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Nr. 1320

 

Tostan, der Spieler

 

Zwei Galaktiker im KLOTZ – sie kämpfen ums Überleben

 

von K. H. Scheer

 

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Auf Terra schreibt man den April des Jahres 446 NGZ, was dem Jahr 4033 alter Zeitrechnung entspricht. Somit sind seit den dramatischen Ereignissen, die zum Aufbruch der Vironauten und zum Erscheinen der beiden Sothos aus ESTARTU führten, mehr als 16 Jahre vergangen.

Seither haben die Lehre des Permanenten Konflikts und der Kriegerkult in der Galaxis ihren Einzug gehalten – Tyg Ian hat nachhaltig dafür gesorgt. Glücklicherweise hat der Sotho den Widerstand der Galaktiker nicht brechen können. Geheimorganisationen, allen voran die von Julian Tifflor geleitete GOI, sorgen dafür, dass die Hoffnung auf Freiheit von fremder Unterdrückung erhalten bleibt.

Auch im Reich der 12 Galaxien, wo die Ewigen Krieger im Namen ESTARTUS seit Jahrtausenden ihre Herrschaft ausüben, regt sich immer noch Widerstand. Hier ist es vornehmlich die kleine Gruppe der Netzgänger, die für Unruhe in den Reihen der Kodextreuen sorgt.

Aber die Netzgänger und ihre Verbündeten erfüllen noch andere Aufgaben. So beschäftigt sich Geoffry Waringer intensiv mit dem KLOTZ, dem riesigen Gebilde aus einem fremden Universum. Dabei ahnt er noch gar nicht, dass in seinem Innern zwei Galaktiker ums Überleben kämpfen – Posy Poos und TOSTAN, DER SPIELER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Ratber Tostan – Ein Terraner gewinnt seine Erinnerung zurück.

Posy Poos – Tostans kleiner Begleiter.

Slush-Tosch – Anführer der Mamositu.

Geoffry Waringer – Der Hyperphysiker beschäftigt sich mit dem KLOTZ.

1.

 

Diesmal wollte er sich nicht mehr bedrohen lassen. Der Hochenergiestrahler hatte sich wegen seiner Druckfronten von hoher thermischer Intensität nicht bewährt. Bei der ohnehin vorherrschenden Hitze und dem ständigen Wassermangel wirkten sich sonnenheiße Thermostrahlen mit ihrer Implosionswelle entlang der Wirkungsbahn verheerend aus.

Der neue Container erschien so unverhofft wie die anderen vor ihm.

Wieder kam der Tod auf ihn zu.

Er schaute auf die glänzende Containerwandung, auf der die unheimliche Gestalt erneut eine bedrohliche Haltung einnahm. Der nackte Oberkörper des von pergamentartiger Substanz komplett umhüllten Skeletts reckte sich. Knochenarme, erstaunlich umfangreich und offenbar mechanisch stark, streckten sich trotz einer nicht erkennbaren Muskulatur nach vorn. Ein Totenschädel mit übergroßen Zähnen gelblicher Farbe grinste ihn an.

»Geh weg, weggehen!«, forderte der Bedrohte mit einer krächzenden Stimme. »Du sollst mich in Ruhe lassen. Ich ...«

Der Tod griff mit der Rechten nach unten an seine nur verschwommen erkennbare Hüfte. Dort war ein metallischer Gegenstand befestigt.

Er, der wieder vergeblich gewarnt hatte, war nicht der Mann, eine derart verfängliche Bewegung tatenlos zu dulden. Er hatte es nie geduldet; aber er hatte vor seinen Gegenmaßnahmen stets gewarnt. So auch diesmal.

Er griff blitzschnell zu der Waffe, die er bei der letzten Bedrohung anstelle des Thermostrahlers in der Gürtelhalterung untergebracht hatte. Bei der Berührung des an der Taschenaufhängung eingebauten Auslösers zuckte das federgetriebene Schlagstück des Holsterejektors nach vorn und schleuderte die Waffe in seine Hand.

Er war so schnell im Anschlag wie der Sensenmann, nur traf sein Geschoss schneller und genauer.

Der Unheimliche wurde in Brusthöhe getroffen. Die Explosion erzeugte einen grellweißen Glutball, der die Containerwandung und den daraus hervordringenden Tod zerriss.

Nein, es war doch nur das helle Material gewesen. Der Unheimliche war immer noch da und lachte mit bleckenden Zähnen.

Das Tosen der Detonation verhallte in dem weiten Raum. Die Waffe, nur äußerlich einem modernen Thermostrahler gleichend, ruhte noch in der Rechten des Bedrohten.

»Freund, nicht mehr schießen!«, rief jemand mit heller zwitschernder Stimme. »Das ist dein Spiegelbild. Aufhören, Freund!«

Die letzten Worte verklangen in einem Schluchzen. Er drehte sich um und schaute zu dem Mahner hinüber. Stockend, von plötzlich aufkommenden Schmerzen geplagt, erkundigte sich der große Mann:

»Wieso – wieso weißt du das plötzlich, Gürkchen? Ich habe es soeben auch erkannt. Dieser Bursche da drüben bin ich. Demnach habe ich einige Monate lang mein Spiegelbild durchlöchert.«

»Durchlöchert?«, schrillte nun das Stimmchen. »Ist das ein Begriff für ein gleichgerichtetes Fusionschaos? Du hast uns fast gebraten und beinahe immer den Inhalt der Container zerstört. Dieser Inhalt bestand aber aus Nahrungsmitteln und Wasser.«

Der Schütze steckte die Waffe in die Halterung zurück und begann zu lachen.

Gleichzeitig glaubte er, ein jählings aufzuckender Schmerz zerrisse seinen Schädel. Das krächzende Lachen wurde qualvoll, aber er stieß die Töne weiterhin aus dem weit aufgerissenen Mund, bis ihm die Stimme versagte. Er endete abrupt, taumelte und tastete nach seiner Liege.

Diesmal aber ließ er sich nicht stumpfsinnig auf die Polster fallen, sondern setzte sich so behutsam, wie es sein Kopfschmerz gebot.

»Gürkchen«, stöhnte er, »Gürkchen, wie sieht es in deinem nicht vorhandenen Schädel aus? Ich meine, in der biologischen Konstruktion, in der höchstwahrscheinlich dein Gehirn eingebaut ist. Also sage mir, wie du dich fühlst.«

»Scheußlich, ganz und gar scheußlich«, jammerte das Stimmchen. »Es schmerzt. Mir ist, als wäre ein Vorhang zerrissen.«

Jener, der einem lebenden Skelett glich, nickte. Das Stechen und Hämmern in seinem Schädel ignorierte er.

»Freue dich! Es kann gar nicht genug schmerzen. Kleines, soeben werden wir wieder munter. Das könnte das alte Explosivgeschoss bewirkt haben. Oder hältst du es für einen Zufall, dass wir gleichzeitig wieder normal werden?«

»Freund, ich sterbe«, schluchzte das zweite, im Hallenrund vorhandene Wesen. »Es tut so weh. Es kracht, funkt und blitzt in meinem Gehirn. Ich werde kaleidoskopisiert, chaotisiert, demoralisiert, gepeinigt, gedemütigt und ...«

»... fast in den Müllschlucker geworfen«, unterbrach der zum Skelett abgemagerte Hüne. »Bei Mammon, meiner selbst erfundenen Gottheit, mit deren Hilfe ich allen Narren der Galaxis die guten Solarnoten aus den Taschen zauberte – nein, Kleines, das darf nicht wahr sein!«

»Was?«, wimmerte das knapp dreißig Zentimeter hochgewachsene Intelligenzwesen, das nun auf seinen kurzen Beinchen auf den lebenden Toten zuwankte. »Was darf nicht wahr sein?«

»Ich weiß plötzlich wieder, dass ich ein so genannter Suchtspieler bin, der auf der Freihandelswelt Lepso das beste Spielkasino besitzt und obendrein der Chef der Mammonsekte ist. Die habe ich in betrügerischer Absicht gegründet und damit Millionen gemacht. Kleines, ich bin der geschickteste Falschspieler der Galaxis.«

Das Skelett lachte krampfartig. Als die Kopfschmerzen noch schlimmer wurden, steigerte sich der Geräuschausbruch.

»Abgrundtief abscheulich!«, empörte sich das kleine Wesen. »Wie kann man nur so etwas sagen oder gar tun? Aber jetzt sterbe ich wirklich. Ich kann es nicht mehr ertragen.«

»Dein Kaleidoskop? Vergiss es. Die Leute wollen nun einmal betrogen werden, behauptet Finzer Bokosch, mein Erster Leibwächter. Er ist ein Epsaler mit ertrusischer Mutter. Nein, er war einer! Ich habe ihn erschossen. Stopp, doch nicht erschossen! Mein Hirn wird immer klarer. Bokosch erstarrte, als er mein Mammonamulett forderte, mich dabei mit einer Strahlwaffe bedrohte und anschließend das hübsch verzierte Ding öffnete. Da ging die Bombe hoch, und er vereiste in einer Millisekunde. Ja, so war es.«

»Mir graut vor dir«, schrillte das Wesen. »In welcher Zeit lebst du eigentlich? Ich meine – in welcher Zeit erwacht deine Erinnerung? Du bist abstrakt und obszön in deinen Schilderungen.«

»Unsinn!«, beruhigte es der große Mann. Seine raue Stimme klang viel weicher. »Komm her! An meiner Schulter wirst du dich wohler fühlen.«

Er umfasste das einer terranischen Salatgurke gleichende Wesen behutsam mit einer Hand, hob es hoch und drückte es zart an seine nackte Brust. Erst in dem Augenblick stellte er bewusst fest, dass er seine Kampfkombination bis zur Gürtelhöhe abgestreift hatte. Kein Wunder, dass ihm der Tod im Spiegelbild erschienen war.

Das kleine Wesen schmiegte sich wimmernd in die Armbeuge, zuckte in qualvollen Schmerzen mit den muskulösen Beinchen und tastete mit den Händen seiner vier Arme nach der Schulter des Freundes.

»Besser so, Kleines? Ich habe dich ziemlich lieb, weißt du?«

»Nur ziemlich?«, nörgelte das Wesen weinerlich. »Ich habe dich richtig lieb, auch wenn du oftmals grob, ungeschliffen, ganz und gar ungebildet und schrecklich direkt bist. Dein Moralkodex ist bemitleidenswert. Aber ich werde dich schon noch heilen.«

»Optimist! Das haben schon viele versucht. Ich halte mich auch nicht für grob, sondern nur für extrem ehrlich. Das allerdings ist der schlimmste aller Frevel. Sage deinen Nächsten die Wahrheit – und du wirst Feinde gewinnen.«

Das Gurkenwesen verzichtete auf eine Antwort. Sein Freund hatte eine eigene Lebenstheorie entwickelt.

»Still!«, flüsterte der große Mann. Seine knochige Rechte senkte sich zur Waffentasche.

»Musst du gleich zur Waffe greifen?«, weinte das Gürkchen. »Bist du von Natur aus böse?«

»Still! Ah, das Geräusch entsteht hinter der Wand, aus der dieser Container kam. Nein, ich bin nicht von Natur aus böse. Wäre ich es, hätte ich den Einsatzbefehl des USO-Oberkommandierenden, Lordadmiral Atlan, befolgt und mit den Transformkanonen meiner Korvette auf Leute geschossen, die ich für unschuldig hielt.«

Das Gurkenwesen stemmte seine vier Händchen gegen die hervorstehenden Rippen des Freundes und richtete den Oberkörper auf. Im oberen, spitz zulaufenden Ende wurde ein zartes Gesichtchen mit großen Augen und einem winzigen Schmollmund erkennbar.

»Das fällt dir wieder ein? Aber Freund, einen Lordadmiral Atlan gab es vor vielen Jahrhunderten, und eine USO kenne ich nur aus dem Geschichtsunterricht. Weißt du was? Du zeigst ein Babysyndrom.«

Es blickte in die tiefliegenden Augen des haarlosen Totenschädels. Da er keine Lippen mehr besaß, sondern nur noch strichfeine Knorpelleisten, gewahrte das Gürkchen ein schauerliches Grinsen. Es wusste jedoch, dass sein Beschützer nicht grinsen wollte. Er konnte die Zähne nur noch mit großer Mühe bedecken.

»Ja, es fällt mir wieder ein. Aber wieso fällt dir ein, dass es mir wieder einfällt? Da ist etwas unlogisch. Ich würde es auch nicht Babysyndrom nennen, sondern eher Realitätsspaltung mit Erinnerungsschwerpunkt in der fernen Vergangenheit. Ich weiß wieder, dass ich auf Terra geboren wurde. Alle Jugenderinnerungen werden glasklar. So ergeht es eigentlich nur sehr alten Menschen. Sie verdrängen die Gegenwart, kennen kaum noch den Namen des Nachbarn, aber fernste Zeiten können sie minutiös schildern. Wie sieht das in deiner Erinnerung aus?«

»Ebenso. Du aber scheinst ein Analytiker zu sein. O ja, natürlich – unter anderem bist du einer.«

»Unter anderem? Was soll ich noch sein außer dem Inhaber des Mammon-Kasinos auf der Freihandelswelt Lepso? Moment! Da kommt ein neuer Erinnerungsfetzen.«

Der Namenlose schwieg und zermarterte sein schmerzendes Gehirn. Das Gürkchen schwieg ebenfalls und bemühte sich, seine eigene Qual zu ertragen. Ihm war jedoch klar, dass ein Regenerierungsprozess im gesamten Großhirnbereich eingesetzt hatte. Ob das nur die Geschossexplosion ausgelöst hatte?

»Ich komme noch dahinter«, behauptete sein großer Freund. »Kleines, ich habe einen fast bestialischen Hunger. Danke deinem Schöpfer, dass ich kein Freund von Gurkensalat bin.«

Seine Rechte streichelte den länglichen Körper des kleinen Wesens. Es stieß sich abrupt von der Brust ab. Das Mündchen war empört nach vorn gewölbt, und die schönen Augen wurden von Tränen benetzt.

»Pfui und nochmals pfui!«, meinte das Wesen. »Du musst wirklich krank sein. Du wirst es doch nicht wirklich tun?«

Der lebende Tote lachte tief aus der Kehle. Das Licht hoch hängender Leuchtquellen spiegelte sich auf der Pergamenthaut seines Schädels.

»Beruhige dich. So verdorben bin ich noch nicht. Kommen wir zur Sache, Gürkchen! Sich mit Erinnerungsfetzen abzuquälen ist anstrengend und daher unproduktiv. Ich bin ein Realist. Sehen wir nach, was sich in dem Container befindet, und nicht nur das.«

»Ich erinnere mich, dass du von unangenehmer Zielstrebigkeit bist«, beschwerte sich das Wesen. »Mir wird noch einfallen, wieso ich das behaupte. Warte nur!«

Die Skeletthand streichelte erneut den lang gestreckten Körper. An seinem unteren Ende lief er in einer nach hinten geschwungenen Spitze aus. Die Haut war gelb und zeigte auf den Oberflächen der vier Arme, der Beine und der Rückenpartie grünblaue Streifen. Eine dünne, putzig anzusehende Tolle über dem im oberen Körperende integrierten Gesicht schimmerte türkisfarben.

»Schön, sehr schön für Maler historischer Prägung. Salatgurken deiner Art könnte man reißend absetzen. Kleines, mir scheint, als hättest du nichts an. Wieso schämst du dich nicht?«

Gürkchen schaute an sich hinab, stieß einen Schrei des Entsetzens aus und begann wieder zu strampeln. Der Mann lachte und setzte den Freund behutsam auf den Boden.

Wieselflink rannte der Kleine zu seinem Quartier hinüber und verschwand. Es handelte sich um einen metallischen Körper, der einer durchlöcherten Tonne glich.

»Ich bitte vielmals um Entschuldigung«, vernahm er das Stimmchen. »Halte es bitte meinen bislang außer Kontrolle geratenen Sinnen zugute.«

Der Hüne erhob sich und umfing mit beiden Händen seinen Schädel. Die Schmerzen waren konstant geworden. Das Wogen und jähe Stechen hatte nachgelassen.

»Rede nicht so geschwollen, Kleines!«, forderte er. »Bei Mammon, was willst du denn mit dem knallgelben Schlauch?«

»Das ist meine Kampfmontur, du Spötter«, gellte das Gürkchen. »Auch TSS genannt. Verzeih mir bitte den kränkenden Begriff. Ich bin ganz außer mir.«

»Blödsinn! Was ist TSS? Gürkchen, schlage dir etwas auf das, was du Kopf nennst. Schmerzen bringen Erinnerungen. Was ist TSS?«

Es blieb eine Weile still. Dann klang es zaghaft und wie fragend aus der Tonne: »Vielleicht TSUNAMI-Spezial-SERUN? Kannst du damit etwas ...?«

»Nein, damit kann ich nichts anfangen«, unterbrach der Zweimeter-Hüne grob. »Beeile dich! Ich will wissen, was da vorn in dem Kasten ist. Und wenn, wie du behauptet hast, sein Inhalt aus Nahrungsmitteln und Wasser besteht, dann will ich anschließend wissen, woher das Ding gekommen ist. Wenn ich auch meinen Namen nicht mehr kenne, das will ich wissen! Bist du fertig, Nackedei?«

»Unerhört! Meine Würde solltest du nicht ...«

Es wurde schon wieder unterbrochen. Der Knochenmann, der ohne seine Totalabmagerung einem Koloss geglichen hätte, meinte erheitert:

»Vergiss es, bis dein Hunger gestillt ist. Zum Donner, wenn die Energieverschlüsse nicht halten, dann klinke die Magnetbänder ein! Aber druckfest.«

Das Gürkchen unterdrückte seine Empörung und erschien am Ausgang der Tonne.

»Ach du großer Mammon, jetzt sieht er aus wie wasserdicht eingewickelt!«, stöhnte jener, der auf Terra geboren worden sein sollte.

»Du musst technisch bewandert sein«, stellte das Kleine vorwurfsvoll fest. »Gut, fangen wir mit der Suche an. Meine syntronischen Mikrocomputer sind mitsamt der Verbundstrecke ausgefallen. Ha, großer Freund, das hast du wohl noch nicht bemerkt?«

Gürkchen freute sich und kam in voller Pracht auf den Terraner zu. Er achtete nicht auf das Kleinwesen und streifte wieder seine Kombination über. Sofort verspürte er einen wohltuend kühlenden Lufthauch.

»Weshalb habe ich diese Wohltat abgelegt?«, dachte er laut. »Kleines, wir haben offenbar Dinge getan, die mehr als unlogisch sind, nämlich idiotisch. Hast du eigentlich eine Waffe?«

»Ich empfinde die Frage als unanständig. Musst du immer an derart schreckliche Dinge denken?«

»Immer? Wieso glaubst du das?«, murrte der Riese. »Ich weiß lediglich, dass ich nur dann in den Dschungel gehe, wenn ich gegen seine voraussichtlichen Gefahren gewappnet bin. Wer das nicht tut, ist in meinen Augen ein Narr.«

»Ansichtssache! Ich ziehe den Dialog der Liebenswürdigkeit und des Vertrauens vor.«

»Überragend«, stellte der Terraner gelassen fest. »Und was sagt dazu eine instinktiv zubeißende Giftschlange? Hast du nun eine Waffe, oder nicht?«

Ein grellweißer, haarfeiner Energiestrahl zuckte an ihm vorbei, schlug weit entfernt in eine Metallwand und brachte dort das Material zum Abschmelzen. Der Hüne hatte die blitzschnelle Bewegung der unteren rechten Hand des Gurkenwesens nicht verfolgen können. Jedenfalls funkelte jetzt in ihr ein Miniaturstrahler von der Größenordnung eines halbierten Zahnstochers.

Die Waffe verschwand ebenso gedankenschnell, wie sie in dem fünfgliedrigen Händchen erschienen war. Es besaß zwei Daumen und drei gleich lange mittlere Finger.

»Hervorragend!«, stellte der Knochige fest. »Wäre dem nicht so, würdest du dich auch nicht an meiner Seite befinden. Tölpel nehme ich nämlich nicht mit. Dir ist doch hoffentlich klar, dass unser Schicksal eng miteinander verknüpft ist? Meistern wir es! Soll ich dich tragen? Die schlauchförmige Tasche links an meinem Kombigürtel sieht ganz danach aus, als wäre sie für dich als Transportbehälter angefertigt worden. Also rein mit dir!«

2.

 

Der Terraner ahnte nur im Unterbewusstsein, dass ihm höchstwahrscheinlich Fehler unterlaufen würden. Solange sein Gehirn noch nicht einwandfrei funktionierte, vor allem nicht im Erinnerungssektor, waren sachfremde Handlungen absehbar. Erstaunlich war jedoch, dass er überhaupt zu dieser Erkenntnis kam.