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Copyright © 2006 by Cadmos Verlag GmbH, Brunsbek

Gestaltung: Ravenstein + Partner, Verden

Titelfoto: Christina Krumm

Innenfotos: Anneke Bosse, Heimo Bruhns, Helmut Ende, Kai Kreling, Cornelia Koller, Christina Krumm, Peter Prohn, Angelika Schmelzer, Hans J. Schmidtke, Christiane Slawik, Zoologischer Garten (Marwell)

Zeichnungen: Esther von Hacht, Anne-Katrin Hagen, Christina Krumm, Cornelia Koller, Carole Vincer

 

Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services

Alle Rechte vorbehalten.

Abdrucke oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

eISBN 978-3-8404-6247-4

Inhalt

 

Was ist der Basispass?

Wer prüft wo?

Entwicklungsgeschichte des Pferdes

Das Wesen des Pferdes

Herdentier

Fluchttier

Lauftier

Verhalten des Pferdes

Gesichtsausdruck

Lautäußerungen

Körperhaltung

Bewegung als Ausdrucksform

Vertrauen heißt Sicherheit

Wie stellt man Vertrauen her?

Pferdehaltung

Aufhalftern, Anbinden und Führen

Aufhalftern

Anbinden

Führen

Pferde aneinander vorbeiführen

Freilassen auf die Koppel oder in den Paddock

Pferdepflege

Fellpflege

Pflege des Langhaares

Hufpflege

Pflege des Pferdes nach der Arbeit

Versorgen der Box

Satteln und Auftrensen

Satteln

Aufbau eines Sattels

Satteltypen

Auftrensen

Die Trense

Das Gebiss

Lederpflege

Gamaschen und Bandagen

Verladen und Transportieren

Fütterung

Was und wie wird gefüttert?

Vorsicht: giftig!

Die Beurteilung des Pferdes

Körperbau

Das harmonische Reitpferd

Pferderassen

Brandzeichen

Farben und Abzeichen

Altersbestimmung

Pferdepass

Was tun, wenn das Pferd krank ist?

Vorbeugung

Die häufigsten Krankheiten

Kolik

Durchfall

Husten

Lahmheit

Nageltritt

Ballentritt

Strahlfäule

Mauke

Hufrehe

Schlundverstopfung

Kreuzverschlag

Haupt- oder Gewährsmängel

Sicherheit und Unfallschutz

Sicherheit im Stall

Sicherheit beim Führen

Sicherheit für den Reiter

Sicherheit für das Pferd

Sicherheit beim Verladen

Erste Hilfe im Notfall

AHA-Regel

ABC-Regel

Stabile Seitenlage

Schocklage

Erste Hilfe bei sonstigen Verletzungen

Versicherungsfragen

Verantwortung gegenüber dem Pferd

Tierschutzgesetz

Ethische Grundsätze der FN

Was ist der

Basispass?

 

Beim Basispass geht es um das elementare Wissen rund um das Wesen und die Bedürfnisse des Pferdes und den Umgang mit dem Pferd. Der Basispass ist die Grundlage für alle weiterführenden Leistungsabzeichen, also Reit- oder Westernreitabzeichen, Voltigierabzeichen, Longierabzeichen oder Fahrabzeichen, bei denen auch immer wieder Fragen zu den grundlegenden Themen aus dem Basispass eine Rolle spielen. In der Prüfung zum Basispass werden diese Grundkenntnisse abgefragt und praktisch überprüft. Die Prüfung richtet sich an alle, die Pferde lieben und möglichst sicher und gefahrlos mit ihnen umgehen möchten. Reitkenntnisse sind für die Prüfung zum Basispass nicht erforderlich!

Jeder, der keine bedeutenden körperlichen Gebrechen hat, über ein gesundes Maß an Körperbeherrschung verfügt, nervlich einigermaßen stark ist und groß genug, um einen Huf zu heben oder einen Führstrick zu halten, kann die Prüfung zum Basispass machen. Auch eine Altersbeschränkung nach oben gibt es nicht. Es ist nicht nötig, einem Reitverein anzugehören. Die Vorbereitung gelingt am besten in einem Lehrgang, in dem alle Fragen durchgenommen werden und der praktische Teil geübt wird.

 

Für den Basispass Pferdekunde werden keine Reitkenntnisse gebraucht!

 

Wer prüft wo?

Die Prüfung besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Sie wird von zwei FN-Richtern abgenommen, also von Richtern der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (französisch „Fédération Equestre Nationale“, Abkürzung FN), die auch auf Turnieren richten. Die Prüfung findet in einem Reiterverein oder einer Reitschule statt. Es gibt keine Wertnoten, sondern nur das Urteil „bestanden“ oder „nicht bestanden“. Ist die Prüfung bestanden, wird dem Prüfling von den Richtern die FNPrüfungsurkunde „Basispass Pferdekunde“ überreicht. Hat es beim ersten Mal nicht geklappt, ist das nicht allzu schlimm: Die Prüfung kann jederzeit wiederholt werden.

Entwicklungsgeschichte

des Pferdes

 

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So muss man sich die Urform des Pferdes vor rund 70 Millionen Jahren, den Eohippus, vorstellen. Zeichnung: von Hacht

Die Entwicklungsgeschichte des Pferdes reicht ungefähr 70 Millionen Jahre zurück! Seit etwa 8000 Jahren begleitet es den Menschen als Haustier, also eine vergleichsweise kurze Zeit.

Die Urform des Pferdes, der Eohippus, war ein katzen- bis fuchsgroßes Tier mit schlanken Gliedmaßen. Ganz am Anfang hatte er noch fünf Zehen wie eine Katze. Im Laufe der Evolution wurde der Eohippus allmählich größer, und es verkümmerten erst die beiden äußeren Zehen und später nochmals zwei weitere Außenzehen. So wurde das Pferd zum Einhufer. Unsere Pferde laufen also auf der mittleren Zehe.

Als Vorfahren unserer modernen Pferde gelten die Przewalskipferde. Die letzten dieser echten Wildpferde wurden im 19. Jahrhundert zum ersten Mal am Rande der Wüste Gobi entdeckt. Heute kann man sie nur noch im Zoo bewundern.

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So sieht das Przewalskipferd aus. Es gilt als Vorfahre unserer modernen Pferde.
Foto: Zoologischer Garten, Marwell

 

Das Wesen des Pferdes

Unsere Pferde sind in ihrem Wesen bis auf den heutigen Tag mehr oder weniger vom Wildpferd geprägt. Sie haben Bedürfnisse, die man nur aus der Entwicklungsgeschichte heraus verstehen und respektieren kann.

Herdentier

Die Urpferde lebten in der Steppe in Herden mit einer Leitstute als „Chefin“. Auch für unsere Pferde ist Kontakt zu Artgenossen ganz wichtig! Ähnlich wie wir Menschen schließen sie Freundschaften und hegen Abneigungen. Gegenseitige Fellpflege, Laufspiele und ständige Kommunikation gehören zu ihrem sozialen Verhalten. Der Mensch vermag dieses Bedürfnis nicht ganz zu befriedigen. Er ist nur Ergänzung und kein Ersatz für den Kontakt mit Artgenossen. Fehlt der Sozialkontakt, können Langeweile und Einsamkeit zu Verhaltensstörungen führen, zum Beispiel zum Koppen oder Weben. Deshalb sollten Pferde so oft wie möglich auf die Weide und im Winter in den Paddock. Aber niemals sollte ein Pferd allein auf der Weide stehen! Nur sehr wenige Pferde können das aushalten. Als Herdentier fühlt es sich ausgegrenzt, es fängt an, hin und her zu rennen und bricht unter Umständen aus der Weide oder dem Paddock aus. Auch wenn man sein Pferd von der Koppel holt, muss man darauf achten, dass nicht ein anderes allein zurück bleibt!

 

Nie ein Pferd allein auf die Weide stellen oder im Paddock zurücklassen!

 

In der Herde der Wildpferde herrschte eine eindeutige Rangordnung. Die Leitstute achtete streng auf die Einhaltung der Regeln, die für das einzelne Tier auch Sicherheit und Geborgenheit boten. Das ist in abgeschwächter Form bei unseren Weidepferden heute noch genau so.

Für den Reiter bedeutet dies, dass er die Rolle der Leitstute übernehmen muss. Es ist enorm wichtig, dass der Mensch unter allen Umständen vom Pferd respektiert wird. Ist das nicht der Fall, kann es zu schweren Unfällen kommen. Um sich Respekt zu verschaffen, sollte man klar und deutlich in seinen Anweisungen sein und konsequent auf deren Ausführung bestehen. Man sollte auf keinen Fall grob werden, obwohl Pferde untereinander auch nicht zimperlich sind. Es ist nicht richtig, die Pferde zu vermenschlichen! Das Pferd bleibt ein Pferd, es denkt und handelt wie ein Pferd! Dann kann der Mensch Freund und Chef zugleich sein.

Fluchttier

Ihr Überleben verdanken die Pferde ihrem Fluchtinstinkt. Bei der geringsten Gefahr – sei sie nur als eine solche empfunden oder tatsächlich vorhanden - stürmt die ganze Herde davon. Pferde stellen sich nur dann zum Kampf, wenn sie keinen anderen Ausweg sehen. Der Fluchtinstinkt ist bei den heutigen Pferden noch stark ausgeprägt: „Erst weglaufen, dann hinschauen“ lautet die Devise.

Das Pferd nimmt seine Umwelt ganz anders wahr als wir Menschen. Seine großen Augen mit den ovalen Pupillen liegen seitlich am Kopf. Es sieht seine Umgebung auf andere Weise und es kann viel besser hören und riechen als wir. Deshalb nimmt es überall vermeintliche „Gespenster“ wahr, vor denen es flüchten möchte. Die Aufgabe des Menschen ist es, seinen Vierbeiner mit der Umwelt vertraut zu machen. Er muss das Pferd an ungewohnte Anblicke ebenso gewöhnen wie an fremde Geräusche und Gerüche. Es wäre grundfalsch, das Pferd zu bestrafen, wenn es sich erschrickt und scheut - dieses Verhalten ist ihm angeboren! Das Pferd verbindet bei einer Bestrafung die „Gefahr“ mit dem Schmerz und man erreicht das Gegenteil. Hier hilft nur, Vertrauen herzustellen.

Lauftier

Als Steppentier war das Pferd rund 16 Stunden am Tag wandernd damit beschäftigt, Futter zu suchen. Seine Tagesration verteilte sich dadurch über den ganzen Tag. Nur auf der Flucht wurde getrabt oder galoppiert.

 

Um dem Bewegungsdrang der Pferde gerecht zu werden, brauchen sie täglich viel Auslauf. Stehtage schaden dem Pferd!

 

Um dem noch immer genauso ausgeprägten Bewegungsbedürfnis der heutigen Pferde nachzukommen, ist es nötig, sie täglich zu bewegen und zusätzlich für genügend Auslauf auf der Koppel oder im Paddock zu sorgen. Bewegungsmangel und Übermut sind oft Ursache für Krankheiten und Schäden am Bewegungsapparat. Stehtage müssen vermieden werden! Sie sind nur für das Stallpersonal gut!

Wenn das Steppenpferd früher als Dauerfresser ständig kleine Mengen Futter zu sich nahm, so sollten unsere heutigen Pferde, um Erkrankungen und Mangelzustände zu vermeiden, ihre Futterration in möglichst vielen, kleinen Portionen bekommen: Das Kraftfutter muss auf mindestens drei Mahlzeiten täglich verteilt werden und die Raufuttergaben sind so zu planen, dass sie auch für Beschäftigung sorgen. Damit immer frisches Wasser zur Verfügung steht, ist eine Selbsttränke am besten geeignet.

In der Steppe war das Pferd das ganze Jahr über Wind und Wetter, Kälte und Hitze ausgesetzt und hatte sich mit seinem Körper darauf eingerichtet. Es wurde nicht geputzt, sodass Hautfett und Dreck eine dicke Isolierschicht bildeten. Für unsere Pferde bedeutet das: Wenn sie nicht robust gehalten werden, müssen sie wenigstens viel frische Luft und möglichst viel Licht in ihrem Stall haben. Die Temperatur sollte der jeweiligen Außentemperatur angeglichen sein, nur extreme Temperaturen sollten abgemildert werden.

 

Der Fluchttrieb, der Herdentrieb, der Bewegungsdrang und das Bedürfnis nach viel Licht und Luft sind den Pferden angeboren!