Anu Stohner

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Mit Illustrationen von Hildegard Müller

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DTV

Greta entschuldigt sich beim Hausmeister ihrer Schule, der an einem schönen Freitagmorgen leider die falsche Treppe genommen hat

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Ihr gebrochener Arm tut mir sehr leid und auch Ihre Gehirnerschütterung, aber das haben wir ehrlich nicht gewollt, also Lukas und ich.

Die dumme Schnur, über die Sie gestolpert sind, war nur für den Zettel, dass die hintere Treppe im Schulhaus repariert wird, und es hat auch gar nicht gestimmt.

Wir haben den Zettel nur für Frau Hoffmann geschrieben, damit sie zu spät in unsere Klasse kommt und wir die Rechenarbeit mit Multiplizieren und Dividieren vielleicht gar nicht schreiben, weil Lukas doch keine Zeit zum Lernen hatte.

Lukas muss immer zum Fußballtraining, weil er in so einer tollen Mannschaft spielt, aber bis Dienstag hätte er ganz bestimmt gelernt. Gestern war ja Freitag, und montags schreiben wir keine Klassenarbeiten, also hätte er drei Tage Zeit gehabt. Er hat es mir versprochen, dass er lernt! Und da hatten wir die Idee mit dem Zettel, also ich.

Ich habe den Zettel am Computer geschrieben, damit er echt aussieht, also wie einer von Ihnen, wenn man zum Beispiel eins von den Klos nicht benutzen kann oder nur wenn man vom Nachbarklo über die Wand klettert. Das habe ich ehrlich noch nie gemacht, aber den Zettel habe ich geschrieben, das gebe ich zu. So hat der Zettel ausgesehen, mit oben zwei Löchern für die Schnur:

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Ich habe die Schnur dann am Treppengeländer festgebunden, und Lukas sollte sie auf der Wandseite mit einem Reißnagel an der Holztäfelung festmachen, aber nur ganz leicht, falls jemand anders als Frau Hoffmann kommt und den Zettel vielleicht nicht sieht. Damit der dann nicht über die Schnur drüberstolpert oder höchstens nur ein bisschen, weil der Reißnagel dann ja gleich rausgegangen wäre.

Erst wollten wir den Zettel ganz oben hinhängen, wo die Treppe anfängt, aber dann hatten wir Angst, dass man uns vom Flur aus sieht. Darum haben wir es ein paar Stufen weiter unten gemacht.

Frau Hoffmann hätte den Zettel bestimmt gesehen. Frau Hoffmann sieht alles! Außerdem ist sie immer die Erste, die nach der Pause die hintere Treppe vom zweiten Stock herunterkommt, das wissen alle an der Schule, weil sie so sauer werden kann, wenn sie nach dem Klingeln noch einen auf dem Flur erwischt.

Wie dann auf einmal Sie als Erster gekommen sind, haben wir uns ganz schön erschrocken, vor allem Lukas, der erschrickt sowieso so leicht. Er hat den Reißnagel schon fast drin gehabt in der Holztäfelung, aber dann haben wir Sie oben an der Treppe stehen sehen, und er hat vor Schreck nicht mehr gewusst, was er machen soll. Und Sie haben gefragt, was zum Kuckuck wir da machen, aber Sie haben nicht gewartet, dass wir es Ihnen erklären, sonst wäre vielleicht noch alles gut gegangen!

Das runde Stiftemäppchen, auf dem Sie dann so komisch ausgerutscht sind, war meins. Das hatte ich auf die oberste Treppenstufe gelegt, falls man den Zettel nicht gut genug sieht. Dann hätte ich noch einen roten Rand um die Schrift gemalt.

Wenn ich gewusst hätte, dass Sie so dumm auf dem Stiftemäppchen ausrutschen, hätte ich es woanders hingelegt. Es war richtig unheimlich, wie Sie auf einmal die Treppe runtergesaust sind und gar nicht mehr bremsen konnten, und bestimmt war es bei Lukas wieder wegen dem Schreck, dass er die Schnur nicht losgelassen hat. Ich glaube, sonst hätte er sie losgelassen. Oder er wäre wenigstens nicht aufgesprungen, dass sie sich noch straffer spannt. Vorher, als er noch den Reißnagel festdrücken wollte, hat er ja gekniet.

Ich weiß nicht mehr genau, wie es war, weil alles so schnell ging, aber wie Sie über die Schnur gesegelt sind, hat Lukas schon gestanden und sich gegen die Holztäfelung gequetscht, damit Sie nicht auch noch über ihn drüberstolpern. Wer weiß, was dann passiert wäre!

Die Schnur hat Lukas dann losgelassen, aber da war es schon zu spät. Da sind Sie schon unten auf dem Treppenabsatz gegen die Wand geknallt. Pech war nur, dass genau da Frau Hoffmann gekommen ist, aber der schreibe ich einen Extrabrief.

So war das mit der dummen Schnur.

Entschuldigung!

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PS Mein Papa und meine Mama haben gesagt, dass ich Ihnen schreiben soll, aber dass Entschuldigungen nur gelten, wenn man das, was man gemacht hat, ehrlich und von Herzen bereut. Darum habe ich den Brief geschrieben und bereue es ehrlich und von Herzen.

Greta entschuldigt sich bei ihrer Klassenlehrerin, die am Freitagmorgen leider die falschen Schuhe anhatte

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eigentlich wollte ich Sie morgen im Krankenhaus besuchen, weil ich an dem Wochenende sowieso nichts mit Lukas oder meinen Freundinnen machen darf, aber mein Papa und meine Mama haben gesagt, dass ich Ihnen erst schreiben soll und fragen, ob es Ihnen auch recht ist, dass ich Sie besuche, wo es Ihnen vielleicht richtig schlecht geht mit Ihrem Bein.

Mein Papa und meine Mama haben auch gesagt, dass Entschuldigungen nur gelten, wenn man das, was man gemacht hat, ehrlich und von Herzen bereut. Darum bereue ich es ehrlich und von Herzen, aber dass Sie sich so komisch das Bein gebrochen haben, dass Sie im Krankenhaus bleiben müssen, haben wir nicht gewollt, also Lukas und ich.

Wir wollten nur, dass Sie nicht die hintere Treppe im Schulhaus nehmen, wenn Sie aus dem Lehrerzimmer im zweiten Stock kommen. Wir wollten, dass Sie noch mal umdrehen müssen und die vordere Treppe nehmen, weil Lukas doch keine Zeit hatte, für die Rechenarbeit in der dritten Stunde zu lernen. Wir dachten, wenn Sie einen Umweg machen müssen und zu spät kommen, dass dann vielleicht zu wenig Zeit ist und Sie die Rechenarbeit auf den Dienstag verschieben.

Lukas muss immer so viel trainieren, weil er in so einer tollen Fußballmannschaft spielt, aber für den Dienstag hätte er dann gelernt. Er hat es mir versprochen!

So sind wir auf die Idee mit dem Zettel gekommen, oder eigentlich ich.