Hundegeschichten vom Franz

1. Früher hatte der Franz Angst vor Hunden

Der Franz hätte gern einen Hund. Irrsinnig gern sogar. Aber das weiß niemand außer ihm. Seine Mama nicht, sein Papa nicht, sein großer Bruder, der Josef, auch nicht.

Nicht einmal seine beste Freundin, die Gabi, ahnt etwas davon. Und sein bester Freund, der Eberhard Most, schon gar nicht.

Der Franz wünscht sich ja erst seit ein paar Wochen einen Hund. Vorher hat er immer gesagt: „Hunde gehen mir auf die Nerven, die bellen laut und stinken, wenn sie nass sind!“

Doch das hat der Franz nur gesagt, weil er sich vor allen Hunden gefürchtet hat. Nicht nur vor großen mit spitzen Zähnen, auch vor kleinen mit Wedelschwänzen. Sogar vor der Fifi, dem uralten Hund der Gemüsefrau, hat der Franz riesige Angst gehabt.

Dabei bellt die Fifi nie. Sie hat nur noch einen Zahn und döst den ganzen Tag in ihrem Körbchen neben der Orangenkiste vor sich hin. Blind ist die Fifi angeblich auch. Und ein lahmes Hinterbein soll sie haben.

Doch jedes Mal, wenn die Mama den Franz zur Gemüsefrau schicken wollte, hatte der Franz eine Ausrede, warum er gerade jetzt nicht einkaufen gehen kann.

Ließ die Mama die Ausrede nicht gelten, machte sich der Franz kniezittrig auf den Weg. Und sehr langsam. Und er murmelte unentwegt beschwörend vor sich hin: „Die Fifi ist ein harmloser, braver Hund, die tut garantiert keinem Menschen etwas!“

Viel half das dem Franz aber nicht. Kurz vor dem Gemüseladen bekam er jedes Mal zum Kniezittern noch Herzklopfen.

Wenn die Ladentür nicht offen stand, starrte er oft minutenlang auf Spinat, Äpfel und Eier im Schaufenster, bevor er sich endlich überwand, die Türklinke runterzudrücken und ins Geschäft zu gehen. Drinnen im Laden dann blieb er an der Tür. So weit wie möglich vom Fifi-Körbchen entfernt.

Einmal las er der Gemüsefrau vom Einkaufszettel vor: „3 Bananen, 1 Kilo Karotten, einen Salat, Schnittlauch und 4 Zitronen.“

Die Gemüsefrau reichte ihm die drei Bananen, das Kilo Karotten, den Schnittlauch und den Salatkopf über den Ladentisch rüber. Dann zeigte sie auf die Kiste mit den Zitronen und sagte: „Die Zitronen nimm dir selbst raus.“

Weil im Gemüseladen die Kiste mit den Zitronen vor dem Ladentisch steht. Hinter der Kiste mit den Orangen. Und die Gemüsefrau erspart sich gern den Weg um den Tisch herum.

Um zu den Zitronen zu kommen, hätte der Franz an der Orangenkiste und dem Körbchen mit der Fifi vorbeimüssen.

Da piepste der Franz: „Bitte, das war ein Irrtum, meine Mama braucht heute gar keine Zitronen.“

Die Stimme vom Franz wird nämlich immer hoch und piepsig, wenn er sehr aufgeregt ist.

Und als dann der Franz ohne Zitronen heimkam, schwindelte er die Mama an.

Er sagte, die Gemüsefrau habe leider keine Zitronen mehr gehabt. Die wären ausverkauft und würden erst morgen nachgeliefert.

Nie im Leben hätte der Franz zugegeben, dass er sich sogar vor der Fifi fürchtet. Auch der Mama konnte er das nicht sagen. Obwohl der Franz mit der Mama sonst alle seine Probleme bespricht.

Den anderen sagte er nichts davon, weil er sicher war, dass sie ihn auslachen würden.

Seiner Mama sagte er es nicht, weil er dachte: Es ist nicht schön für eine Mama, so einen feigen Sohn zu haben. Es ist besser, eine liebe Mama erfährt davon nichts.