Kapitel 1

Krafttraining wird bei Kindern und Jugendlichen allgemein und im Leistungssport speziell noch immer kontrovers und in Teilen nicht sachlich diskutiert. Die verschiedenen Krafttrainingsaspekte und tradierten Lehrmeinungen werden oftmals pauschalisiert wiedergegeben, ohne jedoch Angaben zu den einzelnen Belastungsmerkmalen, der Übungsgestaltung und der Übungsausführung sowie dem spezifischen Adressatenkreis zu machen. Dies ist jedoch entscheidend, wenn dezidiert und empirisch fundierte Hinweise und Argumente ausgetauscht werden sollen.

Krafttraining bzw. Krafttrainingsinterventionen sind mehrdimensional zu verstehen. So reicht die Spannweite von Übungen mit geringen Gewichten oder Widerständen bis hin zum Hochleistungstraining bei Kraftdreikämpfern und Gewichthebern des internationalen Leistungsniveaus. Die Anwendungsfelder betreffen den Schulsport ebenso wie sportartspezifische Kontexte im Nachwuchsleistungssport.

Während in der nationalen Literatur noch eine eher zurückhaltende Meinung zum Krafttraining im Kinder- und Jugendalter aufzeigbar ist und sich noch immer Mythen zur Sinnhaftigkeit von Krafttrainingsinterventionen bei Kindern und Jugendlichen in Theorie und Praxis finden lassen, wird in der angloamerikanischen Literatur sowie in der Sportpraxis die Sinnhaftigkeit von Krafttraining im Heranwachsendenalter nicht mehr diskutiert, sondern als gegeben angesehen.

„Viele Jahre lang glaubten nur wenige Menschen, dass Widerstandstraining die Kraft von Kindern verbessern könnte; Trainer und Lehrer glaubten, dass Kinder mit zunehmender Reife stärker würden und dass Krafttraining nur für ältere Athleten tauge. [...] Es ist jedoch so, dass Kinder in der Tat von einem angemessen gestalteten und altersgemäßen Training profitieren können.“ (Kraemer & Fleck, 2005, S. 1)

Einleitung

Die Bedeutung des Krafttrainings bei Kindern und Jugendlichen allgemein und im Leistungssport speziell wird noch immer kontrovers und in Teilen nicht sachlich diskutiert. So schreiben Fleck und Kraemer (1997, S. 199): Bei Experten aus den Bereichen Bildung, Medizin und Wissenschaft hat die Möglichkeit der Durchführung eines Widerstandstrainings für Kinder innerhalb der letzten zehn Jahre deutlich an Akzeptanz und Verbreitung gewonnen, bleibt jedoch eine kontrovers diskutierte Angelegenheit (vgl. hierzu auch die Auftaktveranstaltung zum Krafttraining im Nachwuchsleistungssport des Bundesinstituts für Sportwissenschaft 2008).

Aspekte eines Krafttrainings werden oftmals pauschalisiert wiedergegeben, ohne jedoch Angaben zu den Belastungsmerkmalen wie Belastungsintensität, -dauer, -dichte, -umfang und Trainingshäufigkeit, der Übungsgestaltung und der Übungsausführung sowie zum jeweiligen Adressatenkreis zu machen. Dabei reicht die Palette der Definitionen des Krafttrainings bei Heranwachsenden von Übungen mit geringen Widerständen als Ergänzungs- oder Ausgleichstraining bis hin zum Hochleistungstraining bei Kraftdreikämpfern und Gewichthebern des internationalen Leistungsniveaus. Die unterschiedlichen Anwendungsfelder betreffen den Schulsport ebenso wie sportartspezifische Kontexte im Nachwuchsleistungssport (vgl. Behringer et al., 2010a; vom Heede et al., 2007; Letzelter, 1983).

Während Befürworter Aussagen wie beispielsweise „Ein gezieltes und altersgemäßes Krafttraining im Sinne der Haltungsprophylaxe bzw. zur Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit ist demnach unbedingt erforderlich“ (Weineck, 2003, S. 374), „Der Beginn der Trainierbarkeit der Kraft bei Kindern liegt nach bisherigen wissenschaftlichen Aussagen und praktischen ›Erscheinungsbildern‹ um das 7.-9. Lebensjahr“ (Ehlenz et al., 1998, S. 74) und „Widerstandstraining für Kinder hat vor allem deshalb an Akzeptanz und Verbreitung gewonnen, weil durch ein angemessen gestaltetes Trainingsprogramm Kraftgewinne eintreten und die Knochenstärke verbessert sowie Verletzungen bei anderen Sportaktivitäten vermieden werden können“ (Fleck & Kraemer, 1997, S. 215) nennen, halten Kritiker eines Krafttrainings im Kinder- und Jugendalter dagegen: „Unterhalb des 8.-10. Lebensjahrs besteht kaum eine Trainierbarkeit im Sinne der morphologischen Adaptation“ (Hollmann & Hettinger, 1990, S. 251) und „Ein relativ einseitig auf die spezifischen Anforderungen der Wettkampfdisziplin ausgerichtetes Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen soll auch im Hochleistungssport vermieden werden, denn es kann in Extremfällen Wirbelsäulen- und Knochendeformationen, [...] hervorrufen“ (Harre, 1986, S. 149).

Während in der nationalen Literatur zu Beginn der 70er bis in die 90er Jahre noch eine eher zurückhaltende Meinung zum Krafttraining im Kinder- und Jugendalter aufzeigbar war, die in Teilen jedoch bis dato noch in deutschen Standardwerken und Lehrbüchern zur Trainingsgestaltung und Trainingsmethodik anzutreffen und in der Sportpraxis tradiert wird, steht in der angloamerikanischen Literatur eine Sinnhaftigkeit von Krafttraining im Kindes- und Jugendalter nicht mehr in Frage.

Darüber hinaus stellen Krafttrainingsinterventionen einen zentralen Bestandteil der allgemeinen sportmotorischen Grundlagenausbildung dar. Im internationalen Kontext stehen daher eher trainingsmethodische und didaktische Aspekte im Vordergrund (Faigenbaum 2007; Faigenbaum et al., 1996b; 1999; 2005; Fleck & Kraemer, 1997; Guy & Micheli, 2001; Kraemer & Fleck, 2005).

Des Weiteren scheint die nationale und internationale Publikationslage zum Thema Krafttraining bei Kindern und Jugendlichen indifferent und eine Vergleichbarkeit von empirischen Befunden aufgrund verschiedener Trainingsmethoden sowie heterogener Terminologie erschwert (Niessen et al., 2010). So sind Hinweise in deutschsprachigen Datenbanken bzw. Publikationen im Gegensatz zu internationalen Publikationen deutlich unterrepräsentiert (vgl. Freiwald, 2005). Aktuell sind jedoch verstärkte Bemühungen seitens der Wissenschaft hierzu zu erkennen (vgl. Behringer et al., 2010; Hartmann et al., 2010).

Für und Wider zeigt das folgende Bild einer Turnerin, welche ein entsprechendes Krafttraining zusätzlich zum regulären Turntraining absolviert hat, dass es durch spezifische Krafttrainingsreize zu entsprechenden Anpassungsreaktionen kommen kann.

image

Abbildung 1: Turnerin, welche ein spezifisches Krafttraining absolviert hat (die Athletin war zur Zeit der Fotoaufnahme 12 Jahre alt)

Diese Debatte um die Sinnhaftigkeit erweist sich auf dem bisher beschrittenen Wege als nur schwerlich lösbar, da eine wesentlich differenziertere Betrachtung der Thematik Krafttraining im Heranwachsendenalter vonnöten ist. Insbesondere die Frage nach der grundsätzlichen Trainierbarkeit der motorischen Eigenschaft Kraft in unterschiedlichen Phasen der Ontogenese (individuelle Entwicklung) bis hin zur Adoleszenz sowie die „proklamierten“, damit einhergehenden Gefährdungen der körperlichen und psychischen Unversehrtheit stehen daher im Fokus dieses Buches.

Im zweiten Teil dieses Buches werden die allgemeinen Ausführungen zum Krafttraining bei Kindern und Jugendlichen durch allgemeine und spezifische Krafttrainingsübungen (Übungen mit dem eigenen Körpergewicht, Partnerübungen, Übungen mit Kurz- und Langhanteln, Übungen mit Gymnastikbändern sowie Übungen an Kraftgeräten und Kraftmaschinen) für die einzelnen Altersbereiche, in Abhängigkeit des Anforderungsprofils der betriebenen Sportart sowie des bisherigen Trainingszustandes ergänzt. Hinzu kommen konkrete Trainingsempfehlungen und Handlungsanweisungen im Sinne von Trainingsplänen (Teil 3). Bereits an dieser Stelle sei jedoch erwähnt, dass die Auswahl der Übungen, die Trainingsgestaltung und Trainingsplanung, die Belastungsfestlegung sowie die explizite Durchführung des Trainings ein Höchstmaß an Verantwortungsbewusstsein seitens der Trainer, Übungsleiter und der in der Praxis Tätigen erfordert. Die vorgestellten Trainingsarrangements können nur einen ersten Anhaltspunkt geben und erfordern eine weitere individuelle Auseinandersetzung mit dem „spezifischen“ Klientel und dem Thema. Insgesamt werden die angeführten Aspekte des kind- und jugendgerechten Krafttrainings unter einer medizinischen, psychischen und pädagogischen Sichtweise erörtert und anhand des aktuellen Wissensstandes diskutiert.

 

Kapitel 10

Im folgenden Kapitel werden konkrete pädagogische Hinweise sowie dezidierte Trainingsempfehlungen, Anweisungen für die Hinführung, Umsetzung und Evaluation von Krafttrainingsinterventionen bei Kindern und Jugendlichen gegeben und diskutiert. Generell ist anzumerken, dass es keine allgemeingültigen Trainingsempfehlungen und Trainingsprogramme geben kann, da die individuelle Spezifik, genetische Prädisposition, physische und psychische Voraussetzung sowie die jeweilige Zielstellung für jedes Kind und jeden Jugendlichen immer individuell vorzunehmen sind.

Vor der Ausführung eines Krafttrainings ist unbedingt zu klären, inwieweit das Kind physisch und psychisch in der Lage ist, ein kontinuierliches Training durchzuführen.

Weitere Hinweise, welche bei der Gestaltung und Durchführung eines Krafttrainings zu berücksichtigen sind, betreffen u. a. die zu verwendenden Trainingsgeräte, die umfassende Gewährleistung einer Betreuung und Aufsicht, die Hinweise und Einwände, die die Kinder und Jugendlichen äußern, deren geistige und soziale Voraussetzungen sowie die Durchführung der korrekten Bewegungstechnik.

Pädagogische Aspekte sowie Trainingsempfehlungen zum Krafttraining bei Kindern und Jugendlichen

Bevor konkrete pädagogische Hinweise sowie dezidierte Trainingsempfehlungen für die Anweisung, Hinführung, Umsetzung und Evaluation von Krafttrainingsinterventionen bei Kindern und Jugendlichen gegeben und diskutiert werden, ist die Forderung von Faigenbaum und Kollegen (1996a, S. 70) zu berücksichtigen: „Um ein Widerstandstraining zu beginnen, muss ein Kind mental und emotional bereit sein, die Anweisungen des Trainers umzusetzen und die Belastungen eines Trainingsprogramms aushalten zu können. Wenn ein Kind bereit ist, eine Sportart auszuüben, hat es i. d. R. auch die Voraussetzungen, um eine Form des Widerstandstrainings zu absolvieren.“ Grundsätzlich ist anzumerken, dass es keine allgemeingültigen Trainingsempfehlungen und Trainingsprogramme geben kann, da die individuelle Spezifik, genetische Prädisposition, physische und psychische Voraussetzungen und die jeweilige Zielstellung für jedes Kind und jeden Jugendlichen immer individuell sind. Jedoch lassen sich einige generalisierbare Hinweise und Handlungsempfehlungen aussprechen (vgl. Grosser et al., 2008).

Nach Kraemer und Fleck (2005, S. 10) beinhalten Krafttrainingsempfehlungen bei Heranwachsenden u. a. folgende Aspekte: Ein gutes Krafttrainingsprogramm berücksichtigt eine entsprechende Vorbereitung (fragen Sie sich, ob Ihr Kind wirklich bereit ist, mit einem Krafttraining zu beginnen), Kontinuität, (die Einsicht in die Bedeutung einer regelmäßigen und langfristigen Ausführung des Programms während der Wachstumsjahre) und ein entsprechendes Verständnis (Kenntnisse der anatomischen und physiologischen Komponenten im Zusammenhang mit einem Krafttraining).

Freiwald (2005, S. 272) stellt vergleichbare Überlegungen an, erweitert diese jedoch u. a. durch die Merkmale wie sie in Tabelle 10 dargestellt sind (vgl. Ehlenz et al., 1998; Faigenbaum, 1993; Faigenbaum et al., 1996a; Fleck & Kraemer, 1997; Grosser et al., 2008; Guy & Micheli, 2001; Kraemer & Fleck, 2005; Weineck, 2003):

Tabelle 10: Planungsaspekte von Krafttrainingsinterventionen mit Kindern und Jugendlichen (in Ergänzung an Freiwald, 2005, S. 272)

Nr. Pädagogische Hinweise und planungstechnische Anmerkungen zur Durchführung eines Krafttrainings mit Kindern und Jugendlichen
1) Wurden alle Vorsorgeuntersuchungen (V 1 bis V 8) durchgeführt? Ist das Kind bzw. der Jugendliche sportmedizinisch vor allem internistisch und orthopädisch untersucht bzw. organisch und orthopädisch belastbar? Sind medizinische Folgeuntersuchungen in regelmäßigen Abständen notwendig? Eventuell orientiert an den D-Kaderuntersuchungen im Nachwuchsleistungssport (vgl. American Academy of Pediatrics, 2001; Birnesser et al., 2001; Faigenbaum et al, 1993).
2) Sind die durch Krafttraining verfolgten Ziele wie Kraftsteigerung in bestimmter Zeit, Gewichtsreduktion, Muskelmassezunahme etc. realistisch (vgl. Kraemer & Fleck, 2005)?
3) Sind der Trainingsraum und die Trainingsgeräte für Kinder bzw. Jugendliche geeignet (u. a. Geräte, Hebellängen, Gewichtsabstufungen, Sicherheit)? Lassen sich die Geräte individuell auf die jeweiligen anatomischen und biomechanischen Drehachsen einstellen und sind geringe Gewichtsabstufungen an den Geräten möglich (vgl. Mellerowicz et al., 2000)?
4) Ist eine umfassende Aufsicht und Betreuung der Kinder und Jugendlichen durch speziell ausgebildete Trainer (Lehrer) gewährleistet? Ist das Krafttraining theoretisch reflektiert? Hat der Trainer Kenntnisse über die Besonderheiten des Krafttrainings bei Kindern und Jugendlichen (vgl. Faigenbaum, 1993; Faigenbaum et al., 1996a; Kraemer & Reck, 2005)?
5) Ist der Trainer für das Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen geeignet (z. B. pädagogische Fähigkeiten)? Hat er Erfahrungen mit Krafttraining im Kinder- und Jugendtraining, kann er die geeigneten Bewegungstechniken vermitteln und besitzen die Betreuungspersonen genügend Verantwortungsbewusstsein? D. h. kein übertriebener Ehrgeiz und Projektion eigener Ziele auf die Heranwachsenden (vgl. Faigenbaum, 2003).
6) Werden Hinweise, Einwände und Bedenken der Kinder bzw. Jugendlichen wahrgenommen? Wird auf die aktuelle Tagesverfassung und die Motivation eingegangen? Werden situative Bedingungen wie besondere Alltagsbelastungen oder zusätzliche Aktivitäten in anderen Sportarten hinreichend berücksichtigt (vgl. Kraemer & Fleck, 2005)?
7) Sind die Eltern in den Informationsfluss integriert? Werden die Kinder bzw. Jugendlichen gelobt und mit den nötigen Informationen versorgt (vgl. Guy & Micheli, 2001)?
8) Besitzt das Kind bzw. der Jugendliche die körperlichen, geistigen und sozialen Voraussetzungen für ein Krafttrainingsprogramm? Sind die verschiedenen Übungen und Trainingsprogramme altersadäquat gestaltet (vgl. Guy & Micheli, 2001; Kraemer & Reck, 2005)?
9) Ist das Kind bzw. der Jugendliche in der Lage, Anweisungen der Trainer konsequent zu befolgen? Kann die Konzentrationsfähigkeit über die Übungssituation hin beibehalten werden?
10) Ist das Kind bzw. der Jugendliche in der Lage, technisch korrekte Bewegungsabläufe zu produzieren? Ist die Übungstechnik hinreichend gefestigt, korrekt ausgeprägt und auch unter Ermüdung reproduzierbar?
11) Welche weiteren Sportarten betreibt das Kind bzw. der Jugendliche und welchen anderen Belastungen ist das Kind bzw. der Jugendliche ausgesetzt? Wird auf eventuelle Wechselwirkungen hinreichend Rücksicht genommen? Werden hinreichend viele unterschiedliche Übungen und verschiedene Reize gesetzt?
12) Wie werden den Kindern bzw. den Jugendlichen die kurz-, mittel- und langfristigen Zielsetzungen und die korrekten Trainingstechniken (kindgerecht) vermittelt (Gespräch, Poster, Demonstration, Video u. a.)? Findet eine permanente Überwachung und Sicherung der Technik statt und wird auf die motorische Entwicklung geachtet?
13) Wie werden Schulungen über die theoretischen Grundlagen von Krafttraining (Ernährungsberatung, Fragen der Lebensführung, Sinn der Trainingsmaßnahmen) in den Trainingsprozess integriert?

Bezogen auf die konkrete Trainingsplanung innerhalb der ersten Trainingsphase wird von Kraemer und Fleck (2005, S. 47f.) u. a. zunächst folgende Vorgehensweise angegeben: Zeigen und erklären der einzelnen Übung, wobei keine oder nur geringe Belastungen zu bewältigen sind. In der ersten Trainingseinheit sollte nur eine Serie mit geringer Belastung durchgeführt werden. Die ersten drei bis vier Wochen sind als Lernphase zu konzipieren, wobei Teilkörperübungen zu Anfang favorisiert werden und erst im weiteren Trainingsprozess spezifische, komplexe mehrgelenkige Übungen (multijoint structural exercises) hinzukommen. Des Weiteren sollten die Serien und die Belastungen derart erhöht werden, dass nach vier bis fünf Wochen die eigentliche Startphase für das geplante Trainingsprogramm beginnen kann. Während des gesamten Prozesses ist darauf zu achten, dass keine physische und psychische Überlastung (Motivation, Freude auf das Training etc.) stattfindet. Freiwald (2005) verweist im Weiteren darauf, dass auch im Kinder- und Jugendbereich auf der Basis von Leistungstests die Trainingsplanung vorgenommen werden sollte (vgl. Faigenbaum et al., 2003b). Innerhalb der Übungsauswahl (sechs bis acht Übungen sind ausreichend) sind zunächst die Hauptmuskelgruppen, speziell die rumpfstabilisierenden (z. B. gerade und schräge Bauchmuskulatur, Rückenstrecker etc.) und gelenkstabilisierenden (z. B. Rotatorenmanschette der Schulter) Muskeln zu trainieren. Dabei sollten sowohl Agonisten als auch Antagonisten gleichmäßig berücksichtigt werden. Die Muskelarbeitsweise sollte hauptsächlich konzentrisch-exzentrisch durchgeführt werden (dynamische Ausführungen sind statischen vorzuziehen). Die Trainingshäufigkeit sollte bei zwei bis dreimal pro Woche liegen, wobei die Zielstellung, andere sportliche Aktivitäten, die Trainingsmethode, die Periodisierung des Trainings usw. berücksichtigt werden sollten (Fröhlich et al., 2007b; Fröhlich & Schmidtbleicher, 2008). Zwischen den einzelnen Trainingseinheiten sollte auf jeden Fall ein Ruhetag liegen. Inwieweit Anfänger mit Grundübungen auch ohne Zusatzlasten wie Liegestütze, Klimmzüge, Kniebeugen, Sit-ups, Rückenübungen etc. beginnen sollten, wird kontrovers diskutiert. Bezüglich dieser Übungen ist zu erwähnen, dass

1) die Übungen einen zu hohen Belastungsreiz darstellen können (Relation von Körpergewicht und aufzubringender Kraft ist negativ),

2) generell nicht davon auszugehen ist, dass ein hinreichender Belastungsumfang (z. B. mehrere Wiederholungen und Serien) realisiert werden kann, und

3) koordinative Aspekte (Einbeziehung synergistischer Muskelgruppen usw.) limitierend wirken können (vgl. Gießing, 2006).

Andererseits werden obige Übungen im Sinne einer methodischen Übungsreihe – vom Einfachen zum Komplexen – sowie unter Beachtung methodischer Aspekte durchaus empfohlen (Kempf & Fischer, 2003).

Die Bewegung sollte kontrolliert und langsam ausgeführt werden. Das bedeutet, die Aufwärtsphase (konzentrische Muskelarbeitsweise) sollte mindestens ein bis zwei Sekunden dauern und die Abwärtsphase (exzentrische Muskelarbeitsweise) zwei bis drei Sekunden. Isometrische Muskelanspannung an den Endpunkten der Bewegungsumkehr im Sinne von zusätzlichen Intensitätstechniken (Fröhlich et al., 2007a) ist nicht vonnöten. Somit kommt man auf eine Zeitspanne von ca. drei bis fünf Sekunden für eine vollständige Wiederholung. Bei dieser betont kontrollierten Übungsausführung ist gewährleistet, dass die Bewegung nicht ruckartig ausgeführt und durch Schwungkräfte verfälscht wird, was nicht nur der Muskelbeanspruchung abträglich wäre, sondern auch eine Gefährdung für den gesamten Bewegungsapparat darstellen würde. Für die Auslösung von Anpassungen an Krafttrainingsinterventionen haben sich Mehrsatztrainingsmethoden gegenüber Einsatztrainingsmethoden als überlegen im Hinblick auf die Steigerung der Kraft als auch der hormonellen und cardiozirkulatorischen Auslenkung herausgestellt (Fröhlich, 2006; Fröhlich, Emrich & Schmidtbleicher, 2010).

Obwohl sich in mehreren Studien bereits nach vier Wochen messbare Leistungsverbesserungen einstellten (vgl. Falk & Tenenbaum, 1996), sind die Zugewinne nach acht Wochen Training wesentlich stabiler (Faigenbaum et al., 2002). Wenn das Training dann eingestellt wird, reduzieren sich die Leistungsgewinne wieder von Woche zu Woche. In Tabelle 11 sind exemplarisch die Trainingsparameter für ein gesundheitsorientiertes Krafttraining bei Kindern und Jugendlichen dargestellt. Diese Hinweise sind nur als grober Rahmen zu verstehen. Eine dezidierte Auseinandersetzung mit den eigentlichen Zielen und individuellen Gegebenheiten ist jedoch die Voraussetzung, damit qualifizierte und pädagogisch geschulte Trainerinnen und Trainer eine zielgruppenadäquate Trainingsplanung vornehmen können. Dem Grundsatz, dass eine Umfangssteigerung (Wiederholungen, Übungen, Trainingshäufigkeit) einer Intensitätssteigerung vorausgehen sollte, ist Beachtung zu schenken. Bezogen auf das Verhältnis von Trainer und betreutem Kind bzw. Jugendlichem wird von Faigenbaum (1993, S. 25) ein Quotient von 1 zu 10 angegeben, wobei ein geringeres Verhältnis, speziell bei Neulernen, wünschenswert wäre. In Tabelle 12 sind die allgemeinen Belastungsnormativa eines Krafttrainings für Kinder und Jugendliche in Abhängigkeit vom aktuellen Trainingszustand dargestellt.

Tabelle 11: Trainingsparameter für ein gesundheitsorientiertes Muskelkrafttraining bei Kindern und Jugendlichen

Belastungsnormativa Beschreibung der spezifischen Merkmale für ein Krafttraining mit Kindern und Jugendlichen
Erwärmung 5-10 Minuten allgemeine Erwärmung, wobei sich Ruderergometer bzw. Crosstrainer eignen, da hier der ganze Körper (Arme und Beine) mobilisiert wird. Spezifische Erwärmung, z. B. in Form von Langhantelübungen, Kurzhantelübungen, Gymnastikbandübungen etc.
Wiederholungszahlen 10-15 (mindestens 6, höchstens 25), je nach Trainingsphase und angestrebtem Ziel (8-12 für Muskelaufbau; 15-25 für Kraftausdauer; 6-8 für Schnellkraft). Die Wiederholungszahlen sollten im vorgegebenen Wiederholungszahlkorridor bleiben.
Belastungsabbruch Kein Training bis zur maximalen Ausbelastung, sondern je nach Trainingsziel sollten noch 2-3 zusätzliche Wiederholungen möglich sein. Das bedeutet, die Belastung liegt bei 2-3 Wiederholungen unterhalb des X-RM (nWM).
Satzzahl 2-3 pro Übung
Übungen 6-8
Häufigkeit 2-3 mal pro Woche
Dauer 6-8 Wochen (mindestens 4, höchstens 12), Verwendung von Periodisierungsstrategien sind hilfreich und zielführend
Zykluswiederholung mindestens 2 mal pro Jahr

Tabelle 12: Belastungsnormativa eines allgemeinen Krafttrainings für Kinder und Jugendliche in Abhängigkeit vom Trainingszustand (n. Faigenbaum et al., 2009, S. 13)

image

An die Trainingseinheit sollte sich eine Cool-down-Phase anschließen, innerhalb derer eine Beruhigung (Herabregulation) von psychologischen und physiologischen Variablen stattfinden kann. Hinzu kommt, dass während der Phase des Krafttrainings mit Kindern und Jugendlichen auf eine ausgewogene Ernährung und eine adäquate Lebensführung wie ausreichend Schlaf, erholter Zustand vor dem Training, geachtet wird. Vor, während und nach dem Training sollte eine hinreichende Flüssigkeitsaufnahme gewährleistet sein. Freiwald (2005, S. 273f.) verweist zusätzlich auf folgende Aspekte für Trainerinnen und Trainer:

1) Auf geeignete Trainingskleidung achten (Handschuhe, Trainingsanzug, Schuhe, Handtuch)!

2) Beachten Sie Schmerzen, bagatellisieren Sie sie nicht und gehen Sie den Ursachen auf den Grund!

3) Achten Sie mehr auf die korrekte Technik als auf das bewältigte Gewicht!

4) Assistieren Sie bei schwierigen Übungen!

5) Zeigen Sie den Kindern und Jugendlichen, wie man die Trainingspläne liest und wie sie das Training zu dokumentieren haben!

6) Verschaffen Sie Erfolgserlebnisse!

7) Protokollieren Sie exakt die Trainingsmaßnahmen. Beobachten Sie, wie die Kinder bzw. Jugendlichen das Trainingsprogramm mental und körperlich verkraften!

Bezüglich der zu verwendenden Geräte und Maschinen ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass alle Geräte auf die individuellen Körperverhältnisse von Kindern- und Jugendlichen einstellbar sein müssen (Hebelarme, Sitzhöhen, Gewichtsabstufungen). Verschiedene Gerätehersteller bieten u. a. spezielle Krafttrainingsgeräte und -maschinen für Kinder und Jugendliche an, welche z. B. geringere Gewichtsabstufungen, achsengerechte Positionierungen etc. erlauben und somit biomechanisch einen geringeren Stressor auf das arthomuskuläre System ausüben. Die Gerätesicherheit muss jederzeit gewährleistet sein. Last bust not least sollten alle Trainingseinheiten von ausgebildeten, im Krafttrainingsbereich speziell mit Kindern geschulten, pädagogisch verantwortlichen Übungsleitern, Instruktoren und Trainern überwacht werden (Guy & Micheli, 2001; Faigenbaum, 2003a; Kraemer & Fleck, 2005).

Fleck und Kraemer (1997, S. 209) geben die in Tabelle 13 aufgeführten Übungen mit den entsprechenden Satz- und Wiederholungszahlen für ein Gerätetraining mit Kindern an. Werden zusätzliche Periodisierungsmodelle eingesetzt, was auch bei Kindern und Jugendlichen zu präferieren ist, so sind die entsprechenden Sätze und Wiederholungen nach Fleck und Kraemer (1997, S. 213) wie folgt zu modifizieren: Basis (Base): 3 x 10-15; Kraft (Strength): 3 x 6-10; Schnellkraft (Power): 2-3 x 6-8; Maximalkraft (Peaking): 1-2 x 6-8.

Tabelle 13: Übungen und Satz- bzw. Wiederholungszahlen für ein Krafttraining mit Kindern (n. Fleck & Kraemer, 1997, S. 209)

Übung Satz- und Wiederholungszahlen
Kniebeuge bzw. Beinpressen 3 x 10-15
Bankdrücken 3 x 10
Knie-Curls 3 x 10
Arm-Curls 3 x 10
Beinstrecken 3 x 10
Überkopfdrücken 3 x 10-15
Sit-ups 3 x 15-20
Rückenstrecken 3 x 10-15