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Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, März 2015

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ISBN Printausgabe 978-3-499-27126-7 (1. Auflage 2015)

ISBN E-Book 978-3-644-55341-5

www.rowohlt.de

ISBN 978-3-644-55341-5

Fußnoten

1

Heinrich von Treitschke, Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert, Leipzig 1912, Bd. 2, S. 429.

2

Treitschke, a.a.O., S. 426.

3

Treitschke, a.a.O., S. 429.

4

Treitschke, a.a.O., S. 421.

5

Marcel Reich-Ranicki, Über Ruhestörer. Juden in der deutschen Literatur, Frankfurt am Main, Berlin, Wien 1977, S. 54.

6

Dolf Sternberger, Heinrich Heine und die Abschaffung der Sünde, Frankfurt am Main 1976, S. 402.

7

Treitschke, a.a.O., S. 419.

8

Vgl. Eberhard Galley, Heines ‹Briefe über Deutschland› und die ‹Geständnisse›, in: Heine-Jahrbuch 2, 1963, S. 76

9

Reich-Ranicki, a.a.O., S. 48.

10

Victor Klemperer: «Zwiespältiger denn je. Dresdner Tagebuch 1945, Juni bis Dezember». Dresdner Geschichtsverein, Dresden; 144 Seiten; 10 Mark.

11

Die Jahre 1881 bis 1918 sind in Klemperers Autobiographie «Curriculum Vitae» eingegangen; jetzt erschienen: Victor Klemperer: «Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten. Tagebücher 1933–1945». Aufbau Verlag, Berlin; 2 Bände, zusammen 1696 Seiten; 98 Mark.

12

Vgl. zum Folgenden die Dokumentation von Frank Schirrmacher (Hg.): Die Walser-Bubis-Debatte. Eine Dokumentation, Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 1999 [= Walser-Bubis-Debatte]; die Rede erschien zuerst in der FAZ Nr. 290 am 14. Dezember 1998

13

Vgl. hierzu Torsten Gellner: Ein antisemitischer Affektsturm? Walser, Schirrmacher, Reich-Ranicki und der «Tod eines Kritikers», Marburg, Textum Verlag 2004

14

Georg Franck: Ökonomie der Aufmerksamkeit. Ein Entwurf, München, Carl Hanser 1998

15

Vgl. etwa zu der Verwechslung der «vermeintlich antisemitisch gezeichnete[n] Nase von Ehrl-König» mit derjenigen des traurigen Helden Hans Lachs und ähnlichen Fällen Dieter Borchmeyer und Helmuth Kiesel in: dies. (Hgg.): Der Ernstfall. Martin Walsers Tod eines Kritikers, Hamburg, Hoffmann und Campe 2003, S. 21. Dieser bizarre Fehler einer falschen Zuschreibung antisemitischer Physiognomie-Schablonen unterläuft auch dem Walser-Kritiker Matthias N. Lorenz (vgl. «Auschwitz drängt uns auf einen Fleck». Judendarstellung und Auschwitzdiskurs bei Martin Walser, Stuttgart, Metzler 2005, S. 329f. Dort auch eine kaum nachvollziehbare Analogie zwischen Jarl F. Kaltammer aus Schwanenhaus (1980) und Marcel Reich-Ranicki.

16

Martin Walser: Werke in zwölf Bänden, hrsg. von Helmuth Kiesel unter Mitwirkung von Frank Barsch, Frankfurt am Main, Suhrkamp 1997 [= MWW], II, S. 7–147

17

Funkbeitrag, 3. Februar 1952

18

Martin Walser: Kafka und kein Ende, in: Die Literatur, Nr. 2, April 1952

19

Vgl. Martin Walser: Als Kafka zum zweiten Mal modern wurde, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. Juli 1958; ferner: Arbeit am Beispiel: Über Franz Kafka, in: Franz Kafka: Er. Prosa, Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 1963 (= Bibliothek Suhrkamp 97), S. 219–225, und in: MWW XII, 178–182; Mein Traum war Kafka, in: Kölner Stadtanzeiger, 18. August 1973; Orwell – Kafka – Beckett, in: Geständnis auf Raten, 1986, MWW XII, S. 704–706

20

Vgl. Martin Walser: Baustein beim Bau der Chinesischen Mauer. Über Tagebücher, in: MWW XII, S. 263f.; gekürzt auch unter dem Titel: «Schreiben ist: die Wahrheit proben. Franz Kafka und die Bemühung, Geschichte zu gewinnen», in: Stuttgarter Zeitung, Nr. 277, 30. November 1974

21

Vgl. Kafkas Stil und Sterben. Letzte Briefe und Postkarten, in: Die Zeit, Nr. 31, 23. Juli 1991, und in: MWW XII, S. 731–737

22

Vgl. Karl Korn: Satirischer Gesellschaftsroman, in: FAZ, 5. Oktober 1957

23

Vgl. Paul Hühnerfeld: Männer, Frauen und Geliebte, in: Die Zeit, 19. Dezember 1957

24

Vgl. Jörg Magenau: Martin Walser. Eine Biographie, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 2005, S. 134

25

Vgl. Andreas Meier: Zwischen «Kahlschlag» und Weltliteratur. Martin Walser und die Literaturästhetik der Nachkriegsjahre, in: Rüdiger Zymner u.a. (Hgg.): Erzählte Welt – Welt des Erzählens, Festschrift für Dietrich Weber, Köln 2000, S. 121–136 (dass. auch: Bericht über die Tagung des Japanischen Germanistentages)

26

Magenau, Walser, S. 236

27

Magenau, Walser, S. 237; vgl. auch «Freiübungen», in: MWW XI, S. 82

28

Magenau, Walser, S. 140

29

Magenau, Walser, S. 141

30

Magenau, Walser, S. 140

31

Vgl. Magenau, Walser, S. 139

32

Magenau, Walser, S. 140

33

Marcel Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Im Schatten junger Mädchenblüte 2. Deutsch von Eva Rechel-Mertens, Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 1958, S. 382

34

Vgl. ex negativo auch die Rezension zu Das Einhorn von Hans F. Nöhbauer: Der Anti-Proust vom Bodensee, in: Abendzeitung, 27./28. August 1966, S. 7

35

Martin Walser: Leben und Schreiben. Tagebücher 1951–1962, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 2005 [= TB 1951–1962]

36

Vgl. TB 1951–1962, S. 196

37

Vgl. TB 1951–1962, S. 385 u.ö., S. 410 u.ö.

38

TB 1951–1962, S. 531ff.

39

Vgl. Martin Walser: Leben und Schreiben. Tagebücher 19631973, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 2007 [= TB 1963–1973], bes. die Seiten 99–105 und 134–136

40

Martin Walser: Hamlet als Autor, in: MWW XI, S. 108–115, hier S. 109; zuerst in: Martin Walser: Erfahrungen und Leseerfahrungen, Frankfurt am Main, Suhrkamp 1965

41

MWW XI, S. 114

42

Martin Walser: Imitation oder Realismus, in: MWW XI, S. 116–143, zuerst in: Germanistik in Forschung und Lehre, Berlin 1965, zeitgleich auch in: Martin Walser: Erfahrungen und Leseerfahrungen, Frankfurt am Main, Suhrkamp 1965

43

MWW XI, S. 133

44

Ebd.

45

Martin Walser: Des Lesers Selbstverständnis, in: MWW XI, S. 702–730, hier S. 730; zuerst in: Martin Walser: Des Lesers Selbstverständnis. Ein Bericht und eine Behauptung, Eggingen, Edition Isele 1993

46

MWW XI, S. 160

47

MWW XI, S. 161

48

Martin Walser: Unser Auschwitz, in: MWW XI, S. 158–175, Erstfassung zuerst in: Frankfurter Abendpost, 13. März 1965, erweiterte Fassung zuerst in: Kursbuch 1, Juni 1965

49

MWW XI, S. 159

50

MWW XI, S. 168

51

MWW XI, S. 170

52

TB 1963–1973, S. 135

53

TB 1963–1973, S. 133

54

Vgl. Paul Ricœur: Narrative Identität, in: Heidelberger Jahrbücher 31/1987, S. 57–67

55

Vgl. auch Rafael Seligman: Endlich streiten wir uns. Walser contra Bubis, in: Frank Schirrmacher (Hg.), Die Walser-Bubis-Debatte. Eine Dokumentation. Frankfurt am Main, Suhrkamp 1999 [= Walser-Bubis-Debatte], S. 198: «Die Zeremonien verkamen zur Routine. Selbst Gutmeinende verloren die Kraft und Geduld. Diesem Nicht-mehr-Können hat Martin Walser in seiner Rede Ausdruck verliehen.» [Zuerst in: Die Welt, 21. November 1998]

56

Salomon Korn: Es ist Zeit. Die andere Seite des Walser-Bubis-Streits, in: Walser-Bubis-Debatte, S. 306 [zuerst in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 1. Dezember 1998]

57

Martin Walser: Mein Traum war Kafka [über sein Buch Der Sturz], in: Kölner Stadtanzeiger, 18./19. August 1973

58

Vgl. Martin Walser: Benediktiner, in: Noten zu Theodor W. Adorno, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. August 1994

59

Vgl. Martin Walser: Als Ilse Aichinger in Stuttgart erschien, in: Ilse Aichinger, 70. Geburtstag am 1. November 1991, Frankfurt am Main, Fischer Verlag 1991, Blatt 9

60

Vgl. Martin Walser: Prophet mit Marx- und Engelszungen, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 231, 26. September 1959; Unentbehrlich, in: Frankfurter Rundschau Nr. 152, 5. Juli 1975; Nie ist ein Linker weniger borniert gewesen, in: konkret, Nr. 9, 9. September 1977

61

Vgl. Martin Walser: Freundlicher als gedacht, in: Akzente, Juni 1995

62

Vgl. Martin Walsers Essay «Internationale der Überlebenden» auf den Seiten 27–28 in diesem Band

63

Vgl. Martin Walser: Nachricht betreffend Lew Ginsburg, in: Die Zeit Nr. 43, 22. Oktober 1971

64

Vgl. Martin Walsers Aufsatz «Heines Tränen» auf den Seiten 138–166 in diesem Band. Zu Walsers Beschäftigung mit Heine gehört, wenngleich marginal, auch die kleine Rezension eines Hörbuchs mit Heine-Rezitationen Lutz Görners: Ein Heine, der leider noch brauchbar ist, in: konkret Nr. 2, 11. November 1977

65

Walser merkt hier selbst an, dass er Reich-Ranickis Über Ruhestörer. Juden in der deutschen Literatur (Frankfurt am Main u.a., Ullstein Verlag 1977) und Dolf Sternbergers Heine-Monographie (Heinrich Heine und die Abschaffung der Sünde, Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 1976) konsultiert hatte.

66

MWW XII, S. 397

67

MWW XII, S. 405

68

MWW XII, S. 397

69

Siehe die Reproduktion aus Martin Walsers Manuskript des Romans Die Verteidigung der Kindheit auf Seite 387

70

Martin Walser: Das Prinzip Genauigkeit, in: MWW XII, S. 780–805, S. 798 (siehe auch die Seiten 203–229 in diesem Band). Vgl. außerdem «Wir werden Goethe retten. Über den deutschen Traum des jüdischen Schriftstellers Victor Klemperer» auf den Seiten 191–202 in diesem Band. Vgl. auch Walsers Essay «Ich kann mich auf keinen Nenner bringen», in: Focus Nr. 48, 27. November 1995

71

Ebd.

72

MWW XII, S. 803

73

Ebd.

74

MWW XII, S. 804

75

Vgl. Martin Walser: Die Reaktion von Bubis hat mich entsetzt, in: Der Tagesspiegel, 25. Oktober 1998

76

Ignatz Bubis, Salomon Korn, Frank Schirrmacher, Martin Walser: Wir brauchen eine neue Sprache für die Erinnerung. Ein Gespräch, in: Walser-Bubis-Debatte, S. 462. Vgl. auch die Seiten 248–284 in diesem Band

77

Walser-Bubis-Debatte, S. 460

78

Vgl. die Rede von Bundespräsident Roman Herzog bei der Gedenkveranstaltung aus Anlass des 60. Jahrestages der Synagogenzerstörung am 9./10. November («Reichspogromnacht») in Berlin [http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Roman-Herzog/Reden/1998/11/19981109_Rede.html]

79

Walser-Bubis-Debatte, S. 461

80

Walser-Bubis-Debatte, S. 446

81

Vgl. Roman Herzog: Die Zukunft der Erinnerung: «Ich will aber auch sagen, was mich an der Debatte gestört hat. Martin Walsers Rede? Man mag zu ihr stehen, wie man will; jedenfalls hat sie nicht für das Vergessen plädiert – hat eine wichtige Auseinandersetzung in unserer Öffentlichkeit provoziert und sollte das wohl auch. Diese Auseinandersetzung hat in der Tat auch stattgefunden, teils in bemerkenswerten Diskussionsbeiträgen von dritter Seite, teils in dem faszinierenden, glücklicherweise dokumentierten Streitgespräch zwischen den beiden Hauptkontrahenten. Daneben gab es aber gewissermaßen business as usual: Schon nach kurzer Zeit fielen Teile der allgemeinen Debatte wieder in die alten Muster gegenseitiger Beschuldigung zurück: als stünden hier die ewigen Verdränger oder gar Leugner, dort die ewigen Beschuldiger, ja Selbstbeschuldiger. Solche Art der Auseinandersetzung ist unsinnig und fruchtlos. Der Holocaust ist das allerletzte, was wir solchen primitiven Denkschablonen oder – sagen wir es deutlich – was wir der political correctness überlassen dürfen.» [http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Roman-Herzog/Reden/1999/01/19990127_Rede.html]

82

Vgl. oben, Fußnote 4

83

Vgl. Martin Walser: Tod eines Kritikers, Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag 2002, S. 10, 48 und 144

84

Vgl. Martin Walser: Ein Lebenskunstwerk. Zum Briefwechsel Rudolf Borchardt – Rudolf Alexander Schröder, auf den Seiten 285–331 in diesem Band

85

Vgl. Martin Walser: Ums Leben schreiben [über «Mein verwundetes Herz. Das Leben der Lilli Jahn 1900 bis 1944», herausgegeben von Martin Doerry], auf den Seiten 332–342 in diesem Band

86

Martin Walser: Shmekendike blumen. Ein Denkmal/A dermonung für Sholem Yankev Abramovitsh, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 2014, S. 102: «Mir ist im Lauf der Jahrzehnte vom Auschwitz-Prozess bis heute immer deutlicher geworden, dass wir, die Deutschen, die Schuldner der Juden bleiben. Bedingungslos. Also absolut. Ohne das Hin und Her von Meinungen jeder Art. Wir können nichts mehr gutmachen. Nur versuchen, weniger falsch zu machen.»

87

Walser, Shmedendike blumen, S. 103

88

Vgl. Franz Kafka: Nachgelassene Schriften und Fragmente I. Hrsg. von Malcolm Pasley, Frankfurt am Main, S. Fischer 1992, S. 188–193

89

Walser, Shmekendike blumen, S. 103f.

90

Walser, Shmekendike blumen, S. 105

Ehen in Philippsburg

(Auszug)

Professor Mirkenreuth bot Kaffee an und Cognac und Zigaretten, sorgte für Bequemlichkeit und breitete behaglich seine Biographie vor Hans’ Bleistift aus. Hans lernte einen musterhaften Mann mit einer musterhaften Biographie kennen. Der Professor war früher selbst Journalist gewesen, sogar beim Rundfunk hatte er schon gearbeitet, Schulfunk, ja, und dann war der Krieg gekommen, den er als Kriegsberichterstatter an allen Fronten kennengelernt hatte. Bis auf den heutigen Tag existierten noch seine berühmt gewordenen Schilderungen von Luftkämpfen auf Tonband. Er spielte Hans eines davon vor. Er selbst war in einem «Jäger» mitgeflogen, hatte den ganzen Kampf aufgenommen, auch das, was über die Kehlkopfmikrophone laut wurde: die Atemzüge der Flugzeugführer, der feindlichen und der eigenen, die Beschimpfungen, in die sie während des Kampfes ausbrachen, die Flüche, die Warnungen, die sie den Staffelkameraden zuriefen, wenn ein Gegner sich von rückwärts aus dem toten Winkel heranpirschte, und schließlich sogar noch die letzten Schreie der abgeschossenen Flugzeugführer, der tonlose Schrei: ich brenne; der gurgelnde Fluch: damned; das Röcheln, das in Geprassel unterging, bis zu dem Klick, dem Geräusch, das den Augenblick festhielt, in dem Mirkenreuth sein Aufnahmegerät wieder abgeschaltet hatte. Gegen Ende des Krieges waren seine Reportagen verboten worden, er hatte Innendienst tun müssen, dafür aber hatte ihn die Besatzungsmacht sofort rehabilitiert, er war beauftragt worden, die Volkshochschulen im Lande aufzubauen, für Verbreitung demokratischer Gesinnung zu sorgen, und schließlich hatte er sogar an der Technischen Hochschule einen Lehrstuhl für Pädagogik und Philosophie erhalten; nie aber war in all der Zeit seine Sorge für den Rundfunk eingeschlafen, als Angehöriger des Rundfunkrates hatte er Einfluß genommen und gebessert, was er zu bessern vermochte.

Ja, und dann seine Programmkonzeption: der Rundfunk müsse zum Herzen sprechen und dürfe nicht dem Intellekt oder niederen Instinkten dienen! Mancher Verantwortliche sei darüber schon gestolpert. Nicht Instinkt, nicht Intellekt, sondern Herz! Denn der Rundfunk sei die Sonne des Familienlebens in der heutigen Zeit. In den Ameisenwohnungen der Großstadt, in dieser Zeit, in der alles der Zerstreuung oder der Spezialisierung diene, da die Familie den zersetzenden Kräften geschäftstüchtiger Libertinisten ausgesetzt sei, da müsse der Rundfunk Erbauung und Belehrung so verbinden, daß die Familie einen neuen Schwerpunkt erhalte … Hans stenographierte mit klopfenden Schläfen. Dieser Bekanntgabeton öffentlicher Männer erregte ihn immer wieder. Er verschmerzte den Sturz des alten Intendanten jetzt leichter. Hier war ja doch wieder ein Mann, der es gut meinte. Hans bedankte sich und trug seine Notizen ins Büro.

Halbzeit

(Auszug)

Es muß schön sein, wenn man sich’s leisten kann, sich vor einem Beruf zu drücken, sagte Susanne.

Das kann sich jeder leisten, sagte ich großspurig.

Meinen Sie, sagte Susanne und sah mich feindselig an. Sie habe einen Onkel in Breslau gehabt, sagte sie, Onkel Herbert, bei dem konnte man Vogelfutter und Hundekuchen und Wellensittiche kaufen. Der hat 1936 einen großen Käfig ins Schaufenster gestellt. In dem Käfig lebten eine Katze und eine Blaumeise. Onkel Herbert hatte die beiden so aneinander gewöhnt, daß sie aus einem Tiegel fraßen. Aber sein Ladengehilfe, der HJ-Führer war, wechselte eines Morgens die Katze aus, als mein Onkel gerade nicht im Laden war, und als der Onkel zurückkam, war die Blaumeise tot. Außen am Schaufenster klebte ein großer Zettel, auf dem stand: So geht es, Herr Schwedenser, wenn die Rasse sich rührt.

Schon wollte ich einwenden, daß die Idee des Onkels, falls er mit seinem Käfig etwas Symbolisches im Auge hatte, eine sehr unglückliche Idee gewesen sei, aber Susanne, die jetzt Gott sei Dank viel leiser geworden war, sprach sofort weiter. Um diese Zeit sei sie in Kolumbien gewesen. Onkel Herbert habe einen Brief um den anderen geschrieben, aber ihre Eltern hätten immer zurückgeschrieben, wovon denn er, der zoologische Händler, in Bogotá leben wolle? Onkel Herbert fuhr dann nach Budapest, wurde Lotterieeinnehmer. Ein paar Jahre später brachte man ihn nach Auschwitz, wo er, Sie wissen ja.

Mhm.

Sie hob ihre Stimme an und leierte rasch herunter, was sonst noch passiert war. Sie sprach, als stünde sie unter einem ihr widerlichen Zwang, als erzähle sie gegen ihren Willen die Geschichte eines langweiligen Sonntagsausflugs. Und weil sie so hastig sprach, so, als sei es sinnlos, bei irgendeinem Punkt länger zu verweilen, wirkte alles wie ein Trickfilm, der zu schnell läuft, ein Trickfilm, in dem Bewegungen von Heeren dargestellt werden mit Männchen, Pfeilen und gestrichelten Linien, der Globus drehte sich, Breslau ein roter Punkt, Jahreszahlen schossen auf, begannen zu glimmen, zu brennen. Herr Schmolka griff seine Frau an der Hand, sie hielt es noch für eine alltägliche Zärtlichkeit, er aber zog sie über den Globus hinüber, hinab nach Kolumbien. Wievielmal fliegt einem da Ruß ins Auge, daß es tränt? Die Münder der Direktoren in Bogota straffen sich unter den Bärtchen, öffnen sich dann aber wieder, als Herr Schmolka aus der gerade in Hamburg gekauften Offenbacher Mappe die Papiere hervorholt. Dies ist zwar eine Zementfabrik, mein Herr. Aber immerhin ein deutscher Chemiker. Bereut er alles? Oder warum sonst sagt er seiner Frau ins Gesicht, daß sie ohne ihn in Dachau säße? Was jetzt geschieht, hätte auch in Breslau geschehen können. Dann hätte aber Frau Schmolka keine so weite Reise gehabt, bis sie mit der zweijährigen Susanne wieder bei ihrer Mutter war. Die führt sie gleich wieder auf den Breslauer Bahnhof und fährt selbst mit. Vorsichtig über die Perrons des Schlesischen äugend, zieht sie Tochter und Enkelin hinter sich in die U-Bahn. Zum Anhalter. Und nach Genua. Das kleine Schiff hastet wieder über das Meer. Herr Schmolka ist überrascht. Er stellt seine Frau vor, Lissi, geborene Spiegel, aus Köln. Die Schwiegermutter bietet ihm allen Schmuck an. Aber was soll er mit zwei Frauen? Das geht doch nicht. Also kann er auch den Schmuck nicht nehmen. Zurück nach Breslau. Die Großmutter in Gedanken an der Reling. Die Mutter mit Augen ohne Regung im Liegestuhl, wahrscheinlich hält sie ein Buch vors Gesicht. Auch ein solches Schiff kommt an. Die Großmutter legt vielleicht sogar Wert darauf. Sie rennt zum Postamt, telegraphiert nach Budapest und schickt Tochter und Enkelin hinter dem Telegramm her, als sollten sie’s einholen. Der Onkel Lotterieeinnehmer, der sich zu helfen gewußt hat, empfängt sie und küßt, darf man annehmen, von Susannes kleinem Gesicht die vielen tausend Kilometer.

Oma selbst kann nur in Breslau leben. Mir passiert nichts, schreibt sie in jedem Brief. Schließlich ist er Offizier gewesen, sollen sie nur die Tür aufreißen, sein Eisernes erster Klasse liegt unter Zellophan auf staubfreiem Kissen, und beim Freikorps noch ein Bein verloren. Sorgt euch nicht um mich, schreibt sie bis sie, nach Bautzen transportiert, das nicht mehr und auch sonst nichts mehr schreiben kann, weil sie, Sie wissen ja.

Ihren Fohlenmantel hat sie denen mit nach Budapest gegeben und den ganzen Schmuck.

Folgt ein kurzes Kapitel, überschrieben: gut, daß die beiden katholisch sind. Susanne seh’ ich im Bergkloster unter Magyarenmädchen sitzen, als wäre sie selbst eins. Die Nonnen lehren zwar die Kleinen, alle Juden seien Menschenfresser, aber Susanne weiß ja nicht, daß sie eine Jüdin ist. Mitten in den Gesang rennt Mutti hinein. Susanne geniert sich. Endlich fährt der Omnibus. Der Onkel bleibt zurück und weint, als wisse er schon, daß ihn einer verraten und nach Auschwitz bringen wird. Der Zuschauer folgert: solang einer Abschied nimmt, weiß er mehr, als er selbst ahnt. Insbesondere der, der zurückbleibt. Warum bleibt er dann zurück? Weil er nicht ahnt, was er weiß. Einer Ahnung gehorcht er blind, gegen das, was er weiß, gibt es Argumente.

Vom vereisten Laufsteg, zwischen Rumänien und dem türkischen Schiff, fällt Mutti ins Wasser, wird aber gerettet. In Istanbul ist es eine Zeit lang, wie es in Istanbul sein soll. Bis hierher kommen die Landsleute wohl nicht. Ein richtig reicher Mann, der einfach Geld genug hat und Häuser und Diener, ein Landsmann sogar, Susanne darf ihn Onkel nennen, der sorgt für sie. Im Hotel braucht Susanne, wenn die Mutter in der Stadt ist, nur an der grünen Quaste mit den goldenen Troddeln zu ziehen, dann kommt Achmed und fragt, was sie will, sogar ans Bett setzt er sich und erzählt Märchen in einer lustigen Sprache, die sie zur Hälfte versteht. Es geht in Achmeds Märchen ganz anders zu als in ihrem Märchenbuch. Wenn sie starr vor Angst ist, streichelt er sie. Plötzlich prasselt Regen herab und verjagt das Geschrei von der Straße. Susanne erschrickt, und erschrickt gleich noch einmal, denn Achmed legt sich zu ihr. Sie schreit, obwohl sie nicht recht weiß, warum. Wie vom Schutzengel selbst geschickt, es gibt ihn also doch, kommt Mutti. Achmed grinst, erklärt, zieht sein Gesicht in die Breite und in die Länge und Mutti lacht und gibt ihm ein Trinkgeld, da lacht er noch mehr, und immer noch lachend, geht er rückwärts und sich verbeugend hinaus. In der nächsten Szene gehen beide, die ich, wie es zur Zeit ähnlicher, wenn auch milderer Schicksale üblich war, unsere Reisenden nennen dürfte, gehen also jetzt beide durch eine Istanbuler Straße. Die Szene könnte prächtig sein, verziert mit Gewändern, gebogenem Kupfer, Perlvorhängen, Bilderbuchgesichtern, aber auf dem Marktplatz von Saloniki werden schon Transporte zusammengetrieben, und plötzlich greifen noch vier Hände durch den hellichten Tag, die beiden werden wie Fische, die man ins Bassin bringen will, in den steinernen Hof geschleppt, an den Wänden stehen zwanzig schöne Gestalten und lachen. Mutti zahlt in bar, was denen ihr Vergnügen wert wäre, da läßt man sie laufen.

Ein Schiff wird gerüstet, nach Haifa zu fahren. Susanne liegt mit Fieber im Hotel. Der Arzt hat in München studiert und rät ab. Das Schiff fährt ohne die beiden und geht unter, denn was die Landsleute nicht mit dem Brandstempel versehen und dann sorgfältig vergasen können, das wollen sie wenigstens en gros ersäufen.

Aber in den zweiundzwanzig Omnibussen, die über den Libanon holpern, bis Tel Aviv, da sind sie drin. Landschaft gilt nichts momentan, nichts die Zedern, aus denen Vorfahr Salomo die Sänfte bauen ließ, nichts der Geruch des Libanon, nichts Narde, Safran, Kalmus, Zimt, Myrrhe und Aloe, nur Entfernung gilt und die Frage, ob man am Ende noch Rommel entgegenfährt.

Jetzt beginnt das Kapitel: daß Susanne und ihre Mutter katholisch sind, ist kein Vorteil mehr. Mutti sucht Anschluß bei den Engländern. Bei Leschnitzers wohnen sie. Frau Leschnitzer hat man sich klein vorzustellen. Ihre Sorge ist, Teddy könnte klein bleiben. Wenn man doch bloß einen hat. Susanne wird endlich ausgebildet: Gepäckmärsche, Gänge durch arabische Dörfer, das komische Gefühl im Rücken, plötzlich schaut man um, aber kein Gewehrlauf blinkt, die Gadna legt Wert auf derlei Mutproben. Dazu Hebräisch, Althebräisch, Talmudübungen, Baruch ta adonai, und warum dann Jehováh gesagt werden muß. Eine neue Muttersprache, die die Mutter zwar nicht spricht, soll Susanne bekommen. Wenn jemand am schönen Strand von Tel Aviv – ist das da draußen ein Schnorchel? da, der Strich? – etwas fragt, muß sie antworten: hier spricht man hebräisch. Immer häufiger fällt ihr auf, daß viele Kinder einen Vater haben. Der ist tot, sagt Mutti, gestorben in Bogotá. Plötzlich rennt Frau Leschnitzer herein und ruft: die Araber, Krieg. Die Mutter näht Kunstblumen aus Velours. Über den Häusern summt es. Susanne zieht die Mutter vom Fenster weg. Die Bombe krepiert, ein Splitter schlägt durchs Fenster. Susanne wird eine Autorität. Mutti schenkt ihr den Fohlenmantel. Aber sie sind immer noch katholisch, und Mutti kann die neue Muttersprache nicht. Überhaupt gehören sie nach Breslau. Leschnitzers sind schon fort. Also fahren sie hinter Leschnitzers her nach Berlin. Breslau haben die Landsleute verscherzt. Ein für allemal. Tante Maria ist angeblich nach Moskau geflohen und in Rußland verschwunden, Onkel Herbert und Oma, Sie wissen ja, und wo sind die Brüder des Vaters? Es könnte sein, in Amerika. Muttis Cousine ist in Rio, das weiß man. Und Sophie war immer besorgt. Was soll man auch in Berlin, wenn man doch nicht mehr nach Breslau kann. Also nach Rio. Der Globus läßt sich zwar drehen, die Route ist bekannt, aber im Jahr fünfzig ist es nicht günstig, Kolumbierin zu sein, wenn man von Berlin aus nach Brasilien will, auch nicht, wenn man’s von München, von Zürich, von Genua – die Tante dort zählt nicht – vom Schiff aus probiert, man landet zwangsläufig mit einer Vierwochengenehmigung in Buenos Aires und sitzt dort in der Barackenvorstadt ohne Klo und wird mit jedem Tag noch illegaler.

Helmut Preiß geht mit Susanne aus. Sein Chef, Herr Kuhn, früher Cohn, sieht das nicht gern, warum denn eine Jüdin, Helmut, sagt Herr Kuhn. Aber Helmut, vom VW-Werk gerade herübergeschickt, ein offener Karosserieschlosser, der weiß, was er wert ist in einem Land ohne viel Karosserieschlosser, aber mit viel Karambolagen, Helmut rast gegen die Intrige, wie er es kürzlich im Deutschunterricht gelernt hat, und geht mit Susanne aus. Wolfgang Deutelmoser geht mit Susanne aus. Er fährt sie sogar aus. Sein Vater verkauft deutsche Werkzeugmaschinen und sieht vorerst noch zu.

Franz Hohwein geht mit Susanne aus. Zu Fuß. Franz, ein Kürschner aus Linz. Er schneidert ihr aus dem Fohlenmantel eine Jacke für die paar kühleren Tage.

Wolfgang und Franz und Herr Kuhn machen Helmut ganz nervös. Man sieht ihn mit Susanne in irgendeiner Calle gehen, eine Zeitung kaufen, bloß um sie zu zerreißen. Die Fetzen wirft er in die Luft. Verächtlich, eine Geste gegen Wolfgang wahrscheinlich, streut er alles Kleingeld, das er bei sich trägt, in den Straßendreck. Plötzlich sagt er: Ich komme mir vor wie ein Wurm, der die Steilwand von der Straße zum Trottoir hinaufklettern will und immer wieder herunterfällt. Susanne weiß nicht, was Pubertät ist. Sie findet Helmuts Launen abscheulich. Trotzdem ist sie dankbar, daß er nicht zu den Parties geht, zu denen sie nicht eingeladen ist. Das sind die Parties bei Kuhn und bei Dr. Wagner, der ein hoher SS-Arzt war und in Buenos Aires als Frauenarzt rasch großen Zulauf fand. Man erzählt, er habe nicht nur Leute umgebracht, sondern auch die Kinder der Allerhöchsten aus den erlauchten Leibern ans Licht der Welt gezogen. Der Führer selbst habe sich von ihm diesen und jenen gynäkologischen Tip geben lassen, bloß daß er es ein bißchen leichter hätte. Mathilde Wagner ist so alt wie Susanne. Mathilde liebt Wolfgang Deutelmoser, der Susanne liebt, die eigentlich Helmut liebt, der sie eigentlich auch liebt, aber nicht lieben soll, denn er soll Mathilde Wagner lieben, sagt Herr Kuhn. Im Ausland sorgt man füreinander. Eine Party nach der anderen gibt Herr Kuhn, um Mathilde und Helmut viel Gelegenheit zu geben.

Helmut nimmt, jetzt schon heimlich, Susanne mit ins Stadion. Es fällt nicht das richtige Tor. Ein Tumult entsteht, eine Tribüne bricht zusammen, und Helmut werden drei Rippen eingedrückt, und ein Körperteil, den Susanne vorher noch nicht bei ihm gesehen hat, wird verletzt. Mit dem Judenmädel wenn du noch einmal gehst, dann fliegst du, sagt Herr Kuhn. Andererseits hat man also im Ausland auch eine gewisse Macht über die, für die man sorgt.

Mutti näht in der Baracke Kunstblumen aus Velours. Einen Herrn sieht man besonders oft vorbeigehen. Schließlich tritt er ein und stellt sich vor: Schweizer ist er, Kaufmann ist er und heißt Bruno de Summer. Seine Geschichte ist die Geschichte seiner Methode. Aus Chile ausgewiesen, erfolgreicher Geschäfte wegen. Schlechtes argentinisches Baumwolltuch verkauft er teuer als englischen Stoff. Natürlich kann er andere Verkäufer englischen Stoffs immer noch beliebig unterbieten. Sein Musterballen übrigens ist tatsächlich beste englische Ware. Soviel hat er investiert. Nun mietet er sich ein Taxi, immer gleich für einen ganzen Monat, fährt vor bei Waisenhäusern, Pfarrämtern, Klöstern, gibt sich katholisch, vielleicht ist er es auch, und wenn er abfährt, sind Waisen, Pfarrer und Nonnen wieder für lange Zeit mit schwarzem Tuch versehen. Ihm bleibe, sagt er und weist damit auf das Ausgetüftelte seiner Methode hin, jedesmal gerade noch Zeit genug, bis zum Taxi zu kommen, bevor seine Kunden den Unterschied merkten.

Jetzt also zieht er, auch hier erfolgreich, mit einigen Koffern in die Baracke. Ob er zuerst Susanne haßte, ob Susanne mit dem Haß begann, ist unter diesen Umständen unerheblich. Sicher ist, daß das Zusammenleben in einer solchen argentinischen Vorstadtbaracke das Verheimlichen von Abneigung, das wortlose Hinunterschlucken von immer wieder hochkommendem Ekel nicht befördert. Die Katastrophe wird vorbereitet durch einen Gang Susannes zum Arzt. Natürlich nicht zu Dr. Wagner, sondern zu einem Arzt, der sich nicht nur mangels anderer Gelegenheit aufs Heilen umgestellt hat. Während ihrer Tage soll sie nicht schwer arbeiten, sagt der Arzt, vor allem nicht mit Wasser. Susanne mag das der Mutter nicht sagen. Die erzählt ja doch alles dem Ekel. Der Knoten wird geschürzt durch Frau Schmolkas Anordnung, Susanne solle den Boden wischen. Susanne hat ihre Tage. Also weigert sie sich. Und weil Herr de Summer grinsend dasteht und sich bereitmacht, ihr beim Putzen zuzuschauen, weigert sie sich heftig, und sie gibt nicht den wahren Grund an, sondern sagt, daß sie sich nicht mit dem Dreck dieses Schwindlers abgeben werde. Dieser Satz war längst fällig gewesen. Aber auch der Wutschrei des Herrn de Summer war gut und lange vorbereitet. Für ihn war ihr Satz der oft herbeigesehnte Grund, sozusagen den Kopf verlieren zu dürfen, sich spontan zu gebärden, und das tat er denn auch: sprang auf sie zu und schlug und würgte sie. Sie trat ihn, wohin sie ihn treten konnte, entkam, denn ein Kämpfer war er nicht, und lief schreiend auf die Straße. Kam mit einem Polizisten zurück und dachte: jetzt kann ich ihn kriegen, jetzt wird alles aufgedeckt. Aber als sie den Blick ihrer Mutter sah, fiel ihr ein, daß es nichts gab, was sie so sehr zu meiden hatte wie Berührung mit Polizei und Behörden. Also schwieg sie und überließ es Herrn de Summer, dem Polizisten einen Drink anzubieten und eine Zigarette und ihm unterdessen zu erklären, was für ein schwer erziehbares, nervöses, ja leider immer mehr zur Hysterie neigendes Mädchen Susanne sei. Mutti nickte. Da nickte auch der Polizist und ging. Der Polizist aber vergißt Susanne nicht. Mitten auf der Straße sieht man ihn auf Susanne zugehen. Wenn der Kerl wieder was will, sagt er, holst du mich.

Deutelmosers fahren ans Meer. Wolfgang steckt Susanne Geld zu, daß sie nachfahren kann. Sie wohnt im Hotel nebenan. Wenigstens mit seiner verheirateten Schwester bringt Wolfgang sie zusammen. Wenn die Eltern im Schatten dösen, liegt Susanne mit Inge am Strand und unterhält sich mit ihr über den Orgasmus. Sicher liegen beide auf dem Rücken, daß sie einander nicht sehen. Das Getöse der Brandung erlaubt die Illusion, es handle sich um zwei Selbstgespräche. Wolfgang läßt ihnen Zeit. Es ist möglich, daß die Schwester den Auftrag hat, Susanne kennenzulernen. Vielleicht ist Inges Bericht so gut ausgefallen, daß Wolfgang unvorsichtig wird, zuviel Zeit mit Susanne verbringt und den Vater so reizt, daß der nicht mehr ruhig zusehen kann, sondern ein Verbot erlassen muß. Aber Wolfgang trotzt noch. Wir dürfen uns eben vorerst nicht sehen lassen. Susannes Illegalität ist um eine Nuance bereichert.

Helmut, das war wohl einer, der rasch zu schreien anfing, sich rot färbte, aber es hielt nicht an. Und schließlich kann man nicht leben, wie man’s in den Aufsätzen schreiben mußte. Schule und Leben, hat vielleicht Herr Kuhn gesagt und ihm diesen Zahn gezogen. Es ist möglich, daß bei Mathilde Wagner die Überlegung eine Rolle gespielt hat: ich nehme Helmut, um ihn Susanne wegzunehmen. Solche Gedanken hatte sie natürlich erst, als Wolfgang klipp und klar gesagt hatte, daß mit ihm nicht zu rechnen sei. Und hatte Mathilde, als sie nun Helmut heimführte, nicht einen Ersatz für Wolfgang, wie er intimer gar nicht gedacht werden kann?, da sie doch Helmut genau von dem Mund zurückholte, an dem Wolfgang noch hing.

Susanne aber, die jetzt nur noch einen halben Freund hatte, denn was ist ein Freund, den man nicht zeigen darf?, und Franz Hohwein war nur ein Trabant, Susanne wurde vom Schicksal ein Onkel zurückerstattet, den sie noch nie gesehen hatte; trotzdem sage ich: zurückerstattet, denn man hat ein Anrecht auf einen Onkel. Onkel Bernhard ist plötzlich leibhaftig in der Welt, in Buenos Aires sogar, man kann ihn besuchen, ihm die Hand reichen über den Ladentisch, an dem er Uhren verkauft. Hilf dir selbst, Gott hat zu tun, sagt Onkel Bernhard. Das Geschäft geht so lala. Es muß ja nicht immer eine echte Schweizer sein, sagt er und lächelt. Die Frau ist ihm allerdings wegen eines Herdenbesitzers von der bolivianischen Grenze sang- und klanglos, und er pfeift mit breiten Lippen zwischen Sch und Ui und macht eine Bewegung, die den raschen Start eines Vogels imitiert. Hatte nicht Flintrop sich dieser Geste bedient, um mir das Verschwinden Melittas mitzuteilen? Männer wissen offensichtlich, daß man den Sachverhalt nur mit dem Wort futsch ausdrücken könnte; ihre momentane Stimmung aber verbietet ihnen dieses Wort, also begnügen sie sich mit der Andeutung und beweisen dadurch viel Schamhaftigkeit und Zartgefühl. Frauen würden entweder einen heftigen Satz herausstoßen, der gipfelt in abgehauen, oder sie säßen ungekämmt und gäben kaum hörbar von sich: er hat mich verlassen.

Onkel Bernhard steckt Susanne jedesmal kleine Briefchen zu, die er mit violetten Rosen bemalt hat und mit Gedichten in schlesischer Mundart. Die Gedichte sind sozusagen lustig. Auch so gemeint. Aber Susanne wird rot, wenn sie sie liest. Es gibt da Stellen. Beim nächsten, mit Beklemmung unternommenen Besuch setzt sich Onkel Bernhard ans Klavier und sagt: komm, wir singen. Quien canta sus males espanta. Sie muß sich neben ihn setzen, und dann singt er die Lieder, die sie von Leschnitzers kennt. Reegentropfen, die ann mein Fennster klopfen und Wiien, Wiien nur Duu alllein. Onkel Bernhard singt immer lauter, Susanne summt mit, soweit sie kann. Dann ruft Onkel Bernhard: ausgerechnet Bananen, und lehnt seinen Kopf gegen ihre Schulter und weint. Susanne wagt kaum mehr zu atmen. Gott sei Dank erholt sich Onkel Bernhard wieder und spielt und singt zum Abschluß: Klaine Mööve, flieg nach Hellgoland. Zweistimmig gelingt das nächste Mal: Du Du liegst mir im Hää-erzen. Susanne singt, als ginge sie durch den Wald. Sie fragt sogar: kannst du O Donna Clara? Das war Frau Leschnitzers Lieblingslied! So bringt denn Onkel Bernhard Anfang der fünfziger Jahre seiner Nichte O Donna Clara bei, und da wird auch Susanne ganz anders zumute. Onkel Bernhard stürzt zur Schublade hin und sagt: das sind die Photos dazu.

Susanne lernt die ihr vorenthaltene Familie kennen. Auf dem Eisbärenfell, Grübchen links und rechts, später: aufgewölbte Locken, später: linkisch an die Lehne des Sessels gepreßt, auf dem der Opa sitzt, später: aufrecht alle, Armgirlanden über viele Nacken geflochten, das ist deine Tante Maria, nach Moskau, ja, der arme Herbert, Opa als Einjähriger, schneidig, was, Breslau, Blücherstraße, ja, Cousine Berta, Dachau, Moritz, Friedrich, Kanada, Sophie, Emil, Rio, Genua, Olga, Auschwitz, Auschwitz, Auschwitz, Bautzen, Hans, Jakob, Josef, Theresienstadt, Brasilien, wahrscheinlich Warschau, Kattowitz, ja, der auch, nein, nichts mehr gehört. Susanne sucht und sucht in den Gesichtern. Du hast Jakobs Augen, ganz auf Tante Olga kommst du heraus. Damit hatte sie nie was anfangen können. Jetzt forschte sie nach ihrem Mund, nach ihren Augen in den Photomündern, Photoaugen. War es überhaupt notwendig, daß die Photographie erfunden wurde, dann um dieses Augenblickes willen, in dem Susanne aus zwanzig Stücken vergilbten Photopapiers sich eine Art Heimat zusammensucht, die es aufnehmen soll mit irgendeinem grünen Tal, in dem andere jede Weide beim Namen kennen. Und der mit herausforderndem Lächeln das Mädchen umfaßt, frech sogar dieses Lächeln, unsympathisch, das ist Vater?

Ach was, sagt Onkel Bernhard, Eberhard ist doch nicht tot, er lebt, lebt ganz gut in Guayaquil, der Gauner, und hat eine Apotheke. Sie bekommt die Anschrift und schreibt. Ja, sie soll nur kommen. Onkel Bernhard meldet sie an beim Konsul von Ecuador. Für Samstagnachmittag, denn es fehlt ihr an Unterlagen. Der Konsul ist so fett, wie man ihn sich vorzustellen hat, er schließt die Tür und schätzt sie ab. Die Jalousien sind dicht. Schließlich jagt er ihr um alle Sessel nach und schnauft und lacht und quiekst noch dazu, verstellt ihr den Weg hinterm Schreibtisch und lacht jetzt ganz tief. Hinterm Rauchtisch bleibt sie zitternd stehen. Es sei doch nur ein Spaß, sagt er und küßt ihr die Hand. Das Visum bekommt sie. Und als sie dankt, da küßt er ihr noch einmal die Hand und sagt: gracias igualmente.

Bruno de Summer ist wirklich ein gütiger Mensch. Reisegeld gibt er ihr. Wolfgang rechnet nach und sagt: das reicht nicht. Hast du nicht noch alte Kleider. Sie holt die Jacke, die Franz mit Linzer Händen im Geiste Wiens aus dem Breslauer Fohlenmantel geschneidert hat. Aber mehr als vierzig Pesos bekommt sie nicht auf dem Trödelmarkt. In der letzten Nacht nimmt Wolfgang sie noch mit in seinem Wagen. Am Morgen weckt Mama. Susanne kann sie nicht anschauen. Susanne ist so erstaunt, daß Mama nichts bemerkt. Wolfgang ist nicht am Zug. Er hat es ihr gesagt, daß er nicht kommen kann. Was hätte er seinem Vater sagen sollen. Sie haben sich also gleich danach verabschiedet. Hasta pronto, hat er gesagt. Hasta luego, hat Susanne gesagt und hat die Wagentür leise zugemacht.

Das Geld reicht nur bis Valparaiso. Hat sie nicht aufgepaßt, oder hat auch Wolfgang nicht richtig gerechnet? In einem Reisebüro steht Enrico, ein Spanier, steht zwar nur, um Auskunft zu geben, aber da Susanne damit nicht geholfen ist, gibt er auch Geld. Acht Tage bleibt sie. Aber sie wird erwartet in Guayaquil. Versteh doch, Enrico, mein Vater.

Am Lächeln erkennt sie ihn. Er schaut sie an und sagt: ta, ta, una taza de plata. Er küßt sie. Mein Gott, sein Mund!, ist der weich. Die neue Mutter. Eine Kölnerin. Susanne soll sie auch Lissi nennen. Und plötzlich hat Susanne einen Bruder, fast so alt wie sie selbst. Maurice. Die Photos kennt sie fast alle. Die Wohnung kostet 2000 Sucres, aber man sieht über ganz Guayaquil und hat nicht soviel Insekten wie die Chulos drunten. Ja, die Apotheke ist auch drunten. Natürlich.

Kay zeigt ihr die vielen kleinen Töpfe. Der Vater beobachtet. Maurice kommt nie ins Geschäft. Susanne reinigt Gläser und macht Pakete auf. Abends werden die Sucres gezählt. Maurice hat also zeit seines Lebens einen Vater gehabt. Lissi weint zuweilen. Der Vater lächelt wie auf dem Bild und geht zum Hafen hinab. Immer treibe er sich bei den Chulos herum, deshalb sei er bei den Gringos nicht beliebt. Wir könnten eine viel bessere Kundschaft haben. Das also ist eine Familie.

Kay Johns geht mit Susanne aus. Kauft ihr ein Coca auf der Promenade. Er will nach New York zu seiner Mutter und richtig studieren. Susanne lernt Englisch mit ihm. In New York werden sie heiraten. Bei ihm weiß sie sicher, daß er sie braucht.

Mr. Swobe fragt nach den Unterlagen. Einen Geburtsschein, nein, hat sie nicht. Eine Röntgenbescheinigung, o ja, die beschafft sie. Sofort. Einen Taufschein hat sie noch. Gilt der nichts? Solche Papiere, sagt Mr. Swobe, können gefälscht sein. Sie soll wiederkommen, wenn er Marken und Stempel mit den Marken und Stempeln in seinem Katalog verglichen hat. Und wie ist es mit polizeilichen Führungszeugnissen? Alle Länder, in denen Susanne seit ihrem vierzehnten Jahr war, möchten bitte solche Zeugnisse ausstellen. Aber an wen sich wenden in Israel? Wenn Leschnitzers noch dort wären, aber so? Deutschland ist kein Problem. Argentinien, tja, da war ich doch eigentlich gar nicht. Mr. Swobe verspricht, alles auf dem Konsulatsweg zu besorgen. Als Mr. Swobe alles auf dem Konsulatsweg besorgt hat, ist die Röntgenbescheinigung abgelaufen, denn sie gilt nur vier Wochen, also eine neue, und die kostet wieder. Aber Mr. Swobe drückt noch ein Auge zu. Und er will nichts dafür. Amerika ist eine Hoffnung wert. Mr. Swobe, I thank you so much, sagt sie und bemüht sich, die Worte so unbeschädigt als eben möglich über die Lippen zu bringen.

Wenn es um New York geht, kann man eigentlich gar nicht übertreiben. Hat nicht die Heirat geklappt? War nicht gleich die Wohnung in Brooklyn bereit?, und auch schon ein Job bei PAA? Zum ersten Mal weiß sie sicher, daß sie dann und dann soundso viel Geld bekommt. Und während sie die Nummern der Zollscheine einträgt, fliegen draußen die großen Tiere ein, rasen auf das Gebäude zu, fangen sich aber rechtzeitig und stehen nun, als trauten sie sich nicht weiter, als müsse Susanne das Fenster aufkippen und ihnen Mut machen, näher zu kommen. Kay, bitte, auch Kay kann gleich anfangen in der Apotheke, und am Abend studiert er Chemie. Kays Mutter kocht. Kays Mutter schenkt ihr eine Marabujacke, immer schon bestimmt für Kays Frau. Bloß, Kay ist fahrig, zerschlägt leicht etwas und kann einen nicht richtig anschauen. Gäbe er nicht besser das Studieren auf? Man sieht sich ja kaum. In Guayaquil hat er doch überhaupt nicht getrunken. Und jetzt gleich diesen Burban. Sie öffnet Briefe, die aus Ecuador kommen. Man verweigert ihm etwas, weist ihn ab. Nun gesteht er, daß es das Morphium ist, das ihm fehlt. Sie will gehen. Er bettelt, bereut, bessert sich. Bevor er Susanne hatte, glaubte er, bei ihm sei nicht alles in Ordnung. Das hat ihm eine beigebracht. Jetzt hat er Angst. Susanne bleibt. Aber manchmal kommt sie mit einem geschwollenen Auge nach Idlewild. Sie ist unter all den hübschen Dingern die einzige, die mit einem geschwollenen Auge kommt. Der Neuseeländer, der sie eingestellt hat, wird mißtrauisch. Der Personalchef aber verteidigt sie.

Am 7. September 1954 verzögert sie den Abflug einer Maschine um drei Minuten. Sie hat die Papiere am Zollschalter stempeln zu lassen und stellt sich immer rechtzeitig an. Am 7. September 1954 aber hat sie geträumt, hat sich am falschen Zollschalter angestellt, bis der schottische stationofficer hereinlief und brüllte und sie vor allen Leuten herabkanzelte. Sie weint. Er reißt ihr die Papiere aus der Hand. Rennt hinaus. Dann kommt er und schreit: Was soll ich jetzt ins Journal schreiben? Drei Minuten Verspätung, weil Missis Johns schlief, ja?, soll ich das hineinschreiben? Dann sind Sie dran, das wissen Sie.

Sie geht zum Chef. Gibt alles zu. Beschwert sich aber über den Schotten. Und sie bekommt recht. Man sieht den Schotten hinter ihr herlaufen. Kuchen bringt er ihr jetzt und Blumen. Einmal sogar Whisky.

Doris bekommt ein Kind von Elvis, dem Kanadier, und will sich scheiden lassen. Susanne rät ab. Nicht, bevor du sicher weißt, daß Elvis dich nimmt.

In Brooklyn tanzen Kay und Susanne. Kay wütend, weil er die südamerikanischen Tänze nicht kann. Schließlich schaut er bloß zu und trinkt. Zu Hause schlägt er sie. Nicht ganz zu Unrecht, sagt sie, denn sie liebte ihn nicht. Bloß weil sie glaubte, es sei schon alles vorbei, hat sie ihn genommen; aus Mutlosigkeit.

Nachzuholen wäre: Lissi ist mit Maurice nach Peru geflohen. Weiß Gott zu wem. Der Vater gibt die Apotheke auf, kommt nach New York und ergattert einen Job bei der Union Carbide. Wohnt in Bronx.

Kay schlägt wieder. Der Anwalt sagt: 500 Dollar an mich, 200 Dollar an meinen Kollegen in Chauvava, 500 die Reise, und Sie sind geschieden. Kays Mutter ist es nur darum zu tun, daß ihr Sohn ohne finanzielle Verpflichtung davonkommt. Immer wenn Susanne es nicht verstehen soll, spricht sie schwedisch mit Kay. Susanne sitzt solange da und wartet, bis man wieder mit ihr spricht. Ihr Vater gibt die 1200 Dollar. Susanne fliegt nach Mexiko und ist noch vor Weihnachten geschieden. Der Vater, der damit nicht gerechnet hat, ist an Weihnachten schon besetzt. Die Marabujacke hat ihr Mutter Johns wieder abgenommen. Die ist für Kays Frau, sagt sie.

Aber am 26. hat der Vater Zeit. Sie fährt bis Woodlawnstation. Es war ihm wichtig, sie abzuholen. Auf dem Weg in die Oneida Avenue macht er Geständnisse. Man sieht ihn auf sie einreden. Die Hände nimmt er aus den Manteltaschen. Mr. Elliot, bei dem er wohnt, erzählt ihm immer jüdische Witze. Aber Herr Schmolka lacht nicht. Was Jiddisches und Hebräisches vorkommt in den Witzen, verstehe er nicht. Susanne, bitte, wenn er Anspielungen macht oder Witze erzählt, lach nicht, so far vermutet der nur, aber wissen tut er gar nichts! Susanne verachtet ihren Vater zum ersten Mal von ganzem Herzen. Und schließlich, sagt Herr Schmolka, als er Susannes Gesicht sieht, sind wir doch tatsächlich Deutsche. Susanne bleibt stehen, es schneit, schneit, schneit, da sagt Herr Schmolka: oder wenigstens Kolumbier.

Durch einen Brief von Enrico aus Valparaiso erfährt Susanne einen Monat später, daß ein älterer Herr im Reisebüro gewesen sei, den er zuerst für Susannes Vater gehalten habe, er habe sich dann aber als Señor Bürger oder so ähnlich vorgestellt, habe Grüße von Susanne ausgerichtet: er sagt, er kenne dich seit langem, schrieb Enrico. Susanne hatte ihren Vater, als er in Geschäften nach Valparaiso flog, gebeten, Enrico Grüße zu bestellen. Der Vater aber hat es vorgezogen, nicht ihr Vater zu sein.

Kay ruft jeden Tag in Idlewild an. Ich beobachte dich, sagt er. Wenn du einen anderen hast, passiert was. Plötzlich steht er vor der Haustür und heult und verspricht alles und droht gleich wieder.

Ihr Vater sagt: jemand sollte nach Deutschland fahren. Ich kann nicht. Ich fahre da nicht mehr hin. Ich kann einfach nicht. Aber wir müssen uns um unsere Entschädigung kümmern. Du hast Anspruch auf mindestens 1500 Dollar für Ausbildungsverlust, und mir werden sie wohl oder übel 20000 Dollar zahlen müssen. Willst du?