Achtung, Strandräuber!

Erzählt von Ulf Blanck

Mit Illustrationen von Kim Schmidt

Vignette

KOSMOS

Umschlag- und Innenillustrationen von Kim Schmidt, Dollerup

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© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

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ISBN 978-3-440-14169-4

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Surfmeisterschaft

Onkel Titus wischte sich die verschmierten Hände mit einem Lappen ab und strahlte über das ganze Gesicht. »So, fertig! Meine selbsterfundene Surfboard-Halterung fürs Fahrrad. Bitte schön.« Justus grinste seine Freunde Bob und Peter an. »Ich hab doch gewusst, dass Onkel Titus so etwas kann. Der würde uns sogar einen Hubschrauber aus alten Blechdosen bauen.« Peter war begeistert. »Damit bin ich noch schneller am Strand und verpasse keine einzige Welle mehr. Danke, Mister Jonas.«

»Kein Problem. Ihr Jungs habt mir schon so oft auf dem Schrottplatz geholfen, da tue ich euch gerne mal einen Gefallen. Wann beginnt denn die Surfmeisterschaft, Peter?«

»Heute Nachmittag geht es mit den ersten Vorentscheidungen los. Der richtige Wettkampf beginnt dann morgen früh.«

Bob gab Peter einen Schlag auf die Schulter. »Und du wirst gewinnen. Keiner in deiner Altersklasse surft so gut wie du.«

Peter wurde rot. »Na ja, ich habe in letzter Zeit nicht so oft trainiert. Da gibt es einige Jungs, die sind inzwischen ganz schön gut geworden.«

»Ach was«, lachte Justus, »bis die die Welle erkannt haben, stehst du längst auf dem Brett und surfst auf den Strand zu. Jeder in der Stadt setzt auf dich.«

Seit vielen Jahren war es Tradition in Rocky Beach, dass zum Ende der Sommerferien die große Surfmeisterschaft ausgetragen wurde. Alle Bewohner der Stadt konnten in ihrer jeweiligen Altersklasse mitmachen. Der Preis in Peters Junior-Gruppe war ein silberner Wanderpokal. Peter hatte ihn schon dreimal gewonnen, und eigentlich war er sich auch sicher, ihn nicht abgeben zu müssen. Behutsam schob er sein nagelneues Surfbrett in die Halterung am Fahrrad. »Sieht gut aus und scheint zu funktionieren.« Onkel Titus sah ihn empört an. »Natürlich funktioniert das! Ich habe noch nie etwas gebaut, das nicht funktioniert.« Justus musste grinsen. »Und was war mit deinem selbstgebauten Bananenschäler? Der hat am Ende Bananen in Brei verwandelt.«

»Na und? Es war eben eine vollautomatische Bananenbrei-Maschine. Die hat vor mir auch noch niemand erfunden. So, jetzt muss ich mich aber meiner richtigen Arbeit widmen und Geld verdienen. Ein Kunde will mir heute alle alten Kühlschränke abkaufen. Da ist noch einiges zu tun.«

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Die drei ??? stiegen auf ihre Räder und fuhren auf der langen Küstenstraße in Richtung Meer. Rocky Beach lag direkt am Pazifik, und nicht weit entfernt von der Stadt gab es einen schmalen Sandstrand, der sich ideal zum Surfen eignete. Wie in jedem Jahr wurde hier die Meisterschaft im Wellenreiten ausgetragen. Mitten auf der Straße wurden die drei Freunde auf einmal von einem knatternden Moped überholt. Mit nur wenigen Zentimetern Abstand raste das rostige Vehikel an ihnen vorbei. Auf dem Moped saß ein älterer Junge und grinste breit. Peter erkannte ihn sofort. »Das war Skinny Norris, unser Erzfeind. Ich wette, der will auch an den Strand. Mir wäre es lieber, wenn er nicht bei der Meisterschaft dabei wäre.« Bob hielt sich die Nase zu. »Und sein altes Moped stinkt und qualmt wie eine Zigarre.«

Nach einer Viertelstunde erreichten die drei ??? den Parkplatz oberhalb der Steilküste. Als sie auf den Platz fuhren, zeigte Bob auf einen kleinen, schäbigen Wohnwagen. Davor saß eine ältere Frau in einem Klappstuhl und kassierte die Parkgebühren. »Zum Glück müssen wir für unsere Räder nichts zahlen«, sagte er.

Vom Parkplatz aus führten Treppenstufen hinunter zum weißen Sandstrand. Dort war schon jede Menge los. Überall liefen Leute mit Surfbrettern umher. Weiter draußen trainierten die ersten Wellenreiter auf dem Wasser. Peter schnappte sich sein Surfbrett und klemmte es sich lässig unter den Arm. »Cool! Seht euch die Wellen an! Der Wind in der Nacht war optimal. Das sind richtig schöne Brecher.« Er lief eilig die Treppen hinunter und ging zielstrebig auf die kleine Strandbar zu. »Kommt!«, rief er seinen beiden Freunden zu. »Ich muss mich anmelden.«

Hinter dem Tresen der Bar stand Leonard Malcom. Aber alle nannten den bekannten Surfer einfach Lenny. Vor vielen Jahren hatte er sich bei der Surfmeisterschaft vor Hawaii als Sieger einen Namen gemacht und sich danach mit einer Strandbar in Rocky Beach niedergelassen. Neben Getränken, Eis und Kaffee verkaufte er dort auch viele Dinge, die man zum Surfen benötigte. »Hallo, Jungs!«, begrüßte er die drei. »Wenn Peter dieses Jahr wieder gewinnt, wird’s langsam langweilig. Hast du den Wanderpokal dabei?«

Peter nahm seinen Rucksack ab und öffnete den Reißverschluss. Er hatte den silbernen Pokal vorsichtshalber in einem Handtuch eingewickelt, damit er nicht verkratzte. Stolz stellte er ihn auf den Tresen. Lenny polierte die Trophäe mit einem Lappen. »Nicht schlecht. Hier ist dreimal in schönen Buchstaben eingraviert: Peter Shaw. Erster Platz bei der Surfmeisterschaft in Rocky Beach.« Bob unterbrach ihn. »Genau. Und wenn alles gut läuft, dann steht Peters Name bald zum vierten Mal auf dem Pokal. Und damit alles gut läuft, sind wir da. Justus und ich sind nämlich sein Team.«

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Lenny hob seinen Daumen. »Sehr gut. Das ist die richtige Einstellung. Nur wer an sich glaubt, gewinnt so eine Meisterschaft. So habe ich es immer gemacht. Auch als ich damals in Hawaii den Titel gewann … Es gab riesige Brecher zu der Zeit, hoch wie Lastwagen. Ich weiß noch, wie ich die entscheidende Welle geritten bin. Sie kam auf mich zu, und ich wusste sofort, dass dies die Welle meines Lebens wird. Sie war gewaltig. Ich habe sie perfekt genommen und schoss durchs Wasser wie ein Delfin. Die Welle bäumte sich auf, als wollte sie mich abschütteln, doch ich stand auf meinem Board wie festgeschraubt und jagte durch das brodelnde Meer. Ich war umgeben von aufschäumendem Wasser, das sich wie ein sprudelnder Vulkan tosend auf mich stürzen wollte.« Lenny schwieg und blickte nachdenklich aufs Meer.

Die drei ??? wussten, dass Leonard Malcom vor vielen Jahren mit dem Wellenreiten aufgehört hatte. Er hatte damals als Surflehrer gearbeitet, und durch seine Schuld hatte einer seiner Schüler fast das Leben verloren. Lenny konnte sich den Fehler nicht verzeihen und hatte geschworen, nie wieder auf ein Surfbrett zu steigen. Doch jeden Tag blickte er sehnsuchtsvoll auf die Brandung und überlegte, wie er die eine oder andere Welle reiten würde.

Erzfeind

Plötzlich wurde Lenny von einer lauten Stimme aus seinen Tagträumen gerissen. »He! Ich will eine Cola! Aber kalt und ohne Eis.« Es war Skinny Norris, der sich betont lässig an die Bar lehnte. Er kannte die drei ??? nur allzu gut. »Ja, ja. Seht euch den Silberpott nur noch mal gut an. Dieses Jahr werde nämlich ich den Kelch mit nach Hause nehmen. Deine Glückssträhne ist vorbei, Langer! Ich habe die letzten Monate hart trainiert und bin so viele Wellen geritten wie du in deinem ganzen Leben nicht.« Frech grinsend schob Skinny sich seine Sonnenbrille tief ins Gesicht. »So, was ist mit meiner Cola?«