Reinhold Ruthe

Träume - Spiegel der Seele
​Krankheiten - Signale der Seele

Zwei Bestseller in einem Band

Impressum

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 9783865064530

© 2007 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers

Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers

Titelfoto: Getty Images

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014

www.brendow-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Träume – Spiegel der Seele

Vorwort

Kapitel 1:
Traum und Schlaf

Was ist der Traum?

Der Anlass für den Traum kann ein Reiz oder ein Tagesrest sein

Die Heilfunktion der Träume

Träume stellen Empfindungen bildlich dar

Der vernachlässigte Traum

Kapitel 2:
Die Symbol- und Bildersprache des Traumes

Bilder beschreiben die Gefühlslage

Symbole sind vieldeutig

Symbole für weibliche und männliche Geschlechtsorgane

Die Archetypen

Die Traumumgebung als Symbol

Die Farbsymbolik

Symbole enthüllen

Erwecken Sie die Bilder zum Leben!

Kapitel 3:
Der Traum und der Träumer

Wie der Mensch ist, so träumt er

Wozu träumen wir?

Das Verhalten entspringt unserer Meinung

Viele Träume verraten unsere religiöse Einstellung

Was bringt der Traum zur Sprache?

Der Traum – die Vorbereitung auf das Morgen

Der Traum offenbart unsere Lebenslügen

Kapitel 4:
Begriffe in der Praxis der Traumdeutung

Manifester Traum – latenter Traum – Traumarbeit und Traumanalyse

Die Traumentstellung – die Traumzensur

Der Traum als Wunscherfüllung

Lebensstil und Traum

Die Zielrichtung des Traums

Der Traum und das Unbewusste

Traumassoziationen

Kapitel 5:
Nackt- und Entblößungsträume

Ich gehöre da nicht hin

Ich schäme mich zu Tode!

Nackt auf der Kanzel

Kapitel 6:
Der Tod im Traum

Mutters Beerdigung

Katharina Luther träumt vom Tod

Ein Wunsch wird zu Grabe getragen

Ein vorausschauender Traum

Ich werde im Traum umgebracht

Der Mord im Traum

Kapitel 7:
Wiederholungsträume

Ich laufe hinter dem Berg her

Kapitel 8:
Träume – Gottes vergessene Sprache

Ich habe die Strafe verdient

Der Traum meint den ganzen Menschen

Träume – Gottes ungebetene Boten

Willst du einmal die Hölle sehen?

Gott hat sein Schaf zurückgeholt

Kapitel 9:
Wie Gott im Traum zu uns redet

Was ich für Gott opfere, kann ich nicht zurückfordern

Ein Laden im Norden Skandinaviens

Wie Sprengstoff verwandelt wird

Krieg in der Gemeinde

Kapitel 10:
Gott spricht zu Jakob im Traum

Was geht dem Traumgeschehen voraus?

Gott gibt Wegweisung durch Träume

Gott bestätigt den Betrüger

Welche Rolle spielen die Engel?

Gott redet im Traum verbindlich

Erwählung trotz Verfehlung

Jakob prüft, ob sich der Traum bestätigt

Kapitel 11:
Traumdeutung und Lebensstilkorrektur

Ich fühle mich allein und abgelehnt

Ich schaffe es nie!

Hinweise für den Beratungsprozess

Krisen in der Lebensmitte – Chancen zum Neubeginn

Womit hängen die Krisen zusammen

Die Zeit der Wende, die Zeit der Wandlung

Kapitel 12:
Konkrete Hilfen für die therapeutisch-seelsorgerliche Traumdeutung

Die Verknüpfung von Problem, Traum und frühkindlichen Erinnerungen

Welche Leitideen kennzeichnen Problem, Traum und frühkindliche Erinnerung?

Welches Lebensgefühl vermittelt das Problem?

Welches Lebensgefühl vermittelt die frühkindliche Erinnerung?

Welches Lebensgefühl vermittelt der Traum?

Einige Denkanstöße für die therapeutischseelsorgerliche Arbeit

Zehn hilfreiche Fragen, um Traumbotschaften zu entschlüsseln

Drei Hinweise für die Traumarbeit in der Seelsorge

Kapitel 13:
Unterschiedliche Methoden der Traumdeutung

Der Tagtraum in der therapeutischen Seelsorge

Der Dialog zwischen dem »Topdog« und dem »Underdog«

Den Traum zum Leben erwecken

Traumdeutung auf der Objekt- und auf der Subjektstufe

Anmerkungen

Krankheiten – Signale der Seele

Vorwort

I. Wie gehen wir mit Problemen um?

Acht Hinweise zum Verständnis

II. Seele meint den ganzen Menschen

Die Seele in Sprichwörtern

Seelisch krank?

Viele Krankheiten sind „nur“ Symptome

Fragen zum Nachdenken

Wenn der Arzt missbraucht wird

III. Krankheiten haben und krank sein

Die Bedeutung des Krankseins

Ist Krankheit ein Segen?

IV. Die leib-seelischen Zusammenhänge von Leiden, Krankheit und Tod

Was beinhaltet Psychosomatik

Modekrankheit: vegetative Dystonie

Krankheit als Schicksal?

Krankheit als Lebenslüge?

Neurosen – eine veraltete Terminologie?

Krankheit und Tod als Folge fehlender menschlicher Zuwendung

Was setzt den Körper unter Druck?

Redewendungen zeigen Leiden auf

Die Organsprache

Wenn die Erde wackelt – ein Fallbeispiel

Die Nachahmung der Symptome

Ist der Organdialekt immer krankhafter Natur?

Leiden und Konflikte durch Stress

Punktliste für seelische Belastungen

Leben verlängernde Stressoren

Angina temporis und Angina pectoris – Zeitnot und Herztod

V. Glaube und Immunsystem

Wie arbeitet das Immunsystem?

Seele und Abwehrsystem

Besonderes Merkmal: Gesund

Mit-Teilen und Gesundheit

Loben und Lachen

Denkstrukturen ändern

Wie wir unser Immunsystem stärken

VI. Schmerzen haben einen Sinn

Der Schmerz in der Bibel

Muskelschmerzen

Auch Kränkung und Ablehnung tun weh

Dem Schmerz eine Stimme geben

Wenn der Rücken schmerzt

Fragen zum Nachdenken

Kopfschmerzen

Schmerzhafte Krisen – wie gehen wir damit um?

VII. Die Persönlichkeit des Asthmatikers

Der Atem

Luft und Atem in Redensarten

Was beim Asthmaanfall geschieht

Die unterschiedlichen Formen des Asthmas

Was den Asthmatiker kennzeichnet

Asthma und Ehebruch – ein Fallbeispiel

Fragen zur Selbstprüfung

Fragen an Eltern von Asthma-Kindern

VIII. Die Persönlichkeit des Herzinfarktgefährdeten

Risikofaktoren

Lebensstil und Organwahl

Die Verkalkung von Herzkranzgefäßen

Lebensstil und Managerkrankheit

Seelsorge an Managerkranken

IX. Die Persönlichkeit des Magenkranken

Der Pantoffelheld – ein Fallbeispiel

Der Lebensstil der Ulkus-Persönlichkeit

Wie ist die Geschwürbildung zu erklären?

Magengeschwür oder: Ich habe mein Bestes getan

Magengeschwürkranke in der Statistik

Erwartungsangst und Magengeschwüre

Sympathikotoniker und Vagotoniker

Die Selbstzerfleischung

Fragen zum Nachdenken

X. In Beziehungen leben – streiten lernen

Elf Denkanstöße

XI. Krankheit als Chance

Glaube: vorbeugend und heilend

Leid und Krankheit als Heim-Suchung

Selig sind, die da Leid tragen

Der aktive Kranke

Auf unsere Reaktion kommt es an

Trost im Leben und im Sterben

XII. So, wie ich bin, bin ich gut genug

Selbstannahme als Schlüssel zum Gesundwerden

Literaturhinweise

Stichwortverzeichnis

Reinhold Ruthe

Träume –
Spiegel der Seele

Wie Sie Ihren Träumen auf die Spur kommen

2. Auflage 2007

© 2004 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers

Satz: Satzstudio Hans Winkens, Wegberg

www.brendow-verlag.de

Vorwort

»Ein ungedeuteter Traum ist wie ein ungeöffneter Brief«, heißt es im Talmud. Könnte es nicht auch sein, dass Gott uns in Träumen Briefe schreibt, die wir ungelesen liegen lassen? Viele Menschen, auch Christen sind skeptisch.

»Träume sind Schäume!« sagen sie

»Träume sind verwirrende Gedankenfetzen!«

»Träume sind nächtliche Ergüsse ohne Sinn und Verstand!«

Liegt diese Skepsis daran, dass im Traum Zeit und Raum, Gegenwart und Vergangenheit, Kindheit und Erwachsensein, bekannte und völlig unbekannte Gesichter, unbekannte Plätze und nie erlebte Situationen das Geschehen beherrschen? Verständlich, wenn Menschen das nächtliche Durcheinander ärgerlich beiseite schieben.

Wollen sie mit ihren Lebenskonflikten, mit inneren Nöten und Ängsten nicht konfrontiert werden? Finden sie einen plausiblen Grund für ihren Traumwirrwarr?

Wie ganz anders beurteilt die Bibel den Traum! Die ganze Heilsgeschichte Israels bliebe ohne den Traum unverständlich. In Träumen warnt Gott den ägyptischen Pharao davor, das Volk Israel weiter festzuhalten. Im Traum schickt Gott Maria und Josef auf die Flucht und bewahrt so den Heiland der Welt davor, den Kindesmördern in die Hände zu fallen. Ein Traumgeschehen revolutioniert die Missionsstrategie des Paulus. Gottes Regie im Traum führt Paulus nach Europa. Ein Traum gibt Petrus, dem Jünger Jesu, die Gewissheit, er solle auch Nichtjuden die »gute Nachricht« bringen.

Ich bin nicht überzeugt, dass solche Traumerfahrungen der Vergangenheit angehören. Gott hat nicht nur zu Menschen aus der Bibel in Träumen geredet. Auch heute noch meldet er sich in Träumen, Visionen und Nachtgesichten zu Wort. Es liegt an uns, ob wir seiner Stimme Gehör schenken.

Als Verfasser fühle ich mich wesentlich von Alfred Adler, dem Begründer der Individualpsychologie, angesprochen, der Träume als wichtige Lebensstil-Aussagen auffasst. Aber auch die Deutungshilfen anderer Traumforscher kommen zur Sprache. Die hier geschilderten und gedeuteten Träume stammen aus der seelsorgerlichen Beratungspraxis, auch aus Einzelanalysen, dazu von Seminarbesuchern, die Träume von Ratsuchenden mit in den Kurs brachten. Der Inhalt der Träume wurde im Wesentlichen beibehalten. Umstände und Lebenszusammenhänge der Ratsuchenden wurden jedoch so verändert, dass Identifikationen nicht möglich sind.

Das Buch ist nicht nur für Seelsorger und Berater gedacht, die bei Gesprächen mit Ratsuchenden auch mit Träumen konfrontiert werden. Es will praktische Anregungen vermitteln, Träume mit dem Ratsuchenden gemeinsam hilfreich zu deuten. Ebenso will das Buch Christen dazu ermutigen, Träume ernst zu nehmen. Wir möchten die Leser neugierig darauf machen, die »vergessene Sprache Gottes« oder »Gottes ungebetene Boten« neu zu hören und ernst zu nehmen.

KAPITEL 1

Traum und Schlaf

Eine junge Frau schlief seit Tagen unruhig und wurde plötzlich durch einen Albtraum aus dem Schlaf gerissen. Der Oberkörper flog hoch. Angstschweiß stand ihr auf der Stirn. Zwiespältige Gefühle beschlichen sie. Der Traum war bedrückend.

Sie lief zögernd und ängstlich hinter einer männlichen Gestalt her, die sich entfernte, ohne sich umzudrehen. Die junge Frau empfand ein demütigendes Gefühl. Plötzlich hatte die Straße keinen festen Untergrund mehr, und sie fiel ins Bodenlose. Die männliche Gestalt war verschwunden, nur eine panikartige Angst begleitete ihren Fall in die Tiefe. Sie blickte im Fallen nach hinten und entdeckte eine lange Leiter, die an der Wand des Loches stand, in das sie stürzte. Mit dem Aufschlag auf dem Grund des tiefen Loches wurde sie wach.

Verwirrt schaute sie sich um. Sie lebte und war am Körper heil und unverletzt.

Sie ließ das Traumgeschehen noch einmal Revue passieren. Neben der schrecklichen Angst hatte sie besonders die Leiter in Erinnerung, die im Rücken stand und sie bis zum Boden begleitete. Neben dem Fall ins Bodenlose war die Leiter der stärkste Eindruck des Traums für die junge Frau.

Vor einigen Wochen hatte sie ihr Verlobter, den sie sehr liebte, verlassen. Gute Freunde hatten ihr geraten, den Mann zu vergessen, der sie im Stich gelassen hatte. Aber sie konnte den Schmerz nicht überwinden. Erst der Traum schockierte und beruhigte sie zugleich. Die Leiter wurde ihr zur inneren Gewissheit: Gott redete mit ihr. Sie solle sich umdrehen, eine völlige Kehrtwendung vornehmen. Gleichzeitig schenkte ihr Gott neuen Mut, aus der Tiefe der Verlassenheit wieder ans helle Sonnenlicht zu steigen.

Nach dem Albtraum konnte sie in der Tat die Blickrichtung ändern. Die Nächte mit dem unruhigen Schlaf waren ausgestanden. Die schmerzhaften Verlassenheitsängste waren weitgehend überwunden.

Schlaf und Traum sind geheimnisvolle Wunderwerke Gottes. Viele nehmen sie kommentarlos zur Kenntnis. Auch viele Christen, die Gottes Schöpferkraft besingen und bestaunen, gehen achtlos an diesen Wundern vorüber.

Traum und Schlaf sind eng miteinander verbunden. Seit etwa dreißig Jahren gibt es so etwas wie eine Schlafwissenschaft. Was für die Erforschung der Herzarbeit das EKG, also der zeitliche Verlauf der Herzstromkurve, bedeutet, ist für die Schlaf- und Gehirnforschung das Kurvenbild der Gehirnströme (EEG). Es ist damit möglich, den Schlaf von innen und natürlich auch von außen zu beobachten. Jeder Mensch hat sein persönliches Schlafprogramm, das in seinem EEG (Elektroenzephalogramm) sichtbar gemacht werden kann und wie ein Fingerabdruck des Gehirns zu werten ist.

Man entdeckte die Traumzeiten des Menschen und kam zu der Überzeugung, dass Träumen wesentlich für den Erholungseffekt des Schlafes ist. Wurden Versuchspersonen im Schlaflabor über längere Zeit am Träumen gehindert, veränderte sich ihre Persönlichkeit. Ängstlichkeit, Depression und mangelhafte Konzentrationsfähigkeit stellten sich ein.

Schlafen ist ein Naturbedürfnis, das man zwar einschränken, aber nie ganz abschaffen kann. Wie unser Gott Tag und Nacht, Sommer und Winter in den menschlichen Lebensprozess eingebaut hat, so wurde der Mensch auf Wachen und Schlafen programmiert. Gott hat diese Prozesse gewollt, wir können sie nicht einfach ignorieren. Menschen, die künstlich Tag und Nacht wach gehalten wurden, erlitten ohne Ausnahme schwere Zusammenbrüche. Der Schlaf ist also ein körperlicher Zustand der Erholung von der Ermüdung. Zeitweilig werden das Bewusstsein und die Tätigkeit der Skelettmuskulatur herabgesetzt.

Was ist der Traum?

Der Traum ist ein geistig-seelisches Geschehen während des Schlafes. Träumen ist eine lebensnotwendige Funktion, wie Wissenschaftler ermittelt haben. Jeder Mensch träumt. Auch Babys träumen. Das Ungeborene im Mutterleib träumt. Sogar Hunde, Katzen und Hühner träumen. Der Tagesverstand und der Wille üben keine Kontrolle über das Traumgeschehen aus. Das Bewusstsein ist fast ganz zurückgetreten. Gefühle und Reize aus der Umwelt werden nur noch stark gebremst wahrgenommen. Die Hirnzentrale hat die Wahrnehmung gebremst.

Nach dem Krieg begannen die Amerikaner systematisch, in Schlafkliniken mit modernsten technischen Hilfsmitteln Testpersonen zu untersuchen, die sich dem Schlaflabor zur Verfügung stellten. Über 10.000 Versuchspersonen wurden getestet und die Daten ausgewertet. Wissenschaftlich ist daher heute unbestritten, dass jeder Mensch träumt und in jeder Nacht etliche Male Traumphasen durchlebt. Das körperliche Ausruhen im Schlaf und das Träumen sind zweierlei. Der Schlaf ist die Vorstufe des Traumes.

Das Schlafverhalten des Menschen läuft in verschiedenen Episoden ab, die immer wieder von motorischer Unruhe gekennzeichnet sind. Je geringer die Schlaftiefe, umso mehr nähert sich das Traumerleben dem Wachzustand. Die Bilder nehmen realere Züge an.

Mithilfe des Elektroenzephalogramms werden diese episodenhaften Schwankungen gemessen. Wenn ein Mensch etwa acht Stunden schläft, zeigt das EEG etwa fünfmal eine Kurvenform an, die dem Wachzustand eines Menschen ähnelt. Diese zyklischen Schwankungen dauern etwa zehn bis sechzig Minuten. Man fand heraus, dass der Mensch in diesen Intervallen fest schläft und nur schwer aufzuwecken ist. Diesen Zustand bezeichnet man in der Schlafforschung als paradoxen Schlaf, weil das EEG einen wachähnlichen Zustand registriert.

Besonders in den Zeiträumen des paradoxen Schlafes reagiert der Mensch mit Muskelzuckungen und schnellen Augenbewegungen. Man hat herausgefunden, dass diese REM-Phasen (rapid eye movements = schnelle Augenbewegungen) im Traum stattfinden. Früher glaubte man, ein Traum dauere lediglich einige Sekunden oder nur Bruchteile von Sekunden. Heute weiß man, dass der Traum zehn bis fünfunddreißig Minuten dauern kann. Diese Traumperioden sollen drei- bis sechsmal eintreten.

Werden Versuchspersonen in dieser REM-Phase geweckt, können sie detailliert über ihre Träume berichten. Wird eine Versuchsperson außerhalb einer REM-Phase geweckt, weiß sie von keinen Träumen. Mit fortschreitender Nacht werden die Träume länger; der dritte und vierte Traum können bis zu einer halben Stunde dauern, während die früheren Traumphasen nur minutenlang sind.

Wenn wir die Traumstunden unseres Lebens überschlagen, kommen über 50.000 Stunden heraus. Können Sie sich vorstellen, dass Gott in seiner schöpferischen Weisheit einen Menschen ins Leben ruft, damit der einige Jahre seines Lebens sinnlos verträumt? Der Traum spielt im biblischen Denken eine enorme Rolle. Ist es nicht überheblich, die Traumstunden unseres Lebens als ein nutzloses Abfallprodukt im Schöpfungsplan unseres Gottes zu bezeichnen?

Der Anlass für den Traum kann ein Reiz oder ein Tagesrest sein

Träume können auf tausend verschiedene Weisen zu Stande kommen. Es gibt unzählige Reize, die das Traumgeschehen in Gang bringen. Diese Reize sind Anlass, sie sind aber nicht der Inhalt des Traumes. Reize werden vom Träumenden aufgegriffen, bearbeitet und vom Lebensstil integriert.

Welche Reize können den Traum beeinflussen?

Insgesamt: Die Reize können von außen oder von innen kommen. Herz und Eingeweide, Hunger und Durst können den Traum beeinflussen, aber selten das Traumgeschehen einschneidend bestimmen.

Selbstverständlich können auch die letzten Ereignisse vor dem Schlafengehen den Traum berühren. Tagesreste aus einem interessanten Kriminalfilm, einem eindrücklichen Gespräch oder einem Streit mit dem Partner, mit Eltern oder Kindern können den Traum anregen.

Es besteht auch kein Zweifel, dass Krankheiten, die den Menschen heimsuchen, wilde Träume oder Fieberträume hervorrufen können. Die Veränderung der Bluttemperatur und die Blutzusammensetzung erklären Fieberträume und sind Beweise, dass zwischen körperlichem Befinden und Traum Beziehungen bestehen.

Die Heilfunktion der Träume

Träume haben die Aufgabe, das menschliche Gemüt nach seelischen Verwundungen und bedrückenden Erlebnissen wieder heilen zu helfen. Konflikte und Spannungen werden im Traum bearbeitet. Der Mensch soll sich wieder wohl fühlen können. Eric Berne, Psychiater und Begründer der Transaktionsanalyse, schreibt:

»Wird einem Menschen die Möglichkeit zu träumen genommen, so kann das zu starker geistiger Verwirrung führen. Vielen Psychosen geht eine längere Periode der Schlaflosigkeit und damit der mangelnden Gelegenheit zu träumen voraus. Es könnte sein, dass die so entstehende Anhäufung unverarbeiteter Emotionen einen gewissen Einfluss auf das Entstehen der Psychose hat.«1

Diese Überlegungen aus den Siebzigerjahren werden durch die neuesten Ergebnisse der Traumforschung bestätigt. Der Nobelpreisträger Francis Crieck, der die rasanten Fortschritte auf dem Sektor der Gehirnforschung und Bio-Technologie beschreibt, geht davon aus, dass die Träume ein lebenswichtiger Bestandteil des Schlafes sind. Sie bewahren uns davor,

Die amerikanische Psychiaterin Rosalind Cartwright schilderte auf einem Kongress 1992 überraschende Erfahrungen mit ihren Patienten. Die eine Gruppe steckte in einer tiefen Lebenskrise. Alle hatten gerade eine Scheidung hinter sich oder lebten von ihrem Partner getrennt. Ihre Verlusterlebnisse waren begleitet von schweren Depressionen.

Die Ärztin beobachtete, dass die schlechte Gemütsverfassung einen großen Einfluss auf den Traumschlaf hatte. Die REM-Phasen waren länger, häufiger und ungewöhnlich intensiv. Sie beobachtete regelrechte »Stürme von Augenbewegungen«. Die Träume waren heftig, schrecklich und auch dramatisch.

Eine andere Gruppe in ähnlicher Lebenssituation (Scheidung und Trennung) schlief und träumte normal. Am Ende der Therapien stellte sich heraus:

Deutlich wird:

Die Psychiaterin warnt davor, die REM-Schlaf-Aktivität durch Beruhigungsmittel zu bremsen. Sie ist fest davon überzeugt, dass diese das Leiden der Patienten nur verlängern würden.

Träume stellen Empfindungen bildlich dar

Empfindungen lassen sich nicht leicht und direkt bildlich wiedergeben:

Aber der Handlungsakt, der für Empfindungen kennzeichnend ist, lässt sich darstellen. Emotionen können in Handlungen charakterisiert werden. Angst kann sich äußern im Weglaufen, nicht von der Stelle kommen, einen Verfolger im Nacken haben. Schuldgefühle kommen zur »Sprache«, wenn ein Mensch, ein Kind im Traum bestraft wird und diese Strafe als gerecht empfindet.

Hass offenbart sich in Handlungen, die zerstören, verletzen und verstoßen:

Eine Frau träumt, dass sie ihren Lieblingshund an der Autobahn aussetzt und in rasanter Fahrt davonfährt. Die leidenden Augen des Hundes verfolgen sie. Im Rückspiegel erkennt sie das Gesicht des Hundes, der ihr nachjagt. Sie fährt schneller und schneller, aber sie kann den Hund nicht abschütteln. Am eindrücklichsten sind ihr die Augen des Hundes. Mit einem zwiespältigen Gefühl wacht sie auf.

Im Gespräch wird ihr bewusst: Sie liebt und hasst. Der Hass hat die Oberhand gewonnen. Sie erkennt in dem Hund ihren Mann. Er hat sie zwei Jahre mit ihrer besten Freundin betrogen. Sie will ihn loswerden. Aber er will trotz Ehebruchs an ihr festhalten. Der Traum komprimiert die Gefühle der Frau. Sie muss sich losreißen, aber der Hund klebt ihr im Nacken. Sie will den Mann bestrafen; gleichzeitig sieht sie das leidende Gesicht im Rückspiegel. Die Zweifel, Schuldgefühle und Fragen der Frau, die der Traum auf den Punkt gebracht hat, können im Beratungsgespräch abgeklärt werden.

Der Traum bringt unsere tiefsten Empfindungen bildhaft zur Sprache.

Der vernachlässigte Traum

Obwohl Träume für die seelische Gesundheit eine so große Rolle spielen, wurden sie in der Theologie lange Zeit nicht ernst genommen. Zum ganzen Menschen, zum ganzheitlichen Denken sowie zur ganzheitlichen Medizin gehört aber ein ganzheitlicher Realismus. Wer den Menschen aufspaltet und Teile seines Lebens ausblendet, kritisiert den Schöpfer, der diese wunderbare Ganzheit geschaffen hat.

Dieser Versuchung ist die Kirche in ihrer Geschichte immer wieder erlegen. Der Körper wurde nur als Hülle für die kostbare Seele gesehen. Er hatte für das Glaubensleben keine Bedeutung. Im Mittelpunkt des christlichen Glaubens stand die Seele: »Rette deine Seele!« Dass die Seele nahtlos mit dem Körper verbunden ist, wurde übersehen.

Heute entdeckt die Kirche wieder den Satz aus dem Neuen Testament: »Der Leib (ist) ein Tempel des heiligen Geistes« (l. Korinther 6,19).

Die Sexualität wurde jahrhundertelang tabuisiert oder als notwendiges Übel in Kauf genommen. Dass Ehe, Liebe und das Fortbestehen der Menschheit ohne Sexualität nicht möglich und denkbar sind, wurde zwar theoretisch akzeptiert, theologisch jedoch nie wirklich ernst genommen. »Auf der Kanzel haben sexuelle Themen nichts zu suchen!« sagte man.

Dass in der Eheseelsorge sexuelle Konflikte ohne Sachkenntnisse behandelt wurden, zeigt wiederum, wie gläubige Menschen Gottes wunderbare Schöpfung missverstehen können. Es leuchtet ein, dass die Sexualität auf dem beschriebenen Hintergrund nicht als ein schöpferisches Kleinod, sondern als Nebensächlichkeit eingestuft wurde.

Dem Traum geht es bis heute nicht anders. Die Floskel »Träume sind Schäume« hat sich tief auch im Bewusstsein der Christen eingenistet. Dass Gott den Menschen über Träume etwas mitteilen kann, wird häufig theologisch bestritten, obschon es nicht einen einzigen stichhaltigen biblischen Hinweis gibt, der dieses Argument erhärten könnte. Der Theologe Werner Jentsch bestätigt, dass Träume im Alten und Neuen Testament eine wichtige Rolle gespielt haben und bis heute als Werkzeug Gottes dienen können.

»Wann und wo es Jahwe gefällt, macht er Träume gleichsam zu Gefäßen seiner Gnade, zu Wegen für sein Wirken. An solche Träumer, die Geistträger sind, denkt der Prophet Joel, wenn er für das Ende der Tage die Ausgießung des Geistes auf charismatische Personen ankündigt: Das prophetische Charisma ist dann kein Monopol der Propheten mehr, sondern erstreckt sich auf das ganze ›Gottesvolk‹: ›Eure Greise (werden) Träume träumen, eure Jünglinge Gesichte schauen‹, Joel 3,1fr. Mit dem Stichwort ›Geist‹ schlägt sich von selbst die Brücke zum Neuen Testament.«2

Damit ist gesagt:

KAPITEL 2

Die Symbol- und Bildersprache des Traumes

Bilder und Symbole sind komprimierte Vorstellungen von Welt, Menschen und Situationen, wie wir sie im Traum erleben und einschätzen. Wir müssen die Symbol- und Bildersprache verstehen. Dafür hat es nicht viel Sinn, in einem Lexikon die Bedeutung der Begriffe nachzuschlagen. Die Deutungen können ausnahmsweise stimmen. In der Regel findet jeder Träumer

Wir sind einmalige Menschen und werden in der Regel unseren einmaligen Ausdruck für Dinge finden, die uns bewegen. Probleme, Ängste, Schuld, Versagen und Krisensituationen werden von jedem Menschen anders erlebt und mit unterschiedlichen Empfindungen wahrgenommen. Entsprechend sind auch die Bilder und Symbole von Mensch zu Mensch verschieden. Die meisten Träumer produzieren eindrückliche Bilder von dem, was sie sagen wollen. Da wir Menschen einmalige Originale Gottes sind, entwerfen wir auch einmalige Bilder und Symbole.

Bilder beschreiben die Gefühlslage

In der Regel sind die Bilder für den Menschen, der sie träumt, stimmig. Der Träumer hat seine Gedanken und Vorstellungen auf den Punkt gebracht. Präzise beschreiben die Bilder die Gefühlslage und die Stimmung:

»Es ist Winter.«

»Ich sehe vor mir eine Wüste.«

»Ich bewege mich in einem bunten Garten.«

»Mich verfolgt ein großes Raubtier.«

»Ich sitze in einem fensterlosen Raum.«

»An der Decke kriechen Spinnen auf mich zu.«

»Ein bissiger Hund bellt mich an.«

»Um mich herum Wasser und kein Ufer.«

»Ich werde unter Wasser gedrückt.«

Die Bilder fangen atmosphärisch die seelische Verfassung des Träumers ein. Ängste und Gefahren werden in konkrete Bilder verdichtet. Für den einen sind Hunde die treuesten Begleiter des Menschen, für einen anderen sind Hunde böse Individuen. Wir formulieren nicht umsonst »du Hund«. Der eine erlebt Wasser als sein Element, für einen anderen ist Wasser gefährlich und bedrohlich. In den Bildern, Metaphern und Symbolen spiegeln wir unsere konkreten Ängste, aber auch positiven Gefühle und Vorstellungen wider. In den Träumen bringen wir Konfliktherde zur Sprache, die in uns lebendig sind und die bewältigt werden müssen.

In den Träumen sprechen stärker Herz und Gefühl als Verstand. Gefühle aber sind schwer mit der Logik des Kopfes einzufangen. Gefühle stellen wir in Bildern, Farben und Gleichnissen dar. So verwandeln sich Menschen in Tiere und Gefahren, sie begegnen uns in Raubtieren. Der Mensch kann fliegen, wird tödlich getroffen und lebt weiter. Wenn das Herz verwirrt ist, dann ist der Traum auch verwirrend. Die Kunst des Traumes besteht also darin,

in Bilder zu fassen, die prägnant die Lebensgrundauffassung dieses Menschen in dieser Zeit spiegeln.

Ein Träumer ist darum ein Maler und Dichter. Aber wir haben verlernt, die Sprache der Gefühle zu entziffern. Von klein auf wurden wir dazu erzogen, unseren Kopf zu benutzen, alles rational und sachlich zu erklären. Wir sind kopflastig geworden. Herz und Gefühl sind auf der Strecke geblieben. Da jeder Mensch seinen Malstil hat, müssen Seelsorger und Berater diesen persönlichen Stil mit dem Ratsuchenden zu entziffern suchen.

Selbstverständlich gibt es Symbole, die in allen Kulturen, in der Vergangenheit und Gegenwart gleich sind. Es sind Symbole, die uns auch in Märchen und Sagen der Völker begegnen. Sie haben einen ähnlichen Aussagewert, und doch

Hüten wir uns darum, in der therapeutischen Seelsorge

Der Träumer selbst hat alle Bilder gestaltet, hat seine Symbole seinem Lebensstil entsprechend gewählt. Nur er allein kann uns Auskunft geben, wie er seine Bilder versteht.

In der Seelsorge oder Beratung helfen wir ihm, die Bilder,

segensreich zu verarbeiten.

Symbole sind vieldeutig

Ein Beispiel mag verdeutlichen, wie irreführend Bilder sind, wenn sie angeblich nur auf eine bestimmte Art gedeutet werden können.

Ich denke an das Bild der Treppe. Türme und Treppen, die bestiegen werden können, stellen in der psychoanalytischen Literatur ein sexuelles Symbol dar. Ein Tier besteigt ein anderes. Besteigt ein Mensch den anderen? Ist in unseren Köpfen und Herzen dieser Gedanke beheimatet?

Patricia Garfield, eine amerikanische Traumforscherin, charakterisiert in einem Traumbuch die Treppe folgendermaßen:

»Das Ersteigen einer Treppe ist oft ein Symbol für Sexualverkehr, und zwar in Träumen von Männern und Frauen, weil das träumende Gehirn die rhythmischen Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen des Koitus mit den Bewegungen des Steigens assoziiert.«1

Vorstellen können wir uns, dass unter vielen Treppen-Träumen auch einer die Treppe als sexuelles Symbol enthält. Andere Vorstellungen sind im Allgemeinen viel eher nachvollziehbar. Denn wir sagen:

Für die praktische Traumarbeit ist auch im Hinblick auf dieses Symbol zu fragen:

Symbole für weibliche und männliche Geschlechtsorgane

Die Deutung der Traumsymbolik hat in der psychoanalytischen Literatur merkwürdige Blüten getrieben. Entsprechend dem Konzept der Freud’schen Libido-Theorie erstreckt sich die Erklärung von Traumsymbolen in erster Linie auf sexuelle Inhalte. Besonders ein Mitarbeiter Freuds, Wilhelm Stekel, trieb dies auf die Spitze. So kam es, dass in jedem länglichen Gegenstand,

männliche Sexualorgane gewittert wurden.

Sigmund Freud hat diesem Deutungswirrwarr selbst Vorschub geleistet, wenn er beispielsweise schrieb:

»Kästen, Schränke, Öfen entsprechen dem Frauenleib, aber auch Höhlen, Schiffe und alle Arten von Gefäßen.

Den kleinen Bruder hat Stekel richtig als Penis erkannt. Mit einem kleinen Kinde spielen, den Kleinen schlagen usw. sind häufig Traumdarstellungen der Onanie.«2

Patricia Garfield hat in ihrem neuesten Buch diese Symboldeutung noch erweitert. Auf einigen Seiten beschreibt sie weibliche Traumsymbole. Nach ihrer Darstellung können

weibliche Sexualorgane verkörpern.

Auch alle geschlossenen Behälter:

sollen weibliche Sexualorgane verkörpern können.3

Alfred Adler, der sich wegen der Libido-Theorie schon 1911 von Freud trennte, schrieb über die einseitige sexuelle Deutung der Traumsymbolik:

»Deshalb wollen wir hier an Freud erinnern, der zuerst den Versuch unternommen hat, eine wissenschaftliche Traumlehre auszugestalten. Das ist ein bleibendes Verdienst, das niemand schmälern kann … Aber indem er sich zwang, alle seelischen Erscheinungen um die einzige herrschende Substanz, die er anerkennt, um die Sexuallibido zu gruppieren, musste er fehlgehen … «4

Ich bin der Meinung, dass solche zugespitzten und übertriebenen Erklärungen der Traumdeutung keinen guten Dienst erweisen. Selbstverständlich kann in Ausnahmen die eine oder andere Deutung zutreffen. Aber der Träumer selbst muss uns einen konkreten Hinweis liefern.

Für Seelsorge und Beratung ergeben sich lediglich einige Hinweise:

Die Archetypen

Es gibt Urerfahrungen der Menschen, die sich weltweit in ähnlichen Symbolen wieder finden. Einer der drei großen Tiefenpsychologen, Carl Gustav Jung, der Begründer der Analytischen Psychotherapie, spricht von Archetypen.

Er untersuchte das Traummaterial auf den Zusammenhang zwischen mythischen Vorstellungen, die in vielen Völkern zu Hause sind, und den Bildern, die in Träumen zum Vorschein kommen.

C. G. Jung unterscheidet das »Persönlich-Unbewusste« und das »Kollektiv-Unbewusste«. Die Symbole des Kollektiv-Unbewussten sind die Archetypen, die Urbilder, die vererbten Bilder, die wir in Märchen, Sagen und Volksweisheiten wieder finden. Die Urbilder (Archetypen) kommen nie oder ganz selten ins Bewusstsein. Aus Archetypen spricht die Urerfahrung der Menschen, die in allen Völkern gleich ist, auch wenn sie keine Beziehung zueinander hatten. Jung vergleicht die Archetypen mit zeitlos ewigen Urbildern als Bauplänen der Schöpfung. Naturwissenschaftlich vergleicht Jung die Archetypen mit biologischen Instinkten der Lebewesen:

»Das kollektive Unbewusste, als die Gesamtheit aller Archetypen, ist der Niederschlag alles menschlichen Erlebens, bis zurück zu seinen dunkelsten Anfängen.«5

Der Begriff des Archetypus wird aus der Beobachtung abgeleitet, dass in Mythen, Märchen, in Phantasien, Träumen und Wahnideen der Menschen von heute immer wieder Motive auftauchen, die weltweit gleich sind.

Die Traumdeutung Jungs arbeitet darum mit der so genannten Amplifikation (lat. amplifico = erweitern, vergrößern): Er erweitert die Freud’sche Methode der Assoziation, der freien Gedankenverknüpfung, durch das Hineinnehmen der Archetypen, die er zur Deutung mit heranzieht.

Beispiele für Archetypen:

Die Traumumgebung als Symbol

In vielen Träumen spielt die Umgebung eine große Rolle. Der Träumer komprimiert in bestimmten Bildern, was er mit der Umgebung verbindet. Schauen wir uns einige Bilder an, die oft eine bestimmte Bedeutung haben.

Die Traumumgebung ist die Bühne, die der Träumer inszeniert, um seine Gefühle auszudrücken. Die Traumumgebung signalisiert die Einstellung des Träumers, wie er sich versteht und welche Lebenseinstellung in welche Umgebung verlagert wird.

Die Farbsymbolik

Farben verkörpern seelische Erlebnisse. Es gibt Menschen, die schwarz-weiß träumen, und andere, die häufig in Farbe träumen. Man sagt, dass Frauen im Allgemeinen farbiger träumen als Männer. Warum ist das so?

Im Wesentlichen sind Frauen farbbewusster, Patricia Garfield schreibt:

»Tatsächlich ist die Farbwahrnehmung von Frauen besser als die von Männern. In den ersten acht Monaten des Lebens sehen sie schärfer als männliche Babys … Farbenblindheit kommt nur bei einer von hundert Frauen vor, während einer von zwölf Männern diesen Mangel aufweist. Es ist also kein Wunder, dass Frauen häufiger Farben in ihren Träumen erwähnen.«6

Wahrscheinlich drücken Frauen im Allgemeinen stärker ihre Gefühle im Traum aus als Männer. Frauen erleben auch im Traum stärkere Emotionen als Männer.

Hüten müssen sich Seelsorger und Berater, bestimmten Farben von vornherein bestimmte Bedeutungen zuzumessen. Schwarz muss im Traum nicht immer Trauer bedeuten, und Weiß verkörpert nicht nur die Unschuld. Nur der Ratsuchende kann sagen, welche Gedanken und Vorstellungen er mit bestimmten Farben verbindet. Jeder Mensch hat Lieblingsfarben, und jeder Mensch verbindet mit bestimmten Farbtönen Gefallen oder Missfallen.