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Nr. 265

– ATLAN exklusiv Band 126 –

 

Brennpunkt Cherkaton

 

Der Mondträger im Einsatz für Atlan – ein Kolonialplanet wird zum Krisenherd

 

von Harvey Patton

 

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Das Große Imperium der Arkoniden kämpft um seine nackte Existenz, denn es muss sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums schwer zu schaffen machen. Die inneren Feinde Arkons sind die Herrschenden selbst, deren Habgier und Korruption praktisch keine Grenzen kennen.

Gegen diese inneren Feinde ist der junge Atlan, der rechtmäßige Thronerbe und Kristallprinz von Arkon, bereits mehrmals erfolgreich vorgegangen. Selbst empfindliche Rückschläge entmutigen ihn nicht und hindern ihn und seine Helfer nicht daran, den Kampf gegen Orbanaschol III., den Usurpator, mit aller Energie fortzusetzen.

Atlans geheime Zentrale, von der aus alle Aktionen gegen Orbanaschol ihren Anfang nehmen, ist der Planet Kraumon.

Mehr als 12.000 verschworene Anhänger des Kristallprinzen leben bereits dort, und Morvoner Sprangk, der Kommandant von Kraumon, sieht sich vor immer größere Schwierigkeiten gestellt, die Versorgung der dort befindlichen Arkoniden zu gewährleisten, zumal Kraumon selbst wenig an Nahrung bietet.

Da geht Mekron Dermitron, der Mondträger, in den Einsatz für Atlan, um Versorgungsgüter heranzuschaffen. Das Ziel seines Raumschiffs ist der BRENNPUNKT CHERKATON ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Mekron Dermitron – Der Mondträger geht in seinen ersten Einsatz für Atlan.

Morvoner Sprangk – Kommandant des Geheimstützpunkts Kraumon.

Geraban – Gouverneur von Cherkaton.

Moringol – Ein Agent der POGIM auf Rekrutenfang.

Letschyboa – Ein alter Bekannter Atlans.

1.

 

Die Strukturtaster schlugen an, eine steile Amplitude zuckte über die mit ihnen gekoppelten Monitore. In relativer Nähe von Cherkaton musste ein Raumschiff aus der Transition gekommen sein. Schon Sekunden später griff der junge Mann vor den Geräten nach dem Knopf, der den Alarm im gesamten Siedlungsgebiet auslösen musste.

Im letzten Moment griff eine andere Hand zu und hielt seinen Arm fest. »Nicht so hastig, Junge«, sagte Ascarmon, der Leiter der Ortungszentrale. »Bisher sind die Maahks noch nie bis in diese Gegend vorgestoßen. Es wäre also voreilig, schon Alarm zu geben, solange wir noch gar nicht wissen, wer da kommt. Warten wir erst einmal die Computerauswertung ab, auf die paar Sekunden kommt es wohl kaum an.«

»Sie haben doch aber selbst gesagt ...«, protestierte der Jüngere, aber Ascarmon unterbrach ihn durch eine Handbewegung. »Das gilt nur, wenn du allein hier bist. Wenn ich zur Stelle bin, treffe ich die Entscheidungen. Es wäre wirklich ein Unding, die ganze Kolonie aufzuscheuchen ... ah, da kommt die Auswertung schon!«

Der Computer spie eine Folie aus, und die beiden Männer lasen die darauf ausgedruckten Angaben. Gleich darauf nickte Ascarmon.

»Nun, was habe ich gesagt? Ein kleines Schiff in Kugelform, Durchmesser nicht mehr als fünfzig Meter. Ein Imperiumsraumer also, ein kleiner Kreuzer oder ein Privatschiff, auf keinen Fall aber ein Fahrzeug der Maahks. Kein Grund zur Beunruhigung, Junge, vermutlich wird man uns bald anrufen.«

Er behielt auch diesmal Recht, denn schon zwanzig Sekunden später leuchtete die Ruflampe des Normalfunkgeräts auf. Der Leiter schaltete den Apparat ein, die Bildfläche erhellte sich. Auf ihr erschien das Abbild eines Arkoniden in Flottenuniform. Ascarmon meldete sich und bekam sofort Antwort.

»Sonderschiff TERKRAN an Raumhafen Cherkan«, sagte der Uniformierte. »Wir kommen vom Stützpunkt Sarkomier und werden in einer halben Stunde bei Ihnen landen. Informieren Sie bitte den Gouverneur, er soll sich bereithalten, um Angehörige eines Sonderkommandos zu empfangen. Erbitte Bestätigung, Ende.«

»Was mag das bedeuten?«, fragte der junge Techniker.

Ascarmon zuckte mit den Schultern. »Woher soll ich das wissen, Junge? Ich kann auch nur raten. Vielleicht will man sich nur davon überzeugen, ob wir gut durch den Winter gekommen sind. Man hat zwar damals, als der Zwang des fremden Hypnowesens von uns genommen war, einiges für uns getan, aber doch längst nicht genug. Schon möglich, dass jetzt jemand auf Arkon sein schlechtes Gewissen plagt.«

Der Jüngere stieß verächtlich die Luft aus. »Dass ich nicht lache, Ascarmon! Den Herren auf der Kristallwelt ist es doch herzlich egal, was mit einer Handvoll von Siedlern auf einem Hinterwäldlerplaneten geschieht. Die denken doch nur an sich selbst, und der Imperator ...«

Wieder einmal wurde er unterbrochen. Ein eisiger Blick ließ ihn verstummen, und der Stationsleiter sagte: »Du solltest deine Zunge etwas besser hüten, Junge! Nicht jeder in Cherkan denkt so wie du und ich, und Zuträger gibt es immer. Sobald der Gouverneur von solchen Reden erfährt, setzt es harte Strafen, das weißt du doch. Wir können nur froh sein, dass es hier keine Leute vom Geheimdienst gibt. Anderenfalls wäre unser Gefängnis bestimmt schon überfüllt.«

Er tastete ein anderes Gerät ein und stellte eine Verbindung zum Verwaltungsgebäude her. Mit knappen Worten unterrichtete er die dortige Nachrichtenzentrale und schaltete wieder ab.

»So, Junge, jetzt gibt es Arbeit für uns«, meinte er. »Wir müssen einen Peilstrahl für die TERKRAN abstrahlen, der sie zu uns herleitet. Unser Siedlungsgebiet ist klein und nicht leicht zu finden, der so genannte Hafen ein besseres Rübenfeld. In ein paar Stunden werden wir mehr wissen.«

 

*

 

Auch Gouverneur Geraban wusste mit der Nachricht von der Ankunft des kleinen Schiffes nicht viel anzufangen.

Wie die meisten Arkoniden war er groß und schlank, mit silberblondem Haar und rötlichen Augen. Er war ein Mann in den besten Jahren, sein schmales Gesicht zeugte von Energie und Tatkraft. Der Administrator einer jungen Kolonialwelt musste intelligent und entschlussfreudig sein, denn es gab immer neue Probleme zu meistern. Er hatte auch sein Bestes für Cherkaton getan, als es die Folgen der langen geistigen Versklavung zu überwinden galt.

Das hatten auch jene anerkannt, die dem derzeitigen Imperator nicht wohl gesinnt waren. Die Kolonie war wenige Jahre nach dem Tode Gonozals VII. gegründet worden. Damals hatten sich viele seiner Anhänger zur Auswanderung gemeldet, um dem strengen Arm des neuen Regimes zu entkommen. Geraban war zwar ein loyaler Anhänger Orbanaschols, aber unter ihm ließ es sich leben.

Nun rätselte er eine Weile herum, kam damit aber auch nicht weiter. Schließlich hob er die Schultern, verständigte den Fahrzeugpark und ließ einen Gleiter bereitstellen. Er unterrichtete seinen Stellvertreter, verließ dann das trichterförmige Zentralgebäude und flog zum Raumhafen. Ein Offizier der Polizei von Cherkan begleitete ihn.

Auch er wunderte sich, konnte aber natürlich keine befriedigende Antwort erhalten. »Ich bin nicht klüger als Sie, Korschizyn«, erwiderte der Gouverneur. »Ein Sonderkommando von Sarkomier – das kann alles und nichts bedeuten. Wir müssen wohl oder übel abwarten, bis man uns eine Aufklärung gibt.«

Diese erhielt er jedoch vorerst selbst noch nicht.

Das Schiff landete, schleuste zehn Männer und einen großen bewaffneten Gleiter aus und startete dann sofort wieder. Die Uniformierten bestiegen das Fahrzeug und steuerten das Kontrollgebäude des Hafens an, vor dem Geraban wartete. Dann stieg ein Offizier aus und verneigte sich knapp vor dem Gouverneur.

»Orbton Larschinok, persönlicher Beauftragter des Kommandanten von Sarkomier«, stellte er sich vor. Er war offenbar ein Mischling, denn Haut und Haar waren erheblich dunkler als die eines reinrassigen Arkoniden. »Würden Sie uns bitte vorausfliegen und zu Ihrem Sitz leiten? Dort können wir dann mit unseren Gesprächen beginnen.«

Er zeigte eine Legitimation vor, war jedoch sonst zu keinerlei Auskünften bereit. Geraban ärgerte sich über seine kaum verhüllte Arroganz, ließ sich aber nichts davon anmerken. Der Planet war arm und durch das verhängnisvolle Wirken des Propheten der Unwissenheit noch sehr in seiner Entwicklung zurückgeworfen worden. Sein Gouverneur konnte es sich einfach nicht leisten, jene Leute zu verärgern, von denen vielleicht die Zukunft aller Kolonisten abhing.

Er behandelte sie sehr zuvorkommend und veranlasste ihre Unterbringung in den komfortabelsten Räumen, die der Zentralbau aufzuweisen hatte. Als sie ihre Sachen untergebracht und sich erfrischt hatten, ließ er sie zum Mittagessen bitten. Er aß mit ihnen, aber das Tischgespräch ging über nebensächliche Dinge nicht hinaus. Larschinok hatte seine Männer angewiesen, kein Wort zuviel zu sagen, das wurde Geraban bald klar.

Er selbst verstand es, aalglatt alle Fragen des Gouverneurs zu umgehen oder sie zu ignorieren. Erst nach dem Mahl zeigte er sich bereit, ihn über die Mission zu unterrichten, die das »Sonderkommando« nach Cherkaton geführt hatte. Das Gespräch fand in Gerabans Amtsräumen statt. Auf Larschinoks Wunsch hin wurde auch Korschizyn dazu hinzugezogen. Er selbst brachte einen seiner Männer mit, einen großen massigen Mann mit einem eckigen Gesicht und kalten Augen.

Der Gouverneur fühlte sich nach wie vor unbehaglich, eine ungute Vorahnung erfüllte ihn. Trotzdem bemühte er sich um möglichst große Zuvorkommenheit. Er eröffnete die Unterhaltung mit einer Schilderung der Schwierigkeiten, vor die der lange Winter die Kolonisten gestellt hatte. Mangel und Hunger hatten geherrscht, etwa zweihundert meist ältere Leute waren ihnen erlegen. Doch nun war die kalte Jahreszeit vorüber, es ging auf Cherkaton wieder aufwärts, wie Geraban mit berechtigtem Stolz betonte.

Larschinok hatte ihm geduldig zugehört, ein neutrales Lächeln umspielte seine Lippen. Bisher hatte er kaum etwas gesagt, doch nun beugte er sich vor, und seine blassvioletten Augen hielten den Blick des Gouverneurs gefangen.

»Wie schön für Sie, dass alles wieder in Ordnung ist«, meinte er mit einem seltsam lauernden Unterton. »Arkons Hilfe hat ja auch einen Teil dazu beigetragen, nicht wahr? Es ist dann also wohl auch nicht zuviel verlangt, wenn das Imperium nun eine kleine Gegenleistung von Ihnen erwartet. Stimmen Sie mir zu?«

Geraban nickte, wenn auch widerstrebend. Er brachte es einfach nicht fertig, auf das viel zu geringe Ausmaß der Hilfe hinzuweisen. Nun ließ der »Beauftragte« die Katze aus dem Sack.

»Gut, dann will ich Ihnen jetzt sagen, weshalb wir auf Ihre Welt gekommen sind. Die Verluste der Imperiumsflotte durch die ständigen Angriffe der Maahks erfordern einen gewissen Nachschub an geeigneten Kräften. Wir brauchen vor allem junge Männer mit guter technischer Ausbildung, möglichst bereits mit Kenntnissen der Raumfahrt. Wie viel solche Rekruten kann Cherkaton uns stellen?«

Der Gouverneur fuhr zusammen, seine Haltung versteifte sich. »Ist das Ihr Ernst?«, forschte er ungläubig. »Welten mit derart geringer Bevölkerungszahl sind doch von jeher von jeder Art von Rekrutierung ausgenommen worden! Gerade die von Ihnen erwähnten jungen Leute werden dringend für die Durchführung neuer Kolonisationsprojekte gebraucht. Wir müssen expandieren, jeder Stillstand kommt immer einem Rückschritt gleich.«

Larschinok lächelte nun nicht mehr. »Das gilt aber nicht nur für Cherkaton, Gouverneur. Auch unsere Flotte unterliegt dem gleichen Gesetz, und die Reserven an geeignetem Personal sind auf den größeren Welten bereits weitgehend erschöpft. Deshalb hat Seine Erhabenheit Orbanaschol III. vor kurzem verfügt, dass nun auch die bisher geschonten Planeten ein angemessenes Kontingent stellen müssen. Der Krieg gegen die Methans ist eine ernste Sache, vergessen Sie das nicht. Wie würde es Ihnen gefallen, wenn Ihr Planet von ihnen überfallen würde, weil die Flotte des Großen Imperiums infolge Personalmangels nicht mehr imstande wäre, ihn zu schützen?«

Das war eine Suggestivfrage, vor der es kein Ausweichen gab. Geraban resignierte innerlich bereits, nahm aber trotzdem noch einen zweiten Anlauf. »Hier leben nur zwanzigtausend Leute, Orbton, mehr als neunzig Prozent davon sind Farmer und Jäger. Der von Ihnen angesprochene Personenkreis umfasst nicht mehr als einige hundert von ihnen. Was kann eine solche Handvoll Männer der Flotte schon nützen?«

Larschinoks Stimme klang seidenweich. »Sehr viel, Gouverneur. Diese jungen Männer genügen bereits, um einen großen Kreuzer zu bemannen. Und gerade dieses Schiff könnte es sein, das im Ernstfall Ihre Welt verteidigt! Ist das nichts?«

Geraban warf dem Polizeioffizier einen hilfesuchenden Blick zu, doch Korschizyn wich ihm aus. Dafür ergriff nun der bisher schweigsam gebliebene Begleiter Larschinoks das Wort.

»Lassen Sie die Wortfechterei, Orbton«, sagte er so grob, wie er aussah. »Wir sind schließlich gekommen, um den Befehl des Imperators durchzuführen und nicht, um dem Gouverneur eines unbedeutenden Planeten um den Bart zu gehen. Passen Sie auf, Geraban: Mein Name ist Moringol, ich gehöre nicht der Flotte an, sondern bin ein Beamter der Politischen Geheimpolizei des Imperators!

Als solcher rate ich Ihnen, keine weiteren Ausflüchte mehr zu suchen, die Zweifel an Ihrer Loyalität wecken könnten. Wir sind schon mit ganz anderen Leuten fertig geworden, und ich habe alle Vollmachten in der Tasche. Darunter auch die, Sie kurzerhand abzusetzen und als Verräter zu erschießen, um dann Ihre Stelle einzunehmen ... Was ziehen Sie vor?«

Das war mehr als massiv, und Geraban kapitulierte endgültig. Er beeilte sich, seine Zustimmung zu Dingen zu geben, auf die er ohnehin keinen Einfluss mehr besaß. Schon zwei Stunden später hielt er eine Ansprache über den Videofunk und sagte darin genau das, was Moringol und Larschinok von ihm erwarteten. Kein Bewohner von Cherkaton merkte ihm an, dass in ihm inzwischen der Glaube und das Vertrauen in die Person des Imperators zerbrochen war.

Die Männer des »Sonderkommandos« übernahmen die wirkliche Herrschaft über seine Welt. Larschinoks Spezialisten suchten den Zentralcomputer auf und riefen aus ihm alle Daten ab, die sie benötigten. So besaßen sie bereits alle Informationen über den in Frage kommenden Personenkreis, ehe noch das Rekrutierungsbüro eröffnet wurde.

Am nächsten Morgen nahm es seine Arbeit auf, und jeder wusste, dass es kein Sträuben gab.

2.

 

Ein Gleiter landete vor dem Gebäude 17 der Stadt Gonozal-Mitte auf Kraumon, dem Geheimstützpunkt Atlans.

Ihm entstieg ein schlanker, hochgewachsener Arkonide von etwa vierzig Jahren. Er bewegte sich geschmeidig, die etwas schrägstehenden Augen in dem breiten Gesicht zeugten von überdurchschnittlicher Intelligenz. Er trug eine einfache Kombination, die keine Rückschlüsse auf seine Herkunft oder Stellung ermöglichte.

Mekron Dermitron befand sich erst seit wenigen Wochen auf Kraumon. Früher war er Kommandant des Imperiums-Schlachtschiffs HADESCHA gewesen und hatte es bis zum Rang eines Mondträgers gebracht. Sein Schiff war von den Maahks zusammengeschossen worden und bei einer Notlandung restlos zu Bruch gegangen. Nur er und weitere fünf Männer der Besatzung hatten diese Katastrophe überlebt.

Sie waren auf dem Planeten Olkeep gesundgepflegt worden, sollten aber bald schon wieder zu einem Flottenstützpunkt gebracht werden, um in neue Einsätze zu gehen. Dem hatten sie sich bei einer günstigen Gelegenheit durch die Flucht in einem Beiboot entzogen. Sie hatten erkannt, dass der Krieg gegen die Methanatmer unter dem intriganten und unfähigen Orbanaschol nicht zu gewinnen war.

Ein Zufall hatte ihnen geholfen, zum Gefolge des Kristallprinzen zu stoßen. Nun hatte Mekron vom Kommandanten Morvoner Sprangk den Befehl über den 200-Meter-Raumer MEDON erhalten und bereitete sich auf seinen ersten Einsatz für Atlan vor.

Bragos Neschbar erwartete ihn bereits. Er war früher Beschaffungsmeister der Arkonflotte gewesen und nahm nun auf Kraumon die gleiche Stellung ein. Hier waren die Schwierigkeiten für ihn jedoch erheblich größer. Der größtenteils wüstenartige Planet kreiste um eine alte rote Sonne, weitab des Imperiums. Alles, was die zwölftausend Bewohner des Stützpunkts brauchten, musste von weither herangeschafft werden. Nicht auf legalen Wegen, sondern heimlich.

Ein besonderes Handikap für Atlans Männer war, dass sich eine gewaltsame Beschaffung der lebensnotwendigen Güter von selbst verbot. Mit voller Absicht war der Kristallprinz durch Orbanaschol in den Ruf eines Renegaten und Piraten gebracht worden. Nun mussten seine Gefolgsleute alles vermeiden, das eine Unterstützung dieser Verleumdung bedeutete. Neschbar hatte das sehr genau bedacht, als er seine Planungen traf.

Er begrüßte den Mondträger herzlich. Die beiden Männer hatten sich schon früher auf einem Flottenstützpunkt kennen gelernt, sich dann aber wieder aus den Augen verloren. Nun verfolgten sie beide das gleiche Ziel: Den Sturz Orbanaschols III. und die Übernahme der Macht im Großen Imperium durch Atlan, den rechtmäßigen Thronfolger.

»Passen Sie auf, Mekron«, sagte der Beschaffungsmeister. »Sie haben ja inzwischen auch erfahren, welche fast unglaublichen Abenteuer Atlan im Laufe der Zeit bestanden hat. Nach dem Überfall der Maahks auf Trantagossa gelangte er – nach einem ›kleinen Umweg‹ über den Mikrokosmos – auf den Planeten Cherkaton. Dorthin war der Befehlshaber Amarkavor Heng mit seinem Sonderschiff SKORGON geflohen, und das vermutlich aus gutem Grund. Ein Mann wie er hätte nie eine so abgelegene und unbedeutende Welt aufgesucht, ohne damit bestimmte Zwecke zu verfolgen. Verstehen Sie, was ich meine?«

Dermitron nickte ohne Zögern. »Natürlich, Bragos. Heng wird sich dort beizeiten ein geheimes Quartier für schlechte Tage geschaffen haben. Gut versteckt natürlich und aus zweckentfremdeten Vorräten der Raumflotte reich ausgestattet, daran gibt es wohl keinen Zweifel. Das sollen wir nun also suchen und ausräumen?«

»Vollkommen richtig, Mekron. Die Verhältnisse dort ähneln denen auf dem Planeten Olkeep, den Sie ja kennen gelernt haben. Auch auf Cherkaton gibt es nur ein kleines Siedlungsgebiet auf einem einzigen Kontinent. Das erleichtert Ihre Aufgabe; sie werden kaum mit Schwierigkeiten bei der Suche zu rechnen haben.«

»Das bezieht sich aber wohl nur auf die Kolonisten«, korrigierte der Mondträger. »In anderer Hinsicht bin ich ausgesprochen skeptisch, Bragos. Hengs Absonderlichkeit und krankhaftes Misstrauen waren in weiten Kreisen der Flotte bekannt. Es liegt also die logische Schlussfolgerung nahe, dass er bei seinen Planungen auf Cherkaton extrem vorsichtig gewesen ist. Mit anderen Worten: Dieser Geheimstützpunkt dürfte es in sich haben! Er wird nicht nur gut versteckt, sondern auch erstklassig abgesichert und mit einer Menge von Fallen gegen unerwünschte Eindringliche versehen sein. Doch das soll mich nicht abschrecken, ich nehme diese Herausforderung an. Wir werden die Nuss schon irgendwie knacken.«

Neschbar wiegte den Kopf. »Allerdings nur ohne zu großes Risiko für Schiff und Besatzung«, warnte er. »Sie wissen ja, wie klein unsere Flotte noch ist. Wir können es uns einfach nicht leisten, die MEDON und zwanzig gute Leute zu verlieren, Mekron! Wenn Atlan einmal zur Endabrechnung gegen Orbanaschol antritt, brauchen wir jedes Schiff und jeden Mann.«

Dermitron lachte leise auf. »Wir sollen also nach der Devise handeln: Wasch mich, aber mach mich nicht nass ...«, bemerkte er leicht ironisch. »Gut, Bragos, ich werde das nach Möglichkeit beherzigen. Gibt es Anhaltspunkte dafür, in welcher Gegend des Planeten der Stützpunkt liegt?«