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Vom Streit zur dicken Freundschaft

Die Hoffnung, dass akute Probleme nur eine Phase sind und sieh von selbst lösen, hält viele Katzenhalter vom schnellen Handeln bei Streit in der Katzengruppe ab. Auch in menschlichen Beziehungen gibt es ja mal einen schlechten Tag ... Tatsächlich gibt es durchaus Katzengruppen, die sich ohne externe Hilfe stabilisieren. Meist jedoch ist die Hoffnung auf Selbstregulierung ein Trugschluss, denn anstatt sich aufzulösen, verhärten sich die Fronten zwischen den „Streithähnen" sogar eher. Dieses Buch zeigt Lösungswege auf, mit deren Hilfe auch bei Ihnen zu Hause der Katzenfrieden einziehen wird.

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Lena Landwerth ist Gründerin des unabhängigen Katzenmagazins Pfotenhieb und Autorin mehrerer Fachbücher rund um die Katze. Die Berücksichtigung der arttypischen Ansprüche unserer Stubentiger an die Haltung, Ernährung und Pflege durch den Menschen liegt ihr besonders am Herzen. Ihre Katze Fleckli wurde zwar als „sensible Einzelkatze" vermittelt, zeigte aber beim Einzug der ehemaligen Streunerin Sakura, dass sie doch lieber in Katzengesellschaft lebt...

Lena Landwerth ist mit ihrer Familie im Nordwesten der USA zu Hause. Im Cadmos Verlag ist bereits ihr Buch „Wegweiser Katzenfutter“ erschienen.

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GEMEINSAM

schnurrt sich’s besser

Der Mehrkatzenhaushalt

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(Foto: Shutterstock.de/Aspen Photo)

GEMEINSAM

schnurrt sich’s besser

Der Mehrkatzenhaushalt

von
Lena Landwerth

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Autorin und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Für eventuelle Schäden an Mensch und Tier, die als Folge von Handlungen und/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationen entstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden.

Copyright© 2013 by Cadmos Verlag, Schwarzenbek

Gestaltung und Satz: Johanna Böhm, Dassendorf
Lektorat der Originalausgabe: Anneke Fröhlich

Titelfoto: Shutterstock.de/Seiji

Fotos im Innenteil: siehe Einzelbildnachweis

Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten.

Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

eISBN 978-3-8404-6163-7

Inhalt

Die Katze – ein Einzelkämpfer?

Sozialisierung: Früh übt sich, wer verträglich werden will

Glücklich als Einzelkatze?

Wenn es Probleme gibt

Der kätzische Haushalt steht kopf

Gestörtes Fress- und Trinkverhalten

Gestörtes Putz- und Schlafverhalten

Die ängstliche Katze

Aggressionen

Unsauberkeit und Harnmarkieren

Kratzmarkieren

Gesundheitliche Probleme

Hilfe zur Selbsthilfe: So kehrt Ruhe ein

Probleme aussitzen – oder lieber nicht?

Wohnungs(um)gestaltung

Eine Frage der Ressourcen

Das Bedürfnis nach Sicherheit

Zeit und Ruhe für das Futter

Die Katzentoilette – ein wahrhaft stilles Örtchen

Kratzmöglichkeiten

Hilfsmittel der besonderen Art

Hilfe von außen

Wann der Tierarzt helfen kann

Tierverhaltenstherapie

Naturheilkunde

Wenn der Partner nicht der richtige war

Der gute Start ins gemeinsame Leben

Die Entscheidung für eine Zweitkatze

Mehr Katzen – mehr Arbeit?

Die Wahl des richtigen Artgenossen

Jung oder doch schon älter?

Die Rassefrage

Geschwisterkatzen

Kastriert – oder doch nicht?

Todesfall – was nun?

Oder doch gar keine?

Praktischer Leitfaden Katzenfreundschaft

Der Erstkontakt

Bevor es blutig wird

Erstkontakt mit Sicherheitspolster

Wie viel Nähe muss sein?

Gemeinsames Spielen

Gesundheit für zwei (und mehr)

Krankheitsmanagement im Mehrkatzenhaushalt

Gesundheitsvorsorge für kontaktfreudige Katzen

Dem Ungeziefer Einhalt gebieten

Vorsicht, ansteckend!

Infektionskrankheiten im Überblick

Anhang

Tipps zum Weiterlesen

Kontakt zur Autorin

Die Katze -

ein Einzelkämpfer?

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(Foto: Shutterstock.de/Dragoness)

Die Katze als verschrobener Einzelgänger: Dieses Bild hat sich in unser Bewusstsein eingebrannt. Doch stimmt das wirklich? Sind unsere Stubentiger allein glücklicher als zu zweit? Oder befinden sie sich gerade in einer Entwicklungsstufe, in der aus den früher als verschrobene Einzelgänger geltenden Katzen gesellige Hausgenossen werden? Das Zusammenleben mit dem Menschen scheint bei der Katze eine Entwicklung vom jagenden Einzelgänger zu einem durchaus sozialen Tier angestoßen zu haben – vorausgesetzt, das Futterangebot unter menschlicher Obhut ist ausreichend.

Das Sozialverhalten unserer Katze wird von verschiedenen Faktoren bestimmt:

image  Angeborenes Jagdverhalten

image  Abstammung

image  Umfeld

image  Sozialisierung, die eine Katze während der ersten Lebenswochen erfährt

Die Beutetiere der Katze sind so klein, dass sie bei der Jagd nicht auf die Unterstützung von Artgenossen angewiesen ist – Katzen sind sogenannte „solitäre Jäger“. Mit ein wenig Geduld, Geschick und den naturgegebenen Waffen kann sie Mäuse und Vögel erlegen. Als Schleichjäger ist die Katze außerdem darauf angewiesen, sich ihrer Beute lautlos nähern und sie mit einem einzigen Sprung erlegen zu können. Und sind wir mal ehrlich: Wie könnten von einer kleinen Maus zwei erwachsene Katzen satt werden? Streitigkeiten und knurrende Mägen wären hier vorprogrammiert.

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Wie sozial sich eine erwachsene Katze verhält, hängt auch davon ab, wie intensiv die Sozialkontakte in den ersten Lebenswochen sind. (Foto: Shutterstock.de/Tom Pingel)

Das gängige Bild von der Katze als Einzelgänger wurde vor allem durch die Unterschiede in der sozialen Struktur eines Wolfsrudels und einer Katzengruppe geprägt. Eine Katze jagt allein, nur der Löwe galt lange als die einzige sozial jagende und lebende Großkatze. Wer von den Jagdgewohnheiten frei lebender Katzen aber auf das Sozialleben unserer Hauskatze schließen will, sollte klar zwischen den Vorfahren und wild lebenden Verwandten unserer Katze, halbwilden Katzengruppen oder sogar zwischen verschiedenen Hauskatzen unterscheiden. Falbkatze und Europäische Wildkatze haben in der Regel keinerlei Kontakt zu Menschen. Anders sieht dies bei halbwilden Streunern oder Bauernhofkatzen aus, die von der Nähe zum Menschen profitieren. Hauskatzen verbringen ihr ganzes Leben im menschlichen Haushalt und passen sich auch in ihrem Sozialverhalten diesen besonderen Lebensbedingungen an.

Zwar ist es alles andere als einfach, das Sozialgefüge von Wildkatzen zu erforschen; dennoch geht man davon aus, dass wild lebende Kleinkatzen vorwiegend Einzelgänger sind. Das gilt auch für die Falbkatze, den noch lebenden Vorfahren unserer Hauskatze. Allerdings hat das Eigenbrötlerdasein seine Grenzen: Bei genügend Futter- und Platzangebot können sich auch ohne Kontakt zum Menschen lebende Wildkatzen zu Gruppen zusammenfinden, und in naturnahen Gehegen zeigen zum Beispiel Europäische Wildkatzen erstaunliche Fähigkeiten zum Zusammenleben: Sie ziehen ihre Jungen gemeinsam auf, und junge Kater formen auch nach Eintritt in die Geschlechtsreife Allianzen.

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Bei halbwilden Katzen gibt es keineswegs nur Bindungen zwischen der Katzenmutter und ihren Kitten; das Sozialgefüge ist weitaus komplexer. (Foto: Shutterstock.de/Peter Radacsi)

Halbwilde Katzen, die vom Kontakt mit dem Menschen profitieren, werden keineswegs nur durch die Attraktivität einer Futterquelle davon abgehalten, andere Katzen zu bekämpfen. Mittlerweile wissen wir, dass das Sozialgefüge von halbwild lebenden Katzen sehr viel komplexer ist. Bei Katzen gibt es, anders als bei Wolfs- und Löwenrudeln, keine absolute Rangordnung, sondern eine an Zeit und Ort gebundene Hierarchie. Kurz: Wer vor Ort ist, hat das Sagen.

GESCHLECHTERROLLEN

Wild lebende weibliche Katzen treffen beispielsweise an Futterstellen zusammen. Das heißt aber nicht, dass nur weibliche Tiere feste Bindungen zu Artgenossen eingehen. Untersuchungen konnten auch Bindungen zwischen Kätzinnen und Katern nachweisen. Zwischen unkastrierten Katern besteht in vielen Fällen territoriale Konkurrenz; dennoch gibt es selten auch Allianzen zwischen gleichaltrigen Katern. In Kolonien kastrierter Tiere verwischen die Geschlechtergrenzen – kastrierte Kater sind meist ähnlich bindungsfreudig wie weibliche Tiere.

So viele Vorteile das Zusammenleben mit dem Menschen auch bietet: Der Wohnungskatzen-Lebensraum bietet kaum Herausforderungen für das einzelne Tier und noch seltener Sozialkontakte mit anderen Katzen. Je größer der Kontakt zum Menschen, desto eingeschränkter der Lebensraum, desto festgefahrener die soziale Struktur.

Bei Wohnungskatzen, deren Lebensraum gerade einmal 100 Quadratmeter groß ist, kann das Zusammenleben deshalb zu Problemen führen: Welche Wohnungskatze kann sich schon ein neues Revier suchen, nur weil sich der neue Katzenpartner als dominant herausstellt, oder kann ausweichen, wenn das junge Kätzchen seine wilden fünf Minuten auslebt? Darum ist es umso wichtiger, durchdacht bei der Auswahl eines Artgenossen für die Katze vorzugehen und eventuelle Spannungspunkte zu erkennen.

Sozialisierung: Früh übt sich, wer verträglich werden will

Moment mal – unsere Katze ist doch ein Einzelgänger? Ist sie nicht allein in ihrem eigenen Revier viel glücklicher, als wenn sie sich Garten und Haus mit anderen Katzen teilen muss? Leider lässt sich diese Frage nicht so leicht beantworten. Denn zur Herkunft der Katze kommt ein besonders wichtiger Faktor: die soziale Prägung, die eine Katze während der ersten Lebenswochen erfährt.

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Die ersten Lebenstage und -wochen haben einen enormen Einfluss darauf, wie gut das Sozialverhalten der Katze später ausgeprägt sein wird. (Foto: Shutterstock.de/Orhan Cam)

Man geht heute davon aus, dass der Hang zur Schmusekatze ein Stück weit vererbt wird. Genauso wichtig ist allerdings das Sozialverhalten der Katzenmutter. Ängstliche, zurückgezogen lebende Katzen werden zurückhaltende Jungen aufziehen. Eine Zuchtkatze, die ihren Menschen ganz und gar vertraut, wird ihre Katzenkinder hingegen früh an die menschliche Familie gewöhnen – und gegebenenfalls auch an alle weiteren im Haus lebenden Katzen und anderen Tiere.

Die ersten Lebenswochen des Katzenkinds sind besonders entscheidend, denn in diesen lernt es nicht nur, sich zu putzen, sich kämpferisch im Spiel auszutoben und genießbares Futter von ungenießbarem zu unterscheiden, es lernt auch, sich richtig gegenüber Artgenossen und anderen Lebewesen zu verhalten. Katzen lernen zum großen Teil durch Nachahmen, und so erklärt es sich, dass die Jungen einer wenig sozialen Katze in der Regel weniger „Soft Skills“ erlernen als die einer Katze mit gutem Sozialgefüge.

Gut sozialisierten Katzen fällt der Umzug in eine neue Familie meist leichter. Sie können die Körpersprache fremder Artgenossen deuten und wissen, wie sie sich zu verhalten haben. So gestaltet sich nicht nur das Leben mit dem Menschen, sondern auch das Leben im Mehrkatzenhaushalt einfacher. Allerdings: Auch das Sozialverhalten der „sozialsten“ Katze schläft nach jahrelanger Einzelhaltung ein!

Freundlich einander zugewandte und ausgeglichene Katzen sind leicht zu erkennen. Ihre Körpersprache ist offen und entspannt, der Schwanz hängt locker oder ist freundlich erhoben. Eine körperlich und geistig gesunde Katze frisst mit Appetit, sie verrichtet ihr Geschäft in der Katzentoilette und kratzt am für sie aufgestellten Kratzbaum. Sie ruht und schläft entspannt und je nach Alter und Veranlagung spielt sie mehr oder weniger ausgelassen mit anderen Katzen oder ihrem Menschen. Vielleicht kann sie als Freigängerkatze draußen Kontakte zu Artgenossen knüpfen. In einem Mehrkatzenhaushalt mit reiner Wohnungshaltung sind die Katzen einander freundlich zugewandt. Die eine oder andere Rauferei und eine ab und an warnend erhobene Pfote gehören dazu und nicht alle Katzen ruhen zusammen, putzen sich gegenseitig oder spielen miteinander. Dennoch sollte das Zusammenleben generell harmonisch verlaufen. Wie gesagt: Hier handelt es sich um eine Idealvorstellung!

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Harmonisches Beisammensein: So sieht es optimalerweise aus! (Foto: Shutterstock.de/Polina Lobanova)

Glücklich als Einzelkatze?

Das Sozialverhalten der Katze unterscheidet sich grundlegend von unserem eigenen. Darum möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich darauf verzichten, Parallelen zum vereinsamten, isoliert lebenden Menschen zu ziehen.