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GSA – German Speakers Association

Sabine Asgodom (Hrsg.)

Die besten Ideen für mehr Humor

Erfolgreiche Speaker verraten ihre besten Konzepte und geben Impulse für die Praxis

Unter Mitarbeit von Dr. Petra Begemann,
Bücher für Wirtschaft + Management (Projektleitung)

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http//dnb.d-nb.de abrufbar.

Programmleitung: Ute Flockenhaus, GABAL Verlag

Lektorat: Susanne von Ahn, Hasloh

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

©2013 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book basiert auf dem 2013 erschienenen Buchtitel “Die besten Ideen für mehr Humor” von Sabine Asgodom (Hrsg.), ©2013 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-519-0
ISBN epub: 978-3-95623-030-1

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Inhalt

Geleitwort

Vorwort

Laura Baxter

Vom toten Kanarienvogel bis zum schwangeren Prinzen. Oder: Die fünf Kernelemente des Humors für Top-Speaker

Maike van den Boom

Humor ist, wenn nichts wichtig ist. Warum Holländer so unausstehlich fröhlich sind

René Borbonus

Wie Sie mit Humor zum besseren Redner werden

Jochen Peter Breuer / Dorothee Oetzmann

Heiße Kartoffeln stilvoll anpacken und servieren. Wie Sie durch Humor Tabuthemen ansprechen

Jonathan Briefs

Humorberater im Leistungssport. Gewinner sind Spaßarbeiter

Elke Eberts / Stefan Ruhl

Provokativer Humoransatz. Menschen in Organisationen für Veränderung motivieren

Ilja Grzeskowitz

Mit der A.M.E.R.I.K.A.-Methode in 7 Schritten die Kunst des Storytellings meistern

Stefan Häseli

Ist das lustig? – Werkzeugkoffer zum Zimmern von Pointen

Sigrid Hauer

Projekte: Drama oder Komödie? – Eine Anleitung zu Projekten mit Wertschätzung und Humor

Margit Hertlein

Niemand erkennt mein Genie

Carsten Höfer

Frauenversteher und Männerversteherin. Tipps und Tricks, um den Alltag zwischen Mann und Frau humorvoller zu gestalten

E. Noni Höfner / Charlotte Tracht

Wieso gerade ich? – Provokatives Coaching als Werkzeug der Mitarbeiterführung

Katja Kerschgens

Kontern mit Humor. Die hohe Schule der Schlagfertigkeit

Armin Nagel

Clowns statt Content? – Humortrends und das Speaking-Business

Christiane Nill-Theobald

Burn-on statt Burn-out. Erfolgreiches Weiterbrennen durch Humor

Cordula Nussbaum

Stress ha-ha-ha-halt! – Oder: Mit »Aloha« wertvolle Zeit-Momente gewinnen

Kara Pientka

Management by Loriot. Warum Sie sich diesen Weltklassekomiker im Arbeitsleben zum Vorbild nehmen sollten

Ingrid Rothfuß

Reaktion: Humor

Ralf Schmitt

»Ich liebe Störungen« Oder: »Störungen – ja, bitte!«

Thorsten Sievert

»Jeder kann komisch sein!« – Wie Comedy geht!

Yvonne Villiger

Teams bilden mit Humor. Weiß mein Gesicht schon, dass ich mich freue?

Geleitwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

»Witze kann man nur dann aus dem Ärmel schütteln, wenn man sie vorher hineingesteckt hat«, bekannte Rudi Carrell einmal. Wer eine Bühne betritt, tut gut daran, etwas im Ärmel zu haben, denn Menschen wollen lernen, ohne belehrt werden. Infotainment ist das Gebot der Stunde, und Humor ist ein wunderbares Instrument dafür. Auch wer Verantwortung für Mitarbeiter und Projekte trägt, ist mit Humor im Vorteil. Humor sei der Knopf, der verhindere, dass uns der Kragen platzt, meinte Joachim Ringelnatz. Im stressigen Arbeitsalltag kann der Humor Ventil sein, Bindeglied, menschliche Note.

Doch wie funktioniert Humor? Was passt zu wem? Wie entdeckt man sein komisches Potenzial? Diese und viele weitere Fragen beantwortet Band 4 der Top Speakers Edition. Unter Federführung von Sabine Asgodom, CSP, Past President der GSA, Mitglied der German Speakers Hall of Fame, Erfinderin des GSA Humortages, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes, Autorin zahlreicher Bestseller und nicht zuletzt eine begnadete Rednerin mit viel Humor, verraten ausgewiesene Expertinnen und Experten ihre besten Tipps. Freuen Sie sich auf ein Feuerwerk von Ideen und Anregungen!

Prof. Dr. Lothar Seiwert, CSP, GSA HoF (Hall of Fame)

Past President, Begründer der GSA Top Speakers Edition,

Chairman Gremium »Deutscher Rednerpreis« und Initiator der

GSA-University der German Speakers Association (GSA)

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

Humor macht das Leben leichter – auch Mitarbeiter / -innen, Führungskräften oder Selbstständigen, denen manchmal schon das Lachen vergehen könnte. Wenn wir über etwas lachen können, und sei es im Nachhinein, gewinnen wir Abstand, wechseln die Perspektive; nehmen nicht alles so schrecklich ernst und gewinnen Leichtigkeit. Außerdem haben wir sicher alle schon die Erfahrung gemacht, dass Menschen humorvolle Menschen mögen, ihnen gern zuhören, ja, auch gern für sie arbeiten oder von ihnen kaufen.

Dieses Buch wird Ihnen viele Anregungen geben, wie Sie mit Humor Ihr Leben bessern meistern können, wie der Arbeitsplatz zu einem heiteren Platz werden kann und wie Sie in Reden, Vorträgen oder Präsentationen mit Humor begeistern können. 24 Kolleginnen und Kollegen, allesamt Mitglieder der German Speakers Association (GSA), verraten Ihnen ihre besten Tipps und Anregungen, wie Sie mit mehr Humor Leichtigkeit ins Leben bringen können.

Humor ist seit vielen Jahren ein wichtiges Thema in der GSA. Als damalige GSA-Präsidentin habe ich vor sechs Jahren den Humortag ins Leben gerufen. Immer im Mai bitten wir die besten Experten für Spaß und Lachen auf die Bühne, die den Teilnehmer / -innen an praktischen Beispielen zeigen, wie sie Humor in ihre Arbeit einfließen lassen können. Unter unseren Referenten waren schon Dr. Eckhart von Hirschhausen, Emil Herzog, Thorsten Sievert, Margit Hertlein, Johannes Warth, Bernhard Wolff, Kara Pientka, Eric Adler, Dr. Helmut Fuchs, Jumi Vogler, Dr. Roman Szeliga, Lutz Herkenrath, Ralf Schmitt und Prof. Dr. Elisabeth Heinemann. Unser prominentester Gast auf dem Humortag war der berühmte Emil (Steinberger) aus der Schweiz, der 2012 in die GSA Hall of Fame aufgenommen worden ist.

Ich hatte immer wieder selbst das Vergnügen, am Humortag auf der Bühne zu stehen, und ich möchte Ihnen gleich hier in der Einleitung ein paar Anstöße fürs Arbeiten mit Humor geben, aufgehängt an den Buchstaben des Wortes »Lachen«.

Lebensnah

L wie lebensnah. Humor zeigt sich in den Geschichten, die wir erzählen. Und je näher die am Leben dran sind, umso besser. Einige der größten Erfolge erziele ich bei Vorträgen und Seminaren mit »Ich-Geschichten«, also Dingen, die mir passiert sind. Und immer rufen sie einen Lacher hervor. Ein Beispiel: Ich erzähle von einer Frau, die sagt, dass sie allein vom Hinschauen dick werde. Ich sage: »Das glaube ich nicht, was ich sehe, esse ich auch.« Erstes fröhliches Gelächter. Dann fahre ich fort: »Ich sehe es nicht nur, ich höre es auch. Wissen Sie, dass Sahneteilchen sprechen können?«, frage ich ins Publikum. Erstaunte Gesichter. »Doch, wirklich, ich kann sie hören. ›Iss mich‹, raunen sie mir zu, wenn ich vorbeigehe. ›Iss mich.‹ – Gelächter. – »Und dann sage ich: ›Na gut, deine Brüder und Schwester habe ich schon gegessen, aber wenn du so lieb darum bittest …‹« Großes Gelächter.

Mit dieser Geschichte beginne ich einen Part über Selbstverantwortung. Und bereits nach diesem Beispiel wissen die meisten Zuhörer, worum es geht. Denn sie hören nicht nur, was ich erzähle, sondern sie spüren es. Und: Es fällt ihnen leichter, die Erkenntnis anzunehmen, weil ich ohne gezückten Zeigefinger rede.

Drei Tipps für Führungskräfte und Selbstständige, die Humor in ihre Reden einfließen lassen wollen:

1.  Erzähl von dir selbst, von deiner Lernerfahrung und den Erkenntnissen daraus.

2.  Zeig, dass du nicht Dr. Besserwisser bist, sondern verstehst, warum Menschen so oder so sind.

3.  Zeig deinen Weg auf, wie du dies oder das besser in den Griff bekommen hast …

Achtsam

Das A steht für Achtsamkeit. Schadenfreude hat nichts mit Humor zu tun. Wer über andere lacht, stellt sich über die Menschen. Sie kennen vielleicht Fernsehsendungen, in denen gezeigt wird, wie Menschen umfallen, vom Pferd fliegen oder gegen eine Wand rennen. Ach, wie lustig. Das hat nichts mit Humor zu tun, sondern mit Schadenfreude. Auch wenn Sie über solche Pleiten und Pannen lachen können (das ist menschlich), hüten Sie sich, Schadenfreude in Reden und Gespräche einzubauen. Ich erinnere mich sehr gut an einen Kongress, auf dem ich als zweite Referentin auftreten sollte. Beim ersten Vortrag von einem Kollegen, angeblich einem der »härtesten Trainer Deutschlands«, saß ich als Zuhörerin ganz harmlos in der ersten Reihe. Schon nach fünf Minuten stellte der Kollege sich vor mich, stellte mir unsinnige Fragen und führte mich vor. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Aber immer wieder in der kommenden Stunde wies er auf die Frau Asgodom hin, die ja schon die gelbe Karte hätte … Mir ist wieder einmal klar geworden: Egal, ob als Trainer, Redner oder Führungskraft, lass das sein! Es ist ein billiger Trick, auf Kosten von jemand anderem blöde Witzchen zu reißen. Und mehr als das: Es ist arm. Nicht nur, dass der Kollege bei mir unten durch ist, auch viele andere Teilnehmer / -innen bestätigten mir hinterher, wie geschmacklos sie das fanden. Wer es nötig hat, andere vorzuführen, ist selbst ein armer Tropf.

Führungskräfte brauchen ein hohes Maß an Achtsamkeit, wenn sie über die Fehler von anderen Menschen sprechen. Sie verspielen die Sympathie von anderen, wenn sie sich auf deren Kosten zu profilieren suchen. Oder noch schlimmer: Sie schaffen Sündenböcke, wenn sich jemand nicht wehren kann, und ermuntern so indirekt zum Mobbing.

Drei Tipps:

1.  Lach mit und nicht über Menschen.

2.  Führe Menschen nicht vor.

3.  Wenn überhaupt, dann mach dich selbst zum Affen.

Charmant

Das C in Lachen steht für Charme. Und es weist auf Liebe als Grundlage des Humors hin. Philippe Stark, das französische Design-Genie, hat einmal etwas sehr Wichtiges dazu gesagt: »Die zwei wichtigsten Eigenschaften sind für mich, im Französischen ist es fast dasselbe Wort, l’humour und l’amour. Also Humor und Liebe. Damit ist alles gut. Liebe ist der Mittelpunkt unserer Seele, Humor der Mittelpunkt unseres Geistes. Wenn einer nur mit Liebe arbeitet, ist das zwar sehr schön, aber vielleicht doch ein bisschen langweilig. Und nur Humor, das wäre Zynismus.«

Die österreichische Zeitschrift Qualitas beschreibt einen Trend aus den USA: »Die Idee von Humor im Management findet immer mehr Zustimmung. Humor wird zunehmend als Kompetenz erkannt, die sich in empathischer Einstellung gegenüber den Mitmenschen zeigt.« Empathie heißt Mitgefühl, sie ist das Gegenteil von Zynismus. Wer Menschen das Gefühl von Gemeinschaft und Geborgenheit geben will, darf nicht das Schwert der ätzenden Ironie über allen schwingen.

Drei Tipps:

1.  Achten Sie die Würde der Menschen.

2.  Seien Sie charmant.

3.  Bei allem Witz und aller Lustigkeit, achten Sie auf Wertschätzung.

Heiter

Gelebter Humor ist das Barometer, das die Stimmung in der Abteilung anzeigt. Vorsicht, wenn nicht gelacht wird. Vor etwa fünf Jahren habe ich einmal einem Personalchef ein Seminarkonzept zum Thema Gelassenheit vorgestellt. Einer meiner zwölf Schlüssel dabei ist Humor. Und ich erinnere mich noch genau, mit welchem Unverständnis er mich angeschaut hat: »Hä, Humor, was hat denn das mit souveräner Führung zu tun?« Er hat es wirklich nicht verstanden. Inzwischen sind wir weiter. Auch in Personalabteilungen weiß man inzwischen, dass ein heiterer, gelassener Umgang miteinander teamstärkend wirkt. Und kein Chef stürzt mehr aus dem Büro und donnert: »Warum wird hier gelacht? Haben Sie nichts zu tun?«

Gemeinsames Lachen ist vertrauensbildend, dass hat Tom Flamson von der Universität von Kalifornien herausgefunden. Geteilter Humor ist nach seiner Erkenntnis ein besonders sicheres Signal für eine tief empfundene Gruppenzugehörigkeit. Humor ist also ein wichtiges menschliches Kommunikationsmittel. Und Lachen hilft jedem Einzelnen, die Widrigkeiten des Lebens besser zu ertragen, so der Züricher Forscher Willibald Ruch. »Derart entkrampft, fällt es dem Intellekt leichter, in neuen Bahnen zu denken.« Und noch eine Erkenntnis der Hirnforschung: Ein gelungener Witz sendet Signale an Emotionszentren im Stammhirn, die für euphorische Gefühle zuständig sind. Dort regt er die Ausschüttung der gleichen Hirnbotenstoffe an wie die Einnahme von Kokain. Und das völlig ohne Nebenwirkungen.

Drei Tipps:

1.  Freuen Sie sich, wenn in Ihrer Umgebung gelacht wird.

2.  Sorgen Sie dafür, dass gelacht wird.

3.  Ändern Sie etwas, wenn nicht mehr gelacht wird.

Einzigartig

Es gibt verschiedene Humortypen. Stehen Sie zu Ihrem eigenen. Nutzen Sie Ihre Stärken. Und achten Sie auf Fallen. Die einen jubeln dem Comedian Mario Barth zu, wenn er Stadien füllt. Andere werfen sich bei Filmen von Louis de Funès oder Loriot weg. Und wiederum andere liegen Gayle Tufts zu Füßen. Finden Sie hier heraus, welcher Humortyp Sie sind, und erkennen Sie Stärken und Schwächen:

Der Mario-Barth-Typ: Kein Kalauer zu flach, kein Witz zu albern, keine Pointe zu schlüpfrig, und es geht meistens um Männer gegen Frauen (oder umgekehrt). Er kann wieherndes Lachen hervorrufen. Falle: Manche Bemerkungen sind zu derb und: Achtung, Frauen!!! Die verstehen manchen Spaß gar nicht.

Der Bully-Herbig-Typ: Der Körpersprache-Clown. Kann jeden Menschen nachmachen, am liebsten ein bisschen schwul. Ist ein wundervoller Geschichten-Vorspieler. Meint es nicht bös, erntet jede Menge Kichern und Juchzen. Vorsicht: Wer in seine Schussbahn gerät, kann schon mal beleidigt davonschießen, von lautem Gelächter begleitet.

Der Gayle-Tufts-Typ: Eine Frau, die über sich selbst lachen kann. Sie lästert offen über ihre eigenen Schwächen, kann durchaus auch derb werden und schafft sich so jede Menge Mitlacher. Vorsicht: Es können Zweifel an ihrer Autorität und Ernsthaftigkeit entstehen, wenn sie zu locker ist.

Der Otto-Typ: Seine Witze sind zwar älter als die meisten seiner Mitarbeiter. Aber sie kommen immer noch gut, auch wenn die Kreativen aus dem Marketing die Nase rümpfen. Dieser Kumpeltyp ist gut einzuschätzen, er verträgt auch selbst einiges. Vorsicht: Wenn das Lachen der Mitarbeiter immer gequälter klingt und nur noch Ehrgeizlinge sich auf die Schenkel klopfen.

Der Anke-Engelke-Typ: Etwas spröde, eher bissig als heiter, die Schwächen von anderen gnadenlos aufs Korn nehmend, mit intellektuellem Anspruch, allerdings oft mit einem versöhnlichen Schuss Selbstironie. Vorsicht: Nicht unbedingt ein Sympathieträger, mit seiner beißenden Ironie kann er sehr verletzend sein. Und wenn er vor der versammelten Mannschaft jemanden aufs Korn nimmt, hinterlässt er manchmal verbrannte Erde.

Natürlich

Das N schließlich steht für Natürlichkeit. Ein Muskel verrät, ob wir wirklich lachen oder nur künstlich grinsend das Gesicht zu einem Lächeln verziehen: der Musculus zygomaticus major (einer von 453 Muskeln, die bei einem Lachvorgang strapaziert werden). Er ist dafür zuständig, beim Lachen die Mundwinkel nach oben zu ziehen. Was passiert noch im Körper? Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, die Lungen erhalten mehr Sauerstoff und so auch das Gehirn. Lachen macht schlau und gesund.

Wenn wir also etwas für die Gesundheit unserer Mitmenschen oder Mitarbeiter (und unsere eigene) tun wollen, sollten wir viele Gelegenheiten zum Lachen schaffen. Wie das geht? Ich habe mir in den letzten Jahren das Aufregen über kleine Störfälle ab- und eine heitere Sichtweise angewöhnt. Und ich kann Ihnen versichern: Es funktioniert. Wir können durch Willenskraft unsere Einstellung positiv verändern (und durch üben, üben, üben …).

Mein größter Lernfortschritt: Anstatt mich beim Einsteigen in ein Flugzeug über die elenden Drängler zu ärgern, die einem die Trolleys in die Hacken hauen, oder sie pädagogisch anzuschnauzen, habe ich eine heiter-gelassene Methode gefunden. Ich trete einen Schritt zur Seite und sage strahlend: »Fliegen Sie ruhig vor mir!« Dann rasen die los, um sich kurz darauf verwirrt umzuschauen. Wir sehen uns an, grinsen uns an, und der Frieden ist bewahrt.

Auch im Miteinander mit Mitarbeiter / -innen und Kollegen / Kolleginnen empfiehlt sich ein gelassener Umgang bei Ärger. Dieser birgt die Chance, dass Sie Verständnis wecken und gemeinsam Lösungen finden, also Fehlermanagement vom Feinsten.

Drei Tipps:

1.  Überlegen Sie sich, ob sich aufregen lohnt.

2.  Schaffen Sie mit Humor Möglichkeiten für kreative Lösungen.

3.  Wenn ein Fehler behoben bzw. korrigiert ist, hilft Lachen bei der Versöhnung.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen dieses Buches und eine fröhliche Umsetzung in Ihrem Lebensalltag.

Sabine Asgodom

Past President der German Speakers Association (GSA), Certified Speaking Professional (CSP) und Mitglied der German Speakers Hall of Fame (GSA HoF), Asgodom Live, München

Ein Professor stand vor seinen Studenten und hatte einige Gegenstände vor sich. Als sein Seminar begann, nahm er wortlos einen sehr großen Blumentopf und begann, diesen mit Golfbällen zu füllen. Er fragte die Studenten, ob der Topf nun voll sei. Sie bejahten es.

Dann nahm der Professor ein Behältnis mit Kieselsteinen und schüttete diese in den Topf. Er bewegte den Topf sachte, und die Kieselsteine rollten in die Leerräume zwischen den Golfbällen. Dann fragte er die Studenten wiederum, ob der Topf nun voll sei. Sie stimmten zu.

Der Professor nahm als Nächstes eine Dose mit Sand und schüttete diesen in den Topf. Natürlich füllte der Sand den kleinsten verbliebenen Freiraum. Er fragte wiederum, ob der Topf nun voll sei. Die Studenten antworteten einstimmig »Ja«.

Der Professor holte zwei Dosen Bier unter dem Tisch hervor und schüttete den ganzen Inhalt in den Topf und füllte somit den letzten Raum zwischen den Sandkörnern aus. Die Studenten lachten.

»Nun«, sagte der Professor, als das Lachen langsam nachließ, »möchte ich, dass Sie diesen Topf als die Repräsentation Ihres Lebens ansehen. Die Golfbälle sind die wichtigen Dinge in Ihrem Leben: Ihre Familie, Ihre Kinder, Ihre Gesundheit, Ihre Freunde, die bevorzugten, ja leidenschaftlichen Aspekte Ihres Lebens, welche – falls Ihnen alles verloren ginge und nur noch diese verbleiben würden – Ihr Leben trotzdem noch erfüllen würden.«

»Die Kieselsteine symbolisieren die anderen Dinge im Leben wie Ihre Arbeit, Ihr Haus, Ihr Auto. Der Sand ist alles andere, die Kleinigkeiten. Falls Sie den Sand zuerst in den Topf geben«, fuhr der Professor fort, »hat er weder Platz für die Kieselsteine noch für die Golfbälle. Dasselbe gilt für Ihr Leben. Wenn Sie all Ihre Zeit und Energie in Kleinigkeiten investieren, werden Sie nie Platz haben für die wichtigen Dinge. Achten Sie auf die Dinge, die Ihr Glück gefährden. Spielen Sie mit den Kindern. Nehmen Sie sich Zeit für eine medizinische Untersuchung. Führen Sie Ihren Partner zum Essen aus. Es wird immer noch Zeit bleiben, um das Haus zu reinigen oder Pflichten zu erledigen. Achten Sie zuerst auf die Golfbälle, die Dinge, die wirklich wichtig sind. Setzen Sie Ihre Prioritäten. Der Rest ist nur Sand.«

Einer der Studenten erhob die Hand und wollte wissen, was denn das Bier repräsentieren solle. Der Professor schmunzelte: »Ich bin froh, dass Sie das fragen. Es ist dafür da, Ihnen zu zeigen, dass, egal, wie schwierig Ihr Leben auch sein mag, es immer noch Platz gibt für ein oder zwei Bierchen.«

image LAURA BAXTER

Vom toten Kanarienvogel bis zum schwangeren Prinzen

Oder: Die fünf Kernelemente des Humors für Top-Speaker

Klassische Musik soll eigentlich gar nicht lustig sein. Schwarz gekleidete Musiker, die an Pinguine erinnern, spielen Musik, die von längst verstorbenen Komponisten mit Seidenkniestrümpfen und gepuderten Perücken geschrieben wurde. Nur den wirklich Hochgebildeten erschließen sich die Struktur und die Tiefe der vielen Genres klassischer Musik. Also, weshalb bat man mich, einen Artikel über klassische Musik für ein Buch über den Humor zu schreiben? Allein der Gedanke ist paradox und an sich schon amüsant.

Wie alles begann

Während der Vorbereitungen für ein Konzert, das sich mit dem Thema Humor in der Musik des 18. Jahrhunderts beschäftigte (Aficionados – Verzeihung, es heißt natürlich Aficionadi – der klassischen Musik werden jetzt schmunzeln: »Ja, ja, die Abschiedssinfonie von Haydn, und natürlich seine Sinfonie mit Paukenschlag!«), erkannte ich, dass es vielleicht einige Dinge gibt, die wir als Redner im Hinblick auf den Humor von der Musik lernen können. Ich bemerkte außerdem, dass es einige universelle Kernelemente des Humors gibt, die weder von der Zeit noch von den gegebenen Umständen oder der Kultur abhängen.

Anhand von fünf Beispielen aus der Musik – sowohl Opernrollen als auch humorvolle konzertante Werke –, die ich selbst bereits zur Aufführung gebracht habe, betrachten wir nun die Grundlagen des Humors. Fünf Aspekte stellen für mich dabei die »Kernelemente« dar, die notwendig sind, um Sprache erfolgreich und humorvoll einzusetzen.

Vom toten Kanarienvogel

Stellen Sie sich Folgendes vor:

Sie genießen gerade einen ruhigen Nachmittag in Ihrem Garten. Aber plötzlich – nein, nicht doch! – ist er schon wieder da! Ihr »wundervoller« Nachbar, der Sie ständig in endlose Gespräche über seinen albernen Kanarienvogel verwickeln will! »Warum ausgerechnet heute?«, fragen Sie sich. In diesem Moment erkennen Sie, dass Ihr Nachbar sehr aufgeregt ist. Er weint. Was ist nur passiert?

Als er näherkommt, sehen Sie, dass er etwas in den Händen hält. Etwas, das aussieht wie Vogelfedern. Kann das wirklich sein? Kleine gelbe Vogelfedern?

Vorsichtig fragen Sie nach, was passiert ist. Weshalb er so außer sich ist? Er beginnt zu erzählen …

Er erzählt Ihnen, sein geliebter Kanarienvogel sei gestorben. Der Teufel selbst (die Katze der Nachbarin – Gott sei Dank nicht Ihre eigene Katze!) kam und riss den kleinen Vogel aus dem Leben. Sie schluckte ihn in einem Stück hinunter. Nun bleibt Ihrem Nachbarn nur noch die Hoffnung, dass der kleine Vogel im Magen des Teufels pickt und hackt, bis der Bauch des Teufels anschwillt und platzt. »Bis er platzt?«, fragen Sie. »Bis er platzt!« Oje, denken Sie, ich bin wirklich froh, dass ich nicht diese Katze bin …

Eine ähnliche Szene inspirierte Georg Philipp Telemann (1681 – 1767), seine Kanarienvogel-Kantate zu komponieren, eine Kantate für eine Singstimme und ein Kammerorchester, die Telemann selbst als »Tragikomödie« bezeichnete. Der Originaltitel des Stücks lautet Trauer-Music eines kunsterfahrenen Canarienvogels, als derselbe zum größten Leidwesen seines Herrn Possessoris verstorben. Telemann gab die Anweisung, das Stück sei auf sehr ernsthafte Weise vorzutragen. Dies wird insbesondere an der Stelle zur Herausforderung, an der sich der Sänger in der Rolle des Nachbarn wünscht, der Magen des »Teufels« möge anschwellen und platzen. Die Melodie zu den Worten »anschwellen« und »platzen« ist so aufwendig ausgeschmückt, dass das Publikum direkt spürt, wie besessen der Nachbar davon ist, sich an dem Übeltäter zu rächen!

Kernelement 1

Humor ist eine ernste Angelegenheit! Stellen Sie sicher, dass Sie ihn immer ernsthaft vortragen – entweder mit sehr sachlichem oder todernstem Tonfall.

Ausschnitte vom Telemanns Kanarienvogel-Kantate: http://www.youtube.com/watch?v=oHpFvvP6Q60

Entscheidend für den Erfolg dieses Stücks ist die Darbietung. Wird es unsachgemäß vorgetragen, wirkt es einfach nur wie ein sehr seltsames Requiem für einen komischen Vogel. Der Sänger muss zu jedem Zeitpunkt absolut ernst bleiben. Nur dann empfindet der Zuschauer diese makabre Situation als lustig.

In seinem Artikel The Art of Using Humor in Public Speaking (© 1998 Champaign, IL) definiert Anthony L. Audrieth Humor als »die geistige Fähigkeit, aberwitzige oder auf absurde Weise nicht zueinander passende Dinge zu erkennen, auszudrücken oder zu verstehen«. Das Adjektiv »aberwitzig« bedeutet so viel wie amüsant oder lachhaft aufgrund offensichtlicher Absurdität, Nichtübereinstimmung, Übertreibung oder Exzentrik. »Nicht zueinander passend« steht für eine fehlende Übereinstimmung und bezeichnet somit etwas, das in sich selbst unstimmig ist. Was wir also von diesem Musikstück lernen können ist, dass Humor – und das gilt für alle Formen von Humor – eine sehr ernste Angelegenheit ist. Das »Aberwitzige oder auf absurde Weise nicht zueinander Passende« in der Kanarienvogel-Kantate geschieht, weil der Sänger diese absurde Situation absolut ernsthaft erzählt. Es ist nicht wichtig, welche Art von Humor Sie persönlich am liebsten verwenden – dieses Stück muss mit absoluter Ernsthaftigkeit vorgetragen werden, so, als wäre die beschriebene Situation vollkommen normal oder todernst.

Dorabella

Als ich zum ersten Mal die Nachricht erhielt, dass eine meiner Rollen für die kommende Spielzeit die Dorabella in Mozarts komischer Oper Cosi fan tutte sein sollte, war ich überglücklich. Die Dorabella ist eine der Hauptrollen in einer sehr häufig aufgeführten Oper. Eine Rolle, die ich im Laufe der Zeit noch viele hundert Mal singen sollte.

Als ich jedoch damit begann, die Rolle einzustudieren, war mein einziger Gedanke, wie dumm diese Dorabella doch ist. Für diejenigen, die mit der Geschichte nicht vertraut sind, hier eine Zusammenfassung:

Die beiden jungen Offiziere Ferrando und Guglielmo unterhalten sich in einem Café darüber, wie sehr sie ihre jeweiligen Verlobten Dorabella (etwa 16 Jahre alt) und deren ältere Schwester Fiordiligi (etwa 18 Jahre) lieben und wie treu die Mädchen sind. Don Alfonso findet das amüsant und wettet mit den beiden jungen Männern, dass er innerhalb eines Tages beweisen kann, dass die beiden jungen Frauen wankelmütig sind und ihren Verlobten untreu werden.

In der nächsten Szene sehen wir Dorabella und Fiordiligi zu Hause, wo sie von ihren wundervollen Männern singen; die jungen Offiziere treten auf und teilen den Frauen mit, dass sie in den Krieg ziehen sollen. Die jungen Frauen sind verzweifelt, und Dorabella singt ihre Arie »Smanie implacabili«, in der sie sich in eine Hysterie hineinsteigert und behauptet, sie könne und wolle nicht ohne Ferrando leben!

Die beiden Männer gehen und treten, verkleidet als Albaner, wieder auf. Mit der Hilfe des Hausmädchens Despina und des etwas übertriebenen Verhaltens der beiden Fremden, die, von den beiden Schwestern zurückgewiesen, Selbstmord begehen wollen, kann Don Alfonso die Schwestern davon überzeugen, dass sie ihre Gefühle noch einmal überdenken sollten. Geschmeichelt von der Aufmerksamkeit, die sie von den beiden Fremden erfahren, beginnen die Schwestern zu flirten und, um es kurz zu machen, stecken gerade in den Vorbereitungen für eine Doppelhochzeit mit dem Verlobten der jeweils anderen, als ihre eigentlichen Verlobten aus dem Krieg heimkehren. Die beiden jungen Männer wechseln schnell wieder ihre Kostüme, kehren als Offiziere zurück und treffen ihre Verlobten in Hochzeitskleidern an. Die Männer decken das Verwirrspiel auf, Don Alfonso und Despina erklären, was gerade passiert ist, und den Schwestern wird klar, dass sie hereingelegt wurden. Noch schnell ein Lied über die Gnade des Vergebens und darüber, dass »sie doch alle gleich sind« (Cosi fan tutte), und schon ist die Oper aus.

Unabhängig davon, was Sie von Mozarts chauvinistischem Humor halten, gibt es einige Stellen in Cosi fan tutte, die sehr lustig sind oder sein können. Die meisten lustigen Stücke in dieser Oper sind Ensemblestücke mit witzigen Dialogen zwischen den Eingeweihten (also Despina, Alfonso und die beiden jungen Männer) und den Schwestern. Komisch sind auch Dorabellas zwei Duette, in denen sie zunächst ihrer Schwester erzählt, welchen Mann sie bevorzugt, und dann im zweiten Duett Guglielmo ihre Liebe erklärt.

Von den Solostücken, die Dorabella singt, fand ich die beiden Duette besonders leicht zu spielen. Hier war der Humor sehr eindeutig – es ging ums Flirten und Kokettieren. Die Arie war jedoch einfach lächerlich. Eine hysterische junge Frau gerät über die Abreise ihres Freundes in Rage. Ja, natürlich wird sie ihn vermissen, aber dass sie sich den Tod wünscht, macht die Sache nun auch nicht besser! So dachte ich, bis wir eines Tages, kurz nach der Eröffnungsvorstellung, im Rahmen eines Schulprojekts eine Produktion für die Schüler mehrerer Highschools machten. Etwa neunhundert Schüler aus der Gegend waren zu der Vorstellung eingeladen. Und da sie während der Schulstunden stattfand, waren alle Plätze belegt.

Kernelement 2

Wenn Sie überlegen, welche Art von Humor Sie in Ihrem Vortrag verwenden, entscheiden Sie sich immer für etwas, was Ihrem persönlichen Geschmack entspricht. Müssen Sie mit Ihnen fremden komischen Elementen umgehen, bemühen Sie sich darum, die Situation hinter dem Witz zu verstehen.

Dorabellas Arie, gesungen von Liliana Nikiteanu in Zürich: http://www.youtube.com/watch?v=y-
9ikpFJdrg&playnext=1&list=PL3800169F9CBFBF7E
&feature=results_main

Bei dieser Vorstellung saß ein Pärchen von etwa sechzehn Jahren in der ersten Reihe. Mein Blick fiel sofort auf dieses Pärchen, als ich die Bühne betrat. Sie hielten Händchen, und als sich das Drama auf der Bühne entwickelte und sich die jungen Offiziere von ihren Freundinnen verabschiedeten, rückte das Mädchen noch näher an ihren Freund. Ich dachte nur: Wirklich? Anscheinend empfand dieses Mädchen die vollkommen übertriebene Abschiedsszene als sehr bewegend. Ich sang meine Arie in vollkommener Hysterie, und das Mädchen im Publikum begann sogar zu weinen!

Und plötzlich verstand ich den Humor in dieser Arie. Mozart hatte das übertriebene Beispiel eines hysterischen verliebten Teenagers komponiert. Natürlich war mir das klar, aber für mich war dieser hysterische Teenager eine Karikatur, die es so in der Realität nicht gab. Also spielte ich die Rolle auch als Karikatur. Doch genau wie beim Kanarienvogel ist eine Karikatur nie ernsthaft, nie glaubhaft. Viele Redner, die Humor in ihren Vorträgen anwenden, begehen diesen Fehler. Anstatt eine ernste, realistische Situation zu beschreiben, verwenden sie eine Karikatur. Dadurch wird der Witz oder die Geschichte weniger glaubhaft, und das Publikum reagiert bestenfalls mit einem höflichen Lachen.

Sobald ich verstanden hatte, dass diese »Karikatur« gar keine Karikatur war, konnte ich in meiner Darbietung realistischer werden und die Arie ernsthaft vortragen. Und siehe da: Das Publikum erkannte nun den Charakter, den hysterischen Teenager, und fand die Situation tatsächlich noch lustiger.

Meine Probleme mit dem Vortrag der Arie von Dorabella hatten zwei Ursachen: Zum einen entsprach dieser Humor nicht meinem persönlichen Sinn für Komik, und zum anderen hatte ich den Humor bis zu meinem Erlebnis mit dem Pärchen im Publikum nicht wirklich ernst genommen.

Jeder von uns bevorzugt bestimmte Arten von Humor. Nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit zu überlegen, was Sie besonders lustig finden oder zu welcher Form von Komik Sie einen »guten Draht« haben. Meiner Erfahrung nach können Redner insbesondere mit dem Humor, den sie selbst mögen, auf effektive und authentische Art vortragen. Redner sollten, wenn möglich, Humorarten wählen, bei denen sie auch über sich selbst lachen können. Dies macht den Redner menschlich und beliebt. Es gibt aber eine Art von Humor, die nicht in einen Vortrag gehört: blamierender Humor. Wenn ein Redner seine Zuhörer in irgendeiner Art angreift, wird er sich damit nur vom Publikum distanzieren.

Wenn Sie sich doch einmal in einer Situation wiederfinden, in der Sie eine Art von Humor vortragen müssen, die nicht Ihren persönlichen Vorlieben entspricht, analysieren Sie die Passage und versuchen Sie, Beispiele für diese Art von Humor im echten Leben zu finden. Sobald Sie das Gefühl haben, sich in diese realistische Situation hineinversetzen zu können, beginnen Sie, damit zu experimentieren.

Die »Little Buttercup« und andere »fette«, verrückte Mezzo-Rollen

Im englischen Sprachraum kennt jeder die Savoy-Tradition. Sie ist im deutschen Kulturraum kaum bekannt. Die Savoy-Tradition (der Name stammt vom Savoy-Theater in London, erbaut 1881 von Richard D’Oyly Carte für die Aufführung der Operetten von Gilbert und Sullivan) bezieht sich auf die traditionelle, beinahe schon stereotype Vortragsweise der Operetten von Gilbert und Sullivan, der sogenannten Savoy-Opern.

Die Savoy-Opern waren bekannt für ihre absurde Logik und die im Normalfall absolut vorhersagbare Story. Die Operetten waren oft politkritisch und in einigen Fällen geradezu provokativ. Sie hatten einen starken Einfluss auf die Entstehung des Musicals im 20. Jahrhundert und gelten heute als »Kultoperetten«. Meistens werden sie von Savoy-Ensembles aufgeführt und von Humoristen parodiert. Eine meiner liebsten Humoristinnen ist die bekannte Anna Russell. Ihre Interpretation einer Savoy-Oper in ihrer »(First) Farewell Performance« ist wirklich sehenswert.

In einer typischen Savoy-Oper gibt es auf der einen Seite die Reichen (normalerweise Lords, Offiziere usw. oder Charaktere, die aus irgendeinem Grund in diesen erlesenen Kreis aufgenommen wurden) und auf der anderen Seite die Mittellosen (Tunten, Eingeborene, Arme, gewöhnliche Bürger). Der Tenor spielt für gewöhnlich die Rolle eines Mittellosen, die Sopranistin ist die Tochter oder Schutzbefohlene eines hochrangigen Reichen. Wie Sie sich sicher schon denken, verlieben sich der Tenor und die Sopranistin ineinander, dürfen aber nicht heiraten, weil sie unterschiedlichen Gesellschaftsklassen angehören. Und dann gibt es da noch den Mezzosopran … Im Normalfall eine etwas übergewichtige, vollbusige, unattraktive Frau, die zwei Arien zu singen hat: eine, in der sie erklärt, wer sie ist, und eine, in der sie ihre »Beichte« ablegt. Die »Beichte« steht am Schluss der Operette, wenn die Situation für das verliebte Pärchen vollkommen aussichtslos erscheint. Es stellt sich dann heraus, dass die Mezzosopranistin zwei Babys nach der Geburt aus Versehen vertauscht hat und dass der Tenor zu Unrecht in Armut erzogen wurde, obwohl er eigentlich zur höheren Gesellschaft gehört. Als dies bekannt wird, darf er nun doch die Sopranistin heiraten.

Kernelement 3

Versetzen Sie sich in Ihr Publikum hinein. Nehmen Sie sich die Zeit, Einstellungen, Interessen, politische Ansichten, bevorzugte Sportmannschaften usw. Ihrer Zuhörer kennenzulernen, um zu verstehen, wie das Publikum tickt.

Captain-Buttercup-Dialog in HMS Pinafore: http://www.youtube.com/watch?v=d5i-gaUPtAc&feature=endscreen

Die vorhersagbare Geschichte und die Charaktere, die beinahe schon Karikaturen sind, wecken im Zuschauer bestimmte Erwartungen, wie die einzelnen Rollen zu spielen sind. Nehmen wir zum Beispiel die Rolle der »Little Buttercup« (Kleine Butterblume) in H.M.S. Pinafore, eine der sechs Rollen von Gilbert und Sullivan, die ich bisher die Ehre hatte, aufführen zu dürfen: Sie ist eine Frau mit wirklich großem Busen – ansonsten wäre der Name »kleine Butterblume« nicht sehr amüsant. Katisha trägt für gewöhnlich eine große japanische Kopfbedeckung, hat sehr lange Fingernägel und bewegt sich über die Bühne wie eine Katze. Die Rolle des »Modern Major General« enthält immer eine sogenannte Patter-Arie, in der er seine Lebensgeschichte in Lichtgeschwindigkeit herunterrasselt. Das Publikum kennt diese Aspekte der Operette, und die Aufführung – und folglich auch der Humor – wird danach bewertet, wie gut das jeweilige Ensemble den Erwartungen an die einzelnen Rollen entspricht. Diejenigen Operetten, die nicht den typischen Erwartungen an Savoy-Opern entsprachen, waren nicht annähernd so erfolgreich wie die stereotypen Werke.

Wir können für unsere gesprochene Sprache von den Savoy-Opern lernen, wie wichtig es ist, die Erwartungen des Publikums zu kennen und darauf einzugehen. Für einen Redner ist es entscheidend, das Publikum und dessen soziale Merkmale, Interessen, politische Ansichten, bevorzugte Sportmannschaften usw. zu kennen, um zu verstehen, wie das Publikum denkt und fühlt. Sobald Sie Ihre Zuhörer verstehen, können Sie deren Interessen – und damit auch deren Sinn für Humor – bedienen. Nicht nur das Publikum wird dankbar sein, auch die Organisatoren des Meetings werden es Ihnen danken.

Alte Frauen, Huren und Zicken

Als Mezzosopran kommt man hauptsächlich in den Genuss der sogenannten »Charakterrollen«, spielt also – nun ja, wie ich bereits in der Überschrift schrieb – alte Frauen, Huren, Schlampen, Hausmädchen und Männer (Hosenrollen), sprich: grundsätzlich alles, was nicht mit der romantischen Protagonistin zu tun hat. Natürlich gibt es einige Ausnahmen. Dorabella gehört beispielsweise zu keiner der oben aufgezählten Rollengruppen. Auch Charlotte in Werther und Lucretia in Die Schändung der Lucretia sind Beispiele für Nicht-Charakterrollen für Mezzosopranistinnen. Carmen – na ja, das können Sie selbst entscheiden …

Eine der wichtigsten Eigenschaften, die man braucht, um eine Charakterrolle gut zu spielen, ist der Wille, sich weit über die eigenen Grenzen hinauszubewegen. Die eigene Wohlfühlzone zu verlassen, wenn Sie so wollen, um die Persönlichkeit des Charakters zu erforschen. Denken Sie an das Böse, das Sie sicher schon in der einen oder anderen Märchenproduktion gesehen haben – es geht dabei nicht um ein bestimmtes Märchen, sondern um das verkörperte Böse in Schneewittchen, in Ursula oder in Die kleine Meerjungfrau usw. Das sind alles Rollen für Mezzosopran! Und denken Sie auch daran, wie übertrieben die Bewegungen und die Stimme eines solchen Charakters sind. Jeder, der eine solche Rolle spielt, muss sich selbst dazu antreiben, über Normen hinauszugehen und eigene Grenzen zu überschreiten, um sich in dem Charakter wiederzufinden.

Kernelement 4

Übertreiben Sie Ihre Gesten und den Tonfall, um zu sehen, wie weit Sie gehen können. Spielen Sie mit den »Rollen«, die Sie während des Vortrags einnehmen, und haben Sie Spaß dabei.

Diese Fähigkeit ist auch für Redner sehr wichtig, insbesondere für Redner, die sich einer oder mehrerer Arten von Humor in ihren Reden bedienen möchten. Haben Sie den Mut, etwas Neues auszuprobieren, wenn Sie eine Präsentation halten. Versuchen Sie sich an einer neuen Gestik und einem anderen Tonfall als normalerweise. Spielen Sie mit Ihrer Vortragsweise, um zu sehen, ob Sie Ihr Repertoire an Gesten erweitern können. Experimentieren Sie mit Ihrer Stimme, um deren unterschiedliche Färbungen und Charakteristika zu erforschen, und setzen Sie diese ein, wenn Sie einen Vortrag halten. Dabei ist es zwar wichtig, dass Sie »authentisch« bleiben, doch im Rahmen Ihrer persönlichen Authentizität sollten Sie sich immer wieder selbst herausfordern, um sich weiterzuentwickeln und Grenzen zu überschreiten.

Der schwangere Prinz

Orlovsky. Diese Rolle habe ich öfter gesungen als jede andere. Orlovsky ist der russische Prinz in Die Fledermaus von Johann Strauß. Er liebt Champagner und gibt gerne Partys, zu denen er Hunderte von Leuten einlädt – doch er selbst ist immer gelangweilt. Seine Arie »Ich lade mir gerne Gäste ein« könnte man interpretieren als absolute Langeweile, in der die vereinzelten hohen Töne klingen wie ein Gähnen oder wie der Schluckauf eines betrunkenen Gastgebers, der seine Gäste dazu animieren möchte, noch mehr zu trinken. Ich habe Orlovsky als Frauenheld gespielt, ich habe ihn als Homosexuellen gespielt. Ich habe ihn aggressiv gespielt und ich habe ihn eher passiv gespielt. Und ich habe Orlovsky schwanger gespielt – mit eingebautem Bierbauch. Als ich im achten Monat mit meinem Sohn schwanger war, wurde ich gefragt, ob ich die Rolle des Orlovsky in einer halbszenischen Konzertversion von Die Fledermaus in Tel Aviv spielen wollte. Er ist eine Rolle – eine Charakterrolle –, mit der man viele Grenzen austesten kann.

Kernelement 5

Entspannen Sie sich in Ihrer jeweiligen Rolle, wann immer Sie eine Bühne betreten, und spielen Sie innerhalb dieses entspannten Zustands mit der Stille. Der Humor steckt in den Sprechpausen.

Drei unterschiedliche Orlovsky-Interpretationen:

Emmans Orlovsky:

http://www.youtube.com/watch?v=WtTnCeuYkgI

Soffels Orlovsky:

http://www.youtube.com/watch?v=l6uEmtn56M0

Fassbaenders Orlovsky:

http://www.youtube.com/watch?v=tU3KaheqrR0

Was ich von Orlovsky für Vorträge gelernt habe, sind die beiden meiner Ansicht nach entscheidenden Elemente für den Einsatz von Humor. Nach einem meiner ersten Auftritte in der Rolle des Orlovsky kam mein Vater zu mir und brachte folgende interessante Kritik an: Ich hätte den Orlovsky ganz gut gespielt, aber er hätte das Gefühl gehabt, dass ich nicht entspannt dabei war. Dieser Gedanke ließ mich nicht mehr los, und bei den nachfolgenden Aufführungen (und, wie ich noch hinzufügen möchte, bei allen Rollen, die ich seither gespielt habe, und allen Vorträgen, die ich seither gehalten habe) habe ich mir einen Moment Zeit genommen, um in der Rolle, die ich nun zu spielen hatte, entspannt anzukommen, bevor ich auf die Bühne ging.

Was ich noch von Orlovsky über den Humor gelernt habe, ist das Timing. Ich weiß nicht mehr, wo wir gerade auf unserer Tour waren, doch ich erinnere mich daran, dass ich nach einem bestimmten Teil des Dialogs länger wartete, als ich es je zuvor getan hatte, und gerade, als ich wieder ansetzen wollte, um weiterzusprechen, brach das Publikum in hysterisches Lachen aus. Ich hatte eigentlich nicht vorgehabt, das Lachen aus ihnen »herauszukitzeln«. Es geschah einfach so. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits einige Bühnenerfahrung gesammelt und hatte es auf diesen Witz bestimmt nicht angelegt. Ich wollte dem Publikum einfach genug Zeit geben, den Dialog zu verarbeiten und dann darauf zu reagieren. Doch je länger ich wartete, desto mehr mussten die Zuhörer lachen. Bei den nachfolgenden Aufführungen probierte ich solche längeren Pausen auch an anderen Stellen im Stück aus, um zu sehen, ob ich die Zeit, die das Publikum braucht, um zu folgen, unterschätzt hatte, und um zu herauszufinden, ob es noch zusätzliche Anspielungen in dem Stück gab, die ich bisher übersehen hatte und nun ausnutzen konnte. Und tatsächlich: Je länger ich wartete (in einem bestimmten Rahmen natürlich!), desto mehr Lacher bekam ich.

Tonight Showwegen