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Inhalt


Hör mal, Oma! Ich erzähle dir eine Geschichte vom Sommer

Opa und der bunte Sommer

Das glückliche Blatt

Vom arbeitsamen Monat Juni

Der Traum der kleinen Rosenblüte

Die Zeit der lachenden Blumen

Omas Wiesenzauber

Ein wundersamer Sommertag

Rote Rosen für die Liebe

Der goldene Morgen

Eine Nacht in Gewitterstimmung

Das Sauwetter

Die Kunst des kleinen Sonnenstrahls

Die Kunst der Nachteule

Mittsommer - Es ist zu hell zum Schlafen

Vom trägen Monat Juli

Der Windhauch und das Lob der Menschen

Das Eichhörnchen und die diebische Elster

Der wunderschöne Schmetterling

Opa und das allerschönste Sommerfest

Auf ‚Weltreise’ mit Opa

Lea und der bunte Wiesenblumenstrauß

Zauber im Holunderstrauch

Die Kräuterhexe

Die kleine zarte blaue Sommerblume und das große NEIN

Oma und der Schmuggler

Reise zur Zauberinsel des Glücks

Vom ‚königlichen’ Monat August

Ein ‚perfekter‘ Sommer

Das traurige nasse Blatt

Opa und die Radtour

Grillen mit Opa

Das schönste Indianer-Sommerfest

Oma erzählt das Märchen von der Kornähre

Das Eichhörnchen und der weinende Apfel

Das Eichhörnchen und die kostbare Zeit

Das Abschiedslied der Sommerblumen

Der Sommer sieht rot

Impressum

Autorin

Bücher



Elke Bräunling



Hör mal, Oma!

Ich erzähle dir eine Geschichte

vom

Sommer


Sommergeschichten - von Kindern erzählt









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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek


Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.







Copyright © 2013/2017 Elke Bräunling

http://www.elkeskindergeschichten.de

edition art.taeglich

All rights reserved

ISBN- 13: 978-1482793277

ISBN-10: 148279327X





Opa und der bunte Sommer


„Bunt“, sagt Opa eines Tages. „Ich sehe bunt.“

„Bunt?“, fragen Pia und Pit. „Hier ist es doch wie immer, oder?“

„Ich rieche auch bunt.“ Opa schnuppert.

Pia und Pit schnuppern auch. Es duftet nicht anders als sonst. Überhaupt: Wie riecht bunt?

„Bunt kann man nicht riechen“, sagt Pit.

„Aber ja“, sagt Opa, „ich kann es riechen, sehen, ja, und hören kann ich es auch. Bunt, bunt, bunt. Schön ist das. Hört ihr es nicht?“

Pia und Pit erschrecken. Was ist mit Opa los?

„Hast du schlecht geträumt?“, fragt Pit, und Pia fasst an Opas Stirn. „Fühlst du dich krank?“

„Nein.“ Opa lacht. „Ich fühle mich bunt.“

Bunt? Verrückt ist das. Pia und Pit sehen sich verwundert an.

„Das wird mir langsam zu bunt“, brummt Pit.

Pia nickt. „Du willst uns foppen, Opa.“

Opa sieht die Geschwister an und schmunzelt.

„Wird es euch zu bunt? Es ist doch nur, weil ich mich freue.“

„Worüber?“

„Eine Überraschung?“

„Ja“, sagt Opa, „eine Überraschung, die uns jedes Jahr aufs Neue freut.“

„Und die ist bunt?“, fragt Pia.

„Kunterbunt.“ Opa geht zum Fenster. „Seht! Da draußen. Er ist da, der Sommer.“

Pia und Pit blicken aus dem Fenster. Stimmt. Bei Sommersonnenschein ist die Welt bunter als sonst. Die Blumen, Bäume, die Sonnenschirme und auch die Kleider der Leute. Hören kann man das Bunt auch. Vögel zwitschern, Grillen zirpen, Hunde bellen, Menschen lachen, Kinder jubeln. Die Luft riecht nach tausenderlei Blumendüften, nach Beeren, Obst und Grillwürsten.

„Stimmt“, sagt Pit. „Der Sommer ist bunt. Ich sehe es auch.“

„Ich kann jetzt auch bunt sehen und riechen und hören“, ruft Pia. „Ich mag den Sommer.“

Opa schmunzelt noch immer. „Wer mag den Sommer nicht leiden? Ich glaube, bunt mag jeder, oder? Ja, und bunt sind auch meine Geschichten. Sie handeln von Sonne und Sommer, von Regen, Wind und Gewittergeistern, von Blumen und Tieren, von aufregenden Abenteuern, Träumen und weiten Reisen, von, ach, hört oder lest selbst, wenn ihr Geschichten mögt.“

„Und zuerst“, sagt Pia, „möchte ich eine bunte Geschichte hören. Eine Geschichte vom Sommer.“






Das glückliche Blatt


Hoch an einem der oberen Zweige der alten Buche wohnte ein Blatt. Es war ein schönes Blatt mit einer fein gemaserten Struktur und einem saftig, tief dunklen Grün. Zwei klitzekleine gold-gelbe Tupfer, die fröhlichen Blattaugen ähnelten, schmückten seinen Rücken. Pfiffig sah das aus und ein bisschen unterschied es das Blatt auch von seinen Blätterkollegen am Baum. Das erfüllte das Blatt mit einem heimlich leisen Stolz und es war sehr zufrieden mit seinem Leben.

„Ich bin ein Glücksblatt“, sagte es eines Tages, als es seine Blicke weit über das sommerliche Land schweifen ließ. „Von hier oben kann ich die ganze Welt sehen, den Himmel, die Sonne, den Mond und die Sterne. Was will man mehr vom Leben?“

„Aber du bist nicht frei“, warf die Wildtaube, die in der Baumkrone ihr Nest hatte, ein. „Dein Baum hält dich fest.“

„Er gibt mir Halt und ein Zuhause. Ein gutes Zuhause. Selbst in stürmischen Zeiten“, erwiderte das Blatt. „Sag! Wer hat schon so viel Glück wie ich?“

„Nun ja. Das ist Ansichtssache.“

Die Taube plusterte ihr Gefieder auf und schwang sich in die Luft.

„In der Freiheit liegt das Glück allein“, rief sie dem Blatt zu und flog davon.

Lange sah das Blatt der Taube hinterher.

„Seltsam! Ich bin doch frei“, murmelte es.

Das Blatt sah sich um, blickte zu den Bergkämmen hinüber, blinzelte den Wolken zu, ließ sich von der Sonne wärmen und war zufrieden.

„Was ist Freiheit?“, fragte es in den Folgetagen die Vögel, Schmetterlinge, Bienen, Fliegen, Käfer und Eichhörnchen, die zu Besuch vorbei kamen.

„Das Leben“, antworteten sie, und eines der vielen Eichhörnchen fügte hinzu:

„Das Leben, das jeder so zu führen vermag, wie es seiner Art entspricht, macht frei.“

„Und glücklich“, sagte das Blatt, dem diese Antwort sehr gut gefiel, schnell. „Wer sich frei fühlt, ist auch glücklich.“

Das Blatt war zufrieden. Es war glücklich. Es war frei.






Vom arbeitsamen Monat Juni


„Hallo Kollege, mach dich vom Acker! Der Sommer kommt. Die Zeit drängt. So viel habe ich zu erledigen!“

Eilig und ein bisschen gestresst jagte der Juni in den letzten Mainächten dem Mai hinterher.

„Viel Arbeit ist liegen geblieben.“

Er schubste den Mai, der in den Kronen blühender Kastanienbäume schlief, fordernd an.

Der aber wehrte sich. „Verlasse meinen Monat!“, schimpfte er. „Und zwar auf der Stelle.“

„Ach, ich bitte dich!“ Der Juni verlegte sich aufs Betteln. „Lass mich bitte gleich mit meinem Job beginnen! Ich muss den Sommer wach rütteln. Die Zeit der ersten Heuernte naht. Und die Sommerblumen - ach, es sind ja so viele - muss ich zum Blühen bringen. Die Erdbeeren sollten längst gereift sein und die Kirschen, die Himbeeren, die Aprikosen, die ersten Erbsen, Bohnen, Karotten, Kohlrabis, Kartoffeln, Sommersalate, Tomaten und Radieschen, die ...“

Der Juni redete und redete.

Da fühlte sich der Mai auf einmal sehr müde. Er war auch fleißig gewesen. Das Land hatte er mit einem zarten, frischen Grün bemalt und bunte Blütentupfer in Gärten und Wiesen gestreut, den Tieren hatte er für ihren Nachwuchs gemütliche Kinderstuben in Höhlen und Nestern eingerichtet und die Menschen hatte er mit lauen Abendlüften und lieblichen Düften zur Liebe verführt. Jede Nacht hatte er auf unzählig vielen Hochzeiten verbracht und ... Ja, wann zum Teufel hätte er da noch viel Zeit für die Garten- und Feldfrüchte und all die anderen stressigen Terminjobs finden sollen?

All das wollte er dem eifrigen Junikollegen sagen, dann aber brummte er doch nur ein genervtes „Du Streber!“ und ein „Ich bin schon weg!“ Er warf sich in eine laue Windbrise und sauste davon.

Der Juni atmete einige Male tief durch, dann krempelte er die Ärmel hoch, zog eine dichte Wolkendecke über den Himmel und schickte dem ausgetrockneten Land für eine Woche feinen Juni-Landregen. Währenddessen durchstreifte er Gärten und Felder, inspizierte Wiesen und Obstgärten, besuchte die Herden auf Weiden und Almen und verhandelte mit der Sonne, die lange an jenen Tagen zu Gast war. Scheinen sollte sie nach dem großen Regen, und zwar gleichmäßig warm, damit die Sommerblumen blühten, die Feldfrüchte und Beeren reiften und das Gras bei der Heuernte trocknete.

Überall war der Juni dabei zur Stelle und beaufsichtigte die wichtigen Juniarbeiten. Selbst in den Schulen war er zu Gast. Schließlich galt es in seinem Monat auch, das Schuljahr mit Erfolg und guten Noten zu beenden.

„Schaut euch nur diesen Musterknaben an!“, raunte der Mai, der sich etwas in seiner Ehre gekränkt fühlte, seinen Monatskollegen zu. „Er tut, als wären die Erfolge, die er einheimst, allein Früchte seiner Arbeit.“

Die anderen Frühlingsmonate nickten.

„Angeber!“, brummte der April und der März ergänzte mit weinerlicher Stimme:

„Was wäre er ohne uns und unser Tun? Ein Nichts wäre er. Ein erfolgloses Nichts.“

Und wenn den Dreien die Herrschaft des ersten Sommermonats Juni allzu sehr auf die Nerven ging, griffen sie in den großen Wettertopf und warfen diesem erfolgsverwöhnten Streber ein paar kühle Winde, Regenschauer und Kältetage vor die Füße.

Der Juni aber lachte nur. Ihn konnte niemand aufhalten. Auch nicht jene ‚Schafskälte‘, wie die Menschen solche kalten Junitage nannten.






Der Traum der kleinen Rosenblüte


„Etwas ganz Besonderes möchte ich sein“, sagte das kleine Röslein zu seinen Freunden ringsum, den Bienen, Käfern, Schmetterlingen und allen Rosenkollegen am Strauch.

Die aber lachten alle nur.

Das Röslein errötete, doch es glaubte an seinen Traum. „Ich werde es schaffen“, murmelte es. „Weil ich nämlich an mich glaube.“

Und während es an diesem milden, sonnigen Spätsommertag turbulent zuging, blinzelte das Röslein ein wenig verschämt auf den Weg hinaus, der draußen am Gartenzaun verlief.

Plötzlich griffen Kinderhände nach seiner Blüte. „Die ist besonders schön“, sagte ein kleiner Junge zu seiner Freundin. „Ich schenke sie dir.“

Und - eins, zwei, drei - zupfte er alle Blütenblätter vom Kopf der kleinen Rose und malte damit ein rosafarbenes Sternchen in den Sand.

Da freute sich das Röslein, während sich seine Kollegen und Freunde im Rosenbusch doch sehr wunderten.

Träume können eben doch wahr werden.

Manchmal.






Die Zeit der lachenden Blumen


Einmal beugte sich ein Junge über eine Löwenzahnblüte, die noch als einziger gelber Blütentupfer in dem ordentlichen, langweiligen Rasen wuchs. Er sollte sie, wie es sein Vater ihm geheißen hatte, ausrupfen, damit der Rasen ‚sauber‘ und noch ordentlicher und auch noch langweiliger aussah. 

 „Schade“, sagte der Junge, als er sich die Blüte genau angesehen und vergebens nach ‚Löwenzähnen‘ Ausschau gehalten hatte. „Sie sieht schön aus mit ihrer gelben Blütenkrone. Ich mag sie nicht kaputt machen.“ 

Da lächelte ihm der Löwenzahn dankbar zu.