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ALTE ABENTEUERLICHE REISEBERICHTE

Über den Autor

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Dr. Lars Hoffmann, Studium der Evangelischen Theologie in Erlangen und Münster sowie der Byzantinistik, der Geschichte und der Gräzistik in Münster und Wien. Ab 1988 Mitarbeiter am Projekt »Lexikon der Byzantinischen Gräzität« der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie zusätzlich ab 1990 Mitarbeiter bei der Neuausgabe der Predigten des Gregor von Nazianz für das Corpus Christianorum. Seit 1996 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Mainz. Seit 2001 Sekretär der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Byzantinische Studien.

Zum Buch

Der 1858 geborene Richard Büttner machte sich neben seinen umfangreichen Afrika-Forschungen auch als Zoologe und Botaniker einen großen Namen.

Im Auftrag der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland bereiste er mit einer Expedition in den Jahren 1884 bis 1886 den Kongo sowie das südliche Kongobecken, das heute zum Staat Angola gehört. In seinen Aufzeichnungen beschreibt er literarisch durchaus anspruchsvoll die große Vorfreude, mit der man sich dem eigentlichen Ziel der Reise näherte, aber auch die Enttäuschungen, gegen die man seit Beginn der Expedition anzukämpfen hatte.

Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an galt insbesondere Zentral- und Äquatorialafrika als ein wenig bekannter, weitgehend dunkler Fleck auf den Landkarten, den es noch zu entdecken galt. Deswegen brachen ab den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts eine ganze Reihe von Forschungsexpeditionen in diese ferne Weltgegend auf. Deutsche Unternehmungen hatten es dabei nicht immer leicht, befand sich doch recht bald schon fast der gesamte Kontinent im Kolonialbesitz der anderen europäischen Großmächte oder gehörte wenigstens zu deren politischem Einflussgebiet. Da das Deutschland des 19. Jahrhunderts zunächst alles andere als ein nationalstaatlich verfasstes Gebilde war und man auch im 1871 gegründeten Deutschen Reich kolonialen Erwerbungen eher skeptisch gegenüberstand, waren die Möglichkeiten für deutsche Reisegesellschaften, an den großen Entdeckungen dieser Zeit teilzuhaben, eher eingeschränkt. Um dem Abhilfe zu schaffen, wurde im April 1873 die Deutsche Gesellschaft zur Erforschung Äquatorialafrikas gegründet, ein Verein, dessen Aktivitäten vor allem verschiedene deutsche Landesherren, reiche Kaufleute sowie die Hansestädte finanzierten. Ganz offen wirtschaftliche und politische Absichten verfolgte die im Dezember 1876 in Berlin gegründete Deutsche Afrikanische Gesellschaft, die bereits im April 1878 mit dem zuerst genannten Verein zur Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland fusionierte.

Richard Büttner

REISEN IM
KONGOGEBIET

Expeditionen im Auftrag
der Afrikanischen Gesellschaft
in Deutschland

1884 - 1886

Herausgegeben und eingeleitet
von Lars Martin Hoffmann

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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Alle Rechte vorbehalten

Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2014
Der Text basiert auf der Ausgabe Edition Erdmann, Wiesbaden 2008
Der Text wurde behutsam revidiert nach der Ausgabe
Reisen im Kongolande. Ausgeführt im Auftrag der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland, Leipzig 1890
Redaktionelle Mitarbeit: Gudrun Kolb-Rothermel, Lenningen
Covergestaltung: Nele Schütz Design, München
Bildnachweis: Corbis GmbH, Düsseldorf (Titelbild)
eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0353-3

INHALT

EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS

VORWORT

1. KAPITEL: VON DER ELBE BIS ZUM KONGO

Zusammensetzung der Expedition – Die Mitpassagiere – Der Kanal – Quarantäne in Madeira – Gorée – Liberia und die Kruboys – Accra – David Kornelius Bardo – Adda und Quitta – Das nördliche Protektoratsgebiet – Die Lagunenfahrt – Whyda – Kamerun – Globy und Dr. Nachtigal – Gabun – Die Sibangefarm – Die weitere Küstenfahrt – Ankunft in Banana

2. KAPITEL: AM UNTEREN KONGO

Schwierigkeiten an den südlichen Plätzen – Verlegung der Operationsbasis und neue Pläne – Botschaft an den König von Kongo – Herr Comber von der englischen Baptistenmission – Banana und das holländische Haus – Kongoaufwärts an Bord des »Heron« – Boma – Die Fahrt bis Kallakalla – Die Missionsstation Tondoa – Die Kongohügel – Jagdaussichten – Umgebung von Tondou – In Re-Moiris Dorf – Ausflug nach Vivi – Gebietserwerbung bei Noki – Ankunft der Waren und der Leutnants – Nachrichten vom König – Packen der Lasten – Malewo – Das Abenteuer am Mposu – Das Palaver in Ango-Ango – Ankunft der Träger

3. KAPITEL: ZUR HAUPTSTADT DES KÖNIGREICHS KONGO

Der Königssohn und die Träger – Trennung der Expedition – Die Ausrüstung – Verteilung der Lasten – Muteten – Trägerkost – Zahlungsmodus – Trägerstreiche – Abschied von Tondoa und Ango-Ango – Berglandschaft und Vegetation – Erstes Nachtlager – Tomboku – Plateau von Kainsa – Abfall zum Lukangu – Kitanda, Dorf und Fluß Mposu – Brückenzoll – Palmwein – Übergang über die Lunda – Eine Bergschlucht – Bansa Ndembo – Die Tuffe von Gulungu – Der höchste Punkt des Marsches – Ankunft in San Salvador

4. KAPITEL: IN SAN SALVADOR

Empfang in Kongo – Protest des Königs – Die Hütte des Königs – Dom Pedro V – Der Staatsraum – Die Mukanda des Königs – Die Beschuldigung Don Alvaros – Geschenk – Die Weißen von San Salvador – Die Ruinen – Das Staatsdokument – Machtlosigkeit des Königs – Fabelhafte Berichte über das Kongoland – Rivalität der Weißen – Der Einfluß der Padres – Don Manuele Mpewo von Toku – Weihnacht im Missionshause – Quelle und Plateau – Krankheiten – Markt Nsona – Trägerschwierigkeiten – Argwohn gegen Don Manuele – Rückkehr des Engländers – Der schottische Missionar par excellence – Besuch bei Dom Pedro – Professor Bastian – Marsch nach Tumi – Anwerbung von Trägern – Reinigung der Grabhügel – Die Botschaft von Ndamba – Entschluß zum Ausflug nach dem Mbidisifall und nach Toto

5. KAPITEL: ZUM MBIDISIFALL UND DEM QUELLGEBIET VON TOTO

Begleitung und Ausrüstung – Abstieg und die Luesilagune – Die Kampine – Idylle – Abendmahlzeit und Nachtquartier – Wiederaufbruch – Der Luvu – Die Kitanda von Lembelo – Der Bettelkönig – Scene im Papyrussumpf – In Jalama – Der Mbidisi und sein Sohn – Der Aufstieg zum Plateau – Aufnahme in Kisulu – Abendlicher Tanz – Morgen in Kisulu – Leute von Madimba – Hölzerne Türschlösser – Der Mbidisifall – Gefährlicher Aufstieg – Ausflug nach Loma – Der unzuverlässige Führer und die Lukuklöße – In der Mbidisiebene – Palmwein – Fieber und der rücksichtslose Diener – In Toto – Begrüßung – Reminiscenzen aus Kongos Glanzzeit – Das Quellgebiet – Anzeichen der Kultur – Rückkehr nach San Salvador

6. KAPITEL: UNGLÜCK UND MISSERFOLGE

Ankunft des Arztes – Tod des Premierleutnant Schulze – Fluchtversuche der Loangos – Abreise des Dr. Wolff – Üble Kunde vom Strom – Betrug und Komödie Don Manueles – Ungeduldiges Warten – Die Missionare – Die Anerkennung San Salvadors als portugiesischer Besitz – Tod und Begräbnis eines Prinzen – Vergebliche Werbeversuche – Betteleien des Königs – Die Bansa Putaleute und ihr Engagement – Geringe Aussicht auf Erfolg – Abschied von San Salvador – Übermut der Träger – Das Palawer in Bansa Tanda – Rückkehr – Auseinandersetzung mit den Leuten – Neuer Plan – Abreise zur Küste – Das Nkitapalawer am Mposu – In Tondoa – Auf der »Moriaan« – Im holländischen Hause zu Banana – Keine Träger in Loango – An Bord der Laudana – Mißerfolge in Loango – Der Verzweiflung nahe – Briefe von Loango und aus San Salvador – Nochmals nach Loango

7. KAPITEL: DURCH MUSCHIKONGO, MADIMBA, SOMBO UND KONGO DIA LASE

Anwerbung der Loangos – Dampferfahrt – Dr. Wolffs Rückkehr – Abmarsch von Tondoa – Die Nkimba – Gebräuche derselben – Krieg in Lukangu – Palawer am Mposu – Vorsichtsmaßregeln – Ankunft in San Salvador – Die ersten Loangoboys – Der König und sein neues Haus – Schwierigkeiten und Streik – Bewaffnung der Expedition – Aufbruch und Zusammensetzung der Karawane – Marsch – Widerstreben der Loangos – Kisulupalawer – Der höchste Punkt der Route – In Madimba und Nkonda – In Sombo – Ruhetag in Bansa Mbusu – Zudringlichkeit der Somboleute – Begräbnis – Ntasi Maleo und Black River – Kongo dia lase und Kornelius’ Predigt – Fetischhäuser – Diebereien und böse Palawer der Leute – Bansa Patu – Unfreundliche Dörfer – Kautschukmarkt bei Luele – Die ersten Majakkalla – Die letzten Kongodörfer

8. KAPITEL: ZUR STADT DES MUENE PUTU KASSONGO

Grenzlandschaft – Die ersten Dörfer in Majakka – Der Quango – Überfahrt – Im Dorf des Kiamwo Bungi – Flöhe und Sandflöhe – Der Kiamwo – Weiterreise – Feuer im Lager – Neuer Diebstahl – Der unzuverlässige Führer – Ninta Kiamwo – Kühle Nächte – Drohungen – Waldrodungen – Versuche der Verzögerung – Ankunft

9. KAPITEL: IN DER RESIDENZ DES MUATA KIAMWO VON MAJAKKA

Einzug in die Mussumba – Unsere Wohnung – Lebensmittel – Die Königsfrauen – Am Ganga – Die Stadt – Des Königs Lumba – Die Audienz – Eine Enttäuschung – Des Königs Krankheit – Ein Nkassapalawer – Des Königs Zorn und Argwohn – Bedrohliche Anzeichen – Der König in Fröhlichkeit – Die Ursache der Erbitterung – Erlaubnis zum Aufbruch – Auszug

10. KAPITEL: VON DER RESIDENZ ZUR NÖRDLICHEN GRENZE VON MAJAKKA

Freudige Stimmung der Träger – Der Umschlag in Kiamwos Gesinnung – Des Kornelius’ Treue – Jagd der Eingeborenen in der Kampine – Kiamwos Boten – Reiseunannehmlichkeiten – Der ungetreue Dolmetscher und seine Verabredung – Enttäuschungen – Schwierigkeiten in Bungis Stadt – Der Loangos Feigheit – Der Weiße gibt nach – Neue Pläne – Ernste Verwickelungen – Ein böser Marsch – Krankheit – Die Eingeborenen – Muene Dinga – Alte Bekannte – Swajembe – Ein Fieberherd – Totenbestattung – Major von Mechows Boot – Die Steinbarre – Das Fischerdorf Kingundji – Quangoaustern – Hähne, Ziegen und Erdnüsse – Industrie in Kingundji – Die Fufu – Jagd auf Flußpferde –Nochmals von Mechows Boot – Neuer Führer – Kantalambos Botschaft – Aufbruch und Grenze

11. KAPITEL: BEI DEN MAWUMBA

Die Mawumba – Der erste Marschtag in ihrem Lande – Tauben, Papageien und Fächerpalmen – Zum Buch Jukie – Widerstreben der Loangos gegen die Naturforschung – Streik in der Karawane – Die Furcht vor Muene Kundi – Verirrt – Unerwartete Lösung – In Kwalos Stadt – Der Uferwald der Kindila – Muene Kwako – Austausch der Geschenke – Schwierigkeit Namen zu erfahren – Mawumba und Nkesiani – Muene Kwako ein Majakkamann – Freundlichkeit der Bewohner –Anklänge an Kongo und Loango – Fluchtversuche – Kwakos Vorsorge für den Weitermarsch

12. KAPITEL: VOM QUANGO ZUM STANLEYPOOL

Mangelhafte Wegbestimmung – Plan der Weiterreise – Der Überfall von Mungattuka – Die Entschuldigungen – Zum Lager an der Una – Nachrichten über Pumbu und die Feuerkanus – Die Sühnedeputation – Msumu Nsali – Ethnographisches – Die Jandi – Kinsona – Fetischleute – Die Lusuna – Audienz bei Muene Putu – Im Lager – Die Bansinik – Eine unruhige Nacht – Der Mballefluß – Die Leute von Mpie – Kiballa am Kongo – Der Flaggenmast am Nsadi – Der unverschämte Chief – Zur Lusuna – Die schwimmende Bücherkiste – Am Mpomo – Anschauungen der Eingeborenen – König Balumu – Die Ehrenfeier des Gastes – Termitenbaue – Schlechtes Trinkwasser – Stehlende Loangos – Die Mukanda und das Zeichen Bulla Watadis – Ein verwöhnter Chief – Gewitter trotz Msumu Nsali – Abstieg nach Kimpoko und zum Stanleypool

13. KAPITEL: AM STANLEYPOOL

Aussicht von Kimpoko – Die verlassene Station – Mlakus – Die Fahrt über den Pool – Die ersten Weißen und ihre Nachrichten – Ankunft in Léopoldville – Auf der Höhe des Leopoldberges – Die Wißmannsche Expedition – Fahrt nach Kimpoko – Die erste Fahrt des »Stanley« – Flucht von fünfundzwanzig Loangos – In Brazzaville – Die Gartenanlagen der Station – Unpraktische Lage der Station – Die erste Handelsstation am Pool – Die Missionen – Verproviantierung der Station – Krieg mit Makoko – Round the pool – Die Doverklippen – Vorbereitung für den Aufbruch –Die Exploration des »Peace« – Flucht der Loangos – Schlechte Aussichten –Plan eines Ausfluges kongoaufwärts – Abschied von Léopoldville

14. KAPITEL: AUF DEM MITTLEREN KONGO

Auf dem Pool – Die »Henry Reed« – Schiffsmannschaft und Verproviantierung – Das Tor des Pools – Die Ufer – Das Strombett – Ein Tornado – Der Mpomo oder Black River – Die »A. I. A.« – Handelskanus der Bajansi – Holzschlagarbeit – Msuata – Sonntagsruhe und Gottesdienst – König Gobila und seine Begleitung – Kwamouth – Holznot – Bolobo – Die Auflösung der Station – Änderung in der Konfiguration der Ufer – Vegetation – Die Missionare – Herr Massari – Lukolela – Ankunft am Äquator – Schwierigkeiten der Stromfahrt – Die Staatsstation Equateurville – Die Mission – Herr Deane – Der Hund des Unheils – Aus der Tierwelt – Dreizehn Weiße – Zum Uruki und Ikelemba – Abschied – Rückfahrt nach Léopoldville

15. KAPITEL: ZWISCHEN DEM STANLEYPOOL UND NGOMBE-MANJANGA

Veränderungen – Briefe – Ursache des Ausflugs nach Ngombe – Unsere Begleitung – Das Terrain – Nachrichten aus San Salvador – Schwierigkeit der Verproviantierung – Vom Kongostaat und seiner Zukunft – Übergang über den Nkissi – Die Verödung der Route – Die Station in Ngombe-Manjanga – Weihnachten – Wichtigkeit der Station – Französisches Kongogebiet – Höchster Wasserstand – Die Rückkehr zum Pool – Mangel auf der Route – Das niedergebrannte Dorf – Ankunft in Léopoldville – Das Ende des Jahres

16. KAPITEL: DIE RÜCKKEHR ZUR KÜSTE

Das Wasser fällt – Pläne – Fieber – Ankunft der Leutnants Kund und Tappenbeck – Die Lukenje-Expedition – Beschluß der Rückkehr – Abschied vom Pool – Moden der Eingeborenen – Hunde, Beschwerlichkeiten – Übermut der Träger – Einheimische Justiz – Katholische Missionare – Leutnant Wißmann – Trostlose Gegend – Talkessel von Lukunga – Mrs. und Mr. Ingham – Die Staatsstation – Die Mission – Die Quelle – Die Kundsche Karawane – Ein reduzierter Reisender – Die regennasse Kampine – Elefantenjagd – Der Missionar von Bansa Manteka – Übergang über den Mposu – Ankunft in Ango-Ango – Mr. Comber und Mr. Weeks – Schwierigkeiten der Reise nach San Salvador – Kornelius in San Salvador – In Banana – Heimkehr

EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS

Richard Büttner stammte aus Brandenburg, wo er im Jahr 1858 geboren wurde. Nach dem Abitur in Potsdam absolvierte er ein naturwissenschaftliches Studium mit dem Schwerpunkt Chemie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, das er 1883 erfolgreich mit einer Promotion beendete. Für einen jungen Naturwissenschaftler mit Entdeckerdrang boten sich im Deutschland jener Zeit recht gute Möglichkeiten, wuchs doch der öffentliche, natürlich auch von Vertretern der Wirtschaft geschürte Druck auf die Reichsregierung, dass sich nunmehr auch das Deutsche Reich an der kolonialen Expansion beteiligen solle, wie sie von den Weltmächten betrieben wurde. Bislang hatte die politische Situation in Deutschland solche Bestrebungen nicht zugelassen, aber nach der Gründung des von den damals führenden politischen Kräften vehement geforderten Nationalstaates im Jahr 1871 sollten die Voraussetzungen auch für solche Unternehmungen geschaffen sein. Bismarck hatte sich gegen diese Möglichkeit der politischen Ausdehnung immer mit dem Hinweis darauf zur Wehr gesetzt, dass das Reich bei Weitem nicht über die finanziellen Ressourcen verfüge, um sich solche Besitzungen überhaupt leisten zu können. Vor diesem Hintergrund etwa hatte man 1871 das französische Angebot dankend abgelehnt, als Kompensation für die Kosten des Krieges von 1870/71 jenen französischen Besitz in Indochina zu übernehmen, der sich in etwa mit dem Gebiet der modernen Staaten Vietnam und Laos deckte. So kam es, dass in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts die europäischen Großmächte – zunächst noch mit Ausnahme Deutschlands – und die Vereinigten Staaten von Amerika mehr oder weniger die ganze Welt in ihre Interessenssphären aufgeteilten und unter koloniale Verwaltung stellten. Es versteht sich von selbst, dass damit auch reichlich Anlass für politische und militärische Konflikte gegeben war, wobei von den großen Kolonialreichen allein das russische bis heute besteht und allem Anschein nach auch den Zerfall der Sowjetunion überdauern wird, während der British Commonwealth nur noch ein sehr schwacher Abglanz englischer kolonialer Größe ohne wirkliche politische Bedeutung ist.

Zum Teil ungeklärt in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts war jedoch die Lage in Afrika, das erst wenige Jahrzehnte zuvor wissenschaftlich erforscht worden war. So gab es für Deutschland im Grunde nur auf dem Schwarzen Kontinent eine Möglichkeit dazu, größere koloniale Besitzungen zu erwerben. Für Bismarck war es in dieser Situation jedoch wichtiger, das sogenannte Gleichgewicht der Mächte aufrecht zu erhalten, das an der Auseinandersetzung insbesondere um Zentralafrika hätte zerbrechen können – ein Gebiet, das Henry Morton Stanley mit seinen Expeditionen der Jahre 1874 bis 1877 als Erster bekannt gemacht hatte. Bismarck lud vor diesem Hintergrund die Weltmächte jener Zeit zur Kongokonferenz nach Berlin ein, die vom 15. November 1884 bis zum 26. Februar 1885 tagte und an der mit England, Frankreich, Spanien, Portugal, den Niederlanden, Belgien, Russland, Dänemark, Schweden, Italien, den Vereinigten Staaten und dem Osmanischen Reich alle an Afrika interessierten oder dort bereits politisch engagierten Staaten teilnahmen. Die Initiative zu dieser Konferenz ging jedoch vom Königreich Belgien aus, dessen König Leopold II. (1865–1909) hier eine Möglichkeit sah, eigene Interessen zu verwirklich und seinem erst im Jahr 1830 gegründeten Reich eine bessere wirtschaftliche Basis zu verschaffen. Bismarck bzw. das Deutsche Reich boten sich deshalb als Moderatoren dieser Verhandlungen an, weil es noch keine international klar erkennbaren Bestrebungen dazu gab, sich selbst aktiv in Afrika zu engagieren. Die Ergebnisse der Kongokonferenz wurden in der sogenannten Kongoakte festgehalten, die nicht nur die Verhältnisse in Zentralafrika regeln sollte, sondern mittelbar auch den Anlass dafür abgab, dass nach 1885 ein hektischer Wettlauf um Afrika insbesondere zwischen Frankreich und England einsetzte, nachdem sich die früheren Bemühungen des 19. Jahrhunderts im Wesentlichen noch auf den Maghreb im Norden und das Kapland im Süden des Kontinents beschränkt hatten. Für Deutschland, aber auch für etwaige deutsche Expeditionen, sollte es wichtig sein, dass dabei die Flusssysteme des Kongo und des Niger mit ihren angrenzenden Gebieten zu Freihandelszonen erklärt wurden und damit befahrbar zu bleiben hatten.

Für Leopold II. indessen waren die Ergebnisse der Kongokonferenz ein echter politischer Erfolg. Denn jenes Gebiet, das sich mit der heutigen Demokratischen Republik Kongo deckte, wurde als Kongofreistaat (Etat indépendant du Congo) unter Leopolds persönliche Verwaltung gestellt – der es infolgedessen als seinen Privatbesitz ansah. Allerdings sollte Bismarcks grundsätzliche Zurückhaltung im Blick auf mögliche koloniale Erwerbungen im Falle des Kongo durchaus bestätigt werden. Denn wie bereits der hier publizierte Reisebericht Richard Büttners andeutete, war man in Belgien einer solchen Aufgabe finanziell nicht gewachsen. Infolgedessen ging Leopold zu einer rücksichtlosen Ausbeutung der wirtschaftlichen und menschlichen Ressourcen des Landes über, die Millionen von Toten zur Folge haben sollte. Auch hier kann man bereits Büttners Bericht entnehmen, dass es im Kongo neben sehr fruchtbaren Gebieten, in denen man Kautschuk und Palmöl gewann, beides Rohstoffe, die in Amerika und in Europa gleichermaßen hoch begehrt waren, auch größere Steppenregionen gab, die keinerlei wirtschaftlichen Nutzen versprachen. Der Terror der königlichen Verwaltung des Kongo und die sogenannten Kongoverbrechen erzeugten in der Folgezeit jedoch weltweit Druck auf Belgien, das daraufhin im Jahr 1908 Leopold den Kongofreistaat entzog und ihn nunmehr als Kolonie unter staatlich-parlamentarische Leitung stellte – auch wenn dies die Verhältnisse im Land nur vorübergehend bessern sollte.

Bereits im Jahr 1876 hatte Leopold II. ein Komitee zur Erforschung des oberen Kongo gegründet, das vermeintlich nur wissenschaftlichen Zwecken diente: die Association internationale africaine (A. I. A.). Ähnliche Zusammenschlüsse gab es natürlich auch in anderen Ländern – etwa in Deutschland. So wurde im Jahr 1873 mit Unterstützung der hanseatischen Kaufmannschaft die Deutsche Gesellschaft zur Erforschung Zentralafrikas ins Leben gerufen, die der wissenschaftlichen Erkundung der gesamten Region diente, darüber hinaus aber auch die Möglichkeiten für Handel und Gewerbe abklären sollte. Als nationales Komitee der A. I. A. formierte sich 1876 in Berlin die Deutsche Afrikanische Gesellschaft, die sich entsprechend der Brüsseler Beschlüsse der kulturellen, geistigen und wirtschaftlichen Entwicklung Afrikas widmen sollte. Beide deutschen Gesellschaften verfolgten nun ähnliche Ziele, sodass es am 29. April 1878 zu einer Fusion kam und man sich auf den Namen Afrikanische Gesellschaft in Deutschland einigte. Mit finanziellen Mitteln der Reichsregierung sowie des deutschen Bundesrats, die im sogenannten Afrikafonds zusammengefasst waren, stattete diese Gesellschaft nun bis 1887 eine Reihe von Expeditionen aus, die den satzungsgemäßen Zielen verpflichtet waren – dabei jedoch von Bismarck beargwöhnt, der hier wegen der Möglichkeit einer Verquickung mit wirtschaftlichen Interessen internationale Konflikte aufziehen sah, die ihrerseits die nunmehr auf kaiserlichen Druck hin erfolgten kolonialen Bestrebungen in West- und Ostafrika hätten gefährden können. So entzog Bismarck der Gesellschaft kurzerhand die Verwaltung der öffentlichen Mittel, was letzten Endes zu ihrer Auflösung im Dezember 1887 führen sollte.

Der junge Richard Büttner nun war als Leiter der naturwissenschaftlichen Gruppe an jener Expedition beteiligt, die in den Jahren 1884 bis 1886 den Oberlauf des Kongo erkunden sollte. Unter der Leitung von Eduard Schulze, Willy Wolff sowie der preußischen Offiziere Hans Tappenbeck und Richard Kund brach man im Sommer 1884 von Hamburg aus auf. Büttner, der in Kamerun sowie in Gabun Station gemacht hatte, traf am 13. November 1884 in Banana, einer Hafenstadt im südlichen Kongo ein. Die ganze Unternehmung sollte jedoch unter schlechten Vorzeichen stehen. Logistische Probleme zeigten sich bereits bei der Aushebung von geeigneten Trägern, wobei Büttner immer wieder erkennen lässt, dass durch die bevorstehende Kongokonferenz insbesondere portugiesische und britische Interessen gefährdet waren, was zur Verbreitung der übelsten Gerüchte seine Unternehmung betreffend geführt habe. Schon bald musste man einen anderen Ausgangpunkt wählen als ursprünglich geplant. Mitte Dezember brachen Eduard Schulze und Büttner – und mit einer weiteren Verzögerung auch Willy Wolff – schließlich nach São Salvador, dem heute in Angola gelegenen M’banza Congo auf, das Hauptstadt des einstmals blühenden Königreichs Kongo war. Für den weiteren Verlauf der Unternehmung benötigte man die Unterstützung des Königs Dom Pedro V., der unter portugiesischem Einfluss stand, in der Tat jedoch nicht mehr die Macht dazu besaß, die Reisegruppe außerhalb seines unmittelbaren Einflussgebietes zu unterstützen. Weiterhin war zwischen den Expeditionsteilnehmern vereinbart, dass auch die beiden Leutnants Kund und Tappenbeck nach M’banza Congo aufbrechen sollten, doch gingen diese ihre eigenen Wege. Für Büttner hatte schon dies zur Folge, dass ihm nunmehr ein Teil seiner naturwissenschaftlichen Gerätschaften fehlte. Eine Malaria-Erkrankung Eduard Schulzes, an der er im Februar 1885 versterben sollte, führte dazu, dass auch Willy Wolff eine eigene Unternehmung begann, als sich Büttner um die Genesung seines Expeditionsleiters bemühte. Nach dessen Tod blieb Richard Büttner nun nichts anderes mehr übrig, als eine eigene Expedition zusammenzustellen, was ihm unter großen Mühen auch gelang.

Auch Dom Pedros Unterstützung zu gewinnen, war nicht einfach gewesen, denn dieser argwöhnte dank portugiesischer Intervention, dass hinter Büttner doch der belgische König stünde, der trotz aller Versprechungen auch Gebietserwerbungen am linken Ufer des Kongo anstrebe. Diesen Vorwurf konnte Büttner jedoch weitgehend entkräften, sodass man nach einer kleineren Unternehmung daran ging, den weiteren Verlauf des Kwango, des Grenzflusses zu Angola, zu erkunden. Ziel war es dabei, möglichst weit nach Osten vorzudringen. Ständige Querelen mit den Trägern führten aber dazu, dass man nur bis zu dem kleinen Grenzort Kizulu kam. Von dort aus musste Büttner wieder nach M’banza Congo zurückkehren – mit der vagen Hoffnung, dort neue und bessere Träger zu finden. Dies war jedoch nicht möglich, sodass Büttner bis Banana zurückreisen musste, um die erforderliche personelle Unterstützung zu finden. Auch dort erging es ihm nicht viel besser, und Büttner war schon dazu bereit, die Unternehmung für gescheitert zu erklären, als es doch noch gelang, eine Gruppe von Trägern zu gewinnen. Am 27. Juni 1885 brach Büttner ein weiteres Mal nach Quianvo/Kiamvo auf, das weit im Landesinneren Angolas etwa auf der Höhe der Hauptstadt Luanda liegt. Von dort aus wollte er noch weiter nach Osten vordringen. Auch jetzt gelang es Büttner nur unter den größten Mühen, wenigstens das erste Ziel seiner Reise zu erreichen, nämlich die Residenz des Muata Kiamwo von Majakka am Ganga, der von rechts in den Kwango mündet (heute Angola). Auch Willy Wolff war mit einem erheblich kleineren Trupp von Trägern bis hierher vorgedrungen. Büttners Wunsch, noch weiter nach Osten vorzudringen, scheiterte jedoch an dem massiven Widerstand seiner Träger, aber auch am Argwohn der Stammesfürsten am Ganga, die in dem mundele, dem Weißen, der allen Häuptlinge neben den üblichen Gastgeschenken immer auch ein Portrait Kaiser Wilhelms I. überließ, jemanden sahen, der ihr Handelsmonopol mit Waren aus dem inneren Afrika, insbesondere mit Elfenbein und Sklaven, bedrohte. Nicht zuletzt deshalb wurden auch gezielt Gerüchte in Umlauf gesetzt, dass in diesen Gebieten noch immer Kannibalen ihr Unwesen trieben. Um seine Macht zu demonstrieren und Büttners Träger weiter zu verunsichern, ließ der wohl an Kehlkopfkrebs erkrankte Herrscher nach Belieben seine Leute opfern, um damit die Götter zu besänftigen. Deren Leichen überließ man den Tieren – insbesondere den Schweinen.

Diese Erlebnisse führten dazu, dass größere Teile von Büttners Mannschaft den Weitermarsch verweigerten und flohen oder nur noch unter Androhung von Gewalt dazu gezwungen werden konnten, ihm zu folgen. Nachdem es jedoch an Führern fehlte, die die Expedition hätten weiterbringen können, blieb Büttner nicht anderes übrig, als umzukehren. Dem Verlauf des Kwango folgend gelangte man über verschiedene Nebenflüsse zuletzt bis an eine bereits wieder aufgegebene Station der Association internationale africaine am Kongo, und von dort über den Stanley-Pool, wo man mit Kund und Tappenbeck zusammentraf, nach Léopoldville/Kinshasa, wo Büttner am 20. September 1885 eintraf. Da seine früheren Reisegefährten lange nichts von ihm gehört hatten, hatte man ihn zwischenzeitlich schon für tot erklären lassen und die Gesellschaft in Berlin entsprechend informiert. Es folgten noch zwei der naturwissenschaftlichen Forschung dienende Dampferfahrten auf dem Kongo, wovon die eine nach Equateurville/M’bandaka führte – wiederum eine Station der Association, die mangels wirtschaftlicher Bedeutung bereits kurz nach Büttners Aufbruch aus Afrika geschlossen werden sollte. Endgültig brach Büttner am 3. April 1886 wieder in seine Heimat auf, nachdem die Waffen und Gerätschaften der Expedition verkauft waren. Nach M’banza Congo, wo auch noch ein größerer Posten an Material lag, ging er jedoch nicht mehr zurück, da mittlerweile die Ergebnisse der Kongokonferenz bekannt geworden waren – und allem Anschein nach der Verdacht der Einheimischen nicht unbegründet war, Büttner verträte eben doch die politischen Interessen der belgischen Association. Den Verkauf überließ er daher seinem afrikanischen Adjutanten Kornelius, sodass man insgesamt noch einen Preis von 100 Pfund Sterling erzielen konnte. Zuletzt erreichte Büttner Rotterdam, wo er nach 21 Monaten der Abwesenheit – wie er es selbst ausdrückt – am 30. April 1886 wieder europäischen Boden betrat.

Inwieweit die Expedition einen Erfolg darstellte, lässt sich nur schwer beurteilen, da die Ergebnisse der Kongokonferenz für politische Fakten gesorgt hatten. Damit hat sicherlich auch zu tun, dass Bismarck der Afrikanischen Gesellschaft schließlich die wirtschaftliche Basis entzog. Büttners Verhalten gegenüber den Afrikanern könnte auch eine Rolle dabei gespielt haben, dass sich seine Träger insbesondere ihm gegenüber derart ablehnend verhielten, während Wolff sowie Kund und Tappenbeck mit den Leuten offenbar besser umzugehen verstanden. Auf jeden Fall dürfte Büttner, der zur Beginn der Unternehmung erst 27 Jahre alt war, mit der alleinigen Durchführung der Reise, die ja anders geplant war, persönlich überfordert gewesen sein. Kritik an seiner Art der Beschreibung zu üben, wie man dies mitunter heute findet, zeugt jedoch nicht von einem tieferen historischen Verständnis. Denn wie er schreiben auch die anderen Reisenden seiner Zeit über die Afrikaner und deren Mentalität, die sich eben grundsätzlich von der europäischen unterschied. Dies gilt etwa auch für Willy Wolff, der einen eigenen Bericht über seine Expedition veröffentlichte, die ihn von Banana nach Quianvo/Kiamvo führte. Büttner verwendet sich allerdings auch für seine Leute und begab sich etwa selbst in höchste Lebensgefahr, als er auf seinem endgültigen Rückweg an den Kongo zwei seiner Leute freikämpfte, die der Mutua Kiamwo hatte gefangennehmen lassen.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland arbeitete Richard Büttner ab 1890 an einem Gymnasium in Berlin, um jedoch im selben Jahr wieder nach Afrika zurückzukehren, wo er in Togo bis 1891 die nicht lange zuvor gegründete Station Bismarckburg leitete. Danach ist er wieder als Lehrer in Berlin tätig, wo er 1927 verstarb. Wissenschaftlich konnte sich Büttner als Mineraloge sowie als Botaniker einen gewissen Namen machen. Er selbst sagt, dass er mit dem entsprechenden Ertrag seiner Reise vor dem Hintergrund der permanenten Schwierigkeiten doch recht zufrieden sei. So brachte er eine reiche Ausbeute an Präparaten nach Europa mit, eine ganze Reihe von Pflanzen beschrieb er zum ersten Mal – und eine Aloe-Art trägt seinen Namen. Außerdem wirkte sich der koloniale Aufbruch in Deutschland auch im Bereich der Wissenschaften aus. Im Jahr 1887 wurde an der Universität Berlin das Seminar für Orientkunde gegründet, dessen wichtigste Aufgabe der Sprach- und Kulturunterricht für die deutschen Kolonialbeamten war. Das Seminar an der vom Deutschen Reich und Preußen gemeinsam verwalteten Universität erfüllte damit auch staatliche Aufgaben. Die politischen Interessen sorgten dafür, dass ihm recht bald schon ein Lehrstuhl für afrikanische Sprachen angegliedert wurde, für dessen Einrichtung Richard Büttner einen entscheidenden Beitrag leistete und damit am Anfang einer Entwicklung steht, die 1925 in Berlin zur Gründung des Fachs Afrikanistik führte.

Historische Reiseberichte sind immer auch Dokumente der Zeit, in der sie entstanden. Autoren bedienen sich der Ausdrucksweise und der Sprache ihrer eigenen Epoche und vertreten deren Wertesystem. Reiseberichte sind damit also immer wichtige historische Quellen, zugleich aber reine Lesetexte, die zur Zeit ihrer Entstehung wie auch heute noch ihr Publikum fanden und finden. So hat Richard Büttner sein Reisetagebuch schon bald nach seiner Rückkehr überarbeitet und in ein literarisches Gewand gebracht, das 1890 unter dem Titel »Reisen im Kongolande« erschien. Dabei beweist die hohe Anzahl an ähnlichen Publikationen, dass es damals ein großes Interesse an solchen Werken gab, die über fremde Menschen, Länder und Gebräuche berichteten – Texte, die es wert sind, auch heute noch gelesen zu werden.

Lars Hoffmann, Mainz

Weiterführende Literatur:

W. BAUMGART, Europäisches Konzert und Nationale Bewegung. Internationale Beziehungen 1830–1878. 2., ergänzte und durchgesehene Aufl. Paderborn 2007.

Th. Ehrsam, K. Horlacher, M. Puhan (Hrg.), Der weiße Fleck. Die Entdeckung des Kongo 1875–1903. Mit einem Essay von Hans Christoph Buch. Zürich 2006.

F. TH. GATTER (Hrg.), Protokolle und Generalakte der Berliner Afrika-Konferenz 1884–1985. Bremen 1984.

B. HEINTZE, Deutsche Afrikareisende in Angola. Ethnographische Aneignungen zwischen Sklavenhandel, Kolonialismus und Wissenschaft. 2. Aufl. Frankfurt a. M. 2007, S. 178–189.

A. HOCHSCHILD, Schatten über dem Kongo. Die Geschichte eines der großen, fast vergessenen Menschheitsverbrechen. 3. Aufl. Stuttgart 2000.

J. SCHILDKNECHT, Bismarck, Südwestafrika und die Kongokonferenz. Münster/W. 2000.

Titel der Originalausgabe

REISEN IM KONGOLANDE

AUSGEFÜHRT IM AUFTRAGE DER AFRIKANISCHEN
GESELLSCHAFT IN DEUTSCHLAND

Von
Dr. Richard Büttner

Mit einer Karte von Dr. Richard Kiepert

Leipzig
J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung
1890

VORWORT

Seit dem Eintritt des Deutschen Reiches in eine aktive Kolonialpolitik hat man es für praktisch gehalten, die staatlich unterstützte Afrikaforschung auf die unter dem Reichsschutz stehenden Gebiete zu beschränken, und die Reichsregierung hat die Förderung der Forschung selbst in die Hand genommen. Infolgedessen hat die »Afrikanische Gesellschaft in Deutschland«, die Auftraggeberin meiner in diesem Buche beschriebenen Reisen im Kongolande, bereits vor einiger Zeit ihre Auflösung beschlossen, die landesherrliche Genehmigung dazu ist im Januar dieses Jahres erfolgt, die »Mitteilungen der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland «haben mit dem dritten Hefte des fünften Bandes im Mai ihren Abschluß gefunden und die Liquidation des Gesellschaftsvermögens ist soeben beendet worden.

Die selbständige Forschungsarbeit des Reiches ist noch zu neuerlichen Datums, als daß man schon berechtigt wäre, sie im Vergleich zu derjenigen der aufgelösten Gesellschaft zu setzen, indeßen darf wohl der Hoffnung Ausdruck gegeben werden, daß die staatlichen Gründungen in unseren westafrikanischen Schutzgebieten, denen man den Namen von wissenschaftlichen Stationen gegeben hat, die wissenschaftliche Forschung im Hinblick auf das rein Praktische nicht zu sehr in den Hintergrund treten lassen möchten.

Man erwarte aber nicht in der folgenden Beschreibung strenge Wissenschaft zu finden. Zu meinem eigenen größten Leidwesen waren die Verhältnisse während meiner Reise nicht dazu angetan, daß ich mich der wissenschaftlichen Forschung so widmen konnte, wie ich es wohl gewünscht hätte. Der Mangel an Instrumenten und die eigene Führung einer großen wandernden Expedition – beide veranlaßt durch den Umstand, daß Herr Premierleutnant Kund, statt nach San Salvador zu kommen und die Führerschaft der Gesamtexpedition zu übernehmen, es vorzog, nach dem Stanleypool zu marschieren und so unsere Trennung ständig zu machen – waren die hauptsächlichsten Ursachen einer mäßigen wissenschaftlichen Ausbeute. Im Vergleich zu anderen sogenannten Forschungsreisen in Afrika – mehr oder weniger berühmten Kilometerabschreitungen – ist freilich diese Ausbeute noch namhaft zu nennen.

Ich habe aber diesem Buche einen durchaus allgemeinen Charakter wahren wollen und deshalb habe ich die Bearbeitung des wissenschaftlichen Materials – soweit es zur damaligen Zeit vorlag – bereits im Frühjahr dieses Jahres im letzten (fünften) Band die »Mitteilungen der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland«, Berlin 1886–1889, p. 168–271 veröffentlicht.

Doch einen andern Anspruch erhebt dieses Buch: es will eine wahre Schilderung der berührten Verhältnisse geben. Wenn nun freilich die individuelle Brille bei der Auffassung der Umstände nicht immer fortgelassen werden kann, so liegt doch in der Selbständigkeit, mit der sich die Reisenden und Forscher der aufgelösten Gesellschaft in einem uns durch keine aktiven kolonialen Beziehungen verbundenen Gebiete bewegen konnten, eine gewissen Gewähr für eine unparteiische Berichterstattung und freie Meinungsäußerung, die wir in der Art von den dort angestellten Beamten und Offizieren nicht erwarten können. Dieser Umstand muß sicherlich bei der abweichenden Darstellung derselben Verhältnisse seitens verschiedener Berichterstatter in Betracht gezogen werden. Außerdem scheint mir, daß sich derjenige größere Verdienste um eine Unternehmung erwirbt, der auch ihre Mängel und die Widerstrebungen, welchen sie ausgesetzt ist, bekannt gibt, als derjenige, der nur ihre Vorzüge und das Entgegenkommen, welches sie manchmal findet, meldet. Der Erfolg kann doch durch seine kundgewordene Schwierigkeit nur an Bedeutung gewinnen.

Andere Bemerkungen dem Buch mit auf den Weg zu geben, erachte ich als unnötig, wohl aber ist es mir eine angenehme Pflicht, noch einmal meinen Dank allen denen auszusprechen, die mir auf meiner Reise oder bei der Bearbeitung des heimgebrachten Materials ihre Unterstützung gewährt haben.

Potsdam, im November 1889

Dr. Richard Büttner

1. KAPITEL:
VON DER ELBE BIS ZUM KONGO

Am 1. August 1884 verließ ich die »deutsche Expedition zur Erforschung des südlichen Kongobeckens« an Bord des »Professor Woermann« Hamburg. Die Expedition setzte sich zusammen aus den Herren Premierleutnant Schulze als Leiter, Premierleutnant Kund, Sekundärleutnant Tappenbeck, Dr. med. M. Wolff als Arzt und meiner Wenigkeit als naturwissenschaftlichem Mitgliede. Wir hatten die Ehre gehabt, von der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland zu Berlin, deren Vorsitz zur damaligen Zeit Admiral von Schleinitz führte, gewählt zu werden, um mitzuarbeiten am Werk der Erforschung des tropischen Afrika, welches Werk diese Gesellschaft durch ihre Reisenden und Expeditionen in so ausgezeichnetem Maße gefördert und seinem Endziele näher gebracht hat.

Der Tag der Abreise machte der unruhig bewegten Zeit der Vorbereitungen – die leider in meinem Fall nur zwei oder drei Monate betrug – ein Ende und führte die Mitglieder der Expedition, die bis dahin einander kaum bekannt waren, auf einige Wochen zusammen.

Außer uns befanden sich noch an Bord ein Missionar der Baseler Gesellschaft, der mit der Gattin auf seinen Posten nach Quitta zurückkehrte und unter deren Schutz eine junge Dame reiste, die – mit einem Missionsangestellten verlobt – dessen Leben im fernen Land zu teilen willens war. Die übrigen Herren waren Kaufleute, zum weitaus größeren Teil dem Hause Woermann angehörig, die als Neulinge dem anderen Erdteile zustrebten, oder solche, die bereits einige Jahre dort zugebracht hatten und nun nach einer Zeit der Erholung in Europa zu ihren Stellungen zurückkehrten. Zu diesen letzteren gehörte auch Herr Schmidt, Hauptagent des Woermannschen Monrovialgeschäfts und deutscher Konsul für die Negerrepublik Liberia, der die Zeit des Urlaubes sowohl zur Wiederherstellung seiner Gesundheit in der deutschen Heimat als auch zur Instandsetzung und Ausrüstung seines Hauses in Monrovia angewendet hatte, denn er beabsichtigte sofort nach der Ankunft auf seinem Posten die jugendliche Braut, eine Tochter Liberias, heimzuführen. Unter solchen Umständen war es nur natürlich, daß sich unter der Ladung unseres Dampfers auch Salonspiegel und ein Pianino befanden, dessen weiße Tasten in den Dienst der zierlichen Finger der jungen schwarzen Herrin gestellt werden sollten.

Mit gutem Wetter fuhren wir am 3. August um die Mittagszeit in den Kanal ein und konnten dort für eine gute Weile zugleich auf die beiden Küsten blicken, wobei wir aber der englischen sehr viel näher blieben und eine interessante Ausschau auf ihre weißen Kalkmauern und die zahlreichen Ortschaften hatten. Die See ging hier höher als in dem deutschen Meer, welche Veränderung sofort die unvollständige Besetzung der Tafel im Salon zur Folge hatte; das Wetter blieb indessen klar und ruhig, und am folgenden Tage verließen wir bei der Insel l’Ouessant den Kanal, um in das hohe Meer zu steuern.

Nebel hinderten uns am 6. August Kap Finisterre in Sicht zu bekommen, veranlaßten dagegen halbe Fahrgeschwindigkeit und machten das häufige Ertönen der Signalpfeife notwendig. Am 9. standen alle Passagiere schon zu früher Morgenstunde – zum Landen bis auf Stiefel, Hut und Sonnenschirm bereit – auf Deck, sehnsüchtig durch die Gläser nach der Insel Madeira schauend, wo der »Professor Woermann« in Funchal Kohlen einzunehmen hatte und uns somit die günstige Gelegenheit geboten schien, eines der schönsten Stücke der Erde kennen zu lernen. Als wir uns indessen der Reede näherten und die weißen Häuser der Stadt aus den Gärten hervortauchten, als uns schon die ersten Palmen zuzuwinken schienen und mit roten Blüten überladene Mandelbäume vom grünen Hintergrunde sich abhoben – kündigte ein uns entgegengekommenes Regierungsboot »quarantaine grande«1 an.

Als der »Professor Woermann« die gelbe Flagge hißte und weit über einen Kilometer vom Lande entfernt vor Anker ging, war eine trübe Stimmung über die Passagiere gekommen, die durch den acht- oder zehnstündigen Anblick der unerreichbaren schönen Insel durchaus nicht gehoben wurde, auch weder den uns unter Beobachtung aller Vorsichtsmaßregeln an Bord gereichten Früchten (Bananen, Pfirsichen, Erdbeeren, Pflaumen, Birnen, Trauben u.a.m.) noch den flüssigen Inhalt einiger blaugekapselter Flaschen vom Hause Blandy Brothers weichen wollte. Ohne Bedauern hörten wir am Abend die Anker heben und bald entschwand uns die Insel in der hereinbrechenden Dunkelheit.

Am folgenden Tage nahm das Schiff den Kurs zwischen Palma und Teneriffa. Der Pik letzterer Insel war am Morgen für einige Stunden sichtbar gewesen, am Abend leuchteten die Lichter der Stadt Santa Cruz zu uns herüber.

Erst am 14. kam wieder Land in Sicht, das Kap Verde mit seinen Palmbäumen und dem auf einem der Points stehenden Leuchtturm. Dahinter erschien sehr bald die Insel Gorée, auf deren Reede unsere Anker um die Mittagszeit in die Tiefe rasselten. Nach Erfüllung der Formalitäten wurde die liberté de descendre2 erteilt, von welcher Erlaubnis seitens der Passagiere sofort Gebrauch gemacht wurde, hatte sich unser aller doch eine förmliche Sehnsucht nach Land bemächtigt. Am Ufer angekommen, machten wir einen Gang durch die Stadt, die etwa 6 000 Einwohner, darunter etwa hundert Weiße, haben soll, besuchten einige Geschäfte, um uns unter anderem mit der Spezialität von Gorée, Korkhelmen, zu versehen, die Post, die Befestigungen und den Markt. Die Stadt zeigt orientalischen Charakter; in engen Straßen blickt man auf die weißen fensterlosen Fronten, während die von Veranden umgebenen Höfe einen Blick auf das häusliche Leben der Bewohner darbieten. Der Marktplatz des Ortes ist von Kokos- und Dattelpalmen, Akazien und Tamarinden beschattet: auf ihm spielte sich gerade ein Gottesdienst der Mohamedaner ab, die hier keine eigene Moschee haben.

Da die Ladung für den Platz – 1 000 Sack Reis – an diesem Tage nicht vollständig gelöscht werden konnte, so machten wir am nächsten Morgen der Insel noch einen Besuch, um erst gegen Mittag an Bord zurückzukehren, worauf sehr bald der »Professor Woermann« seine Fahrt wieder aufnahm.

Trübes Wetter gestattete während einiger Tage keine Ortsbestimmungen, und so befanden wir uns am 19. August nachmittags um etwa 100 engl. Meilen über unser nächstes Ziel, Monrovia, hinausgelaufen. Umkehrend erreichten wir abends Gran Bassa, um dort einige Boote abzusetzen. Um Mitternacht wurde der Kurs nordwärts fortgesetzt und am 20. August morgens gingen wir vor Monrovia vor Anker. Der Kapitän gestattete nur einen kurzen Aufenthalt an Land, kaum hinreichend zu einem flüchtigen Besuch in der deutschen Faktorei und einen eiligen Gang durch das Krunegerdorf und die Straßen der Stadt.

Konsul Schmidt verließ uns hier, mit ihm gingen seine prächtigen Doggen Poggie und Box, die während der dreiwöchentlichen Fahrt gute Freundschaft mit den Schiffsbewohnern gehalten hatten, wenn sie auch öfters durch unangebrachtes Apportieren das Shibble- oder Shuffelboardspiel3 gestört hatten.

Nachdem noch fünfundzwanzig Kruboys4 für den Schiffsdienst und die südlicheren Plätze an Bord genommen waren, verließen wir Monrovia, um am folgenden Tage in Ni-su die Zahl dieser besten der westafrikanischen Arbeiter zu vervollständigen.

Das unfreundliche Wetter hielt an: Regenschauer gingen mehrfach auf uns nieder und die Wärme war sehr mäßig. Das Meer zeigte sich oft fast unbewegt; durch den Kiel unseres Dampfers in Aufruhr versetzt, erglänzte es zur Nachtzeit in Millionen von Funken. Fliegende Fische sah man häufig auf unglaubliche Strecken sich aus dem Wasser erheben, Delphine, Tümmler und Haie folgten dem Schiff und ließen oft ihre Flossen über der Oberfläche des Wassers erblicken.

Am 23. langten wir vor Accra an, einem der bedeutendsten Plätze der englischen Goldküste – man sprach uns von 15 000 Einwohnern. Auf kleinen von Eingeborenen gezogenen Wagen kommt man in kurzer Zeit zu der Baseler Missionsanstalt Christiansborg, deren Handwerkstätten sich an der ganzen Westküste einer wohlverdienten Rühmlichkeit erfreuen, und deren Zöglinge, als Maurer, Tischler, Zimmerleute und Köche, auch als Schreiber, wir überall an der Küste und selbst noch auf den fernsten Stationen des Kongostaates antrafen. Eine ganze Anzahl solcher Handwerker nahm auf unserem Dampfer Passagierscheine, die meisten für Gabun, die anderen für südlichere Plätze.

Als wir den Strand von Accra betraten, wurden wir zu unserem Erstaunen von einem gentlemanmäßig gekleideten Schwarzen in deutscher Sprache angeredet, der in den Dienst unserer Expedition zu treten wünschte. Premierleutnant Schulze, nachdem er über die Persönlichkeit in den Faktoreien Erkundigungen eingezogen hatte, engagierte in der Tat den Mann, der sich David Kornelius Bardo nannte, etwa vierzig Jahre zählte und zur Zeit Besitzer zweier Häuser und eines nicht ganz unbedeutenden Geschäfts in Accra war. Kornelius stammte von Cape Coast und hatte in der Baseler Missionsanstalt eine recht gute Erziehung genossen, war auch durch diese Mission nach Europa gekommen, wo er sich in verschiedenen Ländern und Stellungen mehrere Jahre aufgehalten hatte. Zurückgekehrt nach Afrika hatte er als Lehrer der Mission gedient, später einen weißen Kaufmann auf seiner Fahrt den Niger aufwärts begleitet und endlich den Krieg der Engländer gegen die Aschantis mitgemacht.

Von der Voraussetzung ausgehend, daß ein so erfahrener Mann der Expedition von Nutzen sein müsse, in Anbetracht der nicht ungünstigen Berichte der weißen Kaufleute über ihren schwarzen Konkurrenten und im Vertrauen endlich auf das intelligente und gutmütige Gesicht, das sich mit wohlgepflegtem Schnurr- und Knebelbart nicht unbedeutend ausnahm, hatte ich dem Entschluß des Premierleutnants Schulze gern zugestimmt, und der weitere Reisebericht wird zeigen, daß jene Wahl eine in der Tat gut getroffene gewesen ist. Da Kornelius für eine voraussichtlich längere Abwesenheit die Verhältnisse seines Besitztums zu ordnen hatte, so wurde vereinbart, daß er mit dem nächsten Accra berührenden, nach Süden gehenden Dampfer dem Premierleutnant Schulze nach Ambrizette, von wo man die Expedition anzutreten beschlossen hatte, folgen sollte.