1.1 Was bringt Ihnen Selbstcoaching?
Dass Sie als Selbstcoacher – wie Sie aus der Einleitung wissen – zwei Drittel Gestaltungsspielraum haben, heißt nicht, dass Selbstcoaching anstrengend ist. Als anstrengend werden Sie es nur dann empfinden, wenn Sie es eigentlich gar nicht wollen. Selbstcoaching ist kein Kurs, durch den Sie „durchmüssen“. Niemand zwingt Sie, dieses Buch von vorn bis hinten durchzulesen und alle Tipps zu beherzigen. Selbstcoaching passt sich perfekt an Ihre Bedürfnisse an. Wenn Sie etwas interessiert, lesen Sie es nach. Wollen Sie etwas ändern, gibt Ihnen Selbstcoaching einfache, sofort anwendbare Tipps, wie Sie es tun können.
Selbstreflexion
Selbstcoaching beginnt beim Selbst
Selbstcoaching regt zur Reflexion an. Zunächst über sich selbst und mit steigendem Erkenntnisgewinn auch über andere. Sie werden sich selbst und andere besser verstehen. Denn niemand tut etwas ohne Grund. Doch oft liegen diese Gründe im Dunkeln. Auch wenn Sie die Gründe der anderen weder nachvollziehen noch gutheißen noch ändern können: Selbstcoaching hilft Ihnen dabei, andere besser zu verstehen und sie leichter so annehmen zu können, wie sie sind.
Aber wäre es nicht zumindest bei sich selbst schön zu wissen, warum man bestimmte Entscheidungen getroffen hat? Chancen ausgelassen hat? Verhaltensweisen an den Tag legt? Gedanken und Gefühle bevorzugt? Warum man so ist, wie man ist? Und dann – das Selbstcoaching-Tüpfelchen auf dem i – merkt, dass es auch anders geht? Dass Sie sich vieles erleichtern können, wenn Sie nur wissen, was eigentlich los ist?
Ziele des Selbstcoachings
Das können Führungskräfte mit Selbstcoaching bewirken:
- mehr Selbstbewusstsein: sich seiner selbst bewusst sein, wissen, was in einem steckt.
- mehr Sicherheit: wissen, dass man auf das bauen kann, was in einem steckt.
- mehr Charisma: die Fähigkeit, seine Stärken im richtigen Augenblick zu zeigen.
- mehr Authentizität: die künstliche Fassade fallen lassen können.
- mehr Überzeugungskraft: andere verstehen und richtig auf sie eingehen können.
- ein besseres Standing: stark für etwas einstehen und andere begeistern können.
- eine bessere Performance: mehr Wirkung mit weniger Krafteinsatz erreichen.
- Menschenkenntnis: mit anderen müheloser umgehen können.
- mehr Entscheidungsmöglichkeiten: Chancen erkennen und neue Wege eröffnen.
- größerer Handlungsspielraum: die eigenen Stärken vielfältiger einsetzen können.
- Vielseitigkeit: das gesamte Potenzial entdecken und entwickeln.
- Ruhe und Ausgeglichenheit: mit Unzulänglichkeiten umgehen können.
- Gelassenheit: richtig auf Druck reagieren können.
- Erleichterung und Entspannung: auch mal Fünfe grade sein lassen.
- Resilienz: die „inneren Muskeln“ trainieren.
- Lebensqualität: das Beste für sich und andere herausholen.
- Weisheit und Reife: lieben und vergeben können – sich selbst und anderen.
Selbstcoaching bleibt nie ohne Effekt. Auch wenn Sie Selbstcoaching nur für sich betreiben, werden die Menschen um Sie herum früher oder später merken, dass etwas anders ist. Dass Sie anders sind, anders auftreten, anders aussehen, anders sprechen, sich anders bewegen, ja, sogar, dass Sie anders denken und fühlen.
Chancen für die Führung
Sobald Sie sich verändern, verändert sich auch Ihr Umgang mit anderen. Und Ihr Selbstcoaching als Führungskraft wirkt sich auch auf Ihre Mitarbeiter aus – zum Glück! Ihre Mitarbeiter können sich glücklich schätzen, denn eine Führungskraft, die
- ihre Stärken kennt, wird auch die ihrer Mitarbeiter besser einschätzen können. Sie kann sie unterstützen und hat Interesse daran, sie zu entwickeln.
- selbst stark ist, sucht sich auch starke Mitarbeiter.
- ihr Potenzial kennt, setzt ihre Mitarbeiter da ein, wo sie ihr ganzes Repertoire entfalten können.
- über Selbstsicherheit und Überzeugungskraft verfügt, führt müheloser, weil Mitarbeiter ihr lieber folgen.
- Charisma hat und dabei authentisch bleibt, findet leichter die richtigen Mitarbeiter.
- ein gutes Standing hat, respektieren Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzte.
- die selbst eine herausragende Performance abliefert, geht als gutes Beispiel voran und ist zielorientierten Mitarbeitern ein Vorbild.
- eine solide Resilienz vorweisen kann, legt auch Wert auf eine gesunde Belegschaft und fördert nachhaltig Leistungsbereitschaft.
Vier Grenzen des Selbstcoaching
Was denken die anderen?
Grenze Nummer 1: Die Angst sich lächerlich zu machen.
An dem Punkt, an dem andere merken, dass Sie Selbstcoaching betreiben, kommt bei Ihnen vielleicht ein wenig Unbehagen auf. „Dann gucken ja alle!“, denken Sie womöglich. Einige werden wahrscheinlich tatsächlich gucken und sich wundern. Ein paar sich lustig machen. Denn als Führungskraft haben Sie vermutlich nicht nur wohlwollende Gönner um sich herum. Einige Neider und Stühlesäger werden hinter vorgehaltener Hand über Sie lachen: „Jetzt macht der einen auf Gefühls-Öko hier! Das ist doch bloß wieder irgend so ein amerikanischer Quatsch, nach dem in drei Monaten kein Hahn mehr kräht! Hält der sich für was Besseres oder was?!“
Menschen, die sich entwickeln und auf einmal Dinge tun, die sie vorher nicht getan haben, oder Dinge unterlassen, für die sie vorher bekannt waren, fallen auf. Ich nenne das den gesunden Abrieb. Am Anfang ist es vielleicht unangenehm, aber wenn Sie durchhalten, werden Sie merken, dass es immer weniger reibt, so lange, bis es ganz glatt geht. Wenn Sie durchhalten, wundert sich auch irgendwann keiner mehr. Einige werden Sie möglicherweise sogar bewundern. Die zentralen Fragen hier lauten: Tue ich es für mich? Oder tue ich es, um anderen zu gefallen? Was ist mir wichtiger?
Mut gehört dazu
Die Sorge, sich lächerlich zu machen oder von anderen nicht mehr gemocht zu werden, ist eine starke Grenze des Selbstcoaching. Die Angst, etwas zu verändern und sich dabei zu blamieren, hindert uns oft daran, etwas zu versuchen. Hier endet Selbstcoaching. Es sei denn, Sie packen die Angst bei den Hörnern. Denn diese Grenze des Selbstcoaching ist eine selbst geschaffene Grenze. Sie existiert nicht wirklich. Sie ist nur da, solange Sie sie fürchten. Vielleicht kennen Sie die Installation mit dem Wasservorhang: Mitten über den Weg ergießt sich das Wasser aus einem künstlichen Wasserfall. Nur wer schnellen Schrittes weitergeht, erlebt, wie sich der Vorhang im letzten Moment teilt und man trockenen Fußes auf die andere Seite kommt. Wer zögert, wird nass. Genau wie beim Selbstcoaching genügt es nicht, anderen dabei zuzusehen, wie sie diese Erfahrungen machen. Sie müssen es selbst ausprobieren. Das erfordert Mut. Aber mit etwas Mumm lässt sich diese Grenze überwinden. Übrigens: Diejenigen, die über andere lachen, sind in der Regel diejenigen, die diesen Mut niemals aufbringen würden!
Grenze Nummer 2: die Angst vor Entdeckungen.
Eine andere Grenze des Selbstcoachings, die Sie ebenfalls überwinden können, ist die Sorge davor, Dinge zu entdecken, die Sie lieber im Dunkeln gelassen hätten. Jeder Mensch hat Geheimnisse und ich bin absolut nicht dafür, alles ans Licht zu zerren. Nichtsdestotrotz kann Selbstcoaching bewirken, dass Sie die Erkenntnis trifft: „Hier habe ich Mist gebaut.“ Oder: „Warum nur habe ich damals nicht erkannt, dass es das Richtige gewesen wäre?“ Oder: „So kann es nicht weitergehen! Ich muss etwas ändern!“ Nicht-wahr-haben-Wollen, Abwehr, Depression, Trauer – das alles können Reaktionen während eines Selbstcoachings sein. Schock darüber, dass man so blöd war. Wie furchtbar man über andere gedacht, sich ihnen gegenüber verhalten hat. Wie man mit anderen umgegangen ist. Verpasste Chancen. Wie blind man gewesen ist, wie naiv, wie unreif, wie (hier können Sie einsetzen, was Ihnen gerade durch den Kopf geht) … !
Den Finger in die Wunde legen
Wer etwas verändern möchte, hat vorher immer die Erkenntnis gehabt: Das ist noch nicht gut genug. Hier bin ich noch nicht gut genug. Ich will besser werden. Ich will etwas verbessern. Die Tatsache, dass in der Vergangenheit nicht alles in Butter war, dass man selbst unvollkommen ist und immer bleiben wird, erleichtert es Ihnen vielleicht, diese Grenze zu bezwingen. Selbstcoaching legt den Finger in die Wunde – aber nur, um sie zu heilen. Zuerst ist es unangenehm, vielleicht tut es sogar weh. Und auch hier gehören Mut und Veränderungswillen dazu, das auszuhalten. Es wird zunächst schlimmer, bevor es besser wird. Aber besser wird es!
Grenze Nummer 3: Aufschieberitis.
Ebenso mache ich es, wenn ich etwas essen muss, was ich überhaupt nicht ausstehen kann. Ich stelle den Teller vor mich und bilde mir ein, es sei etwas sehr Leckeres, schaue möglichst wenig hin, und ehe ich mich versehe, ist es aufgegessen. Morgens beim Aufstehen – auch etwas, was nicht angenehm ist – springe ich aus dem Bett, denke mir „du legst dich gleich wieder gemütlich rein“, laufe zum Fenster, mache die Verdunklung weg, schnüffle so lange an dem Spalt, bis ich ein bißchen frische Luft spüre, und bin hellwach. Das Bett wird so schnell wie möglich auseinandergelegt, dann ist die Verführung weg. Weißt Du, wie Mutter so etwas nennt? Eine Lebenskünstlerin. Findest du das Wort nicht auch witzig?
Das Tagebuch der Anne Frank, Eintrag vom 10. August 19431
Jetzt seufzen Sie vielleicht und denken sich: „Wie schafft jemand es nur, so diszipliniert zu sein?“ Man selbst kennt eher das Gegenteil: Aufschieberitis, der innere Schweinehund, Stress, Müdigkeit, zu viel Arbeit, keine Zeit, überhaupt – die Zeit, die viel zu schnell vergeht … Es gibt tausend Gründe, kein Selbstcoaching zu betreiben. Aber: Es ist nicht die Aufschieberitis, die uns davon abhält, etwas zu tun. Der Grund, warum wir etwas immer wieder vor uns herschieben, liegt woanders und ist – wie Selbstcoaching – hoch idiosynkratisch, also von Mensch zu Mensch verschieden und so individuell, dass man ihn nicht einfach einer Kategorie zuordnen kann. In diesem Buch bekommen Sie viele Anregungen, über Ihre Motive und Blockaden nachzudenken und herauszufinden, welche Dinge Sie mit Vorliebe tun und warum Sie andere lieber verschieben. Sehen Sie es nicht zu verbissen. Selbstcoaching ist keine Schweiß treibende Angelegenheit. Sie sind nicht gezwungen wie im Fitness-Studio montags, mittwochs und freitags hinzugehen. Niemand kontrolliert, ob Sie weitermachen oder nicht. Ach? Das ist ja das Problem?
Sparringspartner suchen
Wenn Sie gern Selbstcoaching betreiben wollen, sich aber genauso gern ablenken lassen, dann holen Sie sich doch einen Sparringspartner, mit dem Sie zusammen arbeiten. Vereinbaren Sie einen festen Termin. Bereiten Sie eine bestimmte Fragestellung vor, ein Thema, das Sie interessiert und an dem Sie etwas verändern möchten. Treffen Sie sich mit ihm. Einmal im Monat. Alle acht Wochen. Viermal im Jahr. Zweimal im Jahr. Ja, das geht. Die Aufschieberitis-Grenze können Sie knacken, indem Sie Selbstcoaching so betreiben, dass es Ihnen leichtfällt und Spaß macht. Sie spielen gern an Ihrem Smartphone rum? Dann nutzen Sie es fürs Selbstcoaching. Laden Sie sich eine Coaching-App runter. Wenn Sie einen Sparringspartner haben, tauschen Sie sich aus, schicken Sie Miniberichte, Bilder und Filme Ihrer Bemühungen und Erfolge. Führen Sie ein digitales Journal in Form eines Tagesbuchs. Wie macht Ihnen Lernen Spaß? Was tun Sie dabei am liebsten?
Verbinden Sie Selbstcoaching mit etwas Angenehmem
Es ist für Selbstcoaching nicht notwendig, mit Zettel und Stift am Schreibtisch sitzen. Wählen Sie Orte und Tätigkeiten aus, die Ihnen Spaß machen, und verbinden Sie sie mit Selbstcoaching. Reflektieren Sie Ihr Anliegen auf dem Laufband, im Auto oder bei der Gartenarbeit (nicht lachen, aber ich mache das … Unkrautzupfen ist doch viel spannender, wenn man dabei was zu denken hat, oder nicht?). Tippen Sie Einfälle in Ihr Handy, das Sie vermutlich immer dabei haben. Probieren Sie neue Verhaltensweisen an Orten und bei Begegnungen aus, die Ihnen Freude bereiten und bei denen Sie entspannt sind. Sie brauchen nicht alles sofort am Ernstfall Arbeitsplatz proben. Diese Grenze sprengen Sie am besten, indem Sie aus Ihrem Selbstcoaching den Druck rausnehmen. Gehen Sie es ruhig an und verbinden Sie es mit etwas Angenehmem.
Grenze Nummer 4: der tote Winkel. Das ist die einzige Grenze des Selbstcoachings, die wirklich schwer zu knacken ist. Hier geht es um den „toten Winkel“, die verborgenen Dinge, die jeder von uns hat. Sie machen einen Teil Ihrer Person aus und haben nicht nur Auswirkungen darauf, was für ein Mensch, sondern auch darauf, was für eine Führungskraft Sie sind. Wie Sie handeln, sich verhalten, wie Sie mit sich und anderen umgehen und vieles mehr, können Sie sich bewusst machen, es reflektieren und verändern. Aber es gibt immer einen Bereich, den Sie nicht mal so eben einsehen können. Als Autofahrer können Sie den toten Winkel überwinden, indem Sie über die Schulter durch die Fenster schauen. Als Lkw-Fahrer würde Ihnen selbst das nicht helfen.
Johari-Fenster
Den toten Winkel bei uns Menschen haben bereits 1959 die beiden US-amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham mit dem bekannten „Johari-Fenster“ verdeutlicht. Das Johari-Fenster zeigt die Spielräume einer Persönlichkeit, sich selbst zu reflektieren und zu verändern.
Abb. 1: Johari-Fenster 2
Bereich: öffentliche Person (ÖP)
Der Bereich öffentliche Person ist das, was Sie anderen von sich zeigen. Selbstcoacher arbeiten daran, den öffentlichen Bereich ständig zu vergrößern (ohne dabei allzu privat zu werden). Je größer dieser Bereich ist, desto offener, umgänglicher, kommunikativer sind Sie und desto besser können Sie sich in andere hineinversetzen. In diesem öffentlichen Raum bewegen Sie sich bewusst und reflektierend. Sie nehmen wahr, wie Sie auf andere wirken, und lernen daraus, sodass Sie immer besser werden. Hier können Sie sich und andere selbst gut beobachten, vergleichen, testen, ausprobieren und verinnerlichen. Sie erhalten Feedback und können entscheiden, was Sie daraus machen.
Bereich: der blinde Fleck (BF)
Der blinde Fleck ist der Bereich, in dem Sie anderen zwar etwas von sich zeigen, aber selbst Scheuklappen aufhaben für das, was Sie tun und was es bedeutet. Das können Verlegenheitsgesten sein, die Sie selbst gar nicht wahrnehmen, Ihr Gegenüber aber sehr wohl. Oder Charaktereigenschaften: z. B. der Jähzornige, der sich selbst als durchsetzungsstark einschätzt, während andere ihn beängstigend finden. Der blinde Fleck ist dafür verantwortlich, dass andere längst erkannt haben, was mit einem los ist – nur man selbst nicht. Wenn sich dann jemand ein Herz fasst und einen beiseite nimmt („Wem willst du denn was vormachen? Ich sehe doch, was los ist.“), dann fällt die Fassade und einem gehen die Augen auf. Vorausgesetzt, es gibt in Ihrer Umgebung Menschen, die den Mut aufbringen, Sie anzusprechen. Vorausgesetzt, Sie beharren nicht weiter darauf, dass alles so ist, wie es sein soll.
Selbstcoacher verkleinern den blinden Fleck durch Feedback von außen. Wie wirke ich auf andere? Wodurch wird diese Wirkung hervorgerufen? Was will ich ändern? Wie mache ich das? Feedback wirkt wie das Drehen des Kopfes beim Autofahren: Plötzlich rücken Dinge in den Fokus, die vorher verborgen waren. Voraussetzungen dafür sind die eigene Offenheit und das Vertrauen zu den Menschen, die Ihnen konstruktiv Feedback geben können. Als Führungskraft ist Feedbackgeben eine wichtige Fähigkeit, die vor allem Mitarbeiter der jüngeren Generation von Ihnen erwarten. Als Selbstcoacher bringen Sie es in puncto Feedback zur Meisterschaft.
Bereich: mein Geheimnis (MG)
Im Gegensatz zum blinden Fleck kenne ich den Bereich mein Geheimnis. Nicht jedoch die anderen. Er ist wie ein privates Refugium, zu dem niemand außer mir selbst Zutritt hat.
Geheimnisse zu haben ist nichts Schlimmes und im Selbstcoaching geht es keinesfalls darum, sich völlig nackig zu machen. Das würde niemanden weiterbringen und mehr schaden als nützen. Einige der ganz privaten Dinge wie Erinnerungen und Erlebnisse, Werte und Ansichten gehören allein Ihnen, die braucht niemand zu kennen. Es gibt jedoch auch Geheimnisse, von denen wir glauben, sie hüten zu müssen, und deren Geheimhaltung uns mehr kostet als einbringt. Bestimmt haben Sie es auch schon erlebt, dass Ihnen eine Last von den Schultern genommen wurde, nachdem etwas offenbar wurde, was Sie lange krampfhaft versucht haben zu verheimlichen. Plötzlich stellt sich heraus, dass es auch anderen so geht. Dass das Geheimnis gar nicht so schlimm ist. Dass es okay ist. Ja, dass es Ihnen hilft, es nicht mehr verstecken zu müssen. Selbstsicherheit und Offenheit helfen dabei, sich von Blockaden zu befreien. Schwächen eingestehen zu können, stärkt Sie in den Augen anderer. So vergrößert sich Ihr öffentlicher Bereich und Ihr Standing verbessert sich. Niemand erwartet, dass eine Führungskraft perfekt ist, aber authentisch sollte sie sein.
Bereich: der Autopilot (AP)
Der Bereich Autopilot ist der einzige Bereich, den Sie allein mit Selbstcoaching vermutlich nicht durchdringen werden. Der Autopilot umfasst all die tiefenpsychologisch unbewussten Bestandteile Ihrer Persönlichkeit, die weder Ihnen selbst noch anderen offenbar sind. Um diesen Bereich des Unbewussten und seine Existenz wurde in der Psychologie viel gestritten. Nach der Hochphase der Psychoanalyse herrschte die Meinung vor, das Unbewusste gäbe es gar nicht. Der Mensch sei ein „Homo oeconomicus“, rational und abwägend und würde zum Beispiel Entscheidungen nach eingehender Analyse aller Vor- und Nachteile fällen. Inzwischen hat die Forschung belegt, dass der unbewusste Teil in uns viel mächtiger ist, als bisher angenommen, und dass wir viel häufiger aus dem Bauch heraus entscheiden, als rational abzuwägen. Um den Begriff „das Unbewusste“ zu vermeiden, spricht man heute bevorzugt vom Autopiloten im Gegensatz zum Piloten, der für bewusste Vorgänge steht. Im Bereich des Unbewussten herrschen Gesetzmäßigkeiten und Heuristiken vor, die uns mental steuern, ohne dass wir es mitbekommen. Ob sie sich umfassend ins Bewusstsein holen lassen, ist umstritten. Teile davon lassen sich jedoch immer dann beleuchten, wenn sie sich in Gedanken, Gefühlen oder Taten niederschlagen, die wir hinterfragen können.
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