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Band 750-799 – Im Auftrag der Kosmokraten – Teil 2

 

EVOLO erwacht – und wendet sich gegen seinen Schöpfer. Die vom Erleuchteten erschaffene Superwaffe, vor der sich sogar die Herren hinter den Materiequellen fürchten, scheint außer Kontrolle geraten zu sein – und Atlan steht zwischen allen Fronten!

Im Jahr 3820 spitzt sich die Lage in der fernen Galaxis Manam-Turu dramatisch zu. Der Arkonide sowie seine um sich gescharten Helfer und Freunde sehen sich schier unüberwindbaren Schwierigkeiten gegenüber. Dennoch bleibt ihnen keine andere Wahl, als die Herausforderung anzunehmen, wenn sie den Auftrag der Kosmokraten zu einem erfolgreichen Abschluss bringen wollen ...

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Nr. 750

 

EVOLO

 

Ein Geschöpf wendet sich gegen seinen Schöpfer

 

von Peter Griese

 

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Die Jahreswende 3819/20 naht heran, und somit hält sich Atlan nunmehr seit zwölf Monaten in der fremden Galaxis Manam-Turu auf, in die sich der Erleuchtete geflüchtet hat, um ungestört seine Waffe, deren Einsatz sogar die Kosmokraten zu fürchten scheinen, fertig stellen zu können.

Aber neben dem Arkoniden und seinen Mitstreitern gibt es am neuen Aufenthaltsort des Erleuchteten noch eine ganze Anzahl von Störfaktoren, mit denen es der einstige Herr von Alkordoom wechselseitig oder zugleich zu tun bekommt.

Da sind die von Atlan unterstützten Daila und andere Völker mit ihren Freiheitsbestrebungen; da ist das aus Hyptons und Ligriden bestehende Neue Konzil, das mit militärischen Mitteln die galaktische Macht zu erringen sucht – und da ist Anima, die ehemalige Orbiterin, die sich mit den Raum-Zeit-Abenteurern Goman-Largo und Neithadl-Off zusammengetan hat.

Doch der Erleuchtete, der über ein ganzes Heer von Hilfskräften verfügt, hält sich in seiner Hybris für unschlagbar. Vor allem baut er auf seine neue Waffe, die nun endlich funktionsbereit zu sein scheint.

Diese neue Waffe – das ist EVOLO ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Der Erleuchtete – Ein uraltes, mächtiges Wesen.

EVOLO – Ein Geschöpf wendet sich gegen seinen Schöpfer.

Atlan – Der Arkonide wird Zeuge eines unheimlichen Kampfes.

Dharys – Der Daila schmiedet neue Pläne.

Hellenker – Ein Anführer der Ligriden.

1.

 

Alles, was er plante, blieben Pläne.

Ein Jahrzehnt marschierte er an Ort.

Ach, sein Ehrgeiz hatte falsche Zähne!

Und am liebsten spülte er sich fort.

Erich Kästner

 

*

 

Der Erleuchtete tobte.

Sein Plan war gut gewesen. Davon war er noch jetzt überzeugt. Daran änderten die eingetretenen Tatsachen nichts. Der Plan war so gut gewesen, dass er noch vor seiner Vollendung die Wesenheiten jenseits der Realität aus ihrem Schlaf gerissen hatte, die sich stolz Kosmokraten nannten.

Der Erleuchtete verachtete die Kosmokraten, weil sie nicht selbst die Dinge veränderten. Sie handelten nicht. Sie ließen handeln, und das war nach der Meinung des Mächtigen von Manam-Turu abscheulich und minderwertig.

Er glaubte nicht, dass es die Schuld der Kosmokraten war, dass sein Plan in eine Phase der Stagnation geraten war. Er wusste, dass die Dinge noch im Fluss waren, aber die Kontrolle war ihm entglitten. Die Schuld dafür musste er an einer anderen Stelle suchen.

Die Kosmokraten hatten ihm Gegner geschickt, aber diese hatten ihn nie bezwingen können. Anima war gescheitert. Atlan hatte nichts erreicht. Vielleicht hätten ihn beide gemeinsam in Bedrängnis bringen können, aber besiegt hätten sie ihn nie. Die Kosmokraten hatten nicht die Möglichkeit, ihm etwas Gleichwertiges oder gar Besseres vorzusetzen, weil es so etwas nicht gab – von einer Ausnahme abgesehen.

Und die hieß EVOLO!

Sein EVOLO!

Der Erleuchtete schäumte vor Wut, denn er musste sich eingestehen, dass auch seine Aktionen gegen Anima und Atlan fehlgeschlagen waren. Die beiden ehemaligen Sendboten der Kosmokraten lebten noch. Das Pre-Lo hatte versagt und war in den Dimensionen umgekommen. Die Traykon-Roboter waren zu schwach gewesen. Und sein persönlicher Diener Dharys war auf Abwege geraten.

Die Völker des Neuen Konzils, die ihre schmutzigen Hände nach Manam-Turu ausgestreckt hatten – allen voran die Hyptons aus Chmacy-Pzan –, hatten seinen Plan nur geringfügig beeinflusst. Mit der Phase der Vollendung hätte er sie alle in seinen Bann geschlagen. Nein, nicht er, wohl aber EVOLO, sein einmaliges Geschöpf aus Myriaden von ausgewählten Psi-Potenzialen.

Es war nicht verwunderlich, dass ihm in der Endphase der Vollendung EVOLOS ein paar Kleinigkeiten entgangen waren. Auch hatte es Geschehnisse gegeben, denen er nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet hatte.

Er hatte Anima aus den Augen verloren – Anima, die in ihrer Seelenhaftigkeit allein schon eine Gefahr darstellte. Er fürchtete dieses Wesen, das er aus der fernen Vergangenheit kannte. Anima hatte in ihrer Frühzeit viele Komponenten in sich aufgenommen. Sie war unberechenbar. Sie ruhte und träumte die meiste Zeit, aber wenn sie wachgerüttelt wurde, war sie brisanter und furchterregender als dieser Arkonide Atlan.

Nun hatte er erfahren müssen, dass Anima den Hyptons in die Hände gefallen war. Noch war sich der Erleuchtete nicht über die Konsequenzen dieses Ereignisses vollständig im Klaren. Es lag aber auf der Hand, dass Anima sich mit den Hyptons gegen ihn verbünden würde. Sie würde es zumindest können. Andererseits war es nicht auszuschließen, dass die Flugwesen aus Chmacy-Pzan in der Lage waren, Anima willfährig zu machen. Mit ihrer Psychonarkose würden sie nichts erreichen, aber es gab andere Mittel, die »Seele« Anima zu treffen und zum Gehorsam zu zwingen.

Das hätte bedeutet, dass Anima zur Waffe der Hyptons werden würde!

Für den Erleuchteten war das ein erschreckender Gedanke. Er erinnerte ihn an seine überstürzte Flucht aus Alkordoom, als er bemerkt hatte, wer wirklich auf seinen Spuren folgte.

Während er auf seine Stützpunktwelt Vergatsynn, die »Wiege der Macht«, zuglitt, legte sich seine Erregung etwas. Er konnte wieder planvoller denken.

Noch war nichts verloren!

Er war da! Und EVOLO war da!

EVOLO ... da?

Sein Zorn stieg wieder an, und er verdrängte jeden Gedanken an EVOLO. Er wusste, dass er nicht lange so handeln konnte, denn er musste klären, wo EVOLO sich aufhielt.

Er hatte die Hyptons hingehalten und sie auf eine falsche Spur gesetzt. EVOLO hatte das Ziel, das er erreichen sollte, nie gesehen. Er hatte einen anderen Kurs eingeschlagen.

Und das war es, was den Erleuchteten mehr zermürbte als Anima und Atlan, als das verlorene Pre-Lo oder die Hyptons!

EVOLO war seiner Kontrolle entglitten.

EVOLO war verschwunden!

Der Erleuchtete spürte, dass sein Geschöpf sich in Manam-Turu aufhielt, aber er war nicht in der Lage zu sagen, an welchem Ort. Die Abschirm-Psi-Potenziale arbeiteten perfekt. Sie hinterließen nichts als einen sanften und undefinierbaren Hauch, der selbst für den Erleuchteten nur ganz vage wahrzunehmen war.

Er würde einen Weg finden, um EVOLO aufzustöbern und zur Vernunft zu bringen. Schließlich gab es nichts und niemand, das in der Lage gewesen wäre, dieses Wunderwerk zu lenken und sinnvoll einzusetzen.

Außer ihm selbst natürlich!

Der Zorn und die Verärgerung beherrschten den Erleuchteten noch immer. Er haderte mit sich selbst und seinem Schicksal, ohne sich bewusst zu werden, dass er weitgehend selbst an allem schuld war.

Andere Gedanken drängten sich in sein Bewusstsein, die Erinnerungen an die eigene Vergangenheit, an die eigene Geschichte, an seine Taten, seine Werke, die Schauplätze seines Wirkens, seine Pläne ...

... an seinen Plan! An EVOLO!

Er konnte es drehen und wenden, wie er wollte. Alle seine Überlegungen führten immer wieder zu EVOLO.

Und dennoch wusste er, dass die Saat, die er in der fernen Vergangenheit ausgestreut hatte, entscheidender war als die Konstruktion EVOLOS selbst. Die Vergangenheit würde ihn immer wieder einholen.

Der Erleuchtete kontrollierte die Kommunikationssysteme seines Horts auf Vergatsynn. Die Verbindungen zu den Traykon-Flotten standen fest. Die Zahl der Erfolgsmeldungen seiner Roboter im scheinbar sinnlosen und nicht koordinierten Kampf gegen die Verbände, Raumstützpunkte und planetaren Bastionen der Völker des Neuen Konzils war groß.

Die Traykon-Fabrik auf Verga-Pre arbeitete auf vollen Touren und spie eine Kampfeinheit nach der anderen aus. Die robotischen Verbände ordneten sich im Orbit von Verga-Pre zu kleinen, aber äußerst schlagkräftigen Pulks, die dann die Anweisungen der Automatik von Vergatsynn empfingen und in die Tat umsetzten.

Der Kampf musste an vielen Plätzen von Manam-Turu geführt werden, ohne dass ein logisches Schema erkennbar wurde. Der Erleuchtete handelte bewusster in diesem Punkt, als es nach außen hin sichtbar war.

Er musste zum einen seine Robot-Truppen aufsplittern, um zu verhindern, dass sie geschlossen vernichtet wurden. Und er musste vor allem die Hyptons beschäftigen und verwirren, so dass diese keinen Ansatzpunkt finden konnten, um mit Anima gegen ihn selbst zu agieren.

Anima allein hätte ihn gefährden können. Sie war unheimlich und unnahbar. Und sie war ein Sendbote der Feiglinge aus dem Jenseits.

Oder war sie es nicht mehr? Handelte auch sie so losgelöst wie der Arkonide, den die Kosmokraten aus ihren Banden entlassen hatten?

Oder hatte Atlan sich selbst befreit? Und Anima auch?

Es spielte eigentlich keine entscheidende Rolle. Atlan hatte ihm längst gezeigt, dass er ohne die Fesseln und Bindungen an die Kosmokraten effektiver war. Er war gefährlicher. Und damit war Anima – wenn sie aus sich allein heraus handeln würde – ebenfalls mit größerer Vorsicht zu genießen.

Wichtig war, dass die Traykons den Kampf führten und Manam-Turu in Unruhe versetzten.

Der Erleuchtete brauchte sich nicht selbst um diese Aktionen zu kümmern. Das besorgte die Automatik von Vergatsynn, die er aus seiner Goldenen Kugel heraus erzeugt hatte. Er selbst konnte sich ganz auf sein Hauptziel konzentrieren – auf EVOLO.

Der Plan hieß EVOLO.

EVOLO war der Plan.

Das Werk hieß EVOLO.

EVOLO war das Werk.

Aber EVOLO war mehr!

EVOLO war der Schlüssel zur Macht.

EVOLO war das Instrument.

EVOLO war die Zukunft.

EVOLO war die neue Evolution.

EVOLO war die Verwirklichung.

EVOLO war die gezielte Veränderung des Lebens.

EVOLO war das Immerwährende.

EVOLO war das Einmalige.

EVOLO war alles.

Und EVOLO würde für alles das Ende sein.

Aber auch der Anfang.

 

*

 

Der Erleuchtete verfügte über viele Informationsquellen und Nachrichtenkanäle, die über weite Teile der Galaxis Manam-Turu verstreut waren. Diese bestanden entweder aus technischen Anlagen, zum Teil sogar aus solchen aus der Zeit seines früheren Hierseins, oder aber aus Kreaturen, die er sich nach der Rückkehr von Alkordoom gefügig gemacht hatte. Mit diesen kontrollierte er fast die Hälfte der für ihn interessanten Schauplätze und etwa ein Zehntel der übrigen Bereiche.

Sein Informationsstand war aktuell, aber lückenhaft. Manam-Turu war einfach zu groß, um von einem einzelnen Wesen wirklich beherrscht zu werden. Die im Augenblick interessierenden Zonen machten zudem weniger als ein Zehntausendstel der Sterneninsel aus. Da blieben genügend Verstecke und Ausweichplätze.

Diese Tatsache hatte der Erleuchtete für sich selbst genutzt. Er hatte sein Domizil nach der Entsendung EVOLOS und der weitgehenden Entbindung seines persönlichen Dieners Dharys an den vorbereiteten Ort Vergatsynn verlegt. Der Daila wusste viel. Und mit seinem Wissen und dem der LJAKJAR war es ihm zuzutrauen, dass er den Ort seiner Schulung wiederfinden würde.

Der Erleuchtete konnte in dieser kritischen Phase keine Störungen gebrauchen. Er musste sich voll auf EVOLO konzentrieren und diesen zurück in die Bahnen des Planes lenken.

Dharys konnte seine Freiheiten ruhig voll und ganz ausschöpfen. Er stellte keine entscheidende Gefahr dar, denn von der Existenz des Planeten Vergatsynn war ihm nichts bekannt, und auch den Entstehungsort der Traykon-Roboter, die Welt Verga-Pre, hatte ihn der Erleuchtete nie wissen lassen.

Dafür war diesem aber bekannt, dass sich Dharys den Ligriden um Hellenker auf Jomon angeschlossen hatte und diesen helfen wollte, EVOLO zu finden.

Der Erleuchtete lachte innerlich über dieses Ansinnen, denn dieser Plan konnte nie und nimmer gelingen. Den Hyptons traute er einen gewissen Erfolg bei der Suche nach EVOLO zu, denn er kannte deren Möglichkeiten nicht gut genug. Immerhin musste er aber auch damit rechnen, dass Dharys über kurz oder lang ähnliche Schlussfolgerungen ziehen würde.

Dann würde sich dieser Diener im Chaos seiner Gefühle nach Rache am Erleuchteten, nach Treue und Anhänglichkeit zu diesem und nach Liebe zu seinem Sohn Chipol zweifellos auf die Seite der Hyptons schlagen.

Damit würde die Gefahr, die die Flugwesen aus Chmacy-Pzan durch den Besitz Animas darstellten, noch größer werden.

So gesehen, war es mehr als zweckmäßig, die Völker des Neuen Konzils zu schwächen und zu dezimieren, wo immer die Traykons sie trafen.

Die Bilder der Vergangenheit drängten sich wieder in das Bewusstsein des Erleuchteten. Diesmal wischte er sie nicht weg, aber er versuchte, sie auf die Dinge zu begrenzen, die EVOLO betrafen. Das gelang nur sehr unvollständig.

Der Plan zum Bau EVOLOS war vor langer Zeit in Manam-Turu entstanden. Er war eine Folge dessen gewesen, was der Erleuchtete, der sich damals noch Vergalo genannt hatte und ganz anders gewesen war, selbst erlebt hatte. Dann war die Erkenntnis gekommen, dass Manam-Turu sich als Feld für die Herstellung EVOLOS nicht eignete.

Es gab damals nur wenige nutzbare Psi-Potenziale in dieser Sterneninsel. Selbst heute, über 5000 Eigenjahre später, bot Manam-Turu nicht annähernd das, was für die Erzeugung EVOLOS eine Grundvoraussetzung gewesen war.

Der Erleuchtete hatte das gefunden, was er für den Grundstein EVOLOS gebraucht hatte, eine Galaxis mit vielfältigen bewussten und unbewussten Psi-Quellen und Mutanten – Alkordoom.

Er hatte seinen Sitz verlegt und in dieser Galaxis seine Macht aufgebaut, eine Macht, die nicht dem Herrschen oder Beherrschen gedient hatte, sondern nur dem Zweck, die Hierarchie über die Facetten dazu zu benutzen, dass die erforderlichen Psi-Potenziale gefunden und an ihn abgeliefert wurden.

Alkordoom hatte fast alles geboten, aber auch dort hatten Komponenten der EVOLO-Struktur gefehlt. Als Juwel hatte der Erleuchtete lange Zeit nach Belieben schalten und walten können. Er hatte seine Völker in andere Galaxien geschickt, um Völkergruppen von dort zu entführen und in Alkordoom anzusiedeln.

Aus ihnen sollten sich die Komponenten entwickeln, die er in Alkordoom selbst nicht finden konnte. Zum Teil war dies geglückt, aber viele entführte Völkergruppen hatten sich auch als nutzlos erwiesen, wie er am Beispiel der Celester hatte erfahren müssen.

Jede intelligente Lebensform, die auch nur über latente Psi-Fähigkeiten verfügt hatte, war von Interesse gewesen. Über das unsägliche Leid, das dieser Teilplan zum Bau EVOLOS über die Betroffenen brachte, hatte der Erleuchtete nie nachgedacht.

Nur die Verwirklichung des Planes hatte gezählt.

Und sie zählte allein auch heute! Die eigentliche Macht kam erst danach.

Irgendwann waren seine Aktivitäten von den Mächten jenseits der Materiequellen erkannt und sein Plan durchschaut worden. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte er sich im Nukleus von Alkordoom bereits so gut abgesichert und die Sonnensteppe aufgebaut gehabt, dass er unerreichbar geworden war.

Aber nicht unerreichbar für Anima!

Die Kosmokraten hatten begonnen, seinen Plan zu durchkreuzen, denn sie mussten befürchten, dass mit der EVOLO-Evolution das Universum ihrer Hilfskräfte ihnen nicht mehr zugänglich wurde. Mehr noch! In ihren Vorausberechnungen musste zu erkennen gewesen sein, dass die EVOLO-Produkte eines fernen Tages die Materiequellen durchdringen und in ihr unfassbares Reich gelangen würden.

Sie hatten den Ritter der Tiefe geschickt, Hartmann vom Silberstern, und seine Orbiterin – Anima. Der Ritter hatte dem damaligen Vergalo Schaden zufügen können, aber zu einem Sieg hatte es nicht gereicht. Er hatte so versagt wie alle anderen Helfer der Kosmokraten.

Als Juwel von Alkordoom hatte er langsam, aber stetig an der Vollendung EVOLOS arbeiten können, bis die Kosmokraten einen neuen Gegner bestimmt und nach Alkordoom entsandt hatten – den Arkoniden Atlan.

Dessen Verdienst bestand für den Erleuchteten eigentlich nur darin, dass es Atlan gelungen war, Anima wieder zu aktivieren. In ihrer neuen Gestalt hatte der Erleuchtete Anima lange Zeit nicht erkannt. Und als das dann doch geschehen war, hatte ihn der Schock zu einer überstürzten Flucht nach Manam-Turu veranlasst.

Voller Zorn dachte das mächtige Wesen daran, dass zu diesem Zeitpunkt EVOLO praktisch vollendet gewesen war. Sein Plan hatte einen Rückschlag erlitten. Er war verzögert worden.

Aber die wenigen Psi-Quellen von Manam-Turu, allen voran die der verbannten Daila, hatten ausgereicht, um das Werk zu vollenden.

EVOLO, sein Werk!

Mehr als alle Störungen bei der Verwirklichung des Planes und mehr als die gescheiterten Versuche, seine Feinde zu beseitigen, ärgerte sich der Erleuchtete darüber, dass EVOLO ihn nun im Stich gelassen hatte. Es schien so, dass sich das Geschöpf gegen den Schöpfer stellte.

Die Spuren waren eindeutig, die Spuren, die EVOLO in wenigen Tagen in Manam-Turu hinterlassen hatte.

Das bewies zwar, dass EVOLO funktionierte. Der Erleuchtete empfand bei dieser Überlegung Stolz. Im gleichen Moment rebellierte aber wieder alles in ihm, denn die Zufriedenheit wurde von dem peinlichen Schmerz hinweggefegt, der ihn erfüllte. EVOLO setzte sich selber ein. Er handelte aus sich allein heraus.

Und nicht nach dem Willen seines Erzeugers!

Er hatte auf Aytab einen Rest an Psi-Energie getankt. Er hatte an den Ligriden seine Kräfte getestet, ziellos zwar, aber das war eingeplant gewesen.

Er hatte es aber versäumt, sich nach diesen ersten Taten beim Erleuchteten zu melden und zu berichten!

Er dachte auch nicht daran, sich weitere Aufträge zu holen, die für seine Ausreifung zweifellos erforderlich waren!

Der Erleuchtete war wütend, aber er resignierte nicht. Er wusste, was er zu tun hatte. Es galt, die Hyptons und die Ligriden zu beschäftigen, so dass diese keine Gelegenheit bekamen, ihre erbärmliche Macht auszuspielen. Das war notwendig, um ein aktives Handeln Animas zu unterbinden. Und dann musste EVOLO gefunden und zur Vernunft gebracht werden.

Der Erleuchtete würde die Herrschaft über EVOLO zurückgewinnen. Daran zweifelte dieses uralte, mächtige Wesen nicht. Niemand würde ihn an der Verwirklichung dieses nun notwendig gewordenen Planes hindern. Nicht die Hyptons, nicht die Ligriden, nicht die Daila, nicht der geheimnisvolle Guray, nicht Atlan.

Vielleicht Anima? Der Erleuchtete hatte nur bei dieser leise Zweifel, aber die verflogen, als er seine getroffenen Maßnahmen noch einmal überdachte.

Nun galt es, die Schritte einzuleiten, die EVOLO wieder in seinen Bann zwingen würden. Niemand würde je Macht über EVOLO besitzen außer ihm.

Der Gedanke an Anima flackerte noch einmal auf. Nein, sagte sich der Erleuchtete, sie hat mich als Vergalo nicht schlagen können und nicht als Juwel von Alkordoom. Es würde ihr hier auch nicht gelingen.

Es gab keinen Feind, den er zu fürchten brauchte.

Er gab die Anweisungen an die Automaten von Vergatsynn.

In seiner grenzenlosen Arroganz übersah er nur eine Kleinigkeit. Der eigentliche Gegner saß in ihm selbst.

2.

Dharys

 

Abgesehen von den immer wiederkehrenden peinigenden Erinnerungen an Chipol, aus denen ich selbst nicht schlau wurde, ging es mir gut. Natürlich passte mir vieles nicht. Auch war ich noch weit vom Ziel meiner Wünsche entfernt, aber es ging voran.

Eine wichtige Mauer war eingestürzt, die Bindung an den Erleuchteten.

Ich war frei!

Dabei spielte es für mich eine untergeordnete Rolle, ob diese Tatsache mein Werk war. Wahrscheinlich war es so. Ich ging davon aus, dass der Erleuchtete mich hatte aufgeben müssen, weil mein Wille einfach zu stark gewesen war. Zweifellos hatte das Verschwinden EVOLOS dazu beigetragen, dass er mich nicht mehr kontrollierte. Er musste sich um andere Dinge kümmern.

Vielleicht hoffte dieses Wesen, das sich mir nie in seiner wirklichen Gestalt gezeigt hatte, dass ich so treu ergeben war, wie er mich umerzogen hatte. Vielleicht nahm der Erleuchtete gar an, dass ich auch ohne seine Gegenwart in seinem Sinn handeln würde. Aber da hatte er sich ganz gewaltig getäuscht.

Ich kannte nur meine Ziele.

Ich würde für Chipol eine Situation schaffen, die er annehmen würde. Er würde mit offenen Armen seinen Vater und seine Macht aufnehmen. Der Junge war noch zu grün, um das zu erkennen. Und dieser hergelaufene Atlan hatte ihn verdorben und auf Irrwege gebracht. Die Zeit und meine Aktivitäten würden das ändern.

Ich hing an Chipol. Ich brauchte ihn. Er hatte bis jetzt noch nicht verstanden, dass ich eigentlich alles nur für ihn tat. Aber er würde es bald verstehen. Die Sprossen der Erfolgsleiter standen weit auseinander, aber ich war ein Mann, der diese Abgründe überwinden konnte. Der Junge würde es erleben!

Ich hatte es nicht nötig, meine Liebe zu Chipol zu prüfen, denn eigentlich gehörte er mir. Atlan hatte mir seine Liebe gestohlen, und dafür würde er eines nahen Tages büßen. Das hatte ich mir geschworen.

Ich hasste diesen Weißhaar.

Ich hasste auch den Erleuchteten. Ich hatte ihm zwar viel zu verdanken, denn ohne ihn wären meine psionischen Kräfte noch so schwach wie eh und je. Er hatte sie auf unbegreifliche Weise potenziert. Er hatte neue Fähigkeiten in mir geweckt, die ich noch gar nicht voll zu nutzen verstand.

Die Stimme des Erleuchteten war verhallt. Der Wall und die Fessel, die ich früher nicht empfunden hatte, existierten nicht mehr. Erst mit dem Beginn der wirklichen Freiheit hatte ich erkannt, dass vieles von dem, was ich für meine Gedanken gehalten hatte, von ihm gekommen war. Er war mächtig, das hatte ich zu spüren bekommen. Aber er machte auch Fehler.

Sein größter Fehler war es gewesen, mich zu unterschätzen. Er hatte sich wohl nie vorstellen können, dass ich die Kraft besaß, mich innerlich von ihm zu distanzieren. Nun wusste er es, und er ließ mich in Ruhe.

EVOLO erschien ihm bedeutsamer. Für ihn war dieser das auch. Aber in seiner Resignation mir gegenüber sah ich eine Schwäche.

Selbst in diesem Punkt war der Ligride Hellenker ein stärkerer Typ.

Die Ligriden!

Ich mochte sie auch nicht, aber ich brauchte sie. Sie waren eine Sprosse der Leiter auf dem Weg nach oben.

Es gab eigentlich keinen logischen Grund für meine Abneigung diesem Volk gegenüber, aber das Gefühl ließ sich nicht beseitigen. Seit ich zu Hellenker und seinen Leuten gestoßen war, nagte stets etwas in mir, wenn ich einen Ligriden sah.

Viel wusste ich über dieses Volk nicht. Die Ligriden stammten jedenfalls nicht aus Manam-Turu. Sie waren mit den Hyptons in meine Galaxis gekommen.

Ob die Ligriden aus der gleichen Galaxis stammten wie die Hyptons, war mir nicht bekannt. Nach dem, was ich gehört hatte, war das jedenfalls nicht der Fall. Meine Bemühungen, auf solche Fragen eine Antwort zu bekommen, waren jedenfalls gescheitert.

Und das war eigentlich merkwürdig. Ich fand jedenfalls keinen Grund, warum die Ligriden in diesem Punkt unsicher wurden. Fast hatte es den Anschein, dass eine innere Hemmschwelle verhinderte, über den Ort ihrer Herkunft zu sprechen. Und wenn sie es doch taten, so waren die Antworten leicht als Lügen zu enttarnen.

Hellenker war ein baumlanger Bursche. Er überragte sogar mich um ein gutes Stück. Wie sehr viele Ligriden war er der Prototyp eines Kriegers. Das traf insbesondere für die Diener des Gwyn zu.

Hellenkers Körperbau glich im Prinzip meinem, und doch war auf den ersten Blick zu erkennen, dass seine biologischen Vorfahren Echsen gewesen waren. Irgendwann in der Entwicklungsgeschichte der Ligriden musste mit dem aufrechten Gang und dem Übertritt zur Warmblütigkeit auch die Entstehung der Intelligenz erfolgt sein.

Ich hatte früher kaum etwas von diesen Dingen der Evolution verstanden, aber auch auf diesem Gebiet hatte ich durch die Schulung des Erleuchteten viel hinzugelernt. Und wenn ich diese Kenntnisse beurteilte und dabei mein psionisches Gespür frei schalten und walten ließ, dann kamen die Ligriden mir irgendwie unnatürlich vor. Richtig beweisen konnte ich das allerdings nicht.

Es war ein Verdacht, mehr nicht.

Hellenkers Haut war ein schmutziges Farbengemisch aus oliv und bräunlichen Tönen. Glatte Stellen waren mit kleinen, kaum sichtbaren Schuppen versehen, wohingegen die Außenseiten der Gelenke und insbesondere die sechsgliedrigen Hände und Füße eine deutlichere Schuppung aufwiesen.

Während die unteren Extremitäten breit, ja fast plump wirkten, waren die Finger feingliedrig, lang und dünn. Ich hatte oft genug in den letzten Tagen erlebt, wie geschickt die Ligriden hantieren konnten.

Hellenkers Kopf war für den Durchschnitt seines Volkes etwas zu massig. An dem runden, völlig haarlosen Schädel fiel die hohe, glatte Stirn auf. Die kleinen, eng anliegenden Ohren und die kaum ausgeprägten Augenbrauenwülste erkannte man erst beim zweiten Hinsehen.

Merkwürdig waren für mich die Augen. Sie besaßen doppelte Lider, und das war etwas, das ich von keinem Tier meiner Heimat kannte, geschweige denn von einem intelligenten Lebewesen.

Das eine Lidpaar bestand aus einer dünnen, durchscheinenden Haut. Es schloss von unten nach oben. Wahrscheinlich diente es nicht einmal der Feuchthaltung der Augäpfel, denn es schloss nie rhythmisch, wohl aber für längere Zeit. Die Augen Hellenkers sahen dann milchig aus. Ich hatte inzwischen gelernt, was das bedeutete. Das Zuklappen der unteren Lider signalisierte meditative Ruhe oder einfach nur ein Dahindösen, aber auch Krankheit oder Übermüdung.

Letzteres war bei dem Ligridenkommandanten jetzt der Fall, denn dieser hatte seit vielen Stunden nicht mehr geschlafen. Er konzentrierte sich ganz auf zwei Punkte. Einmal wollte er den abgerissenen Kontakt zu den Hyptons wieder herstellen. Und zum anderen wollte er eine Spur EVOLOS finden. Dass ihm letzteres kaum gelingen würde, verriet ich Hellenker allerdings nicht.

Das andere Lidpaar, das von oben nach unten schloss, war mit feinen, fast winzigen Haaren ähnelnden Schuppen besetzt. Die Frequenz, mit der es sich nun schloss, lag höher als gewöhnlich. Auch das war ein Zeichen, dass Hellenker erschöpft war.

Seine Augen waren jetzt fast geschlossen, aber er starrte unverwandt auf die Anzeigen der Orter. Der Atem trat pfeifend aus der flachen, breiten Nase, und seine hervorragenden Kiefer bewegten sich mahlend.

»Warum melden sich die Hyptons nicht?«, wiederholte er seine Frage wohl zum zehnten Mal in dieser Stunde. Die anderen Ligriden in der Kommandozentrale, überwiegend Diener des Gward, drehten ihre Köpfe zur Seite und verdeutlichten damit, dass sie weder eine Antwort wussten, noch eine Mutmaßung aussprechen wollten.

Hellenker war ein regelrechter Hypton-Fanatiker. Obwohl er mit Leib und Seele Krieger war, vertrat er hartnäckig die Ansicht, dass die Ligriden ohne die mit ihnen im Neuen Konzil verbündeten Hyptons nichts erreichen würden. Es war mir seit meinem Aufenthalt bei Hellenkers Volk nicht verborgen geblieben, dass viele führende Ligriden eher gegen die Hyptons eingestellt waren. Bei dem Kommandeur, mit dem ich nun durch Manam-Turu kreuzte und dabei versuchte, eine Spur EVOLOS zu finden, traf ziemlich genau das Gegenteil zu.

Nach meinen von nur geringen Erfolgen gekrönten Erlebnissen auf Areffa war ich mit der LJAKJAR zu den Ligriden gestoßen. Ich hatte ihnen geholfen, auf Jomon die Attentäter zu stellen, die sich an Hellenker hatten heranmachen wollen. Das war meine Chance gewesen, die Ligriden als Verbündete zu gewinnen. Ich hatte Erfolg gehabt. Drasthor und Drastim waren die Opfer gewesen. Sie hatten dafür bezahlen müssen, dass ich Hellenkers Sympathien hatte gewinnen können.

Mit meinem Wissen um den Erleuchteten und EVOLO war ich sehr vorsichtig umgegangen. Hellenker hatte das wohl bemerkt. Ich wurde eher wie ein Gast, nicht aber unbedingt wie ein Verbündeter oder gar wie ein Gefangener behandelt. Diese Rolle gefiel mir. Sie entsprach meiner Zielsetzung. Es wäre mir im Traum nicht eingefallen, Hellenker auf die Nase zu binden, dass ich nach viel mehr strebte als einem Bündnis mit den Ligriden.

Dieses Volk aus einer fernen Galaxis stellte zweifellos einen nicht zu unterschätzenden Machtfaktor in Manam-Turu dar, aber für mich waren die Hyptons viel wichtiger. Insofern kam mir Hellenkers fast krankhafte »Hypton-Manie« entgegen, denn über kurz oder lang würde sie mich zu wichtigen Angehörigen dieses führenden Konzilsvolks bringen.

Die Hypton-Gläubigkeit des ehemaligen Kommandeurs von Jomon war für mich in dem gleichen Maß unbegreiflich wie die Ligriden selbst. Ich wurde den Verdacht nicht los, dass meine vom Erleuchteten aufgereizten Mutantenfähigkeiten etwas erfassten, das ich nicht oder noch nicht deuten konnte.

Hellenkers Haltung war unlogisch.

Die mehr oder weniger deutliche Spaltung der Ligriden in die beiden Lager der Diener des Gwyn und des Gward war ebenfalls unlogisch. Ahnte ich da eine lenkende Hand? Ich wusste es nicht. Und selbst wenn dies so sein sollte, dann wusste ich nur, wer nicht als Lenker im Hintergrund in Frage kam. Es konnte nicht der Erleuchtete sein, denn dieser hatte – und das wusste ich ganz sicher – selbst überrascht auf die Anwesenheit des Neuen Konzils in Manam-Turu reagiert.

Er und EVOLO auf der einen Seite, die Hyptons und die Ligriden auf der anderen, das waren doch klar zwei ganz verschiedene Machtpotenziale, die keine frühere Begegnung gehabt hatten. Anders sah es da mit der geheimnisvollen Anima aus. Sie und das ehemalige Juwel von Alkordoom kannten sich aus der Vergangenheit. Und auch Guray musste da eine Rolle spielen. Aber die seltsame Symbolfigur der Piraten war seit längerer Zeit nicht mehr aktiv. Guray spielte in meinen Plänen daher im Augenblick keine Rolle mehr.

Während Hellenker mit seinen Funkern herumschimpfte, dachte ich über die merkwürdigen Ehrbegriffe der Ligriden nach. Waren sie nur deshalb so kriegerisch und gleichzeitig so widersprüchlich in der Aufteilung in Diener des Gward und des Gwyn, weil sie in ihrer Tradition erstarrt und in sich selbst entzweit waren?

Ihre Hierarchie war unbeweglich. Wer einmal »oben« war, der blieb es auch. Dabei spielte es erstaunlicherweise keine Rolle, ob man den Maximen des Gwyn oder des Gward folgte. Diese starre Struktur der Hierarchie ließ diese Unterschiede weitgehend verblassen. Rebellen gegen dieses System schienen die absolute Ausnahme zu sein. Ich hatte noch keinen erlebt und auch von keinem gehört, wohl aber erfahren müssen, wie Gward-Treue und Gwyn-Treue divergierten.

Nein, sagte ich mir, bei den Ligriden war etwas nicht richtig. Etwas, das sich nicht erklären ließ.

Ich hielt mich in erster Linie an Hellenker, denn mein Versprechen, EVOLO zu finden und nutzbar zu machen, fand nicht den ungeteilten Beifall von Hellenkers Leuten. Insbesondere die Diener des Gward, bei denen die philosophischen Neigungen stark ausgeprägt waren, scheuten offensichtlich vor einem Kontakt mit diesem unbegreiflichen Machtfaktor oder Wesen zurück.

Sie hatten eigentlich Recht. Ich wusste über EVOLO ebenfalls sehr wenig. Der Erleuchtete war in diesem Punkt mit Informationen sehr sparsam gewesen. Er hatte mir gegenüber mit EVOLO geprahlt, aber er hatte nie etwas über dessen Fähigkeiten oder über sein Aussehen verlauten lassen. Auch mit diesem »Unwissen« musste ich behutsam umgehen, um mein Ansehen bei den Ligriden nicht unnötig zu verringern.

Die eingehenden Funkmeldungen registrierte ich nur am Rand. Sie bestätigten das Chaos, das in weiten Teilen von Manam-Turu herrschte, immer wieder. Überall, wo die Traykon-Verbände des Erleuchteten auf Raumschiffe oder Stützpunkte des Neuen Konzils trafen, schlugen sie blindlings zu. Die Hyptons waren in Panik, und die Ligriden waren es auch.

Wahrscheinlich war dies auch der Hauptgrund, weshalb es zu keiner erneuten Verständigung zwischen diesen beiden Völkern kommen konnte. Jedes Seite war so intensiv mit der Abwehr der Hilfstruppen des Erleuchteten beschäftigt, dass einfach keine Zeit mehr verfügbar war, sich um andere Dinge zu kümmern.

Das Verhalten meines früheren Herrn erschien mir auch nicht logisch. Seine robotischen Verbände handelten planlos und willkürlich. Ich nahm an, dass dies den Zustand des Erleuchteten widerspiegelte. Und wenn er in Aufruhr geraten war, dann bestimmt nicht wegen der Hyptons oder der Ligriden. Die brauchte er nicht zu fürchten.

Also mussten Anima oder EVOLO – oder beide – der Grund für seine Verwirrung sein. Warum schlug er dann aber gegen das Neue Konzil zu? Auch diese Antwort konnte ich mir geben.

Anima war praktisch im Besitz der Hyptons. Und mit EVOLO durfte etwas Ähnliches nicht geschehen! Der Erleuchtete wollte diese Völker beschäftigen. Also schloss er sie zumindest indirekt in seine Befürchtungen ein!

Ich schielte unauffällig zu Hellenker hinüber, aber der widmete sich ganz seinen Leuten. Er hatte nicht den geringsten Verdacht, welche Gedanken mich bewegten.

Der Flottenverband stoppte plötzlich. Hellenker verließ überhastet die Kommandozentrale. Ich wollte mich ihm anschließen, aber ein paar Ligriden hinderten mich daran. Sie hielten mich reichlich unsanft an den Armen fest.

»Eine Unterredung zwischen den oberen Kommandeuren«, teilte man mir kalt mit. »Da hast du nichts verloren.«

Ich spürte deutlich, dass meine Partnerschaft mit den Echsenabkömmlingen noch sehr unausgegoren war. Meine Proteste fanden kein Gehör, und so fügte ich mich.

Hellenker kehrte etwa eine halbe Stunde später zurück. Er warf mir einen durchdringenden Blick zu, den ich nicht deuten konnte. Dann kamen weitere Ligriden in die Zentrale und übernahmen die Aufgaben der hier Anwesenden.

»Was geschieht, Hellenker?«, fragte ich den Ligriden.

»Wir wechseln auf ein anderes Schiff über«, erklärte der Kommandant grimmig. »Ich habe die anderen nur teilweise überzeugen können.«

»Ich verstehe dich nicht«, antwortete ich und versuchte gleichzeitig, auf telepathischem Weg seine Gedanken zu erfassen. Aber das gelang mir nicht.

»Viele von uns wollen nichts von diesem EVOLO wissen.« Hellenker verbarg seinen Ärger nicht. »Sie glauben nicht, dass EVOLO der Verursacher des Chaos von Bytha ist. Sie sehen im Erleuchteten allein den Schuldigen.«

»Was auch stimmt«, gab ich zu und versuchte, den Allwissenden zu spielen. »EVOLO ist ein Produkt des Erleuchteten. Er ist auch ein Teil des Erleuchteten. Der Erleuchtete lebt in EVOLO, und EVOLO lebt im Erleuchteten. So hat es mein früherer Herr einmal gesagt. Aber EVOLO hat sich selbständig gemacht.«

»Es ist jetzt zu spät, um die anderen Kommandeure noch umzustimmen.« Der Ligride winkte ab. »Sie sehen ihre wichtigste Aufgabe darin, die Robotflotten der Traykons abzuwehren. Und die Verbände, die für sich allein zu schwach sind, müssen sich erst einmal in Sicherheit bringen. Wir haben noch eine Reihe von Stützpunkten, die der Erleuchtete nicht entdeckt hat. Und überall können seine Roboter auch nicht auftauchen. Daher wird sich unser Verband absetzen.«

»Und EVOLO?« Ich war enttäuscht.

»Von EVOLO wollen die meisten Kommandeure nichts wissen. Einige bezweifeln sogar die Existenz dieser Waffe. Oder ist EVOLO ein Wesen?«

»Er ist beides«, orakelte ich. »Und mehr.«

»Egal. Ich verlasse dieses Schiff. Wir wechseln auf die GLIMMERTON über. Du, Dharys, kommst natürlich mit mir und meinen Getreuen.«

Die GLIMMERTON war das Schiff, an das ich die LJAKJAR angekoppelt hatte. Es handelte sich um ein nur schwach bewaffnetes Transportschiff. Mir gefiel das nicht.

»Heißt das«, fragte ich lauernd, »dass die Suche nach EVOLO damit beendet ist?«

»Nein.« Hellenker stampfte wütend auf den Boden. »Das heißt, dass wir die Suche allein fortsetzen. Ein Traykon-Verband nähert sich. Unsere Vorhut hat bereits Feindkontakt. Und das Gros unseres Verbandes will sich schnell absetzen. Wir sind in Eile. Komm!«

Wortlos schloss ich mich Hellenker und einigen wenigen anderen Ligriden an. Diese Entwicklung behagte mir nicht, aber ich hatte keine andere Wahl.

Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass ich nicht erwarten konnte, schnell und ohne Probleme an mein Ziel gelangen zu können.

Schließlich war mein wirkliches Ziel nicht das Bündnis mit den Ligriden. Das war allenfalls eine Etappe, eine Sprosse der Leiter zum Erfolg.

Mein wirkliches Ziel war auch nicht der Pakt mit den Hyptons oder mit dem ganzen Neuen Konzil. Auch das war nur ein Schritt.

Ich hatte nur ein Ziel, und das hieß Macht.

Und Macht hatte für mich nur einen Namen: EVOLO!

3.

Atlan

 

»Bist du sicher, dass wir der richtigen Spur folgen? Ist Dharys wirklich dort bei den Ligriden?«

Chipol sagte tatsächlich »Dharys« und nicht »mein Vater«. Die Kluft zwischen ihm und dem Daila-Mutanten war groß. Der Bruch in den Gefühlen des Jungen schien endgültig zu sein.

Dharys gehörte nicht gerade zu den Wesen, denen ich Sympathie entgegenbrachte, aber Chipols Kälte seinem Vater gegenüber behagte mir auch nicht. Die Frage war, wie der Junge diesen seelischen Konflikt auf die Dauer verkraften würde.

»Er ist dort«, antwortete die STERNSCHNUPPE. »Ich überwache alle möglichen Funkkanäle. Die Hinweise sind eindeutig. Außerdem orte ich die LJAKJAR im Schlepp des Ligriden-Tenders GLIMMERTON.«

Chipol starrte mich unwirsch an. Er tat so, als hätte er die Worte des Raumschiffs nicht gehört.

»Kann Atlan nicht selbst antworten?«, warf er der STERNSCHNUPPE vor.

»Du bist sehr gereizt, Chipol.« Ich legte eine Hand um seine Schultern. »Das kann ich gut verstehen. Die Ereignisse auf Areffa waren sicher schlimm für dich. Aber jetzt musst du wieder zu dir selbst finden.«

»Areffa war nicht schlimm.« Er verzog die Mundwinkel. »Schlimm war nur Dharys. Er ist es noch.«

»Er ist immerhin dein Vater«, mischte sich Mrothyr mit leisem Vorwurf ein. »Das solltest du nie vergessen, auch wenn er auf Abwege geraten ist. Vielleicht trägt er nicht einmal die Schuld daran.«

»Das ist mir egal. Ich kann nie vergessen, was er meiner Familie und mir angetan hat.« Chipol gefiel mir in seiner aggressiven Laune gar nicht. »Da lasse ich keine Entschuldigung gelten. Und du, Mrothyr, verstehst das sowieso nicht.«

»Werde bloß nicht frech, Kleiner!« Der Zyrpher drohte mit seiner geballten Faust, aber er meinte das natürlich nicht ernst.

»Themenwechsel«, unterbrach ich die beiden. »Vergesst nicht, dass wir in einer verteufelt gefährlichen Situation stecken. Redet euch also nicht sinnlos die Köpfe heiß! Vor uns befindet sich ein Verband aus ligridischen Raumschiffen. Und irgendwo treiben sich hier auch der Erleuchtete und EVOLO herum.«

»Wenn ihr euch weiter streitet«, erklärte die STERNSCHNUPPE streng, »dann versäumt ihr wichtige Ereignisse. Es tut sich etwas bei den Ligriden. Sie haben gestoppt. Ich halte auch an, damit unser Zwei-Lichtjahre-Abstand konstant bleibt.«

Ich konzentrierte mich auf die Orterbilder, die das Schiff darstellte. Dazu blendete es den Text von ein paar Funksprüchen ein, die jüngst aufgefangen worden waren.

Zunächst verstand ich nicht, was dort bei den Ligriden geschah. Dann wurde es doch deutlicher.

Hellenker und Dharys sonderten sich von dem Verband ab. Ihre beiden Raumer, die GLIMMERTON und die LJAKJAR nahmen einen anderen Kurs. Die Versuche der Ligriden, Kontakt mit den Hyptons aufzunehmen, wurden nun allein von diesen beiden Schiffen durchgeführt.

Drei Lichtjahre hinter den Ligriden tauchte ein Verband der wendigen Traykon-Schiffe auf. Diesem wich das Gros der Ligriden aus.

»Wir folgen Dharys«, entschied ich schnell. »Er allein ist für uns interessant. Ich rechne mir aus, dass nur er etwas über den Aufenthaltsort des Erleuchteten weiß. Und wo der Erleuchtete ist, da finden wir auch eine Spur EVOLOS.«

»Und dann?«, maulte Chipol.

»Das werden wir sehen«, antwortete ich knapp.

Der Ligriden-Verband setzte sich rasch ab. Die Traykons folgten ihm und schenkten der GLIMMERTON mit der LJAKJAR im Huckepack keine Beachtung. Der Tender nahm fast die entgegengesetzte Richtung. Er setzte auch jetzt noch Hyperfunksprüche an die Hyptons ab, in denen sich Hellenker klar zu erkennen gab. Aber selbst das lockte die Traykon-Raumer nicht hinterher.

Die STERNSCHNUPPE bestätigte, dass sie die GLIMMERTON fest in der Fernortung hatte. Sie tauchte in den Zwischenraum und wählte einen Kurs, der uns von dem Gros der Ligriden und den anstürmenden Robotschiffen des Erleuchteten entfernte.

»Näher ran!«, drängte ich und deutete auf den Ortungsfleck der GLIMMERTON. »Selbst mit der LJAKJAR stellt dieses Schiff allein für uns keine große Gefahr dar.«

In einer Blitzetappe führte uns die STERNSCHNUPPE bis auf 0,21 Lichtjahre an Dharys und Hellenker heran.

Wieder arbeiteten die Orter. Der Raum war hier weit und breit leer. Zwei kümmerliche kleine Sonnen standen in der Nähe. Planeten waren nicht vorhanden. Dennoch hielt die GLIMMERTON auf einen der beiden Zwergsterne zu. Die Entfernung zwischen den beiden kleinen Sonnen betrug nur knapp ein halbes Lichtjahr.

»Sie müssten uns doch auch orten«, vermutete Mrothyr. »So klein ist die STERNSCHNUPPE doch auch wieder nicht.«

»Sie sind sehr beschäftigt«, vermutete ich. »Wenn sie uns sehen, so halten sie uns nicht für wichtig.«

»Das glaubst du«, warf mir Chipol vor.

Seine Bemerkung war typisch für die Stimmung an Bord und auch für meine. Zu lange flogen wir nun schon kreuz und quer durch Manam-Turu, ohne einen entscheidenden Erfolg zu erzielen. Unsere Gegner verhielten sich eher wie Phantome. Der Erleuchtete und EVOLO waren nicht greifbar. Guray, den ich nicht einmal zu unseren Feinden zählte, war ebenso unnahbar. Und auf ein wenig sinnvolles Herumprügeln mit dem Neuen Konzil verzichtete ich lieber.

Ich forderte die STERNSCHNUPPE auf, in den Ortungsschutz des anderen Zwergsterns zu gehen und eine Horchsonde auszuschleusen, mit deren Hilfe wir Hellenker und Dharys beobachten konnten. Das Schiff führte die erbetenen Manöver durch. Wieder zeigte sich keine Reaktion von Dharys oder den Ligriden. Die GLIMMERTON jagte nur ununterbrochen ihre Hyperfunksprüche hinaus, die die Hyptons aufforderten, sich endlich zu melden.

Dann schwieg das Ligridenschiff. Es ließ sich auch nicht mehr orten, denn es stand wie die STERNSCHNUPPE in der Sonnenkorona.

»Die Hyptons. Da sind sie«, meldete das Schiff plötzlich. »Hellenker hat doch noch Erfolg gehabt. Und meine Sonde hat sich unbemerkt in den Hyperkanal gemogelt.«

»Durchschalten und alles simultan übersetzen«, verlangte ich.

Die STERNSCHNUPPE reagierte schnell. Auf einem Bildschirm erschien der echsenähnliche Kopf des Ligridenführers Hellenker. Hinter ihm war für einen Moment Dharys zu erkennen, der sich quer zur Aufnahmeoptik bewegte. Chipol zeigte keine Reaktion beim Anblick seines Vaters.

Die Hyptons zeigten sich nicht persönlich. Auf ihrem Bildschirm war nur ein Symbol mit einem Schriftzug zu erkennen, den die STERNSCHNUPPE mit »Traube der Suchenden« übersetzte.

»Warum habt ihr euch nicht eher gemeldet?« Warf Hellenker den Hyptons vor. »Ihr wisst doch genau, dass ich treu zu euch halte.«

»Gefährliche Zeiten«, entgegnete der unsichtbare Sprecher der Hypton-Traube kühl. »Jeder Funkspruch lockt die Traykon-Schiffe an, und mit denen ist nicht zu spaßen. Wir sollten daher im Augenblick unsere Kontakte auf das absolute Minimum beschränken und uns nur zu erkennen geben, wenn es wirklich notwendig ist.«

»Es ist sehr notwendig«, versuchte Hellenker die Hyptons zu überzeugen. »Kennt ihr diesen Mann?«

Er zerrte Dharys vor die Optik. Chipol stieß ein unwilliges Knurren aus, als das Gesicht seines Vaters den Bildschirm mehrere Sekunden lang zur Gänze ausfüllte.

Die Hyptons antworteten nicht sofort.

»Das ist ein Diener des Erleuchteten«, erklärte Hellenker. »Er ist aus freien Stücken zu uns gekommen. Er ...«

»Das ist der Daila-Mutant Dharys«, unterbrachen ihn die Hyptons. »Er ist uns nicht unbekannt. Auch wissen wir, dass er vom Erleuchteten speziell konditioniert wurde. Der Mann ist wertvoll, aber auch sehr gefährlich.«

»Er hat sich vom Zwang seines Herrn befreit, ›Traube der Suchenden‹. Er steht auf unserer Seite. Wir zweifeln nicht daran, dass er mehr weiß, als er bislang gesagt hat. Er ist vorsichtig, aber will mit uns und auch mit euch ein Bündnis eingehen.«

»Ein Bündnis?«, zweifelte der Hyptonsprecher.

Dharys schob Hellenker zur Seite.

»Ich kann für mich selbst sprechen«, unterstrich er selbstbewusst. »Ihr spürt am eigenen Leib, dass der Erleuchtete wütend ist. Er schickt seine Roboter gegen eure Verbände, weil er euch keine Chance geben will, euren Trumpf auszuspielen.«

»Unseren Trumpf? Du sprichst in Rätseln, Dharys.«

»Anima«, erklärte Dharys.

Er bekam keine Antwort. Für einen Moment schien er irritiert zu sein. Auch mir gefiel die Reaktion der Hyptons nicht. Vielleicht waren sie nur verärgert, weil der Daila so offen über Anima sprach.

Sie werden niemals zugeben, dass Anima in ihrer Gewalt ist, vermutete der Extrasinn. Auch ist nicht unbedingt anzunehmen, dass alle Hyptons den gleichen Informationsstand haben. Vielleicht hält eine ganz andere Traube Anima gefangen und gibt diese Tatsache nicht einmal den eigenen Artgenossen preis.

»Ich sehe«, fuhr Dharys fort, »ihr könnt oder wollt nicht darüber sprechen. Von mir aus. Wichtig ist im Augenblick nur eins: EVOLO ist fertig. Es hat den Anschein, er befindet sich auf freiem Fuß irgendwo in Manam-Turu. Und EVOLO ist als Machtfaktor wichtiger als Anima oder Atlan oder ihr Hyptons. Nur wer EVOLO besitzt und lenken kann, hält die Macht in den Händen. Ich war ein Diener des Erleuchteten. Ich habe sehr viel von ihm gelernt. Mein Wissen um sein Werk ist größer als ihr ahnt. Ich bin bereit, euch Informationen zu liefern, wenn ihr und die Ligriden mit mir gleichberechtigt zusammenarbeitet.«

Ich bewunderte den Daila sogar irgendwie, der rücksichtslos und konsequent seine Ziele verfolgte.

»Du meinst«, fragte die »Traube der Suchenden« vorsichtig, »EVOLO könnte nichts widerstehen? Auch dieser Atlan nicht?«

Dharys lachte auf. »Den braucht ihr nicht zu fürchten. Er verfolgt uns seit einiger Zeit, aber er kann nicht handeln. Er ist zu schwach. Mein Sohn Chipol befindet sich bei ihm. Und was Chipol weiß, weiß auch ich. Wenn die Zeit reif ist, wird Atlan sterben. Dafür brauche ich EVOLO jedoch nicht. Das kann ich allein.«

»Er blufft«, rief Chipol aufgeregt dazwischen. »Er will sich nur aufspielen.«

»Schon gut«, tröstete ich ihn. »Ich glaube Dharys auch nur die Hälfte. Er gibt sich sicherer, als er es ist.«

»Du siehst einen Weg«, bohrte der Hyptonsprecher weiter, »an EVOLO heranzukommen?«

»Natürlich.« lockte der Daila. »Ich habe verschiedene Welten des Erleuchteten kennen gelernt. Ich weiß recht genau, wo sich er und EVOLO treffen werden. Geht den Pakt ein, und ich führe euch oder die Ligriden an einen solchen Ort.«

Das Symbol der Hyptons verschwand plötzlich vom Bildschirm. Statt dessen wurde die untere Spitze der »Traube der Suchenden« erkennbar. Die Hyptons sprachen nun direkt.

»Hellenker! Bringe Dharys aus deiner Zentrale. Wir haben mit dir allein zu sprechen.«

Der Daila wehrte sich nicht, als ihn ein paar von Hellenkers Begleitern packten und wenig sanft aus der Zentrale beförderten.

»Der Mann ist wichtig«, erklärte die »Traube der Suchenden« nun. »Wir wissen zwar nicht, wer oder was EVOLO wirklich ist, aber die Möglichkeit, über Dharys an dieses Objekt zu gelangen, darf nicht unbeachtet bleiben. Tut also, was er verlangt. Bietet ihm das Bündnis an. Wir, die ›Traube der Suchenden‹, können nicht allein darüber entscheiden, aber wir sind nicht abgeneigt, Dharys' Wunsch zu folgen. Er muss aber erst einen Beweis liefern. Er soll euch EVOLO oder den Erleuchteten zeigen. Wir müssen wissen, wer diese Faktoren sind.«

»Verstanden, ›Traube der Suchenden‹.« Hellenker war regelrecht begeistert.

»Wir warnen dich, Hellenker«, fuhren die Hyptons eindringlich fort. »Dharys besitzt auch uns unbekannte Mutantenfähigkeiten. Er ist sehr gefährlich. Auch müssen wir Zweifel anmelden, dass er wirklich so selbstlos das Bündnis mit uns eingehen will. Achtet sorgfältig auf ihn! Versucht, alles über seine Pläne, über den Erleuchteten und EVOLO in Erfahrung zu bringen. Wir sprechen uns wieder.«

»Hilfe!«, würgte Chipol plötzlich neben mir. »Hilfe, Atlan!«

Er verdrehte die Augen und sank in sich zusammen. Mrothyr konnte ihn gerade noch auffangen und in einen Sessel betten. Ich untersuchte ihn. Sein Puls ging hektisch, aber ansonsten konnte ich nichts Ungewöhnliches feststellen.

Auch die Medosonde, die die STERNSCHNUPPE hereinschickte, kam zu keinem klaren Resultat.

»Bewusstlos«, erklärte die Maschine. »Ursache unbekannt.«

»Psionische Wechselfelder«, meldete das Schiff. »Ein Angriff? Ich erhöhe die Leistungen der Defensivschirme.«

»Das wird dir nichts nützen, STERNSCHNUPPE«, sagte Chipol hart und mit geschlossenen Augen. »Es ist bereits alles da.«

Ich verstand nichts. Auch Mrothyr war ratlos.

»Er spricht nicht für sich«, behauptete die STERNSCHNUPPE. »Er hat ungewollt eine posthypnotische Sendung empfangen. Lasst ihn reden.«

»Posthypnotische Sendung?«, wiederholte ich. »Von wem?«

Von Dharys!, vermutete der Logiksektor. Der Mutant ist stärker, als wir bisher angenommen haben.

 

*

 

Chipol sprach mit der Stimme seines Vaters: