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Band 800-850 – Im Auftrag der Kosmokraten – Teil 3

 

EVOLO, die geheimnisvolle Gefahr, vor der sich selbst die mächtigen Kosmokraten fürchten, erreicht die letzte Stufe einer erschreckenden Metamorphose – und Atlan erkennt die wahren Absichten seiner Gegner. Er nimmt den Kampf gegen die Schwarzen Sternenbrüder auf. Diese furchterregenden kosmischen Entitäten haben den Herren hinter den Materiequellen den Krieg erklärt.

Die Lage eskaliert – dem Arkoniden bleibt schließlich keine andere Wahl, als zum finalen Mittel zu greifen, um die Vernichtung seiner Auftraggeber zu verhindern. Dieses Mittel gefährdet womöglich nicht nur seine eigene Existenz, sondern den Bestand des gesamten Universums: Atlan erzeugt ein Zeitparadoxon – und riskiert damit das ultimate Chaos!

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Nr. 800

 

Die Zeitfestung

 

Überraschung im Intern-Kosmos

 

von H. G. Ewers

 

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Vom Planeten Cirgro ausgehend, hat sich in den Tagen des August 3820 die große Wende für Manam-Turu angebahnt. Die psionischen Kräfte der großen Galaxis, allen voran die der Krelquotten, sammelten sich unter der Ägide von Dschadda-Moi. Die Vereinigung trat ein, nachdem sich »Links«, also Bindeglieder, herausbildeten.

Anima und Atlan wirkten bei diesem großen Werk mit. Der Arkonide wurde dabei zum Steuer-Link – und Pzankur, eines von EVOLOS Psionischen Paketen, das mit allen Mitteln den Erfolg des »psionischen Komplotts« verhindern wollte, hatte letztlich doch keine Chance.

Pzankur vergeht, und die psionische Vereinigung vollzieht sich auf dem Planeten Barquass. Ein Wesen gleichen Namens entsteht, das die Geschicke der Völker Manam-Turus zum allgemeinen Wohl zu beeinflussen und zu leiten bereit ist.

Atlan, Anima und nicht zu vergessen Chipol, der junge Daila, die zu Vorkämpfern dieser positiven Entwicklung wurden, können sich somit neuen Zielen zuwenden.

Goman-Largo und Neithadl-Off, die beiden so ungleichen Zeitspezialisten, haben noch ihr ursprüngliches Ziel im Auge (oder in den Sensorstäbchen) zu behalten. Denn sie suchen nach wie vor DIE ZEITFESTUNG ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Goman-Largo – Der Modulmann in der Zeitfestung.

Neithadl-Off – Goman-Largos Gefährtin.

Errenos – Gildenmeister der Meisterdiebe von Saltic.

Dartfur – Die Verlorene Seele findet heim.

Raanak – Herr einer Werftplattform.

1.

Die Parazeit-Historikerin

 

Bevor sie das Bewusstsein verlor, hatte sie Finsternis und Kälte empfunden. Jetzt, als sie aus tiefer Ohnmacht erwachte, wurden ihre Sinne von greller Helligkeit gepeinigt – und ihr wäre heiß geworden, wäre sie eine Hominidin gewesen.

Eine Vigpanderin reagierte anders auf die Konfrontation mit Tod und Vernichtung. Ihr wurde knisterkalt.

Außerdem zitterte sie am ganzen Mattenkörper. Das war allerdings nicht die Reaktion auf die Kälte, die sie empfand, sondern eine Begleiterscheinung ihres Erwachens aus tiefer Bewusstlosigkeit, die der Aufheizung ihrer physischen Funktionen und der Bekämpfung der Lethargie diente, die jedes Mal nach totaler geistiger Abwesenheit auftrat.

Trotz der nur langsam weichenden Lethargie nahmen Neithadl-Offs Sensorstäbchen alles, was um sie herum geschah, mit höchster Genauigkeit wahr.

So sah sie auf der fugenlosen Bildfläche der Panoramagalerie, dass die STERNENSPRINGER sich nicht mehr im Orbit um Goowand befand, sondern in einer Art riesiger Halle schwebte, in der sich zahllose ultrahelle Energiebahnen kreuzten.

Sie sah auch Dartfur, den Unheimlichen, der mit steif aufgerichtetem Oberkörper im Sessel des Piloten saß, die sechsfingrigen Hände nach den Kontrollen ausgestreckt hatte und seine Fingerspitzen gespenstisch schnell über Sensorpunkte und -leisten huschen ließ.

Der schwarzhäutige Roboter mit dem organisch entstandenen Bewusstsein hatte auf die veränderte Lage ohne Schrecksekunde reagiert, so dass das Schiff sich in seine Schutzschirme gehüllt hatte, bevor das Strahlengewitter losbrach.

Doch so stark die Schutzschirme auch waren, gegen die Kraft und Beständigkeit des Beschusses vermochten sie auf die Dauer nicht zu schützen. Es dauerte höchstens eine halbe Minute, bis die Energieschirme sich jählings aufblähten und dann unter heftigsten Entladungen in sich zusammenbrachen.

Imaginäre Riesenfäuste hämmerten genau in dem Augenblick auf die STERNENSPRINGER ein, als der Saltic Errenos mit einem schrillen Schrei aufsprang, nachdem er mit einem Schlag auf das Sammelschloss seine Sicherheitsgurte gelöst hatte. Der Meisterdieb wurde quer durch die Hauptzentrale katapultiert und schlug krachend in einen – glücklicherweise freien – Sessel ein.

»Ultramonotisch!«, fluchte Goman-Largo unbeherrscht.

Der Zorn über den Gebrauch dieses Kunstworts befreite die Parazeit-Historikerin endgültig aus der Lethargie. Sie stieß einen schrillen Pfiff aus und holte ihr Multifunktionsarmband, das von dem Arkoniden Atlan bei einer früheren Begegnung einmal mit einer Mundharmonika verglichen worden war, aus dem Futteral, hielt es mit den mehrfach geknickten Vordergliedmaßen vor ihre schmale Mundleiste und bewegte es hin und her, während sie mit ihrer hohen, pfeifenden Stimme ihre letzten Worte sprach.

Wie es sich für eine Vigpanderin im Angesicht des Todes gehörte.

Sie hielt für die Nachwelt fest, dass ein Absolvent der Zeitschule von Rhuf namens Corloque ihren Modulmann und sie durch einen Memowürfel darüber informiert hatte, dass, wer die Zeitfestung des Ordens der Zeitchirurgen suche, in die Zeitgruft auf dem Planeten Goowand gehen müsse – und zwar mit Hilfe des Raumschiffs STERNENSPRINGER.

Neithadl-Off hielt auch fest, dass ihre Gefährten und sie die STERNENSPRINGER auf der Oberfläche des Planeten Rawani gefunden hatten, wenn auch in einem unglaublich verwahrlostem Zustand – und dass Dartfur, die Verlorene Seele, wie er sich selbst zu nennen pflegte, sich aus irgendwelchem Schiffsmaterial sein Schlafendes Arsenal neu schuf und mit ihm das Schiff so gründlich überholte, dass es einem fabrikneuem glich.

Die Parazeit-Historikerin vergaß auch nicht zu erwähnen, dass Dartfur anhand der Koordinaten aus dem Memowürfel den Autopiloten der STERNENSPRINGER mit drei Sextadimetappen programmierte und dafür sorgte, dass das Schiff sicher zu dem viele tausend Lichtjahre entfernten Planeten Goowand gelangte.

Sie kam auch noch dazu, den Schreck zu erwähnen, der sie erfasst hatte, als eine finstere Macht im Orbit um Goowand zuschlug und Eiseskälte und Dunkelheit über ihr Bewusstsein stülpte, dann war das Krachen der Treffer, die in die STERNENSPRINGER schlugen und das Pfeifen und Heulen der Warnsirenen in der Zentrale so laut geworden, dass sie ihre eigenen Worte nicht mehr verstand und frustriert ihren Bericht abbrach.

 

*

 

Sekunden später wurde es still.

Neithadl-Off streckte ihre knallroten Sensorstäbchen, die sie in Erwartung des Todes bis auf eines ganz eingefahren hatte, weit heraus und sondierte die Lage.

Auf der Panoramagalerie war zu sehen, dass die STERNENSPRINGER langsam auf den anthrazitfarbenen Boden der Halle sank und dass der Strahlwaffenbeschuss aufgehört hatte. Das Licht in der Halle kam jetzt nur noch von einer weiß leuchtenden, nach außen gewölbten Decke und unstet flackernden farblosen Energievorhängen, die schätzungsweise drei Kilometer weit auseinander lagen.

»Sind wir tot?«, stammelte Errenos, während er sich aus dem Sessel aufrappelte, in den er geschossgleich geschlagen war.

»Zumindest dein Mundwerk lebt noch«, erklärte die Vigpanderin spitz, die den Schreck schnell überwunden hatte. »Und wir scheinen auch diesen Zwischenfall heil überstanden zu haben, wenn mich meine Sensorstäbchen nicht trügen.«

»Heil, aber wehrlos«, stellte Dartfur monoton fest. »Alle Schutzschirmprojektoren sind ausgebrannt, alle Antriebssysteme sind ausgefallen und die Kontroll- und Steuerverbindung zum Hauptausleger mit der Hangarkugel ist unterbrochen.«

»Dann musst du eben dein Schlafendes Arsenal zur Reparatur einsetzen!«, pfiff die Parazeit-Historikerin ihn an.

»Dartfur kann nicht einsetzen, was er nicht mehr besitzt«, entgegnete der schwarzhäutige Roboter, der von sich zumeist in der dritten Person sprach. »Der fremde Beschuss löste das Schlafende Arsenal auf, und andere Einwirkungen deponierten an vielen Stellen im Schiff Energiewabenzellen, die jede Erneuerung des Schlafenden Arsenals verhindern.«

»Ultramono ...«, fing Goman-Largo an.

Neithadl-Off unterbrach ihn ziemlich grob mit einer Serie von Pfiffen, die alles übertönten, was der Modulmann akustisch von sich zu geben vermochte.

»Ich kann und will dieses irrsinnige Wort nicht mehr hören!«, gab sie ihm anschließend zu verstehen. »Es regt mich immer maßlos auf, weil es überhaupt keinen sprachgeschichtlichen Hintergrund besitzt, sondern eine willkürliche Wortschöpfung ist.«

»Woher willst du das denn wissen!«, gab der Modulmann verärgert zurück.

»Woher, woher!«, äffte die Vigpanderin ihn nach. »Ich war am Hof von König Gniggo Chefsemantikerin und habe als solche eine neue Semasiologie entwickelt.«

»Entschuldigt die Unterbrechung!«, mischte sich Dartfur ein. »Aber Dartfur hält euren pseudoakademischen Schlagabtausch angesichts der bedrohlichen Annäherung robotischer Maschinen für wenig geeignet.«

»Pseudoakademischen Schlagabtausch!«, entrüstete sich Neithadl-Off. »Das muss sich eine universell anerkannte Wissenschaftlerin wie ich nicht von einem dahergelaufenen Monteur sagen lassen!«

»Neithadl-Off!«, sagte Goman-Largo verweisend. »Sieh dir die Panoramagalerie an, dann vergeht dir die Lust am Streit!«

»Oh!«, pfiff die Vigpanderin, denn in diesem Moment hatte sie von sich aus die Panoramagalerie gemustert, und was sie darauf entdeckte, verschlug sogar ihr die Sprache.

Von allen Seiten zugleich schwebten unterschiedlich geformte robotische Konstruktionen auf die STERNENSPRINGER zu. Im Vergleich zu dem mehr als kilometerlangen, über 500 Meter hohen und an der Hecksektion rund 800 Meter breiten Schiff waren sie zwar winzig, aber ihre rasche Fortbewegung zeigte, dass sie hochaktiv waren, während das Schiff tot war, was seine wichtigsten Funktionen anging.

»Was haben die denn vor?«, pfiff Neithadl-Off, nachdem sie ihre Sprache wiedergefunden hatte.

»Vielleicht wollen sie das Schiff demontieren«, meinte Goman-Largo.

»Reparieren«, korrigierte Dartfur ihn. »Die Ortungssysteme arbeiten noch, deshalb erkennt Dartfur an den fremden Robotern Reparaturschaltsysteme, wenn auch keine perfekten, sowie Waffensysteme.«

»Wozu brauchen sie Waffensysteme, wenn sie das Schiff reparieren wollen?«, zeterte die Parazeit-Historikerin.

»Um dafür zu sorgen, dass wir nicht mehr von der Reparatur des Schiffes profitieren«, gab Goman-Largo zurück.

»Dartfur nimmt an, dass sie das Schiff desinfizieren, während sie die beschädigten Systeme instand setzen«, erklärte der Roboter.

»Desinfizieren!«, echote Errenos erschrocken. »Das klingt ja, als würden wir wie Ungeziefer eingestuft.«

»Zumindest werden wir so behandelt«, sagte Dartfur. »Wir sind anscheinend irgendwo materialisiert, wo Fremde absolut unwillkommen sind.«

»Wir müssen verhandeln!«, rief Neithadl-Off.

»Mit wem?«, fragte Goman-Largo. »Etwa mit den Robotern? Ich bezweifle, dass sie ›beseelt‹ sind wie unser Dartfur.«

»Sie haben keine Seele und keinen Egosektor«, stellte Dartfur fest. »Deshalb können sie nicht mit Märchen beeindruckt werden.«

»Mit Märchen!«, entrüstete sich die Vigpanderin. »Wenn du damit etwa meine wahren Kunstgeschichten meinst, dann ...«

»Schluss damit!«, fuhr der Modulmann sie grob an. »Die ersten Roboter sind beim Schiff angekommen und dringen ein. Es wird höchste Zeit für uns, Maßnahmen zur Verteidigung zu ergreifen. Dartfur, lässt sich die Hauptzentrale in einen Schutzschirm hüllen?«

»Entsprechende Schaltungen sind vorhanden, aber sie funktionieren nicht«, gab der Roboter zurück. »Dartfur hält es außerdem nicht für ratsam, sich irgendwo zu verschanzen. Wir würden uns dadurch selber in eine Falle ohne Ausweg begeben. Dartfur rät statt dessen, aus dem Schiff auszubrechen.«

»Das klingt nicht schlecht«, erwiderte Goman-Largo. »Aber wohin sollen wir danach flüchten? Wir haben keine Ahnung, wo wir materialisiert sind, ob in einer Anlage auf einem Planeten, in einer Raumstation oder in einer Zeitgruft. Jede Fluchtrichtung kann in eine Sackgasse führen.«

»Das ist ein unvermeidbares Risiko«, erwiderte Dartfur so undeutlich, als beschäftigte ihn eigentlich etwas ganz anderes. »Die Wahrscheinlichkeit, dadurch unsere verlorenen Seelen zu retten, ist aber immer noch ein wenig größer, als wenn wir im Schiff blieben.«

»Also dann!«, sagte Goman-Largo und zog seinen Quintadimwerfer aus der Gürtelhalfter. »Versuchen wir, uns durchzubeißen!«

2.

Der Modulmann

 

Spätestens seit einer halben Minute war ihm endgültig klar geworden, dass die robotischen Angreifer kompromisslos auf die Vernichtung aller unbefugten Eindringlinge programmiert waren. Da hatten nämlich drei von ihnen das Feuer aus Strahlwaffen auf ihn und seine Gefährten eröffnet.

Das war noch innerhalb der großvolumigen Kommando- und Wohnkugel im ungefähren geometrischen Mittelpunkt der STERNENSPRINGER gewesen. Allerdings hatten die feindlichen Roboter keine große Chance gehabt. Goman-Largo hatte drei seiner Module vorausgeschickt, die in die Positroniken der drei Roboter eingedrungen waren und sie desorientiert hatten. Gleichzeitig hatte Errenos es verstanden, unbemerkt an die Maschinen heranzukommen und ihnen zwei ihrer handlichen Waffen abzunehmen, ohne dass sie es bemerkten.

Der Tigganoi und die Vigpanderin hatten den Robotern danach mit ihren Quintadimwerfern den Rest gegeben.

Jetzt befanden sich die drei Lebewesen und der Roboter mit dem echten Bewusstsein auf dem Weg durch das Ganglabyrinth der Energieversorgungsanlage oberhalb der Kommando- und Wohnkugel. Sie hatten diesen Weg einschlagen müssen, obwohl sie eigentlich nach unten wollten, weil es in den unteren Sektionen des Schiffes bereits von feindlichen Robotern wimmelte. Dartfur konnte das mit seinen fest installierten Ortungssystemen mühelos feststellen.

Er hatte auch festgestellt, dass sich ihnen von vorn abermals drei Roboter näherten.

Goman-Largo lehnte mit der rechten Schulter an einer Wand und beobachtete Dartfur, der auf dem Boden über die nächste Kreuzung kroch. In erster Linie konzentrierte sich der Tigganoi allerdings auf die drei Module, die er wieder vorausgeschickt hatte. Es war geistige Schwerarbeit, gleichzeitig mit mehr als einem Modul zu arbeiten.

Deshalb sah er Dartfur nur undeutlich. Dennoch konnte er nicht umhin, zum wiederholten Mal die Perfektion zu bewundern, mit der dieser Roboter agierte.

Dabei sah er gar nicht aus wie ein Roboter. Er war äußerlich hominid, etwa 1,80 Meter hoch und 1,50 Meter breit und schwarzhäutig. Sein Schädel war rund und kahl, die Augen lagen tief in den Höhlen des flachen Gesichts und funkelten bei bestimmtem Lichteinfall wie perfekt geschliffene Diamanten reinsten Wassers.

Der Modulmann hob die Hand, als er aus den Augenwinkeln sah, dass Neithadl-Off dicht an ihn herangetrippelt war und offenbar zu einer Frage ansetzen wollte.

Die Vigpanderin kannte und verstand diese Geste. Sie erstarrte und blieb stumm. Von Errenos war weder etwas zu sehen noch zu hören. Doch das war nicht verwunderlich. Ein waschechter Meisterdieb konnte sich sowohl vor Lebewesen als auch vor Robotern unsichtbar und unhörbar machen – und Errenos war nicht nur ein Meisterdieb, er war zudem noch Gildenmeister einer der berühmtesten Diebesgilden auf dem Planeten Saltic im System der blauen Riesensonne Ha'hann.

Goman-Largo nahm sekundenlang nichts von seiner unmittelbaren Umgebung wahr, als seine drei Module die nahenden feindlichen Roboter erreichten und er sie so behutsam in sie hineinbugsierte, dass die Roboter es nicht bemerkten.

Während sie ihre »zersetzende« Tätigkeit aufnahmen und nur noch loser Kontrolle bedurften, richtete der Tigganoi seine Aufmerksamkeit wieder auf die unmittelbare Umgebung.

Er sah, dass Dartfur soeben in eine Abzweigung kroch, geschmeidig wie ein echtes organisches Lebewesen, worauf eigentlich auch seine enganliegende, goldrot schimmernde Kombination aus einem Material hindeutete, das uraltem Echsenleder glich. Dennoch wusste Goman-Largo eindeutig, dass Dartfurs Körper robotischer Natur war. Die dramatischen Ereignisse auf Tobly-Skan hatten daran keinen Zweifel gelassen.

Irgendwie ahnte Goman-Largo, dass sie mit der Verlorenen Seele noch ihr blaues Wunder erleben würden.

»Dartfur hat sie im Visier«, flüsterte es aus seinem »Knopf im Ohr«, einem Teil seiner Kombinationsfunkanlage.

Es war das Zeichen für ihn, seine Module rasch aus den drei Robotern zurückzuziehen, damit sie nicht gefährdet waren. Kurz nachdem das geschehen war, hörte er die dumpfen »Donnerschläge«, die die drei Roboter zerstörten. Dartfur bediente sich dazu des hochwirksamen Detonators, den Errenos einem anderen Roboter abgenommen und ihm gegeben hatte. Der Saltic hatte sich ebenfalls mit einer solchen Waffe ausgerüstet.

Der Modulmann nahm seine drei Module wieder in sich auf, dann nickte er Neithadl-Off zu und sagte:

»Jetzt darfst du deine Mundleiste benutzen, Prinzessin.«

»Zu spät«, erwiderte die Vigpanderin. »Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich sagen wollte.«

»Das gibt es doch gar nicht«, wunderte sich der Tigganoi.

Er wollte noch mehr sagen, kam aber nicht dazu, weil Dartfur plötzlich aus dem Seitengang herausstürzte und rief:

»Schnell fort von hier, los! Mindestens zwanzig Roboter nähern sich aus drei Richtungen unserer Position. Sie müssen uns geortet haben.«

Er deutete mit ausgestrecktem Arm auf die Öffnung eines Nottreppenschachts neben einem der nicht mehr funktionierenden Antigravlifts.

»Noch höher?«, fragte Goman-Largo zweifelnd. »Dann haben wir uns bald in eine ausweglose Position manövriert.«

»Aber ganz oben und hinten ist der Hauptausleger mit der Hangarkugel«, wandte Neithadl-Off ein. »Wir könnten mit einem der Beiboote ...«

»Dagegen haben die Roboter vorgesorgt«, erklärte Dartfur. »Diese Sektion ist energetisch absolut tot. Dennoch müssen wir vorerst diese Richtung einschlagen, denn alle anderen Wege sind uns versperrt – und wenn wir uns einen Weg gegen eine Gruppe freikämpften, würden die anderen Gruppen uns einholen.«

Plötzlich wurde bei einer nach links führenden Abzweigung Errenos sichtbar und winkte.

»Ein Weg ist freigekämpft!«, rief er triumphierend. »Ich habe vier Roboter desaktiviert.«

»Tatsächlich!«, sagte Dartfur. »Wir müssen nicht nach oben, sondern können schräg nach links gehen, dann kommen wir ins Solarium – und wenn wir großes Glück haben, können wir uns von dort aus vielleicht zu dem Großraumboot durchschlagen, das bugseitig auf der Hülle vor dem Solarium verankert ist. Dort ortet Dartfur noch genügend Energie.«

»Dann los!«, sagte Goman-Largo entschlossen und lief los. »Aber nicht die Flugaggregate benutzen, sonst können die Roboter uns noch leichter orten!«

Als er bei Errenos angelangt war, wollte er ihm anerkennend auf die Schulter klopfen. Doch da hatte sich der Saltic schon wieder unsichtbar gemacht.

Es ging durch mehrere Korridore, und in einem standen auch die vier robotischen Konstruktionen, die der Saltic desaktiviert hatte. Wenig später stürmte der Modulmann durch ein offenes Großschott und ins Solarium hinein.

Überrascht und bestürzt blieb er nach wenigen Metern stehen, denn er sah nicht das, das er früher auf Monitoren von der Hauptzentrale aus gesehen hatte. Zumindest nicht alles. Die simulierte planetarische Landschaft von einigen hundert Metern Ausdehnung schien noch vorhanden zu sein, aber die beiden simulierten Doppelsonnen, die sie sonst beleuchtet hatten, waren erloschen. Nur eine dürftige Notbeleuchtung warf einen blassen Schein über Sträucher, Bäume, Wiesen und Bachläufe und ließ nur einen Ausschnitt der Landschaft erkennen.

»Hattest du etwas anderes erwartet, Modulmann?«, pfiff die Vigpanderin neben ihm und trippelte weiter. »Ich jedenfalls nicht. Also steh nicht herum wie ein Barbarenkrieger vor einem Hochsicherheitsschott!«

Sie hatten soeben das südliche Ufer des Großen Sees in der westlichen Hälfte des Solariums erreicht und sahen nordöstlich von sich am anderen Ufer die dunklen Konturen der Berge, als Dartfur stehen blieb und verkündete:

»Anflug von mindestens hundert robotischen Konstruktionen senkrecht von oben!«

Goman-Largo blieb ebenfalls stehen und sah, dass auch die Vigpanderin anhielt.

Senkrecht von oben, das konnte nur bedeuten, dass sich die feindlichen Roboter von außerhalb dem Schiff näherten. Zwischen ihnen und dem Solarium aber befand sich nur die Wabenkonstruktion der Schiffshülle mit der Außenhaut. Falls die Roboter dort durchbrachen, waren sie sofort im Solarium.

»Mich finden sie nicht«, sagte die Stimme von Errenos.

Der Modulmann sah sich um und entdeckte nicht weit von sich einen blühenden Strauch, der sich vor wenigen Sekunden noch nicht dort befunden hatte. Da kein richtiger Strauch so schnell wachsen konnte, musste es sich um den Meisterdieb in einer der zahlreichen Gestalten handeln, die jeder Saltic annehmen konnte. Unwillkürlich musste der Tigganoi daran denken, dass das Hauptvolk, von dem der »Nebenast« in der Galaxis Manam-Turu abstammte, Pai'uhn K'asaltic genannt wurde, was soviel wie »die Vielgestaltigen mit den flinken Händen« hieß. Dieser Name galt bei den Saltics von Saltic jedoch als tabu. Goman-Largo hatte ihn dennoch erfahren.

»Du wirst nicht hierbleiben wollen, Strauchdieb«, pfiff Neithadl-Off. »Falls wir uns zum Großraumbeiboot durchschlagen und wegfliegen, würdest du uns niemals wiederfinden.«

»Oh, verdammt!«, entfuhr es dem Strauch, und im nächsten Moment nahm er wieder die hominide Gestalt an, die von Saltics bevorzugt wurde.

»Ihr seid unmöglich!«, schimpfte Dartfur. »Tödliche Bedrohung kreist uns ein und ihr redet und redet. Wir werden kämpfen müssen. Soeben landeten die feindlichen Roboter über uns auf der Schiffshülle. In die Berge! Nur dort finden wir ausreichend Deckung.«

Diesmal schaltete er seinen Gravojet-Antrieb ein und jagte dicht über die Oberfläche des Sees nach Nordosten. Goman-Largo, Neithadl-Off und der Saltic folgten seinem Beispiel.

Sie hatten den See noch nicht überflogen, da glühte über ihnen der »Himmel« an zahlreichen Stellen rot auf. Sekunden später verfärbte sich die Rotglut zu Weißglut, dann bildeten sich mit einem Feuerwerk glühender Metallplastiktropfen viele Löcher in der Schiffshülle. Durch sie sanken robotische Konstruktionen herab und eröffneten sofort das Feuer aus Energiestrahlen und Detonatoren.

Diesmal wusste der Modulmann sofort, dass es sein letzter Kampf sein würde. Die Übermacht war zu groß, als dass sie ihr hätten entkommen können. Links und rechts unter ihm kochte das Wasser, wo Energiestrahlen eingeschlagen waren. Dampf wallte unheimlich schnell hoch. Dazwischen barsten Wassermassen unter der Einwirkung von Detonatorbeschuss.

Der Tigganoi raste im Zickzack weiter, drehte sich dabei auf den Rücken und feuerte mit dem Quintadimwerfer auf die Gegner. Die Handwaffe aus honiggelbem, stahlhartem Material projizierte fünfdimensional orientierte Kugelfelder bis zu einem Meter Durchmesser, die den typischen Entstofflichungscharakter auf Sendung geschalteter Transmitterfelder hatten und optisch als kugelförmige Ballungen schwarzen Wallens und Wogens wahrnehmbar waren.

Neithadl-Off folgte seinem Beispiel. Sie besaß ebenfalls einen Quintadimwerfer. Diese Waffen stammten noch aus dem geheimen Arsenal des Hepathers Krell-Nepethet, der anscheinend ein Angehöriger des Ordens der Zeitchirurgen gewesen war, gegen die Gesetze des Ordens verstoßen hatte und mit einem Time-Shuttle durch Abgründe aus Raum und Zeit ins Reich der Phyloser geflüchtet war und dort die Macht übernommen hatte.

Auch die Vigpanderin konnte perfekt mit ihrer Waffe umgehen, und so mancher feindliche Roboter wurde von einem Quintadimfeld »ohne Rückfahrkarte« in den Hyperraum befördert – und auch Errenos und Dartfur erwiesen sich als kaltblütige und erfolgreiche Kämpfer.

Doch als die Eindringlinge die Berge erreicht hatten und in Deckung gegangen waren, landeten ringsum immer noch mindestens siebzig feindliche Robotkonstruktionen und hielten sie mit Dauerfeuer nieder, während Dartfur meldete, dass er die Annäherung von wenigstens dreihundert weiteren Robotern geortet habe, die aus angrenzenden Schiffssektionen ins Solarium eingedrungen waren und sich zum Angriff formierten.

»Das ist das Ende!«, kommentierte Errenos das Geschehen.

»Das fürchtet Dartfur auch, obwohl er nicht um sich fürchtet«, stellte Dartfur fest.

»Oh, mein Modulmann!«, pfiff Neithadl-Off kläglich. »Ich wollte, ich könnte dich retten. Aber du sollst wenigstens alles erben, was ich hinterlasse.«

»Was kannst du schon hinterlassen außer einem Häufchen Asche!«, erwiderte Goman-Largo in dem vergeblichen Versuch, seine Partnerin aufzuheitern.

»Achtung!«, rief Dartfur. »Die dreihundert Roboter gehen auf Höhe, um uns von dort mit ihrem Feuer erreichen zu können. Sobald sie ihre Position eingenommen haben, leben wir nur noch wenige Sekunden. Vielleicht sollten wir vorher einen Durchbruchsversuch unternehmen, damit wir wenigstens nicht wehrlos abgeschossen werden.«

»Einverstanden!«, sagte Goman-Largo hart.

»Auch einverstanden!«, pfiff Neithadl-Off.

»Dieb aller Diebe, Herr aller Universen, lass ein Wunder geschehen!«, jammerte Errenos.

»Vorwärts!«, schrie der Modulmann, schaltete sein Fluggerät auf maximale Leistung, schaltete den Schutzschirmprojektor höher und raste feuernd auf den Einkreisungsring der siebzig feindlichen Roboter zu, hinter dem eine weitaus größere Anzahl von Robotern nach oben schwebte.

Das war der Tod!

Goman-Largo machte sich auf einen Feuersturm aus Strahlbahnen gefasst, der ihnen entgegentoben würde und dem sie nicht entgehen konnten, weil sie auf jede Deckung verzichtet hatten. Vielleicht würden die Schutzschirme noch einige Sekunden lang halten, aber dann mussten sie zusammenbrechen.

Errenos schrie sich in Ekstase – und auch Neithadl-Off und der Modulmann versuchten, sich die Todesangst aus dem Leib zu schreien. Dabei rasten sie weiter auf den Einkreisungsring der Robotkonstruktionen zu und feuerten, was ihre Waffen hergaben.

Erst, als er die Robotkonstruktionen aus ziemlicher Nähe vor sich sah, wurde es dem Tigganoi bewusst, dass der Gegner das Feuer nicht erwiderte, sondern ganz eingestellt hatte. Widerstandslos zerplatzten die Robotkonstruktionen im Detonatorbeschuss oder wurden von nachtdunkel wallenden Quintadimfeldern in den Hyperraum abgestrahlt.

Da stellte auch Goman-Largo das Feuer ein – und mit kurzer Verzögerung taten es seine Gefährten ihm nach. Es wurde totenstill, während die vier Eindringlinge weiter über die künstliche Planetenlandschaft flogen, den ersten Einkreisungsring durchstießen und nach ein paar hundert Metern unter dem zweiten Einkreisungsring hindurch rasten – abermals, ohne beschossen zu werden.

Mit westlichem Kurs überquerten sie den großen See, das bewaldete Gelände dahinter – und dann entdeckten sie das offene Großschott, hinter dem ein breiter, schnurgerade verlaufender Korridor begann.

»Dort hinein!«, jubelte Errenos. »Wir leben! Der Dieb aller Diebe hat mein Flehen erhört! Ein Wunder ist geschehen! Unsere Feinde sind versteinert worden!«

»Dartfur hat nichts davon bemerkt, dass die Robotkonstruktionen sich in Stein verwandelt hätten«, erwiderte die Verlorene Seele.

»Sie haben mich gesehen und erkannt, dass ich die Prinzessin des Reiches der Tausend Sonnen bin!«, pfiff Neithadl-Off.

»Unsinn!«, gab Goman-Largo zurück. »Dennoch ist es ein Wunder.«

»Oder die sechsdimensionalen Schwingungen hatten damit zu tun«, meinte Dartfur.

»Sechsdimensionale Schwingungen?«, echote der Tigganoi. »Wie meinst du das, du schwarze Seele?«

»Dartfurs Seele ist hell wie der lichte Tag«, verteidigte der unheimliche Roboter sich und flog an der Spitze der Gruppe in den schnurgeraden Korridor hinein. »Und die sechsdimensionalen Schwingungen wurden von Dartfur geortet, kurz bevor wir zum Durchbruchsversuch starteten. Leider lassen sich sechsdimensionale Schwingungen nicht so vermessen wie dimensional untergeordnete. Vor allem kann ich ihren Ursprung nicht feststellen, da sie keine Ausbreitungsgeschwindigkeit haben, sondern schlagartig und gleichzeitig überall sind.«

»Und du meinst, diese Schwingungen könnten die Programmierung der Robotkonstruktionen manipuliert haben, so dass sie das Feuer einstellten und sich nicht einmal mehr gegen uns wehrten, als wir sie reihenweise zerstörten?«, erkundigte sich der Modulmann.

»Es muss so sein«, erwiderte Dartfur zögernd.

»Es muss so sein!«, wiederholte Goman-Largo. »Das ist ja nicht einmal eine Hypothese, sondern eine reine Vermutung. Aber egal, wie es war, Hauptsache ist, dass wir jetzt in Sicherheit sind.«

»Es fragt sich, wie lange«, gab Dartfur zurück. »Soeben sind nämlich die sechsdimensionalen Schwingungen verschwunden.«

»Egal!«, meinte Errenos. »Dort vorn ist der Ausgang – und gleich dahinter müsste das Großraumbeiboot verankert sein.«

»Beeilen wir uns!«, rief Dartfur.

»Warum?«, fragte Goman-Largo ahnungsvoll.

»Weil die Robotkonstruktionen wieder aus ihrer Starre erwacht sind und unsere Verfolgung aufnehmen«, antwortete Dartfur.

3.

Die Parazeit-Historikerin

 

Sie zog unwillkürlich ihre Sensorstäbchen ein, als das Schott sich vor ihr und ihren Gefährten öffnete und sie die ultrahell wabernden Hochenergiezellen wahrnahm, die gleich einer Mauer in Steinwurfweite vor ihr aufragten.

»Sie haben uns vom Großraumbeiboot getrennt!«, hörte sie Dartfur rufen. »Aber vielleicht entkommen wir ihnen auch so, wenn wir uns nicht aufhalten, sondern vom Schiff wegfliegen und mit Maximalgeschwindigkeit Kurs auf den Energievorhang rechts von uns nehmen.«

»Ja!«, hörte sie den Modulmann antworten. »Holt alles aus den Aggregaten heraus!«

Natürlich tat sie, was die Gefährten rieten. Es blieb ihr auch gar nichts anderes übrig, denn aus dem Korridor, den sie eben verlassen hatten, waren die Entladungen von Strahlschüssen zu hören. Die Robotkonstruktionen trachteten ihnen folglich wieder nach dem Leben.

Während sie das Schiff hinter sich ließ und dabei Bedauern empfand, denn die STERNENSPRINGER war nach der Generalüberholung, die Dartfur ihr hatte angedeihen lassen, das mit Abstand beste Schiff gewesen, auf dem die Parazeit-Historikerin je geflogen war, überlegte sie angestrengt, warum die unbekannten Herren der Robotkonstruktionen sie zuerst so in die Enge getrieben hatten, dass sie den sicheren Tod vor Augen sahen, sie dann aber verschonten und dann abermals zur Jagd auf sie bliesen, als sie schon fast entkommen waren.

Sie fand keine Logik in diesem Verhalten.

Bis Goman-Largo sie aus ihrer Grübelei riss, indem er ziemlich barsch fragte:

»Was hatten die Schwingungen und die Reaktion der Roboter darauf zu bedeuten, Prinzessin?«

Da kannte sie die Antwort darauf plötzlich – auch wenn sie sie eben erst erfunden hatte.

»Das ist doch ganz klar«, antwortete sie forsch. »Die Sextadim-Oszillation ist eine der vielen Fähigkeiten deiner Module. Sie wird immer dann geweckt, wenn du bis zum Rand mit Todesfurcht erfüllt bist – und unter ihrem Einfluss spricht die Freund-Kennung aller Roboter an, die über eine Freund-Kennung verfügen. Deshalb stellten die Robotkonstruktionen ihr Feuer ein, als wir uns schon verloren glaubten – und als wir uns gerettet glaubten, stellten deine Module ihre Sextadim-Oszillation wieder ein. Das ist eben charakteristisch für alle biologisch gewachsenen Module, die in der Zeitschule von Rhuf genotronisch in den Körper eines Tigganois gepfropft wurden.«

»Ach, ja!«, entfuhr es Goman-Largo. »Du bist ja eine geniale Dichterin, Neithadl!«

»Es ist die Wahrheit!«, protestierte die Vigpanderin heftig – und überlegte ernsthaft, ob es nicht tatsächlich die Wahrheit sein könnte oder der Wahrheit doch ziemlich nahekäme oder wenigstens ein bisschen.

»Es ist absolut logisch«, warf Dartfur ein. »Dartfur denkt, dass es sich genau so verhält und nicht anders. Das lässt aber noch einen anderen Schluss zu. Den nämlich, dass die Robotkonstruktionen zum Repertoire derer vom Orden der Zeitchirurgen gehören, denn wenn die Module auf Rhuf darauf präpariert wurden, unter ganz besonderen Umständen Robotkonstruktionen durch präzise abgestimmte Sextadim-Oszillation zur Passivität zu verurteilen, dann können damit nur Robotkonstruktionen des Erzfeinds der Zeitschule gemeint gewesen sein, weil es anders keinen Sinn ergeben würde.«

»Genau!«, bestätigte Neithadl-Off mit satter Zufriedenheit – und jetzt glaubte sie fest daran, die reine Wahrheit erfunden zu haben.

»Wenn ihr Recht habt, dann sind wir in einer Anlage der Zeitchirurgen«, warf Errenos ein.

»Schon wieder eine Zeitgruft«, murrte Goman-Largo.

»Oder die sagenhafte Zeitfestung«, erklärte Neithadl-Off.

Aber sie brachte es ziemlich unsicher vor, denn diesmal war sie keineswegs von ihren Worten überzeugt. Zu ungeheuerlich schien ihr die Möglichkeit zu sein, dass sie aus dem Orbit um Goowand tatsächlich geradewegs in die Zeitfestung derer vom Orden der Zeitchirurgen geschleudert worden sein könnten.

Ganz davon abgesehen, dass sie nicht den blassesten Schimmer davon hatte, was sie sich unter einer Zeitfestung vorstellen sollte.

Sie stieß einen schrillen Pfiff aus.

Im nächsten Moment fielen ihr beinahe die Sensorstäbchen aus der vorderen Schmalseite.

Denn da hatten ihre Gefährten und sie den wallenden Energievorhang durchstoßen und flogen in eine Welt hinein, die anscheinend mit dem bisher bekannten Universum nichts zu tun hatte ...

 

*

 

Alles war rot.

Die Parazeit-Historikerin dachte zuerst an ein riesiges Flammenmeer. Doch ein Blick auf die Anzeigen der Außensensoren bewies ihr, dass das wallende rote Etwas, das sie und ihre Gefährten auf allen Seiten umgab, keine Hitze ausstrahlte. Im Gegenteil, die Temperatur lag nur knapp über dem Gefrierpunkt.

»Wo sind wir?«, flüsterte Errenos über Helmfunk.

»Still!«, gab Goman-Largos Stimme zurück. »Hört ihr es denn nicht?«

Neithadl-Off lauschte.

Sekunden später wusste sie, was der Modulmann gemeint hatte. Das Geräusch hörte sich an, als atmete jemand schwer, deshalb hatte sie zuerst nicht darauf geachtet, denn sie hatte angenommen, das Atmen von Errenos oder Goman-Largo zu hören.

Erst jetzt, als sie sich ganz auf diese Wahrnehmung konzentrierte, merkte sie, dass das Geräusch einen anderen Ursprung haben musste. Es klang weniger nach den schweren Atemzügen eines Lebewesens als nach dem Zischen eines gigantischen Blasebalgs, der mit relativ langen Pausen betätigt wurde.

»Was kann das sein?«, fragte sie.

»Keine Ahnung«, meinte der Tigganoi. »Ich hatte eigentlich gehofft, dir würde etwas dazu einfallen, Prinzessin.«

»Ha!«, rief sie. »Willst du schon wieder andeuten, ich würde manchmal blindlings etwas zusammendichten? Das mache ich nie. Vergiss nicht, dass ich akademisch gebildet bin!«

»Wie hieß die Lügenakademie?«, spottete der Saltic.

»Pah!«, machte Neithadl-Off. »Du musst gerade etwas sagen. Wo ihr Saltics doch nur davon lebt, ehrlichen Intelligenzen etwas vorzugaukeln und sie dann bis auf die Haut auszurauben.«

»Schon gut«, lenkte Errenos hastig ein. »Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. Du bist eine ehrliche Haut, Neithadl-Off.«

»Und außerdem ehrlich bis auf die Knochen«, ergänzte Goman-Largo sarkastisch.

»Du enttäuschst mich zutiefst, Modulmann«, erwiderte die Vigpanderin, obwohl sie sich insgeheim köstlich amüsierte. »Musst du dich schon wieder darüber lustig machen, dass ich nur Haut und Knochen bin?«

»Aber das bist du ja gar nicht«, gab Goman-Largo zurück. »Zu neunzig Prozent bestehst du ja aus Mundwerk.«

Neithadl-Off kreischte zornig auf – und verstummte abrupt, als ein sonnenheller Energiestrahl zwischen ihren drei Gliedmaßenpaaren hindurchfuhr und sich irgendwo in der Röte vor ihr verlor.

Erschrocken machte sie sich klar, dass sie sich bis zu diesem Schuss eingebildet hatte, der Wechsel der Umgebung wäre gleichbedeutend gewesen mit dem Erlöschen der Gefahr, die zuvor von den robotischen Konstruktionen gedroht hatte. Eine Einbildung, die jeder Grundlage entbehrt hatte.

»Folgt Dartfur!«, ertönte die Stimme des schwarzhäutigen Roboters im Helmfunk.

Neithadl-Off sah, dass Dartfur nach links schwenkte und einen leicht ansteigenden Kurs einschlug. Sie hoffte, dass er genau wusste, was er tat und warum er es tat, denn der Beschuss von hinten verstärkte sich, und es würde nicht mehr lange dauern, bis ihnen Hunderte von feindlichen Robotern auf den Fersen waren, falls sie nicht bald aus diesem Roten herauskamen, wo es anscheinend keine Deckung gab.

»Wohin führst du uns?«, rief Errenos.

Dartfur antwortete nicht darauf, sondern flog weiter. Die Parazeit-Historikerin nahm an, dass er mit seinen hochwertigen Ortungssystemen etwas wahrnahm, was seine Begleiter mit den Ortungssystemen ihrer Raumanzüge nicht feststellen konnten. Sie folgte deshalb seiner Aufforderung, zumal auch Goman-Largo sich an Dartfur hängte. Errenos tat es ihnen gleich.

Neithadl-Off kamen allerdings Zweifel an Dartfurs Verlässlichkeit, als das Rote sich wenige Sekunden später plötzlich ausdehnte und danach mehr einer elastischen Plastikhaut ähnelte als einem diffusen roten Nebel.

Die Sicht wurde schlagartig klar – und die Vigpanderin erkannte etwa tausend Meter hinter ihnen zahlreiche robotische Konstruktionen, die eine riesige Kettenformation gebildet hatten und offenbar rasch aufholten.

Sie stöhnte, als die Verfolger das Feuer verstärkten und ihr Schutzschirm unter zwei Treffern grell aufleuchtete. Errenos' Schutzschirm wurde ebenfalls getroffen.

»Das Feuer nicht erwidern!«, sagte Dartfur, als die Vigpanderin ihren Quintadimwerfer zog.

»Wohin führst du uns?«, pfiff sie zurück.

Dartfur antwortete wieder nicht. Dafür tauchte in der »elastischen roten Plastikhaut« vor ihr abrupt eine Öffnung auf und war mit einemmal ganz nahe, obwohl die »Haut« eben noch zirka tausend Meter entfernt gewesen war.

Im nächsten Moment flogen die Vigpanderin und ihre Gefährten durch die Öffnung hindurch und befanden sich abermals in einer völlig anderen Umgebung.

Sie ähnelte einem riesigen Korridor mit schwarzen Wänden, der sich weit vorne ausdehnte und dann in sechs Korridore gabelte. Innen war er erfüllt von einem silbrigen Leuchten, dessen Ursprung sich nicht erkennen ließ. Aus den sechs Abzweigungen allerdings trat ein pulsierendes blaues Leuchten.

Neithadl-Off sah sich um und bemerkte erstaunt, dass die kreisrunde Öffnung, durch die sie in diese Umgebung gekommen waren, inzwischen schon viele Kilometer zurückzuliegen schien, danach zu beurteilen, dass sie nur noch so klein wie eine Münzmarke zu sehen war.

Von den Verfolgern war nichts zu entdecken. Neithadl-Off hütete sich jedoch davor zu denken, sie könnten die robotischen Konstruktionen abgehängt haben.

Und wenig später wurde ihre dunkle Ahnung nicht nur bestätigt, sondern weit übertroffen.

Aus den sechs vor ihr liegenden Abzweigungen stießen plötzlich ganze Pulks von den sattsam bekannten Robotkonstruktionen und eröffneten sofort das Feuer.

Rings um Dartfur und Goman-Largo flackerten die Schutzschirme, dann bog Dartfur scharf nach rechts ab, genau auf die schwarze Wandung des Korridors zu.

Die Vigpanderin wollte fragen, ob er wüsste, was er tat, aber sie kam nicht dazu. Ihr Schutzschirm erhielt nacheinander fünf Treffer und flackerte nach dem letzten noch einmal kläglich, bevor er zusammenbrach.

Neithadl-Off schrie voller Todesangst – und verstummte wieder, als sie bemerkte, dass es ihrem Modulmann nicht besser ging. Auch sein Schutzschirm war nach einer Serie von Treffern zusammengebrochen.

Und die Robotkonstruktionen waren höchstens noch zweihundert Meter entfernt und kamen unheimlich schnell näher.

»Goman!«, kreischte Neithadl-Off.

Es war ihr letzter Schrei, wie sie glaubte, denn sie blickte in mindestens dreihundert Waffenmündungen, aus denen im nächsten Moment der vielfache Tod auf sie zukommen musste.

Doch wieder geschah das, was fast ein Wunder zu nennen war. Im Augenblick der schlimmsten Bedrohung stellten die Robotkonstruktionen ihr Feuer ein.

Dicht vor der Front der abbremsenden Roboter flogen die Vigpanderin und ihre Begleiter wie vor einer Ehrenformation entlang, erreichten die schwarze Wandung des Korridors und glitten durch sie hindurch, als existierte sie gar nicht.

Und wieder kamen sie in eine völlig andere Umgebung ...

4.

Der Modulmann

 

Er fand sich allmählich damit ab, dass seine Parazeit-Historikerin nicht nur frei Erfundenes zusammenlog, sondern auch Wahrheiten von sich gab.

Nach der zweiten, wundersam erscheinenden Errettung vor dem sicheren Tode war er bereit zu glauben, was die Vigpanderin gleich nach der ersten Errettung so nassforsch behauptet hatte, dass nämlich seine Module im Augenblick höchster Gefahr zu einer so modulierten Sextadim-Oszillation angeregt wurden, dass dadurch die Freund-Kennung aller Roboter ansprach, die für den Orden der Zeitchirurgen arbeiteten.

Allerdings vermochte er sich nicht daran zu erinnern, dass er jemals eine solche Information erhalten hatte – beispielsweise während seiner Ausbildung und Konditionierung zum Spezialisten in der Zeitschule von Rhuf.

Doch das besagte eigentlich nichts, denn die meisten Erinnerungen an seine Vergangenheit waren ihm während seiner Gefangenschaft im Stasisfeld der Zeitgruft von Xissas abhanden gekommen.

Er stutzte, weil er sich zum ersten Mal fragte, was die Ursache dafür war, dass auch seiner Partnerin Neithadl-Off viele Erinnerungen an ihre Vergangenheit fehlten. Es musste eine andere Ursache als bei ihm haben, denn die Vigpanderin war ja nie in einem Stasisfeld gefangen gewesen.

Oder doch?

Hatte sie das vielleicht auch nur vergessen?

Goman-Largo geriet ins Grübeln, als er daran dachte, dass auch bei Dartfur, der Verlorenen Seele, die meisten Erinnerungen an seine Vergangenheit fehlten.

Und Anima, die lange Zeit mit ihm und Neithadl-Off gereist war, war es nicht besser ergangen.

Diese Häufung von Amnesie konnte kein Zufall sein.

Der Tigganoi überlegte, ob das alles nicht die Folge eines Zeitparadoxons sein könnte, das die Zeitchirurgen irgendwann verursacht hatten, um zu verhindern, dass sie aufgespürt und ausgeschaltet wurden.

Wenn es sich so verhielt, dann waren vielleicht alle seine Bemühungen, ihre Spur zu finden und ihrem unheilvollen Wirken Einhalt zu gebieten, von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil es eine Art unsichtbarer, aber höchst wirksamer Zeitschleife gab, die ihn, Neithadl-Off, Dartfur, Anima und vielleicht noch viele andere daran hinderte, jemals mit den Kreisen in Berührung zu kommen, auf denen die vom Orden der Zeitchirurgen sich bewegten.

Er wurde aus seinen Grübeleien gerissen, als jemand seinen Namen rief. Als er sich umsah, entdeckte er seine Gefährten schräg hinter und unter sich auf einer goldfarbenen, äußerst grazil wirkenden Brücke, die sich über einem nachtdunklen Abgrund zwischen zwei etwa tausend Meter voneinander entfernten hausgroßen kugelförmigen Gebilden spannte, deren tief eingefurchte Oberflächen schwach pulsierten.

»Komm zurück!«, rief Neithadl-Off ihm zu. »Dartfur sagt, dass wir auf der Brücke abwarten sollen, bis sich uns eine der beiden Welten öffnet.«

»Ich verstehe kein Wort«, gab der Modulmann zurück.

Dennoch stoppte er ab, wendete und flog langsam zu den Gefährten.

»Dartfur denkt, dass wir den Robotkonstruktionen nur dann auf Dauer entkommen, wenn wir auf eine Bezugsebene überwechseln, auf die sie uns nicht folgen können«, erklärte Errenos.

»Dartfur sagt, Dartfur denkt«, echote der Tigganoi mürrisch. »Sagt und denkt er denn, was er weiß, oder nur, was er vermutet?«

»Dartfur spürt es«, sagte der schwarzhäutige Roboter. »Es muss eine Art Ausstrahlung sein, die von irgend etwas an diesem Ort ausgeht und ihn etwas sagen und denken lässt, von dem er bisher nichts oder nichts mehr gewusst hat.«

»Schon wieder versunkene Erinnerungen!«, stöhnte der Modulmann auf. »Kannst du nicht ein bisschen mehr aus deinen Speichern herausholen? Beispielsweise, ob du schon einmal in dieser Umgebung warst.«

»Dartfur kann nicht«, erwiderte Dartfur. »Er hat diese Umgebung nie zuvor gesehen.«

»Aber du bezeichnest Objekte dieser Umgebung!«, rief der Tigganoi verzweifelt. »Beispielsweise die Welten. Du meinst doch damit diese kugelförmigen Gebilde, die mich fatal an die Gehirne von Hominiden erinnern?« Er griff sich unwillkürlich an den Kopf.

»Dartfur weiß nicht, wie Gehirne von Hominiden aussehen«, sagte Dartfur. »Aber etwas in ihm sagt ihm, dass diese kugelförmigen Gebilde das Äußere von Welten sind, die auf einer anderen Bezugsebene liegen als die Welt, in der die Robotkonstruktionen uns vernichten wollen.«

»Auf einer räumlich oder zeitlich anderen Bezugsebene?«, hakte die Vigpanderin nach.

»Das weiß er nicht«, erklärte Dartfur.

Verärgert verzog Goman-Largo den Mund.

Plötzlich fiel ihm etwas ein.

»Wann hast du eigentlich zum ersten Mal etwas gespürt, dass dich etwas denken ließ, was mit versunkenen Erinnerungen zu tun hatte?«, wandte er sich abermals an Dartfur.

»Sehr früh schon«, antwortete der Roboter. »Da befanden wir uns noch in der Hauptzentrale der STERNENSPRINGER.«

»Dachte ich's mir doch!«, entfuhr es dem Tigganoi. »Dort fiel mir nämlich auf, dass du eine Zeitlang geistesabwesend warst, so, als würdest du einer inneren Stimme lauschen.«

»Ich werde wahnsinnig!«, schimpfte Errenos. »Wie können intelligente Wesen nur wer weiß wie lange über blutleere Gefühle und Gedanken diskutieren!«

»Davon verstehst du nichts, Langfinger!«, wies die Vigpanderin ihn zurecht. »Du solltest einmal darüber nachdenken, warum Dartfur sich selbst als Verlorene Seele bezeichnet!«

»Wahrscheinlich doch, weil er sich als Verlorene Seele fühlt, als das Bewusstsein eines intelligenten Lebewesens, das, von seinem Körper getrennt, einen robotischen Körper bewohnen muss.«

»Du bist gar nicht so dumm, wie du aussiehst!«, pfiff Neithadl-Off schrill. »Aber nun denke einmal weiter! Wenn ein organisch gewachsener Körper und sein Bewusstsein voneinander getrennt werden, kann es da nicht zwischen beiden ein unsichtbares, immaterielles Band geben, das bis zum Vergehen des einen existiert und über das unter ganz bestimmten Umständen Botschaften hin und her gehen können?«

»Ich denke lieber darüber nach, wie ich in eine Welt zurückkomme, in der es etwas zu klauen gibt«, meinte Errenos abweisend.

»Dartfur denkt, dass Neithadl-Off etwas gesagt hat, das es verdient, darüber nachzudenken«, erklärte der schwarzhäutige Roboter. »Er hält so etwas für möglich, auch wenn es sich nicht beweisen ließe, denn solche Botschaften wären bestimmt getarnt.«

Der Modulmann sah Dartfur nachdenklich an, doch als er zu einer Frage ansetzte, begann plötzlich die goldene Brücke zu vibrieren. Gleichzeitig verschwand eines der beiden hausgroßen, kugelförmigen Gebilde. Das hieß, es verschwand nicht völlig, denn dort, wo es sich befunden hatte, blieb eine kugelförmige schwarze Ballung zurück, die verblüffend einem Quintadimfeld ähnelte.

»Warte!«, rief Goman-Largo Dartfur zu, der auf die schwarze Ballung zulief. »Wenn das ein Quintadimfeld ist, schleudert es dich bei Kontakt in den Hyperraum. Das wäre zwar auch ein Wechsel der Bezugsebenen, aber ich bezweifle, dass es der von dir beabsichtigte sein würde.«

»Es ist kein Quintadimfeld!«, rief Dartfur zurück. »Dartfur weiß es. Folgt ihm!«

»Oh, nein!«, rief Errenos. »Dartfur weiß es! Das beweist mir gar nichts. Ich will mich nicht selber ins Verderben stürzen.«

Der Tigganoi teilte die Zweifel und Befürchtungen von Errenos. Allerdings ahnte er, dass Dartfur sich nicht aufhalten lassen würde, es sei denn mit Gewalt.

Aber mit rein körperlicher Gewalt wäre er gegen den Roboter nicht angekommen – und Waffengewalt wollte er auf keinen Fall anwenden, da er damit Dartfur nicht gerettet, sondern zerstört hätte.

Während er noch überlegte, wie er dieses Wesen davor bewahren könnte, sich in Gefahr zu begeben, tauchten schräg über ihm in zirka tausend Metern Entfernung in schneller Folge zahlreiche feindliche Roboter auf und nahmen Kurs auf die Brücke.

Das stürzte ihn in ein Dilemma, denn blieb er, würden die Roboter ihn töten – es sei denn, seine Todesfurcht regte seine Module erneut zur Sextadim-Oszillation an. Er bezweifelte jedoch, dass seine Todesfurcht stark genug sein würde, um das zu erreichen, da er immer noch die Möglichkeit besaß, sich auf eine andere Bezugsebene zu retten. Diese Möglichkeit hatte er erst dann nicht mehr, wenn er starb. Nur konnten ihm dann seine Module nicht mehr helfen.

»Kommt zu Dartfur!«, rief Dartfur und blieb vor der schwarzen Ballung stehen. »Sonst seid ihr verloren!«

»Komm, Modulmann!«, pfiff Neithadl-Off drängend. »Er hat Recht. Ich bin zudem jetzt sicher, dass die schwarze Ballung kein Quintadimfeld ist. Im Reich der Stählernen Sonnen habe ich solche Umsetzer schon benutzt. Man kommt mit ihrer Hilfe aus der Wachzone heraus und wieder auf die normale Bezugsebene, von der man geschleudert wurde, um in der Wachzone zu materialisieren und geprüft und eventuell vernichtet zu werden.«

Goman-Largo zögerte noch. Aber da rannte Errenos los und hinter Dartfur her, und die Robotkonstruktionen kamen bedrohlich näher – und der Selbsterhaltungstrieb überwand die letzten Bedenken.

Schließlich war es ja denkbar, dass die Vigpanderin die Wahrheit sagte.

Als sie ihn anstieß, rannte er ebenfalls los.

Gemeinsam mit Neithadl-Off kam er bei Dartfur und Errenos an –