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Nr. 329

 

Fluss der Gefahren

 

Atlan und seine Freunde unter Piraten

 

von Harvey Patton

 

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Sicherheitsvorkehrungen haben verhindert, dass die Erde des Jahres 2648 einem Überfall aus fremder Dimension zum Opfer gefallen ist. Doch die Gefahr ist nur eingedämmt worden, denn der Invasor hat sich auf der Erde etabliert – als ein plötzlich wieder aufgetauchtes Stück des vor Jahrtausenden versunkenen Kontinents Atlantis.

Atlan und Razamon, der ehemalige Berserker, haben als einzige den »Wölbmantel« unbeschadet durchdringen können, mit dem sich die geheimnisvollen Herren der FESTUNG ihrerseits vor ungebetenen Gästen schützen. Die Männer sind auf einer Welt der Wunder und der Schrecken gelandet. Das Ziel der beiden ist, die Beherrscher von Pthor schachmatt zu setzen, auf dass der Menschheit durch die Invasion kein Schaden erwachse.

Nach vielen gefahrvollen Abenteuern, die am Berg der Magier ihren Anfang nahmen, haben Atlan und Razamon, denen sich inzwischen drei Gefährten angeschlossen haben, das Zentrum der Dunklen Region erreicht und den harten Kampf um das Goldene Vlies siegreich bestanden.

Anschließend machen sich unsere Helden auf den Weg in Richtung FESTUNG, um die entscheidende Konfrontation mit dem mysteriösen Herren von Pthor zu suchen.

Doch bevor es dazu kommt, türmt sich ein neues Hindernis vor Atlan und seinen Gefährten auf. Es ist der FLUSS DER GEFAHREN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Arkonide ist auf dem Weg zur FESTUNG.

Razamon, Koy, Kolphyr und Fenrir – Atlans Gefährten.

Pärtel – Ein Fußpirat.

Schoßta – Ein Techno aus Donkmoon.

1.

 

Die Nacht war vorüber.

Obwohl wir alle nach den Ereignissen im Emmorko-Tal todmüde gewesen waren, hatten wir nur wenig Schlaf gefunden. Das dunkelrote Glühen hatte uns beunruhigt, das wie ein unheildrohendes Fanal über dem südlichen Horizont hing. Dass es die absolute Finsternis, die über dem Bereich der Dunklen Region lag, zu durchdringen vermochte, zeugte von ungewöhnlichen Geschehnissen, die sich in der Nähe der FESTUNG abspielen mussten.

War wirklich Ragnarök gekommen, die Stunde der Götterdämmerung, wie in der altgermanischen Sage?

Wir hatten dar über spekuliert, waren aber naturgemäß nicht zu einem brauchbaren Ergebnis gekommen. Zu dürftig waren die wenigen Fakten, die wir kannten, und Razamons Erinnerungsvermögen war nach wie vor zu einem großen Teil blockiert.

Auch Koy der Trommler war uns in dieser Hinsicht keine Hilfe, denn er hatte bisher von Pthor nur seinen unmittelbaren Lebensbereich gekannt. Die Gegend, in der wir uns jetzt befanden, war ihm ebenso fremd wie uns anderen auch. Er hatte zwar früher den Herren der FESTUNG gedient, aber nie Informationen erhalten, die Dinge betrafen, die ihn nicht direkt angingen.

Von Kolphyr hatten wir erst recht nicht viel zu erwarten. Das Antimateriewesen aus einer Zwischendimension hatte erst in den letzten Tagen so viel Pthora gelernt, dass eine brauchbare Verständigung mit ihm möglich geworden war. Seine vollkommen fremdartige Mentalität brachte es mit sich, dass er viele Dinge in gänzlich anderem Licht sah als wir. Ich vermutete zuweilen, dass er gar nicht voll begriff, was hier um ihn herum vorging.

Wir mussten uns also weitgehend auf uns selbst verlassen, Razamon und ich. Fenrir nicht zu vergessen, den riesigen Wolf, der uns nach wie vor ein treuer und brauchbarer Begleiter war.

Er war es auch, der leise zu heulen begann, als endlich die Sonne wieder aufging und das Dunkel hinwegfegte. Dadurch wurden wir geweckt, erhoben uns und streckten die steif gewordenen Glieder. Razamon sah nach Süden, aber von dem roten Glühen war nun nichts mehr zu sehen.

»Wir müssen weiter!«, drängte er sofort. Ich nickte.

»Natürlich, Freund. Nur ein paar Minuten für eine notdürftige Morgentoilette, dann brechen wir auf. Essen können wir während der Fahrt, so dass uns dadurch keine Zeit verlorengeht.«

Wenig später bestiegen wir den Pelchwagen, der dem bösartigen Zwerg Blodgahn gehört hätte. Seine Bemühungen, uns in dem uralten Gebäude in der Senke umzubringen, waren gescheitert, jetzt war er selbst tot. Wir hatten sein Gefährt am Talausgang entdeckt, und Razamon hatte sich mit seiner Steuerung vertraut gemacht. Somit besaßen wir nun ein gutes und geländegängiges Transportmittel, das uns viele Stunden mühsamen Fußmarsches ersparen würde.

Der Pthorer brachte den Antrieb des Wagens in Gang, und wir rollten den Abhang des Hügels hinunter, auf dem wir die Nacht verbracht hatten. Die Landschaft war leicht gewellt, aber nur mit niedrigem Pflanzenwuchs bestanden, so dass wir zügig vorankamen. Ein leichter Wind wehte uns entgegen und brachte einen Hauch von Feuchtigkeit mit sich.

»Wir müssen jetzt bald das Mündungsgebiet des Flusses Xamyhr erreichen, Atlan«, sagte Koy mit seiner sonoren Stimme. »Er teilt sich vor der Küste und bildet ein großes Delta, seine Umgebung ist zum Teil versumpft. Es dürfte gut sein, nicht zu nahe an ihn heranzufahren, damit der Wagen nicht steckenbleibt.«

»Ich werde schon aufpassen«, gab Razamon an meiner Stelle zurück. Er fuhr, so schnell es ging, sein düsteres Gesicht wirkte noch strenger als sonst. Dass ihn der Hass gegen die Herren der FESTUNG vorantrieb, denen er seine zehntausendjährige Verbannung auf die Erde zu verdanken hatte, war kein Geheimnis. Er brannte darauf, mit ihnen abzurechnen, mit jenen geheimnisvollen Wesen, die kaum jemand auf Pthor kannte.

»Was hast du, Grauer?«, fragte ich später, als Fenrir plötzlich scheinbar grundlos zu winseln begann.

Er machte Anstalten, durch die zerrissene Deckenplane des Pelchwagens ins Freie zu springen, was ihm bei unserer Geschwindigkeit schlecht bekommen wäre. Das hatte auch Kolphyr erkannt, der sich neben ihm befand. Er streckte seine mächtigen Arme aus und hielt den Fenriswolf zurück. Das große und kluge Tier bäumte sich auf und winselte weiter, aber wir achteten nicht darauf.

Wir wollten so schnell wie möglich vorankommen – und erreichten damit genau das Gegenteil!

Der Fluss war nun schon ganz nahe, wir fuhren am Rand des ihn umgebenden Dschungels entlang. Das Gelände war hier eben, nur mit Buschwerk und hohem Riedgras bewachsen. Plötzlich begann es unter uns zu platschen, die Räder des Pelchwagens wirbelten hohe Wasserfontänen auf. Alarmiert riss Razamon das Steuer herum und versuchte, zur Seite hin auszuweichen, aber es war bereits zu spät.

Blodgahns Gefährt war ein Landfahrzeug und nicht schwimmfähig. Zwar waren die sechzehn breiten Reifen sehr geländegängig, so dass man auch in sumpfiger Gegend mit dem Wagen gut vorankommen konnte. Hier begann jedoch ein Sumpf, der nur mit einer dünnen, trügerischen Gründecke überzogen war. Unter ihr befand sich eine schwabbelige schwarze Masse aus abgestorbenen Pflanzenteilen, in der die Räder einfach nicht mehr greifen konnten. Sie drehten wie rasend durch, brachten uns aber keinen Meter mehr von der Stelle.

Während Gras, Wasser und Morast von ihnen hochgeschleudert wurden, sackte das Vorderteil des Wagens weg wie ein Stein!

»Wir müssen hier raus, sonst versinken wir mitsamt dem Gefährt!«, brüllte ich den anderen zu. »Stell den Antrieb ab, Razamon, er nützt uns nichts mehr, die Räder wühlen sich nur noch tiefer in den Sumpf.«

Der Pthorer gehorchte.

Die platschenden und schmatzenden Geräusche verstummten, der Regen stinkender dunkler Brühe versiegte. Razamon verließ die Fahrerkabine und kam eilig nach hinten. Dort bemühten wir uns bereits, die Risse in der Plane zu erweitern, um durch sie auf die Oberfläche des Wagens zu gelangen. Er versank nun mit beängstigender Geschwindigkeit, und die gurgelnden Laute unter uns trieben uns zu größter Eile an.

Fenrir winselte und jaulte laut, stieß sich ab und sprang mit einem mächtigen Satz ins Freie. Jetzt bedauerte ich, das Verhalten des klugen Tieres nicht richtig gedeutet zu haben, obwohl gerade seine Reaktionen uns oft genug vor unbekannten Gefahren gewarnt hatten.

Hinterher ist man bekanntlich immer klüger, spöttelte mein Extrasinn.

Ich ignorierte diesen Einwurf, denn ich hatte genug mit mir selbst zu tun. Koy war als erster auf die Oberseite der Plane gelangt und kroch darauf auf das hintere Ende des Wagens zu. Razamon folgte als nächster, aber Kolphyr hatte beträchtliche Schwierigkeiten. Sein riesiger und massiger Körper in dem grünlichen Velst-Schleier war einfach zu schwer, um von der Plane getragen werden zu können. Ich versuchte, ihm zu helfen, aber vergebens. Das Gewebe riss unter seinem Gewicht, und er glitt ab, um kopfüber im Sumpf zu landen, in dem er sofort wie ein Stein versank.

Fast wäre ich ihm gefolgt. Gerade im letzten Moment konnte ich mich noch an eine Stütze klammern, zog mich daran hoch und schwang mich auf die Plane. Sie beulte sich unter dem Gewicht unserer drei Körper tief ein, aber sie hielt. Rasch bewegte ich mich auf ihr Ende zu, während die Fahrerkabine des Pelchwagens bereits zur Hälfte im Sumpf verschwunden war. Das hintere Teil des Fahrzeugs sank langsamer, aber für unseren Geschmack trotzdem viel zu schnell.

»Schlechte Aussichten, Freunde!«, knurrte der Pthorer. »Der Schwung der Fahrt hat den Wagen noch soweit in den Morast getragen, dass sich zwischen uns und dem festen Boden mindestens zehn Meter befinden. Wie wir die überwinden sollen, ohne zu versinken, ist mir schleierhaft. An ein Schwimmen in dieser Masse ist wohl auch beim besten Willen nicht zu denken.«

Fenrir schien jedoch das Gegenteil zu beweisen.

Sein Sprung hatte ihn etwa fünf Meter von dem Wagen weggebracht. Er war zwar im ersten Moment versunken, hatte sich jedoch durch schnelle Bewegungen seiner mächtigen Beine wieder nach oben gekämpft. Von ihm war aber keine Hilfe zu erwarten, ihn regierte jetzt allein sein tierischer Instinkt. Laut platschend bewegte sich sein Körper von uns weg, auf den festen Boden zu. Er kam nur langsam vorwärts, dafür aber stetig, seine Rettung war bereits so gut wie sicher.

Doch wo war Kolphyr geblieben?

Ich sah heftige Bewegungen an der Stelle, wo er verschwunden war, gab ihm jedoch kaum eine Chance. Seine etwa zweihundertfünfzig Kilo waren im vollen Sinn dieses Wortes ein gewichtiges Handikap für ihn. Lange konnte ich mich jedoch nicht damit aufhalten, mir Gedanken über ihn zu machen. Der Wagen sank nun immer schneller, die dunkle Brühe kroch mit beängstigendem Tempo zu unseren Füßen empor.

»Ich versuche es!«, sagte Koy, stieß sich ab und sprang.

Razamon und ich zögerten dagegen noch.

Wir waren beide relativ unsterblich, ich durch den Zellaktivator in meiner Brust, er durch den »Zeitklumpen« an seinem Bein. Das konnte uns jedoch nicht davor bewahren, denselben Tod durch äußere Einflüsse zu sterben, wie alle anderen Lebewesen auch! Beide hatten wir nun mehr als zehntausend Jahre gelebt – sollten wir jetzt hier im Morast elend zugrunde gehen ...?

Alles in mir sträubte sich gegen diesen Gedanken.

Es war aber keine Todesfurcht, die mich bewegte. Dafür hatte ich dem Tod in seinen vielfältigen Erscheinungsformen zu oft ins Auge gesehen. Mir widerstrebte es nur, zu sterben, ehe wir unser Ziel erreicht hatten, die Macht der Herren der FESTUNG zu brechen.

Razamon und ich, wir wären vermutlich die einzigen, denen es gelingen konnte, die Erde vor der Vernichtung durch den »Dimensionsfahrstuhl« Pthor zu bewahren. Ragnarök schien zwar kurz bevorzustehen, aber es war nicht sicher, ob dieses Ereignis wirklich das Ende der FESTUNG herbeiführen würde. Ihre technischen und sonstigen Hilfsmittel mussten beträchtlich sein. Blieb sie weiter erhalten, befanden sich Terra und die sieben Milliarden Einwohner weiter in höchster Gefahr!

Das Ende meiner Überlegungen war gekommen, als die morastige Brühe begann, meine Füße zu umspülen.

Nur kleine Teile der Plane und die aus ihr herausragenden Stützen befanden sich jetzt noch über der Oberfläche des Sumpfes, sonst war von dem Pelchwagen nichts mehr zu sehen. Ich erblickte Fenrir, dem es inzwischen gelungen war, sich aufs feste Land zu retten. Er schüttelte sich, um sein Fell zu säubern, sah zu uns herüber und winselte klagend. Einige Meter vor uns befand sich Koy im Kampf mit dem tückischen Sumpf. Er machte verzweifelte Schwimmbewegungen, kam aber kaum voran, und sein Kopf verschwand immer wieder unter Riedgras und Sumpfwasser. Das zeigte uns deutlich, was uns ebenfalls erwartete, wenn wir ihm folgten.

Spring endlich, du Narr!, sagte mein Extrasinn gefühllos, wie immer. Ich nickte Razamon zu, und dann stürzten wir uns zugleich in den Sumpf.

 

*

 

Keuchend und prustend kam ich wieder hoch, spie die stinkende Brühe aus, die mir in Mund und Nase gedrungen war, und schnappte nach Luft. Meine Arme und Beine machten automatisch Schwimmbewegungen, doch sie hatten gegen einen erheblichen Widerstand anzukämpfen. Morast und Gras bildeten eine zähe Masse, die jede Bewegung um ein Vielfaches erschwerte, aber nicht dicht genug war, um meinen Körper zu tragen. Neben mir war Razamon dabei, den gleichen Kampf gegen den Sog nach unten zu führen.

Dann aber, von einer Sekunde zur anderen, änderte sich alles für mich.

Das Goldene Vlies mit dem Beinamen Anzug der Vernichtung bewies seine besonderen Gaben. Es schien um mich herum eine Zone zu schaffen, die alle widerwärtigen Gegebenheiten einfach neutralisierte! Sein Einfluss ähnelte dem eines Individualschutzschirms, machte mich aber zugleich fast schwerelos.

Nun hatte ich keine Mühe mehr, mich an der Oberfläche des Sumpfes zu halten. Auch die Schwimmbewegungen fielen mir erheblich leichter; ich kraulte auf Razamon zu, umfasste ihn mit der Rechten und zog ihn mit mir. Ich hob meinen Kopf und sah mich nach Koy um. Er behauptete sich noch, ich sah die Broins an seinem Kopf für Augenblicke zwischen Riedgrasbüscheln auftauchen. Nur für das Leben Kolphyrs gab ich nichts mehr.

Im nächsten Moment merkte ich jedoch, dass ich mich getäuscht hatte. Einige Meter weiter seitlich gab es eine heftige Bewegung, dann geriet der Kopf des Antimateriewesens in mein Blickfeld.

»Ich habe festen Grund unter meinen Füßen, Atlan«, verkündete der Bera, und sein nicht eben kleiner Mund zog sich grinsend noch mehr in die Breite. »Bringe du Razamon in Sicherheit, ich kümmere mich schon um Koy.«

Ich atmete auf, als ich dann sah, wie er sich zielstrebig auf den Trommler zubewegte, dessen Schwimmbewegungen bereits zu ersterben drohten. Seine mächtigen Arme reckten sich empor, umfassten Koy und stemmten ihn aus dem Sumpf heraus. Er trug ihn wie eine Trophäe vor sich her, und wenig später hatten wir alle das rettende Land wieder erreicht.

Wir brauchten geraume Zeit, um uns zu säubern. Dann streckten wir uns mit einem grenzenlosen Gefühl der Erleichterung aus, um uns auszuruhen und von der Sonne trocknen zu lassen. Der Pelchwagen war inzwischen ganz versunken, nur die Spitzen der Planenstützen ragten noch aus dem Sumpf hervor.

»Wir sind noch einmal davongekommen«, sagte Razamon schließlich und sah mich aus seinen unergründlichen Augen an. »Allerdings bedeutet der Verlust des Wagens einen erheblichen Rückschlag für unsere Pläne. Bis zur FESTUNG haben wir noch eine erhebliche Strecke zurückzulegen, für die wir nun wieder nur auf unsere Füße angewiesen sind. Hoffentlich kommen wir nicht zu spät dorthin!«

Ich zuckte resigniert mit den Schultern.

»Genaugenommen hat unser ganzer Irrweg auf Pthor eigentlich nur aus Schwierigkeiten bestanden, Freund. So gesehen, wäre es einem Stilbruch gleichgekommen, wenn es diesmal glatt gegangen wäre. Natürlich geben wir trotz dieses erneuten Pechs nicht auf. Es bahnen sich außergewöhnliche Ereignisse an, das hat uns das nächtliche Leuchten gezeigt, das selbst die Finsternis der Dunklen Region überstrahlte. Marschieren wir also weiter, sobald es geht.«

»Von mir aus sofort«, sagte Koy, und seine Broins gerieten unwillkürlich in Bewegung. »Ich brenne darauf, meinen Teil dazu beizutragen, die bösen Mächte auszuschalten, die Pthor seit undenklichen Zeiten beherrschen, Atlan.«

»Ich nicht weniger«, stimmte Kolphyr ihm zu, und seine Augen schienen noch weiter hervorzutreten als sonst. »Sie tragen die Schuld daran, dass ich aus meinem Dasein auf Grulpfer gerissen wurde und in dieser fremden Umgebung verkümmern muss, statt mich der Erforschung neuer und interessanter Dimensionen widmen zu können. Sie haben eine große und nicht weniger schlimme Strafe verdient, die Herren der FESTUNG. Glaubt mir, ich bin ein ruhiges und friedliches Wesen ...«

»Wir wissen es längst, du Breitmaulfrosch«, unterbrach ihn Razamon in gutmütigem Spott. »Wir sind uns also alle einig, und halbwegs trocken sind wir auch bereits. Brechen wir auf, Lordadmiral?«

Ich nickte kurz.

»Mit der nötigen Vorsicht allerdings, damit wir nicht noch einmal in einen Sumpf geraten. Einige Umwege werden uns wohl kaum erspart bleiben, außerdem müssen wir vermutlich diesen oder jenen Mündungsarm des Xamyhr überqueren. Schlimmer als eben dürfte es jedoch kaum noch werden, wenn wir gebührend aufpassen.«

Zehn Minuten später waren wir bereits wieder unterwegs.

Es wurde ein mühsamer und beschwerlicher Weg, denn je weiter wir nach Süden kamen, um so unpassierbarer wurde das Gelände. Es gab nur schmale Streifen festen Bodens, alles andere war mehr oder weniger tiefer Sumpf. Wir mussten uns vorsichtig bewegen und jeden Quadratmeter zuerst mit Stöcken abtasten, ehe wir ihn betraten. Trotzdem gerieten Razamon und Koy einmal in ein Sumpfloch, in dem sie augenblicklich bis zu den Knien einsanken. Nur die rasche Reaktion Kolphyrs, der sie mit seinen starken Armen wieder herauszog, verhinderte Schlimmeres.

Die Sonne stieg höher, brachte das Wasser zum Verdunsten und erzeugte so eine dumpfe, lastende Schwüle. Scharen von stechwütigen, blutsaugenden Insekten schwärmten aus Gras und Büschen und fielen über uns her. Bald waren alle zerstochen, bis auf den Bera und mich. Kolphyr schützte der Velst-Schleier, mich das Goldene Vlies, das zugleich einen gewissen Kühlungseffekt bewirkte, so dass ich auch weit weniger schwitzte als die anderen.