einer anderen Zeit, aufgeschrieben. Genauso wenig wie in den letzten hundert Jahren eine Liebesgeschichte erschienen ist, die uns etwas bahnbrechend Neues über die Liebe erzählt hätte.

Aber ja, es geht beim Schreiben – was immer das Thema ist – um einen neuen Blick auf das Geschehen. Das wär’s: Neue Zusammenhänge sehen, die Zustände neu, sprich, originell, interpretieren.

Ein Beispiel aus der Fotografie, so einleuchtend: Sagen wir, der Auftrag heißt »Wallstreet«. Von hundert Fotografen liefern 95 die typische Arbeit eines Belichtungsbeamten ab: Wild gestikulierende Börsenmakler, die ihre Wünsche – An- und Verkauf von Wertpapieren – in den Saal brüllen. Wer ein solches Foto sieht, fällt gleich gähnend vom Stuhl. Denn er hat derlei Allerweltsaufnahmen schon tausend Mal zu Gesicht bekommen, absolut nichts überrascht ihn.

Nehmen wir nun einen der übrigen fünf, nehmen als strahlendes Beispiel Henri Cartier-Bresson, den französischen Wunderknaben, dessen Bilder jeder kennt, auch der, der nie seinen Namen gehört hat. Nun, der Mann sollte ebenfalls »Wallstreet« fotografieren. Und was bringt er in seiner Leica nach Hause? Einen Bettler, der am Eck des imposanten Stock Exchange Buildings in New York sitzt. Bettelnd.

Genial. Ganz ohne Spezialeffekte, ganz ohne Gedöns, ganz ohne Superlativ, nur knallhart in Schwarz-Weiß. Und nichts ist neu: nicht der Bettler, nicht das Gebäude, nichts. Nur der Kontext ist vollkommen anders, der Zusammenhang: Der Betrachter erkennt, dass die glitzernde Gier des Raubtier-Kapitalismus Folgen hat. Wie Einsamkeit, wie Armut.

So ähnlich sollten wir Schreiber von der Welt erzählen: dass es den Leser vom Stuhl haut. Diesmal vor Überraschung, vor Freude über ein paar Zeilen Welterkenntnis. Die ihm zusteht, hat er doch das Kostbarste beim Lesen investiert: seine Lebenszeit.

kapitel1

Vorwort

von Johannes Klaus

In was für einer Welt leben wir eigentlich? Angst und Bange könnte mir werden. Verrückte Terroristen wollen uns an den Kragen. Das Klima geht mitsamt den Gletschern den Bach runter. Und meinen Job macht bestimmt bald ein Roboter. Und zwar besser.

Reise und werde glücklich, schreit man mich an, aber echt jetzt? In die Fremde fahren, dorthin, wo mir nur die Wahl bleibt zwischen Polizeistaat oder Bananenrepublik, Menschenunrecht oder Hundeschnitzel, Malaria oder Scharia? Es ist so gefährlich da draußen: Im besten Falle wollen sie nur mein Geld, im schlimmsten meinen Kopf. Und stelle ich mich nicht auf die Seite der Schurken, der Gewissenlosen, wenn ich trotz all der Unbill in solche Länder reise? Finanziere ich mit meinem Urlaubsgeld die goldenen Wasserhähne der Diktatoren?

Man könnte auf solche Gedanken kommen, wenn man die Schlagzeilen liest. Denn der natürliche Zustand einer Nachricht ist das Drama. Das, was dringlich genug für eine Veröffentlichung erscheint, ist meistens eine schlechte Nachricht. Und da uns jede Katastrophe am anderen Ende der Erde in Windeseile berichtet wird, ergibt sich ein verzerrtes Bild einer Welt, die unaufhaltsam in einen Abgrund schlittert. Wer meint, dass die Tagesschau ausgewogen die Realität des Lebens zeigt, lebt in einer wahrhaft grausigen Zeit.

In was für einer Welt leben wir eigentlich? Es ist die richtige Frage, nur die Betonung muss stimmen – keine Resignation, sondern Neugierde will ich hören! Denn allen schlechten Nachrichten, mit denen wir tagtäglich konfrontiert werden, stehen mindestens ebenso viele erfreuliche gegenüber.

In was für einer Welt leben wir eigentlich? Es ist der Ort, an dem ich Menschen wie Reza treffe. Er ist Soldat an der Grenze zwischen Armenien und dem Iran, und trotz der Kalaschnikow über der Schulter ein ausnehmend herzlicher Mensch. »Welcome to Iran!«, ruft er, und winkt mich heran. Er notiert die Adresse seiner Familie, falls ich in seinem Heimatort vorbeikomme.

Es sind die Menschen in Bangladesch, die mir stolz ihr Land zeigen, und sich freuen, dass sich jemand für sie interessiert, und sie nicht nur als Symbol für Ausbeutung und schlechte Arbeitsbedingungen wahrnimmt.

Es sind die beeindruckenden Naturspektakel, die mich ehrfürchtig machen vor der Kraft und Schönheit eines jeden Kontinents, wie die Wildnis Tasmaniens, die eisige Einsamkeit am winterlichen Yukon und Begegnungen mit den Gorillas in Uganda. Aber auch die unscheinbaren Wunder, die man nur findet, wenn man ganz genau hinsieht, zum Beispiel wenn sich die Natur einen verlassenen Ort zurückerobert.

Vom kambodschanischen Angkor bis ins deutsche Mittelgebirge zeugen Tempel und Festungen der letzten Jahrtausende vom ewigen Kampf der Menschen um ein besseres Leben, um Macht und um Liebe; von Größenwahn und Niedergang, Veränderung und Stillstand. Plätze von frivolem Reichtum und furchtbarer Gewalt.

Die Welt ist heute nicht schlechter als vor fünfzig oder tausend Jahren. Ich würde sogar behaupten, ganz im Gegenteil, den meisten Menschen geht es besser, sie leben länger, sind freier, haben mehr Möglichkeiten.

Noch nie war es so einfach zu reisen. Und niemals war es leichter, einen kleinen Beitrag zu leisten, damit es auch den Menschen, die weniger Glück haben als wir, ein bisschen besser geht. Das kann etwas großes sein, wie ein Brunnenbau in Uganda. Oder auch nur, dass ich dorthin reise, wo Menschen mit den Tourismus-Einnahmen ein kleines Gewerbe aufbauen können. Und zwar gerade dort, wo die Bewohner des Landes unter Unfreiheit und wenigen Optionen leiden.

Es ist leicht, sich in Paranoia zu verlieren. Doch mit einem offenen Blick sieht man: Wir leben in einer faszinierenden Welt, und es ist wunderschön, wenn man das Privileg hat, sie selbst entdecken zu können. Keine Fernsehdoku, kein Reiseblog und auch kein Buch kann das ersetzen.

Aber es ist ein Anfang.

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kapitel2

Sudan

DAS LETZTE ABENTEUER

Die Welt ist entdeckt. Fast. Im Sudan gibt es kaum Infrastruktur. Man ist auf die Menschen angewiesen, es gibt keinen Rückzugsort, nur Fremde. Hier suche ich das vielleicht letztmögliche Reiseabenteuer in einer globalisierten Welt.

Von Philipp Laage

Shendi. Als ich aus dem Bus steige, verspüre ich zum ersten Mal leichte Panik. Ich bin nicht vorbereitet auf das Herumstehen, aber ich muss erst mal nur so herumstehen, weil ich keine Ahnung habe, wie ich weitermache. Ich bin nicht vorbereitet auf die Rolle des Exponierten, der jetzt gemustert wird von den Menschen auf diesem Platz, weil er hier so auffällt. Es ist offensichtlich, dass ich nicht weiß, was der nächste Schritt sein könnte, und das erzeugt in mir eine unangenehme Nervosität. Ich bin so fehl am Platz wie eine Vogelspinne auf einer Kaffeetafel. Gut ausgeleuchtet stehe ich auf einer Bühne vor erwartungsvollen Zuschauern, das zwingt irgendeine Handlung herbei, fast automatisch.

»Hello, hotel?«

Ich erwarte auf keinen Fall, dass irgendein Mensch Englisch spricht. Was für eine verfehlte Frage. Ein Hotel, seriously? Shendi heißt dieser Ort hier, bislang war er nur ein Name auf der Landkarte, jetzt bekommt er Konturen. Eine Eisenbahnlinie führt durch den Staub, überall ist Sand, stehen sandfarbene Häuser, einstöckig und gedrungen, als wären sie aus dem Wüstensand herausgewachsen. Ein Hotel kann ich mir hier beim besten Willen nicht vorstellen.

Trotzdem oder gerade deswegen noch einmal: »Hotel? Guesthouse?« Ich bin auf die Sitzbank eines motorisierten Dreirads gestiegen, einfach weil ich etwas tun musste. Ein zweifelhafter Versuch, wieder Herr der Lage zu werden.

Der Mann am Steuer fährt los, dabei weiß er gar nicht, wo ich hinmöchte – was für eine unüberlegte Übersprunghandlung war das bitte? Ich wiederhole immer nur »hotel, hotel, hotel«. Die Betonung malt ein Fragezeichen in die Saharaluft, und der Mann lächelt und fährt mich durch die Straßen. Aber er versteht nichts. Mir kommt das Wort bald selbst unsinnig vor: ho-tel, o-tel, o-tääääl. Der Widerhall in meinem Kopf ist hohl, als hätte der Laut nie eine Bedeutung gehabt.

Sogar die Sprache wird an diesem Ort ungewiss.

Ich befinde mich ungefähr 180 Kilometer nördlich von Khartum, der Hauptstadt des Sudans, in einer kleinen Stadt am Nil. Der Fluss bildet auf der Landkarte einen schmalen grünen Streifen, ohne den man dieses Land nicht Land nennen könnte. Nur Wüste wäre sonst hier, ohne Leben, ohne alles. Die Sonne brennt heiß, dabei ist es März und eigentlich noch recht angenehm, verglichen mit dem Hochsommer.

Wie ich da im Rücken dieses Sudanesen sitze, der mich nicht versteht und irgendwohin fährt, wie die Menschen unserem Dreirad hinterherschauen, wie ich der Situation ausgeliefert bin, habe ich das Gefühl, dass die Dinge endgültig entgleiten. Dass ich davongetragen werde, ohne Kontrolle. Und gewissermaßen ist das ja auch der Fall. Als die Panik kurz davor ist, mich zu überwältigen, versteht der Fahrer plötzlich doch, was mein Anliegen ist: Schlafen will ich heute Abend irgendwo, ich suche eine Unterkunft.

In Shendi gibt es keine touristische Infrastruktur. Es ist eine einsame Wüstenstadt, auf halber Strecke ins Nirgendwo, ein Nest. Wie viele Ausländer waren in diesem Jahr schon hier? Wahrscheinlich kein einziger. Wir machen halt bei einem lokanda, so heißen die kleinen Gästehäuser in diesem sonderbaren Land. Es handelt sich um einen schmucklosen Steinbau in der Nähe des Bahnhofs. Die Rezeption ist ein Raum ohne Türen, darin nur ein alter Schreibtisch, dahinter ein Mann mit funkelnden Augen, die mich lesen wollen wie ein merkwürdiges Buch, dessen Sprache man nicht versteht.

Essan heißt der Besitzer des Gasthauses, und er spricht – das ist wirklich ein großes Glück – ein bisschen Englisch. Er führt mich durch den Hof zu einer Holztür, die nur von einem umgebogenen Nagel in ihrem steinernen Rahmen gehalten wird. Ich sehe einen Raum mit einem Holzbett und einem Schrank. Es gibt keinen Strom, kein Fensterglas, kein fließendes Wasser und keine Toilette: mein Zimmer für diese Nacht.

Ungefähr fünf Euro sind ein alberner Preis für etwas, das mir hier eine minimale Sicherheit bietet, das die Welt wieder in ein Draußen und ein Drinnen aufteilt. Ich hier drinnen: wieder unsichtbar, zur Ruhe kommend. Die Gegenwart da draußen: fremde Menschen, karge Wüste, keine Alternativen.

Doch die Einkehr währt nur kurz. Essan sagt, ich müsse jetzt zur Polizei.

Ganz schnell kommt mir der Gedanke, dass man aus meiner Hilflosigkeit Kapital schlagen will. Der Sudan hat, sagen wir mal, nicht die tadellosesten Behörden, und warum sollte ich jetzt zur Polizei müssen? Es ergibt keinen Sinn. Aber mir bleibt nichts anderes übrig.

Der Dreiradfahrer hat noch gewartet. Essan redet auf Arabisch mit ihm und weist mich an, noch einmal aufzusitzen, nur Mut, so eine Andeutung liegt in seinem Blick. Wir fahren drei Minuten. Die Polizei sieht nicht aus wie eine Polizei – ich betrete einen schmucklosen Raum an einer austauschbaren Sandstraße, darin ein schmutziger Schreibtisch, darauf einige Fetzen Papier. Der Mann auf dem Stuhl hat keine Uniform, er könnte auch ein Gangster sein. Aber er nimmt einen Kugelschreiber und schreibt irgendwas auf einen ausgerissenen Zettel, als ich ihm erzähle, dass ich in Shendi übernachten will. Das soll wohl eine Art Beleg sein, eine Erlaubnis, denke ich mir, der Ausländer hat sich registriert oder so ein bürokratischer Schwachfug. Der Mann will bloß keinen Ärger mit seinem Vorgesetzten. Mit dem Zettel geht es zurück zum lokanda. Der Polizist, der nicht wie einer aussah, hat meinen Pass sehen wollen. Das ist immer ein unangenehmes Gefühl, in so einer Situation im Ausland seinen Pass herauszugeben. Man fühlt sich plötzlich nicht mehr offiziell anwesend, und vor diesem Hintergrund kann schließlich alles mit einem passieren.

Ich bin nicht aus reinem Vergnügen im Sudan, ich will eine Geschichte über die antiken Tempel des Niltals schreiben, irgendwas zwischen Reportage, Reisefeature und Erlebnisbericht. Ich kann es noch nicht sagen, weil ich nichts weiß über diesen Ort, über diesen Teil der Welt. Das ist der Reiz.

Es ist nicht so, dass ich ein besonderes Interesse an der nubischen Geschichte hätte, am historischen Königreich von Kusch mit seinen schwarzen Regenten, die einmal, bevor Jesus Christus auf die Welt kam, Ägypten eroberten. Der historische Hintergrund, die Sehenswürdigkeiten – durchaus UNESCO-Welterbe, so ist es nicht – waren nur der Anlass, um etwas viel Existenzielleres zu tun: ein Abenteuer erleben.

In Shendi, dieser der Welt entrückten Wüstenstadt, wird klar, was damit gemeint sein könnte: Es geht darum, sich einer Situation auszuliefern, ohne Netz und doppelten Boden. Menschen ansprechen, sich durchfragen, Fremden komplett vertrauen. Ohne dies gibt es kein Fortkommen.

Ich habe kein Hostel, keine Adresse, kenne keinen einzigen Europäer im Umkreis von hundert Kilometern, habe weder Internet noch Handyempfang, mein Besitz steckt in einem kleinen Rucksack, Zeug für fünf Tage. Was ich sagen will: Es gibt keinen Rückzugsort.

Ich lege mein Schicksal in die Hände dieser Leute, von denen ich nichts weiß.

Dieser Zustand ist das, was ich mit einem Mal als Abenteuer erkenne, und er führt mir die vielen anderen, vermeintlichen Abenteuer als falsche vor Augen. Großartige, tolle Erlebnisse zwar, aber eben oft Abenteuer-Simulationen, die ja, wenn man nur einmal die Reisekataloge anschaut, seriell hergestellt und kommerziell vermarktet werden.

Falsche Abenteuer? Da erheben sich gleich die Einwände der Moralisten, die jedem sein Abenteuer zugestehen wollen, wie auch immer das aussehen mag. Schließlich sind wir ja alle unterschiedlich und so. Schon richtig. Grundsätzlich ist es ja aber so: Man kann beim Blick auf die Welt zwei gegensätzliche Rollen einnehmen: die des Kritikers und die des Buddha. Der Kritiker hinterfragt, dechiffriert, legt offen, prangert an – ob der Ton nun humorvoll oder scharf ist. Der Buddha beobachtet, belässt die Dinge, wie sie sind, wertet nicht, vermeidet die Kategorien »richtig« oder »falsch«. In welcher Situation welche Rolle angemessen ist, darüber könnte man nächtelang diskutieren.

Nehmen wir beim Blick auf das sogenannte Reiseabenteuer die Rolle des Kritikers ein: Kann es da wirklich ein Abenteuer sein, ein afrikanisches Land auf der zweiwöchigen komplett durchorganisierten Rundreise eines Reiseveranstalters zu entdecken? Es heißt nicht, dass eine solche Reise schlecht, falsch oder öde ist – sie kann die beste Reise des Lebens werden. Aber ein Abenteuer? Eine Geschichte, die man Jahre später als Abenteuer seinen Kindern oder Freunden präsentiert? Eher nicht.

Die Pauschalreise, bei der sich ein Veranstalter um die gesamte Durchführung der Reise kümmert, ist selten ein echtes Abenteuer. Das heißt aber umgekehrt nicht, dass jeder Individualreisende ein ausgekochter Abenteurer ist. Denn in fast jedem vermeintlich aufregenden Land der Welt kann man sich letztlich hinter eine internationalisierte Infrastruktur zurückziehen: in das Hostel, in dem ein Lonely Planet im Bücherregal liegt und es Wifi gibt, wo man Menschen westlicher Staatsangehörigkeit trifft, wo man fragen kann: Hey, how are you? How long are you travelling? Can you recommend a place for dinner? Man kennt die Bedürfnisse.

Essan braucht einige Zeit, bis er versteht, was mein Vorhaben ist, und es scheint ihm einigermaßen absonderlich vorzukommen: dass der weiße Typ in die Wüste will, ja wirklich mitten in die Wüste, zum Tempel von Naga (es handelt sich dabei um eine Sehenswürdigkeit für meine Recherche). Wie ließe sich das anstellen?

Essan ruft einen Freund an, der mit einem Auto herbeikommt. Er heißt Ahmed, und diesem Ahmed, der ein paar Brocken Englisch kann, erklärt Essan, dass dieser junge Mann hier in die Wüste nach Naga will. Ich bin bereit, 350 sudanesische Pfund dafür auszugeben. Irgendwann werden wir uns über den Preis einig. Keine halbe Stunde später sitze ich in Ahmeds Auto. Die Seitenfenster fehlen. Auch die Tür geht nicht ohne Weiteres auf, deshalb hat Ahmed immer einen Schraubenzieher dabei.

Der Tacho steht konstant auf null. Ahmed kauft noch etwas Fleisch und Gemüse, wir fahren kurz bei ihm zu Hause vorbei, das Haus liegt am Stadtrand, in der Einöde. Es erinnert mich an die Wüstenbehausungen auf Tatooine in Star Wars, und das ist wieder so eine bezeichnende Komik, dass als einzige Assoziation die Kulisse einer Hollywood-Weltraumsaga heraufzieht.

Wir fahren auf der Asphaltstraße ein Stück Richtung Süden, bis Ahmed irgendwann nach links auf eine für mich kaum auszumachende Sandpiste abbiegt. Dürre Sträucher und karge Baumgerippe zeichnen sich gegen eine rotbraune Wand ab, die wohl der Himmel sein soll. Nach einer halben Stunde versuche ich auszurechnen, wie viele Wegstunden es nun zurück zur Straße wären. Fakt ist: Naga liegt 37 Kilometer vom Nil entfernt in der Wüste. Es gibt hier keine Straßen und Häuser, nur ein paar Beduinen und Kamele.

Der Besuch des Tempels ist einigermaßen unspannend. Ich fotografiere den Amun-Tempel, erbaut nach ägyptischem Vorbild, den meroitischen Löwentempel und die griechisch-hellenistische Hathorkapelle. »Eine Kulisse, die die Weltarchitektur Revue passieren ließ«, wird mir später, zu Hause in Deutschland, der Leiter des Forschungsprojekts Naga des Staatlichen Museums für Ägyptische Kunst in München, Dietrich Wildung, erklären. Mich interessieren vor allem die Nomaden, die ihr Vieh zu dem Brunnen führen, den es in dieser Zivilisationsverlassenheit tatsächlich gibt.

Nach einer Stunde fährt mich Ahmed wieder durch die Wüste zurück zur Hauptstraße und von dort weiter in die Stadt. Wer aus der Wüste kommt, für den ist jedes noch so ausgestorbene Nest plötzlich ein gastlicher Ort, eine Zuflucht.

Essan wartet im Gästehaus, es wird dunkel. Ich habe Hunger und beschließe, im Ort eine Falafel zu essen. In dem kleinen Restaurant stehen nur ein paar Plastikstühle auf einer überdachten Terrasse. Männer sitzen im Schatten und schauen herüber, nicht betont freundlich, aber auch nicht abweisend. Wie man eben auf einen Fremden schaut, auf den kurz der Blick fällt. Die Situation ist also angenehm normal. Nichts kommt mir mehr so fremd und ungastlich vor wie heute Mittag, als ich nach zwei Stunden Busfahrt meine Füße in den Staub setzte und von nichts eine Ahnung hatte.

Es ist der Abend des 13. März. Am nächsten Morgen, als die Sonne von einem klaren Himmel in den Hof scheint, in dem die Männer auf Bettgestellen unter dem freien Himmel geschlafen haben und wo jetzt einer nach Mekka betet – an diesem Morgen bin ich ein Jahr älter.

Essan schaut mir beim Abschied tief in die Augen. »Ma’a as-salāma – you are a good man«, sagt er und legt seine Hand auf meine Schulter. Ein schöner Geburtstag war das. Mehr noch:

Der Geburtstag als gemeistertes Abenteuer – was kann es Besseres geben?

Denn das Abenteuer lädt einen mit Energie auf, schärft die Sinne, verbessert die Wahrnehmung. Und führt dann zu einer großen inneren Ruhe. Ich spüre wieder einmal: Das Leben ist eine großartige und berauschende Angelegenheit.

kapitel3

Alaska

ALLEIN IN DER WILDNIS

Solch ein Lebensstil hat mich schon immer fasziniert: allein in der Wildnis Alaskas. Elf Hunde werden zu meinen Gefährten und Polarlichter zum einzigen Lichtschein in eiskalten Winternächten.

Von Dirk Rohrbach

Es ist mein zweiter Besuch bei Andy. Im Frühjahr habe ich schon mal Haus und Hunde gehütet, weil er zu einem Versammlungstermin nach Whitehorse in Kanada reisen musste. Das ist einer der Preise für die Freiheit, abgeschieden in der alaskanischen Wildnis zu leben. Man braucht immer jemanden, der sich um die Tiere kümmert und dafür sorgt, dass das Haus im Winter nicht einfriert.

Und der Winter ist ja bekanntlich lang in Alaska – mindestens sechs Monate.

Wenn im Oktober der Dauerfrost einsetzt und der erste Schnee permanent liegen bleibt, müssen die Vorbereitungen auf die dunkle Jahreszeit eigentlich abgeschlossen sein. Die Lachse sind gefangen, der Elch hoffentlich geschossen, in den Vorratstruhen stapeln sich die Gefrierbeutel mit portionierten Fleischhappen, getrocknetem Gemüse und eingemachten Beeren. Und das Brennholz vor der Hütte sollte ein paar Wochen halten. Denn bis der Fluss endgültig zugefroren ist, bleibt der Buschflieger die einzige Verbindung zur Außenwelt.

Andy mag die Abgeschiedenheit. Der Aussteiger kam vor vielen Jahren aus dem Osten Amerikas nach Alaska. Seit 2008 lebt er jetzt hier am Yukon auf einem gut sechzehn Hektar großen Stück Land, das er einst einem Indianer abkaufte. Straßenanbindung gibt es keine, auch kein fließendes Wasser, vom Yukon mal abgesehen. Strom liefern Solarpaneele, ein Windrad und im Winter ein Generator. Andy ist Selbstversorger, durch und durch.

»Mir gefällt die Tatsache, dass all meine Nahrung vom Land hier kommt, mit Ausnahme von Nacho Chips«, scherzt er. »Wenn ich einen Weg fände, Nacho Chips zu anzubauen, dann wäre ich zu hundert Prozent autark. Ich hätte meine Tomaten, meine Zwiebeln, meine Paprika, meine Nacho Chips und mein Bier. Dann wäre ich ziemlich happy.«

Ich habe Andy 2012 zufällig kennengelernt. Damals bin ich im Juli mit meinem Kanu aus Birkenrinde auf dem Weg zum Beringmeer an seinem Grundstück angelandet. Die Einladung zum Lachsdinner habe ich gerne angenommen und bin danach weiter im Kontakt geblieben. In Andys Garten sprießen im Sommer Salate und Gemüse – Kraut, Romanesco, Bohnen, Karotten –, im Gewächshaus nebenan züchtet er Tomaten und Paprika. Achtzig Prozent seiner Nahrung kommen von hier, oder vom Jagen und Fischen. Die Lachse braucht er nicht nur für sich, sondern vor allem für seine Hunde.

Elf Alaskan Huskies leben hinter dem selbst gebauten Holzhaus.

Im Winter zieht Andy mit ihnen über den zugefrorenen Yukon und hält die Strecke für das legendäre Hundeschlittenrennen Yukon Quest zwischen Whitehorse und Fairbanks frei.

»Diese Lebensweise ist die Identität von Alaska. Die Vision von den Pionieren in der Wildnis«, kommentiert der 58-Jährige nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme. »Wenn die Leute an Alaska denken, denken sie zuallererst an Menschen, die in der Wildnis leben, jagen, Fallen stellen, fischen, sich selbst ernähren. Diese Lebensweise geht verloren, wenn niemand sie mehr praktiziert. Wir sind jetzt eine bedrohte Spezies.« Was wie ein Scherz klingt, ist ernst gemeint. »Es gibt nur sehr wenige junge Menschen, die sich für dieses Leben entscheiden. Ich fürchte, dass dieser Lebensstil und das Wissen darum verschwinden werden. Die Menschen haben nicht mehr die Energie, die es braucht, um so zu leben. Und ich glaube, dass der Gesellschaft viel verloren geht, wenn wir als Menschen die Fähigkeit verlieren, in einem solchen Umfeld zu überleben.«

Mich hat ein solches Leben schon immer fasziniert. Vermutlich, seit ich Ende der Siebzigerjahre Der Mann aus den Bergen über die Geschichte von Grizzly Adams und seinem halb zahmen Braunbären Ben im Fernsehen verfolgt habe. Blockhausromantik in meinem Kopf. Damals, als Elfjähriger, ahnte ich natürlich nicht mal annähernd, welchen Aufwand das Leben in der Wildnis bedeutet, welche Entbehrungen man in Kauf nehmen muss. Und welche Befriedigung es verschaffen kann.

Für gut zwei Wochen habe ich nun Gelegenheit, das ansatzweise zu erfahren. Andy muss wieder zum Treffen eines Gremiums, das sich um die Regulierung der Lachswanderung im Yukon kümmert. Viel Zeit zum Besprechen bleibt uns nicht, schon am nächsten Morgen wird Andy mit Gary nach Eagle fliegen und von dort über Fairbanks weiter ins kanadische Yukon Territory. Der bald achtzigjährige Pilot, der auch mich die kurze Strecke über den noch teilweise offenen Yukon zu Andys Grundstück am Calico Bluff gebracht hat, wirkt rüstiger als seine halb so alte Maschine. Aber die kleine blaue Piper trotzt selbst den kältesten Temperaturen zuverlässig. Und bis der Yukon River im weiterhin milden Winter stabil zufriert, bleiben sie und Gary die einzige Verbindung zur Außenwelt.

Off the grid

Acht Uhr morgens, daußen stockfinster. Kaffee aus Yukon-Wasser. Im Dog Yard rascheln die Ketten, die Hunde haben Hunger.

Es ist fast acht Uhr, als ich aufwache. Draußen noch immer stockfinster. Erst als sich meine Augen an die Dunkelkeit gewöhnen, erkenne ich durchs Fenster die Umrisse der Fichten und Bergrücken am anderen Yukonufer, die die fahlen Strahlen des Mondes zeichnen. Ich schäle mich aus dem Schlafsack, schlüpfe in die Fleecehose und schlurfe im Schein der Stirnlampe über die Treppe runter ins Erdgeschoss.

Andys Cabin hat dort zwei Räume. Im Wohnzimmer, das nachträglich angebaut wurde, befinden sich ein verschlissener Zweisitzer und ein ramponierter Recliner, ein Fernsehsessel, in dem Andy normalerweise den Morgenkaffee genießt und den Radionachrichten lauscht, wenn der Empfang mal halbwegs passabel ist. In einer Ecke steht ein runder Arbeitstisch, daneben stapeln sich zwölf Eimer mit Schraubdeckeln aus dem Baumarkt, die er mit Yukonwasser befüllt hat. Nachdem er ein Loch ins Eis geschlagen hatte. An der Wand hängt ein selbst gezimmertes Regal mit einer umfangreichen Auswahl an Gewehren verschiedener Kaliber für die Jagd oder um Bären zu vertreiben, die sich im Frühjahr hungrig seiner Hütte nähern. Rechts darunter die zwei Containerflaschen mit selbst gebrautem Bier, auf das er sich vor allem im Sommer nach einem langen, arbeitsreichen Tag freut. Komplettiert wird der Raum durch einen mächtigen Ofen aus Gusseisen. Wenn es draußen richtig kalt wird, muss Andy ihn zusätzlich befeuern, ansonsten reicht der Hauptofen in der Küche nebenan.

Ich blicke auf das Thermometer vorm Fenster: minus zehn Grad Fahrenheit, also nur minus 23 Grad Celsius.

Das ist warm für eine Region, die im Winter regelmäßig in Minustemperaturen von vierzig Grad und darunter erstarrt. Trotzdem lege ich ein paar Scheite nach. Als ich vorgestern in Deutschland in den Flieger stieg, war mein Körper an zweistellige Plusgrade gewöhnt, und er braucht wohl noch eine Weile für die Umstellung. Erst mal Kaffee, denke ich.

Normalerweise lässt Andy das heiße Wasser durch einen Filterhalter in die Thermoskanne tropfen, für mich hat er zusätzlich die elektrische Kaffeemaschine stehen gelassen. Ich lege den Schalter der Wasserpumpe um und zapfe so die Menge für acht Tassen aus dem Wassereimer unter der Spüle, in dem ein Schlauch steckt. Auch wenn der Aufwand vielleicht ein wenig größer ist, im Busch muss niemand auf die Annehmlichkeiten der Zivilisation verzichten. Selbst Fernsehen und Internet sind dank Satellitentechnik möglich, obgleich die Verbindung bestenfalls antiquierte ISDN-Standard-Geschwindigkeit erreicht und geradezu obszön überteuert ist.

Während der Kaffee durch die Maschine läuft, ziehe ich die Daunenjacke über und stapfe die rund zwanzig Meter durch den Schnee zum Outhouse, Alaskas legendärem Plumpsklo. Andy hat die Sitzfläche mit einer dicken Styroporplatte isoliert, die für überraschend warmen Komfort sorgt. Und wenn es mal länger dauert, bietet unterhaltsame Lektüre Zerstreuung. Oder der freie Blick auf den majestätischen Calico Bluff, der unweit vom Grundstück schroff in den Yukon abbricht. Die Gewohnheit, das Toilettenpapier ebenfalls in die Grube zu werfen, muss ich allerdings aufgeben. Das würde schnell zur Überfüllung führen. Deshalb steht ein kleiner Eimer bereit. Wenn der voll ist, wird der Inhalt zusammen mit anderem Müll in einer rostigen Metalltonne verbrannt.

Im Dog Yard rascheln die Ketten, als ich mich auf den Rückweg zum Haus mache. Die Hunde wissen, jetzt ist die Zeit, in der ich einen von ihnen ins Haus hole, wo er sich zusammen mit Husky-Opa Solo aufwärmen darf. Ihre Augen funkeln im Licht der Stirnlampe, als ich das Areal der Hütten erreiche. Alle sind inzwischen erwacht und schwänzeln aufgeregt trabend in meine Richtung. Bis die Kette sie zurückhält und sie meine Aufmerksamkeit durch Winseln, Jaulen und Bellen auf sich ziehen wollen. Heute ist Iceberg dran, der schneeweiße Rüde, Andys bester Leithund, auch wenn er bei einem Gerangel im letzten Winter ein Auge verlor.

Ich löse den Karabiner am Halsband, und Iceberg sprintet auf die Veranda, in freudiger Erwartung der Ofenwärme und der Zuneigung, die er selbstverständlich ebenfalls bekommen wird. Zum Frühstück gibt’s Granola für mich und Hundefutter mit einer Kelle heißem Wasser für die Hunde. Danach »Scoop the Poop«. Also schnappe ich mir Schaufel und Eimer und sammle Gefrorenes, das am Ende auf einer ständig wachsenden Halde abseits des Grundstücks landet. Wer als Musher, als Hundeschlittenführer, mit Huskies die winterliche Weite erkunden will, muss auch bereit sein, die weniger glorreichen Taten zu vollbringen.

Überhaupt habe ich den Eindruck, als Hundeschlittenführer ist man in erster Linie Landwirt und nicht Abenteurer oder Sportler.

Die Versorgung der Tiere verlangt ähnliche Disziplin wie die eines Milchbauern, bei dem die Kühe meist über allem stehen. Hier draußen sind es die Hunde. Und der Haushalt mit allem, was dranhängt, wenn man »off the grid«, ohne Anbindung ans Netz, lebt.

Mein nächster Gang führt mich rüber zum Power Shack, in dem Andy seine Batterien verkabelt hat. Sie liefern den Strom fürs Haupthaus und für die elektrischen Werkzeuge, die sich auf einer Werkbank im selben Schuppen verteilen. Mit ihnen bearbeitet Andy gelegentlich Flusskiesel und Tiergeweihe, fertigt daraus Schmuckstücke, die er hin und wieder verkauft, meist aber an seine Gäste verschenkt. Ich checke den Ladezustand der Batterien, der in den letzten beiden Tagen doch deutlich gefallen ist. Nach ein paar Versuchen knattert der kleine portable Generator, der in den kommenden Stunden bleifreies Benzin in Kilowatt verwandeln wird. Zunächst um einen Miniheizlüfter zu betreiben, der den Gemüsekeller in Andys neuem Haus vor dem Einfrieren bewahrt. Dort lagern vor allem Kartoffeln und Rüben in großen Plastiksäcken.

Das neue Haus entsteht gerade gut hundert Meter entfernt vom alten und soll im kommenden Winter fertig sein, mit mehr Platz und vor allem einem ausgetüftelten Kachelofen aus großen Flusskieseln nach europäischem Vorbild, der das Brennholz wesentlich effizienter nutzen wird als die gusseisernen Dinosaurier in der alten Hütte. Ich heize das Feuer im kleinen Ofen des Schuppens wieder an, die Batterien dürfen nicht dauerhaft der Kälte ausgesetzt sein, sonst verlieren sie ihre Ladekapazität und irgendwann auch die Funktion.

Inzwischen ist die Sonne aufgegangen. Ihre Strahlen zaubern ein trügerisch warmes Orange auf die verschneiten Hänge auf der anderen Yukon-Seite. Hier am Südufer wird sie sich bis März nicht blicken lassen.

Ich starte das Schneemobil, der Holzvorrat schwindet zunehmend. Aber in den Wäldern und der Uferzone am Fluss gibt es reichlich Nachschub. An den Umgang mit der Motorsäge muss ich mich erst gewöhnen, am Ende aber fühle ich mich nach jeder Ausfahrt ein bisschen wie ein Jäger, der mit seiner Beute nach Hause kommt. Statt mit Elch, Karibu oder Schneehuhn allerdings nur mit Fichte, Espe und Birke, in fußlangen Stücken, die ich anschließend gleich spalte und auf die Stapel beim Haus, Schuppen und der Sauna verteile. Dort, in der kleinsten Blockhütte auf dem Grundstück, werde ich später auch ein Feuer im Ofen schüren, um damit Wasser und Luft zu erhitzen und am Ende des Tages eine wohltuende Eimerdusche zu nehmen. Solange es aber hell ist, haben die Hunde Vorrang …

GEE! HAW! EASY! WHOA!

Ein Dutzend Hunde, ein Schlitten, ein Trail durch die Wälder – »Go!« Auch ein alaskischer Traum. Der aber so gar nichts mit der Realität zu tun hat, zumindest nicht mit meiner.

Was wahrscheinlich an meinem noch sehr deutlich ausgeprägten Rookie-Status liegt. Wobei die Rookies, die Neulinge bei den Hundeschlittenrennen, nur so genannt werden, weil sie zum ersten Mal dabei sind, und nicht etwa, weil sie noch keinen Peil haben. Im Gegensatz zu mir. Von wegen einfach draufstellen, und los geht’s.

Diese Vorstellung ist genauso naiv wie die, mit einem Kanu aus Birkenrinde unbeschadet bis zum Beringmeer reisen zu können. Bei meiner Tour damals hatte ich schon am zweiten Tag einen Fast-Totalschaden, als das Boot im Sturm an Steinen zerschellte. Nach der erfolgreichen Reparatur musste ich dann im Schnitt alle zwei Tage lecke Stellen flicken. Aber das Kanu hat gehalten und mich mehr als 3000 Kilometer auf dem Yukon durch Kanada und Alaska getragen. Von so einem Erlebnis bin ich mit dem Hundeschlitten noch weit entfernt – also, von einer epischen Reise durch die Wildnis. Obwohl sie ganz oben auf meiner »bucket list« steht.

Ich schirre jeweils fünf Hunde für meine ersten Trainingsfahrten vor den Schlitten. Der weiße Iceberg oder der rote Kugeran als Leader, der schwarze Gambo in der Swing-Position direkt dahinter und in der Rolle der Wheeldogs schließlich die nimmermüden Dickel und Brigus. Dieses erste Team harmoniert nicht nur exzellent, es ist auch zugstark, und vor allem hört es halbwegs zuverlässig auf die Kommandos »Gee!« für rechts, »Haw!« für links, »Easy!« für langsamer und »Whoa!« für Halt, sogar wenn ich sie gebe. Team 2 besteht aus der einzigen Lady im Kennel, der kleinen wuseligen, mitteilungsbedürftigen Topaz in der Führungsrolle, dem schüchternen Riesen Fogo, den man jedes Mal unter viel Krafteinsatz zum Schlitten zerren muss, weil er das Anschirren so sehr verabscheut, dem hinterlistigen Carboneer, der bei jeder Gelegenheit ausbüchst, um sich vorm Schlittenziehen zu drücken, und dem Vater-Sohn-Gespann Shilling und Jack, die nebeneinander als Wheeldogs unmittelbar vor dem Schlitten wie ein Uhrwerk traben.

Trotzdem bleiben diese fünf mein Chaos-Team.

Denn wenn es drauf ankommt, macht jeder, was er will, egal wie oft ich meine Kommandos rufe und selbst wenn ich mit dem ausgestreckten Arm die Richtung auch visuell noch vorgebe. Manchmal bin ich selbst nach einer nur halbstündigen Seerunde regelrecht heiser, vom Bestreben und der Überzeugung getrieben, dass gutes oder im Zweifel auch mal lautstarkes Zureden irgendwann schon den Erfolg bringen wird. Nicht selten aber muss ich absteigen, die Hunde, die sich inzwischen durch wahllose und weitgehend sinnbefreite Richtungsänderungen heillos mit ihren Zugleinen verheddert haben, entwirren, um anschließend Topaz am Geschirr auf den rechten oder linken Pfad zurückzuführen. Wenn sie mich dann aus ihren stahlblauen Augen fragend anblickt, schmelzen alle Grollgedanken dahin wie Schnee in der Frühlingssonne.

Die Waffen der Hundeweibchen …

Neben der Kontrolle der Huskies ist aber auch das Handling des Schlittens durchaus mit einer steilen Lernkurve verbunden. Festhalten allein reicht jedenfalls nicht, wie ich nach einigen Stürzen im Frühjahr schon feststellen musste. Wobei selbst dann Festhalten die einzige Garantie ist, die Hunde zum Anhalten zu bewegen. Rufe, und seien sie noch so panisch oder fordernd, scheren sie überhaupt nicht, solange der Schlitten hinter ihnen mit seinen Kufen hörbar durch den Schnee schleift, mit oder ohne Besatzung. Die Hunde scheinen genau zu wissen: Wenn sie von sich aus stoppen, rammt der Schlitten ungebremst zumindest den Wheeldogs in die Beine.

Das ist nicht nur schmerzhaft, sondern kann zu furchtbaren Verletzungen führen. Also lieber weiterlaufen, bis der Schlitten kippt und sich irgendwo verkantet. In der Tat steht man als Musher nicht nur entspannt hintendrauf. Vielmehr muss man stets ein wachsames Auge auf den Trail haben, Unebenheiten erkennen, vor Kurven rechtzeitig bremsen, in die Knie gehen und das Gewicht verlagern. Das erinnert stark an einen alpinen Skiläufer, der auch ständig vom Innen- auf den Außenski wechselt und je nach Richtung belastet oder umsteigt.

Da der Yukon noch nicht stabil und ebenmäßig zugefroren ist, muss ich die Trainingsrunden erst mal auf zwei Seen hinterm Haus beschränken. Alternativ folge ich schließlich einem schmalen, kurvigen Pfad, den Andy durch die Wälder und über eine Bergkuppe zum Seventymile River geschlagen hat. Und hier passiert es dann: Mit Schnee- und Eisbremse reguliere ich zwar zunächst erfolgreich die Geschwindigkeit, übersehe aber eine Bodenwelle, die den Schlitten ruckartig aus der Spur wirft. Ich pralle frontal gegen eine zehn Zentimeter dicke Fichte.

Die Wucht, getriggert vom Zug der laufwütigen Hunde, lässt den Stoßfänger am Schlitten bersten, und mehr noch, die Fichte bohrt sich förmlich einen halben Meter weit in die ohnehin brüchige Bodenplatte aus Plastik. Dann plötzlich Stillstand. Mein Team schaut mit verdutzten Augen zu mir und ich zu ihm. Keinem von uns ist etwas passiert, aber der Schlitten ist hinüber. Ich muss die Zugleine der Hunde lösen, bevor ich den Schlitten befreien kann. Anschließend schirre ich die Huskies wieder an und hoffe, die verbliebene Fläche der Bodenplatte hält noch ein paar Kilometer. Wir schnaufen tief durch und treten etwas bedröppelt die Rückreise an, jetzt doppelt vorsichtig, denn vor uns liegt noch eine halsbrecherisch steile Abfahrt.

Am nächsten Tag werde ich trotzdem wieder auf diesen Trail ziehen, mit einem Ersatzschlitten und in der Hoffnung, das Trauma auf diese Weise schnell hinter mir zu lassen. Als ich Andy später mein Missgeschick per Mail beichte, beruhigt er mich. Das gehöre zum Mushing, und den Schlitten habe er ohnehin schon lange austauschen wollen.

Der Mensch wird niemals vollständig die Kontrolle behalten, auch das macht die Faszination aus, mit Hunden durch die winterliche Wildnis zu ziehen.

Aurora zum Abschied

Zwei Wochen allein in der arktischen Wildnis gehen zu Ende. Wenn heute Nacht wieder die Polarlichter tanzen, fällt der Abschied noch schwerer.

Kurz nach vier Uhr nachmittags, dunkelste Nacht draußen. Ich tippe diese Zeilen im Schein meiner Stirnlampe in den Laptop. Wer den Strom jetzt im Winter mit einem kleinen Generator produziert, spart, wo er kann. Draußen heulen die Hunde. Ich würde am liebsten einstimmen. Die tiefen Schneewolken haben sich verzogen, längst strahlt der inzwischen fast volle Mond wieder aufs weiße Land. Die Temperaturen sind innerhalb weniger Stunden um zehn Grad gesunken. Minus zwanzig Grad Celsius zeigt das Thermometer.

Zwei Wochen allein in der arktischen Wildnis gehen zu Ende. Abermals, wie auch bei meinen Reisen mit Rad oder Kanu, habe ich den Eindruck, das Reduzieren des Alltags auf Essenzielles fasziniert mich an diesem Leben. Es braucht keine »Simplify«-Parolen, um zu erkennen, wie sehr die Einfachheit entschleunigt und dass Hightech-Errungenschaften vielleicht vordergründig für mehr Komfort sorgen, man sich am Ende des Tages aber nicht zwangsläufig auch erfüllter fühlt. Vielleicht drängen deshalb so viele Zivilisationsmüde in die Wildnis, und sei es nur für einen kurzen Moment.

Und so werde ich gleich wieder raus in die Dunkelheit stapfen, fünf getrocknete Ketalachse vom Rack nehmen und für die Hunde zerteilen. Jeder bekommt einen halben. Und ich ein Viertel, gebraten in der gusseisernen Pfanne.

Mild war der Winter bisher, sagen alle. Aber heute Nacht könnten die Werte weiter fallen, auf unter minus dreißig Grad. Zu kalt für den Buschflieger, der mich morgen zurück in die Zivilisation bringen soll. Hoffentlich …

kapitel4

Iran

RANDVOLL IST MEIN HERZ

Ich mache Ferien auf der Achse des Bösen und finde dort wahre Schönheit.

Von Nadine Pungs

Polizisten stürmen den Bus. Sie sprechen nicht, sie suchen. Ich zupfe nervös mein Kopftuch zurecht. Taschenlampenlicht. Getuschel der anderen Reisenden. Ich höre mein Herz. Und unseren Busfahrer laut schimpfen. Er steht draußen, umringt von acht Gesetzeshütern, auf einem schwach beleuchteten Vorplatz der Polizeistation. Irgendwo im Iran. Irgendwann in der Nacht. Ich verstehe nichts. Mein Farsi beschränkt sich auf ein paar Höflichkeitsfloskeln. Alle sind nun fehl am Platz. Was ist hier los? Warum hat die Polizei unseren Bus herausgefischt? Niemand spricht Englisch und mein Handy hat keine Verbindung mehr zur Außenwelt. Ich sitze fest im iranischen Nirgendwo. Sprachlos.

Weitere Polizisten preschen in den Bus. Klopfen an die Decke, schauen unter die Sitze, reißen Wandverkleidungen herunter und entdecken Geheimfächer. Voll mit Ware. Verbotener Ware. Säckeweise heben sie den Schatz aus. CDs, T-Shirts, Konserven und einige Flaschen harten Alkohol. Im islamischen Gottesstaat Iran ist schon der Genuss von Bier strengstens verboten. Es drohen Geldstrafen und Peitschenhiebe.

Draußen wird gestritten. Rund fünfzehn Männer, Polizisten und die siebenköpfige Bus-Mannschaft, diskutieren und kreisen wie hungrige Wölfe um den Berg Schmuggelware.

Ich schaue aus dem Fenster und sehe meinen Rucksack im Staub liegen. Die Polizei durchsucht unser Gepäck. Ein Blitz trifft mich mitten ins pochende Herz. Habe ich noch die heimliche Flasche Wein im Ranzen? Oder habe ich sie schon getrunken? Ich weiß es nicht mehr. »Für einsame Nächte«, sagte mein Bekannter in Teheran, als er mir das sündige Gesöff in eine Pepsi-Flasche füllte. Ich stopfte sie dankbar in meine Tasche.

Jetzt ist die Nacht einsam. Wie viele Peitschenhiebe kriege ich wohl? 70, 80 oder 90?

Mir wird übel. Die Polizisten öffnen wahllos Koffer, befingern Kosmetikartikel und Schmutzwäsche. Ich starre auf mein Handy. Immer noch kein Empfang. Wenn ich jetzt aufstehe, aussteige und renne, wie weit komme ich?

Ich atme tief und ordne meine Gedanken. Streife durch Erinnerungsfetzen. Doch. Ich habe den Wein bereits getrunken. Ja, ich bin mir sicher. In der Karawanserei muss es gewesen sein. Ja, so war es. Ich beruhige mich. Schließe die Augen. Aber was ist, wenn mir jemand mit unlauteren Absichten etwas ins Gepäck geschmuggelt hat? Drogen? Während ich ahnungslos im Bus dämmerte. So was passiert doch. Ich habe davon gelesen. Ich bin hier nur die sprachlose Touristin.

Nein, Schluss jetzt. Blödsinn. Keine beengenden Gedanken. Ich wollte es so. Hatte ich mir doch solche Situationen herbeigesehnt, das Abenteuer gesucht. Ich will ja Intensität. Ich will Lebendigkeit. Ich will Wahrhaftigkeit. Etwas, das bleibt. Ich will Hingabe. Fremd werden. Vagabundieren. Staunen. Ich will Schönheit und Melancholie. Ich bin süchtig. Sehnsüchtig. Mir fehlt der Mut, um zu bleiben. Deshalb muss ich gehen. Und deshalb bin ich hier. Allein. Im Iran.

Reisen ist anstrengend und lästig. Reisen ist mühsam und bitter. Und alleine reisen ist ein freier Fall. Es ist, als stünde man kurz vor dem Sprung aus dem Flugzeug. So stelle ich mir das vor. Unter mir nur Leere. Exit. Ich robbe zur Tür. Meine Füße auf dem Trittbrett, die Arme vor die Brust und der Kopf in den Nacken. Noch mal tief durchatmen. Absprung!

Gelandet bin ich in diesem iranischen Bus. Ich spüre das Leben. Und das ist gut. Gut, weil ich davongekommen bin. Der Bus rollt an. Nach Stunden bangen Wartens. Die Polizei hat die Schmuggler verhaftet, nur der Busfahrer darf weiter. Was wird wohl mit den Männern geschehen? Können sie sich freikaufen? Werden sie ausgepeitscht? All das wegen ein paar billiger T-Shirts und einiger Flaschen Alkohol.

Die Landschaft zieht vorüber, der Tag bricht an. Die meisten Leute im Bus schlafen. Ich schaue aus dem Fenster hinein in eine wunde Welt. So viele Geschichten erzählt das Land, so viele Wunder. Vielleicht gehören sie stets zusammen: das Wunder und die Wunde. Vielleicht gehört zum Glück auch immer Trauer und zur Anmut der Unmut.

Die Sonne scheint und der Himmel ist wolkenlos. Wie ein großer blauer Fleck ist er über die Wüste gespannt.

In einem Interview antwortete der deutsche Schriftsteller Botho Strauß auf die Frage »Was fehlt Ihnen?« mit der schlichten Aussage: »Das Schöne.«

Mehr nicht. Ich verstand ihn. Der Berliner Philosoph Byung-Chul Han schrieb aufgrund dieser Strauß’schen Feststellung ein ganzes Buch über Die Errettung des Schönen.

Wo ist es, das Schöne? In unserem heutigen westlichen Verständnis von Schönheit gibt es in ihr keine Knackse, keine Risse, keine Bruchstellen. Alles sei kugelrund gelutscht, faltenfrei, glatt geschliffen und ausdruckslos, so Hans Erkenntnis. Das wirklich Schöne hat jedoch Kratzer und manchmal Verletzungen. Es birgt Geheimnisse.

Im Iran sehe ich viel Schönes. Viele Risse und Bruchstellen. Viel nicht Gesehenes. Nicht nur die verschleierte weibliche Schönheit. Auch einsame Salzseen, bunte Berge, eine verlassene Fabrik, die sich aus dem Wüstensand erhebt, alte seelenvolle Gesichter, persische Ruinen, Mosaiken, schwarze Kinderaugen. Und immer wieder die unendlichen Sandmeere. Grau und beige. Als wäre die Farbe aus der Welt gewaschen.

Ich setze die Kopfhörer auf. In meinem Ohr singt Leonard Cohen. »I came so far for beauty, I left so much behind.«

Gefangene Freiheit

Hinterm Horizont erscheint Schiraz. Der Garten des Iran.

Wir sind endlich angekommen. Ich steige aus, setze mich auf meinen Rucksack und warte, beobachte Busse und Menschen. Abschiede und Wiedersehen. Heimweh und Sehnsucht. Alles hier. Im Bahnhof. In mir. Es ist heiß und riecht nach Orangenblüten.

»Hello, where are you?«, fragt eine warme Baritonstimme am Telefon. Es ist Kourosh. Mein Host für die nächsten drei Tage und der beste Freund meines Teheraner Bekannten. Ich darf in seinem Haus wohnen – zusammen mit Schwester, Bruder, Schwägerin, Neffe, Nichte, und der 92 Jahre alten Mutter. Bisher hatten wir uns nur Textnachrichten geschrieben, und ich bin neugierig, wer mich erwartet.

Kourosh lässt den Motor laufen, steht im Halteverbot. Ich steige ein und blicke in ein attraktives Gesicht. »Hi, I’m Kourosh.« Lachfalten kräuseln sich um seine braunen Augen. Und ich beginne zu stottern, werde kleinmädchenschüchtern. Außer ein wenig englischem Gefasel vergesse ich sämtliche Worte. Ich beschränke mich aufs Lächeln.

Kourosh trägt mein Gepäck in ein Apartment. Er wohnt ein Stockwerk tiefer. Er lädt mich zum Frühstück am nächsten Morgen ein.