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HELMUT BINDER

Fallstrick

HELMUT BINDER

Fallstrick

Ein Unternehmerschicksal im Musterländle

Roman

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Der Autor:

Der promovierte Volkswirt Helmut Binder wurde 1927 in Göppingen geboren. Er war über dreißig Jahre lang als selbstständiger Unternehmer in der Modebranche tätig, unterstützt von seiner Ehefrau als Mitgesellschafterin. Helmut Binder hat mehrere Bücher verfasst.

Gewidmet meiner lieben Frau Usch,
die seit über sechzig Jahren
Freud und Leid mit mir teilt
.

1. Auflage 2013

E-Book im EPUB-Format: ISBN 978-3-8425-1590-1
E-Book im PDF-Format: ISBN 978-3-8425-1591-8
Gedrucktes Buch: ISBN 978-3-8425-1270-2

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Inhalt

Author

Der Verdacht

Modewelt

Leanders Leumund

Leanders Familie

Leanders Botschaft

Münchner Geschichten

Niedergang einer Branche

Modelle und Prominente

Neue Entwicklungen

Marlene Leander

Der Schlüssel zur Aufklärung

Erinnerungen

Der Boykott

Werksspionage

Verzweiflung und neue Hoffnung

Das Wiedersehen

Ein Tag mit Marlene

Vergebliche Rettungsversuche

Das bittere Ende

Epilog

Weitere Bücher und E-Books aus dem Silberburg-Verlag

Der Verdacht

Vorgespräch bei der Versicherung

Wir saßen im zwölften Stock der Verwaltungszentrale der Versicherungsgesellschaft und hörten nach dem einleitenden Vortrag eines Sachbearbeiters an, was uns die Herren Chefs zu sagen hatten.

»Beweise gibt es nicht, der Mann weist jeden Verdacht von sich, verweigert aber jede Mitarbeit bei der Aufklärung mit der stereotypen Begründung, er wisse nichts. Ob es letztendlich zu einem strafrechtlichen Verfahren kommt, ist bei den bislang bekannten Fakten keineswegs sicher. Wenn ja, wird es auf einen Indizienprozess hinauslaufen, mit ungewisser Dauer und ungewissem Ausgang. Auf den Staatsanwalt sollten wir uns nicht verlassen, auch wenn die ersten Ermittlungen geradezu überwältigend starke Indizien ergeben haben.

Sollte der Verdacht gegen Herrn Leander begründet sein, so ist davon auszugehen, dass er klug genug ist, gegebenenfalls Beweise vermieden beziehungsweise durch den Brand selbst vernichtet zu haben. Eine Tatsache, die den Schuldnachweis in Fällen vermuteter Brandstiftung sehr oft unmöglich macht. Der Ausgang eines Strafprozesses aber präjudiziert unsere Leistungspflicht.

Im Prozessfall wird der persönliche und wirtschaftliche Hintergrund des Verdächtigen eine große Rolle spielen. Wir werden daher Herrn Florus mit Ermittlungen beauftragen, die insbesondere das Umfeld des Versicherten betreffen. Wie stets in solchen Fällen wird er insofern nicht in Konkurrenz zu den Ermittlungen der Kriminalpolizei treten.«

»Herr Florus«, damit wandte er sich an mich, »tragen Sie also alles zusammen, was uns davor bewahrt, zu Unrecht in Anspruch genommen zu werden. Liefern Sie uns einen Bericht, der eine schnelle Beurteilung und Entscheidung nach unserer Interessenlage ermöglicht. Denn unsere Verpflichtungen aus der Betriebsunterbrechungsversicherung steigen mit jedem Tag, den der Versicherungsnehmer durch die Untersuchung verliert.

Wir müssen auch vermeiden, auf Leistung oder gar Schadenersatz wegen Leistungsverzögerung beklagt zu werden, ganz abgesehen davon, dass dies kontraproduktiv wäre im Hinblick auf unsere Werbestrategie, die auf Kunden- und Servicefreundlichkeit baut. Die zuständige Agentur, eine sehr gut berufene, hat nachdrücklich um schnelle und wohlwollende Bearbeitung gebeten und sich im Rahmen dessen, was man menschliches Ermessen nennen könnte, stark für Herrn Leander eingesetzt.«

Den letzten Satz hatte Dr. Bell, der Chef der Leistungsabteilung, zugleich an seine anwesenden Kollegen gerichtet. Während seines Monologs war er hinter seinem Schreibtisch mit der dicken Glasplatte auf und ab gegangen, und setzte sich jetzt uns gegenüber in seinen Colani-Sessel.

Ich war dran, der Mann für diffizile Aufgaben, der gelegentlich gerufen wurde, wenn es mehr um Hintergründe ging denn um Fakten, die in Zentimetern messbar waren.

»Was für Vorgänge gibt es bisher?«, fragte ich.

»Wenn Sie wissen wollen, wie weit eine unserer Leistungen in der Vergangenheit in Anspruch genommen wurde, hier ist eine Aufstellung der letzten zwanzig Jahre: ein paar kleinere Transportschäden, ein ärgerlicher Fall wegen eines in Mailand ausgeraubten Autos, bei dem der Kunde partout nicht einsehen wollte, dass sein Reisegepäck unterversichert war, da und dort ein unbedeutender Haftpflichtschaden durch eines seiner Firmenfahrzeuge, auch zwei kleinere Transportschäden und zwei von seinen Hunden gemeuchelte Hühner. Alltagsbagatellen, die glatt abgewickelt wurden. Also keine Hinweise auf Inkorrektheiten.

Doch eines sollten wir uns vor Augen halten: Der Versicherte hat von den Kapitalanteilen seiner Lebensversicherungen erhebliche Teile, zusammen mehrere hunderttausend Mark, in kurzer Zeit abgezogen. Die Versicherung, die auf das Leben seiner Frau ausgestellt ist, hat er nicht angerührt.

Er hat unserem Vertreter gegenüber als Begründung dafür angegeben, dass er einen vorübergehenden finanziellen Engpass seines Unternehmens überbrücken müsse. Für seinen Betrieb hat er beim Arbeitsamt Kurzarbeit beantragt. Sie sollte im Anschluss an die dreiwöchigen Betriebsferien beginnen. Und die haben just am Tag nach dem Brand angefangen. Kurzarbeit ist zwar eine Notmaßnahme auf Grund von Auftragsmangel, sie dient in der Regel dazu, Schwierigkeiten zu vermindern. Also gibt es welche.

Nach den vorliegenden Informationen von Schufa und Auskunfteien liegt eine geschäftliche Notlage nicht vor. Im Gegenteil, entgegen dem allgemeinen Trend in der Textilbranche kommt der Kunde allen Verpflichtungen pünktlich nach, zahlt nach wie vor in erster Kondition. In der Branche bedeutet das, innerhalb von zehn Tagen. Vordergründig spricht also nichts gegen unseren Versicherungsnehmer.

Allerdings dürfen wir gewisse Erfahrungen der letzten Jahre nicht außer Acht lassen und müssen einiges hinterfragen. Ich erinnere an den Fall M. G. Da hat ein bisher gut beleumdeter Unternehmer nach einer großen Zahlung durch seine Feuerversicherung sämtliche Zahlungen eingestellt und ist seitdem unauffindbar, samt dem Geld, das er von uns bekommen hat. Der Schaden bei Banken und Lieferanten liegt in Millionenhöhe. Man hat eine erneute Untersuchung der Brandursache eingeleitet.

Im vorliegenden Fall fällt auf, dass Frau Leander spurlos verschwunden und an dem von ihrem Mann angegebenen Aufenthaltsort nicht anzutreffen ist. Die Behörden scheinen gewisse Hinweise zu haben, deren Ursachen uns aber nicht bekannt sind. Man hat Herrn Leander vorläufig festgenommen. Da werden wir noch auf das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen warten müssen.

Denn vergessen wir nicht: Der Fall ereignete sich in einer Branche, die bei den Banken auf dem Index steht. Und wir wissen alle, die Not gibt manchen Leuten oft Ideen ein, die ihnen keiner zugetraut hätte, am wenigsten sie selber.

Manchmal denke ich, die sehen sich vor der Wahl, als Gescheiterte vor ihren Bekannten zu stehen oder mit dem Gefühl, sich durch Intelligenz und Tatkraft aus dem Sumpf gezogen zu haben.«

»Na ja«, lachte der »Lebens«-Boss, »so wie der Mann aus Schwäbisch Gmünd. Der wollte sein Kapital erst einmal per Glücksspiel ergänzen. Als er dann wieder einmal mit leeren Taschen aus Baden-Baden heimkam, griff er einen Seidenschal aus seinem Laden, wickelte sich den vor das Gesicht und ging zur Bank im Nebenhaus, wo er versuchte, mit vorgehaltener Pistole inkognito ›Geld abzuheben‹. Der Kassier drückte den Alarmknopf und der Räuber rannte heim. Die Polizei holte den Schal aus dem Regal und die Pistole aus dem Schreibtisch. Der gute Mann fand einen Richter, der ihn zum Psychiater schickte. Den musste die Krankenkasse bezahlen.«

»Zum Thema Glücksspiel werden wir mal unsere üblichen Quellen und Querverbindungen nutzen. Klar, dass Sie ebenfalls nach Hinweisen suchen. Natürlich auch das Übliche: Frauengeschichten, aufwendiger Lebensstil und so weiter.«

Der Chef wandte sich an den Mitarbeiter, der am Nebentisch die Unterlagen über alle Versicherungen Leanders ausgebreitet hatte: »Was für einen Wagen fährt Leander?«

»Versichert hat er bei uns einen Mercedes 250, einen weiteren Mercedes und einen Transporter. Keine nennenswerten Schäden.«

»Was wissen Sie über den Geschäftsverlauf?«

»Für Exportgeschäfte läuft eine Transportversicherung. Die angemeldeten Transporte haben in den letzten Jahren zugenommen, zu Inlandsgeschäften haben wir keine Hinweise. Versicherungsprämien werden stets pünktlich bezahlt durch Abbuchung. Bei der Schufa keine Vorfälle.«

»Mit Sicherheit stimmt etwas nicht bei der Sache«, sagte der Chef. »Es geht immerhin um die Textilbranche – und dann die Sache mit der Leiche …«

Bei diesen Worten kamen mir andere tragische Fälle wieder vor Augen, etwa der, bei dem ein Kleiderfabrikant vor dem Abschluss einer hohen Lebensversicherung gründlichst untersucht worden war und am Tag nach der Unterschrift einem äußerst ominösen Herztod erlag. Vergebens hatten damals die Gläubiger versucht, den ebenfalls kurz zuvor geschlossenen Ehevertrag mit Gütertrennung anzufechten. Die Versicherungssumme wurde der Witwe ausbezahlt, die Firma ging in Konkurs.

Ebenso dachte ich an ein paar ungeklärte Autounfälle, meist an Brückenpfeilern, von denen merkwürdigerweise mehrere Menschen aus dieser Branche betroffen gewesen waren. Hatte der Verunglückte kurz zuvor eine neue Lebensversicherung abgeschlossen, bei der im Falle eines Todes durch Unfall die Leistung zu verdoppeln war, prüfte man das Polizeiprotokoll besonders penibel und oft holte man mich. Doch die Toten blieben auch für mich stumm. Meine Aufgabe war, mit Lebenden zu sprechen, Milieustudien zu betreiben, Hintergründe zu erforschen, die außerhalb der Polizeiarbeit lagen. Der Versicherung nützte der Leistungsausschluss bei Selbstmord ohne Beweise nichts. Der war nicht immer so klar ersichtlich wie bei jenem verzweifelten Strickwarenfabrikanten in Reutlingen, der sich auf dem Parkplatz eines Supermarktes eine Handgranate an den Hals gebunden und abgezogen hat.

In welcher Verfassung müssen all diese Leute gewesen sein? Wie waren sie so weit gekommen, Männer, die über Jahrzehnte erfolgreich und angesehen gewesen waren, Männer, auf deren weiße Weste in Jahrzehnten kein Stäubchen gekommen war?

Ob jene, die einen Unfall inszeniert hatten, damit ihren Angehörigen die erhöhte Versicherungssumme zukomme, sich im buchstäblich letzten Augenblick ihres Lebens klar darüber waren, dass sie dieses mit einer Lüge und mit Betrug beendeten? Wie verzweifelt müssen diese Menschen gewesen sein? Diese Frage hatte mich schon manches Mal beschäftigt und davon abgehalten, vorschnell Konsequenzen zu veranlassen, welche die Hinterbliebenen um die Frucht dieses Opfers bringen mussten.

Sehr oft konnte man minutiös alles aufrollen bis zur letzten Stunde, konnte Zahlen und Fakten so klar miteinander verbinden, dass dem Täter nichts übrig geblieben wäre als ein Geständnis. Aber Tote reden nicht. Im Zweifel für die Toten.

Wenn »Feuerchef« und »Lebensboss« Recht hatten mit ihrer Vermutung, so schien es für mich hier leichter zu sein. Der Täter lebte noch und stand zur Verfügung. Und möglicherweise – oder wahrscheinlich? – handelte es sich um Mord.

Der Täter? Wieso Täter? Doch höchstens von einem Verdächtigen konnte man reden. Doch für den Verdacht sprach unter anderem die Tatsache, dass der ungeklärte Brand in einem Betrieb ausgebrochen war, der einer durch Billigimporte und Modelaunen seit Jahrzehnten übel gebeutelten Branche angehörte.

Ich blickte auf meine Notizen und trug eine Zusammenfassung vor: »Friedemann Leander, 60 Jahre alt, Inhaber einer kleineren Strickwarenfabrik, Ehefrau Marlene, im Betrieb voll tätige Mitinhaberin, 54 Jahre, nach Aussage des Ehemanns angeblich in der Schweiz, um eine Verwandte aus Frankreich zu treffen, am angegebenen Aufenthaltsort jedoch nicht aufzufinden. Nach Vorhalt der Polizeiauskunft verweigert Leander jede Stellungnahme zum Anlass dieser angeblichen Reise. Es wurde an der Brandstätte eine total verkohlte und unkenntliche Leiche aufgefunden. Identifizierung und Feststellung der Todesursache können wochenlang dauern.

Die Leanders haben vier erwachsene Kinder, von denen zur Zeit nur zwei erreichbar sind. Leander selbst sitzt in Untersuchungshaft, muss aber möglicherweise freigelassen werden, wenn sein Anwalt geschickt vorgeht. Bis jetzt hat er jedoch keinen Anwalt. Er selbst hat keinen diesbezüglichen Antrag gestellt. Zur Sache hat er lediglich ausgesagt, dass er nichts wisse und zur fraglichen Zeit in seiner Wohnung gewesen sei. Die Wohnung liegt am Ende eines 100 Meter langen Gebäudes. Dieses selbst liegt am Ortsrand. Der Brand ist an dem in Richtung des Ortes liegenden Ende ausgebrochen. Auch das ist praktisch von außen nicht einsehbar. Der Brand ist von Nachbarn erst spät bemerkt worden. Jedoch ist die Feuerwehr durch einen anonymen Telefonanruf alarmiert worden.

Den Körper oder das, was von ihm noch übrig war, hat man in einer Blechwanne von gut zwei Metern Länge gefunden. Von hier scheint der Brand ausgegangen zu sein. Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit ist ein Brandbeschleuniger verwendet worden, vielleicht Benzin. Alle Indizien sprechen für den Versuch, eine Leiche zu beseitigen. Also für Mord, verbunden mit vorsätzlicher Brandstiftung.

Es sind Warenvorräte, Fertigware und Betriebseinrichtung sowie der wertvolle Hausrat in der an das Fabrikgebäude anschließenden Wohnung bei der Gesellschaft hoch versichert. Es besteht eine Betriebsunterbrechungsversicherung. In dem beschädigten Betrieb haben am Tag vor dem Unfall, einem Freitag, dreiwöchige Betriebsferien begonnen. Daran schließt eine zweiwöchige Pause an für mit dem Arbeitsamt vereinbarte Kurzarbeit. Viele Betriebsangehörige sind darum verreist. Es konnte noch keiner von ihnen vernommen werden.

Für beide Eheleute sind mehrere hohe Lebensversicherungen abgeschlossen, jeweils mit Unfallklausel, das heißt, bei Tod durch Unfall wird die doppelte Summe ausbezahlt. Vor einigen Wochen hat Leander einen Teil der Ansparsummen als Vorauszahlung entnommen. Die auszahlbaren Beträge liegen jedoch weit unter den Abschlusssummen. Darüber hat sich Leander wenige Tage vor dem Brand dem Versicherungsvertreter gegenüber sehr enttäuscht geäußert. Über die Verwendung dieser Gelder ist nichts bekannt, vor allem nicht, ob private Anlagen Anlass für die Abforderung waren. Geschäftliche Zahlungen erfolgten stets vereinbarungsgemäß, meist unter Abzug von Skonto. Andererseits wurde ein deutlicher Personalabbau festgestellt. Es sind bisher keine Auffälligkeiten im privaten Bereich bekannt.«

Während die anderen Teilnehmer die Sitzung verließen, bat mich Dr. Bell, im Vorzimmer zu warten. Ich blätterte ein bisschen in den Unterlagen, die Leander betrafen, und stieß auf einen Fragebogen an den Hundehalter. Auf die Frage: »Warum hat der Hund gebissen?«, hatte Herr Leander geantwortet: »Hund verweigert die Aussage«. Gerade als ich laut darüber lachte, kam Dr. Bell zurück, warf einen Blick auf die Stelle und lachte mit. »Irgendwie«, sagte er dann, »hoffe ich im Stillen, dass es am Ende dieser Geschichte auch etwas zu lachen gibt.«

Dann erzählte er mir, dass er mit dem Vorsitzenden des zuständigen Gerichts gesprochen habe. Dieser, ein Herr Dr. Denkert, sei ein Studienfreund von ihm. Dem habe er von dem Fall berichtet. Unter der Bedingung, dass ich keinen unrechten Gebrauch davon mache, könne ich mich mit dem Untersuchungsrichter oder dem Staatsanwalt in Verbindung setzen.

Ihm selbst habe Dr. Denkert gesagt, die am Tatort getroffenen Feststellungen sprächen eindeutig gegen Leander. Erkenntnisse zu seiner Entlastung gäbe es nicht und es bestehe Fluchtgefahr. Er bleibe also in Untersuchungshaft. Vorausgesetzt, dass ich bereit sei, alle meine Erkenntnisse auch ihm zugänglich zu machen, könne Dr. Denkert sich eine Zusammenarbeit vorstellen. Er, Dr. Bell, habe ihm versprochen, ihn über meine Berichte zu informieren.

Wo es um so viel Geld geht, lässt die Gesellschaft auf eigene Kosten ermitteln. Sie hat dafür ihre eigenen Angestellten, Detektive, Rechtsanwälte und auch Sachverständige für technische Fragen.

Irgendwann einmal waren wir bei meinen Recherchen für ein Buch zusammengekommen. Da ich mich für die Schicksale von Menschen interessiere, hatte man mich inzwischen ab und zu in Fällen besonderer Dezenz als freiberuflichen Mitarbeiter engagiert. Ich arbeitete, soweit es irgend ging, ohne jeden Hinweis auf eine Verbindung mit der Versicherung. Denn ich blieb stets im Hintergrund, konnte meine Aktivitäten mit journalistischer Neugier begründen, so dass die auf ihr Image bedachte Gesellschaft nicht in den Ruf der Schnüffelei geriet. Bei einem Mann mit Presseausweis fielen neugierige Fragen nicht so auf wie bei einem Herrn mit der Visitenkarte einer Versicherungsgesellschaft.

So hatte ich beispielsweise bei einem ominösen Brand in den Lagerräumen eines politisch einflussreichen Rohwarenhändlers recherchiert, als dessen Ursache in der Öffentlichkeit sofort Brandstiftung durch politische Gegner vermutet wurde. Nachdem ich durch Nachfragen in der Branche herausbekommen hatte, dass am Tag vor dem Brand die Preise für seine textilen Handelsartikel – es handelte sich um Fabrikationsabfälle sowie um Lumpen aus Kleidersammlungen – weltweit ins Bodenlose gefallen waren, konnte die Versicherung unter dem Vorwand der Klärung von Bewertungsfragen die Schadensregulierung lange hinausziehen. Schließlich erledigte sich damals die äußerst delikate Angelegenheit von selbst, als der Mann Selbstmord beging, nachdem seine Organisation festgestellt hatte, dass er Millionenbeträge aus ihrem Vermögen veruntreut hatte. Damit war das Tor geöffnet für weitere Nachforschungen auch in der Brandsache. Das Resultat damals war: vermutete Brandstiftung durch einen Mitarbeiter auf Anweisung des Chefs oder durch diesen selbst. Der politischen Brisanz wegen wurde die Sache damals auf ganz kleiner Flamme gehalten. Ich selbst wurde zum Schweigen verpflichtet.

In den Fällen, in denen ich engagiert war, bezahlte mir die Gesellschaft Honorar und Spesen. Sie sparte viel Geld, wenn ich ihren Spezialisten die richtigen Hinweise geben konnte, und sie ersparte sich die Beschädigung ihres guten Rufs im Falle eines falschen Verdachts. Oft kamen am Ende nichts als Banalitäten heraus, doch bei diesem neuen Fall hatte ich ein Gefühl, als könne er Stoff für eine spannende Geschichte ergeben.

Meine Nachforschungen sollten erst einmal der Frage gelten, ob es Hinweise auf private Verschuldung gab, unter den Stichworten: Spiel, Wetten, teure Hobbys, Drogen, kostspielige Sammlungen, Geliebte.

Die Eheleute waren häufig auf Geschäftsreisen gewesen, verfügten auch über Auslandsbeziehungen. Grund genug, hier anzusetzen. Die ersten Informationen fand ich in der Abteilung Sachversicherung, wo von den Versicherungsnehmern ihre Messeteilnahmen angemeldet werden mussten. Leander hatte ausgestellt auf der Igedo Düsseldorf, der Modewoche München, auf entsprechenden Messen in Kopenhagen, Paris und New York.

Messegesellschaften sind sehr auf Publicity bedacht. Es würde für einen Journalisten kein Problem sein, Termine, Ausstellerverzeichnisse und Kataloge zu bekommen, genauso Einladungen zu Modeschauen und Empfängen.

Erste Besuche

Dank der Vorbereitung durch Dr. Bell bekam ich am gleichen Tag eine Besuchserlaubnis. Es schien, als sei man froh, dass sich überhaupt jemand um den Untersuchungsgefangenen kümmerte. Im Sprechzimmer saßen wir einander gegenüber und er blieb stumm wie ein Fisch. Nur ein einziges Wort konnte ich ihm entlocken. Als ich ihn fragte, ob er denn nicht aus dem Gefängnis herauskommen wolle, fragte er: »Wohin?« Als ich mich verabschiedete, erwiderte er meinen Gruß nicht. Er schien ihn gar nicht zu bemerken.

Bei einem zweiten Besuch am Tag darauf glaubte ich, nicht umhinzukommen, mein Interesse wahrheitsgemäß zu begründen. Trotz seines eintönig-apathischen Tons war die Verachtung nicht zu verkennen, als er den einzigen Satz sagte: »Und Sie sind sich nicht zu schade, einen Unglücklichen zu verfolgen, damit Reiche sich vor dem Zahlen drücken können?«

Damit drehte er mir den Rücken zu. Ich sagte ihm noch, dass er damit nur dann recht habe, wenn er schuldig sei. Sei er aber unschuldig, könne er doch nur auf die Wahrheit hoffen. Dann würde die Versicherung sofort zahlen. Im Übrigen riete ich ihm dringend, sich einen Anwalt zu nehmen.

»Der meine hat mich im Stich gelassen. Es war ein früherer Schulkamerad. Die sind doch alle gleich, diese Advokaten. Ich mag keinen mehr sehen. Ich bin unschuldig und werde einfach abwarten.«

Ich versuchte vorsichtig, seine Aversionen gegen Juristen etwas zu mindern, damit er fachliche Hilfe bekommen könnte. Doch er hörte mir nicht mehr zu. Auch diesmal gingen wir grußlos auseinander.

Erst Jahre später sollte ich in Akten, die ich einsehen konnte, die Gründe für seine Abneigung gegen Anwälte finden.

Einige Tage später erhielt ich die Erlaubnis, Leander in seiner Zelle zu besuchen. Sie sei einigermaßen wohnlich ausgestattet und man hoffe, dass er sich dort etwas aufgeschlossener zeige.

Es ist wahr, ich fand es ungehörig vom Wärter, durch den Spion zu blicken, jene Linse in der Tür, durch die der Gefangene beobachtet werden konnte. Aber bitte, glauben Sie mir das, ich wollte vermeiden, ihn in einer Situation zu überraschen, die ihm nicht recht gewesen wäre. Irgendwie fühlte ich die Pflicht, seine Gefühle zu achten. Ob solche Feinfühligkeit am Platz ist bei Brandstiftern, Mördern und Versicherungsbetrügern, sei dahingestellt. Der Beamte sah jedenfalls in der Zelle einen Mann, der weinte und mit den Händen nach vorne griff, so als wollte er jemand zurückhalten oder einfangen. Ich beschloss zu warten. Nach fünf Minuten saß Leander noch immer auf seiner Bettstatt und schluchzte hemmungslos.

Ich hatte nun wirklich keine Zeit und – ehrlich gesagt – auch keine Lust mehr, noch länger Rücksicht zu nehmen, und bat den Wärter, mir die Tür zu öffnen. Sekunden später stand ich einem Menschen gegenüber, der ganz offensichtlich gewohnt war, vollkommen emotionslos sachliche Gespräche zu führen. Mit ruhiger Stimme sagte er: »Bitte, nehmen Sie Platz. Was führt Sie noch einmal zu mir?«

Der Mann hatte sich plötzlich völlig in der Gewalt, war höflich und von jener distanzierenden Freundlichkeit, die man um seiner selbst willen unerwünschten Gesprächspartnern entgegenbringt. Unwillkürlich dachte ich an eine Geschichte, die ich unlängst gelesen hatte. Von einem französischen Adligen, der sicheren Schrittes das Schafott betrat »wie früher seine Loge im Theater«, hatte der Beobachter damals aufgeschrieben. Es hätte mich nicht überrascht, wenn Leander mir ein Trinkgeld gegeben hätte, wie einst jener seinem Henker.

»Florus ist mein Name, Hermann Florus. Wie bereits gesagt, komme ich im Auftrag der Versicherung wegen Ihres Versicherungsschadens.«

»Es soll mir recht sein, wenn Sie das rasch erledigen. Allerdings, eine genaue Aufstellung kann ich erst machen, wenn ich wieder draußen bin. Aber es wäre wichtig, dass ich einige Zahlungen schnellstens erledige, sonst ist die Existenz meiner Firma gefährdet – und Sie verlieren einen guten Kunden! Zunächst würden mir zwanzig Prozent der Versicherungssumme genügen. Ich brauche das Geld hauptsächlich für pünktliche Lohnzahlungen. Könnten Sie das anweisen? Die sind ganz besonders wichtig, sonst laufen mir die Leute davon. Bis Ende der Betriebsferien muss alles geregelt sein.

Ich muss unbedingt raus hier, mich um die Aufräumarbeiten kümmern und um die Wiederaufnahme des Betriebs. Schlimm genug, dass das von den Beamten keiner kapiert. Ich hoffe, dass Sie mir da helfen können.«

Das klang glatt, wie aufgesetzt. War es Naivität oder Frechheit? Der Mann konnte doch nicht glauben, dass wir unter den gegebenen Umständen auch nur einen Pfennig herausrücken würden. Und wie sollte ich denn einem helfen, den die Kriminalpolizei am Wickel hatte? Schließlich vertrat ich ja eher die Gegenseite, denn welche Versicherung zahlt schon gern? Ich konnte schon zehn Minuten später nicht mehr sagen, wie ich meine Sätze gewunden hatte, gestottert hatte vor Verblüffung, denn seine anfängliche Höflichkeit war schnell von einem verbissenen Schweigen abgelöst worden. Leander schwieg einfach.

»Aber, bitte, Herr Leander, verstehen Sie doch. Solange noch alles unklar ist, können wir nicht zahlen.«

Schweigen.

»Bitte, Herr Leander, können wir zur Sache kommen?«

»Was ist denn hier Sache?« Seine Stimme war kaum hörbar.

»Wenn die Polizei recht hätte mit ihrer Vermutung der Brandstiftung, das heißt mit der Vermutung, dass Sie …«

»Was, dass Sie … ? Ein Friedemann Leander zündet nicht sein Haus an. Und er bringt niemand um. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.« Wieder klang die Stimme hart, auf Distanz bedacht. Verbindlicher klang sie, als er fortfuhr: »Nichts spricht für diese Vermutung, als dass man sonst nichts weiß. Wenn die Polizei ihre Routine abspult, habe ich dafür Verständnis. Die Herren sind Beamte und dazu verpflichtet. Sie nicht. Seit dreißig Jahren arbeite ich mit Ihrer Gesellschaft. Für die waren meine Versicherungen stets ein erstklassiges Risiko. Die paar Kleinigkeiten, die in dieser langen Zeit passiert sind, konnten die mit den Zinsen einer einzigen Jahresprämie erledigen. Und jetzt, wo zu einem mir absolut unangenehmen Zeitpunkt tatsächlich ein Schaden eintritt, machen Sie Schwierigkeiten. Mein Herr, das ehrt Sie nicht. Sind Sie extra hergekommen, um mir zu sagen, dass ich von Ihnen nichts zu erwarten habe? Den Weg hätten Sie sich sparen können.«

»Wir zahlen, sobald die Staatsanwaltschaft oder das Gericht Sie entlastet haben. Dann gibt es keinen Tag Verzögerung.«

»Sie machen sich das herrlich bequem. Und sparen einen Berg Zinsen dabei. Ob Ihr Kunde dabei eingeht, ist Ihnen egal.«

»Die Sache muss doch vorher aufgeklärt sein, verstehen Sie – bitte.«

»Na, dann klären Sie mal auf, Herr Florus. Arbeiten Sie im Interesse Ihres Kunden. Der bin nämlich ich. Dreißig Jahre lang habe ich Prämien bezahlt – für nichts als die Versprechung, mir im Falle eines Schadens zu helfen. Und wenn Sie den Vertrag einlösen sollen, bin ich plötzlich ihr Feind!«

Er hatte sich in Rage geredet und fuhr, immer heftiger werdend, fort: »Suchen Sie, Herr Florus. Suchen Sie den Brandstifter – lassen Sie Ihre Phantasie blühen! Und wenn Sie ihn bis in zehn Jahren nicht gefunden haben, werden Sie in zehn Jahren auch nicht zahlen, oder wie stellen Sie sich das vor? Falls die Polizei zufällig einen Trottel auf den Fall angesetzt hat, bleibt der Friedemann Leander im Knast, bis er stirbt. Dann spart sogar der liebe Vater Staat noch das Futter und die Haftentschädigung. Und die Versicherungssumme können Sie sich teilen.«

»Ich bin Detektiv und von der Gesellschaft zur Mithilfe bei der Aufklärung beauftragt. Je schneller die gelingt, desto schneller kann die Gesellschaft ihre Leistung erbringen. Sie brauchen mir nur zu helfen, den Täter zu finden, dann kann das ganz schnell gehen.«

Er saß am Tisch, die Arme weit ausgestreckt, stocksteif, mit fest geschlossenem Mund. Seine Augen musterten mich, Zentimeter um Zentimeter. Die Zeit verging sehr langsam. Schließlich sagte er kaum vernehmbar leise: »Ich weiß wirklich nichts. Gar nichts. Ganz bestimmt nicht.«

»Nur wenn Sie alles sagen, was Sie wissen, kann ich von der Ihnen zustehenden Unschuldsvermutung ausgehen.«

»Und was soll dieses ominöse alles denn sein? Kennen Sie es denn?«

»Nein.«

»Kann ich trotzdem davon ausgehen, dass Sie ein ordentlicher Mensch sind, Herr Florus?«

»Selbstverständlich.«

»Dann setzen Sie dies bitte auch bei mir voraus! Ich bin nämlich genauso ein Ehrenmann, wie Sie es hoffentlich sind. Von mir weiß ich es, von Ihnen kann ich das höchstens hoffen. Wenn bisher ungeklärte Umstände eine Behörde veranlassen, mich vorläufig anders zu behandeln, so muss ich das hinnehmen. Nichts aber gibt Ihnen oder sonst jemand das Recht, mich vorzuverurteilen. Einen schönen Tag noch.«

Jetzt hatte doch dieser Mann im Gefängnis sich das letzte Wort gesichert. Ich war verblüfft – und auch verärgert.

Biertischgespräche

Zufällig war am Tag nach dem Brand ein »Hock im Dorf« gewesen. Vor dem Rathaus standen Biertische und Bänke, verschiedene Vereine, ein Metzger und ein Bäcker hatten Buden aufgeschlagen und verkauften Würste, Steaks, Brötchen und Sauerkraut. Hauptgesprächsstoff war natürlich der Brand.

Ein Volontär der regionalen Tageszeitung hatte am späten Abend mit seinem Taschenrecorder heimlich die folgenden Gesprächsfetzen aufgefangen. Weder konnte er später die Namen der Gesprächspartner den Gesprächsfetzen eindeutig zuordnen noch hat er irgendeinen von ihnen angesprochen um nachzufassen.

»Dem haben wir die Suppe gründlich versalzen.«

»Oder verwässert.«

»Diesmal kann keiner meckern, die Feuerwehr sei zu langsam gewesen.«

»Aber der Herr ist sich ja zu fein für uns. Wenn er bloß in einem einzigen Verein wäre, hätten wir nicht so pressiert.«

»Jetzt habt ihr aber der Gemeinde einen Dug getan. Der hätte der Brand doch ganz gut ins Konzept gepasst, die hat ihn doch immer dort weghaben wollen.«

»Es gibt Sachen, über die man nicht so laut spricht.«

Danach gab es ein Durcheinander von Stimmen. Offenbar wurde der Redner hart bedrängt, aus der Schule zu plaudern. Nicht nur von einem Park und Spielplatz war dabei die Rede, sondern auch vom Tennisclub, von einem Freund vom Bürgermeister, und davon, dass dessen gutgehender Betrieb dringend ein neues Gebäude suche. Ob der Chef von dem vielleicht gezündelt habe?

»Quatsch, der wollte das Ding, wie es war. Der war das bestimmt nicht.«

»Man hat doch auch gemunkelt, dass man dort den Bauhof einrichten wollte. Leander sollte raus und die Gemeinde wollte ihm ein Grundstück anbieten. Man meinte halt, die Gegend sei zu schade für eine Fabrik. Und ein moderner Neubau im Gewerbegebiet wäre auch für ihn günstiger.«

»Bloß, dass der Leander da unten nicht rauswollte.«

»Und jetzt?«

»Jetzt warten wir zu. Dann wird’s billiger. Dem geht es nämlich gar nicht so gut.«

»Und wenn er an gleicher Stelle neu baut?«

»So viel zahlt die Versicherung nicht für das alte Glump.«

»Ha, komm, so alt war das auch nicht. Schon gar kein Gelumpe. Ich glaube sowieso, dass gar nicht so viel kaputt ist. Auf jeden Fall kann er mit der Versicherung renovieren wie jeder andere auch, bei dem wo’s gebrannt hat.«

»Falls die überhaupt was zahlt. Womöglich hat er ja selber warm abgebrochen.«

»Eben. Vielleicht hat er Glück damit. Du weißt doch: Gut versichert runterbrennt / Ist fürs neue Häusle ’s Fundament.«

»Ich sag dir, der hat nicht selbst gezündelt. Vornehme Leute lassen zündeln.«

»Saudummes Geschwätz, wen denn?»

»Auf jeden Fall hat einer ein fremdes Auto gesehen. Einen Porsche mit Reutlinger Nummer. Und die haben dort Verwandte.«

»Du meinst im Ernst, dass einer extra von dort herübergekommen ist? Ich glaub, du spinnst.«

»Immerhin ist einer von der Fabrik her gerannt gekommen und eingestiegen. Dann ist er los wie die Feuerwehr. Das war ein paar Minuten, bevor jemand den Feuerschein entdeckt hat.«

»Jede Nacht fahren hundert Autos durch den Flecken. Von überallher.«

»Was seid ihr denn überhaupt so gehässig. Der Mann hat keinem was getan. Wenn bloß von euch Obergscheitle ein jeder so anständig wäre wie die Leanders.«

»Aber welche von uns sind sie keine, alle beide nicht.«

»Wann ist denn bei euch jemand ›einer von uns‹? Meine Frau ist auch Flüchtling. Ist die keine von uns?«

»Und ich? Bin ich vielleicht auch eine Böse, weil ich dort schaff?«

»Geschafft hast. Da läuft so schnell nichts mehr.«

»Jetzt hört doch endlich auf mit eurem Bierdunstgeschwätz. Da kriegt ihr höchstens noch einen Prozess an den Hals dafür. Ich glaub, dass es Wichtigeres gibt heute. Mir jedenfalls tun die Leute leid.«

»Warum tun dir die leid? Das sind doch Plutokraten.«

»Was ist denn das wieder, Plutokraten?«

»Das ist etwas von den Nazis. Bei uns heißen die Kapitalisten.«

»Hat eigentlich einer die Frau gesehen, die Frau Leander?«

»Die ist gestern Morgen verreist. Hat sie wenigstens vorgestern gesagt.«

»So, hat sie gesagt …«

»Vielleicht nach Spanien – da hat doch einmal jemand was gehört von wegen Haus oder Finca, wie das dort heißen soll.«

»Ja, das haben sie ja alle, diese Kapitalisten. Jeden Tag liest man das in der Zeitung.«

»Und unsereins wird von denen bloß ausgenutzt und schikaniert.«

»Woher wollen Sie das denn wissen?«

»Meine Frau hat man rausgeschmissen.«

»Halt mal! Da war ich dabei. Ihre Frau hat herumgeschrien, dass sie nicht daran denke, an einer neuen Spulmaschine zu arbeiten, hat ihren Schurz heruntergerissen und dem Meister zugerufen ›Ich kündige. Mich sehen Sie hier nicht mehr.‹ Und dann ist sie abgehauen.«

»Ich jedenfalls habe Mitleid mit den Leuten. Die haben ihr Päckchen zu tragen. Ich möchte wirklich nicht in den Schuhen von meinem Chef stecken.«

»Sagst du …«

»Das ist das dümmste Geschwätz heute Abend, dass du es bloß weißt. Die Leanders haben, seit sie hier sind, bloß geschuftet wie die Narren. Und jetzt?«

»Was heißt das? Wer fährt einen dicken Wagen, wer hat ein mordsgroßes Haus und reiche Freunde?«

»Jetzt haben sie nichts als Sorgen. In Textil geht es doch allen schlecht. Und überhaupt. Früher waren sie euch recht, wenn sie große Spenden gemacht haben für jeden Verein. Jedes Jahr habt ihr kassiert für eure Weihnachtsfeiern und Vereinsfeste.«

»Seit drei Jahren hat keiner mehr etwas bekommen.«

»Da seid ihr selber schuld. Jetzt haben halt andere was gekriegt. Ich weiß doch, wohin die großen Pakete geschickt wurden. An Kinderheime, in die Ostzone und so weiter. Ich hab doch selber die Adressen draufgeklebt.«

»Jetzt werden es ja immer mehr, die vor Mitleid überfließen.«

»Es wird aber auch Zeit, dass Leuten wie dir übers Maul gefahren wird.«

»Richtig. Und überhaupt hättet ihr ein bisschen daneben spritzen können. Wenn alles weg ist, gibt es keine Probleme mehr. Das weiß jeder Bauer, der eine neue Scheuer braucht. Damals – du weißt schon – seid ihr ja langsam genug gewesen.«

»Jetzt halt’s Maul, sonst …«

»Komm, komm, jetzt seid doch einmal friedlich. Trinkt euer Bier aus. Morgen scheint die Sonne wieder.«

Der junge Kollege verzichtete nach einem Gespräch mit seinem Chefredakteur auf eine Veröffentlichung dieser Diskussion. Aber mir gab er eine Abschrift zu lesen, als ich mich in der Redaktion umhörte.

»Sie haben recht, Biertischgeschwätz. Aber doch interessant, wie die Leute in so einem Fall reden«, bedankte ich mich. Und ich notierte ein paar Stichworte – Spanien, Finca, Porsche und Reutlingen. Da wollte ich nachforschen.

Später passte mich der Volontär ab, drückte mir Fotokopien in die Hand und bat mich um das Versprechen, ihm bei Gelegenheit Material für einen Artikel zukommen zu lassen.

Ich hatte telefonisch dem »Feuerchef« der Versicherung über das Gespräch mit Leander berichtet und auch meinen Ärger darüber durchblicken lassen.

»Bedenken Sie aber, Herr Florus, wenn der Mann wirklich ganz zu Unrecht beschuldigt wird, hat er von seinem Standpunkt aus recht. Wenn er dann eines Tages in aller Öffentlichkeit erzählt, wie wer sich ihm gegenüber verhalten hat, dürfen wir nicht als Bösewichte dastehen. Unser guter Ruf ist kein Lack, der erneuert werden kann, sondern die Substanz unseres Geschäfts.

Ich erinnere daran, dass wir gegebenenfalls zu Zahlungen aus der Betriebsunterbrechungsversicherung verpflichtet sind. Da geht jeder Tag Verzögerung zu unseren Lasten. Darum ist Eile geboten, egal wie schnell oder langsam die Kripo arbeitet. So weit zum Geschäftlichen.

Und – darüber sind wir uns doch sicherlich einig – vor allen geschäftlichen Erwägungen haben wir einfach die Menschenpflicht, mit offener und positiver Haltung einem Mann gegenüberzutreten, der uns in Jahrzehnten sein Vertrauen geschenkt und sich das unsere erworben hat. Ich bitte Sie, vergessen Sie den Ärger und versuchen Sie, sich in die Situation von Herrn Leander zu versetzen. Ich jedenfalls würde an seiner Stelle auch nervös reagieren und versuchen, ein Stück Achtung zu erzwingen. Ich bitte Sie, darüber nachzudenken. Viel Erfolg bei allem.«

Tags darauf betrat ich die Zelle Leanders mit den besten Vorsätzen. »Ich habe über Ihre Worte nachgedacht und hoffe, dass wir uns heute in einer ruhigeren Atmosphäre unterhalten können, Herr Leander.«

Eisig entgegnete er: »Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, ein Friedemann Leander bringt weder seine Frau um noch zündet er sein Haus an. Merken Sie sich das – bitte!« Das »Bitte« klang wie ein Befehl, den er herausgestoßen hatte wie einen Dolch, spitz und aggressiv. Ich erschrak.

»Wer behauptet denn, dass Sie Ihre Frau umgebracht hätten?«

»Der Herr Staatsanwalt. Die Leiche, die man gefunden hat, soll jetzt sogar meine Frau sein. Weil sie nicht in Sankt Moritz sei, wie ich gesagt habe. Das reicht den Kriminalisten schon zum Verdacht, ich hätte sie umgebracht.

Und wenn die ein Dritter dort abgelegt habe, müsse ich das auch wissen, sagt der Herr Kommissar. Warum ich? Wer das war, das muss doch die Polizei herausfinden! Diese Herren sperren mich aber lieber ein wie einen Mörder, sagen mir erst mal gar nichts und halten mir nach Tagen plötzlich eine derart gemeine Unterstellung vor. Und keiner gibt mir Auskunft darüber, was mit meiner Frau ist!«

»Wissen Sie denn schon, was in der Zeitung steht über den Fall? Ich habe Ihnen eine mitgebracht. Hier, lesen Sie selbst.«

»Hinter einer Tür wurde eine weibliche Leiche gefunden. Sie ist bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Um die Füße war offenbar ein Kabel gewickelt. Das Schloss der Türe war offen, dahinter aber war ein großer Gegenstand verklemmt, der es unmöglich machte, sie zu öffnen. Dieser muss von dem Mörder und Brandstifter von innen absichtlich so hingelegt worden sein. Alle übrigen Außentüren des großen Gebäudes waren verschlossen. Der Täter musste sich also bei Ausbruch des Brandes im Haus befunden haben. Die Kriminalpolizei konnte dort allerdings außer dem Besitzer niemand ermitteln.«

»Das ist das Allerletzte! Der Besitzer bin ich. Und Sie glauben, was so ein Schmierfink sich aus dem Ärmel zieht oder was ein spinnerter Staatsanwalt behauptet?«

»Nein, das glaube ich nicht. Im Gegenteil, ich hoffe, dass sich Ihre Frau ganz bald meldet und die Sache aufklärt. Und dass sich das Ganze als eine unglückliche Verkettung von Umständen herausstellt.«

»Ihre Ruhe möchte ich haben, mein Herr. Aber es ist ja nicht Ihre Frau. Wenn die Beamten jetzt feststellen, dass meine Frau nicht dort ist, wo sie sein sollte, dann sollen sie gefälligst ihren Polizeiapparat einsetzen, um sie zu suchen.

Hinter dieser Geschichte steckt doch mehr. Erst die Brandstiftung, dann eine Leiche und dann fehlt meine Frau. Wer sollte an ihrem Tod Interesse haben? Entweder hatte sie einen Unfall oder sie ist entführt worden. Wenn sie einen Unfall hatte, müsste der doch irgendwo registriert sein. Wer und wo sind die Entführer? Darüber sollten die Herren sich Gedanken machen. Die Polizei kommt doch an mein Telefon heran. Warum sitzt da keiner und wartet auf den Anruf der Erpresser?«

»Herr Leander, ich für meine Person versichere Ihnen nachdrücklich, dass …«

»Ja, ja, ich weiß schon – die übliche Rückversicherungsrhetorik. Man betont offiziell seine Unschuldsvermutung, bis man den Delinquenten am Kragen hat. Und wenn sich alles als ganz anders herausstellt, hat man eine vornehme Ausrede.«

»Herr Leander, ich wiederhole, dass ich aus Überzeugung von Ihrer Unschuld ausgehe. Bei der Versicherung weiß man mehr über Ihre Persönlichkeit als bei der Polizei. Wir können uns absolut nicht vorstellen, dass die Arbeit der Kripo etwas anderes ergibt als die Bestätigung unserer Ansicht.«

»Gut, dann brauchen Sie später nicht offiziell Ihre Meinung zu ändern, und falls diese Worte tatsächlich ernst gemeint sind, müssen Sie sich später nicht vor sich selber schämen.«

»Ich glaube, was ich soeben gesagt habe, und werde mich auf jeden Fall entsprechend verhalten«, sagte ich vorsichtig.

»Schlagen Sie ein.«

Ich gab ihm die Hand. Er drückte sie fest. In diesem Moment zweifelte wohl keiner an der Ehrlichkeit des anderen.

»Also …«

»Lesen Sie mal, was da im Ort nach dem Brand so geredet worden ist.« Ich gab ihm meine Kopie von der Aufzeichnung jenes Biertischgesprächs.

Er las sie flüchtig durch und gab sie mir zurück mit den Worten: »Eigentlich lohnt es nicht, auf solches Geschwätz einzugehen. Nehmen wir die Sache mit der Kündigung. Zum Glück war hier zufällig jemand dabei, der erzählen konnte, wie es wirklich war. Und ich erzähle Ihnen dazu noch etwas: An jenem Abend saß ich nach dem Abendessen wie üblich wieder im Büro, da polterte jemand gegen die Tür. Ich machte auf und fragte, was los sei. Draußen stand ein ganz offensichtlich betrunkener Mann. Der drängte sich an mir vorbei und schrie, seine Frau habe mir den Bettel hingeschmissen und werde nie wieder bei uns arbeiten. Dann fügte er noch irgendwelches dummes Zeug hinzu, das ich gar nicht verstanden habe. Weil er dabei eine drohende Haltung einnahm, habe ich ihn schreien lassen und bloß ganz angestrengt zur offenen Tür geschaut, als ob da jemand stünde, bis er zur Tür ging und draußen nachsah. Mit diesem Trick gelang es mir, den Kerl aus dem Haus zu bekommen und die Türe abzuschließen. Draußen tobte er noch eine Viertelstunde herum. So viel zur Zuverlässigkeit von solchen Leuten und ihrem Geschwätz. Zum Glück sind diese Typen wirklich selten.«

»Ich habe mir so etwas gedacht. Gut, versuchen wir einmal zu rekonstruieren: Sie haben der Polizei gesagt, dass Ihre Frau am Tag vor dem Brand mit der Bahn weggefahren ist. Und zwar nach Sankt Moritz in der Schweiz. Sind Sie da sicher?«

»Natürlich. Ich habe sie am Vormittag zum Bahnhof gebracht die Fahrkarte gekauft und noch zehn Minuten mit ihr auf den Zug gewartet. Der hatte Verspätung und ich einen dringenden Termin. Darum haben wir uns auf dem Bahnhof verabschiedet. Warum sollte sie zurückkommen? Die Frau im Abstellraum ist jemand anderes.«

Er hielt plötzlich inne, als werde er sich jetzt erst bewusst, dass es hier nicht um Rechthaberei ging, sondern um das Schicksal seiner Frau. »Und wenn es doch meine Frau … Diese Verbrecher! Warum sucht die Polizei nicht diese Verbrecher!«

»Ich hoffe mit Ihnen, dass Sie recht haben. Dass es eine Fremde ist. Gehen wir die Fakten durch. Bitte, nehmen Sie mir Rückfragen nicht übel. Sie dienen der Klarheit und damit der Aufklärung. Diese tote Frau hatte einen Türschlüssel dabei.«

»Das ist der Polizei auch aufgefallen. Und dass sie eine Minox bei sich hatte. Meine Frau hatte auch eine Minox mit, nämlich meine. Was heißt das schon? Die Tote hatte Schuhe an. Meine Frau auch. So eine Kamera hat ja eine Nummer. Da kann man feststellen, wo sie herkommt.«

»Die Polizei ist bereits dabei. Aber Sie wissen, über die Firma Minox ist das Konkursverfahren eröffnet. Da kann es lange dauern, bis Antwort kommt. Und dann weiß man höchstens, wohin die Kamera geliefert wurde. Wo haben Sie Ihre gekauft?«

»Schon alles registriert bei der Polizei. Halten wir uns nicht auf damit. Auch die Adresse der Tante aus Nizza, zu der meine Frau gefahren ist. Ich habe sie in meinem Notizbuch. Hier, schreiben Sie sie ab und fahren Sie hin, falls Sie was Gutes tun wollen. Wenn Sie meine Frau dort antreffen, ist alles klar. Das Appartement in Sankt Moritz gehört nicht der Tante, sondern einer Freundin von ihr. Mal ist die eine da, mal die andere – manchmal beide und meistens keine. Aber löchern nicht auch Sie mich noch mit der Frage, wie diese Freundin heißt. Ich habe den Namen zwar einmal gehört, und es ist möglich, dass er mir noch einfällt. Aber bestimmt nicht, wenn mir jemand mit dummen Fragen auf die Nerven geht. Jedenfalls teilen sich die alten Damen die Wohnung irgendwie, und meine Frau wollte dort mit ihrer Tante sprechen. Das ist nicht so weit wie nach Nizza. Aber das sind ja alles Dinge, die die Polizei angehen.«

»Haben Sie Ihre Minox-Kamera schon lange?«

»Die neue seit rund zwölf Jahren. Die erste ist mir gestohlen worden, in Mailand.«

»Warum haben Sie überhaupt so eine Spionagekamera?«

»Spionagekamera, ein romantischer Ausdruck. Wohl aus der Bildzeitung? Oder noch aus dem Krieg? Haben Sie von dem überhaupt noch etwas mitgekriegt?

Also, die Minox ist so schön klein, dass sie ein Geschäftsreisender beim Stadtbummel in der Jacketttasche mitführen kann und nicht gleich aussieht wie ein japanischer Tourist. Trotzdem macht das Ding prima Bilder. Sie können sich einmal meine Fotoalben ansehen. Jahrelang habe ich auch privat fast nur damit fotografiert. Da finden Sie Nachtaufnahmen von Feuerschluckern auf dem Boulevard Haussmann in Paris oder vom Inneren eines chinesischen Lebensmittelgeschäfts in der Canal Street von New York. Sogar in der Börse dort habe ich heimlich ein Foto gemacht damit. Und dann ist das Ding auch recht praktisch, wenn man mal eine gute Idee in einem Schaufenster entdeckt. Man stellt die Entfernung ein und presst die Kamera ans Fensterglas. Das ermöglicht minutenlanges Belichten ohne Stativ.

Nicht dass Sie denken, wir stehlen auf diese Weise Muster. Da haben wir unseren Stolz. Abgesehen davon, wenn etwas schon im Schaufenster ist, wäre das sowieso zu spät. Eine neue Idee kann aus einem Detail von einem Kleid kommen oder von einem Teppich, einer Mauer, von Tapeten, von Bildern in einem Museum. Es geht einfach um Anregungen für Linienführung, für Farb- und Materialkombinationen. Dafür reist man in unserer Branche in ganz Europa herum. Manche sogar um die ganze Welt. Je größer ein Modeschöpfer, desto mehr reist er zum Gucken herum. Und in Sankt Moritz wollte meine Frau sich selbstverständlich auch umsehen.«

»Interessant. Wie passiert das überhaupt mit der Mode, das heißt, wie kommt es eigentlich, dass im Frühjahr plötzlich alle sagen, die Röcke sollen kurz werden oder lang, die Jacken weit oder eng, grün oder lila, und alle Fabrikanten bieten das Gleiche an?«

»Ganz so ist es nicht. Aber ein bisschen schon. Da sind Musterungsbüros, die vom Verkauf ihrer Ideen leben. Genauso Fachzeitschriften und sogenannte Musterungsdienste. Die schicken ihre Skizzen an Dutzende von Konfektionären. Da sind die Weber und die Garnhersteller, wenn ich mal von der Strickerei spreche, dann das DMI, das Deutsche Modeinstitut; es gibt private Musterungsbüros, die ganze Kollektionen erstellen, und schließlich noch die Fachpresse. Alle miteinander verkünden ihre Vorschläge und begründen ihre Meinung, warum gerade ihre Ideen in den kommenden zehn Monaten in das Lebensgefühl der Menschen passen sollen. Manchmal ähneln sich diese Vorstellungen, manchmal nicht. Und solche Grundideen werden dann mit Leben erfüllt, mit Tausenden von Modellen, in die einfließt, was dem einzelnen Designer, der Direktrice, dem Chef, meistens jedoch der Chefin, dazu einfällt. Die Frauen haben da einen ganz großen Einfluss. Denken Sie bloß an die Aenne Burda mit ihrem Presse-Imperium.

Wenn dann die Kollektionen fertig sind, kommen die Redakteurinnen von den Fachzeitschriften, informieren sich und schreiben rechtzeitig zur nächsten Messe über ihre allgemeinen Eindrücke und über die Kollektionen einzelner Firmen. Auf der ersten Modemesse, für den Herbst war das früher Mitte März die Igedo Düsseldorf, seit ein paar Jahren ist es im Februar die CPD – Collection Première Düsseldorf – kommt der Test in Gesprächen mit den wichtigsten Kunden. Wir selbst machen unseren Test sogar schon im Januar. Da stellen wir in Paris aus, im »Salon de la Maille«, wo dann auch die Creme der deutschen Einkäufer zu kritischen Gesprächen zu uns kommt.

Außerdem haben wir dort ein Mannequin aus Österreich. Die junge Frau lebt seit Jahren in Brüssel und spricht daher ausgezeichnet Französisch. Darüber hinaus hat sie ein feines Gespür für Mode und Menschen, so dass sie uns auch die feinsten Reaktionen ihrer Gesprächspartner aus dem Sprachgebiet von Montreux bis Le Havre oder Brüssel vermitteln kann. Damit sind wir der Konkurrenz ein paar Wochen voraus. Das war ein großes Prä von uns, solange wir die Spitzenleute als Kunden hatten.«

»Entschuldigung, haben Sie die nicht mehr?«

»Eben nicht. Aber das ist so eine schlimme Geschichte. Die gehört auch nicht hierher. Vielleicht ein andermal. Jetzt bleiben wir erst einmal beim Allgemeinen. Also, eine Spitzengruppe der Anbieter setzt nach langem Hin und Her den Modetrend. Alle Übrigen versuchen dann so schnell wie möglich, dabei mitzumachen. Dass dabei auch abgekupfert wird, ist in gewissem Umfang beabsichtigt. Trotzdem kommt bei jedem etwas anderes heraus.