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1. Führung im Wandel

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

»Wer die erste Geige spielen will, muss immer den richtigen Ton treffen«, bemerkte Gerhard Uhlenbruck einmal. Der Kölner Aphoristiker und Medizinprofessor hat zweifellos recht – in der Führung geht ohne gute Kommunikation gar nichts. Gleichzeitig gilt aber auch: Gute Kommunikation ist nicht alles, nicht in unseren schnelllebigen Zeiten.

Ich freue mich außerordentlich, für diesen Band einen der größten Führungsexperten unserer Zeit gewonnen zu haben, den ich im Laufe der letzten Jahre in den USA auch mehrfach persönlich getroffen und gesprochen habe: Kenneth Blanchard. Sein »Minuten-Manager« hat den Führungsalltag in unzähligen Organisationen weltweit revolutioniert, seine Gedanken zum »situativen Führen« wurden in mehr als 27 Sprachen übersetzt und haben sich weltweit über 20 Millionen Mal verkauft. »Trust Works!« heißt sein neues, viel gelobtes Buch. Wieder einmal macht Ken Blanchard uns darauf aufmerksam, worauf es wirklich ankommt. Seine Ideen zum Thema Vertrauen hat er exklusiv für uns in einem Beitrag zusammengefasst. Danke, Ken!

Freuen Sie sich also auf ein Feuerwerk von Impulsen und Anregungen zum stets aktuellen Thema Führung, zu dem 22 ausgewiesene Expertinnen und Experten der German Speakers Association ihre besten Ideen beigesteuert haben!

Prof. Dr. Lothar Seiwert, CSP, CSPGlobal, GSA HoF (Hall of Fame)

Past President, Begründer der GSA Top Speakers Edition,

Chairman Gremium »Deutscher Rednerpreis« und Initiator der

GSA-University der German Speakers Association (GSA)

www.Lothar-Seiwert.de

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Prof. Dr. Jörg Knoblauch

ist als Unternehmer-Berater und Bestsellerautor international unterwegs. Er ist geschäftsführender Gesellschafter der tempus-Gruppe. Das mittelständische Unternehmen wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet: Gewinner des Best Factory Award, des BestPersAward (Preis für exzellente Personalführung) sowie des Ludwig-Erhard-Preis-Wettbewerbs. Das Fernsehen hat immer wieder über die pragmatische und erfolgreiche Unternehmensführung berichtet. Seine Bücher sind mittlerweile in über ein Dutzend Sprachen übersetzt. Knoblauch gilt als der führende Management-Vordenker für den Mittelstand.

www.joerg-knoblauch.de

Jörg Knoblauch:
Nie wieder schlechte Mitarbeiter einstellen

Wie Personalverantwortliche und Chefs in neun Schritten die richtigen Mitarbeiter finden

In Kürze: Das zentrale Thema für erfolgreiche Unternehmensführung ist, die besten Mitarbeiter zu finden und zu halten. Die Unterschiede in der Qualität der Mitarbeiter werden von Unternehmern in der Regel unterschätzt. Es gibt den sogenannten A-Mitarbeiter, der den Karren zieht, den B-Mitarbeiter, der nebenhergeht, und den C-Mitarbeiter, der sich auf den Karren setzt und sich ziehen lässt. Die Trefferquote für die gewünschten A-Mitarbeiter bei Neueinstellungen liegt typischerweise bei etwa 20 bis 30 Prozent. Wie man 80 Prozent erreicht, zeigt der Autor mit einem 9-stufigen Einstellungsprozess.

Jack Welch gilt als Vorreiter der ABC-Thematik im Personalwesen. Er hatte Anfang der 1980er-Jahre als frisch gekürter CEO von General Electric 118.000 Jobs gestrichen. Jeder vierte Mitarbeiter, darunter mancher Manager, musste gehen. In Welchs Einschätzung waren dies unmotivierte Mitarbeiter, die bereits innerlich gekündigt hatten, C-Mitarbeiter also. Seither trägt Welch den Spitznamen »Neutronen-Jack« – weil er so schnell redet und handelt, aber auch, weil die Neutronenbombe die schreckliche Eigenschaft hat, alles menschliche Leben auszulöschen, während die Bausubstanz intakt bleibt. Auch früher schon haben Chefs nicht unbesehen Leute eingestellt. Oft war es jedoch ein sehr einfacher und schneller Prozess. Heute wissen die meisten Chefs um die immense Spreizung, wenn es um die Qualität der Mitarbeiter geht. In anderen Worten: Sie denken in A-, B- und C-Kategorien.

Zu A gehört derjenige, der den Karren zieht.
Zur B-Kategorie zählt derjenige, der nebenherläuft.
Der C-Mitarbeiter sitzt obendrauf und lässt sich ziehen.

Die Studie des Meinungsforschungsinstituts Gallup wird jedes Jahr Land für Land rund um den Globus durchgeführt. Wenn man als Vergleich einmal die Schweiz heranzieht, dann muss man neidlos anerkennen, dass es dort deutlich mehr A-Mitarbeiter gibt und dafür extrem wenig C-Mitarbeiter. Jack Welch hat seinen Erfolg darauf zurückgeführt, dass er ruhelos damit beschäftigt war, die besten Mitarbeiter einzustellen. Und aus den Besten die Richtigen auszuwählen im Sinne von: »Passen diese Mitarbeiter zur Unternehmenskultur? Zu den Produkten usw.?«

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Dieser Ausschnitt zeigt die Gallup-Zahlen für die DACH-Region.

A-Mitarbeiter

A-Mitarbeiter sind die Mitarbeiter, die eine Firma voranbringen. Sie sind nicht notwendigerweise Führungskräfte. Man trifft sie auf allen Ebenen des Unternehmens. Was sie kennzeichnet:

Zusammenfassend: Sie geben dem A-Mitarbeiter eine Schale mit Dreck. Er legt seine Hand drauf, und es wird zu Gold.

B-Mitarbeiter

B-Mitarbeiter stellen die größte Gruppe der Mitarbeiter dar. In Amerika nennt man B-Mitarbeiter auch »Nine-to-Fiver«. Sie kommen um 9:00 Uhr und gehen um 17:00 Uhr. Dazwischen machen sie eine gute Arbeit, ohne kontrolliert werden zu müssen.

In den meisten Betrieben werden B-Mitarbeiter als nicht wegzudenkende, die Firma stabilisierende Masse gesehen. Viele Betriebe jedoch haben erkannt, dass ausschließlich A-Mitarbeiter die Kunden verzaubern. Zusammenfassend: Sie geben dem Mitarbeiter eine Schale mit Dreck. Er legt seine Hand drauf, und es bleibt Dreck.

C-Mitarbeiter

In der Vergangenheit war es doch so: Wir haben dem C-Mitarbeiter 10 bis 20 Prozent weniger bezahlt. Wer jedoch über den C-Mitarbeiter nachdenkt, wird erkennen, dass Jack Welch durchaus recht hat, wenn er sagt: »Der C, selbst wenn er umsonst arbeiten würde, er wäre zu teuer!«

Was C-Mitarbeiter kennzeichnet:

Zusammenfassend: Sie geben dem C-Mitarbeiter eine Schale mit Gold. Er legt seine Hand drauf, und es wird Dreck.

Eine jährliche Mitarbeiterbeurteilung ist fair

Sie fragen sich zu Recht: Wie kann man Mitarbeiter nun fair und gerecht in A, B und C einteilen? Eine Möglichkeit ist, dies mit einem Leistungsbeurteilungsbogen zu erreichen.

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Dieser Ausschnitt zeigt, wie ein Leistungsbeurteilungsbogen funktioniert. Hier sind 6 der 13 Kriterien erkennbar.

Den kostenlosen Leistungsbeurteilungsbogen für Mitarbeiter können Sie auf der Website www.die-personalfalle.de herunterladen (unter Menüpunkt »Download« die Nr. 10).

Der hier vorgestellte Beurteilungsbogen hat 13 Beurteilungskriterien. Dabei verläuft der Prozess wie folgt:

  1. Der Mitarbeiter füllt sowohl Vorderseite als auch Rückseite dieses Bogens aus (Selbstbeurteilung).
  2. Der Vorgesetzte füllt den gleichen Bogen aus (nur die Vorderseite) und bewertet damit den Mitarbeiter.
  3. Mitarbeiter und Vorgesetzter setzen sich zusammen und vergleichen ihre Werte. Es ist wichtig, sich jetzt auf eine Note zu einigen, da diese Beurteilung möglicherweise in die Gehaltsfindung eingeht.
  4. Die selbst errechnete Durchschnittsnote bestimmt, wer A-, B- oder C-Mitarbeiter ist.
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Dies ist ein Teil der Rückseite des Leistungsbeurteilungsbogens. Natürlich können Sie Fragen einsetzen, die zu Ihrer Firma und Wertekultur passen.

Nach erfolgter Beurteilung können Sie jedem Mitarbeiter die Ergebnisse schriftlich mitteilen. Ein gut gemachter A-, B- und C-Brief hat eine hohe motivierende Wirkung beziehungsweise bringt die Notwendigkeit der Veränderung klar auf den Punkt. Doch gut gemeinte Aktionen können auch einen nicht wiedergutzumachenden Flurschaden anrichten. Darum ist es hilfreich, sich vorab Rat von Experten einzuholen.

Der 9-stufige Einstellungsprozess

Die deutsche Firma Wasserle gilt als Senkrechtstarter ihrer Branche. Doch Inhaber Markus Wasserle hat sich schwarzgeärgert. Der Chef des auf Hausverwaltungen spezialisierten Gebäudereinigers aus München hatte bei der Besetzung einer wichtigen Führungsposition keine glückliche Hand: Die drei Fehlbesetzungen in Folge kosteten den Jungunternehmer rund 50.000 Euro. Ärger, Zeitverlust sowie verpasste Chancen und ein beschädigtes Firmenimage waren weitere Folgen.

Allen drei Objektmanagern wurde noch in der Probezeit gekündigt. Was Wasserle besonders ärgert: Die Trennungsgründe waren unterschiedlich. Dem Ersten fehlten fachliche Fähigkeiten, die in der Bewerbung und im Gespräch als vorhanden genannt wurden. Der Zweite passte charakterlich nicht ins Team und der Dritte war schlicht zu faul. Jedes Mal dachte der Geschäftsführer des 2004 gegründeten Unternehmens: »Diesen Fehler machst du nicht mehr.« Stattdessen tappte er in die nächste Personalfalle.

Der Hauptgrund, warum das Unternehmen mit 120 Mitarbeitern mit der Stellenbesetzung drei Mal scheiterte, lag im unstrukturierten Vorgehen. Wasserle schaltete zwar professionelle Stellenanzeigen, sichtete Bewerbermappen und führte mit zehn Kandidaten Vorstellungsgespräche. Doch nachhaltige Schritte zur Prüfung der Bewerberqualitäten vernachlässigte der mit Wirtschaftspreisen mehrfach ausgezeichnete Firmenchef.

Die Forschung bestätigt den oft gehörten Vorwurf der Amerikaner, Europäer seien zu schnell in der Einstellung der Mitarbeiter und zu langsam in der Kündigung: »Too quick to hire – too slow to fire.« Erfolgreiche Personalpolitik betont den sorgfältigen und langsamen Einstellungsprozess. Aufgrund der Befragung erfolgreicher Personalchefs, wie deren gute Trefferquote zustande kommt, wurde ein 9-stufiger Einstellungsprozess entwickelt. Dieser hilft, Talente zu finden und zu binden. Im Folgenden wird der Prozess am konkreten Beispiel dargestellt.

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1. Anforderungsprofil erstellen

Der erste Schritt des strukturierten Einstellungsprozesses hilft Wasserle, die Bewerberauswahl einzugrenzen. Statt üblicher Floskeln formuliert er messbare Ziele, die er mit der Position verbindet: Der künftige Stelleninhaber muss das interne Dokumenten-Management innerhalb der Probezeit optimieren, nach vier Wochen alle Objekte respektive Gebäude kennen, ein Qualitätsmanagementsystem einführen und komplexe Lohnabrechnungen der Mitarbeiter fehlerfrei der Buchhaltung abliefern.

2. Netzwerk aktivieren – Talente entdecken

Die besten Mitarbeiter werden nicht durch Anzeigen in der Tageszeitung gefunden, auch nicht über Internetportale, sondern getreu dem Motto »gute Leute kennen gute Leute«. Es geht also darum, dass Führungskräfte ihr Netzwerk aktivieren oder Talentsuche im Umfeld der Firma betreiben. 30 Minuten pro Woche sollte man dafür einplanen. Es gilt, die Kontakte, die im Verlauf einer Woche geknüpft wurden, zu rekapitulieren und sich zu fragen, wer selbst veränderungswillig ist oder veränderungsbereite Menschen mit den entsprechenden fachlichen Qualifikationen kennt.

3. Personalfragebogen zuschicken

Ein mehrseitiger Fragebogen schafft Klarheit: Zum einen, weil ihn nur knapp die Hälfte ausgefüllt zurückschickt. Wer ihn ignoriert, signalisiert kein Interesse. Zum anderen, weil einzelne Kandidaten schneller miteinander vergleichbar werden. Ein Personalfragebogen schafft nicht nur Transparenz, sondern ist auch ein erster Versuch, die Spreu vom Weizen zu trennen.

4. Telefonische Bewerberinterviews

In einem strukturierten Telefoninterview, das aus vier Fragen besteht, wird in 30 Minuten geprüft, wie reflektiert der Bewerber ist. »Durch nachhakende Fragen wie, welche Projekte in den Sand gesetzt wurden oder was die Ex-Chefs über ihn erzählen würden, erkenne ich, welche Schlüsse ein Kandidat zieht und wie er sein Verhalten reflektiert«, erklärt neuerdings Wasserle. Zudem haben ihm die Telefonate fünf zeitraubende und langatmige Vorstellungsgespräche erspart. Er weiß jetzt, mit welchen Kandidaten er das Gespräch weiterführen will.

5. Erstes Interview

Jetzt geht es darum, ein strukturiertes, mehrstündiges Interview zu führen. Dabei gibt es einige Grundregeln: Der Chef soll das Gespräch nie alleine führen. Idealerweise sitzen drei bis vier Arbeitskollegen mit am Tisch. Beachtet werden muss auch die 80/20-Regel, die besagt, dass der Redeanteil des Bewerbers den Schwerpunkt (im Idealfall 80 Prozent) ausmachen sollte. Anschließend können einstündige Kompetenzinterviews durchgeführt werden. Wer einen Vertriebsmitarbeiter einstellt, lässt den Bewerber sinnvollerweise vom besten Verkäufer interviewen. Wenn es um einen EDV- oder Softwareexperten geht, dann muss die fachliche Kompetenz von einem Fachmann abgefragt werden.

6. Referenzen einholen

Das für Wasserle wichtigste Werkzeug sind die Referenzgespräche. Allerdings ist es wichtig, den ehemaligen Chefs die richtigen Fragen zu stellen. »Nur wer hinterfragt, in welchem Verhältnis Chef und Angestellter standen, kann Aussagen zu Leistungen einordnen«, erklärt Wasserle. »Bei einer Bewerberin saß der Chef in Ulm und sie arbeitete in München. Seine Einschätzung, sie sei fleißig und ehrgeizig, deckte sich nicht mit meiner Beobachtung und konnte nur freundlich erfunden sein«, erinnert sich Wasserle.

Referenzen sind im Einstellungsprozess der größte Hebel. Zeigen Bewerber bei vorhergehenden Stufen Schwächen, belegen ehemalige Chefs diese meistens. Anzeichen dafür, dass der Kandidat etwas verheimlicht, offenbart seine Reaktion, wenn man ihn auf Referenzen anspricht. Ist er irritiert, ist das ein Indiz für Ärger in früheren Beschäftigungsverhältnissen. Bewerber hingegen, die einen guten Job geleistet haben, freuen sich, wenn man sie danach fragt.

Vorsicht ist bei Gefälligkeitsreferenzen geboten, wie sie etwa ehemalige Professoren gerne geben. Nur Statements von früheren Arbeitgebern zählen. Zum Hindernis können auch vorsichtige Personalchefs werden, die sich zu ehemaligen Mitarbeitern nicht äußern wollen. Doch warum nicht einfach den Bewerber bitten, einen Gesprächstermin zu vermitteln?

7. Zweites Interview

Ist ein Bewerber nach Telefoninterview, erstem Interview und Recherche noch im Rennen, lohnt es sich, ihn zum zweiten Gespräch einzuladen. Das zweite Interview geht schwerpunktmäßig um die Themen Werte und Charakter des Bewerbers. Jeder Personalchef kennt die Falle, einen Mitarbeiter aufgrund der fachlichen Stärken einzustellen. Oft genug wird später eine Trennung aufgrund der charakterlichen Schwächen notwendig.

8. Bewerber »gewinnen«

Die beiden letzten Schritte sind für das Unternehmen am spannendsten. Wer das Auswahlverfahren bis hierher überstanden hat, ist ein High Potential und kann überall ein attraktives Angebot bekommen. Allerdings ist nicht jedes Unternehmen in der Lage, ein solches anzubieten. Der Spieß hat sich umgedreht. Jetzt zittert nicht mehr der Bewerber, jetzt zittert das Unternehmen. Es gilt, den Bewerber für das Unternehmen zu begeistern. Diese Aufgabe übernimmt am besten der Chef persönlich. Eine Möglichkeit ist, den Bewerber zum Abendessen einzuladen, um über die Firmenphilosophie zu reden. Das stärkste Argument ist allerdings, wenn es gelingt, dem Bewerber deutlich zu machen, dass Stärke und Situation nirgendwo besser zusammenpassen.

9. Meilensteine (Probezeit)

Hat der Bewerber unterschrieben, gilt es, die Probezeit zu nutzen und aktiv zu gestalten. Selbst exzellente Firmen machen Fehler im Einstellungsprozess, aber sie unterscheiden sich deutlich im Umgang mit der Probezeit. Topfirmen vereinbaren Meilensteine mit ihren neuen Mitarbeitern. Die im ersten Schritt formulierten Ziele im Anforderungsprofil können als Meilensteine dienen. Der neue Objektmanager von Wasserle weiß, welche Punkte auf seinem Zettel stehen: Dokumentenmanagement, Qualitätsmanagementsystem einführen, Lohnabrechnungen und Objektkenntnis. Weil Markus Wasserle den zweiten Schritt, sein persönliches Netzwerk zu nutzen, nur unzureichend beachtete, verpasste er, seinen neuen Objektleiter direkt anzusprechen. In dessen XING-Profil stand vor der Einstellung nämlich »Suche eine neue berufliche Herausforderung«.

Legen Unternehmen Wert auf ihre Personalauswahl, belohnen sie sich mit einer hohen Trefferquote. Die Erfahrungen zeigen, dass sich nach einmaligen Einstellungsgesprächen, die oft nicht länger als eine Stunde dauerten, sieben von zehn Kandidaten als Fehleinstellungen herausstellen. Das ist teuer. Bis ein Unternehmen diese Personen wieder los ist, kostet dies bis zu 15 Monatslöhne. Investiert eine Firma im Vorfeld mehr Zeit, steigt die Trefferquote auf mehr als 80 Prozent. Dieser Einstellungsprozess ist in seiner 9-stufigen Form für die Rekrutierung von Führungskräften gedacht. Für Fachkräfte oder Sachbearbeiter reicht eine kürzere Variante, bei der Fragebogen, Referenzen und ein Interview nicht fehlen sollten.

Literatur

Knoblauch, Jörg: Die Chef-Falle. Wovor Führungskräfte sich in Acht nehmen müssen. Frankfurt/ Main: Campus 2013

Knoblauch, Jörg: Die Personalfalle. Schwaches Personalmanagement ruiniert Unternehmen. Frankfurt/ Main: Campus 2010

Knoblauch, Jörg/ Kurz, Jürgen: Die besten Mitarbeiter finden und halten. Die ABC-Strategie nutzen. 3. Aufl. Frankfurt/ Main: Campus 2013

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Karl Kaiblinger

zählt zu den erfahrensten Führungs- und Verkaufstrainern im deutschen Sprachraum. In mehr als 20 Jahren seiner Tätigkeit betreute er mit seinem Team hunderte nationale wie internationale Unternehmen. Karl Kaiblinger und sein Team von kaiblinger + partner wurden für ihre Arbeit bereits sechs Mal mit dem »Internationalen Deutschen Trainingspreis« des BDVT ausgezeichnet.

http://www.kaiblinger-partner.com

Karl Kaiblinger:
Ein Reiseführer für Führungskräfte – The Leadership Challenge

»The Leadership Challenge« ist eines der weltweit besterforschten und auch meistangewandten Leadership-Konzepte. Mehr als 500 wissenschaftliche Arbeiten zeigen dessen Relevanz und ermöglichen eine laufende Weiterentwicklung der Erkenntnisse von James Kouces und Barry Posner, zwei Wissenschaftlern der Santa-Clara-Universität im Silicon Valley. Viele renommierte Unternehmen und Topmanager rund um den Globus nutzen dieses bewährte Instrumentarium. Mein Beitrag in diesem Buch soll ein Reiseführer sein, der Sie auf Basis des Tools »The Leadership Challenge« und meiner mehr als zehnjährigen Anwendung dieses Konzepts auf Ihrer Führungs-Entdeckungsreise begleitet. Wie stellen Sie es am besten an, dass andere Menschen Ihnen bereitwillig folgen, insbesondere, wenn Sie Neuland betreten oder Veränderungen umsetzen wollen? Wie mobilisieren Sie andere Menschen, um, einem gemeinsamen Ziel folgend, einen großen Schritt nach vorne zu machen? Wie bringen Sie andere dazu, dass sie Überdurchschnittliches, vielleicht sogar Außergewöhnliches leisten?

Die Welt, in der wir leben

In den letzten Monaten wurde ich häufiger als gewöhnlich zu verschiedenen Veranstaltungen und Kongressen eingeladen. Experten und Wissenschaftler aus aller Welt setzten sich dabei mit aktuellen und zukünftigen unternehmerischen sowie gesellschaftlichen Herausforderungen auseinander. Hieraus ergaben sich oftmals spannende Diskussionen unter Kollegen und Kolleginnen. Was uns dabei auffiel: Tatsächlich scheinen Herausforderungen in der heutigen Zeit an Zahl und Komplexität deutlich zuzunehmen. Täglich werden wir in Medien damit konfrontiert und erleben dies auch hautnah im härter werdenden Wettbewerb. Jede Generation wird ihren eigenen Problemstellungen ausgesetzt und profitiert zugleich von ihren eigenen günstigen Gegebenheiten, meinen Kouces und Posner. Entscheidend ist nicht nur die Anzahl an Herausforderungen, sondern vor allem die Art und Weise, wie wir auf sie reagieren. Genau darin liegt unser Potenzial, die Welt, in der wir leben und arbeiten, gravierend zu verbessern, aber auch zu verschlechtern. Die seit fast 30 Jahren laufenden Forschungsarbeiten der beiden haben das Ziel, uns bei der Nutzung unseres Potenzials zu unterstützen. Auch mir als Führungsperson liegt dieser Ansatz besonders am Herzen. Nicht nur, dass er für mich eine ideale Mischung aus Forschung und Praxis darstellt; meiner Meinung nach beschreibt The Leadership Challenge die wichtigsten Aufgaben einer Führungskraft auf besondere Weise: klar, verständlich und umsetzbar.

Führung geht jeden an

Bereits 1983 begannen die Forscher Kouces und Posner, sich mit außergewöhnlichen Führungsleistungen auseinanderzusetzen. Es stellte sich dabei heraus, dass diese bei Weitem nicht nur unter Ausnahmemanagern zu finden waren, sondern in nahezu jedem Bereich organisierter Aktivitäten. Sie entdeckten diese Leistungen in gewinnorientierten Unternehmen ebenso wie in Non-Profit-Organisationen, in der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung, im beruflichen und sozialen Bereich. Dadurch angespornt, beschäftigte sich das Forscherteam näher mit Personen, die möglicherweise Ihre Nachbarn, Ihre Kollegen und Freunde sein könnten – Menschen wie Ihnen. Sie interessierten sich für »gewöhnliche« Menschen. Sie fragen sich jetzt vielleicht, warum? Weil ohne sie – und Sie – nichts Bedeutendes in Unternehmen und in unserer Gesellschaft erreicht werden könnte. Und wenn es eine Lehre gibt, die das Forscherteam aus 12.000 Fallstudien, hunderttausenden Fragebögen und tausenden Interviews im Rahmen der Studien hat ziehen können, dann ist es diese: Führung ist jedermanns Sache. Das ist unabhängig von der Position, die Sie innehaben. Hierbei geht es vielmehr um Verantwortung für die Qualität der Führung, die Sie Ihren Kollegen und Mitarbeitern zukommen lassen. Sie sind die wichtigste Führungspersönlichkeit für jene Menschen, die Ihnen am nächsten stehen.

Die fünf Methoden beispielhafter Führung

Wie definiert sich nun der Erfolg einer guten Führungspersönlichkeit? Die wichtigsten Schlagworte sind für mich Motivation und Mut zur Veränderung. Hierbei geht es vor allem darum, zu erkennen, wie Sie selbst Dinge verändern können. Ich darf Ihnen dazu kurz die fünf Methoden beispielhafter Führung vorstellen, die Bausteine der Leadership Challenge:

1. Werte leben

Um eine Organisation einzigartig zu machen, müssen Führungspersönlichkeiten bestimmte Werte verkörpern. Dabei gehen sie mit gutem Beispiel voran und erhalten dadurch Respekt und Glaubwürdigkeit.

Überlegen Sie:

Gemeinsame Werte sind der Klebstoff, der eine Organisation zusammenhält.

2. Eine gemeinsame Vision entwickeln

Überdurchschnittliche Führungspersönlichkeiten malen sich die Zukunft ihres Verantwortungsbereichs aus und kreieren hierfür ein ebenso positives wie einzigartiges Bild. Sie kommunizieren ihre Vision so, dass andere sie verstehen und annehmen können.

Anregung:

Menschen haben eine starke Sehnsucht danach, etwas zu bewirken.

3. Herausforderungen suchen

Überdurchschnittliche Führungspersönlichkeiten suchen nach innovativen Wegen, sich und ihr Unternehmen zu verbessern. Sie sind zu Experimenten bereit und nehmen Risiken auf sich. Sie schaffen Möglichkeiten für kleine Erfolge, die sich oft zu Großem addieren.

Überlegen Sie:

Führung heißt, die Menschen dazu zu bewegen, nach Weiterentwicklung zu suchen und bisherige Aktivitäten immer wieder infrage zu stellen.

4. Anderen Handlungsspielraum geben

Echte Führungspersönlichkeiten stärken andere. Sie verstehen, dass gegenseitiger Respekt außergewöhnliche Leistungen fördert, und strengen sich darum an, durch Vertrauen und Wertschätzung eine kollegiale Atmosphäre in ihrem Team zu schaffen.

Überlegen Sie:

Führungsarbeit, die bewegt, erfordert mehr Zuhören und Kommunikation.

5. Ermuntern und ermutigen

Außergewöhnlich erfolgreiche Führungspersönlichkeiten erhalten hohe Leistungen, weil sie sich ernsthaft für ihre Mitstreiter interessieren und festes Vertrauen in deren Fähigkeiten haben. Die besten Führungskräfte bringen das Beste in ihren Mitarbeitern zum Vorschein. Sie erkennen Potenziale und finden immer einen Weg, diese auch freizulegen.

Überlegen Sie:

Erwarten Sie das Beste von anderen.

Außergewöhnliches in Unternehmen leisten

Die fünf Methoden beispielhafter Führung sind keinesfalls Privateigentum einiger weniger Menschen, deren Führungsverhalten Kouces und Posner mit ihrem Team analysierten, und auch nicht das von Ausnahmemanagern. Auch sind diese Methoden nicht das Resultat historischer Gegebenheiten, gar abhängig von Kultur, Gender oder Charisma. Sie haben sich schlichtweg über einen langen Zeitraum bewährt und sind nach ganz aktuellen Untersuchungen von Kouces und Posner heute noch genauso relevant wie am Anfang ihrer Studien vor 30 Jahren. Es lässt sich somit eine klare Aussage treffen: Gute Führungsarbeit kann in jedem Bereich auftreten und bei jedermann.

Zu Beginn habe ich bereits erwähnt, dass es bei The Leadership Challenge nicht nur um Ihr berufliches Umfeld geht, sondern ebenso um das private sowie um die Gesellschaft, in der wir leben. Die Herangehensweise ist in allen genannten Punkten ähnlich. Vergessen Sie nicht, dass Sie zahlreiche Möglichkeiten haben, etwas zu verändern. Ich möchte mich hier auf Tipps und Anregungen konzentrieren, die in unserer heutigen Zeit leider oft in Vergessenheit geraten. Ein Beispiel wäre, dass Sie als Führungsperson Ihrem Team Orientierung und Unterstützung bieten. Wie aber können Sie das sicherstellen? Wichtig ist aus meiner Erfahrung, die Talente der Kollegen zu fördern und demnach auch zum Einsatz zu bringen. Nutzen Sie etwa Persönlichkeitsmodelle wie DISG®, um Menschen zu helfen, ihre Stärken und Entwicklungsfelder im Umgang mit anderen zu erkennen und sich damit weiterzuentwickeln? Sie werden sehen, zu welchen Leistungen Menschen fähig sein können, wenn sie gleichzeitig gefördert und gefordert werden. Auch das Vorleben von Ehrlichkeit und Ethik geht im Alltag schon einmal verloren. Machen Sie einen Unterschied: Leben Sie Ihren Mitarbeitern vor, was Sie sich von ihnen wünschen. Das klingt so selbstverständlich – bei Mitarbeiterbefragungen wird aber gerade dieser Punkt oft bemängelt. Ich möchte bei Ihnen außerdem ein neues Gemeinschaftsgefühl wecken, das Verständnis füreinander fördert. Meiner Ansicht nach ist die Voraussetzung für erfolgreiche Führungsarbeit nicht Reden, sondern Zuhören. Auch Wertschätzung und Kritik sollen in diesem Zuge erwähnt werden. Es ist wichtig, konstruktive Kritik auszusprechen und diese zuzulassen. Die Wertschätzung herausragender Leistungen ist unerlässlich, leider wird dies in der Praxis oft vergessen. Erinnern Sie sich an diese einfachen Möglichkeiten und wenden Sie sie an. Sie werden sehen, wie komplexe Situationen so in einem völlig anderen Licht erscheinen.

Die Merkmale außergewöhnlich erfolgreicher Führungspersönlichkeiten

Im Laufe meiner 20 Jahre als Führungs- und Verkaufstrainer ist mir immer wieder aufgefallen, dass es teils große Diskrepanzen in der Wahrnehmung zwischen verschiedenen Menschen gibt. Diese Tatsache verwundert nicht angesichts der Einzigartigkeit und individuellen Herangehensweise eines jeden Menschen, man muss sich den daraus resultierenden Situationen aber aktiv stellen. Als Führungspersönlichkeit muss man sich bewusst machen, dass man niemals alleine etwas Außergewöhnliches vollbringen kann. Mitarbeiter und Kollegen tragen den Feinschliff zu jedem Vorhaben bei und sollten hinsichtlich ihrer Wünsche und Ansichten respektiert werden.

The Leadership Challenge bietet hierzu nicht nur die fünf Methoden beispielhafter Führung, sondern auch die Merkmale und Charaktereigenschaften einer Führungspersönlichkeit, welche sich aus den Studien von Kouces und Posner ergaben. Tausende Führungskräfte wurden im Laufe der Jahre gefragt: »Welche Werte, Persönlichkeitsmerkmale oder Charaktereigenschaften erwarten Sie von einer Führungspersönlichkeit oder bewundern Sie an ihr?« Die Ergebnisse dieser Umfrage, an der über 75.000 Menschen teilnahmen, blieben über die Jahre erstaunlich konstant. Generell kann man von einer Checkliste ausgehen, die vier Charaktereigenschaften der idealen Führungspersönlichkeit definiert. Damit andere ihr bereitwillig folgen, sollte diese Person nach Meinung der Befragten folgende Eigenschaften zeigen:

Zusammen ergibt sich aus den vier Merkmalen, die Mitarbeiter von Führungspersönlichkeiten erwarten, das, was Kommunikationsexperten persönliche Glaubwürdigkeit nennen. Auf den Punkt gebracht, wünschen sich Mitarbeiter also vor allem eine Führungsperson, die authentisch und glaubwürdig ist. Glaubwürdigkeit ist das Fundament von Führung.

Wenn du nicht an den Boten glaubst, dann glaubst du auch nicht die Botschaft.
Erstes Kouces-Posner-Gesetz für Führung

Glaubwürdigkeit wird oftmals in ihrer Relevanz unterschätzt. Nicht vergessen werden sollte aber, dass die emotionale Bindung zum betreffenden Unternehmen oder Team dadurch deutlich erhöht wird. Vorgesetzte, die als wenig glaubwürdig eingestuft werden, geraten oftmals in Verdacht, nur Geld als Motivation zu sehen, sich in schlechteren Zeiten gegen das Unternehmen zu wenden oder nur dann Leistung zu erbringen, wenn man ihnen auf die Finger schaut.

Woran erkennen Ihre Mitarbeiter nun, ob Sie glaubwürdig sind oder nicht? Führungspersönlichkeiten, die als glaubwürdig gelten, erfüllen mehrere Faktoren: Erstens praktizieren sie, was sie predigen; zweitens lassen sie auf Worte Taten folgen; drittens lösen sie ihre Versprechen ein. Falsche Versprechungen oder Doppelmoral zahlen sich keinesfalls aus. Als Führungspersönlichkeit müssen Sie klare Überzeugungen haben und diese nicht nur formulieren, sondern eben auch praktizieren.

Tue, was du sagst, das du tun willst!
Zweites Kouces-Posner-Gesetz für Führung

Über Führungskräfte und das Prinzip »Führen Sie sich zuerst selbst«

Ich erzähle Ihnen sicher kein Geheimnis, wenn ich behaupte, dass Führungsfähigkeit Selbstentwicklung ist. Hierbei geht es darum, Ihre Talente und positiven Eigenschaften hervorzuholen und auszubauen. Damit meine ich, dass Sie Ihre eigene Kraft entdecken und lernen, sich selbst zu vertrauen; dass Sie definieren können, was Ihnen wichtig ist und was Sie an Ihren Kollegen und Kolleginnen wertschätzen. Eine Empfehlung, die ich immer wieder anspreche, ist Bescheidenheit: Vermeiden Sie übertriebenen Stolz und erkennen Sie, dass Sie nur mit Ihrem Team etwas erreichen können. Humor und Anerkennung werden ein höheres Arbeitsniveau erreichen, als Sie vielleicht denken. Natürlich verlangt keiner von Ihnen, dass Sie als Führungspersönlichkeit perfekt sein müssen – bleiben Sie aber aufgeschlossen und begeisterungsfähig für die Ideen anderer Menschen. Führungspersönlichkeiten, die anderen zuversichtlich, motivierend und wertschätzend begegnen, können Schwierigkeiten besser bewältigen.

Was stärkt Sie nun als Führungspersönlichkeit, die täglich Herausforderungen zu meistern hat? Eine wunderbare Antwort habe ich im Zuge meiner Beschäftigung mit der Leadership Challenge gefunden und kann mich dieser nur anschließen. Es ist die Liebe zu Ihrer Führungsaufgabe: verliebt zu sein in das Führen, in die Leistungen anderer, in das, was die Organisation hervorbringt, und in die Kunden, die die daraus resultierenden Dienstleistungen schätzen und nutzen. Führung ist vor allem eine Herzensangelegenheit und erst in zweiter Linie eine Sache des Verstandes. Diese Bedeutung erkennt man schnell, wenn man es schafft, nicht nur Führungsperson, sondern Freund, Unterstützer, Förderer und Coach zu sein. So wünsche ich Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen viele außergewöhnliche Leistungen, die durch Ihre Führungsarbeit ausgelöst und unterstützt werden.

Literatur

Kouces, James/Posner, Barry: Leadership Challenge. Hoboken: Wiley 2009

Kouces, James/Posner, Barry: Leadership Challenge Workbook. Hoboken: Wiley 2008

Rainer Krumm:
Erfolg durch werteorientierte Führung

Mitarbeiter haben heute eine andere Erwartung an ihre Vorgesetzten. Führung ist mittlerweile der »Blick über den Tellerrand«, der es einer Führungskraft ermöglicht, das eigene Welt- und Werteverständnis zu verlassen und das des Unternehmens und der Mitarbeiter einzusehen und zu verstehen. In der Praxis hat sich diese Kompetenz leider noch viel zu wenig etabliert.

Entscheidend für Unternehmen sind heute überwiegend die Zahlen – der Mensch wird dabei leider meist wenig beachtet. Bringt ein Mitarbeiter gute Leistung, ist er »sein Geld wert«. Bringt er diese Leistung nicht, wird er schnell ersetzt. Dass ein Unternehmen und mit ihm die Führungsmannschaft es jedoch selbst in der Hand hat, »wertvolle« Mitarbeiter zu bekommen und auch zu halten, ist vielen Führungskräften noch nicht bewusst. Wer das erreichen möchte, muss seine Unternehmenswerte klar darstellen und konsequent leben und zudem die Balance mit den persönlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter nach einer sie erfüllenden Arbeit finden. Werteorientierte Führung lautet hier das Schlüsselwort.

Was sind Werte?

Wir alle haben Werte, die unser Denken und Handeln bestimmen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Werte sagen uns, ob etwas gut oder schlecht ist, ob wir etwas akzeptieren oder ablehnen, was uns antreibt und was uns unglücklich macht. Werte geben uns Orientierung und Halt. So wichtig Werte in unserem Leben sind, so schwer greifbar sind sie.

Betrachtet man die Bedeutung des Begriffs im Deutschen näher, entsteht die Frage, was uns etwas wert und damit wichtig ist. Die lateinische Definition »valere« drückt aus, gesund zu sein, stark zu sein – aber genauso etwas wert zu sein, etwas zu gelten, Einfluss zu haben. Wert beinhaltet also etwas für den Menschen Kraftvolles.

Begrifflichkeiten wie Respekt, Schutz, Einklang, Impulsivität, Klarheit, Status, Empathie oder Toleranz und viele andere mehr fallen unter den Begriff Werte. Jeder Mensch hat nicht nur ganz individuelle Werte, sondern er versteht bisweilen auch etwas anderes darunter als ein anderer. Für den einen bedeutet »Einklang« beispielsweise, Job und Privatleben harmonisch zu verbinden. Für den anderen besteht bereits Einklang, wenn er seine gesteckten Ziele erreicht hat – auch wenn andere dadurch den Kürzeren gezogen haben.

Was bedeutet werteorientierte Führung?

Werteorientierte Führung lässt sich sehr deutlich mit dem Begriff der »artgerechten Haltung« erklären, der aus dem Tierreich bestens bekannt ist: Ohne artgerechte Haltung werden Tiere krank, aggressiv anderen und sich selbst gegenüber und können – je nach Verstoß – sogar eingehen. Wird ein Mitarbeiter ohne Werteorientierung geführt, kann auch er auf Dauer weder gesund noch zufrieden bleiben, weil die Voraussetzungen nicht stimmen. Seine Werte und somit seine inneren Motivatoren werden sprichwörtlich mit Füßen getreten. Er kündigt innerlich, bringt nicht mehr die Leistung, die von ihm erwartet wird, und wird das Unternehmen verlassen (müssen). Das Wissen um diese Dinge kann sich Führung zunutze machen.

Als Führungskraft ist man jedoch geneigt, die eigenen Wertesysteme auf seine Mitarbeiter zu projizieren. Auch das Menschenbild, das jeder grundsätzlich hat, prägt das eigene Bild, das Selbstbild, mit. Welches Menschenbild eine Führungskraft hat, hängt sehr stark davon ab, was sie selbst in jungen Jahren unter der Erziehung der Eltern erlebt hat. Ein beispielsweise in der Jugend negativ geprägtes Selbstbild führt zu einer entsprechenden Haltung Dritten gegenüber. Auch wenn das keine Führungskraft zugeben würde, ist diese Erfahrung doch tief verwurzelt. Jede Führungskraft sollte also grundsätzlich über ihr Selbstbild und ihr Menschenbild nachdenken, um zu verstehen, warum sie so oder eben anders denkt. Wer sich damit auseinandersetzt und sein Innerstes kennenlernt, kann offen für werteorientierte Führung sein.

Die drei Bereiche der Führung

Werteorientiert führen heißt, nicht nur die eigenen Werte zu kennen (Führungskräfteleitbild), sondern auch die des Unternehmens (Unternehmensleitbild), der Mitarbeiter (Mitarbeiterleitbild) und der Kunden beziehungsweise des Markts.1 Als großes Ganzes geht es um die Wertesysteme von Personen, Gruppen und Organisationen und deren Passung zu den Anforderungen des Markts. Das im Folgenden beschriebene Modell 9 Levels hilft dabei, den Ist-Zustand dieser drei Bereiche der Führung zu analysieren und sie gegebenenfalls aufeinander abzustimmen.

Personal Value System

Hier geht es um Wertesysteme von Personen. Diese sind unterschiedlich in Abhängigkeit von deren Rolle und Aufgabe und wirken sich auf deren eigene Bewertungen und Verhaltensweisen aus. Maßgeblich dafür sind zudem die Welt, in der die Person lebt, und die Herausforderungen, mit denen sie gerade konfrontiert wird.

Group Value System

Wo mehrere Menschen zusammenkommen, treffen unweigerlich unterschiedliche Wertesysteme aufeinander. Gibt es zum Beispiel in einem Team, das ein bestimmtes Ziel verfolgt, mindestens einen Menschen, der aufgrund seiner Werteorientierung nicht hinter dem gemeinsamen Ziel steht, sind Konflikte programmiert. Die Lösung wäre dessen Integration in eine andere Abteilung/ ein anderes Team, das ihm als Individuum und seinen Wertvorstellungen näher kommt. Es geht hier also primär um die richtige Passung.

Organizational Value System

Auch in Organisationen herrschen Wertesysteme. Mitarbeiter können sich gut mit den Wertesystemen ihres Arbeitgebers identifizieren, wenn sie sich stark mit ihm verbunden fühlen. Führungskräfte prägen die Wertesysteme ihrer Organisation und Mitarbeiter teilen sie entsprechend. Dies gelingt mit werteorientierter Führung.

Die 9 Levels als Führungslandkarte

Das Modell der 9 Levels of Value Systems2