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Alexander Lüdeke

Beutepanzer der Wehrmacht

Großbritannien, Italien, Sowjetunion und USA 1939–1945

Paul Pietsch Verlage

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Einbandgestaltung: Luis dos Santos unter Verwendung von Motiven des Autors

 

 

Bildnachweis:

Alle Bilder, soweit nicht anders vermerkt, stammen aus dem Archiv des Autors.

Die mit (BA) gekennzeichneten Bilder wurden vom Bundesarchiv unter einer Creative Commons Lizenz (CC by SA 3.0) veröffentlicht. (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/)

 

DWA – Deutsches Wehrkundearchiv

NARA- National Archives and Record Admistration, USA

 

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1. Auflage 2011

 

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Lektorat: Joachim Kuch

ISBN 978-3-613-31018-6

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Einleitung

Dieser zweite Band des Typenkompass »Beutepanzer der Wehrmacht« stellt eine Vielzahl britischer, jugoslawischer, sowjetischer, US-amerikanischer und italienischer Kampffahrzeuge vor, die den deutschen Streitkräften zwischen 1940 und 1945 in die Hände fielen und von ihnen eingesetzt wurden. Allerdings würde eine ausführliche Darstellung wirklich aller Beutefahrzeuge den Rahmen dieses Typenkompass sprengen, denn oft fielen der Wehrmacht nur Einzelstücke oder einige wenige Exemplare in die Hände, deren Verwendung zudem noch unzureichend oder gar nicht dokumentiert ist.

Obwohl die Beute an britischen Panzern in Frankreich und Griechenland recht umfangreich ausfiel (man darf von mehreren Hundert Fahrzeugen, vom Panzerwagen bis zum Kampfpanzer, ausgehen), wurde deren Wiederverwendung durch die Tatsache erschwert, dass für diese nur ein begrenzter Vorrat an Ersatzteilen und Munition vorhanden war. Anders als in Frankreich, wo der Zugriff auf die Lagerbestände der Armee sowie die Fertigungs- und Reparaturkapazitäten der Industrie der Wehrmacht erlaubte, erbeutete Fahrzeuge im großen Stil für eigene Zwecke einzusetzen, war dies mit britischen Beutepanzern nicht möglich. Waren Ersatzteile und/oder Munition nicht mehr vorhanden, wurden diese Fahrzeuge oft als Hartziele auf Übungsplätzen aufgebraucht.

Die Feldzüge in Skandinavien brachten kaum Beutepanzer in deutsche Hände, da Norwegen keine und Dänemark nur eine Handvoll gepanzerter Fahrzeuge besaß.

Eine andere Lage bot sich auf dem Balkan. Dort eroberten deutsche Truppen eine ganze Reihe von Panzern. In Jugoslawien z. B. aus Frankreich gelieferte FT-17 und Renault R-35, über deren Weiterverwendung jedoch keine Angaben vorliegen. Eine kleine Anzahl jugoslawischer Škoda T-32 fand hingegen Verwendung in deutschen Einheiten. In Griechenland bestand die Beute aus einigen wenigen griechischen Panzern sowie einer Reihe von britischen Kampffahrzeugen, über deren Verwendung aber kaum Unterlagen existieren.

In den Anfangstagen des Russlandfeldzuges fielen buchstäblich Tausende von sowjetischen Panzerfahrzeugen in deutsche Hände. Allerdings besaß die Wehrmacht nicht die nötigen freien Kapazitäten, um all diese Kampfwagen zu bergen und instand zu setzen, da man mit den eigenen Panzer bereits mehr als alle Hände voll zu tun hatte. So blieb die große Mehrzahl der sowjetischen Beute-Panzer über den Winter 1941-42 im Freien liegen und war danach nur noch Schrott. Im Laufe der folgenden Jahre wurde aufgrund der eigenen desolaten Ausrüstungslage praktisch alle verwendbaren sowjetischen Kampffahrzeuge wiederverwendet, allerdings ist die Quellenlage aufgrund der oft inoffiziellen und improvisierten Art des Einsatzes dürftig. Bei der Truppe besonders begehrt waren natürlich moderne, kampfstarke Modelle wie T-34 und KW-1, deren Einsatz auch vergleichsweise gut dokumentiert ist. Die Versorgung mit Ersatzteilen und Munition war zwar einfacher als bei britischen Kampfwagen, blieb aber dennoch ein Problem.

Das Deutsche Afrika Korps (DAK) war aufgrund seiner schwierigen Versorgungslage beständig auf Beutematerial angewiesen und setzte daher jedes irgendwie verwendbare Fahrzeug ein. Dies geschah in so hohem Umfang, dass Rommels Truppe oft wesentlich mehr Beutegerät als deutsche Ausrüstung benutzte. So finden sich in Nordafrika eine ganze Reihe von britischen und amerikanischen Beutepanzern.

Auch als sich die Wehrmacht längst auf dem Rückzug befand, fielen ihr doch immer wieder gegnerische Panzer in die Hände, sodass Beutefahrzeuge britischer, amerikanischer und russischer Herkunft bis Kriegsende in deutschen Einheiten zu finden waren.

Einen Sonderfall stellen italienische Kampfwagen dar. Nachdem Italien Anfang September 1943 einen Separatfrieden mit den Alliierten geschlossen hatte, sicherten deutsche Truppen im Rahmen der Operation »Achse« alles verfügbare italienische Kriegsmaterial, darunter Hunderte von Panzern und Spähwagen. Da sich die italienische Rüstungsindustrie zur Gänze im Norden des Landes, und damit praktisch bis kurz vor Kriegsende unter deutscher Kontrolle befand, stellte die Versorgung mit Ersatzteilen und Munition nun kein gravierendes Problem dar. Tatsächlich lief die Produktion sogar im deutschen Auftrag weiter, bzw. es wurde die Produktion von erst im Prototypen- oder Erprobungsstadium befindliche Typen erst unter deutscher Ägide aufgenommen. Allerdings war dies kaum mehr als reine Verzweiflung, den einen hohen Kampfwert besaßen diese Kampfwagen in der Regel nicht. Sie wurden daher meist nur Ausbildungs-, Sicherungs- und Polizeieinheiten zugewiesen.

Dank

Zahlreiche Personen und Institutionen haben mich bei der Erstellung dieses Typenkompass unterstützt. Bedanken möchte ich mich daher bei J. Schroeder, Vincent Bourguignon, Massimo Foti, dem Deutschen Wehrkunde Archiv (DWA) und Martin Spurny. Mein besonderer Dank gilt Oliver Missing, der nicht nur seine hervorragenden Grafiken beisteuerte, sondern mich auch mit wertvollen Tipps, Anregungen und Informationen versorgte. Des Weiteren verdient der Verein St. Barbara eine ausdrückliche Erwähnung (hier insbesondere Frau Arndt und Herr Loof). Der Verein erlaubte mir freundlicherweise Fotografien aus seinem Bestand zu nutzen und machte mir wichtige Hintergrundinformationen zugänglich.

Nicht zuletzt will ich mich auch bei meiner Lebensgefährtin Martina Pohl und unserem Sohn Thore bedanken.

Erläuterungen

(a)

Kennzeichnung für amerikanische Beutefahrzeuge

(e)

Kennzeichnung für englische Beutefahrzeuge

(i)

Kennzeichnung für italienische Beutefahrzeuge

(j)

Kennzeichnung für jugoslawische Beutefahrzeuge

(r)

Kennzeichnung für russische Beutefahrzeuge

Abt.

Abteilung

DAK

Deutches Afrika Korps

Div.

Division

FuG

Funkgerät

FuPzWg.

Funkpanzerwagen

gep.

gepanzert

HWA

Heereswaffenamt

KwK

Kampfwagenkanone

Kp.

Kompanie

le.

leicht

L/XX

Länge der Kanone in Kalibern

MG

Maschinengewehr

MTW

Mannschaftstransportwagen

Pak

Panzerabwehrkanone

PiPzWg.

Pionierpanzerwagen

Pz.

Panzer

PzBefWg.

Panzerbefehlswagen

PzFuWg.

Panzerfunkwagen

Pz.Jg.

Panzerjäger

PzKpfw.

Panzerkampfwagen

Pz.Sp.Wg.

Panzerspähwagen

PzWg.

Panzerwagen

Rgt.

Regiment

s.

schwer

Sd.Kfz.

Sonder-Kraftfahrzeug

SPW

Schützenpanzerwagen

StuG

Sturmgeschütz

z.b.V

zur besonderen Verwendung

Großbritannien

Panzerspähwagen Mk I 202(e)

Aus drei Vorschlägen für einen leichten Spähwagen, die 1938 aufgrund einer Ausschreibung des britischen Kriegsministeriums eingereicht worden waren, wurde der BSA-Entwurf als Sieger ausgewählt. Die Produktion erfolgte ab 1939 jedoch durch Daimler. Obwohl der offizielle Name des Wagens »Daimler Scout Car« lautete, wurde er unter der Bezeichnung Dingo weitaus bekannter. Der Dingo erwies sich als eines der besten britischen Panzerfahrzeuge des Krieges und besaß Einzelradaufhängung, ein halbautomatisches Vorwählgetriebe, schusssichere Bereifung und Allradantrieb. Die ursprünglich vorhandene Allradlenkung gab man ab der Ausf. Mk II wieder auf. Bis Kriegsende entstanden insgesamt 6626 Wagen der leicht unterschiedlichen Modelle Mk I bis Mk III. In Kanada baute Ford zusätzlich 3255 Exemplare einer »Lynx« genannten, etwas größeren und schwereren Variante. Sowohl Dingo als auch Lynx waren mit Funk und einem 7,7-mm-Bren-MG oder einer 14-mm-Boys-Panzerbüchse ausgerüstet und erfreuten sich ob ihrer robusten Bauweise und Agilität großer Beliebtheit.

Die ersten Dingos fielen den deutschen Streitkräften in Dünkirchen im Juni 1940 in die Hände, weitere folgten 1941 in Griechenland und in Nordafrika. Weitere Wagen wurden nach dem gescheiterten alliierten Landungsversuch bei Dieppe im August 1942, ab September 1943 in Italien sowie ab Juni 1944 in Frankreich erbeutet.

Mindestens fünf Daimler (umgerüstet auf MG 34) sind bei der 1. Marine Kraftwagen Einsatz Abteilung nachgewiesen, die sie am Schwarzen Meer zur Sicherung von Transportkonvois einsetzte. Da das Deutsche Afrika Korps (DAK) unter ständigem Materialmangel litt, wurden dort zahlreiche erbeutete Wagen von der Truppe verwendet. Ein Dingo lief bei der SS Panzer-Abteilung 102 als Kommandowagen. Insgesamt sollen zwischen 1940 und 1945 rund 200 Daimler-Spähwagen bei deutschen Einheiten zum Einsatz gekommen sein.

Des Weiteren wurden erbeutete Daimler vom HWA eingehend untersucht, so waren 1941 vier dieser Spähwagen bei der Heeresversuchsstelle Kummersdorf vorhanden.

Typ

leichter Panzerspähwagen

Hersteller

Daimler, Humber

Ursprungsland

Großbritannien

Ursprungsbez.

Daimler Scout Car

Gefechtsgew.

3000kg

Länge

3180 mm

Breite

1710 mm

Höhe

1500 mm

Motor

Daimler 6HV 6-Zylinder-Ottomotor

Hubraum

2510 ccm

Leistung kW/PS

41/55

Leistungsgew.

18,4 PS/t

Höchstgeschw.

90 km/h (Straße)

Kraftstoffvorrat

82 l

Fahrbereich

320 km (Straße)

Besatzung

2

Bewaffnung

1 x 7,7-mm-Bren-MG oder 1 x 14-mm-Boys-Panzerbüchse, in deutschen Diensten oft ein 7,92-mm-MG 34 o.ä.

Panzerung

max. 30 mm

Furttiefe

1 m

Dieser vom DAK erbeutete Dingo wurde auf den Namen Purzel getauft. Auf der Fotografie, nach der diese Zeichnung enstand, ist zu erkennen, dass der Wagen das Kennzeichen „WH-733549“ trug. Libyen, April 1942. (Vincent Bourguignon)

Am Strand von Dieppe zurückgelassene Dingos. Nordfrankreich, August 1942.

Panzerspähwagen Humber(e)

Die Firma Guy Motors baute ab 1938 101 Panzerwagen, die auf dem Fahrgestell des 4x4 Guy Artillerie-Schleppers basierten Nur sechs dieser Fahrzeuge kamen in Frankreich zum Einsatz und gingen sämtlich verloren. Obwohl die Wehrmacht den Typ mit der Bezeichnung »Panzerspähwagen G 209(e)« versah, ist keine Verwendung durch deutsche Einheiten nachgewiesen.

Nach Einstellung der Produktion durch Guy übernahm der Rootes-Konzern den Entwurf. Karrier Motors, Teil des Konzerns, setzte den Guy-Panzeraufbau auf das Fahrgestell seiner eigenen 4x4 KT-4 Zugmaschine, so dass beide Typen sich äußerlich sehr glichen. Um Verwechselungen mit anderen Typen der britischen Armee, die ebenfalls als Carrier bezeichnet wurden, zu vermeiden, erhielt das neue Fahrzeug jedoch den Namen »Humber«. Humber Motors war ebenfalls Teil des Rootes-Konzerns. Von 1941 bis 1945 wurden rund 5400 Humber-Panzerwagen in vier Versionen gebaut, dazu kamen noch einmal 1500 leicht veränderte Exemplare bei GM in Kanada, die die Bezeichnung Fox trugen. Unterschieden sich die Ausführungen Mk I und MK II vor allem durch eine veränderten Wannenfront, so erhielt die Version Mk III einen neuen Drehturm. Die Bewaffnung bestand bis zum Mk III aus einem 15-mm-MG und einem 7,92-mm-MG im Turm. Da sich das 15-mm-Besa aber als zu anfällig erwies, kam ab dem Modell Mk IV eine amerikanische 3,7-cm-Kanone zum Einbau. Eine Fla-Version des Mk I mit einem 7,92-mm-Vierlings-MG bewährte sich nicht. Des weiteren wurde eine Funk- und Kommandoausführung des Mk III gebaut, deren Kanone durch eine Attrappe ersetzt worden war. Der Humber galt als robust und zuverlässig. Er war einer der wichtigsten Panzerwagen der britischen Streitkräfte und bei fast allen Armeen des Commonwealth zu finden. Sein erster Einsatz erfolgte Ende 1941 in Nordafrika, wo auch die ersten Humber-Spähwagen in die Hand des DAK fielen, weitere kamen in Italien und nach der Invasion in deutschen Besitz.

Der »PzSpwg. Humber(e)« wurde nie offiziell an deutsche Einheiten ausgegeben, sondern war stets nur inoffizielles Ausrüstung von Einheiten, die ihn selbst erbeutet hatten. Neben einer größeren Anzahl von Humber-Panzerwagen des Afrika Korps ist mindestens ein Humber Mk III bekannt, der bei der 4. Fallschirmjäger-Division in Italien lief. Ein Mk IV wurde im September 1944 von der Aufklärungs-Abteilung der 9. SS-Panzer-Divsion »Hohenstaufen« bei den Kämpfen um Arnheim eingesetzt.

Typ

Panzerspähwagen

Ausführung

Humber Mk II

Hersteller

Karrier Motors Ltd.

Ursprungsland

Großbritannien

Ursprungsbez.

Humber armoured car

Gefechtsgew.

7100 kg

Länge

4570 mm

Breite

2180 mm

Höhe

2390 mm

Motor

Rootes 6-Zylinder-Ottomotor

Hubraum

k.A

Leistung kw/PS

66/90

Leistungsgew.

12,7 PS/t

Höchstgeschw.

72 km/h (Straße)

Kraftstoffvorrat

132 l

Fahrbereich

400 km (Straße)

Besatzung

3

Bewaffnung

1 x 15-mm-Besa-MG, 1 x 7,92-mm-Besa-MG, teils 1 x 7,7-mm-Bren-Fla-MG

Panzerung

max. 15 mm

Furttiefe

0,75 m

Der Humber war einer der wichtigsten Panzerwagen der britischen Streitkräfte. Hier die Version Mk III mit einem 15-mm-Besa-MG und einem koaxialen 7,92-mm-Besa-MG im Turm. (Tank Museum)

Humber MK II des DAK, Libyen, März 1942. (BA)

Im Vordergrund ein ehemals britischer Humber Mk II, der mit übergroßen Balkenkreuzen gekennzeichnet wurde. Im Hintergrund ein weiteres Beutefahrzeug, ein Quad Gun Tractor. Libyen, 1942. (BA)

Panzerspähwagen Marmon-Herrington(e)

Diese Reihe von Fahrzeugen wurde ab 1938 in Südafrika entwickelt und trug daher eigentlich die Bezeichnung »South African Reconnaissance Car«. Sämtliche Modelle basierten auf in Kanada gebauten Ford-Lkw mit 4x2 Antrieb, während die Bewaffnung britischen Ursprungs war. Der Panzeraufbau kam jedoch aus Südafrika und auch die Endmontage erfolgte dort.