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Wilfried A. Hary

STAR GATE 153-154: Zukunftsträume

»Cat Groskowsky auf einer gewagten Mission – mit sehr ungewissem Ausgang!«


Nähere Angaben zum Hauptautor und Herausgeber der Serie Wilfried A. Hary siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary


BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

STAR GATE – das Original 153-154:

 

Zukunftsträume

von Wilfried A. Hary:

»Cat Groskowsky auf einer gewagten Mission – mit sehr ungewissem Ausgang!«

 

Am 15. September 2063, um 4:37 Uhr, wollte ein Team mittels STAR GATE von Phönix zur Erde zurück springen. Genau im Moment ihrer Materialisation im Erd-STAR GATE bei Mechanics Inc. wurde dieses von Saboteuren des Konkurrenten Flibo gesprengt. Das erzeugte eine schreckliche Katastrophe - nämlich die Transmitter-Katastrophe (siehe Band 11).

Vierundzwanzig Menschen sind von der Katastrophe betroffen. Sie sind seitdem spurlos verschwunden. Was ist aus ihnen geworden?

Eine der betroffenen Personen ist Cat Groskowsky, eine Survival-Spezialistin von ehemals Mechanics Inc. Durch eine Verkettung von Umständen gerät sie in das geheime Netzwerk der sogenannten Uralten, die vor Jahrtausenden spurlos verschwanden. Dort wird sie als „Göttin“ angeredet, ohne dass sie begreift warum.

Und jetzt wagt sie sich zum ersten Mal unmittelbar ins Zentrum der Macht – nach Kyphora, der Zentralwelt des Bundes von Dhuul-Kyphora…

 

DIE HAUPTPERSONEN:

Cat Groskowsky – geht ein Wagnis ein, das nicht nur persönlich brisant ist. Aber sie sieht keine andere Möglichkeit mehr.

Senator Yrneh-Ras – der leibliche Bruder von Senator Ben-Ras, der inzwischen als Del Shanon der Anführer der Rebellen ist.

 

Impressum

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original:

Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de

Diese Fassung: © 2016 by HARY-PRODUCTION ISSN 1860-1855

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken * Telefon: 06332-481150 * www.HaryPro.de * eMail: wah@HaryPro.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

 Coverhintergrund: Anistasius * Logo: Gerhard Börnsen


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Kyphora

Zentralwelt des Bundes von Dhuul-Kyphora

Eigener Bericht: Senator Yrneh-Ras


Ich schürzte die Lippen und blies die Regentropfen von meiner Nasenspitze. Mein Blick ging die breite, über hunderte von Kilometern kerzengerade Gleiterstraße entlang, auf der Geschwindigkeiten bis nahe der Schallmauer erlaubt waren. Es existierten viele dieser Schnellverbindungsstraßen auf Kyphora. Sie gingen gewissermaßen kreuz und quer über den Planeten, denn es gab anscheinend immer mehr Kyphorer, die nicht nur STAR GATEs, sondern auch Fluggleiter verabscheuten und sich ausschließlich mit Bodengleitern auf den Weg machten, wenn sie ein Ziel sonst wo auf dem Planeten erreichen wollten.

Ich gehörte selber zu dieser Sorte von Kyphorern, die auch niemals ein Raumschiff betreten würden, und inzwischen hatte ich den Eindruck, dass es doch nicht so viele gab von meiner Sorte als ich bislang angenommen hatte. Mir war es bislang ja auch egal gewesen, ob ich auf so einer Schnellverbindung allein war mit meinem Bodengleiter oder nicht. Das hatte sich jetzt erst schlagartig geändert. Aus der Not heraus, denn es war das praktisch völlig Unmögliche passiert: Der Gleiter hatte auf freier Strecke plötzlich an Geschwindigkeit verloren, weil jegliche Energiezufuhr abgerissen war. Und jetzt stand er hier herum, so unbrauchbar wie ein nutzloser Haufen Schrott.

Unaufhörlich trommelte der Regen indessen sein Stakkato auf den nassen Blastbelag. Die Gleiterfahrt hätte er kaum beeinträchtigt. Falls sie noch hätte stattfinden können.

Was sollte ich bloß tun? Wieso hatte mich niemals jemand auf eine solche Situation vorbereitet?

Weil eine solche Situation eben praktisch unmöglich war?

Ein Seufzer. Die Tatsachen blieben so, wie sie waren. Und gerade jetzt, da ich notwendig Hilfe dringend brauchte, stand ich einsam hier. Die Schnellverbindung, normalerweise gut befahren, wie ich mir eingebildet hatte, blieb völlig leer.

Und mein Kommunikationsgerät hatte keine Verbindung. Noch so eine Unmöglichkeit. Oder war alles durch so eine Art unbekanntes Naturphänomen einfach nur ausgefallen?

Wie hätte ich das feststellen können, als sogenannter blutiger Laie, was technische Dinge betraf? Schließlich war ich Senator und somit eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des Bundes von Dhuul-Kyphora. Ich wäre niemals zuvor auf die Idee gekommen, mich mit dermaßen banalen Dingen zu beschäftigen. War ich denn nicht von Geburt her schon für Größeres bestimmt gewesen?

Und was nutzte es mir jetzt, im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehend?

Ich wandte mich ab und öffnete die Seitentür. Natürlich von Hand, weil ja sonst nichts mehr ging. Drinnen war es mit Sicherheit wärmer und vor allen Dingen weniger feucht.

Ich schüttelte das Wasser von meinem Umhang, der mich eindeutig als Senator erkennen ließ, bevor ich einstieg, und ließ mich schwer auf den Hauptsitz sinken.

Es war tatsächlich gemütlicher hier drinnen. Noch! Aber ich lief Gefahr, von einem Vorbeirasenden glatt übersehen zu werden, obwohl ich eigentlich ein unübersehbares Hindernis war. Aber wahrscheinlich würde jede Bordautomatik gar nicht auf den hier herumstehenden Bodengleiter reagieren. Höchstens dergestalt, dass sie eine rechtzeitige Umfahrung veranlasste.

Ich hatte keine Ahnung, ob das wirklich so war. Die Unsicherheit blieb, dass es eben keine Automatik gab, die anders reagierte. Indem sie beispielswiese den Gleiter zum Halten brachte, etwa, damit der Fahrer dem Liegengebliebenen Hilfe anbot.

„Was ja eigentlich völlig unnötig ist - normalerweise!“, schimpfte ich vor mich hin. „Weil es so etwas wie eine Panne auf Kyphora seit - ich weiß nicht wie vielen - Jahrtausenden gar nicht mehr gibt.“

Ich warf einen feindseligen Blick auf mein Kommunikationsgerät, das ich ärgerlich in eine Ecke gefeuert hatte.

„Und dass so ein Ding seinen Dienst versagt, davon habe ich mein Leben lang auch noch nie gehört, geschweige denn, dass ich es selber erlebt hätte.“

Ich blickte durch die regennasse Frontscheibe hinaus, die keine Automatik vom Wasser mehr befreite, und auf den nahen, verschwommen wirkenden Wald. Es schien, als habe es schon immer geregnet in dieser verlassenen Gegend und würde nie mehr aufhören. Überhaupt, ich hätte eigentlich gar nicht für möglich gehalten, dass es noch irgendwo auf Kyphora eine so verlassene Gegend geben könnte. Immerhin auf Kyphora!

Im nächsten Augenblick stieß ich den Wagenschlag wieder auf und sprang hinaus.

Gleitergeräusch, das bei so hohen Geschwindigkeiten natürlich unvermeidbar war. Warum hätte man es auch vermeiden wollen? Vor allem in einer solch einsamen Gegend?

Da war er auch schon: Ein Bodengleiter, pfeilschnell, eigentlich sogar noch schneller, aber jetzt mit Höchstwerten abbremsend. Ohne Andruckneutralisierung hätte es wohl den Fahrer dabei getötet. Also funktionierte die Technik dieses Gleiters noch, im Gegensatz zu meinem Gleiter.

Und dann sah ich ihn deutlicher, wie er rauschend den Regen teilte.

Ich winkte wie verrückt. Hoffentlich wurde ich gesehen.

Klar, die besten Hoffnungen blieben nicht unerfüllt. Der heran schießende Bodengleiter hatte ja nicht umsonst seine Geschwindigkeit so spektakulär verringert. Ich schalt mich unwillkürlich selber einen Narren, dass ich darauf nicht gleich gekommen war, und sah zu, wie er direkt vor meinen Füßen hielt.

Jetzt standen hier bereits zwei Gleiter auf der freien Strecke.

Die Seitentür wurde geöffnet. Ich ging hin und beugte mich hinein.

Eine äußerst attraktive Frau, bei der ich unwillkürlich die Lippen schürzte. Und dann spürte ich die unsichtbare Aura, die von diesem göttlichen Wesen auszugehen schien, fast körperlich. Es raubte mir buchstäblich den Atem.

„Na, was ist?", meinte sie freundlich lächelnd. „Wohl noch nicht nass genug? Hereinspaziert!"

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich stieg hinein, setzte mich auf einen freien Platz und zog fröstelnd die Schultern zusammen. Anscheinend war auch mein Umhang nicht mehr aktiv, sonst hätte er mich vor der Kälte bewahrt. Oder lag es daran, dass er total durchnässt war? Ich hatte keine Ahnung, denn so nass war ich wahrscheinlich noch niemals in meinem Leben gewesen. Vor allem nicht durch so etwas wie Regen.

„Eine Panne? Aber Senator Yrneh-Ras, da hätten Sie sich besser ein anderes Wetter ausgesucht!" Ihr Lachen klang so freundlich wie ihr Lächeln aussah.

„Sie kennen meinen Namen?“

„Natürlich - ein so berühmter Mann!“

Ich fühlte mich geschmeichelt und konnte mich dieses Gefühles nicht erwehren.

Und dann stellte sie sich selber vor:

„Cat Groskowsky ist mein Name!“

„Wie bitte?“ Ich überlegte. So einen Namen hatte ich noch niemals in meinem Leben gehört. Das hätte ich schwören können. War das etwa gar keine Kyphorerin? Aber das konnte doch gar nicht sein. Wie kam eine Nicht-Kyphorerin zu einem Bodengleiter, um mit diesem ungehindert ausgerechnet hier auf Kyphora herumdüsen zu können?

„Sie haben recht, Senator, ich bin keine Kyphorerin, obwohl man das nicht auf Anhieb sieht. Sicherlich wegen den hellen Haaren ist das so.“

„Aber wenn Sie nicht von Kyphora stammen…“

„Ich weiß, was Sie sagen wollen: Das ist zumindest ungewöhnlich. Aber ist denn nicht auch die gesamte Situation mehr als ungewöhnlich?“

Mir fiel es sozusagen wie Schuppen von den Augen: Ein abgekartetes Spiel! Ich war in eine Falle geraten. Die ganze Panne war künstlich hervorgerufen worden. Um mich gefangen zu nehmen?

Automatisch hielt ich Ausschau nach ihren Komplizen. Dann erinnerte ich mich der Waffe, die ich als Senator natürlich immer bei mir trug.

„Vergessen Sie es, Senator Yrneh-Ras. Es gibt keine Komplizen, und die Waffe in Ihrer Tasche funktioniert genauso wenig wie die Klimaautomatik Ihres Umhangs oder wie der Bodengleiter, der Sie im Stich gelassen hat. Vom Kommunikator ganz zu schweigen.“

„Also doch: Eine Falle!“

Cat Groskowsky, wie diese wunderhübsche Frau sich nannte, lachte herzlich. Irgendwie konnte ich ihr einfach nicht böse sein, obwohl ich mich redlich darum bemühte. Konnte es sein, dass sie mich irgendwie beeinflusste? Aber wie? Als Senator war ich überhaupt nicht beeinflussbar. Ich hatte einen beständigen Hypnoblock, der jegliche Gedankenschnüffelei nachhaltig verhinderte.

„Normalerweise schon“, sagte Cat Groskowsky und wurde auf einmal sehr ernst. „Aber auch der Hypnoblock funktioniert derzeit nicht mehr. Und kommen Sie bitte nicht auf die Idee, ihre Implantate zu benutzen. Ich weiß, dass jeder Kyphorer, der der Elite zugehört, solche Implantate besitzt, die ihn normalerweise so gut wie unbesiegbar machen. Würde es sich hier wirklich um so etwas wie eine Entführung von Verbrechern handeln, könnten Sie sich wohl ohne Weiteres erfolgreich wehren. Die Entführer würden sich sehr wundern.“

„Wer - wer sind Sie? Wenn – wenn Sie keine Kyphorerin sind, was dann?“ Mir fiel was ein. „Etwa eine Dhuul?“ Ich hatte noch nie eine gesehen, genauso wenig wie alle anderen Kyphorer, weil die Dhuuls seit Jahrtausenden nicht mehr in Erscheinung traten. Seit wir Kyphorer ihr Erbe übernommen hatten in der Gestalt des Bundes von Dhuul-Kyphora.

„Nein, auch das nicht.“ Cat Groskowsky schüttelte den Kopf. „Und geben Sie sich keine Mühe, ich kann in Ihrem Kopf lesen wie im sprichwörtlichen offenen Buch.“

Ich erschauerte und betrachtete die Fremde jetzt mit ganz anderen Augen. Sie hatte zweifelsohne eine Macht, die mir unvorstellbar vorkam.

Probehalber versuchte ich, meine Implantate zu aktivieren, trotz der Warnung.

Es ging nicht!

Also hatte sie die Wahrheit gesagt. Ich saß hier, gemeinsam mit ihr in dem Bodengleiter, hatte meinen Kommunikator in meinem eigenen Bodengleiter vergessen und… Ja, was erwartete mich eigentlich? Was hatte sie mit mir vor?

Sie blieb nach wie vor überaus freundlich und sowieso wunderschön. Ich konnte mich nicht erinnern, wann jemals mir eine Frau dermaßen gut gefallen hatte.

„Ich schlage vor, wir verlassen endlich diesen tristen Ort“, sagte sie auf einmal im Plauderton, „und fahren einfach weiter. Sie wollen doch irgendwann zu Ihrem Ziel kommen, nicht wahr? Weshalb haben Sie sich noch gleich auf den Weg gemacht? Ah, ich erinnere mich: Es gibt eine geheime Sitzung mit anderen Ratsmitgliedern. Nächste Woche steht wieder eine äußerst bedeutende Entscheidung bevor. Das Schlimmste für sie persönlich wird mal wieder sein, dass Sie, um zur Sitzung zu gelangen, ein STAR GATE benutzen müssen. Per Bodengleiter gibt es leider keine Verbindung, nicht wahr?“

Sie lachte wie über einen gelungenen Scherz.

„Na, wie dem auch sei: Es geht auch dieses Mal wieder um den aussichtslosen Krieg gegen die Prupper-Galaxie. Sie gehören zu denjenigen, die dafür sind, endlich damit aufzuhören, bevor es für die kyphorische Armee noch mehr Verluste gibt. Sehr vernünftig, denke ich, aber ich fürchte gleichzeitig, dass Sie auch dieses Mal nur wenig Erfolg mit Ihren Einwänden haben werden.“

„Haben Sie mich deshalb entführt?“, hakte ich sogleich nach.

Sie fuhr an, ruckfrei dank des Andruckneutralisators. Ich sah es nur daran, dass die Umgebung mit wachsender Geschwindigkeit hinter uns blieb. Leider auch mein Bodengleiter mit meinem Kommunikator an Bord.

„He, Moment!", rief ich unwillkürlich. „Ich – ich muss den Gleiter erst noch abschließen!"

„Na, wer soll den denn jetzt noch stehlen - bei dem Wetter und wo er doch defekt ist, nicht wahr?"

Das Argument überzeugte mich.

Die Fremde schnalzte auf einmal hörbar mit der Zunge. Zwar ziemlich undamenhaft, eigentlich, aber ich empfand es als höchst sexy, obwohl ich das nur ungern vor mir zugab.

Resignierend schaute ich durch die Heckscheibe. Schon war mein Bodengleiter nicht mehr zu sehen.

„In die Zukunft müsste man sehen können“, fuhr sie im Plauderton fort. „So eine Art Hellseherei wäre praktisch. Dann würde einem so etwas nicht passieren."

„Zukunft?"

Sie wiegte bedächtig den Kopf und vermied es, meinem forschenden Blick zu begegnen.

Ich schluckte zweimal und beschloss, das Thema zu wechseln.

„Was haben Sie mit mir vor? Ich sehe keine Waffe, mit der Sie mich in Schach halten.“

„Sie machen trotzdem keine Anstalten, mich etwa überwältigen zu wollen.“ Sie grinste mitleidig. „Klar, weil sie vernünftig genug sind, die Sinnlosigkeit dessen einzusehen.“ Sie deutete nach vorn. „Sehen Sie, wir sind doch schon unterwegs. Niemand hält Sie länger auf. Ich habe Sie in meinen Gleiter geladen und kutschiere sie zu Ihrem Ziel.“

„Wirklich?“ Immerhin sah ich allen Grund, daran zu zweifeln.

„Warum sollte ich Sie jetzt noch belügen wollen? Sie haben doch sowieso das Gefühl, ganz in meiner Gewalt zu sein.“

„Hat es denn mit der bevorstehenden Abstimmung zu tun?“

Cat Groskowska schüttelte den Kopf. Dann wandte sie sich mir wieder voll zu. Die Steuerung ihres Bodengleiters überließ sie der Automatik.

„Nein, natürlich nicht. Ich möchte Sie sowieso in keiner Weise beeinflussen. Aber wir werden die Zeit, die wir noch gemeinsam verbringen werden, nutzen. Das heißt, wir werden uns ausgiebig unterhalten. Bevor das jedoch geschieht, möchte ich Ihnen schöne Grüße ausrichten – von Ihrem Bruder!“

„Von… Was?“ Meine Bestürzung war echt, und ich konnte sie nicht verbergen. Obwohl das sowieso unnötig gewesen wäre, weil diese Cat Groskowsky ja offensichtlich meine Gedanken lesen konnte. Wie auch immer.

Doch dann winkte ich mit beiden Händen ab.

„Nein, nein, das kann gar nicht sein! Mein Bruder lebt nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Und ich kann nicht behaupten, dass mich das etwa mit Trauer erfüllen würde.“

„Aha? Und wie ist er umgekommen - Ihrer Meinung nach?“

„Ich weiß es nicht“, gab ich zu. „Er verschwand eigentlich spurlos, um genauer zu sein. Niemand weiß, wo er ist. Würde er noch leben, hätte er sich wohl längst gemeldet. Immerhin nach allem, was er angerichtet hat…“

„Darüber kann man geteilter Meinung sein“, behauptete diese Cat Groskowsky und richtete ihren Blick in scheinbar weite Ferne, während ihr Bodengleiter selbständig seinen Kurs weiter verfolgte.

Wollte sie mich wirklich an mein Ziel bringen?

Sie schaute mich wieder an.

„Das kann einfach nicht sein“, widersprach ich lahm. „Sonst wüsste ich das.“

„Und ich werde das natürlich überprüfen lassen. Sobald ich…“

„Wie wollen sie das verhindern?“

„Keine Sorge, Sie werden es einfach nicht tun. Davon bin ich überzeugt.“

„Hätte ich das wirklich vor, würden Sie längst nicht mehr leben. Aber nein, Senator Yrneh-Ras. Sie sind einer der wichtigsten Kyphorer, die es gibt, noch viel wichtiger als Sie selbst überhaupt auch nur ahnen. Ich ging ein erhebliches Risiko ein, indem ich mich hier mit Ihnen in Verbindung setzte. Leider hatte ich keine andere Wahl, weil sie ja noch niemals Kyphora verlassen haben - außer zu einer Sitzung. Ja, sie steigen noch nicht einmal in einen Fluggleiter, geschweige denn freiwillig in ein STAR GATE für den interstellaren Transfer. Viel lieber wäre ich Ihnen außerhalb von Kyphora begegnet, um das Risiko geringer zu halten.“

„Einfach nur, um mich mit Ihnen zu unterhalten. Nichts weiter, Senator.“

„Wissen Sie was, ich beginne ganz einfach. Ich erzähle Ihnen ein paar Geschichten von anderen Welten, die Ihnen jetzt noch als völlig absurd fremdartig vorkommen, weil sie eine solche fremde Welt wohl niemals freiwillig besuchen würden. Glauben Sie mir, indem Sie nichts gegen Ihre unbegründeten Ängste tun, geht Ihnen extrem viel verloren. Wie wollen Sie aus dieser Warte heraus wirklich sinnvoll urteilen können, um die Geschicke des ganzen Bundes in die richtige Richtung zu beeinflussen?“

Sie schüttelte allzu heftig den Kopf.

„Jetzt haben Sie es zugegeben!“, rief ich triumphierend.

„So, habe ich das?“ Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ach, lassen wir das. Das führt zu nichts, verschwendet nur unsere kostbare Zeit, denn bis wir Ihr Ziel erreicht haben, möchte ich zum Ende gekommen sein. Und ich betone noch einmal: Es ist mir egal, wie Sie sich auf der bevorstehenden Abstimmung entscheiden werden. Es geht um etwas ganz anderes.“

Sie nickte zu meiner Überraschung.

„Ja, geht denn das überhaupt?“, wunderte ich mich, denn eigentlich sollte mein Hypnoblock dies nachhaltig verhindern. Ein Senator in meiner Stellung musste garantiert unbeeinflussbar sein. Noch nicht einmal sogenannte Erlebnisspiele waren möglich. Für mich allerdings kein Verlust, weil ich noch nie in meinem Leben so etwas gemocht hatte.

Wenn eine andere Welt, waren ja die agierenden Personen noch nicht einmal Kyphorer! Eine Rasse jedoch, die den Kyphorern verblüffend ähnelte.