Churning

Churning

Das Phänomen der kapitalmarkt- und börsenrechtlichen Spesenschinderei und die Sanktionierung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht

von

Manuel Lorenz

kein Alternativtext verfügbar

www.cfmueller.de

Churning › Herausgeber

Schriften zum Wirtschaftsstrafrecht

 

Herausgegeben von

Prof. Dr. Mark Deiters, Münster

Prof. Dr. Thomas Rotsch, Gießen

Prof. Dr. Mark Zöller, Trier

Impressum

Impressum

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

 

ISBN 978-3-8114-4147-7

 

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Telefax: +49 89 2183 7620

 

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Impressum › Zitat

Gibtʼs schönʼre Pflichten für ein edles Herz,
Als ein Verteidiger der Unschuld sein,
Das Recht der Unterdrückten zu beschirmen?

Friedrich von Schiller

Vorwort

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2014/2015 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis einschließlich Dezember 2014 berücksichtigt werden.

Besonderer Dank gilt zuvorderst meinem hochverehrten akademischen Lehrer und Doktorvater Herrn Professor Dr. Mark A. Zöller nicht nur für die hervorragende Betreuung dieser Arbeit, sondern vor allem für den steten Ansporn und das wissenschaftliche Vorbild während der Zeit als Assistent an seinem Lehrstuhl sowie die Verschaffung des zeitlichen und inhaltlichen Freiraums, den das Gelingen einer solchen Arbeit erfordert. Seiner umfangreichen Unterstützung ist es aber schließlich auch zu verdanken, dass ich bei Gerichten und anderen Stellen Einsicht in Materialien und Akten erhalten habe, die mir sonst verborgen geblieben wären.

Herrn Rechtsanwalt Professor Dr. Alfred Dierlamm, auf den letztlich auch das Thema dieser Arbeit zurückgeht, danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens.

Zu dem Gelingen und der praktischen Tiefe der Arbeit hat Herr Präsident des Landgerichts Berlin Dr. Bernd Pickel entscheidend beigetragen, indem er meinem Akteneinsichtsgesuch aus wissenschaftlichen Zwecken in Akten eines Verfahrens vor dem Landgericht Berlin den erforderlichen Fortgang verschafft hat, als ich an dessen Gewährung schon nicht mehr zu glauben gewagt hatte, weshalb ich ihm zu Dank verpflichtet bin. In diesem Zusammenhang möchte ich überdies Herrn Rainer von Arnim nachdrücklich dafür danken, dass er der Verwertung sowie Zitierung seiner Sachverständigengutachten zugestimmt hat, die er in jenem Verfahren angefertigt hatte.

Ganz besonders herzlich möchte ich mich bei meinem Assistentenkollegen Herrn Dr. Saleh R. Ihwas für die hervorragende Zusammenarbeit während der gemeinsamen Dienstzeit am Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Strafrecht und Strafprozessrecht sowie Wirtschaftsstrafrecht von Herrn Prof. Dr. Mark A. Zöller bedanken und dafür, dass er mir stets als Ansprech- und Diskussionspartner zur Seite stand.

Allen anderen Kolleginnen und Kollegen am Lehrstuhl danke ich für die angenehme Atmosphäre und die stets vorbildliche Zusammenarbeit.

Den Herausgebern danke ich herzlichst für die Aufnahme in die Schriftenreihe.

Trier, im April 2015

Manuel Lorenz

Vorwort › Widmung

 

 

 

 

 

Meinem Vater

Meiner lieben Rebecca

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

 Vorwort

 Abkürzungsverzeichnis

 Einleitung und Begriff des Churning

Teil 1Der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund

 A.Die Termingeschäfte

  I.Die Festgeschäfte

  II.Die Optionsgeschäfte

 B.Die Kassageschäfte

  I.Allgemeines

  II.Die Optionsscheingeschäfte

 C.Der Over-The-Counter-Markt (OTC-Markt)

 D.Die zentralen Finanzdienstleistungen des WpHG

  I.Die Finanzportfolioverwaltung

  II.Die Abschlussvermittlung

  III.Die Anlageberatung

  IV.Die Anlagevermittlung

  V.Zusammenfassung

Teil 2Das Phänomen Churning

 A.Das Phänomen

 B.Mit Churning potentiell einhergehende Verhaltensweisen

  I.Die Kick-Back Zahlungen

  II.Die Risikogeschäfte

  III.Das Stop-Loss-Order-Fishing

  IV.Sog. Bucket-Shops respektive Bucket-Orders

  V.Der Handel mit sog. „nackten Optionen“

  VI.Front-Running

  VII.Scalping

Teil 3Der Nachweis von Churning

 A.Indizien für Churning

  I.Objektive Indizien

   1.Das übermäßige Umschichten, respektive Excessive-Trading

    a)Speziell für Termingeschäfte die Commission-to-Equity-Ratio

    b)Speziell für Kassageschäfte die Cost-to-Equity-Rate und der Umsatzquotient

     aa)Cost-to-Equity-Rate

     bb)Der Umsatzquotient, respektive die Turn-Over-Rate

      (1)Die einfache Looper-Methode

      (2)Die modifizierte Looper-Methode

    c)Gemeinsame Indizien für Termin- und Kassageschäfte

     aa)Die extrem kurzen Haltezeiten

      (1)Die Day-Trades

      (2)Die Over-Night-Geschäfte

      (3)In-and-Out-Trading

       (a)Das Over-Trading

       (b)Das Switching

     bb)Die Break-Even-Betrachtung

     cc)Das Fehlen einer Handlungsstrategie

     dd)Das Tätigen wirtschaftlich unsinniger Geschäfte

     ee)Das Cross-Trading

     ff)Die Commission-to-Investment-Rate

     gg)Das Trading ohne ausreichende Sicherheitsreserven

     hh)Die „unredliche“ Stop-Loss-Order

   2.Die Kontrolle des Anlagekontos durch den Vermittler

    a)Die formelle Kontrolle

    b)Die faktische Kontrolle

   3.Die Vergütung und Umsatzvorgaben

    a)Die provisionsabhängige Vergütung und Kick-Back Zahlungen

    b)Die Umsatzvorgaben an Mitarbeiter

  II.Subjektives Indiz

 B.Fazit

Teil 4Die Strafbarkeit von Churning

 A.Die Differenzierung zwischen Täterschaft und Teilnahme

  I.Abgrenzungskriterien für Täterschaft und Teilnahme

  II.Auswirkungen auf die Phänomenologie des Churning

   1.(Mit-)Täterschaft des Brokers durch aktives Tun

    a)(Mit-)Täterschaft des Brokers aufgrund der Kick-Back Vereinbarung?

    b)(Mittelbare) Täterschaft über die Figur des Täters hinter dem Täter?

   2.(Mit-)Täterschaft des Brokers durch Unterlassen

  III.Zusammenfassung

 B.Die Täterschaftliche Begehung des Finanzdienstleisters

  I.Die Strafbarkeit wegen Untreue nach § 266 StGB

   1.Der Tatbestand

    a)Der objektive Tatbestand

     aa)Die Vermögensbetreuungspflicht

      (1)Die Vermögensbetreuungspflicht des Finanzportfolioverwalters

      (2)Die Vermögensbetreuungspflicht des Anlageberaters

      (3)Die Vermögensbetreuungspflicht des Abschlussvermittlers

      (4)Die Vermögensbetreuungspflicht des Anlagevermittlers

      (5)Fazit

     bb)Die Tatbestandsalternativen der Untreue

      (1)Der Missbrauchstatbestand, § 266 Abs. 1 Var. 1 StGB

       (a)Die Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis

       (b)Der Missbrauch der Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis

       (c)Das tatbestandsausschließende Einverständnis

      (2)Der Treubruchtatbestand, § 266 Abs. 1 Var. 2 StGB

       (a)Das Treueverhältnis

       (b)Die Verletzung einer spezifischen Betreuungspflicht

     cc)Der Vermögensnachteil

      (1)Der Vermögensbegriff

      (2)Der konkrete Vermögensnachteil

       (a)Der Vermögensnachteil bei Optionsgeschäften

       (b)Der Vermögensnachteil bei Festgeschäften

       (c)Die gesamte Investitionssumme als Vermögensnachteil

    b)Der subjektive Tatbestand

   2.Die Regelbeispiele des § 266 i.V.m. § 263 Abs. 3 StGB

   3.Konkurrenzen

   4.Zusammenfassung

  II.Die Strafbarkeit wegen Betrug nach § 263 StGB

   1.Der Tatbestand

    a)Der objektive Tatbestand

     aa)Die Täuschung über Tatsachen

      (1)Der Tatsachenbegriff

       (a)Die äußeren Tatsachen

       (b)Die inneren Tatsachen

      (2)Das täuschende Verhalten

       (a)Die Täuschung durch aktives Tun

       (b)Die Täuschung durch Unterlassen

     bb)Der Irrtum

     cc)Die Vermögensverfügung

     dd)Der Vermögensschaden

      (1)Der Vermögensschaden beim Optionsgeschäft

       (a)Der Vermögensschaden beim Eingehungsbetrug

       (b)Der Vermögensschaden beim Erfüllungsbetrug

      (2)Der Vermögensschaden beim Festgeschäft

       (a)Der Vermögensschaden beim Eingehungsbetrug

       (b)Der Vermögensschaden beim Erfüllungsbetrug

    b)Der subjektive Tatbestand

     aa)Der Vorsatz

     bb)Die rechtswidrige und stoffgleiche Bereicherungsabsicht

      (1)Die Stoffgleichheit

      (2)Die Rechtswidrigkeit der Bereicherungsabsicht

   2.Die Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 StGB

   3.Die Qualifikation des § 263 Abs. 5 StGB

   4.Die Konkurrenzen

   5.Zusammenfassung

  III.Sonstige Straftatbestände

   1.Der Kapitalanlagebetrug, § 264a StGB

   2.Der Kreditbetrug, § 265b StGB

   3.Der strafbare Insiderhandel

    a)Erwerbs- respektive Veräußerungsverbot, § 38 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG

    b)Weitergabeverbot, § 38 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG

    c)Empfehlungsverbot, § 38 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG

   4.Die strafbare Marktmanipulation, § 38 Abs. 2 i.V.m. § 39 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 oder Abs. 2 Nr. 11 WpHG

   5.Das Verleiten zur Börsenspekulation, §§ 49 i.V.m. 26 BörsG

   6.Die Depotunterschlagung, § 34 DepotG

   7.Zusammenfassung

 C.Die Teilnahmestrafbarkeit des Brokers

  I.Der objektive Tatbestand des § 27 Abs. 1 StGB

   1.Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat

   2.Das Hilfeleisten

  II.Der subjektive Tatbestand des § 27 Abs. 1 StGB

  III.Ggf. eine Strafrahmenverschiebung nach § 28 Abs. 1 StGB

  IV.Die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts als objektive Bedingung der Strafbarkeit

  V.Zusammenfassung

 D.Fazit

Teil 5Die Ahndbarkeit von Churning

 A.Die Ahndbarkeit nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz

  I.Die grundsätzliche Bedeutung des Ordnungswidrigkeitengesetzes für das Wirtschaftsstrafrecht

  II.Die Verletzung einer Aufsichtspflicht im Sinne des § 130 OWiG

   1.Der objektive Tatbestand

    a)Die Täterqualifikation

    b)Die Tathandlung im Sinne des Unterlassens einer Aufsichtsmaßnahme

   2.Der subjektive Tatbestand

   3.Die objektiven Bedingungen der Ahndung

    a)Die Begehung einer mit Strafe oder Geldbuße bedrohten Zuwiderhandlung

    b)Der Zurechnungszusammenhang

    c)Anwendbarkeit deutschen Ordnungswidrigkeitenrechts

   4.Die Rechtsfolge

   5.Zwischenergebnis

  III.Die Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG

   1.Der Normadressat

   2.Der Täterkreis der Bezugstat

   3.Die Anknüpfungstat

    a)Die tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte/vorwerfbare sowie verfolgbare Straftat/Ordnungswidrigkeit

    b)Das Handeln als Organ, Vorstand, vertretungsberechtigter Gesellschafter, Bevollmächtigter oder Leitungsperson

    c)Der Verbandsbezug im Sinne eines Pflichtverstoßes (§ 30 Abs. 1 Var. 1 OWiG) oder Bereicherung des Verbandes (§ 30 Abs. 1 Var. 2 OWiG)

   4.Die Anwendbarkeit deutschen Ordnungswidrigkeitenrechts

   5.Die Rechtsfolge

   6.Zwischenergebnis

 B.Bebußbare Verstöße gegen wertpapierhandelsrechtliche, allgemeine Verhaltensregeln

 C.Zusammenfassung

Teil 6Stellungnahme

Teil 7Eine Handlungsempfehlung für den Praktiker zur Vermeidung des Churning-Vorwurfs

Anlage:Einschlägige Judikate

 Allgemeines Schrifttumsverzeichnis

 Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

a.A.

andere Ansicht

ABl.

Amtsblatt

ABl.-EG

Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft

ABl.-EU

Amtsblatt der Europäischen Union

Abs.

Absatz

a.F.

alte Fassung

AG

Die Aktiengesellschaft. Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen, für deutsches, europäisches und internationales Unternehmens- und Kapitalmarktrecht/Aktiengesellschaft

AG-Report

Die Aktiengesellschaft Report

Anm.

Anmerkung

AnwK-StGB

AnwaltKommentar zum Strafgesetzbuch

AnSVG

Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG)

BaFin

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

BAG

Bundesarbeitsgericht

BayObLG

Bayrisches Oberstes Landesgericht

BB

Betriebsberater. Zeitschrift für Recht, Steuern und Wirtschaft

Bd.

Band

BeckRS

Beck-Rechtsprechung

Begr.

Begründung

Beschl.

Beschluss

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen

BKR

Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht

BörsG

Börsengesetz (BörsG)

BT-Drucks.

Drucksache des Deutschen Bundestages

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

CCH

Commerce Clearing House

CCZ

Corporate Compliance Zeitschrift. Zeitschrift zur Haftungsvermeidung im Unternehmen

CFD

Contracts for Difference

CFLR

Commodity Futures Law Report

CFTC

Commodity Futures Trading Commission

Co.

Compagnie

CR

Computer und Recht (Zeitschrift)

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

DBCC

District Business Conduct Committee

Dekrebo

Kreditbörse Deutschland

ders.

derselbe

dies.

dieselbe

DoE

Department of Enforcement

DStR

Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

DStZ

Deutsche Steuer-Zeitung

DTB

Deutsche Terminbörse

DWiR

Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht

EEX

European Energy Exchange

EG

Europäische Gemeinschaft

EuGH

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

EUREX

European Exchange

EWiR

Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

f.

folgende Seite/Randnummer

ff.

fortfolgende Seiten/Randnummern

Fn.

Fußnote

Forex

Foreign Exchange Market

FS

Festschrift

FSLR

Federal Securities Law Report

GA

Goldammerʼs Archiv für Strafrecht (Zeitschrift)

GBB-FWB

Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

grds.

grundsätzlich

GWB

Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HGB

Handelsgesetz

HLR

Harvard Law Review

h.Lit.

herrschende Literatur

h.M.

herrschende Meinung

HPR

Hessische Polizeirundschau (Zeitschrift)

Hrsg.

Herausgeber

Inc.

Incorporated

i.R.d.

im Rahmen des

i.S.

im Sinne

i.S.d.

im Sinne des

i.V.m.

in Verbindung mit

JA

Juristische Arbeitsblätter. Zeitschrift für Studenten und Referendare

jew.

jeweils

JuS

Juristische Schulung. Zeitschrift für Studium und Referendariat

JZ

Juristenzeitung

Inc.

Incorporated

KG

Kammergericht

KMRK

Kapitalmarktrechts-Kommentar

KölnKomm-WpHG

Kölner Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz

KK-OWiG

Karlsruher Kommentar zum Ordnungswidrigkeitengesetz

krit.

kritisch

LG

Landgericht

Lit.

Literatur

LK

Leipziger Kommentar

LPX

Leipzig Power Exchange

m.

mit

MaKonV

Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation (Marktmanipulations-Konkretisierungsverordnung – MaKonV)

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

MedR

Medizinrecht

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

MK-AktG

Münchener Kommentar zum Aktiengesetz

MK-BGB

Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

MK-HGB

Münchener Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz

MK-StGB

Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NK

Nomos Kommentar

Nr.

Nummer

NZA

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht. Zweiwochenschrift für die betriebliche Praxis

NZG

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht. Das gesamte Recht der Personen- und Kapitalgesellschaften mit Handels- und Kapitalmarktrecht, M&A, Insolvenz-, Steuer- und Bilanzrecht

OLG

Oberlandesgericht

OTC

Over The Counter

OWiG

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG)

RegE

Regierungsentwurf

RIW

Recht der internationalen Wirtschaft

RMX

Risk Management Exchange

Rn.

Randnummer/Randnummern

RPK

Recht und Praxis der Kapitalanlage

Rspr.

Rechtsprechung

S.

Satz/Seite/Siehe

SchlHA

Schleswig-Holsteinische Anzeigen

SEC

Securities Exchange Commission

SK-StGB

Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch

SOFFEX

Swiss Options and Financial Futures Exchange AG

sog.

sogenannte/sogenannter/sogenanntes

SS

Schönke/Schröder

StGB

Strafgesetzbuch

StV

Strafverteidiger

SVG

Sachverständigengutachten

SWX

Swiss Exchange

Teilbd.

Teilband

TUG

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz-TUG)

Urt.

Urteil

USA

Vereinigte Staaten von Amerika

v.

versus/von

Var.

Variante

vgl.

vergleiche

VuR

Verbraucher und Recht. Zeitschrift für Wirtschafts- und Verbraucherrecht

wistra

Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht

WM

Wertpapier-Mitteilungen. Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht

WpHG

Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz-WpHG)

WuB

Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht

z.B.

zum Beispiel

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

ZBB

Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft

ZStW

Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

zust.

zustimmend/zustimmender

ZZPInt

Zeitschrift für Zivilprozeß International

Einleitung und Begriff des Churning

Einleitung und Begriff des Churning

 

Das Glück ist eine leichte Dirne,

Und weilt nicht gern am selben Ort […]“[1]

1

Dieser Vers kann insbesondere auf Börsenspekulationsgeschäfte uneingeschränkt Geltung beanspruchen, sind Spekulationsgewinne doch leider meist „wie gewonnen, so zerronnen“. Nicht in jedem Falle aber sind Gewinne und Verluste Resultate des Treibens von Bulle und Bär. Oft ist es auch – um im Tierreich zu bleiben – schlicht ein schwarzes Schaf gewesen.

2

In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts etablierte sich in Deutschland abermals der mit Schließung der letzten Rohstoffterminbörse 1971 in Bremen wenige Jahrzehnte vorher in der Bundesrepublik eingestellte Warenterminhandel.[2] So nahmen 1998 gleich mehrere Terminbörsen ihre Arbeit auf. Beispielhaft sei EUREX, seit 2012 ein Unternehmen der Deutsche Börse Group, genannt, die im September 1998 aus der Fusion der im Januar 1990 gegründeten Deutsche Terminbörse (DTB) und der zur SWX Swiss Exchange gehörenden Swiss Options and Financial Futures Exchange AG (SOFFEX) hervorging. Die Warenterminbörse Hannover nahm ihre Arbeit im April 1998 auf und fusionierte mit der Dekrebo München zur Risk Management Exchange (RMX), deren Börsenterminhandel im August 2009 wieder eingestellt und an die EUREX nach Frankfurt am Main verlegt wurde. Als letztes sei die European Energy Exchange (EEX) mit Sitz in Leipzig genannt, die einen Marktplatz für Energie und energienahe Produkte bietet und im Jahre 2002 aus einer Fusion der Leipzig Power Exchange (LPX) und der European Energy Exchange (EEX) mit Sitz in Frankfurt a. M. hervorgegangen ist.

3

Die erneute Etablierung des Warenterminhandels in der Bundesrepublik Deutschland ging einher mit einer Vielzahl von Gesetzesnovellierungen, die einzig oder zumindest auch zu diesem Zwecke initiiert wurden. So lag der Börsenrechtsreform von 1989 zum Beispiel die Motivation zugrunde, die Voraussetzung zur Schaffung der Deutschen Terminbörse und „notwendigen Rahmenbedingungen für einen effizienten und volumenstarken Handel“ an selbiger sowie einen funktionierenden Terminmarkt im Allgemeinen zu schaffen.[3] Dies sollte unter anderem durch die Änderung des § 53 BörsG a.F. dahingehend geschehen, dass die Börsentermingeschäftsfähigkeit kraft Information eingeführt und mithin der Termin- sowie Differenzeinwand eingeschränkt wurden.[4] Die Börsentermingeschäftsfähigkeit kraft Information ergänzte die statusorientierte, also die an die Kaufmannseigenschaft anknüpfende Börsentermingeschäftsfähigkeit.[5] Bis dahin war es nämlich ausschließlich möglich, wirksame und rechtlich durchsetzbare Kontrakte zwischen Kaufmännern zu schließen. Mit dieser Novellierung konnten aber nun Privatanleger börsengeschäftsfähig werden, wenn sie schriftlich über die Bedingungen und die spezifischen Risiken des Geschäfts informiert wurden.[6] Nur wenn diese Informierung des Privatanlegers ausblieb, konnte er noch etwaigen Forderungen aus dem Geschäft mit dem Termineinwand begegnen, §§ 52, 55 BörsG a.F.[7] „Der mündige Bürger […] [wurde] damit in die Lage versetzt, seine wirtschaftlichen Dispositionen uneingeschränkt in eigener Verantwortung zu tätigen, wenn ihm bei seinen Dispositionen ausreichende Erkenntnismöglichkeiten und Entscheidungsgrundlagen an die Hand gegeben wurden“[8]. Mit der dadurch bedingten Öffnung des Terminmarktes für Privatpersonen trat dann auch die gewünschte Reaktion, nämlich die Zunahme von Termingeschäften unter Beteiligung von Privatanlegern, ein.[9] Die Möglichkeit der Börsengeschäftsfähigkeit kraft Information des § 52 Abs. 2 BörsG a.F. bestand gemäß § 52 Abs. 3 BörsG a.F. aber nicht für den Warenterminhandel, wiederum mit Ausnahme von Edelmetallen.[10] Dies war wohl Folge dessen, dass mit der Börsengesetznovelle von 1989 vorrangig die Voraussetzungen der DTB geschaffen werden sollten. Aber auch mit der DTB gab es noch keinen Warenterminhandel in der Bundesrepublik, weshalb mit dieser Regelung wohl einzig der ausländische Warenterminhandel diskriminiert wurde.[11] Privatanlegern blieb deshalb nur die Teilnahme am ausländischen Warenterminhandel.[12]

4

Mit Streichung der §§ 50-70 BörsG a.F. durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz[13] von 2002, das selbige Ziele wie die Börsengesetznovelle von 1989 und jenes verfolgte, die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland im europäischen Kontext und innerhalb der global vernetzten Finanzmärkte weiter zu stärken, wurden die Börsentermingeschäftsfähigkeit kraft Information wieder als „international unüblich und kompliziert“ abgeschafft und die terminrechtlichen Bestimmungen in das Wertpapierhandelsgesetz verlagert, welches durch das Zweite Finanzmarktförderungsgesetz[14] von 1994 neu geschaffen wurde.[15] Privatanleger konnten Verbindlichkeiten aus dem Börsentermingeschäft nunmehr überhaupt nicht mehr mit dem Termin- respektive Differenzeinwand begegnen, wenn sie nicht kraft beruflicher Qualifikation oder Information die Börsentermingeschäftsfähigkeit erlangt hatten,[16] was entscheidend für die Stellung des deutschen Börsenterminmarktes im internationalen Vergleich war. Aufklärungspflichtverletzungen vermögen nunmehr nicht mehr die Rechtswirksamkeit des Geschäfts zu beeinträchtigen, sondern können lediglich Schadensersatzansprüche zur Folge haben.[17]

5

Nicht erst durch die erneute Etablierung des Handels mit Warentermingeschäften in Deutschland kamen aber unlautere Geschäftspraktiken unter Ausnutzung börsenunerfahrener Anleger auf. Auch zuvor war es Privatanlegern ja bereits möglich, Warentermingeschäfte an ausländischen Börsen zu tätigen. Eine speziell im Warenterminbereich verankerte Vorgehensweise unredlicher Finanzdienstleister und Broker war und ist es nach wie vor, unter Ausnutzung einer erteilten Vollmacht oder faktischen Kontrolle, das Depot eines Kunden objektiv exzessiv und wirtschaftlich sinnlos, entgegen den Anlagezielen und zu Lasten der Gewinnchancen des Anlegers ausschließlich zu dem Zweck umzuschichten, das Gebührenaufkommen zu steigern. Dieses Phänomen wird gemeinhin mit dem Begriff Churning[18] etikettiert. Phänomenologisch wichtig ist, dass von Churning nicht bereits bei Vornahme eines einzelnen – also auch nicht schon beim ersten – Geschäfts gesprochen werden kann. Vielmehr vermag erst eine Gesamtheit von Geschäften das Phänomen Churning zu bilden.[19]

6

Das aus dem amerikanischen Kapitalanlagerecht stammende Lexem des Churning wird zumeist mit Provisionsschneider- oder -schinderei,[20] aber auch mit Ausplündern,[21] Kontoplünderung über Spesen,[22] Rein- und Rausschicken,[23] Drehen,[24] Wälzen,[25] Spesen- oder Gebührenreiterei,[26] Provisionsmanipulation[27] und Warenterminschwindel[28] frei übersetzt. Wörtlich übersetzt bedeutet Churning so viel wie „Buttern“[29]. Die Semasiologie entstammt der Butterherstellung, bei der die Milch so oft bewegt wird, dass die Butter abgeschöpft werden kann und ausschließlich die Magermilch zurückbleibt. In den Sinngehalt der Provisionsschinderei transferiert, steht das Ausgangsprodukt der Milch stellvertretend für das Depot des Anlegers, die entnommene Butter für die berechneten Provisionen und die letztlich verbleibende Magermilch für das reduzierte Depot.[30]

7

Bekannt wurde Churning vor allem im Zusammenhang mit Geschäften an der Warenterminbörse, ist in Deutschland aber mittlerweile sowohl bei Finanztermingeschäften als auch im Wertpapierbereich verbreitet.[31] Praktisch am häufigsten ist Churning wohl bei der Verwaltung von Anlegerkonten, aber auch bei Fonds, Pools oder Sammelkonten auszumachen.[32] Beim Churning handelt es sich nicht etwa um einen neuen (Straf-)Tatbestand, sondern um die „rechtstatsächliche Erfassung eines rechtswidrigen Sachverhalts“[33]. Aufgrund des kapitalmarkttypischen Aspekts ist Churning dem Kapitalmarktstrafrecht zuzuordnen.[34]

8

Entscheidende und später noch en détail aufzuzeigende, objektive Merkmale sind vor allem das Vorliegen einer Vollmacht oder faktischen Kontokontrolle, eine hohe Cost-to-Equity-Rate und Turn-Over-Rate (bei Kassageschäften) oder Commission-to-Equity-Rate (bei Termingeschäften) sowie ein hoher Prozentsatz von Day-Trades. Subjektiv ist erforderlich, dass der Täter die Spesen schindet, um sein Gebührenaufkommen und nicht das Anlagevermögen zu mehren.

9

Strafgerichtlich wurde der Sachverhalt des Churning bis dato noch nicht aufbereitet. Zumindest lassen sich keine veröffentlichten Entscheidungen ausmachen. Gerichtliche Ausführungen finden sich allein im Rahmen zivilrechtlicher Fragestellungen und zwar im Hinblick auf Schadensersatzansprüche insbesondere aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 respektive § 266 StGB sowie § 31 WpHG oder § 826 BGB.[35] Das Gros der Literatur[36] äußerte sich in nämlicher Weise mit Ausnahme weniger, knapper Stellungnahmen[37] zur Strafbarkeit nach § 263 StGB und § 266 StGB sowie einer monografischen Veröffentlichung[38], die sich in Gänze der Strafbarkeit des Churning widmet. Ordnungswidrigkeitenrechtliche Auswirkungen fanden bislang allerdings noch keinerlei Erwähnung. Alle Erscheinungen lassen allerdings eine dezidierte, systematische Darstellung sämtlicher, entscheidungserheblicher Indizien vermissen. Zudem sind neue Erkenntnisse bezüglich einiger Indizien von Churning aufgekommen, die bislang noch nicht mit der Aufmerksamkeit wahrgenommen wurden, die ihnen im Hinblick auf deren Gewicht bei der Indizierung von Churning zukommen sollten. Aber auch die bisherige dogmatische Aufarbeitung einer etwaigen Einschlägigkeit der Phänomenologie der Spesenschinderei, insbesondere hinsichtlich des Untreue- aber auch des Betrugstatbestandes, ist wenig befriedigend.

10

Die straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Einordnung der Spesenschinderei soll im Rahmen dieser Arbeit in der Weise angegangen werden, dass zuvorderst der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund insbesondere von Termin- und Kassageschäften dargestellt wird (Teil 1. [Rn. 11 ff.]), bevor die Phänomenologie (Teil 2. A. [Rn. 48 ff.]) und mit Churning potentiell einhergehenden Verhaltensweisen (Teil 2. B. [Rn. 50 ff.]) beleuchtet werden. Anschließend wird der Nachweis von Churning anhand der einzelnen Indizien erörtert (Teil 3. [Rn. 63 ff.]). Im Anschluss wird in den Schwerpunkt der Arbeit, die vertiefte Prüfung der Straf- (Teil 4. [Rn. 117 ff.]) und Ahndbarkeit (Teil 5. [Rn. 390 ff.]) der Spesenschinderei eingestiegen. Sodann werden in einer Stellungnahme (Teil 6. [Rn. 438 ff.]) die Ergebnisse bewertet. Schlussendlich wird eine knappe Handlungsempfehlung für den Praktiker zur Vermeidung des Churning-Vorwurfs (Teil 7. [Rn. 442 ff.]) angeboten.

Anmerkungen

[1]

Heinrich Heine 1851, 1. Vers des Mottos, das dem 2. Buch »Lamentazionen« des Gedichtszyklus »Romanzero« vorangestellt ist. Vollständig abgedruckt in: Windfuhr (Hrsg.), Heinrich Heine, Historisch kritische Gesamtausgabe der Werke, Bd. 3/1 S. 78.

[2]

Ebner Kriminalistik 2007, 681; sehr instruktiv dazu Bröker S. 151 f.

[3]

Dannhoff DWiR 1992, 273.

[4]

Holl/Kessler RIW 1995, 983; Binder ZHR 169 (2005), 329 (332 f.); Schlüter Rn. 60.

[5]

Binder ZHR 169 (2005), 329 (332 f.).

[6]

Binder ZHR 169 (2005), 329 (333) m.w.N.

[7]

Binder ZHR 169 (2005), 329 (333).

[8]

Begr. RegE, BT-Drucks. 11/4177, S. 9.

[9]

Holl/Kessler RIW 1995, 983, zur Kritik dazu siehe die zahlreichen Nachweisen bei Binder ZHR 169 (2005), 329 (334 m. Fn. 15).

[10]

Dannhoff DWiR 1992, 273 (275).

[11]

Dannhoff DWiR 1992, 273 (275) m.w.N.

[12]

LK-Tiedemann § 263 Rn. 49; Bröker S. 151 f.

[13]

Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz), vom 21.6.2002, BGBl. I, Nr. 39, S. 2010, in Kraft seit 1.7.2002.

[14]

Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz) vom 26.7.1994, BGBl. I, S. 1749.

[15]

Begr. RegE, BT-Drucks. 14/8017, S. 64; Binder ZHR 169 (2005), 329 (334); Schlüter A. Rn. 90.

[16]

Claussen-Ekkenga § 7 Rn. 86.

[17]

Schlüter A. Rn. 105.

[18]

So z.B. bei BGH WM 1999, 2249; NJW 1995, 1225 (1226); OLG Frankfurt Urt. v. 3.4.2003 16 U 81/97, vorgehend LG Frankfurt Urt. v. 10.3.1997 2/21 O 343/87, nachgehend BGH NJW 2004, 3423 = ZIP 2004, 1699 = WM 2004, 1768 mit Anm. Barta BKR 2004, 433, Zeller LMK 2005, 39 und Nassall jurisPR-BGHZivilR 38/2004 Anm. 5; Rössner RPK 1987, 449 ff.; MK-StGB-Dierlamm § 266 Rn. 192; Rössner/Arendts WM 1996, 1517; Park-Zieschang Teil 3 Kap. 2 Rn. 51; Schimansky/Bunte/Lwowski-Kienle § 111 Rn. 23; Gramlich/Mai WuB I G 9.-1.02; Schwintowski/Schäfer-Schäfer § 19 Rn. 55; Junker S. 113; Nestler S. 3 f.; Jäger MDR 2010, 903 beschreibt Churning als „eine Art Wertpapierdienstleistung, die nicht darauf zielt, dem Anleger Gewinn(-chancen) zu eröffnen. Sie wird ausschließlich im Eigeninteresse erbracht.“

[19]

Nestler S. 206.

[20]

BGH WM 1995, 100; OLG Düsseldorf Urt. v. 28.11.2001 15 U 82/01; weitere Rechtsprechungsnachweise bei Imo S. 988 ff.; Bröker S. 38; Schmidt Kriminalistik 1981, 18 (21); Koch JZ 1980, 704 (708); Imo S. 684; Otto Die strafrechtliche Bekämpfung unseriöser Geschäftstätigkeit, S. 34; Rössner/Arendts WM 1996, 1517.

[21]

Birnbaum wistra 1991, 253 (254); Wach Rn. 461.

[22]

Imo S. 684.

[23]

Hopt S. 480; v. Ungern-Sternberg ZStW 88 (1976), 653 (666).

[24]

Park-Zieschang Teil 3 Kap. 1 Rn. 97.

[25]

Bröker S. 38.

[26]

BGH NJW 1995, 1225 (1226); OLG Karlsruhe EWiR § 826 BGB 1/99, 211.

[27]

Schimmelpfeng-Marktforschungs-Institut (Hrsg.), S. 70 f.

[28]

Büchting/Heussen-Arendts § 34 Rn. 99.

[29]

Rössner/Arendts WM 1996, 1517.

[30]

Dieses Bild verwenden Rössner/Arendts WM 1996, 1517 zurückgeführt auf Richter Goldberg in dem Urteil Miley v. Oppenheimer and Co. Inc., 637 F.2d 318 (5th Cir. 1981).

[31]

Rössner/Arendts WM 1996, 1517 (1518).

[32]

Hagemann S. 407; Rössner/Arendts WM 1996, 1517 (1518).

[33]

Rössner/Arendts WM 1996, 1517 (1518); Rössner RPK 1987, 449 (463).

[34]

Park JuS 2007, 621 (622).

[35]

BGH BKR 2012, 78 (81); NJW-RR 2005, 558; 2004, 203; 2000, 51; NJW 2004, 3423; KG Berlin WM 2012, 594; BeckRS 2011, 17869; BKR 2006, 504; KG Berlin, Urt. v. 27.8.2009 4 U 137/06; Urt. v. 15.10.2008 24 U 95/06; OLG Düsseldorf BeckRS 2012, 20548; 2011, 06515; 2011, 14374; 2011, 14728; 2011, 14737; 2011, 18578; 2011, 06517; 2011, 02529; 2011, 07642; 2011, 068111; 2011, 05923; 2011, 05925; 2011, 22155; 2010, 19419; 2010, 28267; 2010, 24857; 2010, 24852; 2010, 03609; 2010, 30488; 2009, 14700; 2009, 18292; 2009, 87938; 2008, 19577; 2008, 03761; 2008, 03762; 2008, 03760; 2007, 65084; 2006, 15053; 2006, 01648; 2001, 17472; OLG Düsseldorf Urt. v. 25.7.2003 I 22 U 21/02; Urt. v. 20.2.2002 I 15 U 218/01; OLG Frankfurt BeckRS 2006, 501; OLG Jena BeckRS 2011, 15980; LG Düsseldorf BeckRS 2011, 03261; 2011, 06518; 2011, 15979; 2011, 19515; 2011, 06516; 2011, 22776; 2010, 06232; 2009, 26878; 2008, 24419; 2006, 01648; 2006, 14131; LG Duisburg BeckRS 2010, 30491; LG Meiningen BeckRS 2011, 15981; LG Mönchengladbach BeckRS 2011, 12241.

[36]

So z.B. Wach Rn. 474 ff.; Arendts S. 64 ff.; MK-BGB-Wagner § 826 Rn. 83; Hilgard WM 2006, 409 (413); Rössner/Arendts WM 1996, 1517 (1524 ff.); Barta BKR 2004, 433 (435 f.).

[37]

Statt aller Mölter wistra 2010, 53 (59); MK-StGB-Dierlamm § 266 Rn. 192; Park-Zieschang Teil 3 Kap. 1 Rn. 97 ff.; Park-Zieschang Teil 3 Kap. 2 Rn. 51 ff.; Bröker S. 38 ff., 101; Birnbaum wistra 1991, 253 (255 f.).

[38]

Nestler passim.

Teil 1 Der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund

Teil 1 Der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund

Inhaltsverzeichnis

A.Die Termingeschäfte

B.Die Kassageschäfte

C.Der Over-The-Counter-Markt (OTC-Markt)

D.Die zentralen Finanzdienstleistungen des WpHG

11

Um die einzelnen Facetten der Straf- und Ahndbarkeit von Churning im Einzelnen verstehen und nachvollziehen zu können, ist zum einen eine Darstellung des kapitalmarkt- und börsenrechtlichen Hintergrundes der Termin- (Teil 1. A. [Rn. 12 ff.]) und Kassageschäfte (Teil 1. B. [Rn. 22 ff.]) und zum anderen die Definition der einzelnen, am Markt angebotenen Dienstleistungen (Teil 1. D. [Rn. 32 ff.]) unumgänglich. Nur kurz aufgegriffen werden soll der Over-The-Counter-Markt (Teil 1. C. [Rn. 31]).

Teil 1 Der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund › A. Die Termingeschäfte

A. Die Termingeschäfte

12

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Finanztermingeschäfte standardisierte Verträge, die von beiden Seiten erst zu einem späteren Zeitpunkt[1] – mehr als zwei[2] Börsentage nach Vertragsschluss in Deutschland und bis zu fünf[3] Börsentage im Ausland[4] –, dem Ende der Laufzeit, zu erfüllen sind und einen Bezug zu einem Terminmarkt haben.[5] Der Preis des Termingeschäfts ist mittel- oder unmittelbar vom Preis eines in § 2 Abs. 2 Nr. 1-5 WpHG aufgeführten Basiswertes abhängig,[6] weshalb sie auch als Derivate bezeichnet werden.[7] Das Termingeschäft kann grundsätzlich durch ein entsprechendes Gegengeschäft liquidiert werden.[8] Von standardisierten Verträgen wird deshalb gesprochen, weil der Vertragsgegenstand, zum Beispiel bei Warentermingeschäften die Lieferung oder Abnahme einer Ware, nach Qualität, Menge und Preis feststeht.[9] Bilanzrechtlich handelt es sich bei Termingeschäften bis zum Erfüllungszeitpunkt der rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten um schwebende Geschäfte.[10] Die besondere Gefährlichkeit der Finanztermingeschäfte besteht in dem hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkt, durch den der Anleger zur Spekulation auf eine günstigere, aber ungewisse Entwicklung des Marktpreises verleitet wird, die die Auflösung des Terminengagements ohne Einsatz eigenen Vermögens durch ein gewinnbringendes Glattstellungsgeschäft ermöglichen soll.[11] Ferner birgt das Finanztermingeschäft das Risiko der Hebelwirkung[12] und des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals[13] sowie die Gefahr, planwidrig zusätzliche Mittel einsetzen zu müssen.[14] Finanztermingeschäfte können als Fest- (I. [Rn. 13]) und Optionsgeschäfte (II. [Rn. 16]) vorliegen.[15]

Teil 1 Der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund › A. Die Termingeschäfte › I. Die Festgeschäfte

I. Die Festgeschäfte

13

Grundlage des Termingeschäfts als Festgeschäft (auch Festpreisgeschäft, unbedingtes Termingeschäft oder Futures und bei Waren Direktgeschäft[16] genannt)[17] ist der Terminkontrakt, der als Terminkaufs- oder Terminverkaufsvertrag ausgestaltet sein kann. Die Vertragsparteien verpflichten sich, ihre bei Vertragsschluss unbedingt eingegangenen Verbindlichkeiten über den Kauf oder Verkauf einer bestimmten Menge eines Basiswertes zu einem jetzt festgelegten Preis zu einem späteren Zeitpunkt zu erfüllen.[18] Basiswerte (Underlying) für Finanztermingeschäfte können gemäß § 2 Abs. 2 WpHG unter anderem Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Waren, Edelmetalle, Zinssätze oder andere Erträge, sowie Devisen sein. Festgeschäfte sind darüber hinaus standardisiert und werden an einem organisierten Markt gehandelt.[19] Eine Kaufverpflichtung wird in der Fachsprache als „Long“ und eine Verkaufsverpflichtung als „Short“ bezeichnet, deren gegenseitiger Ausgleich die Glattstellung ist. Das Festgeschäft begründet unbedingte Leistungspflichten der Vertragspartner, weshalb der Verkäufer zur unbedingten Lieferung und der Käufer zur unbedingten Kaufpreiszahlung verpflichtet sind.[20] Die Ertragsmöglichkeiten hängen beim Käufer eines Festgeschäfts davon ab, inwieweit der Kurs des Basiswertes über den Basispreis steigt und sind demnach unbegrenzt.[21] Dem gegenüber steht aber auch ein unbegrenztes Verlustrisiko, das davon abhängt, inwieweit der Kurs des Basiswertes unter den Basispreis fällt.[22]

14

Wer eine Kaufverpflichtung eingeht, muss diese Position, wenn er an einer tatsächlichen Lieferung kein Interesse hat, vor dem vereinbarten Liefertermin durch eine Verkaufsverpflichtung glattstellen und umgekehrt.[23] Gewinne ergeben sich aus Kursdifferenzen, das heißt der Preisdifferenz zwischen dem Kontraktwert zum Zeitpunkt des Kaufs und zum Zeitpunkt des Verkaufs. Eine Besonderheit ist, dass bei Errichtung einer Terminposition nicht sofort der gesamte Preis zu bezahlen, sondern lediglich die Hinterlegung eines Einschusses (Margin) fällig ist, dessen Höhe in der Regel bei 10 % des Kontraktwertes zum Zeitpunkt des Einstiegs liegt.[24] Dies hat eine Hebelwirkung („Leverage-Effekt“) insofern zur Folge, als dass der Gewinn respektive der Verlust anhand des vollen Kontraktwertes berechnet wird, was ein zusätzliches Risiko dieser Geschäfte bedeutet.[25] Bei Kassageschäften hingegen, die in der Regel sofort zu erfüllen sind,[26] wirken sich die Wertänderungen des Basiswertes nicht so stark aus.[27] Entwickelt sich der Kurs gegen den Spekulanten, muss er seinen Einschuss notfalls bis zur Höhe des vollen Kontraktwertes erhöhen (sogenannte Nachschusspflicht)[28]. Absichern kann sich der Anleger in diesen Fällen nur durch eine Stop-Order respektive Stop-Loss-Order, wonach der Finanzdienstleister respektive der Broker spätestens zu einem bestimmten festgelegten Kurs aussteigen muss. In Extremfällen kann dies allerdings ausgeschlossen sein, wenn an der jeweiligen Börse Höchstschwankungen erreicht sind und der Handel in diesem Fall nicht mehr stattfinden kann (Limit-Up oder Limit-Down).[29]

15

Bei den Festgeschäften fallen für den Anleger als Kosten zum Beispiel die Round- oder Half-Turn-Commission an,[30] die er außer dem Einschuss zu leisten hat und deren Höhe zwischen weniger als 1 % bis 7 % des Kontraktwertes variieren.[31] Commissions sind Provisionen, die beispielsweise ein Broker für seine Tätigkeit erhält. Wenn die Commission für den Kauf und Verkauf gemeinsam erhoben wird, handelt es sich um eine Round-Turn-Commission. Wird sie hingegen nur für den Kauf oder Verkauf erhoben, handelt es sich um eine Half-Turn-Commissions. Neben den Round- oder Half-Turn-Commissions werden für gewöhnlich noch weitere Gebühren und Gewinnbeteiligungen berechnet.

Teil 1 Der kapitalmarkt- und börsenrechtliche Hintergrund › A. Die Termingeschäfte › II. Die Optionsgeschäfte

II. Die Optionsgeschäfte

16

Von den Festgeschäften sind die Optionsgeschäfte zu unterscheiden. Der Handel mit Warenterminoptionen ist dem Direktgeschäft quasi „aufgepfropft“[32]. Bei der auch als bedingtes Termingeschäft bezeichneten Variante erhält der Anleger (Wähler oder Optionsberechtigter), wenn das Basisobjekt (Underlying Asset) ein Terminkontrakt ist, nur ein Anrecht (keine Pflicht) zu (europäische Optionsform)[33] oder bis zu (amerikanische Optionsform)[34] einem bestimmten Zeitpunkt (Verfallsdatum = Expiration Date) zu festgelegten Konditionen (Basispreis oder Strike Price) einen Verkauf- (dann Put-Option) oder Kaufvertrag (dann Call-Option) mit dem Verkäufer (Stillhalter) abzuschließen (primäres Optionsgeschäft[35] ).[36] Demgegenüber sind Sekundärgeschäfte der Verkauf, der Rückkauf oder die Aufhebung eines bereits begründeten Optionsrechts.[37] In diesem Sekundärmarkt, bei dem im Rahmen des Optionshandels das Optionsrecht selbst einziges Handelsobjekt ist, kann der Optionsrechtsinhaber sein Engagement durch Veräußerung des Optionsrechts und der Stillhalter seine Position durch Rückkauf des Optionsrechtrechts glattstellen.[38]

17

Optionen können nach dem zugrunde liegenden Markt der Basiswerte unterschieden werden. Bei einer Terminmarktposition handelt es sich um eine Option auf Futures, bei einer Kassamarktposition hingegen um eine Kassaoption.[39] Untergliedert man Kassaoptionen wiederum nach deren zugrunde liegenden Basiswert, so gibt es Warenoptionen zum Beispiel auf Getreide oder Edelmetalle und Finanzoptionen zum Beispiel auf Aktien, Devisen oder Aktienindizes.[40]

18

Für das Recht aus dem primären Optionsgeschäft zahlt der Anleger einen Preis, der Prämie oder auch Bindungsgeld[41] genannt wird und mit deren Zahlung verloren ist.[42] Die Optionsprämie setzt sich zusammen aus dem inneren und dem Zeitwert.[43] Der innere Wert ist der Unterschied zwischen dem Basispreis der Option und dem aktuellen Kurs. Der Zeitwert entspricht dem Betrag, um den der Kurs einer Option ihren inneren Wert übersteigt.[44] Die Option lässt sich auf nächster Stufe nochmals anhand des inneren Wertes aufgliedern. So ist die Option „In-the-Money“, wenn der aktuelle Kurs des Basiswerts über dem Basispreis, „Out-of-Money“, wenn der Basiswert unter („Call“) respektive über („Put“) dem vereinbarten Basispreis liegt und „At-the-Money“, wenn der Basispreis dem aktuellen Kurs des Basiswertes entspricht, wobei die letzteren Beiden keinen inneren Wert mehr besitzen.[45] Die üblicherweise sofort bei Vertragsschluss zu zahlende Optionsprämie stellt für den Käufer von Optionen die obere Grenze des Verlustes bei einer Option dar.[46] Unüberschaubar ist demgegenüber allerdings das Verlustrisiko des Verkäufers einer Option, da er im Falle der Glattstellung den Basiswert kaufen respektive verkaufen muss.[47] Eine Nachschusspflicht besteht hier nicht.[48] Ein Optionsgeschäft kann entweder durch physische Lieferung des Basiswerts durch einen Barausgleich erfüllt werden.[49]

19

Rechnet der Anleger mit einem Kursanstieg, erwirbt er eine Kaufoption.[50] Mit ihr bekommt er das Recht, innerhalb der Optionslaufzeit einen entsprechenden Warenterminkontrakt („Long“) zum Basispreis zu erwerben. Bei steigendem Kurs kann der Spekulant nun eine entsprechende Verkaufsverpflichtung („Short“) zum höheren Tageskurs eingehen und seine dadurch entstehende Lieferverpflichtung durch Ausübung der „Call-Option“, das heißt Erwerb des Kaufkontraktes zum niedrigeren Basispreis, erfüllen.[51] Spiegelverkehrt funktioniert dies bei der „Put-Option“, bei der der Anleger mit einem Kursverfall rechnet, aber das Recht erwirbt, zu dem hohen Basiswert zu verkaufen und seine Lieferverpflichtung durch einen entsprechenden Kauf zum niedrigeren Tageskurs glattzustellen.[52]

20

Ein tatsächlicher Gewinn ist dabei erst dann zu verbuchen, wenn die jeweilige Preisdifferenz als Folge der Kursbewegungen mehr als die für den Optionserwerb aufgewandten Kosten ausmacht. Diese Spanne wird als Options- oder Prämienzone und der Punkt, ab dem ein tatsächlicher Gewinn erwirtschaftet wird, als Break-Even-Point bezeichnet. Die der Option innewohnende Gewinnchance wird dementsprechend umso kleiner, je höher die Optionsprämie ist.[53] In der Regel werden sowohl Fest- als auch Optionsgeschäfte tatsächlich nicht ausgeführt, es wird also nicht wirklich zum Beispiel die Ware geliefert.[54] Vielmehr wird die Differenz des vereinbarten Preises (Festpreis respektive Optionsausübungspreis) zu dem Preis des Basiswertes in Geld ausgeglichen.[55] Im Unterschied[56] zum Festgeschäft muss beim Optionsgeschäft die gezahlte und von Anfang an verfallene Optionsprämie zuerst durch Kurssteigerungen zurückverdient werden.[57] Nicht zurückverdient wird die Optionsprämie, wenn eine entsprechende Kurssteigerung ausbleibt oder der Kurs am Deklarationstag dem Einstiegskurs entspricht. Bei Festgeschäften tritt hingegen bei entsprechendem Kursverlauf kein Totalverlust ein, da dem Spekulant hier zumindest der Einschuss erhalten bleibt.[58]

21

Über die Rechtsnatur der Option als solche, also ob es sich um ein Finanztermin- oder doch um ein Kassageschäft handelt, bestand lange Zeit Uneinigkeit. Allen Ansichten war jedoch gemein, dass bei den Optionen zwischen dem Begründungsgeschäft, welches den Kauf des Optionsrechts beinhaltet und dem Ausübungsgeschäft, welches die Parteien des Optionskauf- respektive Optionsverkaufsvertrages aus dem Terminkauf- respektive Terminverkaufsvertrag verpflichtet, differenziert wurde.[59] Einige Stimmen gingen jedoch davon aus, dass der Kaufvertrag über das Optionsrecht kein Finanztermingeschäft darstellte, weil die synallagmatischen Ansprüche, Gewährung des Optionsrechts einerseits und Zahlung der Optionsprämie andererseits, nicht an einen Termin gebunden, sondern sofort fällig seien.[60] Vielmehr wäre das Begründungsgeschäft ein reines Kassageschäft, da die Optionsprämie zum Beispiel gemäß § 4 Abs. 2 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse[61] binnen zwei Börsentagen zu zahlen ist und die Pflicht des Stillhalters zur Einräumung des Optionsrechtes bei Abschluss des Optionskaufvertrages erfüllt wird.[62] Mithin wäre das Begründungsgeschäft des deutschen Wertpapieroptionsgeschäfts kein Finanztermingeschäft (sogenannte Doppelvertragstheorie[63]). Das Nämliche gelte nach dieser Auffassung auch für das Ausübungsgeschäft in- und ausländischer Wertpapieroptionsgeschäfte, da auch diese nach Optionsausübung wie ein Kassageschäft abgewickelt würden.[64] Befänden sich die Parteien allerdings nach Optionsausübung in einem Direktgeschäft, wie dies bei den amerikanischen und englischen Warenterminoptionsgeschäften der Fall ist, handele es sich – nur bei diesem Ausübungsgeschäft[65] – um ein Finanztermingeschäft im Sinne des § 37e S. 2 WpHG. Die überwiegende Auffassung kam aber zu Recht zu dem Ergebnis, dass sowohl das Begründungs- als auch das spätere Ausübungsgeschäft als einheitliches Rechtsgeschäft zu betrachten und entweder jeweils für sich genommen oder zumindest in dieser Einheit als Finanztermingeschäfte zu qualifizieren sind (sogenannte Einheitstheorie[66]).[67] Allerdings wurde dieser Streit durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz[68] und der ausdrücklichen Nennung des Optionsgeschäfts als Finanztermingeschäft zugunsten der Einheitstheorie entschieden und der Doppelvertragstheorie der Boden entzogen.[69]

Anmerkungen

[1]

So jetzt ausdrücklich § 2 Abs. 2 WpHG.

[2]

Aus der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 WpHG ergibt sich, dass Termingeschäfte zeitlich verzögert zu erfüllen sind und keine Kassageschäfte darstellen dürfen, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 WpHG i.V.m. Artikel 38 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1287/2006 innerhalb zwei Handelstagen zu erfüllen sind.

[3]

Paus S. 163 f.

[4]

BGH NJW 2004, 2969 (2970); 2002, 892 (893 f.); 1988, 1592 (1592 f.).

[5]

BGHZ 150, 164 (168); 149, 294 (301); 142, 345 (350); 114, 177 (179); 92, 317 (320); BGH NJW 2004, 2969 (2970).

[6]

Fuchs-Jung Vor §§ 37e und 37g Rn. 43.

[7]

Lenenbach Rn. 1.63, 9.100.

[8]

Wach Rn. 3.

[9]

Sonnen wistra 1982, 123.

[10]

Näher dazu Steiner-Beckmann S. 183 m.w.N.; Häuselmann/Wiesenbar DB 1990, 641; Häuselmann DB 1987, 1745; Menninger RIW 1994, 43 (44).

[11]

BGHZ 150, 164 (169); 149, 294 (301).

[12]

BGHZ 139, 1 (6 f.); Fuchs-Jung Vor §§ 37e und 37g Rn. 28; BGH ZIP 2002, 748 (749); Wohlfarth/Brause WM 1998, 1859 (1864 f.); Caspar WM 2003, 161 (163).

[13]

BGHZ 150, 164 (169); Fuchs-Jung Vor §§ 37e und 37g Rn. 29; Schäfer bezeichnet das Verlustrisiko als „unüberschaubar“, Assmann/Schütze-Schäfer § 19 Rn. 24.

[14]

BGH NJW 2004, 2969 (2970); Fuchs-Jung Vor §§ 37e und 37g Rn. 31.

[15]

Lenenbach Rn. 1.61.

[16]

Imo Rn. 224.

[17]

Zu den Unterschieden gegenüber dem Forward siehe nur Schmeisser S. 150.

[18]

BGHZ 103, 84 (87); Schmeisser S. 146; Fuchs-Jung Vor §§ 37e und 37g Rn. 36; Lenenbach Rn. 9.107; KölnKomm-WpHG-Roth §§ 37d, f a.F. Rn. 54; Schwintowski/Schäfer-Schäfer § 20 Rn. 14; KMRK-Kumpan § 2 WpHG Rn. 35, 37.

[19]

KölnKomm-WpHG-Roth §§ 37d, f a.F. Rn. 51.

[20]

Imo Rn. 224; Lenenbach Rn. 9.108.

[21]

Dornseifer S. 7.

[22]

Willnow S. 81; Dornseifer S. 7.

[23]

Imo Rn. 595.

[24]

Sonnen wistra 1982, 123; Schmidt Kriminalistik 1981, 18 (20); Imo Rn. 558; Schmeisser S. 147.

[25]

MK-HGB-Ekkenga Bd. 5, Effektengeschäft, Rn. 40; Lenenbach Rn. 9.248; Claussen-Ekkenga § 7 Rn. 76.

[26]

BGHZ 160, 50 (54); 103, 84 (87).

[27]

KMRK-Kumpan