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RENÉ BORBONUS

RESPEKT!

Wie Sie Ansehen bei Freund
und Feind gewinnen

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4. Auflage 2012

ISBN 978-3-8437-0771-8

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2011
Grafiken: Peter Palm

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eBook: LVD GmbH, Berlin

PROLOG

Mein Name ist René Borbonus, und ich war respektlos.

Vor einigen Jahren veröffentlichte ich ein Buch, das bei einer allgemein bekannten Internetplattform diverse Leserrezensionen erhielt. Die meisten waren äußerst erfreulich, andere ein Stück kritischer. Die Mehrzahl der Meinungen bezog sich auf Qualität und Umsetzung konkreter Inhalte; das ist der Sinn der Sache. Ein Rezensent jedoch verpasste mir eine solche rhetorische Ohrfeige, dass auch ich die sachliche Distanz vergaß. Ich nahm mir seinen Verriss derart zu Herzen, dass es mir zwei Tage lang physisch schlecht ging. Ich fühlte mich gekränkt, denn er kritisierte nicht in erster Linie kon­struktiv Details des Buches. Vielmehr zielten seine Vorwürfe direkt auf meine Berufsehre und mein Ego: Er sprach mir kategorisch jegliche Kompetenz als Autor zum fraglichen Thema ab und kam zwischen den Zeilen zu dem Schluss, dass ich dann wohl auch als Kommunikationstrainer nicht viel taugen könne.

Ein böser Tiefschlag. Noch dazu – so meine Vermutung angesichts der Wortwahl – von einem Trainerkollegen. Tatsächlich bestätigte sich mein Verdacht, als ich den Verfasser ansprach.

Ein erfahrener Boxer reagiert auf einen Tiefschlag nicht mit einem Tiefschlag. Er beißt die Zähne zusammen und sucht die sportliche Auseinandersetzung im fairen Wettkampf. Als Autor muss man ­Kritik aushalten, sich sogar darüber freuen – schließlich setzt sie den Diskurs fort, den man mit dem Buch anstößt, auf die eine oder andere Art. Leider reagierte ich damals nicht wie ein erfahrener Boxer, sondern wie bei einer Schulhofprügelei: Ich trat auf gleicher Höhe zurück und gab dem Kollegen eine Antwort, die sich gewaschen hatte.

Natürlich könnte man vom Autor eines Buches über Respekt erwarten, dass ihm derartige Entgleisungen fremd sind. Aber seien wir ehrlich: Realistisch wäre das nicht. Respekt fällt uns nicht in den Schoß. Wir müssen ihn uns erarbeiten und lernen, ihn in unser Leben zu integrieren – täglich neu. Ich erzähle Ihnen diese Episode, weil sie eines unter Beweis stellt: Respekt ist keine Einbahnstraße. Das Gleiche gilt für die Respektlosigkeit. Oft schallt es uns aus dem Ellbogenwald genau so zurück, wie wir hineinrufen. Ein Konflikt, der mit gegenseitigen Tiefschlägen beginnt, wird in der Regel nicht am Tresen enden, wo der Streit friedlich beigelegt wird.

Besagter Kollege und ich kamen, nachdem wir einige Unverschämtheiten ausgetauscht hatten, glücklicherweise zur Vernunft und legten unsere Differenzen sachlich bei. Freunde sind wir nicht geworden, jedoch begegneten wir uns schlussendlich mit dem gebührenden Respekt – beiderseitig.

Respekt ist das Schmiermittel der Gesellschaft

Der Wunsch nach Respekt ist, wenn auch meist unterbewusst, so allgegenwärtig, dass kaum ein Tag vergeht, an dem wir ihn nicht empfinden. Dieser Wunsch ist mehr als nachvollziehbar: Respekt ist der Treibstoff für unser Ego. Je nach Beschaffenheit des eigenen Selbstbewusstseins braucht der eine mehr davon, der andere weniger. Bekommen wir ihn, wächst unser Ego, und mit ihm unsere Selbstsicherheit, unsere Zuversicht, unser Mut und unsere Risikobereitschaft. All das brauchen wir, um glücklich und erfolgreich zu werden – beruflich wie privat.

Allerdings ist es mit dem Respekt wie mit dem Unternehmenserfolg: Nur wer investiert, wird wachsen. Respekt und Erfolg haben deshalb sehr viel miteinander zu tun. Ein respektvolles Miteinander im Geschäftsleben wird Ihren Alltag nicht nur entspannter und konfliktärmer machen – es wird Ihnen auch messbare Erfolge bescheren. Dagegen wird Ihr Konkurrent wahrscheinlich bei nächster Gelegenheit zum Gegenschlag ausholen, wenn Sie öffentlich schlecht über ihn reden. Ihr Vorgesetzter wird wenig von Ihren Entwürfen zur Prozessoptimierung halten, wenn Sie jede seiner Entscheidungen lautstark anzweifeln. Umgekehrt wird Ihr Angestellter wenig motiviert sein, Umstrukturierungen im Unternehmen hinzunehmen, wenn Sie ihm für all seine Treue und Überstunden über die Jahre viel zu selten oder nie Ihre Anerkennung aussprechen.

Das Gleiche gilt für private Beziehungen: Sie können von Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner wenig Respekt erwarten, wenn Sie am Valentinstag darauf pochen, dass das Feierabendbier mit dem Kollegen (»Networking, Schatz!«) nun wirklich wichtiger ist als der gemeinsame Kinobesuch. Auch Ihre Kinder werden Schwierigkeiten haben, zu Ihnen aufzuschauen, wenn Sie lieber mit den Kumpels Bundesliga schauen, als den Sohnemann bei seinem eigenen Heimspiel zu unterstützen. Ihre beste Freundin wird wenig Respekt vor Ihrer Lebensweise zeigen, wenn Sie sich über ihren 15 Jahre jüngeren Lebensgefährten mokieren. Selbst Ihr ältester Freund wird sich ­irgendwann von Ihnen abwenden, wenn Sie ihn für seine Entscheidung verhöhnen, in Elternzeit zu gehen, während er auf Ihre Unterstützung gehofft hatte.

Kurzum: Respekt ist das Schmiermittel der Gesellschaft. Er definiert unsere Beziehungen und unser gesamtes Sozialverhalten wie kein anderer Faktor menschlichen Miteinanders. Wie sehr Respektlosigkeit nicht nur dem Einzelnen, sondern auch dem gesellschaft­lichen Klima zusetzen kann, lässt sich an einer Debatte hervorragend demonstrieren, die bundesweit hohe Wellen geschlagen hat. Es ist noch nicht lange her, da brach sich der geballte Frust der Bevölkerung über die Respektlosigkeit der Regierenden buchstäblich Bahn in einer beispiellosen Protestaktion.

Auf der Sachebene ging es bei Stuttgart 21 um ein paar Gleise, ein paar Bäume und ein paar Milliarden. Verstehen Sie mich richtig: Auch mir liegt die Natur am Herzen, und es ist mir ebenso wenig egal wie Ihnen, wohin meine Steuergelder verschwinden. Doch Bauvorhaben wie den Stuttgarter Bahnhof gibt es in unserem Land dutzendweise, und die wenigsten von uns ketten sich deshalb im Wochentakt an einem Baum fest.

Was die sogenannte Volksseele weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus zum Kochen brachte, war das schamlose Übergehen der Kritiker seitens der Entscheidungsträger sowie der respektlose Umgang der Landesregierung mit ihren Bürgern. Wer mit Gewalt auch gegen friedliche Demonstranten vorgeht, muss sich nicht wundern, wenn sich Entrüstung und Wut breitmachen. Vor allem aber darf er nicht erwarten, dass sich ein derart düpierter und in seinem demokratischen Grundverständnis gekränkter Verhandlungspartner mit einem gütigen Lächeln an den Verhandlungstisch setzt und die weiße Fahne schwenkt.

Wie bei den meisten politischen Debatten gab es auch in der Diskussion um Stuttgart 21 letztlich eine gütliche Einigung zwischen den Konfliktparteien – und zwar obwohl man weiterhin die Gleise unter die Erde verlegen, etlicher Bäume fällen und so einige Milliarden investieren will. Zu verdanken ist das mit Heiner Geißler einem brillanten Schlichter, der das in die Diskussion einbrachte, woran es zuvor gemangelt hatte: respektvolle Kommunikation zwischen den Beteiligten.

Respekt kann man lernen

Grob vereinfacht gesagt wählte Heiner Geißler für seine Intervention bei Stuttgart 21 dieselbe Strategie wie die couragierte Lehrerin, die bei einer Schulhofprügelei dazwischengeht: Er stellte sich als Puffer zwischen die Streithähne, brach den Austausch von Tiefschlägen ab und holte die Diskussion zurück auf die Sachebene. Damit ebnete er den Weg für die Erkenntnis, dass es tatsächlich um die Verlegung von … na, Sie wissen schon.

Der Weg zum respektvollen Miteinander ist ein Lernprozess, dem wir uns alle täglich stellen müssen – vom Schuljungen bis zum Spitzenpolitiker. Denn die gute Nachricht ist, dass wir gegen die kleinen und großen Respektlosigkeiten des Alltags aktiv etwas tun können. Deshalb habe ich dieses Buch geschrieben: Es gibt effektive Strategien und Techniken, um jener »Verrohung der Sitten« entgegenzuwirken, die die heute weitverbreitete Kultur der Rücksichtslosigkeit ermöglicht hat.

Als Kommunikationstrainer bereite ich täglich Verhandlungsführer auf schwierige Debatten vor und treffe häufig auf verfahrene Dialogkonstellationen. Erfreulich ist für mich jedoch, dass ich in den letzten Monaten in der Politik wie auch in der Wirtschaft einen Trend hin zu einem respektvollen Miteinander beobachten kann. Führende Politiker erkennen zunehmend, dass konstruktive gesellschaftliche Erneuerung, die mit persönlichen Einschnitten seitens der Bürger einhergeht, nicht durchsetzbar ist, wenn die Wähler ihrerseits keine Wertschätzung von den »Mächtigen« spüren.

Immer öfter trete ich mit meinem Anliegen offene Türen auch bei Unternehmen ein, die die Krux der Respektlosigkeit erkannt haben und bereits auf der Suche nach Lösungen sind. Meine Aufgabe ist es dann, Strategien und Techniken respektvoller Kommunikation zu vermitteln, die meinen Kunden messbare Erfolge bescheren.

Die Deutsche Post DHL hat das Prinzip Respekt sogar ausdrücklich zur Führungsaufgabe erhoben. Dr. Andreas Tautz, Chief Medical Officer bei der Deutschen Post DHL, erklärt warum: »Führung zeichnet sich durch die Motivation der Beschäftigten, gegenseitigen Re­spekt, emotionale Beteiligung, gemeinsame Überzeugungen sowie die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und deren Delegation aus.«1

Die DHL hat aus diesem Grund ihre Ethikrichtlinie grundlegend überarbeitet und in ein Leitbild gefasst, das nicht nur die gesundheitsfördernde Wirkung von Respekt hervorhebt. Es zeigt ebenso, dass Respekt in diesem Unternehmen als Wirtschaftsfaktor verstanden wird. Das Leitbild ist überschrieben mit den Worten »Respekt und Resultate«. Tautz geht noch einen Schritt weiter, indem er klarstellt, dass Respekt als Führungsaufgabe sogar eine Schlüsselrolle bei der Zusammenführung von Effizienzgewinn und einer Kommunikationskultur spielt, die auf gegenseitiger Wertschätzung beruht. Der Diskussionsprozess, der mit dem neuen Leitbild angestoßen wurde, biete die Chance »zur nachhaltigen Anpassung der Unternehmenskultur und zur Auflösung des vermeintlichen Widerspruchs wirtschaftlich orientierter und mitarbeiterzentrierter Unternehmensführung«.2

Bei der DHL haben die Verantwortlichen erkannt, dass die entsprechende Kommunikationskultur durchaus erlernbar ist: Die im Leitbild formulierten Soft Skills nehmen in den Leadership-Seminaren für den Führungsnachwuchs des Unternehmens einen festen Platz ein.

Respekt ist eine kommunikative Haltung

In diesen Seminaren lernen die angehenden Führungskräfte vor allem, im Team und als Teamleiter respektvoll zu kommunizieren. Dafür ist es unentbehrlich, den anderen ernst zu nehmen und auf seine Bedürfnisse einzugehen. Wenn Sie diesen Perspektivwechsel bei Ihrer Führungsarbeit, in der Partnerschaft oder in jedem anderen kommunikativen Umfeld einmal ausprobieren, werden Sie schnell feststellen: Die Motivationsfaktoren unserer Mitmenschen sehen oft ganz anders aus als das, was wir in Konfliktsituationen überstürzt in ihr Verhalten hineininterpretieren. Auch die DHL hat dies festgestellt, als sie sich bei der Erarbeitung ihres neuen Führungsleitbilds mit den Faktoren der Mitarbeitermotivation auseinandersetzte: »Weltweit ist Respekt der größte Treiber der Mitarbeitermotivation, gefolgt von ›sich einbringen und gestalten können‹ bei der Arbeit. Variable Vergütungsmodelle beziehungsweise Bonusmodelle liegen international auf dem letzten Platz der Motivatoren.«3

Sie sehen: Respekt ist keineswegs eine Frage des Wertes, sondern der Wertschätzung. Und die wird in erster Linie über Kommunikation vermittelt.

Um Respekt in Ihrem Berufs- und Privatleben erfolgreich auch als Kommunikationsstrategie einsetzen zu können, brauchen Sie zunächst ein grundlegendes Verständnis davon, wie Respekt eigentlich funktioniert. Das mag banal klingen, ist aber keineswegs selbstverständlich. Der Begriff wird im Alltag inflationär gebraucht – nicht immer ist dabei von echtem Respekt die Rede. Wer »Respekt« vor dem ersten Fallschirmsprung oder dem schulterhohen Hund des Nachbarn verkündet, meint eigentlich Angst. Goldbehängte Rap-Stars gebrauchen das Wort heute häufig bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit; nicht selten hat Respekt hier mit der Anzahl von Schusswunden zu tun, die man vorzeigen kann. Dabei hatte das Wort in den Ursprüngen dieser Musikrichtung absolut sinngebende Bedeutung und war an eine echte politische Botschaft geknüpft. Auch der Respekt, der in stark hierarchischen Kulturen und Diktaturen gern gepredigt wird, hat so gar nichts mit Respekt zu tun, sondern mit Unterordnung und Gehorsam.

Welchen Respekt also meinte ich, als ich den Titel über dieses Manuskript setzte? Ein Blick auf die Herkunft des Wortes bringt Aufschluss: Respicere bedeutet im Lateinischen nichts anderes als »zurücksehen«. Respekt ist etymologisch also verwandt mit Begriffen wie »Rücksicht« und »Berücksichtigung«. Wenn wir jemandem unseren Respekt zollen, bedeutet das, dass wir ihn wertschätzen, ihm Aufmerksamkeit schenken oder ihm Ehre erweisen.

Respekt meint nicht Anbiederung; er meint nicht geheuchelte Bewunderung, Nutzdenken und leere Worthülsen. Er bezeichnet vielmehr eine kommunikative Aufgabe, eine Verpflichtung dazu, sein Gegenüber wahrzunehmen und in seiner Persönlichkeit, seiner Menschenwürde und seinem Anliegen ernst zu nehmen. Das kann nur, wer die grundlegende humanitäre Überzeugung teilt, dass Menschen gleichwertig sind, und sich täglich daran erinnert. Respekt ist keine Maske, die wir aufsetzen und wieder abnehmen können, wie es uns beliebt. Er ist eine Haltung, weil er gleichzeitig ein grundlegendes menschliches Bedürfnis ist.

Die interdisziplinäre RespectResearchGroup der Universität Hamburg bezeichnet diese Form von Respekt als horizontalen Re­spekt. Von der zweiten Grundform – dem vertikalen Respekt – unterscheidet er sich dadurch, dass er nicht darauf beruht, dass der Respektgebende zu seinem Gegenüber »aufschaut«. Aus diesem Grund ist horizontaler Respekt auch erlernbar. Er setzt lediglich die grundlegende Erkenntnis voraus, dass jedes menschliche Leben grundsätzlich gleichwertig mit dem des anderen ist.

Und von dieser Erkenntnis muss ich Sie gewiss nicht erst überzeugen.

Respekt macht glücklich – Respektlosigkeit macht krank

Wenn jedoch dem Respekt eine scheinbar so selbstverständliche Erkenntnis zugrunde liegt, warum müssen wir uns überhaupt erst damit beschäftigen? Warum verhalten wir uns nicht automatisch immer respektvoll? Warum sind Egoismus und Rücksichtslosigkeit in unserem Alltag so viel präsenter?

Es ist nicht zuletzt dieses Paradoxon, das mich fasziniert und animiert hat, dieses Buch zu schreiben. Bei meiner Arbeit stelle ich immer wieder fest: Oft ist es gar keine böse Absicht, kein Egoismus und keine Ellbogenmentalität, die uns zu respektlosem Verhalten animiert, sondern einfach nur fehlende Achtsamkeit. Immer wieder begegne ich Klienten, die sich besonders in unangenehmen Gesprächssituationen achtlos verhalten. Dabei sind sie im festen Glauben, ihrem Gegenüber allen gebührenden Respekt zu erweisen! Dieser Mangel an Achtsamkeit ist besonders tragisch, wenn er über einen langen Zeitraum zu zerrütteten Beziehungen am Arbeitsplatz oder im Privatleben führt – ohne dass die Parteien auch nur erkannt hätten, woran es eigentlich gelegen hat, dass man »nicht miteinander konnte«.

Respektlosigkeit ist eine der schlimmsten Fallen, in die wir bei der Kommunikation tappen können, denn sie ist ein Teufelskreis. Wie wir bereits festgestellt haben, ist Respekt keine Einbahnstraße: Re­spektloses Verhalten provoziert in aller Regel mehr respektloses Verhalten, wenn es beiden Parteien an der nötigen Achtsamkeit mangelt. Das kann gravierende Folgen für alle Beteiligten haben. Fehlender Respekt macht nicht nur einsam, sondern im schlimmsten Fall auch krank. So wie Respekt in der Rangliste der Faktoren zur Mitarbeitermotivation ganz oben steht, so gefährlich sind die Auswirkungen seines Fehlens auf die Mitarbeitergesundheit. Laut Dr. Andreas Tautz reicht schon das subjektive Empfinden aus, die eigene Arbeit würde vom Vorgesetzten nicht genug anerkannt, »um auf längere Sicht das Risiko des Auftretens einer Herz-Kreislauf-Erkrankung und/oder einer Depression zu verdoppeln.«4

Respekt verschafft man sich, indem man ihn zeigt

Ob es derart schmerzliche Erfahrungen mit Respektlosigkeit oder der Wunsch nach mehr Anerkennung im Job und im Privatleben sind, die Sie zur Lektüre dieses Buches bewogen haben: Es lohnt sich in jedem Fall, Respekt aktiv zu einem bewussten Teil Ihrer persönlichen Lebenseinstellung zu machen. Denn so, wie sein Fehlen gravierende Folgen haben kann, kann ein Mehr an Respekt Ihr Leben auch gravierend bereichern. Es kann Sie erfolgreicher, glücklicher, sogar gesünder machen. Klingt das etwa nicht verlockend?

Um den Anfang zu machen, braucht es gar nicht viel. Respekt wird in erster Linie über Kommunikation vermittelt. Respekt lernen heißt deshalb vor allem kommunizieren lernen.

Als Kommunikationstrainer vermittle ich in diesem Buch keine Wellness-Rhetorik. Ich möchte Sie gezielt auf schwierige Situationen vorbereiten und dabei unterstützen, mit den Mitteln der Kommunikation den Respekt Ihres Umfelds zu gewinnen. Dieses Buch folgt daher ganz und gar praktischen Gesichtspunkten. Der erste Schritt ist, Sie für die Falle der Respektlosigkeit zu sensibilisieren. Wie beschrieben fehlt es uns häufig nur an einem Quäntchen mehr Achtsamkeit, um schwierige Gesprächssituationen wie Verhandlungen oder Konfliktgespräche strategisch klüger zu gestalten und zu unseren Gunsten zu entscheiden, ohne dabei egoistisch oder rücksichtslos aufzutreten. Zunächst werde ich Ihnen daher demonstrieren, wie sich Respektlosigkeit in der Kommunikation äußert, wie Sie sie erkennen und ihr begegnen können, ohne einen Tiefschlag mit einem Tiefschlag zu beantworten. Es gibt ebenso simple wie effektive Werkzeuge, die sofort Abhilfe schaffen, wenn dicke Luft herrscht.

Darüber hinaus möchte ich Ihnen einen Leitfaden an die Hand geben, wie Sie durch aktives Vorleben auch den Respekt Ihres Gegenübers gewinnen können – Freund oder Feind, Partner oder Vorgesetzter, Kind oder Vater. Um sich selbst Respekt zu verschaffen, müssen Sie ihn zunächst anderen entgegenbringen. Spätestens, wenn es darum geht, den eigenen Standpunkt – vielleicht sogar gegen Widerstände – zu vertreten, sind Selbstbeherrschung, Konfliktfähigkeit und Überzeugungskraft die Mittel der Wahl. Der US-amerikanische Soziologe Richard Sennett hat es so formuliert: »Respekt ist eine ausdrückliche Darbietung. Andere mit Respekt zu behandeln, geschieht nicht einfach von selbst […]. Wer jemandem überzeugend Respekt erweisen will, muss die rechten Worte und Gesten finden.«5 Das Instrumentarium, das ich Ihnen hier vermittle, reicht vom richtigen Zuhören und der Kontrolle der eigenen Emotionen über die gelungene Strukturierung von Argumenten und konsistente Körpersprache bis hin zur angemessenen Formulierung von Kritik und der richtigen Art, »nein« zu sagen.

Auch wenn Sie sich selbst bereits zu den respektvolleren Zeit­genossen zählen: Lassen Sie sich noch einmal neu auf das Prinzip Re­spekt ein und lernen Sie, davon zu profitieren. Es sind oft kleine Unachtsamkeiten, die auf Dauer Schaden in menschlichen Beziehungen anrichten – und kleine Veränderungen, die Sie einen Riesenschritt nach vorn bringen.

Hand aufs Herz: Sind Sie wirklich noch nie in eine verbale Schulhofprügelei geraten, wie ich sie zu Beginn aus eigener Erfahrung geschildert habe?

Sehen Sie.