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Brendow Verlag

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die Bibelstellen sind zitiert nach: Die Gute Nachricht Bibel

ISBN 9783865063977
© 2012 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers
Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers
Illustrationen und Titelgrafik: shutterstock
Satz: BrendowPrintMedien, Moers
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2013

www.brendow-verlag.de

Darum geht’s ...

Bestimmt kennst du ...
... einen Fan, der jedes Gespräch in Minutenschnelle auf seinen Lieblingsfußballverein bringt?
... Großeltern, die dir ständig Bilder ihrer Enkel zeigen?
... Verliebte, die nur noch über den Partner reden, der ja so was Besonderes ist?

Auch Jesus hatte so ein Lieblingsthema, mit dem er allen, die ihm zuhören wollten (oder auch nicht), ständig in den Ohren lag: „Das Königreich Gottes ist wie ...“ Und dann brachte er noch ein Beispiel und noch ein Gleichnis und noch eine Story und noch eine! Das Königreich Gottes – das war sein „nerviges“ Thema!

Mit dem Begriff konnten seine Zuhörer damals etwas anfangen. Sie lebten in einem Reich, in dem Unterdrückung, Demütigung, Machtdemonstration, große Armut, Hunger, Gewalt und Ungerechtigkeit an der Tagesordnung waren!

In einem Reich, wo die Großen die Kleinen ausnutzten!

In einem Reich, in dem die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer wurden!

Und die Sehnsucht der Menschen nach einer anderen, einer neuen Welt, war überall real und spürbar. Denn Hoffnung stirbt zuletzt! Es gab ja alte Prophetien von einem anderen Reich! Irgendwann würde Gott jemanden schicken, der das, was wehtut, wegnimmt, der jede Träne abwischt – und eine neue Zeit, eine neue Welt, ein neues Reich würde anbrechen!

Und dann kam Jesus ...
... und immer wenn er zu erzählen begann, dann wurde es unglaublich still! Denn er sprach genau von dieser Hoffnung, so, als ob er dieses andere Reich schon erlebt hätte. „Wie kann ich dieses Reich beschreiben?“, begann er seine Gleichnisse meistens. Und für einen Moment blitzte Hoffnung auf, und keiner wollte diese Geschichten verpassen. Aber wenn er fertig war, dann waren viele frustriert, weil die Story sie zwar in ihren Bann gezogen hatte, nur verstanden hatte sie kaum einer. „Was ist denn jetzt das Reich Gottes? Ein Senfkorn? Ein weggelaufenes Schaf? Ein ungerechter Boss? Eine Feier? Mit Betrunkenen? Falsch angezogen? Und die machen was? Ich komm nicht mit! Kann das mal einer erklären?“

Und trotzdem, oder gerade deswegen, heißt es: „Und ohne Gleichnisse redete er nicht zu ihnen; aber wenn sie allein waren, legte er seinen Jüngern alles aus.“ (Markus 4,34)

Warum Gleichnisse, die keiner versteht? Das ist so hart! Sie sind frustrierend! Aber: Sie machen etwas mit meiner Gefühlswelt! Und schnell was als „gelernt“ abhaken – das lassen sie nicht zu. Vielleicht ist es ja gerade das, was Gott mit uns in dieser Welt tun möchte? Nicht definierbar, sondern etwas, das man nicht erklären, sondern nur erleben kann? Vielleicht ist das Ziel des Glaubens nicht in erster Linie unser Kopf, sondern unser Herz, unsere Hände und Füße? Der Philosoph Blaise Pascal hat das mal so ausgedrückt: „Wenn dich einer fragt, ob Liebe möglich ist, dann schick ihn das zu tun, was Liebende tun!“ Wenn du herausfinden möchtest, ob Gott real ist, dann tu das, was Christen tun!

Das ist das Ziel von Gleichnissen: Sie sollen uns frustrieren, unter die Haut gehen, unsere Gefühlswelt durcheinanderbringen, zum Nachdenken und Diskutieren anregen und uns verändern! Hier ein paar gute Fragen, die dir beim Verstehen helfen:

Mit welcher Person in der Geschichte identifiziere ich mich sofort?

Welche Gefühle löst die Geschichte bei mir aus? Worüber ärgere oder freue ich mich? Was ist herausfordernd oder frustrierend?

Jemand hat mal gesagt, dass wir nicht die Bibel lesen, sondern die Bibel liest uns! Das trifft auf die Gleichnisse zu! Wenn sie also Gefühle bei dir auslösen, ist es weise, genau hinzuhören und weiterzufragen: Warum bewegt mich die Geschichte?

Gleichnisse haben auch diese Angewohnheit, uns an eigene Erlebnisse zu erinnern. Auch darauf lohnt es sich zu achten: Wo habe ich so was selbst schon einmal erlebt?

Ein paar Worte noch zum Aufbau dieses Buches: In seiner berühmten Predigt auf dem Berg (Matthäus 5 bis 7) geht Jesus so vor:

1. Die Einleitung: „Selig sind die Trottel!“ Absolut jeder ist eingeladen.

2. Der Hauptteil: „Ganz praktisch: Wie lebt man in Gottes neuer Welt?“ Hier geht es sehr viel um Werte, wie ...
– soziale Gerechtigkeit: Mit welcher Person in der Geschichte identifiziere ich mich sofort?
– das Zusammenspiel von Glaube und Handeln
– Schönheit & Kreativität
– Gemeinschaft, Freundschaft, Beziehungen

3. Zu guter Letzt erzählt Jesus Gleichnisse, die eine Warnung enthalten:
„Passt auf, dass ihr das alles nicht verpasst!“

Ich habe in diesem Buch einfach den gleichen Aufbau benutzt!

KAPITEL 1
SELIG SIND DIE TROTTEL!

Darum geht´s: Absolut jeder ist eingeladen!

„Selig sind, die da geistlich arm sind;
denn ihrer ist das Himmelreich.
Selig sind, die da Leid tragen;
denn sie sollen getröstet werden.
Selig sind die Sanftmütigen;
denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind, die da hungert und dürstet nach der
Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
Selig sind die Barmherzigen;
denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Selig sind, die reinen Herzens sind;
denn sie werden Gott schauen.
Selig sind die Friedfertigen;
denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt
werden; denn ihrer ist das Himmelreich.
Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen
schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen
euch, wenn sie damit lügen.
Seid fröhlich und getrost;
es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden.“
(Matthäus 5,3-25, zitiert nach Luther 1984)

„Jesus zog durch ganz Galiläa; er lehrte in den Synagogen, verkündete die Botschaft vom Reich ,Gottes’ und heilte alle Kranken und Leidenden im Volk. So wurde er über Galiläa hinaus in ganz Syrien bekannt. Man brachte alle Leidenden zu ihm, Menschen, die von den verschiedensten Krankheiten und Beschwerden geplagt waren, auch Besessene, Epileptiker und Gelähmte, und er machte sie gesund. Große Menschenmengen folgten ihm aus Galiläa und dem Zehnstädtegebiet, aus Jerusalem und Judäa und aus der Gegend jenseits des Jordans.“ (Matthäus 4,23-26)

Die Gegend um Galiläa ist arm und landschaftlich nicht besonders schön. Viele kleine, versteckte Dörfer prägen die Landschaft. Es gibt auch eine wunderschöne Stadt, Tiberius am See, aber den Evangelien zufolge hat Jesus sich da nie länger aufgehalten. Die Gespräche, Wunder und Heilungen passieren in den armen, unscheinbaren Dörfern. Aus diesen versammeln sich immer mehr Menschen um Jesus und begleiten ihn, oft auf Schritt und Tritt. Schaulustige, Wundergeile, Geheilte, Interessierte …

Es gab diese alte Prophetie vom Propheten Jesaja, dass eines Tages ein Messias kommen würde, der den Himmel auf die Erde bringt. Kann es sein, dass dieser Rabbi Jesus dieser Heilsbringer ist? Die Gerüchte verbreiten sich, und die Leute aus Galiläa kommen in Scharen. Es sind Juden, denen man von klein auf beigebracht hat, dass sie nichts mit Leuten zu tun haben dürfen, die sich nicht an die Heiligen Schriften des Alten Testaments halten. Von ihren Anführern wurde ihnen eingebläut, dass sie selber schuld seien, dass Gott nichts mehr mit seinem Volk zu tun haben will.

Die Unterdrückung durch die Römer und jedes andere Missgeschick, das dir passiert, ist nach ihrer Lehre ein Zeichen, dass Gott dich für die vielen Sünden bestraft. Egal, ob du krank wirst, dein Kind stirbt, oder du so arm bist, dass du deinen Hof verkaufen musst und deine Kinder nichts mehr zu essen haben!

Neben den jüdischen Leuten aus Galiläa leben in der Gegend der zehn Städte, einer Region in der Nähe, auch viele Griechen, die sich ohnehin nicht an die Gebote der jüdischen Schriften halten.

Genau diese Multikultitruppe ist das Publikum für die Predigt des Rabbis, der sich der Sohn Gottes nennen wird. Und bevor Jesus die neue Welt beschreibt, die er gründen will, beginnt er mit einer Einladung, die den Zuhörern den Atem geraubt haben muss:

„Selig (oder auch ,von Gott gewollt’) sind die … geistlich Armen!“

Wer bitte? Die geistlich Armen?

Die spirituell Unterbelichteten?

Die, die im Konfirmationsunterricht nicht aufgepasst haben?

Die geistlichen Dumpfbacken?

Es ist typisch für Jesus, dass er mit seinen Reden direkt in die Situation der Hörer hineinspricht. Und unter ihnen sitzt vielleicht dieser Mann, der einen psychischen Schaden gehabt hatte. Er hatte sich selbst zerstört, geschnitten, immer wieder. Er war richtig krank – „von Dämonen besessen“, hat man damals gesagt. Und nach Jahren, in denen dieser Mann die Gegend unsicher gemacht und die Kinder verschreckt hatte, hat Jesus ihn geheilt. Es ist wahrscheinlich, dass dieser stadtbekannte Typ jetzt gesundet unter den Zuhörern sitzt. Jeder kennt seine Vergangenheit.

Vielleicht hat Jesus diesen Mann gebeten aufzustehen und seinen Arm um ihn gelegt: „Selig sind die geistlich Armen! Ihnen gehört Gottes neue Welt. Gott ist auf ihrer Seite!“ Und zum ersten Mal in seinem Leben steht dieser Mann in einer positiven Weise im Mittelpunkt. Gott ist auf seiner Seite, Gott ist für ihn in diese Welt gekommen, er hat die Heilung dieser Welt am eigenen Leib erfahren, und mit Menschen wie ihm will Gott eine neue Welt beginnen.

Kannst du nachvollziehen, was nun in diesen nach Hoffnung gierenden Menschen vorgegangen sein muss? „Wenn der mitmachen darf, gibt es auch noch Hoffnung für mich? Darf ich auch? Jesus, bitte erzähl weiter, wer ist noch alles dabei?“

DIE GLEICHNISSE

1. Der zerbrochene Pott

Er weiß genau, was ihn zu Hause erwartet, und deswegen hat er gewartet, bis er vor Hunger fast verreckt wäre. Es gab damals eine Tradition für „Fälle wie ihn“! Er hatte es gewagt, die Ressourcen seiner Familie, seiner Gemeinschaft, auf hinterhältige Art und Weise zu ergaunern und unter Nicht-Juden zu vergeuden. Er hatte seiner Gemeinschaft großen Schaden zugefügt. In seiner Kultur ein fürchterliches Vergehen!

Wenn er nach Hause kommt, wird man die gesamte Dorfgemeinschaft zusammentrommeln. Man wird ihn festhalten, einen Pott nehmen und vor seinen Augen zerschmettern. Ein Zeichen! „Du hast das Leben deines Vaters zerbrochen, deiner Familie, deiner Gemeinschaft, dein eigenes Leben! Du hast alles kaputt gemacht. Dein Leben ist nichts mehr wert. Du bist hier nichts mehr wert!“ „Kezazah“ hat man diese Tradition genannt: Kezazah heißt „Zerbruch“, heißt: „Du bist hier nicht willkommen, du gehörst nicht mehr hierher!“

Doch bevor sie ihn ergreifen können, bevor sie den letzten Rest seiner Würde zerschmettern, kommt sein alter Vater, den er so verletzt hat, auf ihn zugerannt, nimmt ihn in den Arm, vergibt ihm und lädt die verdutzte Meute zu einem Fest ein. Zu einem Fest, das die Würde seines Sohnes wieder herstellen wird! Ein Fest, das Gnade feiert! Ein Fest zum Zeichen, dass er gewollt und geachtet und wertvoll ist in diesem Haus.

Und jeder ist eingeladen! Nicht jeder kommt, denn Gnade ist nichts für jeden! Um so ein Fest zu genießen, muss man vergeben wollen. Wie gesagt, nicht jeder hat mitgefeiert, aber jeder, der dabei war, erzählt noch heute darüber, was an diesem Tag passiert ist.

KOMMENTAR

Neulich saß ich als stolzer Papa im Publikum. Meine Tochter hatte an einer christlichen Kopie von DSDS teilgenommen. Und, mal ganz objektiv: Sie war richtig gut! Ich hätte ihr den ersten Platz sofort zugesprochen! Ein paar Plätze neben mir saß eine ihrer Freundinnen. Sie war vorher richtig zickig gewesen, weil sie auch gerne mitgemacht hätte. Und jetzt sitzt sie hier, und in ihr rumort der Gedanke, dass sie es eigentlich viel mehr als ihre Freundin verdient hätte, im Rampenlicht zu stehen. Und die Zuhörer um uns herum finden deren Performance auch noch gut. Sie kann gar nicht hingucken, sie leidet und findet das so unfair!

Zum Nachdenken

Kannst du dich an eine Begebenheit erinnern, als du dich so richtig freuen konntest, dass jemandem etwas Gutes passiert ist? Auch wenn er das nicht verdient hatte?

2. Die verlorene Tochter

(Frei nach Phillip Yancey)

Sie wächst auf einer Farm in den konservativen Teilen der USA auf. Viele finden es traumhaft, aber sie kann nur wenig anfangen mit dem konservativen und religiösen Lebensstil ihrer Eltern. Die wiederum haben wenig übrig für ihre Musik, ihre Klamotten, und für den Ring durch ihre Nase schon gar nicht!

Und eines Abends fallen, ach was, fliegen Worte, die man sich nicht sagen sollte. Die richtig wehtun! Sie brüllt ihren Vater an: „Ich hasse dich!“ Es sind ihre letzten Worte zu ihm, denn dann knallt sie die Tür zu und am nächsten Tag ist sie weg. In eine Großstadt, so weit weg von zu Hause wie möglich!

Dort lernt sie einen Mann kennen, den sie bald „Boss“ nennen wird, und der das größte Auto fährt, in dem sie je gesessen hat. Der „Boss“ ist freundlich zu ihr, lädt sie häufig zum Essen ein. Bald besorgt er ihr Pillen, von denen man ein richtig gutes Gefühl bekommt – genau das, was sie braucht! Und dann bringt er ihr bei, worauf Männer stehen. Jetzt verbringt sie viel Zeit in richtig reichen Kreisen! Sie ist das „Partygirl“!

Doch dann wird sie krank und versteht gar nicht, wie schnell der „Boss“ sie fallen lässt. Jetzt kann er sie nicht mehr brauchen! Er setzt sie eines Nachts auf die Straße, und sie überlebt nur, indem sie das macht, was sie gelernt hat. Aber ihre Kunden sind nicht mehr reich, sondern ziemlich brutal und nutzen ihre Situation auf krasse Weise aus!

Als sie blass und krank versucht, unter einer Brücke zu schlafen, da fühlt sie sich schon lange nicht mehr wie ein „Partygirl“, sondern wie ein hilfloses, kleines Mädchen! Sie hat Angst und vermisst ihre Familie, in der selbst der Hund besser behandelt wird als sie.

Irgendwann fasst sie all ihren Mut zusammen und ruft zu Hause an. Als sie nur den Anrufbeantworter bekommt, legt sie schnell wieder auf. Sie probiert es noch mal. Aber wieder: nur der Anrufbeantworter. Beim dritten Mal hinterlässt sie eine Nachricht. „Ich werde mit dem Bus morgen gegen Mitternacht bei euch auf dem ZOB sein. Falls ihr mich sehen wollt, könnt ihr mich ja abholen … falls nicht, fahre ich einfach weiter!“

Am nächsten Abend sitzt sie im Bus und weiß nicht, was sie erwarten soll. „Haben die meine Nachricht überhaupt erhalten?“ Sie schaut auf die Nadelstiche in ihrem Arm. „Wollen die mich überhaupt so sehen?“

Der Bus hält gegen Mitternacht auf dem ZOB ihrer Heimatstadt. Die Ansage kommt: „Bitte alle rechtzeitig wieder im Bus erscheinen, wir haben genau 15 Minuten Aufenthalt, dann geht es sofort weiter!“ 15 Minuten, die entscheiden, wie der Rest ihres Lebens verlaufen wird. Wollen die mich überhaupt? Wird jemand da sein?

Als sie in die dunkle, dreckige Wartehalle geht, stehen da ungefähr vierzig Leute. Onkel, Tanten, Opas, Omas, Cousinen, der Hund. Alle mit komischen Partyhüten, und hinter ihnen hängt ein riesiges, selbstgemaltes Poster: „Willkommen zu Hause!“ Ganz vorn ihre Eltern, mit tränenverschmierten Gesichtern! Und alle strahlen sie an, als ob sie gerade die Fußballweltmeisterschaft gewonnen hätte!

Und dann liegt sie in den Armen ihres Papas, dem sie gesagt hatte, wie sehr sie ihn hasst. Jetzt weint sie. „Es war alles meine Schuld!“ Aber er sagt nur: „Alles ist gut!“ Genau wie er es schon getan hat, wenn sie als kleines Mädchen Angst gehabt hatte!

KOMMENTAR

Eine 14-Jährige schreibt: „Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich in einem Gemälde lebe – als ob all diese falschen Emotionen und verrückten Farbstriche ein total irres Bild von mir malen. Das macht mich fast wahnsinnig, denn dieses Bild von mir, das bin ich nicht! Ich habe das Gefühl, nicht einmal meine beste Freundin, der ich alles erzähle, oder mein Freund, den ich wirklich sehr mag, wissen, wer ich in Wirklichkeit bin. Am liebsten würde ich all diese Verletzungen, komischen Farben und falschen Emotionen einfach wegwischen. Ich will sauber sein, sauber von all diesen vorgetäuschten Dingen, die mich nur scheinbar ausmachen. Aber die Angst, dann abgelehnt zu werden, ist immer größer, immer stärker als meine Sehnsucht nach Veränderung! Jeden Tag lebe ich für andere, nicht für mich selber. Ich kann mich nie ausruhen. Ich muss die ,Fashion Queen’ sein, oder die ,gute Schülerin’ oder die ,Tussi’ vom besten Fußballer. Nie kann ich ich selber sein … sogar der Gang durch die Schule ist ein endloses Theaterstück. Versteht mich nicht falsch! Ich mag meine Freunde, und meinen Freund, und sogar die Schule … manchmal wenigstens… aber manchmal … wäre ich so gerne einfach nur ICH!“

Zum Nachdenken

Was musst du tun um dazuzugehören? Wie weit würdest du gehen?

Bei welchen Personen bist du sicher, dass sie auf jeden Fall auf deiner Seite sind? Egal, was kommt?

3. Als Opa wieder hören konnte

Das Gehör des Großvaters ließ immer mehr nach, bis er schließlich fast gar nichts mehr hören konnte. Das hat natürlich immer mal wieder zu Komplikationen und komischen Momenten geführt. Nachdem er schon viele Jahre mit diesem Handicap gelebt hatte, ließ er sich ein neumodisches, sehr kleines, aber kraftvolles Hörgerät einsetzen. Nach ein paar Wochen der Probe ging er noch mal zur Kontrolle, und der Arzt war mit dem Resultat sehr zufrieden.

„Wie gefällt es Ihnen denn, endlich wieder richtig hören zu können?“, fragte er seinen Patienten. „Ich würde wetten, dass Ihre Familie sich darüber richtig gefreut hat!“ „Ach!“, sagte der Alte. „Wissen Sie was, denen hab ich noch gar nichts erzählt. Ich hatte viel zu viel Spaß damit, die Familie endlich mal bei ihren Gesprächen belauschen zu können. Es war richtig spannend mitzubekommen, was die so über mich denken, und glauben Sie mir: Seit ich dieses Hörgerät im Ohr habe, habe ich schon mindestens fünfmal mein Testament geändert!“

KOMMENTAR

Uns gefällt die Vorstellung nicht, dass jemand unsere intimsten Gedanken kennt; und das aus gutem Grund. Wir alle haben Angst davor, abgelehnt zu werden. Seit Adam und Eva liegt es deshalb in unserem Naturell, unsere Fehler entweder anderen in die Schuhe zu schieben oder wenigstens zu verstecken. Und natürlich projizieren wir diese Gefühle auch auf Gott. Jesu Zuhörer kannten den Vers gut: „Gott, du weißt, wie unverständig ich war; meine Schuld ist dir nicht verborgen.“ (Psalm 69,6).

Gott weiß alles über mich, und deshalb ist – sozusagen – mein Erbe futsch. Jesus wollte dieses Bild zurechtrücken: Klar weiß Gott alles! Aber die Konsequenz ist nicht, dass er uns ablehnt und wegstößt. Im Gegenteil: Er ist ein liebender Vater, der dich in die Arme schließen, heilen, säubern und beschenken möchte. Weil er weiß, dass deine Schuld dir leidtut! (Siehe das Gleichnis vom verlorenen Sohn in Lukas 15,11ff.)

Zum Nachdenken

Was wäre dir lieber? Ein Gott, der taub ist, oder einer, der um deinen Mist weiß, aber dich trotzdem in die Arme schließen will?

Woher kommt dieser Glaube an einen Gott, der böse auf uns ist und uns bestrafen möchte? Was macht uns so misstrauisch? Wie hättest du damals auf Jesu Geschichten von einem guten Gott, der auf deiner Seite ist (und auf der Seite von denen, die noch viel schuldiger sind als du selber), reagiert?

4. Als Jesus sich die Taufe erklären ließ