Inhalt

Ich habe dieses Buch geschrieben, weil ich beruflich sehr erfolgreich mit Autogenem Training und Fantasiereisen arbeite und das Wissen gerne an so viele Leser wie nur möglich weitergeben möchte.

In meiner Praxis für psychologische Beratung führe ich, im Rahmen meiner Zusatzqualifikationen, Entspannungsverfahren für Kinder, Jugendliche und Erwachsene durch.

Viele Erwachsene nutzen insbesondere Autogenes Training zum Stressabbau und zur Wiederherstellung ihres körperlichen und seelischen Gleichgewichtes. Auch psychosomatische Beschwerden können hier sehr gut abgebaut werden.

Aber vor allem geht es mir in diesem Buch um Kinder und Jugendliche. Die unumstritten schnelllebige Zeit in einer bunten und lauten Welt, welche heute auf unsere Kinder einströmt, ist nicht zu unterschätzen. Viele reagieren mit emotionalen Folgen, wie Konzentrationsstörungen, aggressivem Verhalten, aber auch Hyperaktivität und psychosomatischen Beschwerden.

Das Grundbedürfnis eines jeden Kindes und Jugendlichen nach Ruhe und Entspannung geht leider häufig im Alltagstrubel unter.

Durch permanentes Schauen auf digitale Bildschirme, kann die Entwicklung von Kindern Schaden nehmen, selbst spezielle Kinderprogramme bilden hier keine Ausnahme.

Das kindliche Gehirn wird durch schnell wechselnde Bilder, Töne, Szenen und Helligkeiten überfordert. Diese Stimulanzien führen vor allem bei kleinen Kindern zur permanenten Reizüberflutung im Gehirn.

Hinzu kommt die Tatsache, dass das Fernsehen oder das Sitzen am PC gesundheitsfördernde Aktivitäten ausschließt und die eigene Fantasie und Kreativität zu kurz kommen.

Das Spielen oder die Beschäftigung mit den Kindern geht ebenfalls verloren. Obwohl es gerade das ist, was unsere Kinder fördert, ihnen Halt gibt und Intelligenz schult. Vor allem aber auch die daraus resultierende Nähe oder Geborgenheit sind unabdingbar.

Dies sollte nur als ein Beispiel dienen, wie stark unsere Kinder heutzutage Reizüberflutungen ausgesetzt sind. Es gibt oft täglich Unmengen an Situationen, die ein kindliches Gehirn nicht immer gut verarbeiten kann. Es vollbringt Höchstleistung, um seinen Aufgaben gerecht zu werden. Oft sind ADS/ADHS – erkrankte Kinder noch schlimmer betroffen.

Unsere Umwelt ist nicht selten laut und stressig. Ärger, permanente Lautstärke, Unzufriedenheit, Gruppenzwang, Geschwisterrivalität, Unruhe, Leistungsdruck, Stress usw., all das beeinflusst die kindliche Entwicklung negativ und wirkt sich nachteilig auf Erholungsphasen aus. Um diese Diskrepanz zu vermeiden, sollten Kinder möglichst täglich kurze Ruhephasen einlegen. Körper und Seele sollen entspannen und somit die Balance zwischen Stress und Ruhe wiederhergestellt werden.

Tief in der Seele eines jeden Menschen ist die Vorstellungskraft verankert, ohne die Menschen nicht in der Lage wären, ihr Leben zu leben. Diese nutzt bzw. schult man im Umgang mit Fantasiereisen, während der Entspannungsphasen.

Mit Fantasiereisen kann man sehr gut therapeutisch arbeiten, sie sind natürlich auch zum Vorlesen für jedermann geeignet.

Sie handeln von Ängsten, Emotionen, Akzeptanz, Selbstbewusstsein, Konflikten und imaginären Bildern. Diese werden in einer kindgerechten Art und Weise vermittelt, sodass sie gut verständlich sind.

Fantasiereisen rufen Freude und Entspannung im Zuhörer hervor. Sie schulen weiterhin Intelligenz, Gedächtnis und Vorstellungskraft.

Auch werden Kinder und Jugendliche durch bestimmte Strategien angeregt, eigene Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln, oft, weil sie das Ganze aus einer anderen Perspektive zu hören/sehen bekommen. So sind die kleinen Zuhörer für ihr alltägliches Leben besser gerüstet.

Eigene Konflikte, die manchmal, wenn sie aussichtslos erscheinen Kinder in Not und Bedrängnis versetzen, sollten stets ernstgenommen werden. Die Seele eines Kindes muss unbelastet und frei von Sorgen sein, um sich gut entwickeln zu können.

Kinder lernen schnell durch imaginäre Vorstellung, ihren Alltag zurückzulassen, sich von allen Anspannungen zu entladen und in eine Welt einzutauchen, in der es für sie friedlich und erholsam ist. Hier finden sie ihren eigenen Raum, den sie brauchen, um sich zu erholen. Es existiert nur Ruhe und genau die Welt, die sie sich mit ihren eigenen Gedanken erschaffen. Alles ist so, wie es das jeweilige Kind für sich erträumt. Hier kann man glücklich sein und neue Kräfte sammeln.

Während der Entspannung durch Fantasiereisen mit den Formeln des Autogenen Trainings, entstehen bestimmte Vorgänge im Körper, z.B. sinkt der Muskeltonus und die Durchblutung steigt, diese positiven Nebeneffekte sorgen u.a. auch für einen höheren Infektionsschutz.

Im Anschluss an die Entspannung kann ein leichtes Frösteln auftreten, diese Reaktion ist normal und hält bis zu 30 min. lang an.

Der Parasympathikus, welcher auch als „Ruhenerv“ bezeichnet wird und eine Komponente des vegetativen Nervensystems ist, wird in dieser Entspannungsphase ebenso angeregt. Er sorgt für Ruhe, Erholung und Schonung, somit also letztlich für mehr Konzentration und Ausgeglichenheit.

Es kommt zur Regenerierung und neuer Balance zwischen Stress und Erholung. Ein seelischer sowie körperlicher Ausgleich wird geschaffen. Die Kinder werden leistungsfähiger und konzentrierter.

Was Sie ebenfalls wissen sollten wenn Sie mit Fantasiereisen arbeiten möchten, ist, dass Kinder noch fähig sind, mit offenen Augen zu träumen und zwischen der Realität und Träumen hin und her zu switchen. Für manche Kinder kann es auch störend oder unangenehm sein, die Augen auf Befehl zu schließen. Deshalb sollten Sie ein Kind immer fragen, ob es seine Augen schließen oder lieber offenlassen möchte.

Kinder besitzen ein hochgradiges bildhaftes Vorstellungsvermögen. Das macht sie zu aufmerksamen und erwartungsvollen Teilnehmern. Sie lernen schnell umzudenken und aus Fantasiereisen den Sinn herauszufiltern. Oft liegt dieser in Vertrauen, Zuversicht, Geduld, Mut und Stolz, alles das wird in Traumreisen vermittelt, aber auch das Gefühl von neuer Energie und Stärke, um dem Alltag künftig gelassener entgegengehen zu können.

Jeder Mensch ist in der Lage, sich willentlich zu beeinflussen. Vor allem darauf beruht Autogenes Training. Die kindgerechten Formeln, welche in den Fantasiereisen integriert sind, sorgen für innere Ruhe, Entspannung und Ausgeglichenheit.

Eine Steigerung von Selbstbewusstsein, Konzentration, Vorstellungsvermögen und die innere Akzeptanz, welche oft Kindern fehlt, ist ebenfalls ein Ziel der Fantasiereisen.

Kinder bedeuten Entwicklung und Erfahrung. Sie brauchen Erwachsene, um sich zielgerichtet und gesund entwickeln zu können. Deshalb sollten wir ihr Wohlergehen niemals aus den Augen verlieren!

Helfen sie mit, ihrem Kind das zu geben, was es physisch und psychisch nötig hat, in einer Zeit, in der eine gesunde, kindliche Entwicklung vielleicht zu oft in den Hintergrund gedrängt wird.

Katrin Biela-Blasius

Psychologische Beraterin Kursleiterin für Entspannungsverfahren für Kinder, Jugendliche und Erwachsene

Vorwort

Lesen Sie zuerst die jeweilige Fantasiereise durch, um den Sinn und die Betonung besser erfassen zu können.

Eine Fantasiereise sollten Sie mit dem Kind nur unternehmen, wenn Sie genügend Zeit dafür zur Verfügung haben und das Umfeld entsprechend ruhig ist.

Vergessen Sie bitte nicht, dass sich Ihre eigene Unruhe auf das Kind übertragen und es somit nicht richtig entspannen kann.

Kinder spüren sehr genau, ob der Vorleser sie in das Reich der Träume entführen will, ob er sich Zeit nimmt und selbst gerne mit verreisen möchte.

Bitte besprechen Sie vorher mit dem kleinen Zuhörer, ob dieser lieber Musik zum Träumen oder ohne Klänge der Entspannung auf die Reise gehen möchte.

Erklären sie vorab schwierige Wörter oder Begriffe, damit das Kind beim Träumen weiß, was gemeint ist und nicht aus der Entspannung gerissen wird, weil es anfängt zu grübeln.

Jede Fantasiereise enthält zusätzlich eine kleine Einleitung, um besser in die Ruhe finden zu können.

An den Stellen, welche mit „[~]“ gekennzeichnet sind, lassen sie bitte immer eine kleine Pause beim Vorlesen, damit die kleinen Zuhörer ihre Gedanken und Vorstellungen formen können.

Die Rücknahme ist an jedem Ende einer Fantasiereise sehr wichtig, bitte führen Sie immer eine Rücknahme durch, damit das Bewusstsein wieder klar und frei ist und der Teilnehmer ganz orientiert im Hier und Jetzt zurück sein kann.

Wenn Sie Fantasiereisen zum Einschlafen anwenden, müssen Sie keine Rücknahme durchführen, der kleine Zuhörer kann dann einfach weiterschlummern.

Ich wünsche Ihnen und Ihrem Kind viel Spaß!

Das Wildpferd

Heute kannst du eine abenteuerliche Traumreise unternehmen, dazu legst du dich ganz bequem auf den Rücken. Um schön träumen zu können, ist es wichtig, dass du entspannt bist.

Fühle deinen Körper, spüre, wie du nach und nach immer ruhiger wirst! Wie du mehr und mehr in die Entspannung findest. Deine Atmung wird gleichmäßig und fließt wie von selbst in deinem Körper. Du fühlst dich frei von allem was dir Aufregung oder Unruhe bereitet. Nichts ist mehr wichtig jetzt in diesem Moment und in Gedanken sagst du nun zu dir selbst:

„Ich bin ganz bei mir, nichts kann mich stören, ich bin ganz ruhig, die Ruhe kommt von selbst. Ich bin ganz ruhig und entspannt. … Meine Arme und Beine sind ganz schwer, angenehm schwer, angenehme Schwere ist in meinen Armen und Beinen. [~] … Meine Arme und Beine sind ganz schwer, angenehm schwer, angenehme Schwere ist in meinen Armen und Beinen. [~] … Meine Arme und Beine sind völlig schwer, angenehm schwer, angenehme Schwere ist in meinen Armen und Beinen. [~] Ich bin ganz ruhig und entspannt.“ [~]

Wenn du nun ausgeglichen und entspannt bist und dein Körper sich ganz schwer anfühlt, dann komm jetzt mit mir auf eine Reise in die Welt deiner eigenen Fantasie.

Stell dir vor, du stehst inmitten riesiger Felsspalten. Um dich herum sind hohe, wunderschöne sandfarbene Berge und in der Mitte liegt ein märchenhaftes Tal, in welchem du dich nun befindest. [~] Die Sonne steht hoch oben am Himmel und schickt dir wohlige Wärme auf deinen Körper. Heute scheint sie besonders warm und hell zu strahlen. Die Luft ist klar und es ist ein perfekter Sommertag. [~]

Durch das herrliche Tal führt ein breiter Fluss, der in seinem Bett ganz ruhig dahinrauscht. [~] Stell dir diesen schönen Fluss vor, wie er langsam über die Erdoberfläche kriecht und wenn du soweit bist, dann gehe jetzt hinüber ans Ufer! Setz dich eine Weile hin, zieh die Schuhe aus und baumle deine Füße ins Wasser hinein! [~] Spürst du wie angenehm frisch das ist? Das tut dir gut, denn langsam wird der Tag nun immer heißer. Du genießt das kühle Nass an Beinen und Füßen, legst deinen Oberkörper in das weiche Gras hinein und schaust zum blauen Himmel hinauf.

Ein paar weiße Schleierwolken breiten sich langsam in diesem endlosen Blau aus. Ganz weit oben kannst du den weißen Kondensstreifen eines Flugzeuges erkennen und du fragst dich, wohin es wohl fliegen mag, was sein Ziel ist. Deine Gedanken schweifen ab und erinnern dich an deinen letzten Urlaub. Wecke die Bilder in dir! Was hast du dort getan und wie hat alles ausgesehen? Welche Gerüche konntest du vielleicht wahrnehmen? Was erinnert dich alles an deinen letzten Urlaub? Wie war das Wetter? Warm oder kalt? Regnerisch oder sonnig? Ist es schon lange her? Wie sah die Landschaft aus? Gab es Berge oder ein blaues Meer? Was war da noch? Welche Dinge kommen dir in den Sinn? Lass dir etwas Zeit zum Träumen. [~]

Zeit zum Träumen lassen

Langsam kehrst du nun mit deinen Gedanken wieder zurück und vernimmst das angenehme Plätschern des Wassers. [~] Du fühlst dich sehr wohl und entspannst immer mehr. [~]

Mit deinen Fingern fährst du jetzt über das weiche Gras hinweg und kannst das Kitzeln an deinen Handflächen spüren. Es fühlt sich sanft an, immer wieder streichst du mit deiner Hand vor und zurück und lässt dich dabei von den Grashalmen streicheln. Herrlich! Spürst du das? [~]

Du genießt den Tag und die Stille hier am Fluss. Langsam setzt du dich wieder auf und schaust in das klare Wasser hinein, du kannst bis auf den Grund sehen und entdeckst sogar ein paar Fische. Siehst du sie? Jetzt? Welche Arten kannst du erkennen? Forellen? … Karpfen? … oder andere Fische?

Wenn du ihre Namen noch nicht kennst, dann schau dir nur ihre Farbe und Größe an. Welche Farben siehst du? Orange?... Blau? ... Grau? ... Silbern? Sind sie groß oder eher klein?... Konzentriere dich ganz fest! Du kannst sie sehen, wenn du es wirklich willst. [~] Hier und da schlängeln sie sich um die Steine im Wasser, schwimmen flussabwärts oder verharren an den Wasserpflanzen. [~]

Einen Augenblick lang stellst du dir jetzt vor, wie es wohl wäre, ein Fisch zu sein und sich mit den Wellen der Strömung treiben zu lassen. Nur die Ruhe unter dem Wasser zu spüren und zu sehen, wie die Sonne durch die glitzernde Wasseroberfläche alles erhellt, muss wunderschön sein. [~] Diese Fantasie hinterlässt in dir Ruhe, Stille und Leichtigkeit. Du fühlst dich ganz entspannt.

Das kühle Nass an deinen Füßen lässt dich wieder aus deinen Träumen erwachen. [~]

Und wenn du dann so weit bist, stehst du auf und gehst ein Stück weiter. Die Schuhe nimmst du in die Hand, denn heute möchtest du lieber barfuß laufen.

Unter deinen Füßen spürst du jetzt warmen Sand. [~] Ganz weich und angenehm. Kannst du es fühlen? [~] Toll, wie du das machst! [~]

Hier und da liegen große Steine am Wegesrand, die von der Sonne ausgeblichen sind und einen Kontrast zu den einzigartigen Pflanzen bilden.

Du gehst weiter am türkisfarbenen Fluss entlang, der sich immer noch ganz ruhig durch die Landschaft schlängelt. [~]

Etwas weiter vorn kannst du jetzt eine Wiese erkennen und um sie zu erreichen, musst du den Fluss durchqueren. Deshalb entschließt du dich nach einer flachen Stelle im Wasser Ausschau zu halten, um es zu versuchen. [~]

Nicht lange und ein seichtes Stück im Flusslauf ist zu sehen. Du ziehst deine Schuhe wieder an. Wie praktisch, dass du dich heute Morgen für Schuhe entschieden hast, mit denen man auch durchs Wasser gehen kann. Du setzt vorsichtig einen Fuß in den Fluss hinein und lässt dann auch den anderen ins Wasser gleiten. Ganz leicht watest du zum anderen Ufer hinüber [~] Prima, das wäre geschafft! [~] Jetzt atmest du einmal tief in deinen Bauch hinein – und wieder aus. Die Luft ist klar und riecht angenehm nach dem frischen Wasser. [~] Das leise Plätschern der seichten Strömung lässt dich ein wenig in Gedanken versinken. [~] Tatenlos schaust du auf das Wasser und genießt die Ruhe des Flusses, der langsam und gemächlich seinen Lauf nimmt. Körperlich völlig entspannt, nimmst du auch die Umgebung eine Weile lang wahr.

Hier, auf der anderen Seite des Flussufers, beginnt ein prächtiger kleiner Wald. Du entschließt dich hindurchzugehen, um dann geradewegs auf die wunderschöne Wiese zu gelangen. [~]

Während du die Schuhe wieder an die Füße ziehst, nimmst du hier als Erstes den Geruch der Bäume wahr. Es riecht holzig und duftet nach Moos. Du atmest tief in deinen Körper hinein, ein und wieder aus. [~]

Leise schleichst du zwischen den grünen Bäumen am Flussrand entlang und beobachtest erschrocken, wie sich der Boden und das Wasser auf einmal verändern. [~]

Plötzlich beginnt das Wasser schneller zu fließen und ändert seine Farbe, indem es dir schlammig entgegenlugt und immer weiter ansteigt, während es an dir vorbeirauscht. Holz und Blätter werden mitgerissen. Du hast keine Ahnung, wo diese Strömung auf einmal herkommt. Das Waldufer überschwemmt und du kannst das kühle Wasser an deinen Beinen spüren. Aufgeregt versuchst du schneller zu werden, um dem Wasser zu entkommen. In deinem Bauch spürst du jetzt ein beklemmendes Gefühl, das sich nach und nach in deinem ganzen Körper ausbreitet. [~]

Ganz ruhig ordnest du deine Gedanken und dir kommt etwas in den Sinn.

Ein sehr alter, weiser Mann hat dir einmal einen Spruch verraten: „Hab ruhigen Mut, dann geht alles gut, geh vertrauensvoll deinen Weg, dann kannst du alles schaffen! Hör auf dein Herz, bleibe gelassen und glaube an dich selbst, so wirst du stets die richtige Entscheidung treffen!“

Flüsternd wiederholst du die Worte wieder und wieder, während du durch die Überschwemmung schreitest. Und so beruhigst du dich, watest besonnen, aber zielstrebig weiter durchs Wasser hindurch, bis du fast das Ende des Waldes erreicht hast. Vergiss nicht zu atmen, ganz ruhig ein – und aus! [~]

Inzwischen hat sich auch das Wasser wieder beruhigt. Holzreste schippern noch langsam vor sich hin und werden nicht mehr mitgerissen. Die Strömung ist zurückgegangen und der Waldboden trocknet langsam im Sonnenlicht. Weiches, grünes Moss kommt zum Vorschein. [~]

Du bist sehr stolz auf dich, dass du ruhig und besonnen reagiert hast. [~]

Wie von Geisterhand ist die Strömung verschwunden und der Fluss sieht jetzt genauso aus, wie du ihn vorhin entdeckt hast. Am anderen Ufer kannst du sogar ein paar Rehe beim Trinken beobachten. Zwei kleine Rehkitze spielen und planschen im Wasser. [~] Bei diesem Anblick steigt ein Gefühl von Geborgenheit in dir auf. Du lächelst, leichtfüßig und glücklich gehst du weiter. [~]

Doch jetzt bemerkst du, dass es auf einmal kühler wird, die Sonne verschwindet hinter einer dicken Wolke und du kannst nur erahnen, wie lange es dauern wird, bis du ihre Wärme wieder spüren kannst. [~]

Bis dahin bleibt das Licht des Tages jetzt etwas gedämpft. [~] Und die Stille am Fluss macht sich umso mehr breit. Niemand anderes ist hier. Jedenfalls siehst du weder Tier noch Mensch. Mystischer Nebel zieht über den See und es ist, als wäre deine Umgebung von Schatten umhüllt. Ganz geheimnisvoll, ganz magisch. [~]

Du lauschst in die Stille hinein. Für einen kurzen Moment glaubst du, im Gebüsch ein Geräusch wahrgenommen zu haben. Du bist ganz leise, bewegst dich nicht von der Stelle. Augen und Ohren hältst du weit offen. Vergiss nicht zu atmen! [~]

Dein Blick schweift umher, durch den Wald und über den See. Aber alles bleibt ruhig und du weißt, dass du dich getäuscht hast, du bist ganz allein hier. Alles ist friedlich und still. Niemand stört dich, hier hast du die Zeit auf deiner Seite. Alles ist so, wie du es willst und wie es gut für dich ist. So, als seist du der Hüter der Zeit. [~]

Du kommst dem Ende des Waldes entgegen. Kleine Sträucher lösen ihn ab und leuchten dir smaragdgrün entgegen. Immer wieder bewunderst du diese kraftvolle Farbe der Blätter, die an braunen Sträuchern hängen. Als du an den letzten Astwerken vorübergehst, siehst du endlich die große Wiese vor dir. [~] Traumhaft schön sieht sie aus und es duftet nach Gräsern und Blumen. Überall siehst du bunte Blüten und Schmetterlinge tanzen in der Luft. Ein riesiges weiches Bett aus unzähligen Blumen breitet sich vor dir aus. [~] Hier fühlst du dich wohl und genießt die Zeit. [~]

Dann entdeckst du im fernen Nebelschein einige Schattenwesen, die rastlos auf dich zukommen. [~] Die Sonne beginnt gerade die dicken Wolken beiseitezuschieben, während die Schattenkörper Gestalt annehmen.

Es ist eine Herde wilder Pferde, die gleichmäßig galoppierend auf dich zukommt. [~] Von einer Staubwolke begleitet, siehst du die unbändigen Tiere, die dir Schnelligkeit, Kraft und Freiheit vermitteln.

Du kannst die Hufschläge hören, ganz rhythmisch, stell es dir vor! [~] Diesen stetig wiederkehrenden Klang. Lass die Geräusche in dir entstehen! Lass sie erklingen und wahr werden! [~]

Nun werden die Pferde langsamer. Allem Anschein nach haben sie dich entdeckt und wollen dich begrüßen. Sie kommen näher … noch näher … [~] und kurz vor dir bleiben sie stehen. [~] Die Tiere schnauben, wiehern und schütteln ihre Köpfe. Dabei wehen ihre langen Mähnen im Wind. Aus ihren Nüstern kommt dir warmer Atem entgegen. Fühlst du ihn? [~] Riechst du auch den süßlichen Duft? [~]

Solche wundervollen Pferde hast du noch nie gesehen. Eines schöner als das andere. Siehst du sie? Welche Farben tauchen vor deinem inneren Auge auf? Welche Statur? Wie sehen sie aus? Schau genau hin! Versuche sie dir vorzustellen! [~] Es sind weiße, braune, aber auch gescheckte und schwarze Pferde. [~]

Eins von ihnen gefällt dir besonders gut. Es steht direkt vor dir, hat schwarzes Fell und eine lange weiße Mähne, die im Sonnenlicht glänzt. Auch wenn du vielleicht kein Pferdefreund bist, zieht dieser Hengst dich magisch in seinen Bann. [~] Rabenschwarz mit lockiger Mähne steht er da, während seine Wuschelhaare stürmisch zur Seite hängen und gerade ein Auge bedecken. Auf der Stirn zeichnet sich ein weißer Stern ab und der helle Schweif funkelt dir entgegen. Siehst du das? [~]

Was für ein stolzer Hengst. Sein Fell glänzt seidig in der Sonne, die sich gerade ihren Weg durch die Wolken bahnt und alle Mühe gibt, den Tag hell zu erleuchten. [~]

Der wilde Hengst wiehert dir zu. [~] Seine großen Nasenlöcher bewegen sich beim Ein- und Ausatmen und du spürst einen warmen Hauch. Dann streichst du ihm die Mähne vom Auge und berührst ihn zart.

Mit seinen schwarzen Augen, die von dichten Wimpern umgeben sind, schaut er dich erwartungsvoll an und beobachtet was du tust. [~]

Seine Ohren stellen sich auf und zucken in mehrere Richtungen, wahrscheinlich nimmt er gerade das Rauschen des Flusses wahr oder ein Rascheln in den Sträuchern. Jetzt kommt Wind auf und erzeugt noch mehr Geräusche. Aufmerksam schaut das wilde Tier dich an. Es ist, als wolle der fremde Hengst dich beschützen und auf dich Acht geben. [~]