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Über dieses Buch:

Endlich Ferien – und nun das! Heike, Michael und Thomas sind nicht gerade davon begeistert, die Sommerferien bei dem verrückten Onkel Ambrosius verbringen zu müssen. Der will sie auch gar nicht haben und schiebt sie direkt zu seiner superöden Haushälterin ab, damit er in Ruhe an seinen Erfindungen herumschrauben kann. Langeweile pur!

Als die drei jedoch erfahren, was der Professor gerade austüftelt, ist ihre schlechte Laune wie weggeblasen: eine mysteriöse Maschine – „ZM“ genannt und streng geheim. Nun werden die Sommerferien vielleicht doch noch richtig abenteuerlich!

Über die Autorin:

Marliese Arold, Jahrgang 1958, entdeckte schon als Kind ihre Leidenschaft für Geschichten. Statt Schriftstellerin wurde sie aber erst mal Bibliothekarin. Seit der Geburt ihrer Kinder schreibt sie selbst – über 180 Bücher sind es mittlerweile, die in 20 Sprachen übersetzt wurden. Sie lebt mit ihrem Mann in Erlenbach am Main.

Bei dotbooks veröffentlicht sie auch:

ZM – streng geheim. Band 2: Grabraub im Tal der Könige

ZM – streng geheim. Band 3: Die Sonnenstadt von Ol-Hamar

ZM – streng geheim. Band 4: Die Feuerhexe

ZM – streng geheim. Band 5: Das Rätsel von Machu Picchu

ZM – streng geheim. Band 6: Der Herrscher von Atlantis

Weitere Bücher sind in Vorbereitung.

Die Autorin im Internet: marliese-arold.de

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eBook-Neuausgabe Oktober 2016

Copyright © der Originalausgabe 1983 by Pelikan AG, D-3000 Hannover 1

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/KeilaNeokow EliVokoumova (Hintergrund), Denis Christo (Kids), Anthrazit (T-Rex)

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-725-3

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Marliese Arold

ZM – streng geheim

Band 1: Das Geheimnis des alten Professors

dotbooks.

Wer geht auf Abenteuerjagd?

Ambrosius Kohler

Spinner oder Genie? Er ist Professor der Physik und hat früher an Hochschulen unterrichtet. Aber man hat ihn gefeuert. Seitdem ist der große, hagere Mann ziemlich launisch und verkriecht sich am liebsten in seine vier Wände. Mit seinen langen, grauen Haaren, seiner dicken Hornbrille und seinem geistesabwesenden Gesichtsausdruck macht er auf Fremde keinen besonders freundlichen Eindruck. Manche halten ihn sogar für verrückt. Doch das ist dem Professor nicht einmal so unrecht. Dann lassen ihn die Leute wenigstens in Ruhe, und er kann ungestört seiner Arbeit nachgehen. Über seinen merkwürdigen Erfindungen vergißt er oft alles andere. Übrigens ist er der Großonkel von Michael und Heike Jaschke, auch wenn er normalerweise mit der ganzen Verwandtschaft verkracht ist.

Michael Jaschke

liebt nichts mehr als Krimis und Gruselgeschichten. Bei einem Skelett kann er schon mal schwach werden. Zum Ärger seines Deutschlehrers besitzt Michael eine überschäumende Phantasie. Was in seinen Aufsätzen steht, klingt nicht immer glaubhaft. Aber die Schule ist Michael ziemlich schnuppe. Für einen Elfjährigen gibt es wichtigere Dinge, findet er. Mit seinem blonden Haar, seinen blauen Augen und den unzähligen Sommersprossen sieht Michael seiner Schwester überhaupt nicht ähnlich. Aber trotz seiner kurzen runden Arme und Beine ist er flinker, als man denkt.

Heike Jaschke

schwärmt für Tiere, besonders für Pferde. Von Skeletten hält die Dreizehnjährige nicht viel – im Gegensatz zu ihrem Bruder. Sie ist groß und schlank, hat grüne Augen und braunes Haar, das sie meistens zu einem Pferdeschwanz zusammenbindet. Niemand würde sie für Michaels Schwester halten – nur ihre Stupsnasen gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Das Lernen fällt Heike leicht, und obwohl sie in der Schule eine der Besten ist, bildet sie sich nichts darauf ein. Überhaupt ist sie ein echter Kamerad und verliert selbst in heißesten Situationen nicht den Kopf – auch wenn ihr das Herz manchmal ziemlich flattert. Ihr Wahlspruch ist: Erst denken, dann handeln!

Thomas Pahl

kennt mit seinen vierzehn Jahren nur ein Ziel: Er will Detektiv werden. Seine Spürnase ist fast noch besser als die von Moorteufel, seinem Hund. Das Fell des Labradors ist ebenso schwarz wie die Locken des schlaksigen Jungen, aber das ist nicht der einzige Grund, weshalb Moorteufel Thomas’ bester Freund ist. Der Hund ist nämlich ein Geschenk von seinem Vater, der inzwischen gestorben ist.

Mit seinem Stiefvater kommt der Junge nicht zurecht, und daher geht er ihm am liebsten aus dem Weg. Thomas weiß, wie wichtig es ist, Augen und Ohren offenzuhalten. Es macht ihm Spaß zu kombinieren, allerdings schießt er dabei manchmal übers Ziel hinaus.

Kapitel 1
Verpatzte Ferien

»Noch zwei Wochen bis zu den Sommerferien!« verkündete Michael mit einem Blick auf den Kalender. »Ha, und dann braten wir bald selbstgefangene Fische am Lagerfeuer.«

»Iiihhh, doch hoffentlich nicht schon zum Frühstück!« sagte Heike. Sie starrte auf ihr frischgebackenes Brötchen mit Erdbeermarmelade. Marmelade und Fisch – igitt! Heike schüttelte sich. Aber dann mußte sie lachen. Die Aussicht auf die kommenden Abenteuerferien war einfach zu verlockend.

Schon lange zählten die Geschwister die Tage. Ihre Eltern hatten nämlich beschlossen, zusammen mit einer befreundeten Familie eine Camping-Tour durch Norwegen zu machen. Zelten, wandern, Fische fangen und im Freien übernachten – gewiß würde es herrlich werden!

»Und ganz früh am Morgen im See baden.« Heike sah verträumt zum Fenster hinaus. Eine Woche lang hatte es fast ununterbrochen geregnet. Aber jetzt schien die Sonne vom strahlend blauen Himmel und malte helle Kringel auf den Frühstückstisch. Noch dazu war Samstag und schulfrei. An einem solchen Tag mußte man einfach gute Laune haben!

Doch die Katastrophe hatte sich ausgerechnet diesen herrlichen Samstagmorgen ausgesucht, um über Michael und Heike Jaschke hereinzubrechen.

»Hört mal«, sagte Herr Jaschke und räusperte sich. »Bevor ihr weitere Pläne schmiedet, müssen Mutter und ich euch etwas mitteilen.« Das klang nicht gut. Michael, der gerade sein Ei köpfen wollte, blickte mißtrauisch auf. Die Gesichter der Eltern waren ernst. Hatte der Klassenlehrer etwa einen Blauen Brief geschickt? Aber Michael hatte sich in der letzten Zeit mächtig angestrengt, um doch noch versetzt zu werden. Erst gestern hatte ihm der Lehrer aufmunternd auf die Schulter geklopft, und Michael war überzeugt, daß er es in diesem Schuljahr gerade noch geschafft hatte. Doch nun?

»Was ist los?« drängte Heike. »Macht es nicht so spannend!«

»Wir wollten euch nicht den Appetit verderben«, antwortete Frau Jaschke. »Aber weil ihr gerade von den Ferien sprecht: Onkel Ambrosius hat geschrieben.«

»Onkel Ambrosius?« Heike krauste die Stirn. »Ist das nicht dieser olle Professor, der mit der ganzen Verwandtschaft auf Kriegsfuß steht? Und der nicht alle Tassen im Schrank. Sie unterließ es, sich an die Stirn zu tippen, weil ihr Vater sie streng ansah.

Ambrosius Köhler war ein Onkel von Frau Jaschke. Heike und Michael kannten ihn nur aus Erzählungen. Er war Professor der Physik und hatte einst an Hochschulen unterrichtet, war aber wegen einer mysteriösen Angelegenheit frühzeitig pensioniert worden. Seither war er ein bißchen seltsam.

»Onkel Ambrosius mag vielleicht etwas eigen sein«, gab Frau Jaschke zu. »Aber verrückt ist er nicht. Nur menschenscheu.«

Der Professor ging nämlich den anderen Menschen am liebsten aus dem Weg. Daher hatte er sich in einem kleinen Dorf ein altes Haus gekauft. Dort lebte er ganz allein mit einer Haushälterin.

»Jedenfalls ist er einverstanden, daß ihr beide eure Ferien bei ihm verbringt«, ergänzte Herr Jaschke.

»Waaas?« Michael glaubte, sich verhört zu haben. »Unsere Ferien? Und was ist mit Norwegen?«

»Daraus wird leider nichts«, sagte Herr Jaschke. »Mutter war kürzlich beim Arzt und hat sich gründlich untersuchen lassen. Er hat ihr jede Anstrengung verboten und ihr eine Kur verordnet.«

»Sechs Wochen in Bad Orb.« Frau Jaschke lächelte traurig. »Es tut mir wirklich leid. Ich weiß, wie sehr ihr euch auf Norwegen gefreut habt.«

Michaels Gesicht wurde lang. Auch Heike versuchte, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Welch eine Enttäuschung! Alle Hoffnungen und Pläne umsonst! Es durfte nicht wahr sein!

»Und wenn wir ohne Mutter fahren?« platzte Heike heraus, biß sich aber sofort auf die Lippen. War es für die Mutter nicht genauso schlimm? Sie war am Ende sogar ernstlich krank! War es da nicht furchtbar gemein, nur an seinen eigenen Spaß zu denken? Heike schluckte. Als Dreizehnjährige müßte sie eigentlich alt genug sein, um für andere Verständnis aufzubringen. Doch Frau Jaschke nahm ihr den Vorschlag nicht übel.

»Ich habe auch daran gedacht«, erklärte die Mutter. »Aber Vater will mich durchaus nicht allein lassen. Und wir können nicht verlangen, daß Müllers außer auf ihre eigenen drei Kinder auch noch auf euch aufpassen.«

»Wir können auf uns selbst aufpassen«, sagte Michael trotzig. Er war im vorigen Monat elf geworden.

»Das wissen wir«, sagte Herr Jaschke. »Und deswegen macht ihr dem Onkel hoffentlich keine Schwierigkeiten, wenn ihr bei ihm seid.«

»Warum denn ausgerechnet Onkel Ambrosius?« fragte Heike. »Wir kennen ihn doch gar nicht. Warum können wir nicht zu Tante Annemarie, wie im letzten Jahr?«

»Tante Annemarie hat in ihrem Urlaub schon etwas anderes vor. Außerdem sollt ihr endlich mal raus aus der Stadt«, erwiderte Frau Jaschke. »Ferien auf dem Land machen euch bestimmt Spaß!«

»Ach, auf so’n olles Kaff!« maulte Michael. »Und vor Freude an die Decke springen, wenn man so etwas Aufregendes wie einen Misthaufen sieht! Na, Mahlzeit!«

»Also bitte!« sagte Herr Jaschke streng. »Es ist sehr großzügig von Onkel Ambrosius, daß er euch überhaupt aufnimmt. Normalerweise möchte er von niemandem gestört werden. Er arbeitet nämlich wieder an einer größeren Erfindung.«

»Was erfindet er denn diesmal?« erkundigte sich Heike. Sie grinste. Vor einigen Jahren hatte der Professor einen komplizierten Apparat gebaut, der Heidelbeeren pflücken konnte. Der Nachteil daran war, daß die Maschine einfach zu groß war, um beim Beerenpflücken mitgenommen zu werden. Man hätte dazu einen Lastwagen gebraucht. Die ganze Familie hatte damals Tränen über die Geschichte gelacht.

»Er schreibt nicht, was es ist«, antwortete Frau Jaschke. »Doch seinen Andeutungen nach ist so etwas Großartiges noch nie dagewesen.«

»Sicher ein automatischer Kamm, der gleichzeitig als Zahnbürste dient«, vermutete Heike.

»Vielleicht können wir Onkel Ambrosius noch ein paar Tips geben, damit man sich mit dem Ding auch noch die Zehennägel schneiden kann!« schlug Michael vor.

Alle lachten. Die Eltern waren insgeheim froh, daß die Kinder die geänderten Ferienpläne so vernünftig aufnahmen. Aber ganz so einfach war es nicht. Heike und Michael ließen sich zwar beim Frühstück nichts mehr anmerken, doch später in ihrem Zimmer machten sie ihrer Enttäuschung Luft.

»Mist, Mist, Mist und dreimal verflixt und zugenäht!« stieß Michael aus und stampfte mit dem Fuß auf. »Es ist zum Heulen! Wochenlang freut man sich, und dann heißt es einfach: Norwegen, ade! Ich habe nicht die geringste Lust, zu diesem blöden Professor zu fahren!«

»Die ganzen Ferien sind verdorben«, pflichtete Heike bei. »Da könnte man ebensogut in die Schule gehen!«

»Den ganzen Tag Hühner angucken! Ich wette, das werden diesmal die langweiligsten Ferien unseres Lebens!« prophezeite Michael.

Doch darin irrte er sich gründlich. Heike und er sollten schon sehr bald aufregende Abenteuer erleben.

Kapitel 2
Das fängt ja gut an!

Wie im Flug verging die Zeit bis zu den Sommerferien. Insgeheim hofften die Geschwister noch immer auf ein Wunder, das sie vor Onkel Ambrosius bewahren würde. Doch als sie am ersten Ferientag in aller Frühe zusammen mit ihren Eltern auf dem Bahnhof standen, wußten die Kinder, daß das ersehnte Wunder ausgeblieben war. Leider! Pünktlich auf die Minute fuhr der Zug ein, der sie nach Obereichenbach bringen sollte. Zum Glück ergatterten die Kinder wenigstens einen Fensterplatz.

»Vergebt nicht zu schreiben!« rief ihnen Frau Jaschke zu, als der Zug bereits anrollte. »Und schöne Grüße an Onkel Ambrosius!«

»Machen wir!« schrie Heike. Die Kinder winkten, bis die Eltern nicht mehr zu sehen waren.

»Uff!« Michael schloß das Zugfenster. »Noch ein paar Minuten länger, und ich wäre ganz taub geworden von all den Ermahnungen und guten Ratschlägen!«

»Die Eltern meinen, es passiert immer gleich etwas, wenn sie einmal nicht dabei sind.«

»Klar! Bis zur nächsten Bahnstation werden wir sicherlich ausgeraubt, und zwei Stationen weiter lauert schon ein Mörder auf uns!«

»Du mit deinen blutrünstigen Einfällen! Wenn du mich ärgern willst, dann steige ich aus, und du kannst allein zu Onkel Ambrosius fahren!«

»Ich soll allein in die Höhle des Ungeheuers? Und wer rettet mich, wenn der Professor mich in finstere Verliese sperrt, wo ich verschmachten muß? Ohne Essen und Trinken, nur in Gesellschaft von Ratten und dem Röcheln anderer Gefangener…

Heike hielt sich die Ohren zu. Ihr Bruder war wieder einmal bei seinem Lieblingsthema, und davon konnte ihn so schnell nichts abbringen. Krimis und Gruselgeschichten waren Michaels große Vorlieben – ganz zum Ärger von Herrn Gruber, seinem Deutschlehrer. Michaels Aufsätze waren nämlich meistens kleine Krimis mit Gangstern und Detektiven. Seine Klassenkameraden lasen diese haarsträubenden Geschichten mit Begeisterung, doch Herr Gruber schüttelte den Kopf und malte eine Fünf darauf. Dazu schrieb er: »Zu unwahrscheinlich! Schreibe doch auf, was du tatsächlich erlebt hast!«

Michael fand jedoch, dann würden die Aufsätze viel zu langweilig. Denn wann passierte schon einmal wirklich etwas Aufregendes? »Bei Onkel Ambrosius sicher nicht«, murmelte er.

»Führst du neuerdings Selbstgespräche?« erkundigte sich Heike.

»Ich mußte eben an den blöden Gruber denken. Verpaßt der mir doch glatt ’ne Fünf in Deutsch. Mein Englischlehrer hat beide Augen zugedrückt und mir gnädigerweise eine Vier gegeben, sonst hätte ich das Schuljahr wiederholen müssen. Und das alles nur, weil der Gruber, dieser Fiesling, keine Spur Phantasie hat!«

»Ich habe mich auch über ihn geärgert«, gestand Heike. »Wegen einer einzigen verpatzten Abfrage hat er mir eine Drei in Geschichte gegeben!«

»Eine Drei?« fragte Michael verständnislos. »Du liebe Zeit, wer regt sich denn wegen einer Drei im Zeugnis auf? Ich bin froh, daß ich nicht klebenbleibe, und du jammerst wegen einer Drei…«

Heike brauchte nie darum zu bangen, nicht versetzt zu werden. Im Gegenteil. Sie war in ihrer Klasse eine der Besten – ohne deswegen eine Streberin zu sein. Ihr fiel das Lernen eben leicht. Michael dagegen tat sich schwer. Er war es leid, sich deswegen die Vorwürfe der Eltern anhören zu müssen. Oft stellten sie ihm Heike als gutes Beispiel hin. Das haßte Michael. Die Geschwister waren nun einmal verschieden, sowohl in ihren schulischen Leistungen als auch im Aussehen. Heike hatte grüne Augen und braunes Haar, das sie meistens zu einem Pferdeschwanz zusammenband. Michael war blond, sommersprossig und blauäugig. Trotz seiner kurzen runden Arme und Beine konnte er recht flink sein. Heike dagegen war groß und schmal. Von Fremden wurden die Kinder selten für Geschwister gehalten. Denn nur wer genau hinsah, entdeckte, daß die beiden die gleichen Stupsnasen hatten! Die meisten Leute, von denen die Kinder während der langen Zugfahrt angesprochen wurden, wunderten sich, daß Heike und Michael die Reise ohne ihre Eltern machten.

»Was die Erwachsenen nur immer haben!« beschwerte sich Michael. »Wir fragen sie ja auch nicht, warum sie ohne Kinder verreisen. Dabei kann sooo viel passieren, wenn die Kinder nicht auf Vater und Mutter aufpassen!«

Die Reise verlief ohne Zwischenfälle. Doch als die Kinder am frühen Nachmittag müde und hungrig in Obereichenbach ankamen, stand niemand am Bahnhof, um sie abzuholen.

»Oder er will uns nicht abholen«, sagte Michael finster und hockte sich auf den Koffer. »Was nun?«

Die Kinder blickten sich ratlos um. Sie waren die einzigen Reisenden, die in Obereichenbach ausgestiegen waren. Der Bahnwärter kurbelte die Schranken wieder hoch und verschwand dann in seinem Büro.

»Auf alle Fälle ist es ein herzlicher Empfang«, bemerkte Michael mißmutig.

»Vielleicht hat sich der Onkel auch nur verspätet«, hoffte Heike, ohne recht daran zu glauben. Die Kinder warteten noch eine Viertelstunde, doch niemand kam.

»Genauso habe ich es mir vorgestellt!« murrte Michael. »Das fängt ja gut an! Am liebsten würde ich mit dem nächsten Zug wieder nach Hause fahren.«

»Zu Hause ist aber auch keiner mehr«, erwiderte Heike. »Die Eltern wollten gleich nach dem Mittagessen nach Bad Orb fahren.«

»Mittagessen! Mensch, hab’ ich einen Kohldampf!« stöhnte Michael und rieb sich den Magen. »Warum hast du auch die Tüte mit den Broten beim Umsteigen liegengelassen?«

»Ich dachte, du hättest sie ¡«verteidigte sich Heike. »Jetzt hör’ endlich damit auf. Unternehmen wir lieber etwas! Oder willst du hier Wurzeln schlagen?«