Matthew Quick

Goodby Belmont

Roman

Aus dem Englischen
von Knut Krüger

dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

Über Matthew Quick

Matthew Quick, 1973 in Oaklyn, New Jersey geboren, studierte Anglistik, arbeitete als Englischlehrer, schmiss seinen Job und reiste so lange durch Südamerika und Afrika, bis er endlich den Mut aufbrachte, das zu tun, was er schon immer machen wollte: einen Roman schreiben. Die Verfilmung seines Debüts ›Silver Linings‹ gewann einen Golden Globe und wurde mit einem Oscar ausgezeichnet und für weitere 7 nominiert. Matthew Quick lebt mit seiner Frau in Holden, Massachusetts.

 

Knut Krüger, geboren 1966, arbeitete nach seinem Germanistikstudium im Buchhandel und Verlagswesen. Er ist heute freier Autor, Lektor und Übersetzer für englische und skandinavische Literatur. Knut Krüger lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in München.

Über das Buch

»Du wirst dir deine Rolle im Leben nicht immer aussuchen können, aber versuche, sie so gut wie möglich zu spielen.«

 

Finleys Ticket raus aus der von rivalisierenden Gangs regierten Stadt Bellmont heißt Basketball. Und tatsächlich hat ausgerechnet er, der einzige weiße Spieler seines Teams, gute Chancen, in seinem letzten Highschooljahr ein Stipendium zu ergattern. Da bittet ihn der Coach, sich mit Russ Allen anzufreunden, um diesem nach der Ermordung von dessen Eltern einen Weg zurück ins Leben und zurück zum Spiel zu ermöglichen. Doch Russ ist einer der talentiertesten Basketballspieler der Stadt – und könnte Finleys Stammplatz im Team und damit seinen Traum von einer besseren Zukunft gefährden.

Impressum

Zu diesem Band gibt es ein Unterrichtsmodell unter www.dtv.de/lehrer zum kostenlosen Download.

 

 

 

 

Ungekürzte Ausgabe

© 2020 dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

© 2012 by Matthew Quick

Titel der amerikanischen Originalausgabe: ›Boy21‹,

2012 erschienen bei Little, Brown and Company,

a division of Hachette Book Group, Inc., New York

© der deutschsprachigen Ausgabe:

2015 dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

Umschlagkonzept: Cornelia Niere

 

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eBook-Herstellung im Verlag (01)

 

eBook ISBN: 978-3-423-42881-1 (epub)

ISBN der Printausgabe: 978-3-423-71858-5

 

Ausführliche Informationen über unsere Autoren und Bücher finden Sie auf unserer Website www.dtv.de/ebooks

ISBN (epub) 9783423428811

 

 

 

 

Für alle meine Brüder

von verschiedenen Müttern

Vorwort

Manchmal bilde ich mir ein, dass meine früheste Kindheitserinnerung die ist, wie ich in unserem Garten auf den Basketballkorb werfe.

Da ich ein Knirps bin, gibt mir Dad einen Kinderbasketball und senkt den verstellbaren Ring. Er sagt mir, ich solle so lange werfen, bis ich hundert Mal hintereinander getroffen habe, was mir unmöglich erscheint. Dann geht er wieder ins Haus, um nach Pop – meinem Opa – zu sehen, der gerade erst ohne Beine aus dem Krankenhaus zurückkam und ständig den Rosenkranz meiner toten Großmutter durch die Finger gleiten lässt. In unserem Haus ist es schon lange still, und ich verstehe, dass meine Mutter nicht wiederkommen wird, aber ich will nicht daran denken, was passiert ist, also tue ich, was mein Vater mir aufgetragen hat.

Am Anfang treffe ich nicht mal den Ring, obwohl er jetzt niedriger hängt. Ich werfe stundenlang, bis ich vom ewigen Nach-oben-Schauen einen steifen Nacken habe und total durchgeschwitzt bin. Als die Sonne untergeht, schaltet Dad die Scheinwerfer ein, und ich werfe immer weiter, weil das besser ist, als reinzugehen und Opa weinen und stöhnen zu hören – außerdem hat Dad gesagt, ich solle das tun.

In meiner Erinnerung werfe ich die ganze Nacht hindurch auf den Korb und höre auch an den nächsten Tagen, Wochen und Monaten nicht damit auf. Ich mache noch nicht mal Pause, um zu essen, zu schlafen oder aufs Klo zu gehen. Gedankenverloren werfe ich Korb um Korb, als ob ich nie wieder zurück ins Haus müsste – und ich vergessen könnte, was passiert war, bevor ich anfing, Körbe zu werfen.

Man kann sich in Wiederholungen verlieren, die Gedanken besänftigen – das habe ich schon sehr früh schätzen gelernt.

Ich erinnere mich, wie das Laub von den Bäumen fiel und unter meinen Füßen raschelte, an das Brennen der Schneeflocken auf meiner Haut, an die langstieligen gelben Blumen, die an unserem Gartenzaun wuchsen, und an die sengende Julisonne – das alles habe ich erlebt, während ich auf den Korb warf, immer und immer wieder.

Ich muss wohl noch andere Dinge getan haben – mit Sicherheit bin ich zur Schule gegangen –, aber das Körbewerfen ist tatsächlich die einzige Erinnerung aus meiner Kindheit.

Nach ein paar Jahren fing Dad an, mehr zu reden und mit mir zusammen auf den Korb zu werfen, was schön war.

Manchmal parkte Pop seinen Rollstuhl am Ende der Auffahrt und nippte an seinem Bier, während er zusah, wie ich meinen Sprungwurf perfektionierte.

Je größer ich wurde, desto höher hing der Ring.

Und plötzlich tauchte ein Mädchen in unserem Garten auf. Sie hatte blonde Haare und ein Lächeln, das nie zu vergehen schien.

»Ich wohne ein Stück die Straße runter«, sagte sie. »Ich gehe in deine Klasse.«

Ich warf einfach weiter und hoffte, sie würde wieder verschwinden. Sie hieß Erin und machte einen echt netten Eindruck, aber ich hatte keine Lust, mich mit irgendjemand anzufreunden. Ich wollte nichts anderes, als für den Rest meines Lebens Körbe zu werfen.

»Bin ich eigentlich Luft für dich?«, fragte sie.

Ich versuchte, sie nicht zu beachten, weil es mir dann so vorkam, als gäbe es keine Welt um mich herum.

»Du bist echt ein komischer Typ«, sagte sie, »aber das macht mir nichts aus.«

Mein Ball prallte vom Korb ab und flog direkt auf ihr Gesicht zu, aber die Reflexe des Mädchens waren in Ordnung, also fing sie den Ball auf, ehe er ihr die Nase brechen konnte.

»Darf ich auch mal werfen?«, fragte sie.

Da ich nicht antwortete, nahm sie einfach den Ball und warf ihn in den Korb.

»Ich spiele manchmal mit meinem älteren Bruder«, erklärte sie.

Wenn ich mit meinem Vater spiele, dann bekommt der Werfer so lange den Ball, bis er nicht mehr trifft, also passte ich ihr den Ball zu, und sie warf und warf und warf.

In meiner Erinnerung warf sie bestimmt fünfzig Mal am Stück, ehe ich den Ball zurückbekam. Unseren Garten hat sie seitdem nicht mehr verlassen – von nun an warfen wir immer zusammen auf den Korb, jahrein und jahraus.

Saisonvorbereitung

Eine Frage raubt mir manchmal den Verstand:

Bin ich verrückt oder sind es die anderen?

Albert Einstein

1

Eine Woche vor Beginn unseres letzten Highschooljahres trägt Erin ihr Trainingstrikot. Von der Seite kann ich ihren schwarzen Sport-BH erkennen, was irgendwie sexy ist – jedenfalls für mich.

Ich versuche nicht hinzugucken – vor allem, da wir gemeinsam mit meiner Familie am Frühstückstisch sitzen –, doch immer, wenn sich Erin vorbeugt und ihre Gabel zum Mund führt, erhasche ich einen Blick auf die Rundungen ihrer kleinen Brüste.

Hör auf zu glotzen!, sage ich mir, aber das ist unmöglich.

Von dem, was gesagt wird, während wir uns Rührei und Würstchen schmecken lassen, nehme ich kein Wort zur Kenntnis.

Keiner bemerkt mein Starren.

Erin ist so schön und charismatisch, dass Dad und Pop mich nicht beachten, wenn meine Freundin in der Nähe ist.

Auch sie haben nur Augen für Erin.

Als wir aufbrechen, ruft mein beinloser Opa mir von seinem Rollstuhl aus nach: »Sorg dafür, dass die letzten Iren in dieser Stadt stolz sein können!«

Mein Vater sagt: »Gib einfach dein Bestes. Denk dran, es ist ein langer Weg, und am Ende wirst du dein Talent schon unter Beweis stellen.«

Das ist Dads persönliches Lebensmotto, obwohl er nachts arbeiten muss und an der Brücke die Mautgebühren kassiert, wozu man weder Talent noch eine besondere Arbeitsmoral braucht.

Vor allem wegen Pop hat mein Dad ein ziemlich eintöniges Leben. Doch seine Augen sind voller Hoffnung, wenn er sagt, dass sich mein Talent auf lange Sicht schon durchsetzen werde. Und genau das versuche ich ihm und mir zu beweisen.

Ich glaube wirklich, dass die Abende, an denen mir Dad beim Basketballspielen zusieht, die besten seines Lebens sind. Auch darum liebe ich den Basketball so sehr: weil er mir die Möglichkeit gibt, meinen Dad glücklich zu machen.

Wenn ich gut gespielt habe, sagt Dad mit feuchten Augen, dass er stolz auf mich ist, worauf ich ebenfalls feuchte Augen kriege.

Wenn Pop das mitbekommt, nennt er uns Schwuchteln.

»Bist du fertig?«, fragt mich Erin.

Wenn ich in ihre wunderschönen kleegrünen Augen blicke, muss ich sofort daran denken, sie später zu küssen, und bekomme einen Ständer, also schlage ich mir diesen Gedanken schnell wieder aus dem Kopf.

Für Liebe ist jetzt keine Zeit – ich muss mich in Form bringen, weil die Basketballsaison schon in zwei Monaten anfängt.

2

Was ihr vielleicht wissen solltet: Die Leute nennen mich White Rabbit.

Wenn es in der Mensa Karotten gibt, taucht garantiert Terrell Patterson hinter mir auf und ruft: »Füttert White Rabbit!« Dann lässt er aus Spaß seine Karotten auf meinen Teller fallen, und die anderen machen es ihm nach, bis ich vor einem großen orangenen Hügel sitze.

Letztes Frühjahr hat das angefangen.

Beim ersten Mal wurde ich total wütend, weil haufenweise Leute an mir vorbeigingen und ihre Essensreste auf mein Tablett schaufelten, was nicht gerade hygienisch war, vor allem, da ich selbst noch nicht aufgegessen hatte.

Erin, die außerhalb der Basketballsaison in der Mensa neben mir sitzt, begann sofort damit, sich die Karotten von meinem Tablett in den Mund zu stopfen und sich enthusiastisch bei den Leuten zu bedanken, bis diese ganz verwirrt waren.

»Einfach köstlich. Gibt’s noch mehr davon?«, wiederholte sie mit solcher Begeisterung, bis alle nicht mehr über mich, sondern über sie lachten.

Eigentlich mag ich Karotten ganz gern, also habe ich auch noch ein paar gegessen, als ich gesehen habe, dass Erins Plan funktionierte. Außerdem ist mir das Lachen der Leute ziemlich egal. Ich werde besser sehen können als ihr alle zusammen, dachte ich und beließ es dabei.

Problematisch ist nur, dass die Karottensache inzwischen zum wöchentlichen Event geworden ist, und das ist echt nicht mehr lustig. Vielleicht verlieren die Leute im Laufe des Sommers ja das Interesse daran – aber ich bezweifle das.

An meiner Highschool gehöre ich zu den wenigen weißen Schülern. Ich bin still wie ein Kaninchen. Der Spitzname des Typen, den Eminem in 8Mile spielt, ist B-Rabbit. Eminem ist der berühmteste weiße Rapper der Welt, und ich sehe ihm tatsächlich ähnlich.

Doch vor allem werde ich White Rabbit genannt, weil wir dieses traurige Buch von John Updike lesen mussten. Das handelt von einem ehemaligen Basketballstar namens Rabbit, der ein echt beschissenes Leben hat. Ich bin zwar kein Star, aber der einzige Weiße in unserem Schulteam.

Wes, unser Center und nebenbei der einzige andere Basketballer im Englisch-Leistungskurs, hat all meinen Teamkameraden vom Updike-Buch erzählt – zumindest davon, dass es da um einen weißen Basketballer mit bescheuertem Namen geht. Seitdem nennen mich meine Mitspieler White Rabbit.

Irgendwie hat sich dieser Spitzname dann festgesetzt, und jetzt benutzt ihn auch die ganze Nachbarschaft.

3

Erin und ich schnappen uns die Basketbälle aus der Garage und werfen in unserem Garten je hundert Freiwürfe. Es ist unsere letzte Highschool-Basketballsaison, also trainieren wir hart.

Da wir eine Wettkampfsituation simulieren wollen, werfen wir immer zwei Würfe nacheinander und blocken uns gegenseitig aus, um den Rebound zu kriegen. Erin trifft von ihren hundert Freiwürfen achtundachtzig, ich neunzig.

Danach joggen wir fünf Meilen, während wir die ganze Zeit den Ball prellen lassen.

Eine Meile weit dribbeln wir mit rechts die O’Shea Street entlang, vorbei an Reihenhäusern, die so grau und ramponiert sind wie Pops Zähne. So erreichen wir unsere Schule, wo wir die nächsten vier Meilen auf der alten schäbigen Laufbahn verbringen, durch deren Ritzen das Unkraut wuchert. Bei jeder Runde dribbeln wir anders, mal mit links, mal mit Handwechsel, mal hinter dem Körper. Wir üben einfach jede erlaubte Art und Weise des Dribblings.

All die anderen Basketballer an unserer Schule sind nebenher noch im Football- oder Cheerleaderteam. Normalerweise trainieren sie auf den Nebenplätzen, aber nicht so früh am Morgen. Erin würde es nicht im Traum einfallen, eine Cheerleaderuniform anzuziehen, und ich bin nicht talentiert genug, um in mehr als einer Sportart erfolgreich zu sein. Außerdem will ich alles für den Basketball geben.

Als wir aufhören, sind wir schweißnass. Blonde Haarsträhnen kleben an Erins Gesicht, ihre niedlichen kleinen Ohren sind knallrot. Ich mag es, wenn sie ihr Trikot auszieht und nur noch ihren Sport-BH trägt. Ihr Bauchnabel ist ein wundervolles Geheimnis.

Wir machen eine kurze Pause, während wir darauf warten, dass der Hausmeister endlich die Schultüren öffnet. Meine Muskeln sind warm und mein Körper fühlt sich locker an.

Wir reden nicht viel.

Erin gehört zu den wenigen Leuten, die ich kenne, die auch mal schweigen können. Da ich nicht gern rede, passen wir perfekt zusammen. Nicht dass ich stottere oder so was, ich hab mich nur dazu entschieden, nicht viel zu reden.

Schweigend sitzen wir eine Weile im Gras.

»Meinst du, wir gewinnen dieses Jahr wieder die Landesmeisterschaft?«, fragt mich Erin, weil sie den Druck spürt, den letztjährigen Titelgewinn wiederholen zu müssen.

Eigentlich will sie wissen, ob ich sie für gut genug halte, das Team zur erneuten Meisterschaft zu führen, nachdem ihr bisheriger Star – Keisha Powell – letztes Jahr ihren Abschluss gemacht hat und jetzt für die Tennessee Lady Vols spielt. Keine der verbliebenen Spielerinnen ist auch nur halb so gut wie Erin.

Zweifelnd legt sie die Stirn in Falten, also nicke ich und lächle enthusiastisch. Erin ist vielleicht die beste Basketballspielerin im ganzen Bundesstaat – ohne Übertreibung.

Wenn meine Teamkameraden mich ärgern wollen, sagen sie manchmal, falls Erin einen Penis hätte (sie benutzen ein anderes Wort), würde sie mich locker an die Wand spielen, was eigentlich nicht besonders nett ist. Doch wenn ich sehe, wie dominant sie auf dem Feld ist, frage ich mich selbst, ob ich gegen sie einen Fuß auf den Boden kriegen würde, und das sagt ja schon viel.

Ich weiß, dass ich wohl nie für ein Collegeteam auflaufen werde, nicht mal in der dritten Liga. Ich bin ein Rollenspieler, kein Star. Was für mich völlig okay ist. Doch Erin hat absolut Chancen auf ein Collegeteam und ein Stipendium. Für mich ein weiterer Grund, auch außerhalb der Saison so viel Basketball zu spielen – weil es mir die Möglichkeit gibt, Erin zu helfen.

Wir wollen irgendwie aus dieser Stadt raus – gemeinsam –, und Erins Basketballkarriere ist wahrscheinlich unsere größte Chance. Ständig reden wir davon, Bellmont zu verlassen, ein neues Kapitel in den Geschichten unserer Familien aufzuschlagen, den Absprung zu schaffen. Wir kennen zu viele Leute, die den Fehler begangen haben, hier hängen zu bleiben – wie Erins Bruder Rod oder mein Pop.

Wie ich so neben ihr im Gras sitze und ihren wunderschönen Bauch betrachte, spiele ich mit dem Gedanken, mich an sie heranzumachen und meine Hände über Erins Bauchmuskeln gleiten zu lassen. Aber dann denke ich lieber schnell daran, wo die Beine meines Opas enden – unterhalb der Oberschenkel –, weil das meine lüsternen Gedanken immer sofort vertreibt, doch siehe da, schon im nächsten Moment ist das alles kein Thema mehr, weil der Hausmeister die Turnhalle aufschließt und sagt, wie können reinkommen.

Drinnen machen wir erst mal verschiedene Sprint- und Schussübungen – ehe wir uns den Freiwürfen zuwenden.

Danach traben wir rüber zum Stadion, wo wir zwanzig Minuten lang die Tribüne rauf- und runterhetzen, bis uns die Zunge aus dem Hals hängt, unsere Muskeln brennen und unsere Lungen stechen.

Zurück in der Sporthalle, schießen wir erneut mehrere Serien, als plötzlich das Footballteam auftaucht und die Duschräume stürmt.

Terrell Patterson – seines Zeichens Oberkarottenwerfer, Star-Quarterback und bester Shooting Guard unseres Teams – ruft zu mir rüber: »Hey, White Rabbit, warum vergeudest du deine Zeit mit Schussübungen? Im Spiel wirfst du sowieso nicht, sondern bist dazu da, mir den Ball zuzupassen, kapiert?«

Zwischen den Würfen zeige ich lächelnd mit dem Finger auf ihn.

Als Point Guard habe ich die Aufgabe, unsere korbgefährlichsten Spieler mit Pässen zu versorgen. Terrell hat letztes Jahr durchschnittlich 23Punkte pro Spiel erzielt, denen viele Assists von mir vorausgingen. Wahrscheinlich würde er mich nicht als Freund bezeichnen, doch als Mitspieler betrachte ich ihn als meinen Bruder. Seit zwei Jahren stehe ich als Point Guard in unserer Starting Five.

Terrell schlägt sich zwei Mal grinsend mit der Faust an die Brust, ehe er das Friedenszeichen macht.

»Und wie geht’s dir, Süße?«, ruft er Erin zu, was all seine Mitspieler zum Lachen bringt.

Erin wirft ihm einen bösen Blick zu und ruft: »Ich bin nicht deine Süße, Terrell!«

»Hey, die Kleine steht auf mich!«, sagt Terrell. Seine Mitspieler johlen, ehe sie ihren Coaches in die Umkleide folgen.

Erins Pässe sind härter und aggressiver, nachdem Terrell verschwunden ist, was mir zeigt, dass sie sauer ist.

Nachdem wir eine Wurfserie beendet haben, marschiert sie aus der Halle, obwohl wir mit unseren Übungen noch nicht fertig sind.

Ich folge ihr in den Schattenbereich unterhalb des Stadions und werfe ihr einen Blick zu, der bedeutet: Was ist los?

»Du weißt genau, dass ich es hasse, Süße genannt zu werden!«

Ihr Gesicht ist puterrot und ihre Stirn voller Zornesfalten. Sie sieht aus, als würde sie jeden Moment auf die Betonmauer einschlagen wollen.

»Aber du hast keine Ahnung, was mich wirklich aufregt, oder?«, fragt sie.

Ich öffne den Mund, doch wie üblich kommt mir kein Laut über die Lippen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.

»Es gibt Momente, da musst du einfach die Zähne auseinanderkriegen, Finley.«

Stimmt schon. Erin sagt ja nicht, dass ich meine Persönlichkeit ändern muss, sondern dass ich für sie einstehen soll, wenn’s drauf ankommt.

Ich gebe ihr mit den Augen zu verstehen, dass es mir leidtut – ich zwinkere mächtig.

Erin seufzt. Dann lächelt sie, und plötzlich ist ihre Stirn wieder ganz glatt. Manchmal bin ich echt erstaunt, wie sehr sie mich akzeptiert.

»Okay«, sagt sie, »lass uns weiterwerfen.«

Also ziehen wir unser Programm durch und stemmen ein paar Gewichte, ehe die Footballspieler lärmend in den Kraftraum einfallen, um zu testen, wer von ihnen beim Bankdrücken die meisten Wiederholungen schafft.

4

Auf dem Spielfeld wird viel zu viel gefoult und geworfen, sodass kein richtiges Spiel in Gang kommt, doch Erin und ich achten darauf, stets im selben Team zu sein, damit wir an den Dingen arbeiten können, an denen jeder ernsthafte Spieler arbeitet, wie an der Help Defense oder an den Set Plays.

Obwohl es sich bei den meisten Streetball-Spielern um Erwachsene handelt, die hier jeden Tag rumdaddeln, statt zur Arbeit zu gehen, schlagen Erin und ich diese Typen mit Leichtigkeit. Die hassen das natürlich, vor allem weil ich ein durchgeknallter Schweiger bin und Erin ein Mädchen ist.

Nur wenige Blocks von zu Hause entfernt hängen die Drogendealer an den Zäunen der Basketballcourts, und alte Männer trinken irgendein Zeug aus braunen Papiertüten. Zerbrochene Ampullen und Injektionsspritzen liegen überall auf dem Asphalt, der das Spielfeld umgibt. Nicht gerade der sicherste Ort auf der Welt, doch stehen wir unter dem persönlichen Schutz von Erins Bruder Rod.

Rod ist Ende zwanzig, spielt Drums in einer Pogues-artigen Irish-Folk-Punk-Band und dealt Gerüchten zufolge selbst ein bisschen, allerdings nicht auf der Straße. Viel wichtiger ist jedoch, dass er allgemein als jähzornigster und gewalttätigster Ire gilt, der je in Bellmont gelebt hat. Alle in unserer Gegend haben einen Riesenschiss vor ihm, und das ist auch gut so.

Als wir in die erste Highschoolklasse gingen, hatte es ein älterer Schüler namens Don Little auf Erin abgesehen. Er stellte ihr ständig nach und machte ihr eindeutige Angebote. Den genauen Wortlaut will ich hier nicht wiedergeben, weil der so unheimlich primitiv war. Doch wann immer er irgendwelche versauten Sachen zu Erin gesagt hat, schnürte es mir die Brust zusammen und meine Hände ballten sich zu Fäusten – nur meine Zunge hat natürlich nicht funktioniert.

Don Little war ein 19-jähriger Typ aus der Abschlussklasse, der schon mal im Jugendknast war, weil er mit Koks gedealt hatte, und Erin war ein 14-jähriges Mädchen.

Eines Tages, als Erin und ich von der Schule nach Hause gingen, hat er mal ihren Po begrapscht und ein paar echt fiese Dinge gesagt.

Als wäre ich gar nicht da oder als wäre das scheißegal. Ich war so wütend, dass ich was sagen wollte, doch alles, was aus meinem Mund kam, war: »Heyahhh!«

Don Little fragte sie lachend: »Warum jagst du den kleinen Spasti nicht zum Teufel und lässt dich mit einem richtigen Mann ein?«

Da hab ich ihn angegriffen. Doch ehe ich ihm eins aufs Maul geben konnte, streckte er mich mit einem einzigen Faustschlag zu Boden.

BAM.

TREFFER.

VERSENKT.

Ich weiß noch, wie meine Beine durch die Luft flogen und ich die Wolken sah, ehe bei mir die Lichter ausgingen.

Als ich wieder zu mir kam, streichelte Erin meine Wange. »Wach auf, Finley. Alles okay?«

Ihre Nase blutete. Warme Tropfen landeten auf meinem Hals.

»Was ist passiert?«, fragte ich.

»Ich hab Don Little eine reingehauen.«

»Was?«

»Ich hab ihm die Fresse poliert, nachdem er dich geschlagen hatte. Ich war so angepisst!«

»Deine Nase.«

»Die hat er leider getroffen, bevor er weggerannt ist.«

»Bist du okay?«

»Und du?«

»Glaub schon.«

»Dann bin ich’s auch.«

Sie half mir auf die Beine und brachte mich nach Hause, und ich hab sie gebeten, niemand zu erzählen, dass sie mich gegen Don Little verteidigt hat, was sie zum Lachen brachte.

»Bist du etwa nicht stolz darauf, dass deine Freundin großen Jungs die Fresse poliert?«, fragte sie.

Statt zu antworten kotzte ich auf den Bürgersteig und war sofort wieder klar im Kopf.

Später am Abend stattete mir Erins Bruder noch einen Besuch ab. Ich hatte ihn längere Zeit nicht gesehen, weil er nicht mehr zu Hause wohnte.

Offenbar hatte er in letzter Zeit ziemlich viel Krafttraining gemacht, weil er wie ein professioneller Bodybuilder aussah. Er trug ein enges T-Shirt mit Totenköpfen drauf und eine schwarze Jeans, deren Beine nach oben gerollt waren, damit man seine schwarzen Doc-Martens-Stiefel sehen konnte.

»Mr McManus, könnte ich Ihren Sohn kurz allein sprechen?«, fragte Rod.

»Warum allein?«, fragte mein Dad. »Wir sind eine Familie.«

»Ich denke, Sie wissen schon, warum«, antwortete Rod.

Dad und Rod sahen sich für ein paar Sekunden an, ehe Rod sagte: »Ich habe für Sie und Ihre Familie immer ein gutes Wort eingelegt, aber die Leute vergessen nichts.«

Dad wurde kreidebleich und mir wurde übel, als ich sah, dass die grauen Haare an seinen Schläfen schweißnass waren.

»Wir wollen keinen Ärger«, sagte Dad.

»Dann lassen Sie uns ein paar Minuten allein. Ihr Sohn ist ein guter Junge. Das wissen wir. Wir wollen nur helfen.«

Ich war überrascht, dass sich mein Vater tatsächlich umdrehte und die Tür hinter sich schloss.

Rod fragte mich, was passiert sei, also erzählte ich ihm, woran ich mich erinnerte.

Er packte mich am Hinterkopf und schob meine Stirn so nah an seine heran, dass sich unsere Augenbrauen berührten. Als er zwinkerte, spürte ich sogar seinen Wimpernschlag an meinen Lidern. Sein feuchter Atem roch scharf nach Alkohol.

»Nach dem heutigen Abend, Bruder, wird keiner in dieser Gegend je wieder dich oder meine Schwester belästigen. Das verspreche ich dir.«

Am nächsten Morgen fand man Don Little bewusstlos auf dem Basketballfeld. Sein Körper war von Schwellungen und Blutergüssen übersät. Jemand hatte seine Zöpfe abgeschnitten und seinen Kopf geschoren.

Außerdem hab ich gehört, dass er ein Schild um den Hals trug, auf dem stand: ICH SCHLAGE MÄDCHEN.

Die Polizei nahm Ermittlungen auf, doch weder Don Little noch irgendwer sonst wollte bestätigen, was alle zu wissen schienen.

Hier gibt es kaum jemand, der den Bullen einen Tipp geben würde.

Kurz darauf ist Don Little von der Schule abgegangen und hat die Stadt verlassen, und nie wieder hat sich jemand in Bellmont getraut, mir oder Erin auch nur ein Haar zu krümmen.

Deshalb können wir auf den öffentlichen Basketballfeldern spielen, ohne von den Kriminellen, die dort rumhängen, schikaniert zu werden. Wäre Rod nicht in der Nähe, würden sie uns natürlich anders behandeln, was mich irgendwie traurig macht.

5

Direkt vor ihrem Haus – einem Ziegelreihenhaus mit brüchigem gelbem Vordach – sagt mir Erin, dass sie gleich nach dem Duschen zu mir rüberkommt. Sie küsst mich auf die Lippen, ehe sie hinter der Eingangstür mit dem Fliegengitter verschwindet.

Ich jogge auf der O’Shea Street nach Hause, also einen Block weiter.

Unsere Wohngegend ist grau und armselig, überall liegt Müll herum, aber die Reihenhäuser sind noch nicht abrissreif, weil keines von ihnen leer steht. Verglichen mit anderen Gegenden ist unser Viertel ziemlich intakt.

Als ich die Straße überquere, sehe ich, dass der alte Ford-Transporter von Coach Wilkins vor unserem Haus steht.

Mein Coach will mir offenbar einen Besuch abstatten, und jetzt ist er allein mit Pop im Haus, der manchmal tagsüber betrunken ist und die Toten zum Leben erweckt – freimütig mit Leuten über Dinge redet, die lieber niemand wissen sollte, der Coach schon gar nicht.

Ich renne ins Haus und rufe: »Coach?«

»Ich bin hier, Finley, du brauchst nicht zu rufen.« Er trägt einen Sommeranzug ohne Krawatte und elegante Schuhe. Warum hat er sich so in Schale geworfen?

Er sitzt auf dem Sofa im Wohnzimmer. Der Rollstuhl steht neben der Couch, und Pop scheint Gott sei Dank relativ nüchtern zu sein.

»Coach Wilkins will mit dir essen gehen«, sagt Pop. Er trägt ein geripptes Unterhemd, die beigefarbene Hose ist unter seinen Strümpfen zusammengesteckt. Seine weißen, schulterlangen Haare hat sich Pop hinter die Ohren geklemmt. Er will mit den langen Haaren nicht cool aussehen, er schafft es nur einfach nicht, zum Friseur zu gehen. Omas grüne Gebetskette bildet ein V auf seiner Brust, und Jesus baumelt an einem schwarzen Kreuz direkt über Pops nach außen gestülptem Nabel.

»Genauer gesagt, zu Freunden«, sagt der Coach. Als er sieht, wie verschwitzt ich bin, fügt er hinzu: »Scheinst ja ganz schön hart trainiert zu haben.«

»Mit Erin Quinn«, erklärt Pop. »Die ist seine Freundin.«

»Eine gute Basketballspielerin und eine nette junge Frau«, sagt der Coach.

Ich mag es, dass der Coach mich nicht White Rabbit nennt, vor allem weil meine Mitspieler ihn ständig dazu bringen wollen, dass auch er meinen Spitznamen benutzt.

Der Coach fragt: »Willst du heute mit mir zu Abend essen?«

Ich nicke.

Ich tue alles, worum mein Coach mich bittet. Er ist mein Coach.

»Warum duschst du nicht schnell, und wir sprechen auf dem Weg darüber. Und zieh was Ordentliches an«, sagt der Coach.

»Ich brauch deine Hilfe, bevor du gehst«, sagt Pop.

Ich schiebe seinen Rollstuhl ins Badezimmer, wo ich ihm rasch behilflich bin, seine schmutzige Windel zu wechseln.

Als wir ins Wohnzimmer zurückkommen, ist mein Vater aufgestanden. (Er schläft tagsüber und arbeitet nachts.) Er und der Coach reden lächelnd über Basketball, also stelle ich Pop neben ihnen ab. Pop sagt: »Beweg deinen Hintern, na mach schon!«, als ich die Stufen rauflaufe.

Beim Duschen frage ich mich, wo der Coach wohl mit mir hingehen will. Er hat mich noch nie zum Essen eingeladen und war erst zweimal bei uns zu Hause. Das erste Mal, nachdem mich Don Little vermöbelt hatte, und dann, als ich mir in der zweite Jahrgangsstufe den Knöchel verstaucht hatte.

Ich hab keine Ahnung, was er mit mir vorhat, aber ich freue mich drauf, es herauszufinden.

6

Ich schlüpfe in meine schwarze Hose und mein hellblaues Hemd, bevor ich mit dem Coach das Haus verlasse und mein Vater mich ermahnt, mich gut zu benehmen. Er steht in der Tür und sieht müde aus, hat aber diese offizielle Wir-haben-Gäste-Miene aufgesetzt, die er stets zur Schau stellt, wenn andere Leute als Pop und ich auftauchen.

Erin hat immer noch feuchte Haare und trägt ein farbenfrohes Sommerkleid, als sie dem Coach und mir entgegenschlendert. Die beiden begrüßen sich.

»Würde es dir etwas ausmachen, mir Finley für ein paar Stunden zu überlassen?«, fragt der Coach.

»Überhaupt nicht«, antwortet Erin, doch als ich mit ihr Blickkontakt aufnehme, sieht sie enttäuscht und etwas verwirrt aus, also zucke ich die Schultern, um ihr zu zeigen, dass auch ich keine Ahnung habe, was hier vor sich geht. Natürlich würde ich meine Zeit gern mit Erin verbringen, aber ich sehe sie ohnehin jeden Abend. Außerdem versteht sie bestimmt, dass irgendwas Wichtiges im Busch ist, wenn mein Coach mir einen Besuch abstattet. Erin fragt: »Wann bringen Sie Finley zurück, Coach?«

»Ach, wahrscheinlich so um neun herum.«

»Dann bis später«, sagt Erin zu mir und geht wieder nach Hause.

»Du kannst wirklich froh sein, eine Freundin wie Erin zu haben«, sagt der Coach, als wir in seinen Wagen steigen und uns anschnallen. »Jeder braucht Freunde. Wahre Freunde. So wie Erin«, fügt er hinzu.

Als der Motor hustend anspringt, bläst mir die Klimaanlage sofort ins Gesicht.

Echt ein cooles Gefühl, aber der Coach fährt nicht los.

Sein Gesicht ist so dunkel und entschlossen wie immer, doch er schluckt mehrmals. Das Auf und Ab seines Adamsapfels signalisiert mir, dass irgendwas nicht in Ordnung ist.

»Du weißt ja«, beginnt er, »dass ich dem Team stets sage, dass Basketball viel über das Leben lehrt und dass diese Lehren wichtiger sind als Siege oder Niederlagen oder persönliche Statistiken. Dass sie wichtiger sind als das Spiel selbst, weil wir auf dem Feld das Leben verstehen lernen und dies der wichtigste Teil der ganzen Erfahrung ist.«

»Yeah.«

Das sagt mein Coach ständig.

»Nun, ich glaube, dass du dieses Jahr sehr viel lernen wirst, Finley.«

Etwas an der Art, wie er das sagt, löst in mir ein seltsames Gefühl aus. Als könnte er in die Zukunft blicken oder als wäre dieses Abendessen noch wichtiger, als ich gedacht habe.

Ich sehe dem Coach ins Gesicht und versuche, in seinen Augen zu lesen. Ich erkenne Verzweiflung, Frustration, Erschöpfung – all die Dinge, die ich in den Augen derer sehe, die schon zu lange in dieser Gegend gelebt haben.

»Wir sind in einer besonderen Situation, Finley. Weil ich dir vertraue, werde ich dir heute Abend so einiges erzählen, und ich will, dass du diese Dinge für dich behältst. Was ich dir jetzt sage, muss unter uns bleiben. Weder Erin noch dein Vater oder Großvater dürfen davon erfahren. Deine Teamkameraden auch nicht. Und vor allem niemand auf der Schule. Versprichst du mir, dass du absolutes Stillschweigen bewahren wirst?«

Ich hab nicht den blassesten Schimmer, was der Coach mir erzählen will. Mein Herz schlägt sehr schnell, und ich merke, dass ich ebenfalls schlucke. Ich nicke, um den Coach wissen zu lassen, dass ich kein Sterbenswörtchen verraten werde.

»Also gut. Sagt dir der Name Russel Allen etwas?«

Ich schüttele den Kopf.

»Also hör zu: Russel hat drei Jahre lang für ein Highschoolteam in L. A. gespielt. In seinem letzten Mittelstufenjahr hat er sich dann landesweit einen Namen gemacht. Er gilt als eines der größten Talente in den USA. Mit seinen siebzehn Jahren hat er bereits die physischen Voraussetzungen eines Profis. Ich hab mir mehrere Videos angesehen und bin davon überzeugt, dass er schon jetzt für jedes NBA-Team spielen könnte. Ein knapp zwei Meter großer Point Guard, der das Inside- und Outside-Spiel beherrscht. Ein cleverer Spieler. Stark im Fast Break. Schnell und wendig. Ein guter Rebounder. Der beste Highschoolverteidiger, den ich je gesehen habe. Abgesehen davon hat er beim Studierfähigkeitstest fast die volle Punktzahl erreicht und in den drei Jahren, in denen er nonstop Basketball gespielt hat, nur Bestnoten bekommen. Er gilt als aufgeschlossen und unkompliziert. Seine Arbeitsmoral ist vorbildlich. Alle Unis im Land reißen sich um den Jungen.«

Dass der Coach diesen Spieler liebt, liegt auf der Hand, aber ich verstehe nicht ganz, warum er mir all diese Details erzählt – zumal dieser Allen am anderen Ende des Landes spielt –, und schon gar nicht, warum ich alles für mich behalten soll.

»Kennst du die Allens in der Porter Street? Die wohnen neben dem Drinkers, du weißt schon, diese Spelunke.«

»Nein.« Ich bin nie in diesem Teil der Stadt. Dort gibt es keine Iren.