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Nr. 197

– ATLAN exklusiv Band 58 –

 

Kristalle des Todes

 

Atlan im Stützpunkt der Raumfahrer – und in der Gewalt eines Wahnsinnigen

 

von Harvey Patton

 

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Im Großen Imperium der Arkoniden schreibt man eine Zeit, die auf Terra dem 9. Jahrtausend v. Chr. entspricht. Imperator des Reiches ist Orbanaschol III., ein brutaler und listiger Mann, der seinen Bruder Gonozal VII. töten ließ, um selbst die Herrschaft antreten zu können.

Gegen den Usurpator kämpft Gonozals Sohn Atlan, Kristallprinz und rechtmäßiger Thronerbe des Reiches, mit einer stetig wachsenden Zahl von Getreuen, die Orbanaschols Helfershelfern schon manche Schlappe beibringen konnten.

Mit dem Tage jedoch, da der Kristallprinz Ischtar begegnet, der schönen Varganin, die man die Goldene Göttin nennt, scheint das Kriegsglück Atlan im Stich gelassen und eine Serie von empfindlichen Rückschlägen begonnen zu haben, die schließlich zu einer erneuten Versetzung des Arkoniden in die Mikrowelt führten.

Dort – nach turbulenten und gefahrvollen Abenteuern mit Dophor, Gjeima und Jansonthenern – hat Atlan weder von Grek 3, dem Erfinder des »Zwergenmachers«, noch von Prinzessin Crysalgira, dem Experimentierobjekt der Maahks von Skrantasquor, bisher eine Spur entdecken können.

Doch Atlan gibt trotz widrigster Umstände nicht auf. Gegenwärtig ist er auf der Suche nach einem Raumschiff – und entdeckt dabei die KRISTALLE DES TODES ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Kristallprinz erreicht einen Stützpunkt der Raumfahrer des Mikrokosmos.

Grek 3 – Ein Todfeind wird zum Partner Atlans.

Motros – Ein Riese mit Größenwahn.

Crysalgira – Eine Prinzessin von Arkon.

1.

 

Nahm diese Wanderung denn überhaupt kein Ende mehr?, fragte ich mich verzweifelt.

Seit Stunden war ich nun schon unterwegs, immer an der Küste des Blauen Ozeans entlang, und ich spürte meine Beine kaum noch. Nur die Hoffnung, bald auf Vruumys' Raumschiff zu stoßen, hielt mich noch aufrecht und trieb mich weiter voran.

Im Stillen fluchte ich zuweilen auf den fremden Raumfahrer, der so versessen darauf gewesen war, in den Urnen auf dem Grunde des Meeres ein Lebenselixier zu finden. Seine Gier danach war ihm zum Verhängnis geworden, denn anstelle ewigen Lebens hatte er nach seinem Genuss den Tod gefunden ...

Ich hatte dann gehofft, mit seinem Gleitboot rasch zu dem Raumschiff kommen zu können, aber auch mir hatte das Schicksal einen bösen Streich gespielt. Nicht so rigoros wie Vruumys, denn ich lebte immerhin noch, obwohl das Boot schon bald explodiert war. Ich hatte mich schwimmend ans Ufer retten können, doch nun stand ich wieder allein da. Allein – nicht nur in einer fremden Umgebung, sondern irgendwo im Mikrokosmos!

Ich lachte bitter auf und stolperte weiter.

Das Meer links von mir war ruhig, die langen Wellen plätscherten monoton gegen den Sandstrand. Zwar war inzwischen die Nacht gekommen, aber ich fand mich trotzdem gut zurecht, denn bald nach dem Verblassen der Dämmerung waren zwei kleine Monde aufgegangen. Ihr Licht reichte aus, um mich meine Umgebung erkennen zu lassen, den breiten flachen Strand und den dunklen Wald des Dschungels, der dahinter aufstieg.

Wenn ich nur nicht so entsetzlich müde gewesen wäre!

Ich hatte schon lange nicht mehr geschlafen, und außerdem hatte mir die Explosion des Bootes übel mitgespielt. Alle nur möglichen Stellen meines Körpers hatten geschmerzt, als ich mehr tot als lebendig ans Ufer gekommen war.

Zum Glück hatte die Nacht keine merkliche Abkühlung gebracht, gegen die ich mich kaum hätte schützen können. Ich hatte keinerlei Ausrüstung bei mir und trug nur den flexiblen blauen Anzug, den ich in einer Kiste gefunden hatte, die zusammen mit anderen Bootstrümmern ans Ufer gespült worden war.

Weiter, nur immer weiter! Irgendwo an dieser Küste musste das Schiff des Bepelzten stehen, und wenn ich es erreicht hatte, konnte ich mir endlich Ruhe gönnen.

Im Mondlicht erkannte ich eine Sandbank, die sich weit ins Wasser hinaus erstreckte, und zugleich stieg der Boden unter meinen Füßen an. Ich erklomm die dünenartige Erhebung, aber als ich oben angekommen war, war ich am Ende. Schlagartig sackten die Beine unter mir weg, und ich fiel der Länge nach in den Sand.

Das hast du davon!, kommentierte mein Extrasinn mit der bei solchen Gelegenheiten üblichen spöttischen Überlegenheit. Immer willst du mit dem Kopf durch die Wand – und hinterher stehst du da und hast die Beulen am Kopf ...

Ich ignorierte diesen Aphorismus, obwohl er in seiner blumenreichen Form meine Lage sehr genau umriss. Besser gesagt, ich war viel zu fertig, um noch irgendwie darauf reagieren zu können! Ich lag keuchend da und versuchte neue Kräfte zu sammeln, aber vergeblich. Schließlich rollte ich mich im weichen Sand zusammen, und schlief fast übergangslos ein.

Dass dieses Verhalten schon mehr als ein bodenloser Leichtsinn war, wurde mir gar nicht mehr bewusst.

Dabei gab es auf dieser fremden Welt des Mikrokosmos kaum weniger Gefahren als auf einem gleichartigen Planeten meiner normalen Umwelt! Das hatte ich nun schon oft genug erfahren müssen, zuletzt bei der Urnensuche zusammen mit Vruumys.

Ich hatte mich durch die Hartnäckigkeit im Verfolgen meines Zieles in eine sehr gefährliche Lage gebracht, denn ich war in meinem Erschöpfungsschlaf Gegnern jeder Art vollkommen hilflos ausgeliefert. Doch entweder wachte ein hilfreicher Gott wohlwollend über mich, oder ich hatte einfach Glück, denn als ich wieder erwachte, lebte ich immer noch.

Ein harter Anprall gegen meinen Kopf weckte mich.

Ich fuhr hoch, sah verständnislos um mich und wusste im ersten Augenblick überhaupt nicht, wo ich eigentlich war. Rein instinktiv fuhr meine Hand zur Hüfte, aber sie kam leer zurück, denn ich besaß nichts, das ich hätte als Waffe verwenden können.

Doch nun wurde ich sehr schnell wieder munter und erfasste, wo ich mich befand. Um mich herum hatte sich nichts verändert, es war noch immer dunkel, nur die beiden Monde hatte inzwischen die andere Seite des Himmels erreicht. Daraus ließ sich leicht schließen, dass ich mehrere Stunden lang wie tot geschlafen hatte. Ich sah mich aufmerksam um, aber ich konnte weit und breit kein fremdes Wesen entdecken, das es auf mich abgesehen hatte.

Wer oder was hatte mich dann aber geweckt ...?

Ich erfuhr es gleich darauf, als sich im Sand neben mir etwas zu regen begann.

Dort lag ein etwa fingerlanger Käfer auf dem Rücken, strampelte wie wild mit den Beinen und versuchte, durch Hochstemmen der Flügel wieder in die Normallage zu kommen. Offenbar war dieses Insekt durch meine Körperwärme angelockt worden und hatte mich zum Ziel eines Sturzflugs ausgesucht – mit welcher Absicht, konnte ich natürlich nicht erraten.

Immerhin mahnten mich die Greifzangen an der Vorderseite seines Kopfes zur Vorsicht, und so verzichtete ich darauf, dem Tier auf die Beine zu helfen, was ich impulsiv hatte tun wollen. Vielleicht hätte es sich dafür in unfreundlicher Weise durch einen Biss oder Stich revanchiert, möglich war alles. Irgendwie würde es wieder auf die Beine kommen, aber dann wollte ich schon ein Stück weit weg sein.

Sehr vernünftig von dir, Kristallprinz!, meldete sich nun mein Extrahirn. Sehr leicht hätte es kein Käfer, sondern ein erheblich größeres Tier sein können, und ihm wärst du völlig wehrlos ausgeliefert gewesen. Ich habe dich gewarnt, einen solchen Raubbau mit deinen Kräften zu treiben. Wozu hast du mich eigentlich, wenn du doch nicht auf mich hörst?

Ich betrachtete das als eine rein rhetorische Frage und gab keine Antwort darauf. Statt dessen erhob ich mich und suchte nach dem seltsamen Gerät, das sich zusammen mit dem blauen Anzug in der Kiste befunden hatte, und das mir bei dem Sturz aus der Hand gefallen war.

Ich fand es einige Schritte weiter im Sand, hob es auf und starrte es sinnend an.

Es handelte sich dabei um eine kleine, silbern glänzende Kugel, deren Durchmesser etwa drei Zentimeter betrug. Sie war aus Metall, relativ schwer und mit drei fingerlangen dünnen, sternförmig angeordneten zackenartigen Auswüchsen bestückt. Ich hatte keine Ahnung, worum es sich dabei handeln mochte, auch mein Logiksektor hatte mir hier nicht helfen können. Möglicherweise war es aber ein Instrument, das mir später irgendwie von Nutzen sein konnte, deshalb hatte ich dieses Ding an mich genommen.

Vielleicht war es mir dann eine Hilfe, wenn ich Vruumys Raumschiff entdeckt hatte. Im Innern der Kugel konnte sich durchaus irgendein Mechanismus der fremden Technik befinden; ich hielt das jedenfalls für möglich.

Ich hatte den Schwarzpelz ja nicht besonders gut kennengelernt, doch er hatte sich vermutlich etwas dabei gedacht, als er die Kugel zu seinem Reserveanzug in die Kiste packte. Er hatte auch sonst immer sehr genau gewusst, was er wollte. Dass das im Endeffekt seinen Tod bedeuten würde, hatte er natürlich nicht ahnen können ...

Willst du hier stehen bleiben, bis du Wurzeln schlägst? Du hast es doch zuvor so eilig gehabt!, mahnte mich der Extrasinn.

Ich warf einen letzten Blick auf den noch immer eifrig strampelnden Käfer und dachte dabei, dass es mir im Grunde nicht viel besser als ihm erging!

Ich hatte mich zum zweiten Mal in den Mikrokosmos versetzen lassen, aber im Augenblick saß ich genauso fest wie er. Die Götter allein mochten wissen, was aus mir wurde, wenn ich das Raumschiff des Toten nicht fand, das im Moment meine einzige Hoffnung war.

Doch Grübeln brachte mich auch nicht weiter, deshalb schüttelte ich die unnützen Gedanken energisch ab. Ich klopfte den Sand von meiner Kleidung, verließ die Düne und setzte meinen Weg ins Ungewisse fort.

 

*

 

Der Schlaf hatte mich merklich erfrischt, und ich kam zügig voran.

Ungefähr eine Stunde später hatte ich eine Bucht umrundet, die tief in das Land einschnitt. Die beiden Monde neigten sich bereits ihrem Untergang zu, dafür zeigte sich aber im Osten ein heller Schimmer, der den Morgen ankündigte. Der Strand war hier nicht mehr viel breiter als fünfzig Meter, offenbar hatte inzwischen die Flut eingesetzt.

Ich kam dem Dschungel unangenehm nahe, in dem sich bereits die Frühaufsteher der Tierwelt zu regen begannen. Fremde Geräusche drangen zu mir herüber, dumpfes Gebrüll, heiseres Krächzen, und andere undefinierbare Laute. Das alles trug kaum dazu bei, mein Wohlbefinden zu heben, denn sehr leicht konnte es dort Bestien geben, denen ein junger Arkonide zum Frühstück durchaus gelegen kam!

Mein Fuß stockte und ich sah mich überlegend um, und dann zuckte ich wie elektrisiert zusammen. Die Strahlen der beiden Monde fielen nun fast waagerecht ein, und in ihrem Licht entdeckte ich unter einigen weit ausladenden Urwaldriesen ein metallisches Glitzern! Es ging von einem großen länglichen Körper aus, und unwillkürlich stieß ich einen gedämpften Jubelruf aus. Für mich konnte es nun keinen Zweifel mehr geben: Ich war am Ziel – ich hatte Vruumys' Raumschiff gefunden!

Freue dich nicht zu früh!, warnte prompt mein Logiksektor. Dieses Schiff verspricht dir zwar eine gewisse Sicherheit, aber es mag in seinem Innern auch vieles Unbekannte verbergen. Vergiss nicht, was du auf dieser Welt schon alles erlebt hast – sei vorsichtig!

Ich lächelte nur spöttisch zu dieser Warnung, denn welche Alternative blieb mir schon? Gewiss, dieses Schiff war mir fremd, aber ich traute mir durchaus zu, mit seinen Anlagen fertig zu werden. Es gab keine technischen Gebilde ohne ein bestimmtes Prinzip, und meine Ausbildung durch fähige arkonidische Wissenschaftler war umfassend genug gewesen. Wenn es einen Mann auf dieser Welt gab, der damit fertig wurde, dann war ich das mit Sicherheit.

Auf jeden Fall erschien mir diese Möglichkeit weit verlockender als die, von wilden Bestien verspeist zu werden!

Meine Füße setzten sich wie von selbst in Bewegung, und ich lief auf das Schiff zu.

Ich hatte jedoch kaum zehn Meter zurückgelegt, als mich ein hohles Pfeifen zusammenfahren ließ, das vom Meer her kam. Erschreckt sah ich auf, und dann entdeckte ich in niedriger Höhe ein dunkles Gebilde, das sich unklar gegen den vom letzten Mondlicht erhellten Himmel abhob.

Es konnte sich dabei nur um einen fremden Flugkörper handeln, um einen großen Gleiter oder ein weiteres Raumschiff! Wenn es noch irgendeinen Zweifel daran gegeben hätte, dann wurde er durch eine runde, hell erleuchtete Öffnung beseitigt, die einfach nicht zu übersehen war.

Lauf weg und suche Deckung, so schnell du kannst – man hat es auf dich abgesehen!, feuerte mich mein Extrasinn an.

Davon war ich allerdings nicht hundertprozentig überzeugt, denn praktisch konnte ja niemand wissen, dass ich mich gerade an dieser Stelle aufhielt. Die Annahme, dass die Insassen des unbekannten Fahrzeugs es auf Vruumys' Schiff abgesehen hatten, erschien mir viel plausibler. Doch ich befand mich in dessen unmittelbarer Nähe und wusste nicht, ob die Ankömmlinge in guter oder böser Absicht kamen, und auf eine entsprechende Probe wollte ich es nicht ankommen lassen. Es war auf jeden Fall besser, wenn ich mich erst einmal absetzte.

Deckung bot mir aber allein der Dschungel, also musste ich mich dorthin wenden, ohne Rücksicht auf die vielleicht darin lauernden Gefahren. Ich setzte mich also in Bewegung und spurtete los.

Ich kam allerdings nicht weit.

Kaum hatte ich fünfzehn Meter zurückgelegt, als eine fremde Gewalt nach mir griff! Ich hatte plötzlich das Gefühl, ein zusätzliches Gewicht mit mir zu schleppen, als hätte sich in diesem Gebiet die Schwerkraft sprunghaft erhöht. Ich kämpfte mit aller Macht dagegen an und arbeitete mich weiter vorwärts. Es war mir, als müsste ich gegen einen starken Sturm oder eine Wasserströmung angehen, und diese Behinderung wurde laufend noch stärker.

Fünf Meter schaffte ich noch, dann war es endgültig aus ...

Ich kam nicht mehr vom Fleck, so sehr ich mich auch abmühte. Im Gegenteil – plötzlich wurde mein Körper nach hinten gezogen, wie eine Marionette durch die Drähte des Puppenspielers. Meine Beine hoben vom Boden ab, und hilflos strampelnd schwebte ich in die Höhe, genau auf das fremde Fahrzeug zu!

Ein starker Traktorstrahl!, teilte mir mein Logiksektor nüchtern mit. Gib auf!

Ich lächelte bitter und musste wieder an den Käfer denken, den ich hilflos zurückgelassen hatte. Ihm war es vermutlich inzwischen längst gelungen, sich aus seiner unangenehmen Lage zu befreien – dafür befand ich mich nun an seiner Stelle mitten in unabsehbaren Schwierigkeiten.

So nahe war ich dem Schiff schon gewesen, und nun das!

Unaufhaltsam bewegte ich mich im Griff des Zugstrahls nach oben und sah, wie die erleuchtete Öffnung immer näher kam. Ich konnte nun erkennen, dass der unbekannte Flugkörper zu klein für ein Raumschiff war; vermutlich handelte es sich um einen großen Gleiter oder um ein Beiboot. Seine genaue Form blieb infolge der Dunkelheit auch jetzt noch verborgen.

Meine unfreiwillige Reise führte bis in eine Höhe von etwa zweihundert Metern, dann war ich am Ziel.

Ich schwebte in die runde Öffnung hinein, und hinter mir schlug mit dumpfem Poltern ein Schott zu. Der Traktorstrahl wurde abgeschaltet, und ich landete unsanft auf dem harten Boden. Fluchend rieb ich mir die Kehrseite und sah mich dann misstrauisch um.

Ich befand mich in einem kleinen niedrigen Raum, der kaum zwei Meter in der Breite und drei in der Länge maß. Er war vollkommen leer und auf allen Seiten von Wänden aus einem schwarzen Metall begrenzt, an der Decke befand sich eine große quadratische Leuchtfläche. Es schien keine Tür zu geben, die ins Innere des Fahrzeugs führte, sosehr ich auch danach suchte. Die innere Querwand wies lediglich drei ungefähr in Augenhöhe gelegene kopfgroße Löcher auf, die an Bullaugen erinnerten.

Ob ich durch sie beobachtet wurde?

Ich trat nahe heran und versuchte hindurchzusehen, jedoch ohne Erfolg. Ich sah lediglich runde gläserne Flächen, in denen sich mein Gesicht spiegelte, sie bestanden also offenbar aus Einwegglas. Resignierend trat ich wieder zurück und begann angestrengt zu überlegen, was mich nun wohl erwarten mochte.

Mir fehlte jeder geringste Anhaltspunkt dafür, um wen es sich bei den Entführern handeln konnte. In dieser Lage versagte auch der Logiksektor meines Extrahirns, der nur dann sinnvolle Schlüsse ziehen konnte, wenn er die entsprechenden Informationen erhielt. Ich wusste lediglich, dass ich mich in einer wenig beneidenswerten Lage befand.

Es waren nun schon etwa zwei Minuten vergangen, ohne dass etwas geschehen war. Vermutlich war man bereits dabei, mich mit unbekanntem Ziel abzutransportieren, und die Entführer zogen es vor, mich bis zum letzten Augenblick im Unklaren zu lassen. Daran konnte ich nichts ändern, also setzte ich mich auf den Boden, lehnte den Rücken gegen die Metallwand und versuchte, mich zu entspannen.

Im nächsten Moment fuhr ich aber erschreckt wieder hoch.

Über mir in der Decke hatte sich eine ungefähr handgroße Öffnung gebildet, in der ich eine Lautsprecher-Feldmembrane erkannte, und aus ihr klang eine dumpfe Stimme auf. Irgend jemand brüllte mit voller Lungenkraft in ein Mikrophon, so laut, dass meine Trommelfelle zu schmerzen begannen. Rasch hielt ich mir die Ohren zu, aber das half nicht viel.

Unbarmherzig dröhnte die fremde Stimme auf mich herab, und der drohende Tonfall war unverkennbar. Ich hörte ihn unschwer heraus, obwohl ich kein Wort von dem verstand, was mir da entgegengeschleudert wurde. Wer da auch immer brüllen mochte – freundliche Gefühle für mich hegte er auf gar keinen Fall!

Hattest du das etwa erwartet?, erkundigte sich mein Extrahirn in seiner unnachahmlichen Art.

Ich zog eine Grimasse und versuchte weiter, irgendeinen Sinn in den Worten der Sprache zu entdecken, die das fremde Wesen benutzte. Es wollte mir nicht gelingen, nur ein einziges Wort kehrte immer wieder, und darauf konzentrierte ich mich. Es klang wie Vruumys, nur wurde es mit einer gänzlich falschen Betonung ausgesprochen.

Es heißt zweifellos Vruumys!, informierte mich mein Logiksektor. Wer sich auch immer in dem Fahrzeug befinden mag, er ist ganz bestimmt der Meinung, den Schwarzpelz gefangen zu haben.

Konnte das stimmen?

Je länger ich überlegte, um so wahrscheinlicher erschien es mir. Der fremde Flugkörper hatte sich zielstrebig dem Raumschiff Vruumys' genähert, und in der Dunkelheit hatte man vermutlich nicht erkannt, dass man sich einen Falschen gegriffen hatte! Ich trug einen seiner Anzüge und befand mich direkt bei seinem Raumer – das war mein Pech gewesen.

 

*

 

Die fremde Stimme dröhnte immer noch aus der Feldmembrane, aber ich achtete nicht mehr darauf. Allmählich reichte es mir!

Ich hatte mich durch die Maahks in den Mikrokosmos versetzen lassen, um ihren Wissenschaftler Grek 3 und die von ihnen gefangene arkonidische Prinzessin Crysalgira zu suchen. Gelang es mir, mit beiden in die Normalwelt zurückzukehren, sollte ich anschließend meine Freiheit erhalten. Diese Lösung war mir durchaus akzeptabel erschienen, zumal ich von meinem ersten Aufenthalt her bereits über gewisse Erfahrungen in dieser Dimension verfügte.

Jetzt erschien mir diese Idee längst nicht mehr halb so gut. Ich befand mich nun schon eine ganze Zeit im Mikrokosmos, aber was hatte ich bisher erreicht?

Gar nichts!

Weder von Grek 3 noch von Crysalgira hatte ich auch nur die geringste Spur gefunden. Meine ganze Ausbeute bestand bisher aus einem vagen Hinweis, der so gut wie nichts wert war. Er stammte von den Wilden am Ufer des Jongquatz, und die waren in meinen Augen nicht viel glaubwürdiger als mein Pflegevater Fartuloon, wenn er ins Fabulieren kam.