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Eigel Wiese

KREUZFAHRTSTADT
HAMBURG

Eigel Wiese

KREUZFAHRTSTADT HAMBURG

Die Metropole der Traumschiffe

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Fotos: Eigel Wiese, soweit nicht anders angegeben.

Ein Gesamtverzeichnis der lieferbaren Titel schicken wir Ihnen gerne zu.

ISBN 978-3-7822-1028-7

© 2011 by Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg

Layout und Produktion: Inge Mellenthin

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INHALT

Auf der Elbe in die »schönste Stadt der Welt«

In Hamburg entstand gleich zweimal die Idee der Kreuzfahrten

Es gibt drei Terminals für die Traumschiffe

Kontrollen auch für die eigene Sicherheit

Kreuzfahrtschiffe und die Umwelt

Von der Übernahme des Proviants merken die Passagiere nichts

Kreuzfahrtgäste geben in Hamburg Geld aus

Die Hamburger Kreuzfahrtreedereien

Es gibt Schiffe für nahezu jeden Geschmack

Luxusschiffe

Große Schiffe

Mittlere Schiffe

Kleine Kreuzfahrtschiffe

Clubschiffe

Expeditionsschiffe

Segelkreuzfahrtschiffe

Hamburger Architekten entwerfen die schönen Schiffe

Die Theaterschule für Bordunterhaltung

Die großen Shows der Taufen ziehen jedes Mal Tausende Besucher an

Hamburg Cruise Days, eine Feier zu Ehren der Kreuzfahrtschiffe

Messen und Kongresse rund um Kreuzfahrtschiffe

Auch Kreuzfahrtschiffe müssen ins Dock

Auch häufige Gäste brauchen einen Lotsen

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AUF DER ELBE IN DIE »SCHÖNSTE STADT DER WELT«

Als schönste Stadt der Welt wird Hamburg gern von ihren Fans betitelt. Der schönste Weg, sich dieser Stadt zu nähern, führt über die Elbe. Das genießen die Gäste von Kreuzfahrtschiffen immer wieder, wenn sie mit ihrem Schiff, meist am frühen Morgen, in den Hafen einlaufen. Während viele andere Hafenstädte von kilometerlangen Industriegürteln umgeben sind, überwiegt bei der Fahrt elbaufwärts der Eindruck von grüner Natur.

Kurz vor der Landesgrenze erleben die Gäste ein ganz besonderes Ritual. Die Schiffsbegrüßungsanlage von Schulau ist als »Willkomm Höft« bei Seeleuten in aller Welt bekannt, weil es eine solche Einrichtung sonst nirgendwo gibt. Betrieben wird sie von Männern wie Gerhard Kruse, der sich Begrüßungskapitän nennt und so richtig in seinem Element ist, wenn auf der Elbe viel Schiffsverkehr herrscht. Dann spielt er Nationalhymnen, lässt die Begrüßungsflaggen dippen und erklärt den Gästen des Schulauer Fährhauses sowie den Spaziergängern am Fluss, welches Schiff gerade die Elbe passiert. Über die großen Lautsprecher auf dem Landungssteg sind seine Worte weithin zu hören.

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Nach dem Empfang am Willkomm Höft (links) grüßt Blankenese mit dem Süllberg zu den Kreuzfahrt-Passagieren herüber.

Der damalige Wirt des Schulauer Fährhauses, Otto Friedrich Behnke, suchte in den Jahren nach dem Kriege eine besondere Attraktion für sein Lokal am Elbstrand. Gemeinsam mit der Nautischen Kameradschaft Hansea baute er 1952 eine Anlage auf, mit der alle Schiffe, die mit mehr als 500 BRT vermessen sind, beim Ein- oder Auslaufen des Hamburger Hafens begrüßt werden. Geht die Fahrt elbaufwärts, dann erklingt das Lied »Stadt Hamburg an der Elbe Auen«, tritt es eine Seereise an, ertönt »Muss i denn …«. Dazu spielt die Nationalhymne, und die Flaggensignale »U« und »W« werden gesetzt. Das versteht jeder Seemann und bedeutet gute Reise.

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Gerhard Kruse ist einer der fünf Begrüßungskapitäne am Willkomm Höft. Er freut sich über regen Schiffsverkehr auf der Elbe.

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Wenn Schiffe zum ersten Mal den Hamburger Hafen anlaufen, werden sie mit Wasserfontänen eines Feuerlöschbootes begrüßt.

Fünf Männer sind sie, die sich als Begrüßungskapitäne den Monat über abwechseln – alle arbeiten sie ehrenamtlich. Ihr Arbeitstag ist lang, er beginnt morgens um sieben Uhr und endet bei Sonnenuntergang, also im Sommer auch schon mal nach 22 Uhr.

Ist der Mann in der Ansagekabine, der drei goldene Streifen auf seinen Schulterklappen trägt, ein erfahrener Nautiker, der sein Leben auf den Ozeanen verbrachte? Gerhard Kruse lächelt: »Nein, ich war bis zu meiner Pensionierung Leiter eines Hamburger Ortsamtes. Aber schifffahrtsverrückt bin ich immer gewesen und schon als Jugendlicher mit dem Fahrrad hierher gefahren. Als ich dann in einer Zeitung las, hier würde ein Begrüßungskapitän gesucht, habe ich mich gemeldet und wurde angenommen.«

Die Informationen über all diejenigen Schiffe, die im Laufe eines Jahres das Willkomm Höft passieren, stecken in Hunderten Karteikarten in einem mehrere Meter langen Kasten direkt unterhalb des Fensters mit Blick auf die Elbe. So braucht der Wachhabende auch dann nicht den Blick vom Fluss zu lassen, wenn er die Schiffsdaten heraussucht. Doch die moderne Technik hat auch in der kleinen Kabine Einzug gehalten. Monitore zeigen über Webcams den Blick elbauf- und elbabwärts, andere führen Schiffsdaten und Positionen an. In Regalen stecken Musikkassetten mit gut 200 Nationalhymnen, auf der Erde gibt es 193 anerkannte Staaten. Daneben hängt ein Leuchtglobus, damit der Wachhabende schnell nachsehen kann, wo genau denn so manches exotische Land überhaupt liegt.

Zwar sind auch alle Hymnen auf den Computern gespeichert, aber nicht jeder der Begrüßungskapitäne ist mit der modernen Elektronik vertraut, und so spielt er die Musik doch lieber vom Band. »Außerdem können wir so die Schiffe auch dann begrüßen, wenn die Computer einmal ausfallen«, erklärt Gerhard Kruse.

Während er so von seinem Alltag erzählt, steht die Tür zu der kleinen Kabine immer offen. Gäste des Fährhauses schauen herein und wollen noch zusätzliches zu den Schiffen wissen. So genannte Shipspotter, die als Fotografen ein umfangreiches Archiv zu Schiffstypen pflegen, sind ohnehin Stammgäste, und so manche Besucher aus dem Binnenland suchen nach Erklärungen für rätselhafte Phänomene, wie jenes, dass die Elbe gerade in Richtung Hamburg fließt, wo doch die Nordsee genau auf der anderen Seite ist. Mit einem Schuss Humor erklärt Gerhard Kruse die Wirkung der Gezeiten. Humor kennzeichnet ihn ohnehin. Das merkt man an den vielen kleinen Geschichten, den »Döntjes«, die er erzählt. Beispielsweise davon, wie manche exotische Nationalhymne ihren Weg nach Schulau fand, welche bekannten Persönlichkeiten ihn schon am Willkomm Höft besucht haben und wie so manche kleine Panne passierte. Aber während er erzählt, hat er immer die Elbe im Blick, bereit, jederzeit das Gespräch zu unterbrechen, um ein Schiff zu begrüßen. Hektisch wird er dabei nicht. Aber die Begeisterung für die Schiffe, die ist bei ihm immer deutlich zu spüren.

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Auf dem Vordeck der SEA CLOUD II achtet der Ausguck auf die vielen kleinen Fahrzeuge im Hamburger Hafen. Die Michaeliskirche im Hintergrund ist traditionell die Kirche, deren Turm Seeleute als erste begrüßt. Sie ist daher weltbekannt.

Die Stadt Hamburg selbst zeigt sich gleich hinter der Fahrwassertonne 122, die in der Nähe der Landesgrenze liegt, von einer ihrer attraktivsten Seiten. Am 75 Meter hohen Süllberg liegt Blankenese, das »Dorf von Weltruf« in seiner einmalig schönen Lage am Elbhang.

Die Flugzeugwerke und Containerterminals am Südufer der Elbe werden kaum wahrgenommen, denn die meisten Passagiere stehen auf der Backbordseite mit Blick nach Norden, wo sich die Villen an der ebenfalls weltbekannten Elbchaussee entlangziehen, bis die Kirchtürme Hamburgs ins Blickfeld geraten. Denn noch immer beherrschen sie das Bild der Hamburger Innenstadt.

Ganz gleich, an welcher der Kaianlagen das Schiff festmacht, ob am Kreuzfahrtterminal Altona oder etwas weiter elbaufwärts in der HafenCity, von den Liegeplätzen erreicht man in kurzer Zeit die City mit einem vielseitigen kulturellen Angebot und anspruchsvollen Einkaufsmöglichkeiten.

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Nur wenige Minuten vom Terminal HafenCity entfernt liegen solche beliebten Touristenattraktionen wie das Miniatur-Wunderland, das Prototypen-Museum, das Internationale Maritime Museum, nach seinem Gründer auch Tamm-Museum genannt. Es gibt überall Gastronomie, schnelle Verbindungen zu den Musical-Bühnen der Stadt sowie zu den großen Museen und Kunstsammlungen. So lieben es Kreuzfahrtgäste. Wegen der Attraktivität der Stadt gehen knapp ein Drittel aller Kreuzfahrtpassagiere nicht gleich an oder von Bord, um nach Hause zu reisen. Sie beziehen stattdessen die Stadt selbst in das Reiseerlebnis mit ein. Dabei bleiben sie statistisch gesehen zwei Nächte länger in Hamburg als die Kreuzfahrt dauert, zwei Drittel von ihnen buchen eine Hotel-Übernachtung. Wie viel Geld sie dabei in Restaurants und Geschäften ausgeben, ist nur schwer festzustellen. Fest steht jedoch, Hamburg ist der deutsche Kreuzfahrthafen mit der höchsten Wertschöpfung.

Aber nicht nur Kreuzfahrt-Passagiere genießen die Vorzüge der Hansestadt, auch Reedereien schätzen die maritime Kompetenz von Hamburger Unternehmen und Behörden. Werften, Schiffszulieferer, Dienststellen und Hafenagenten haben sich auf die Passagierschifffahrt eingestellt.

Reedereien, die eine besondere Veranstaltung rund um ihr Schiff planen, ganz gleich, ob es sich um eine Taufe oder ein Jubiläum handelt, können zudem sicher sein, dass dies Ereignis nicht unbeachtet bleibt. Hamburger und ihre Gäste von auswärts strömen auch bei schlechtem Wetter zu Tausenden an die Elbe, um mitzufeiern.

Alle zwei Jahre gibt es in Hamburg ein großes Fest nur für Kreuzfahrtschiffe. Die mehrere Tage dauernden Hamburg Cruise Days enden mit einer Auslaufparade, bei der die schönen Schiffe mit nur jeweils einer Schiffslänge Abstand an den Landungsbrücken vorbeiziehen.

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Wer kein Deutsch spricht, fühlt sich in Hamburg trotzdem nicht verloren. Die Durchsagen in U- und S-Bahnen sind zweisprachig, ebenso wie viele Hinweisschilder. In den meisten Geschäften wird mehr oder weniger gut Englisch gesprochen, werden internationale Kreditkarten akzeptiert und ist die Abwicklung von Tax-Free-Geschäften kein Problem. Als weltoffen gilt die Stadt ohnehin bereits seit Generationen.

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In Hamburg einzulaufen, ist für Passagiere ein besonderes Erlebnis. In Höhe Oevelgönne liegen die Traditionsschiffe des Museumshafens (links), dann folgt die »Krone« der Hamburger Kirchtürme und kurz vor dem Terminal HafenCity grüßt die Galions- figur des Museumsschiffes RICKMER RICKMERS.

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Im Verwaltungsgebäude der Reederei HAPAG an der Binnenalster entstand die Idee, Kreuzfahrten anzubieten.

So ist Hamburg zwar nicht der deutsche Hafen mit den meisten Kreuzfahrtanläufen, auch wenn die Zahl von Jahr zu Jahr steigt. Aber die Stadt entwickelt sich zur Kreuzfahrthauptstadt der Herzen, zu einer Stadt, in der diese Schiffe besonders intensiv wahrgenommen und mit viel Sympathie begrüßt werden.

Nachdem die Passagiere die Gangway heruntergegangen sind, erwartet sie eine freundliche Hostess in blauem Kostüm, die Umschläge an alle diejenigen verteilt, die mit dem Shuttlebus vom Kreuzfahrtterminal aus in die Hamburger Innenstadt fahren wollen. Einen Tag lang haben die Gäste Zeit, sich die Hansestadt an der Elbe anzuschauen, und der Inhalt des Umschlages gibt ihnen Tipps, wie sie diesen Tag verbringen können. Er enthält beispielsweise einen Stadtplan für all diejenigen, die nicht an einer der Stadtrundfahrten teilnehmen, sondern sich diese Stadt auf eigene Faust erobern wollen. Hinweise zur Hamburg Card mit vergünstigten Fahrten in Bahnen und auf Fähren und zum Eintritt in Museen finden sich ebenso wie Restauranttipps und eine Broschüre, die beschreibt, wo man die Hafenstadt in all ihren Facetten vom modernen Umschlag bis zu den gut erhaltenen Traditionsschiffen erleben kann.

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Den Festmachern scheint dieses Aida-Schiff ein Begrüßungsküsschen zu geben.

Es gibt auch Touristen, die gehen zu Fuß von Bord und streifen einfach durch die HafenCity und Speicherstadt mit ihrer bunten architektonischen Mischung aus Speichern und Bürogebäuden des 19. Jahrhunderts bis hin zur großen Spielwiese der Architekten des begonnenen 21. Jahrhunderts. Denn auf der derzeit größten Baustelle Europas entsteht ein völlig neuer Stadtteil in unterschiedlichen Architekturstilen.