Cover

Armistead Maupin

Am Busen der Natur

Band 5

Aus dem Englischen von Heinz Vrchota

Rowohlt E-Book

Inhaltsübersicht

Über Armistead Maupin

Armistead Maupin, geboren 1944 in Washington, D.C., studierte Englisch an der University of North Carolina und arbeitete unter anderem als Reporter für Zeitungen wie die New York Times oder die Los Angeles Times. Seine «Stadtgeschichten» erschienen mehrere Jahre lang als täglicher Fortsetzungsroman im San Francisco Chronicle und haben mittlerweile Kultstatus erreicht. Armistead Maupin lebt mit seinem Mann in San Francisco.

 

Weitere Veröffentlichungen:

Stadtgeschichten

Mehr Stadtgeschichten

Noch mehr Stadtgeschichten

Tollivers Reisen

Schluss mit lustig

 

sowie

Der nächtliche Lauscher

Über dieses Buch

«Es ist wie mit den Beatles: Alle scheinen die Stadtgeschichten zu mögen. Und wie sollte sich auch jemand finden, dem es nicht so geht?» (salon.com)

 

Im fünften Band der Stadtgeschichten machen sich die Bewohner der Barbary Lane 28 auf in die majestätischen Redwood-Wälder nördlich von San Francisco. Zu einem Woodstock nur für Frauen und zu einem Männerlager, alles streng getrennt. Aber bald geht es fröhlich drunter und drüber, quer durchs Gebüsch und die sexuellen Neigungen. Eine Gesellschaftskomödie über Ehe, Freundschaft und erotische Nostalgie, voller witzig-boshafter Anekdoten und mit einer unverwüstlichen Sympathie für menschliche Schwächen.

 

«Armistead Maupin schreibt farbig, kühn und fließend … weise, lustig, voller Liebe und Nachsicht für die Schwächen, die wir wohl alle haben.» (David Hockney)

 

«Man gewinnt sie lieb, die Menschen aus der Barbary Lane in San Francisco. Und nichts ist schlimmer als die steigende Zahl der Seiten, die das unweigerlich nahende Ende des Romans ankündigt.» (Hannoversche Allgemeine Zeitung)

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Dezember 2013

«Am Busen der Natur» Copyright © 1993 by Rogner & Bernhard GmbH & Co. Verlags KG, Berlin

«Significant Others» Copyright © 1987 by Armistead Maupin

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages

Umschlaggestaltung any.way, Barbara Hanke/Cordula Schmidt

(Umschlagabbildung: mauritius images/ACE)

Schrift DejaVu Copyright © 2003 by Bitstream, Inc. All Rights Reserved.

Bitstream Vera is a trademark of Bitstream, Inc.

ISBN Printausgabe 978-3-499-23996-0 (Neuausgabe 2005)

ISBN E-Book 978-3-644-51161-3

www.rowohlt.de

ISBN 978-3-644-51161-3

If you go down in the woods today

You’d better not go alone.

It’s lovely down in the woods today

But safer to stay at home.

For every Bear that ever there was

Will gather there for certain because

Today’s the day the Teddy Bears

have their picnic.

 

Gehst du heute hinaus in den Wald,

Dann geh lieber nicht allein.

Schön ist es heute draußen im Wald,

Doch sicherer ist es daheim.

Denn sämtliche Bären auf dieser Welt,

Versammeln sich dort, denn heute hält

Die ganze Teddy-Schar im Wald

ihr Picknick.

 

Kinderlied von 1907

Für Terry Anderson, der sich Zeit ließ, hierherzukommen

 

Für Jane Stuart Maupin, die immer schon da war

Notiz für den Leser und die Leserin

Der Bohemian Grove existiert auch in Wirklichkeit. Die dort gepflegten Rituale habe ich verdichtet, damit sie dem zeitlichen Rahmen dieser Geschichte entsprechen, jedoch nur unwesentlich verändert. Wimminwood ist eine fiktive Gemeinschaft, bei deren Darstellung ich mich auf die tatsächlichen Gepflogenheiten bei Frauenmusikfestivals in Michigan, Kalifornien, Georgia und anderswo gestützt habe. Ich stehe in der Schuld meiner Freunde und Freundinnen in beiden Lagern.

A. M.

Abstieg in den Himmel

Brians innere Uhr weckte ihn fast immer um vier Uhr sechsundfünfzig und schenkte ihm volle vier Minuten, um den nackten Körper neben ihm zu genießen. Danach holte der Braun-Wecker auf dem Nachttisch Brians Frau mit seinem affektierten Nazifiepen aus dem Schlaf, und ihr Morgenmarathon begann.

An diesem Tag legte er, als er noch drei Minuten hatte, den Arm um ihre Taille und zog sie behutsam näher, bis ihr Rücken sich wieder an seine Brust schmiegte. Das war der riskante Teil der Aktion, denn manchmal schreckte sie dabei aus dem Schlaf, als würde ein Fremder sie bedrohen.

Er drückte das Gesicht an ihren Hals und zeichnete mit dem Zeigefinger den flachen Wirbel ihres Nabels nach. Der war jetzt glatt und hart, im Aerobicstudio auf wundersame Weise zu einer kleinen rosa Muschel mutiert. Als sie sich leicht bewegte, legte er die ganze Hand darauf, um sie nicht zu kitzeln, und gab acht, dass sie beide weiterhin im Gleichklang atmeten.

An der Zwei-Minuten-Marke schob er ihr das Knie zwischen die Beine und umfasste ihre Taille etwas fester. Sie stöhnte leicht und räusperte sich, weshalb er ihr die Hand wieder locker auf den Bauch legte. Als Antwort drückte sie sein Knie mit den Schenkeln und gab ihm so zu verstehen, dass er sich keine Gedanken machen solle – er bedränge sie nicht zu sehr, sie brauche diese Zeit genauso wie er.

Die Franzosen lagen falsch mit la petite mort. Wenn man ihn fragte, dann war «der kleine Tod» weniger die Ermattung nach dem Sex als die wenigen prickelnden Momente konzentrierten Kuschelns, bevor die Anforderungen von Mary Anns Beruf sie zu einem Hechtsprung über seine Morgenlatte und weiter in Richtung Toilette und Kaffeemaschine trieben.

Auch so ein Naziding, die Kaffeemaschine. Selbst jetzt, wo er wieder an Mary Anns Nabel herumspielte, mahlte sie in der Küche ihre Bohnen. Auf das Geräusch hin regte und räusperte Mary Ann sich erneut. «Schön?», fragte sie.

«Was?»

«Mein Nabel.»

«Mhm.»

«Hat siebenhundert Stunden gebraucht», sagte sie. «Ich hab das mal nachgerechnet.»

Er lächelte insgeheim über die Tyrannei der Zahlen, die ihr Dasein beherrschte. Alles hat seinen Preis, sagte sie ihm immer wieder. Momentan war das ihr Lieblingsthema.

Sie wälzte sich in seine Arme und steckte ihm den Finger in den Nabel. «He», murmelte er. Es war ihm nicht klar, ob die Geste nett oder tadelnd gemeint war. Mary Ann wackelte mit dem Finger. «Vorsicht», sagte er. «Am Ende gehst du da drin noch verloren, und wir müssen dir dann einen Suchtrupp hinterherschicken.»

Er wartete auf einen gedämpften Protestschrei, aber es kam keiner. Ein halbherziges: «Ach, tu doch nicht so!» hätte genügt, aber sie zog bloß den Finger heraus und stützte sich auf den Ellbogen. «Tja», sagte sie, «ich glaub, ich steh jetzt auf.»

Er war nicht so dumm, gegen diese Erklärung etwas einzuwenden. Sie hätte ihm bloß die bekannte Aufzählung ihres kryptofaschistisch geregelten Tagesbeginns entgegengehalten: Aerobic um sechs. Eine Schüssel Kleie um sieben. Ein Termin mit dem Produktionsleiter um halb acht. Maske um acht. Ein Termin mit der Redaktion und der Filmcrew von neun bis Viertel nach neun, danach ein Werbespot für die Show am nächsten Tag und im Künstlerzimmer eine Besprechung mit den Prominenten, die an dem Vormittag zu Gast waren. Das Leben war ein ganz schöner Schlauch für San Franciscos bekannteste Talkmasterin.

«Welches Thema ist heute dran?», fragte er.

«Dicke Models», antwortete sie.

«Hmh?»

«Du weißt schon. Die Fleischklöpse, die die Stark-gebaut-und-dabei-schön-Mode vorführen.»

«Ach so.»

«Damit werden grad fette Gewinne gemacht.» Sie lachte. «Verzeih mir die Doppeldeutigkeit.» Sie hechtete über ihn hinweg, schwang die Beine aus dem Bett und gähnte laut. «Das Buch liegt auf der Frisierkommode, wenn du mal einen Blick reinwerfen willst.»

Während sie ins Badezimmer ging, grübelte er einen Moment über die zehn Pfund zu viel auf seinen Hüften, stand dann auf, ging zur Kommode und legte sich mit dem Buch wieder ins Bett. Er schaltete das Licht am Bett ein und musterte den Umschlag. Der Titel lautete: Larger than Life. Confessions of the World’s Most Beautiful Fat Woman. Von Wren Douglas.

Ein berückendes Weichzeichnerfoto auf dem Umschlag legte den Schluss nahe, dass der Anspruch begründet war. Die Frau war dick, keine Frage, aber sie hatte das Gesicht einer Göttin: volle rote Lippen, eine perfekte Nase und riesengroße grüne Augen, aus denen Liebenswürdigkeit und Verlockung sprachen. Ihre kohlrabenschwarzen Haare gaben den perfekten Rahmen dafür ab und ergossen sich über ihre Schultern in Richtung eines Dekolletés, das der San-Andreas-Spalte Konkurrenz machte.

«Was soll das?» Mary Ann schwang drohend die Rolle Papiertücher, die er am Abend zuvor ins Badezimmer gestellt hatte.

«Wir haben kein Klopapier mehr», sagte er schulterzuckend. Um fünf Uhr früh kam er ganz gut ohne ihre rhetorischen Fragen aus.

Der Wecker piepte.

«Schnauze», blaffte er nicht Mary Ann an, sondern den Wecker, der beim Ertönen seiner Stimme gehorsam verstummte.

Mary Ann ließ stöhnend die Handtuchrolle sinken und schlug damit zornig gegen ihr Bein. «Ich hab Nguyet noch extra gesagt, sie soll aufpassen, dass wir genug …»

«Ich sag’s ihr», warf er ein. «Mich versteht sie besser.» Ihn konnte sie auch besser leiden, aber das sagte er lieber nicht. Er stand mit dem vietnamesischen Hausmädchen in einer besonderen Beziehung, seit er herausgefunden hatte, dass sie statt der Möbelpolitur den Insektenkiller genommen hatte. Sein Stillschweigen über den Vorfall schien ihm das Mindeste zu sein, was er für eine Frau tun konnte, deren Onkel bei einem amerikanischen Bombenangriff auf das Mekongdelta umgekommen war.

«Es ist ein reines Sprachproblem», fügte er hinzu. «Aber sie macht Fortschritte. Glaub mir.»

Mary Ann seufzte und ging zurück ins Badezimmer.

Er redete lauter, damit sie ihn auch hörte. «Papierhandtücher bringen dich schon nicht um. Nimm’s als neue Erfahrung.»

«Genau», gab sie murmelnd zurück.

«Vielleicht wär das ja ein Showthema», schlug er ihr vor und versuchte, sich neckisch anzuhören. «Ein gefürchtetes, völlig neues Krankheitsbild. Was hältst du von … Die Leiden des verwöhnten Arsches?»

Sie lachte nicht.

Er dachte einen Moment nach, bevor er sagte: «Viva Vulva?»

«Schlaf lieber», forderte sie ihn auf. «Du weckst Shawna sonst noch.»

Er wusste, was sie da drin tat. Sie las die USA Today, machte sich fit für die Show, holte sich wenig Information über viel Geschehen, damit sie bei der Sendung ja nicht den Eindruck machte, dumm zu sein.

Er griff wieder nach dem Buch und schaute sich das Gesicht der schönsten dicken Frau der Welt an. Dann knipste er das Licht aus, kuschelte sich unter die Steppdecke und schlief fast augenblicklich ein.

Er träumte von einer Frau mit Titten so groß wie Wassermelonen.

 

Als er das nächste Mal wach wurde, führte seine Tochter auf seinem freiliegenden linken Bein gerade ein Manöver à la Rambo durch. Es war erkennbar, dass sie die Hügel seiner Arschbacken erobern wollte, denn sie griff von seinem Schenkel aus mit einem grünen Plastikpanzer an. Shawna zog dem einfachen und zweckdienlichen: «Aufstehen, Daddy!» jedes Mal wieder irgendeinen Guerillazirkus vor.

Er blieb auf dem Bauch liegen und raunte die Geräusche eines Zeichentrickmonsters ins Kissen.

Shawna kreischte vor Entzücken und ließ den Panzer zwischen seine Beine fallen. Er wälzte sich herum, schnappte sie mit einem Arm und ließ sie auf das Bett purzeln. «Ist das meine kleine Puppy? Schmatz, schmatz. Das Puppy-Monster frisst zum Frühstück kleine Puppys!»

Er wusste nicht mehr genau, wie das ganze Puppy-Getue angefangen hatte, aber Mary Ann und er benutzten den Kosenamen beide. Angesichts von Mary Anns Abneigung gegen den eigentlichen Namen des Kinds war das unter Umständen schlicht die Art, wie sie beide dem Thema aus dem Weg gingen, ohne der Toten gegenüber respektlos zu werden.

Schließlich hatte Connie dem Kind seinen Namen gegeben, und Connie war bei seiner Geburt gestorben. Sie konnten sich nicht einfach einen neuen Namen aussuchen, wie man es macht, wenn ein Haustier in andere Hände kommt.

Stand das als eigentliche Aussage hinter dem «Puppy»? Dass es um etwas ging, was nicht ihr eigenes war? Um etwas, das sie quasi aus dem Tierheim geholt hatten? Würde Shawna sich durch diesen Kosenamen verletzt fühlen, wenn sie alt genug war, um seinen möglichen Hintergrund zu begreifen?

Er packte seine Tochter um die Mitte und hielt sie wie ein Flugzeug in die Luft.

Das kleine Mädchen spreizte quiekend die Arme.

Er schaukelte nach vorn, sodass sie einen Moment lang aufstieg, landete dann aber unsanft mit dem Po auf dem Spielzeugpanzer.

«Verflucht noch mal, Puppy. Mommy hat das Ding doch nicht gekauft, oder?»

Sie schaffte es, völlig unbeteiligt dreinzuschauen, und spielte weiter Flugzeug.

Er setzte sie aufs Bett und beförderte das anstößige Kriegsgerät zutage. «Der ist von Jeremy, oder? Du hast wieder getauscht.»

Das Kind blieb stumm.

«Ich hab ihn nicht gekauft, Mommy hat ihn nicht gekauft, und ich weiß, dass du keine Sachen nimmst, die dir nicht gehören.»

Sie schüttelte den Kopf und sagte: «Ich hab Hunger.»

«Lenk nicht vom Thema ab, meine Liebe.»

Shawna saß auf der Bettkante und ließ den Kopf locker hin und her schwingen. Die kleine Scharlatanin griff zum allerletzten Mittel und spielte voller Herablassung die Niedliche.

«Was hast du dagegen getauscht?», fragte er.

Ihre Antwort war nicht zu verstehen. «Wie?»

«Meine Preemie», sagte sie.

Sie rutschte vom Bett und landete mit einem sanften Plumps auf dem teuren neuen Teppich. «Meine Cabbage Patch Preemie.» Ihr Ton signalisierte deutlich, dass es sich um schlichten, ungezügelten Kapitalismus handelte und ihn das einen Dreck anging.

Er fühlte sich ansatzweise verpflichtet, zornig zu werden, doch angesichts der unvermeidlichen Szene in der Eigentumswohnung gegenüber konnte er nur noch grinsen: Cap Sorenson, Reaganianer durch und durch, kam nach einem harten Tag voller Software und Racketball nach Hause und entdeckte dort, dass Daddys kleiner Soldat mit einer frühreifen Cabbage-Patch-Puppe Mutter und Kind spielte.

Shawna zog ihn am Arm. «Dad-dee … komm jetzt!»

Er schaute auf die Uhr. Sieben Uhr siebenunddreißig. «Okay, Puppy, dann such dir eine Kassette aus.» Das war sein üblicher Trick, um sie aus dem Zimmer zu bekommen, während er in den Bademantel schlüpfte. Er fand nichts dabei, aber Mary Ann hielt es nicht für «ratsam», dass er vor Shawna nackt herumlief. Und Mary Ann musste es ja wissen; schließlich machte sie die Talkshow.

«Nein», sagte Shawna.

«Was soll das heißen, nein?»

«Kein Video. Anna besuchen.»

«Das machen wir auch, Puppy, aber nicht jetzt. Anna schläft noch. Na los … such dir eine Kassette aus. Mommy hat dir Pete the Dragon und Popeye mitgebracht, und ich glaub auch noch …»

Das Kind jaulte auf. Es krallte sich streitlustig in den Teppich und zog eine silberglänzende Schneise durch die taubenblaue Üppigkeit des Flors. Brian fragte sich unwillkürlich, ob Elternsein genauso eine Frage des Alters war wie das Kriegshandwerk. Fand man beides mit zwanzig erträglich und sogar anregend, mit vierzig aber nur noch sinn- und fruchtlos?

Er schaute seiner Tochter in die Augen und sagte ihren Namen – ihren richtigen Namen –, um zu zeigen, dass er es ernst meinte. «Du sollst dir eine Kassette aussuchen gehen, bevor Daddy ganz unglaublich böse wird mit dir. Anna besuchen wir später.»

Shawna schob kurz die Unterlippe vor, gehorchte ihm aber. Als sie weg war, schleppte er sich ins Badezimmer und putzte sich die Zähne. Der Boden war nach Mary Anns hektischen Waschungen noch nass, weshalb er ihn mit einem feuchten Handtuch aufwischte, das er hinterher in den Wäschekorb warf.

Er zögerte vor der Waage, entschied aber, dass die schreckliche Wahrheit das todsichere Mittel gegen seine nächtlichen Fressgelage mit Jelly-Doughnuts sein würde. Die Anzeige überraschte ihn allerdings. In vier Tagen hatte er vier Pfund abgenommen.

Das kam ihm zwar spanisch vor, aber er hatte noch nie zu denen gehört, die einem geschenkten Gaul ins Maul schauten.

 

Shawna legte beim Frühstück ihren üblichen Wutanfall hin. Diesmal hatte ihr Joghurt die falsche Farbe, und es war nicht genügend Perrier da, damit ihr Preiselbeersaft auch richtig «pritzelte». Würde sie es je müde werden, ihn auf die Probe zu stellen?

Gewohnheitsmäßig durfte sie sich nach dem Frühstück aussuchen, was sie anziehen wollte. Sie entschied sich für einen grünen Rollkragenpullover mit Marienkäfern auf den Ärmeln und eine absurd kleine 501. Er zog sie an und gab sie für die Zeit, in der er seine Version ihres Outfits anlegte, in die Obhut von Robin Williams und dem Videorecorder.

Die Uhr stand auf acht Uhr sechsundvierzig, als er ans Fenster ging und zweiundzwanzig Stockwerke tief in den dicht bewachsenen Canyon der Barbary Lane schaute. Aus dieser Höhe war Anna Madrigals Vorgarten nur ein briefmarkengroßes Stück Terrakotta, aber er konnte trotzdem eine Gestalt ausmachen, die an dessen Rand entlangwuselte.

Die Vermieterin war wie jeden Vormittag am Fegen. Sie schwang ihren Besen dermaßen energisch, dass das Ritual schon eher einer Gymnastikübung glich als der praktischen Umsetzung von Sauberkeitserwägungen. Später würde sie dann quer über die Briefmarke spazieren und sich auf die Bank neben dem Azaleenbeet setzen. Trotz ihrer erklärten Freigeistigkeit war sie ein Wesen von eklatanter Berechenbarkeit.

Er schaute vom Vorgarten hoch und widmete sich dem Fernblick, den sie hatten, einer grenzenlosen Weite aus Stadt, Bay und Himmel, die sich vom Mount Diablo bis nach Angel Island und darüber hinaus erstreckte.

Weder Schornsteinkappen noch Äste von Eukalyptusbäumen beeinträchtigten ihre Sicht, weder unansehnliche Hintertreppen noch hoch aufragende Felsen, die ein mickriges Fitzelchen Wasser umrahmten. Dort oben im Summit hatten sie eine Aussicht – die so glatt und makellos war wie eine Fototapete.

Und ungefähr so lebensecht.

Manchmal, wenn er lang genug hinausschaute, verlor ihr in Blaugrün und Grau gehaltenes Wohnzimmer völlig seine Identität und wurde zur Sitzungskabine eines Firmenjets, der im Flug eine ehrfürchtige Verbeugung vor dem Sitz der Bank of America machte.

Der Himmel war an dem Tag wolkenlos, und die Luft war klar. Es gab keine Anzeichen des Infernos, das hundert Kilometer weiter südlich wütete. Dort hatten unzählige Feuerzungen inmitten der ausgedörrten Bärentraubenmacchia der Santa Cruz Mountains auf einer Breite von zwölf Kilometern schon über sechstausend Hektar Land verkohlt und fünftausend Menschen aus ihren Häusern vertrieben.

Am Summit gab es aber nichts dergleichen. Die Natur hatte am Summit keine Chance.

Er war sich manchmal im Unklaren über diese Präposition. Sollte er den Leuten sagen, dass er am Summit wohnte, im Summit oder auf dem Summit? Verlangte man seine Adresse, bekannte er sich meist zu der Angabe Green Street 999 und ließ es dabei bewenden.

Wenn ihm das Ganze peinlich war, dann hatte er auch allen Grund dazu. Fast acht Jahre hatte er im Schatten dieses Betonungetüms gewohnt und es in einem fort verflucht. Und jetzt hatte er sich auf Drängen seiner Frau – und auf Kosten seiner Frau – dem Feind an den Hals geworfen.

Sie hatten es für Shawna getan. Und aus Sicherheitsgründen. Und, weil sie für die Steuer etwas brauchten. Dazu kam noch, dass Mary Ann für ihren «Lifestyle» (Gott steh ihr bei, sie hatte dieses Wort tatsächlich benutzt) eine elegantere Umgebung haben wollte, als sie der altmodische und altersschwache Bär von einem Haus in der Barbary Lane 28 je bieten konnte.

Mrs. Madrigal hatte es gefasst aufgenommen, aber Brian wusste, dass ihr Auszug sie geschmerzt hatte. Allermindestens hatten sie gegen ihren Familiensinn verstoßen. Selbst jetzt noch, fünf Monate nach ihrem Aufstieg, stand ihre alte Wohnung in der Barbary Lane leer, als wäre dort unten etwas gestorben.

Vielleicht stimmte das auch.

Das Leben hatte sich geändert; so weit war ihm das klar. Der Kerl, der früher mal bei Perry’s gekellnert hatte, besaß nur geringe Ähnlichkeit mit dieser neuen und verbesserten postmodernen Ausgabe von Brian Hawkins.

Der neue Brian fuhr einen Zwanzigtausend-Dollar-Jeep. Er besaß drei Smokings und eine nerzverbrämte Bomberjacke von Wilkes (die er nur zum Jeep fahren anzog). Im Pier 23 Café gehörte er irgendwie zum Inventar, und bei einem Mittagessen mit der Crème fühlte er sich wie zu Hause.

Wenn der neue Brian auf Partys ging, endete das gewöhnlich damit, dass er mit dem Ehemann der Bürgermeisterin oder mit dem Ehemann von Danielle Steel ein Männergespräch führte – und einmal sogar mit dem Ehemann von Geraldine Ferraro.

Okay. Er war so eine Art Prinzgemahl.

Doch selbst dazu brauchte man Talent, oder?

Und wer würde behaupten wollen, dass er nicht zu den Allertalentiertesten zählte?

 

Als Shawna das Fernsehen leid wurde, half er ihr in eine Windjacke und gab ihr Anweisungen für den gefährlichen Ausflug in die Barbary Lane. Seine zwei Hauptforderungen lauteten: Schrei im Lift nicht wie am Spieß! Zeig nicht auf den Portier und kreisch dabei: «Mr. T!»!

Wunderbarerweise tat sie wie geheißen, und sie gelangten völlig problemlos auf die Green Street. Als sie am Rand von Russian Hill dahinmarschierten, fühlten sich seine Beine merkwürdig bleiern an; seine Schläfen pochten leicht, als wollten sie Kopfschmerzen ankündigen.

Wenn es die Grippe war, dann konnte er gut darauf verzichten. Allein in der kommenden Woche standen vier bedeutende gesellschaftliche Ereignisse an.

Shawna beharrte darauf, von ihm getragen zu werden, während sie das steilste Stück der Leavenworth hinuntergingen, doch sobald sie die wackelige Holztreppe erreichten, die zur Barbary Lane hochführte, wand sie sich aus seinen Armen.

«Annatreppe», sagte sie und bewies damit, dass sie die Grenze eines anderen Herrschaftsgebiets bereits erkannte. Die Barbary Lane war schließlich Mrs. Madrigals Reich. Und das wussten sogar die Erwachsenen.

Am Treppenabsatz hing eine Bekanntmachung, die den Herrschaftsanspruch der Vermieterin bekräftigte: RETTET DIE BARBARY-LANE-TREPPE – Unsensible städtische Beamte haben vor, unsere geliebte Holztreppe durch ein grässliches Betonding zu ersetzen. Widerspruch tut not, und zwar jetzt! Wenden Sie sich an Anna Madrigal, Barbary Lane 28.

Recht so, dachte er. Mach ihnen die Hölle heiß, Anna.

Trotzdem fasste er nach Shawnas Hand, als die geliebten morschen Bretter unter ihren Füßen bedrohlich knarrten. Oben, wo sich ein regelrechtes Stoppelfeld aus vertrocknetem Fenchel über den Boden zog, ließ er sie los und sah zu, wie sie zwischen den Mülltonnen hindurch in den nach Moschus duftenden Schatten der Eukalyptusbäume stolzierte. Sie sah aus wie ein Kind, das nach Hause geht.

Als er endlich bei der ersten Gruppe Holzhäuser angelangt war, spielte sie Boris bereits übel mit.

«Vorsichtig», sagte er zu ihr. «Er ist eine alte Muzikatz. Streichel ihn nicht so fest.»

Sie riss ihre Hand von der getigerten Katze zurück, kicherte auf ihre schönste Verrückter-Wissenschaftler-Art und stürmte dann weiter die Barbary Lane entlang. Der Weg war an dieser Stelle geschottert, was selbst für Erwachsene tückisch war.

«Langsamer, Puppy. Du tust dir wieder weh.» Er holte sie ein, fasste sie an der Hand und führte sie auf den weicheren, breiteren Teil der Barbary Lane.

«Weißt du Annas Hausnummer noch?», fragte er das Kind.

Natürlich nicht.

«Es ist die Achtundzwanzig», sagte er und kam sich im selben Moment völlig dämlich vor.

Mein Gott, warum sollte sie das bloß lernen?

Weil das Haus am Ende der Barbary Lane alles war, was er einem Kind zu geben hatte.

Es war das einzige Wissen, über das er verfügte, sein einziges Geschichtenbuch.

 

Das überdachte Gartentor war offen.

Die Vermieterin stand im Vorgarten über ihre größte Sensemillapflanze gebeugt. Mit einer Pinzette pflückte sie die Blätter ab und lenkte so die ganze Kraft in die Blüten. Ihrem Gesicht nach zu urteilen, führte sie gerade eine Gehirnoperation durch, doch sie summte ein fröhliches kleines Liedchen.

Shawna stürmte in den Vorgarten und verlor sich in den Falten von Mrs. Madrigals hellem Musselinrock. Die Vermieterin stieß einen überraschten Schrei aus, ließ die Pinzette fallen und lachte dann gemeinsam mit dem Kind.

«Halt, Polizei», sagte Brian grinsend.

Mrs. Madrigal schaute zu dem Wesen hinunter, das sich an ihr Bein klammerte, und streichelte ihm zärtlich über den Kopf.

«Sie haben ihr gefehlt», sagte Brian. «Es waren zwei ganze Tage.»

Die großen blauen Augen der Vermieterin rollten kurz in seine Richtung. Sie schenkte ihm ein mattes Lächeln und wandte sich wieder Shawna zu. «Sie hat mir auch gefehlt», sagte sie zu dem Kind.

Es war bescheuert, aber er war ein bisschen eifersüchtig auf Mrs. Madrigals ungeteilte Hinwendung zu Shawna. «Ich hab Ihren Zettel gesehen», sagte er, weil er etwas suchte, mit dem er sie erfreuen konnte. «Wollen diese blöden Schweine die Treppe wirklich abreißen?»

Die Vermieterin nickte mit ernstem Gesicht. «Wenn wir uns nicht wehren.»

Es fiel ihm auf, dass sie wir sagte; das war ja schon was. Für sie gehörte er immer noch zur Barbary Lane. «Tja … wenn ich irgendwas tun kann …»

«Kannst du.»

«Toll.»

«Ich hab mir gedacht, ob nicht vielleicht Mary Ann in ihrer Show was drüber sagen könnte … weißt du, nur ein paar Worte über die Bewahrung unseres Erbes. So was in der Art.» Sie fingerte an einer Haarsträhne an der Schläfe und wartete auf seine Antwort.

«Klar … na ja, doch … ich könnt sie drauf ansprechen. Aber die haben da einen ziemlich starren Rahmen.» Er war auf dem Rückzug, weil er sich an Mary Anns Aversion gegen jeden, wie sie es nannte, «Stadtviertelhokuspokus» erinnerte. Und Mrs. Madrigals Kreuzzug fiel fast garantiert in diese Kategorie.

Die Vermieterin las in ihm wie in einem Buch. «Ach so», murmelte sie.

«Aber ich erzähl’s ihr auf jeden Fall.»

Mrs. Madrigal musterte ihn einen Moment lang beinahe wehmütig. Dann sah sie sich den Boden rund um ihre Füße genauer an. «Wo ist das verfluchte Ding denn nur hin? Shawna, mein Schatz, schau doch mal im Efeu nach, ob du dort vielleicht Annas Pinzette finden kannst.»

Er überlegte kurz, ob er sie um Verzeihung bitten sollte, wurde dann in seiner Verlegenheit aber leichtfertig. «Wissen Sie was?», platzte er heraus. «Sie sollten sich die Fingernägel lang wachsen lassen.»

Mrs. Madrigal, die sich inzwischen auf allen vieren befand, schaute zu ihm hoch. «Wozu das denn, mein Lieber?»

«Sie wissen doch, wie diese Hausfrauen aus dem Humboldt County. Die behaupten, dass es damit besser geht als mit ’ner Pinzette.»

Sie reagierte auf diese ungeschickte Albernheit mit ihrer üblichen Anmut. «Ach so, ja. Ich verstehe, was du meinst.» Dann suchte sie schweigend weiter, bis sie die Pinzette gefunden hatte. Sie stand auf und wischte sich die Hände am Rock ab. «Ich hab das mal ausprobiert … mir die Nägel wachsen zu lassen.» Sie holte tief Luft und schüttelte den Kopf. «Ich war nicht Manns genug dafür.»

Er fühlte sich unheimlich erleichtert und lachte. In Mrs. Madrigals Repertoire kam ein Witz gleich nach der Vergebung. Als sie ihn direkt ansah, lag in ihrem Blick die altvertraute Verschmitztheit. Er sah eine Einstiegsmöglichkeit für sich und nutzte sie auf der Stelle.

«Eigentlich», sagte er, «würde ich Sie gern um einen großen Gefallen bitten.»

Sie sah ihn kurz an und blickte dann hinunter auf das Kind, das an ihrem Rock hing. «Weißt du was, Liebes. Geh ins Haus und sieh auf dem Sofa nach. Dort wartet ein lieber neuer Freund auf dich.»

Shawna schaute skeptisch. «Ein Gobot?»

«Du wirst schon sehen. Und sei vorsichtig mit der Treppe. Die Tür ist offen.»

Als die Kleine davonwackelte, strahlte Mrs. Madrigal voller Anerkennung. «Sie ist wirklich blitzgescheit.»

«Was haben Sie ihr mitgebracht?», fragte er.

«Nur ein Stofftier», lautete die gemurmelte Antwort.

Es war ihm ein wenig peinlich, dass die Vermieterin für Shawna Geld ausgab. «Das sollen Sie doch nicht», sagte er.

Sie antwortete mit einem matten Wen-kümmert-das-schon-Lächeln und sagte: «Um was geht’s bei dem Gefallen?»

«Na ja», sagte er, «mein Neffe kommt für ein paar Tage zu Besuch, und da hab ich mich gefragt, ob … ob er nicht in unserer alten Wohnung unterkommen könnte.»

Sie sah ihn erstaunt an. «Wenn das Probleme macht», fügte er hastig hinzu, «dann sagen Sie’s nur. Ich muss dann …»

«Wie alt ist er?»

«Äh … achtzehn. Vielleicht auch neunzehn.»

Sie nickte. «Tja … es sind natürlich keine Möbel drin. Aber im Keller gibt’s noch eine Liege, und vielleicht auch ’ne Kommode.» Sie tippte sich mit dem Zeigefinger an die Unterlippe. Ihre mütterliche Ader war offensichtlich wieder gut durchblutet. Brian freute sich darüber, dass er das bei ihr immer noch auslösen konnte.

«Er heißt Jed», sagte er. «Und er hat grade an der Rice University mit Jura angefangen. Mehr weiß ich auch nicht. Außer, dass er wahrscheinlich hetero ist.»

Die Vermieterin bedachte ihn mit einem verschmitzten Lächeln. «Hast du das von ihm? Dass er wahrscheinlich hetero ist?»

Er lachte. «Na ja, er ist momentan total verschossen in Bruce Springsteen, und da hab ich das einfach angenommen.»

«Moment, Moment.»

«Die Theorie stammt von Michael. Lassen Sie sich die mal von ihm erklären. Er behauptet, dass jede Generation einen Musiker hervorbringt, den Heterojungs total anhimmeln dürfen. Das war lange Zeit Mick Jagger, und jetzt ist es Bruce Springsteen. Und deshalb nehm ich an, dass der Knabe hetero ist.»

«Du und deine schwachsinnigen Theorien.»

«Das ist nicht meine Theorie. Ich hab nur …» Er unterbrach sich, als er merkte, dass sie ihre Bemerkung an Michael gerichtet hatte, der aus dem Haus in den Vorgarten spaziert war.

«Was hab ich jetzt wieder angestellt?», fragte Michael.

Brian lächelte ihn an. «Ich hab grad deine Springsteen-Theorie erklärt.»

«Die stimmt», sagte Michael. «Für den würden Heterojungs bis zum Letzten gehen.»

Mrs. Madrigal wandte sich an Brian. «Schließt er dich in diesen Rundumschlag mit ein?»

«Klar», drängte Michael sich dazwischen. «Dem Boss würde er sich auf der Stelle hingeben.» Er warf Brian einen schelmischen Blick zu. «Ich meine, wenn er dich bitten würde, nicht?»

Brian fand so was toll. Es war Michaels Art, ihn freundschaftlich auf den Arm zu boxen. «Du bist ein Arsch», sagte er und boxte auf seine Art zurück.

«Es ist doch wunderbar», sagte Michael. «Springsteen hat Wunder gewirkt für die Jungs, die Bruce heißen. Früher hat der Name immer so ’nen schwulen Makel gehabt.» Nach kurzem Schweigen sagte er: «Wisst ihr, ich bin schon spät dran. Ich würd liebend gern dableiben und das ausdiskutieren, aber … Wren Douglas darf man nicht warten lassen.»

Brian brauchte einen Moment, bis er den Namen eingeordnet hatte. Dann flimmerten ihm ihr Gesicht und ihr Oberkörper durch den Kopf wie ein Softporno. «Ach so, ja. Das fette Model. Kennst du sie denn?»

«Nein, aber ich bin ein ziemlich großer Fan von ihr. Mary Ann hat mir ein Ticket für die heutige Show besorgt.»

Mrs. Madrigal schaute verwirrt drein. «Sie ist … äh … etwas üppig?»

«Und wie», sagte Brian. «Aber irgendwie sexy.»

«Irgendwie?», kreischte Michael mit überraschender Entrüstung. «Wie wär’s mit sehr

Brian bedachte Mrs. Madrigal mit einem Wir-beide-kennen-uns-aus-Blick. «Und er ist da ja wohl Fachmann, nicht?»

Michael ging in Richtung Gartentor, machte allerdings kurz halt, um an einer von Mrs. Madrigals Sensemillaknospen zu schnuppern. Er mimte zu ihrer Erheiterung einen kleinen Ohnmachtsanfall und sagte: «Passen Sie lieber auf. Für so was kommt man heutzutage hinter Gitter.»

«Tja», sagte die Vermieterin mit unbewegter Miene, «ich vertraue darauf, dass du mich rechtzeitig warnst, falls Mrs. Reagan zum Tee vorbeischauen sollte.»

 

Mrs. Madrigal war einverstanden, Shawna für ein paar Stunden zu nehmen, und so machte Brian im Searchlight Market noch ein paar Einkäufe (Pepsi light, eine Schachtel Milky Ways und den neuen Colgate-Spender), bevor er in den Summit zurückkehrte. Im zweiundzwanzigsten Stock stieß er auf Nguyet, die gerade das Küchenfenster putzte und dazu offenbar das Letzte von den Papiertüchern benutzte. Und das erinnerte ihn an etwas: Er hatte vergessen, Toilettenpapier zu kaufen.

Und was nimmt man jetzt, wo die Papiertücher alle sind?

«Äh … Nguyet?»

Das Hausmädchen hörte mit dem Fensterputzen auf und schaute ihn nervös lächelnd an.

«Heute Nachmittag. Wenn du einkaufen gehst. Kauf Toilettenpapier, okay?»

Ihr Lächeln stürzte ab; sie hatte ihn nicht verstanden.

«Toilettenpapier … du weißt schon …» Er überlegte, ob er es ihr vorspielen sollte, ließ die Idee aber wieder fallen. Schließlich ging er ins Badezimmer und kam mit der kleinen Papprolle zurück.

Nguyets strahlendes Gesicht verriet, dass sie begriffen hatte. «Ah», sagte sie. «Shommin.»

«Genau», erwiderte er. «Shommin. Kauf heute Nachmittag Shommin, okay?»

Sie nickte heftig und machte sich wieder an die Arbeit. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie er im Küchenschrank stöberte und eine Packung Melitta-Kaffeefilter Nr. 4 herausholte.

Mit einem von den Papierdingern in der Hand machte er sich auf den Weg zum Klo, doch die Imposanz von Wren Douglas, die vom Nachttisch zu ihm hochblickte, gebot ihm Einhalt. Sein Schwanz zuckte anerkennend, weshalb er einen kleinen Umweg machte und das Buch mit aufs Klo nahm.

Vanessa Williams würde eben warten müssen.

Wren und ihr Fan

Wren Douglas stand spät auf, bestellte sich ein herzhaftes Frühstück in ihre Suite im Fairmont Hotel und spazierte ins Badezimmer, um die Überfülle an Cremetöpfchen und Shampootübchen zu begutachten, die dort zweifellos ihrer harrte.

Die Hotelzimmer waren wirklich das Tollste an einer Buchpromotiontour: die kleinen Aufmerksamkeiten aus dem Badezimmer, die man für später horten konnte. Die King-Size-Betten mit den zurückgeschlagenen Decken und dem Pfefferminzkonfekt auf dem Kopfkissen. Die saugfreudigen, süß duftenden Handtücher, die schallgedämpften Toilettenspülungen und die in Schränken verborgenen Fernseher, die bereitstanden, um Mary Tyler Moores Trost zu spenden.

Das war die sechzehnte Stadt in drei Wochen. Ihre Dickenleier rappelte inzwischen wie ein abgenudeltes Band, das fast schon zu brüchig war, um es noch einmal abzuspielen. Sie konnte den Klang ihrer eigenen Stimme nicht mehr ausstehen, aber noch weniger die Ken-und-Barbie-mäßigen Moderatoroiden, die ihr ständig die gleichen vier Fragen stellten.

Waren Sie schon als Kind dick? («Ich war schon als Fötus dick.»)

Glauben Sie, dass die amerikanischen Frauen von der aktuellen Fitnessbesessenheit tyrannisiert werden? («Nicht unbedingt. Alle sollten so fit wie möglich sein, auch die Dicken. Die Tyrannei fängt dort an, wo man uns sagt, dass wir alle gleich aussehen sollten.»)

Was sind Ihre Maße? («Einundneunzigeinhalb Kilo … hundertzweiunddreißig, vierundneunzig, hundertfünfundvierzig … eins zweiundsiebzig groß.»)

Was glauben Sie, warum Sie zu einem internationalen Sexsymbol geworden sind? («Was weiß ich, Schätzchen. Manche Typen fahren eben ab auf Frauen, bei denen beide Schenkel nicht in eine Zeitzone passen.»)

Das ganze schlagfertige Getue verklebte ihr mit der Zeit genauso den Hals wie zu viele trockene Cornflakes. Sie saß ihre Zeit ab und zählte die Städte – es standen nur noch Portland und Seattle aus –, bis der letzte Flug sie nach Chicago zurückbringen würde, zurück zu ihrem Loft und ihrer Katze und ihrem geilen kubanischen Liebhaber mit dem Dauerständer.

Nicht dass sie während der Tour unter zu wenig Beachtung gelitten hätte. Da hatte es in Miami diesen bodygebuildeten Kameramann gegeben – gebaut wie ein Kleiderschrank, schön und voller Überraschungen. Und in Washington dieses niedliche Bubi, das sie zum Essen ausgeführt, ihr seine Unschuld anvertraut, sie am nächsten Tag zum Flughafen gefahren und dabei in einem fort gepfiffen hatte. Was das Horizontale anbelangte, hatte sie es sich gut gehen lassen.

Als sie auf die Badezimmerwaage stieg, hatte sie fast Angst hinzusehen.

Siebenundachtzig! Ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt! Dank der Tourstrapazen verlor sie Gewicht wie blöd. Wenn sie nicht bald wieder in Form kam, verloren die Schlagzeilenschreiberlinge noch ihr Neunzig-Kilo-Sexsymbol und servierten sie – Schauder, stöhn – mit einem Tritt in ihren dahinschrumpfenden Arsch ab.

Sie ließ sich die Absurdität dieses Zwiespalts auf der Zunge zergehen und wusch sich mit einer nach Veilchen duftenden englischen Seife das Gesicht.

Die Blaubeerpfannkuchen, die jeden Moment kommen mussten, würden alles wieder ins Lot bringen.

 

Eine Dreiviertelstunde später stand sie vor dem Fairmont am Bordstein und wartete auf ihre Stretch-Limo. Sie hatte sich mit ihrem liebsten Touroutfit herausgeputzt: ein türkises Strickkleid mit tiefem Dekolleté, das um die Taille mit einem Kummerbund aus braunem Leder zusammengezurrt war.

Sie fand, dass ihr der Kummerbund und die Stiefel – Schnürdinger à la neunzehntes Jahrhundert – die Aura einer gutmütigen Domina verliehen. Und da ihre Nerven bloßlagen, brauchte sie für die Konfrontation mit ihren Vernehmungsbeamten alle verfügbare Autorität.

Ihr Fahrer war eine willkommene Überraschung: jung und dunkelhaarig, mit ausgeprägten italienischen Einflüssen und mit Lippen, an denen sie die ganze Nacht hätte knabbern können. Als er mit ihr die California Street hinunterflitzte, um sie zu ihrem Rendezvous mit dem Moderatoroiden vom Tage zu bringen, fragte sie ihn, was er über die Show wusste.

«Nicht so arg viel», antwortete er. «Nur … dass sie Mary Ann in the Morning heißt.»

Sie stöhnte leise. Sie konnte sich das kleine Dummerchen schon so richtig vorstellen.

«Meine Alte kuckt sie sich immer an», sagte der Fahrer. «Sie is richtig beliebt bei den Leuten. Mary Ann bringt … na ja, so berühmte Leute wie Sie selber … Lee Iacocca, Shirley MacLaine, das Gör von Pat Boone mit der Kotzkrankheit …»

«Ach, genau», sagte sie.

«Ich hab Sie vorgestern in der Carson-Show gesehn.»

«Ach … wirklich?» Sie konnte es nicht ausstehen, wenn die Leute sie zappeln ließen. Was sollte sie schon sagen, verdammt noch mal?

«Sie waren gut.»

«Danke.»

«Wir sind gleich alt. Das is mir gleich aufgefallen. Sie sind achtundzwanzig, und ich bin achtundzwanzig.»

«So was.»

Er lachte und schaute über die Schulter zu ihr nach hinten. «Meine Alte is auch stark gebaut, wissen Se?»

«Ja?»

«Ich mein, nich so stark wie Sie. Nich so stark, wie ich sie gern hätt.»

«Ich verstehe», sagte sie.

«Ich mag starke Weiber. So ’ne wie Sie … wenn’s Sie nich stört, dass ich das so sag.»

Sie kramte ihr kleines Obsession-Fläschchen heraus, besprenkelte rasch ihre Titten und legte die Stimme eine Oktave tiefer. «Ganz und gar nicht», sagte sie.

«Ich wollt nich so klingen, als wär ich …»

«Was steht heute Nachmittag auf dem Programm?»

«Sie meinen … nach der Show jetzt?»

«Ja.»

Er überlegte kurz. «Sie müssen sich nur einmal blickenlassen.»

«Wo?»

«Ach … in so ’nem Prall-und-proper-Laden auf der Halbinsel.»

Sie ließ den Zerstäuber in der Handtasche verschwinden. «Und das ist dann bis morgen früh alles?»

«Genau.»

«Dann … haben wir also Zeit.»

Sie bemerkte, dass er das Lenkrad leicht verriss, doch er fing sich sofort wieder und zog seine zuckersüßen Lippen zu einem wissenden Lächeln auseinander. «Klar», sagte er. «Wir ham Zeit.»

 

Beim Sender lief alles ziemlich glatt, bis der Maskenbildner versuchte, ihr Dreifachkinn mit dunklerem Make-up zu tarnen. «Mit den Schätzchen», erklärte sie ihm freundlich, «verdien ich meine Brötchen. Was sollen die Leute denken, wenn’s aussieht, als würd ich sie verstecken wollen?»

«So würd’s aber gar nicht aussehen, Liebes. Warten Sie doch. Das ist Light Egyptian, ganz was Dezentes. Lena Horne nimmt das nur.»

«Engelchen», sagte sie geduldig, «mein Tripelkinn und ich sind beide weiß. Wenn das anders wär, könnt ich ja The Supremes dazu sagen oder so, aber es ist nicht anders, okay?» Da er leicht gekränkt wirkte, fügte sie hinzu: «’ne hübsche Swatch. Ist die von Keith Haring?»

Er schaute auf seine Uhr hinunter und antwortete mit einem lustlosen: «Ja.»

Sie versuchte es mit einer anderen Taktik. «Wissen Sie was», sagte sie, «bei den Augen können Sie sich austoben. Wie wär’s? Türkis, Gold, was Sie wollen. Es muss doch was geben, was Sie schon immer mal ausprobieren wollten.»

Wie erwartet kam sie damit ans Ziel. Sie hatte sich selbst als Palette angeboten, und er konnte den Künstler in sich nicht im Zaum halten. Seine Augen leuchteten wie die eines Besessenen, als er in die Tiefen seines Farbkastens hinabtauchte. «Ich glaub, ich hab noch ein Aztec Gold dabei … das setz ich auf die Lippen, nur ganz leicht in die Mitte.»

«Toll», sagte sie.

«Und knapp unter die Augen kommt ein Hauch Puder in Hellviolett.»

«Nur zu.»

Manchmal kam es ihr vor, als gäbe es keinen einzigen Mann auf der Welt, mit dem sie nicht fertig wurde.

 

Ein Redakteur brachte sie ins Künstlerzimmer, eine Orgie aus scheußlicher Siebziger-Jahre-Dekoration, die diesmal in Pfirsich und Creme gehalten war. An den Wänden hingen riesige gerahmte Fotos der sagenhaften Mary Ann: Mary Ann mit Raquel Welch, Mary Ann mit Dr. Ruth, Mary Ann mit Ed Koch, Mary Ann mit Michael Landon.

«Machen Sie sich’s bequem», sagte der Redakteur, während er rückwärts in Richtung Tür ging. «Da drüben finden Sie Kaffee … und Rosinenschnecken und was Sie so brauchen. Mary Ann wird gleich vorbeischauen und Sie begrüßen.»

«Bin ich der einzige Gast?», fragte sie.

Er nickte. «Außer Ikey St. Jacques. Wir zeichnen ihn für die ‹Latchkey Kitchen› auf.»

«Was ist das denn?»

«Ein Teil unseres Programms. Die letzten fünfzehn Minuten. Berühmte Kinder kommen zu uns und … na ja, sie bringen Schlüsselkindern bei, wie sie sich selber was kochen können, wenn ihre Eltern bei der Arbeit sind.»

«Das ist nicht Ihr Ernst», sagte Wren.

«Es kommt enorm gut an.» Er klang ein bisschen defensiv. «Wir hatten sogar Übernahmeangebote von anderen Sendern.»

Wren versuchte, sich den kleinen schwarzen Star aus What It Is! vorzustellen, wie er auf die Schnelle einen Thunfischauflauf hinzauberte. «Dieses Kind!», sagte sie. «Er ist doch keinen Tag älter als sieben.»

«Äh … tja … ich bin grad ein bisschen in Eile. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, wenn ich Sie kurz alleine lasse.»

Irgendwas hatte ihn nervös gemacht, das war klar. «Keine Bange», sagte sie. «Meinen Sie das ernst? Ich und allein, wenn so viel zu essen da ist?»

Der Redakteur ging verlegen lachend und mit dem Rücken voran durch die Tür und machte sie hinter sich zu. Wren wunderte sich noch kurz über sein Verhalten, machte sich dann aber schnurstracks über die Rosinenschnecken her, weil sie wieder an ihr schwindendes Gewicht denken musste. Als sie eine Schnecke verdrückt hatte und gerade mit einer Serviette den Lippenstift neu verteilte, ging die Tür wieder auf.

«Hallooooo, Maama!»

Es war Ikey St. Jacques. Er grinste wie ein Halloweenkürbis und sah in seinem kleinen rot-weißen Trainingsanzug einfach zum Knutschen aus. Die Hände hatte er ausgestreckt wie Al Jolson, und in einer hielt er eine brennende Zigarre.

Sie versuchte, gelassen zu bleiben. «Ach … hallo. Du bist Ikey … stimmt’s?»

«Ich hab’s gewusst», sagte er heiser glucksend. «Dieser Idiot hat mich angelogen.»

«Wer?»

«Der waschlappige Redakteur da draußen. Er weiß, wie ich auf stark gebaute Maamas steh, und drum hat er mich angelogen, der Arsch! Ich hab gewusst, dass Sie hier drin sind.» Er machte einen langen Zug an seiner Zigarre und taxierte sie von oben bis unten. Er reichte ihr gerade mal bis zur Taille. «Ich hab Sie in der Carson-Show gesehen. Und da hab ich zu meinem Agenten gesagt, das ist vielleicht ’ne scharfe Mutter.»

Sie kaufte ihm den ganzen Zirkus nicht ab. «Hör mal, Kleiner …» Sie fuchtelte in Richtung Zigarre. «Von den Dingern wird mir schlecht. Dein Auftritt war ja ganz niedlich, aber jetzt ist Schluss damit.»

Er schaute sie einen Moment traurig an, ging zum Tisch, hob den Arm und drückte die Zigarre aus.

«Danke», sagte sie und hielt ihm die Hand hin. «Also … ich bin Wren Douglas.»

Er schüttelte ihr die Hand. «Tut mir leid.»

«He … macht doch nix.»

«Manchmal geht’s mit mir durch. Keine Ahnung, warum.»

Sie kam sich allmählich wie eine Tyrannin vor. «Na, es war ja nur die Zigarre. Du solltest das Zeug nicht rauchen, nicht mal zum Spaß. Sonst bleibst du noch …»

«So klein wie jetzt?» Er lachte heiser. «Ich bin siebzehn, Gnädigste!»

«Wie bitte? Wer sagt das?»

«Ich. Und meine Geburtsurkunde. Und meine Maama.»

Sie schob den Kopf zurück und musterte ihn. «O ne. Tut mir leid. Auf keinen Fall. Das kauf ich dir nicht ab.»

«Sie glauben, dass ich lüge?»

Sie verlagerte ihr Gewicht auf eine Hüfte und taxierte ihn kühl. «Ja. Ich glaub, dass du lügst.»

Er schaute sie herausfordernd an und schob seine Trainingshose auf die Knie hinunter.

Sie nahm das Argument, das er vorbrachte, zur Kenntnis und antwortete so gelassen wie möglich. «Okay … schön … deine Reife ist nachgewiesen.»

Das Kind stand mit verschränkten Armen da und rührte sich nicht. «Sagen Sie, dass ich siebzehn bin!»

Sie schaute nervös zur Tür. «Zieh die Hose rauf, Ikey.»

«Sagen Sie, dass ich siebzehn bin.»

«Ikey, wenn jemand reinkommt, nimmt man uns noch fest wegen … ich weiß nicht, wegen was. Von mir aus, was solls. Du bist siebzehn. Tut mir leid. Ich hab mich geirrt.»

Auf dem Gesicht des Kinds machte sich ein durchtriebenes Lächeln breit, als er seiner Trainingshose wieder zu korrektem Sitz verhalf.

Wren schlug die Hand vor die Brust und stieß ein kurzes erleichtertes Wiehern aus. «Mein Gott», murmelte sie vor sich hin.

Ikey ging zum Tisch und griff sich eine Rosinenschnecke, die fast so groß war wie sein Gesicht.

«Ich finde», sagte Wren, die sich über seine Unbekümmertheit inzwischen ärgerte, «du könntest dir einen weniger drastischen Beweis einfallen lassen.»

Das Kind leckte den Rand der Schnecke ab und zuckte mit den Schultern. «So muss ich weniger reden.»

«Erzähl mir nicht so was.»

Erneutes Schulterzucken.

«Du tust das gern

Er legte die Schnecke weg und fixierte sie mit demselben süßen Spanielblick, den er bei seinem Fernsehvater einsetzte. «Wenn Sie in Ihrem ganzen Leben immer nur einen Siebenjährigen gespielt hätten, Gnädigste, dann würden Sie auch ab und zu die Hose runterlassen.»

Sie lächelte, weil ihr sein Dilemma zum ersten Mal klar wurde. «Ja, wahrscheinlich.»

«Ich bin ein Fan von Ihnen», schob er nach. «Ich will nicht mit Ihnen streiten.»

Das war ihr jetzt peinlich. «Schon gut … kein Grund zur Aufregung, Ikey.»

«Isaac.»

«Isaac», echote sie.

«Kann ich meine Zigarre jetzt wieder anzünden?»

«Auf gar keinen Fall.» Sie schwächte ihr Verdikt mit einem neuerlichen Lächeln ab. «Ich halt die Dinger wirklich nicht aus, Isaac.»

Er nickte. «Sind Sie sauer, weil ich gesagt hab, dass Sie scharf sind?»

«Aber nein. Das gefällt mir.»

«Tja, und mir gefällt, was Sie tun für … Leute, die nicht ins Schema passen.»

Mit einem halben Dutzend Wörtern hatte er erklärt, was sie beide verband. Sie war unerwartet gerührt. «Ach … was ist das schon? Ich tu’s doch gern. Das heißt, meistens jedenfalls. Ich hab gerade eine Promotiontour hinter mir, und da bin ich jetzt wohl ein bisschen überdreht. Du weißt ja, wie das sein kann.» Es sollte wie eine Vertrautheit unter Profis klingen.

Er gluckste wie ein Frosch. «Klar.»

«Ich schau mir alle deine Sendungen an», sagte sie.

Das schien ihm zu gefallen. «Wirklich?»