de Vert, Nicole Französische Sünden

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© 2020 Piper Verlag GmbH, München

Redaktion: Julia Feldbaum

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Prolog

Ein Nichtsnutz, ja, ein Gauner, wer daherkommt mit Lügen im Mund, wer mit den Augen zwinkert, mit den Füßen deutet, Zeichen gibt mit den Fingern. Tücke im Herzen, stets voll böser Ränke, zettelt er jederzeit Händel an. Darum wird plötzlich das Verderben über ihn kommen, im Nu, ohne Rettung wird er zerschmettert.

Sechs Dinge sind dem HERRN verhasst, sieben sind ihm ein Gräuel: stolze Augen, eine falsche Zunge, Hände, die unschuldiges Blut vergießen, ein Herz, das finstere Pläne hegt, Füße, die schnell dem Bösen nachlaufen, ein falscher Zeuge, der Lügen zuflüstert, und wer Streit entfacht unter Brüdern.

Sprüche 6,12–19

Was, wenn nichts mehr von dir übrig bleibt? Wenn du dich unter all den Haaren, der Haut, dem Fleisch, den Knochen und Gefäßen nicht mehr findest?

Wenn du unter Trümmern wiedergeboren wurdest, um unter Trümmern für immer begraben zu sein?

Bedeutet dies unausweichlich den Tod? Oder entsteht aus dem verwesenden Leib ein Phoenix, der sich aus all der Asche erhebt? Einer mit scharfen Krallen, einem spitzen Schnabel und blutroten Augen, die auch in der Dunkelheit einer jeden Seele noch die kleinste Bewegung erspähen können?

Stuttgart im Spätsommer

Margeaux sah die Augen des Taxifahrers im Rückspiegel auf sich ruhen. Was ist nun?, schienen sie sagen zu wollen.

War es eine Schnapsidee gewesen herzufliegen, um etwas zu überprüfen, was sie offensichtlich aus der Bahn geworfen hatte?

Gerade war ihr Leben eigentlich ganz in Ordnung. Niemand wurde bedroht oder fiel einer tödlichen Krankheit zum Opfer. Thierry hatte sich, dank seiner regelmäßigen Besuche bei seinem Therapeuten, wieder in den besonnenen, liebevollen Kerl verwandelt, in den sie sich einst verliebt hatte. Und die Provence war ihr Zuhause.

Was, zum Teufel, war also los mit ihr? Konnte sie es einfach nicht ertragen, ein glückliches Leben zu führen, und musste es deshalb zerstören?

Aimé, ihr französischer Ziehvater, hatte versucht, sie zur Vernunft zu bringen, doch alles gute Zureden hatte nichts gebracht. Vor seiner Frau Hilde hatte sie es erfolgreich verborgen. Margeaux’ Reise nach Stuttgart hatten sie in ein offizielles Kleid gepackt, und nun war sie angeblich auf dem Weg zu Martin Angerer, dem inhaftierten Mehrfachmörder, dessen Passion der menschlichen Seele galt. Nicht umsonst war der Mann als »Seelenfänger« oder »Schächter« bekannt geworden. Er hatte acht Menschen ausbluten lassen und aus dem letzten Blutstropfen ihre »Seele extrahiert«. Hätte Margeaux ihn nicht gefasst, dann wären durch seine Hände noch vier weitere Menschen gestorben. Er hatte das Dutzend vollmachen wollen.

Aber Margeaux hatte nicht allein an diesem Fall gearbeitet, der sie all ihre Kraft gekostet hatte und zusammen mit der tödlichen Krebserkrankung ihrer Mutter Marie-Louise zu einer Art lähmendem Gift in ihren Adern geworden war. Ihr Kollege und Vertrauter Frank Kaiser, der junge Hacker Matze König und der mittlerweile verstorbene Sebastian Pfeilmann waren ebenso Teil der Sonderkommission gewesen.

Mit Frank verband Margeaux nicht nur eine extrem hohe Erfolgsquote bei der Ermittlungsarbeit, sondern auch eine enge Freundschaft. Er war eine Art Seelenverwandter. Als sie sich kennengelernt hatten, hatte es ganz kurz geprickelt, aber viele Stunden der Observation in ein und demselben Auto hatten recht schnell dazu geführt, dass der Funke verloschen und eine geschwisterliche Vertrautheit entstanden war: Man hatte im Wagen gegessen, ungewollt auch mal gerülpst, beim Schlafen auf den unbequemen Sitzen geschnarcht und nach einer 24-Stunden-Überwachung nicht mehr wie beim ersten Date gerochen. Das hatte der Anziehung schnell geschadet und sie auf einer viel tieferen Ebene miteinander verbunden. Sie hatten ähnlich gedacht, sich ohne Worte verstanden und die Intuition geteilt, die nötig gewesen war, um Delikte aufzuklären. Bei ihren Fällen der Stuttgarter Mordkommission war es immer um Leben und Tod gegangen, besser: um Leben oder Tod. Sie waren das Vorzeigeteam des Bundeslandes gewesen, daher hatte es Frank hart getroffen, als Margeaux den Polizeidienst quittiert hatte und einfach nach Frankreich verschwunden war.

Irrungen und Wirrungen um den Seelenmörder hatten dazu geführt, dass Frank irgendwann in die Provence gereist war, und es hatte sich zwischen ihnen sofort wieder die alte Vertrautheit eingestellt. Einige Monate danach hatte er sich in typischer Kaisermanier bei einem Fall über alle Grenzen hinweggesetzt, und sein Chef hatte ihn kaltgestellt. Mit Werner Walter hatte auch Margeaux so ihre Schwierigkeiten gehabt, obwohl er bei den letzten beiden Fällen, die in der Provence zu lösen gewesen waren, unkompliziert Hilfestellung geleistet hatte.

Frank hatte während seines »Sonderurlaubs« seine Sachen gepackt und war kurzerhand in die Provence gereist, und Margeaux und er hatten eine großartige Zeit miteinander verbracht. Gut, sie hatten parallel eine Mordserie aufgeklärt, aber das gehörte ja für sie beide zu ihrem Alltag. Walter hatte Frank dann auch wieder zurückbeordert. Er brauchte den Mann in Stuttgart. In Margeaux war nach Franks Abreise eine verwirrende Lücke entstanden, und nun saß sie hier vor seiner Tür im Taxi.

Der Blick des Fahrers schweifte wieder zum Rückspiegel. »Mir macht das nichts aus, hier zu stehen. Meine Uhr läuft!« Er gab seiner Stimme Nachdruck.

Aber Margeaux fühlte sich noch nicht bereit auszusteigen. Einerseits wollte sie es hinter sich bringen, und andererseits wusste sie, dass es einfach eine vollkommen irrationale Entscheidung gewesen war und sie hier auf ein Desaster zusteuerte. Herz und Verstand führten einen lauten innerlichen Disput. Sie war eine hervorragende Analystin, wenn es um andere ging. Aber im eigenen Leben war sie eher das Mädchen, deren Eltern sie zwar herzlich geliebt hatten, aber dann doch lieber ihre ganz persönlichen Wege gegangen waren. Margeaux hatte mehr Zeit mit Aimé und Hilde verbracht als mit ihren Erzeugern, und die Beziehung der beiden Franzosen war ihr als Heranwachsende immer ideal erschienen. Das eigene unstete Familienleben hatte sie tief verunsichert und zu einem »Beziehungsnerd« werden lassen. So sah sie sich zumindest selbst, denn kaum eine Partnerschaft hatte länger als ein Jahr gehalten, und das andauernde Hin und Her mit Thierry hatte sie damals so genervt, dass sie letztlich gar keine Lust mehr auf die Liebe gehabt hatte. Die anstrengende Polizeiarbeit und Marie-Louises Erkrankung hatten es auch nicht besser gemacht.

So war Frank ihr engster männlicher Bezugspunkt geworden, und das, was sich zwischen ihnen abspielte, war geprägt von Verständnis, Humor und vollkommenem Vertrauen. Kein Wunder also, dass sie nun verstört in einem Taxi vor seiner Haustür saß.

Alles hatte sie irgendwie in diese Richtung gedrängt. In ihrem tiefsten Inneren hoffte sie, dass der Mann, den sie so gut kannte wie sich selbst, nicht zu Hause war, sondern noch arbeiten musste oder sich im Studio beim Kickboxen verausgabte. Denn dann würde sie einfach zum »Zauberlehrling« fahren und sich in ihrem Lieblingshotelzimmer unter der kuscheligen Bettdecke vergraben.

Sie straffte sich und erwiderte den Blick des Taxifahrers bestätigend.

Raum und Zeit

Du bezwingst ihn für immer, so geht er dahin, du entstellst sein Gesicht und schickst ihn fort.

Hiob 14,20

Du betrittst den Raum. Es ist der Raum, den du kennst, wirklich kennst. Jede Ecke, jedes Möbelstück, jedes Bild.

Der Geruch: Selbst nach langer Zeit erkennst du ihn. Sofort sind alle Erinnerungen wieder da: an die schönen Zeiten, an das Lachen, an die Haut, an den Frieden, an die Geborgenheit.

Und an den Schmerz. Der Schmerz, der tiefer sitzt, als es die Freude jemals kann. Der Schmerz, der mehr Macht hat als alles erlebte Glück. Er zieht dich hinab in die Dunkelheit, zerrt deine Fasern auseinander, und plötzlich bist du nur noch eine zerbrochene Masse auf dem Boden. Deine Knochen scheinen sich aufzulösen, weil nichts mehr ist, wie es war. Sie halten deinen Körper nicht mehr, und du liegst dort am Boden.

Gleichzeitig siehst du dich dort liegen. Ein Nichts, ein Häufchen Elend.

Und in der Stille der Zerbrochenheit steigt die unbändige Macht des Grolls in dir auf, und der bittere Geschmack von Galle legt sich auf deine Zunge. So bleibst du liegen, stehst im selben Augenblick neben dir, hoch aufgerichtet, getragen von diesem wilden Gefühl. Daraus erwächst die bezwingende Kraft. Keiner wird ungeschoren bleiben.

Provence – Hameau les Bouisses

Seine Nase vibrierte vor Anspannung und seinen Kopf hielt er so schräg, dass er fast auf dem Boden lag. Hilde Vigne schaute Willi auffordernd an und bewegte ihre Hand ein wenig nach unten. Wie ein Pfeil schoss der kleine Dackel hoch und reckte sich, um das grüne quietschende Etwas zu erreichen. Die Französin hob ihre Hand um ein paar Millimeter an, und der Hund hängte sich an das Spielzeug. Das konnte er den ganzen Tag tun.

Hilde lachte herzlich und genoss diese Zeit. Willi war wieder vollkommen gesund, und das nahm sie erleichtert zur Kenntnis.

Da Margeaux überstürzt zu einer Reise nach Deutschland aufgebrochen war, nahm sie den Hund abends mit nach Hause. Tagsüber hatte sie in dem großen Haus auf dem Weiler zwischen Barbentane und Boulbon genug zu tun. Sie war nicht nur Margeaux’ Mutterersatz, sondern auch seit Jahrzehnten Haushälterin in dem Anwesen der Winters und nun Surfins. Sie war schon seit den Siebzigerjahren eine enge Freundin der Familie und hatte sich sehr über die Aufgabe gefreut, das schöne Haus in Ordnung halten zu dürfen, für Margeaux zu sorgen und auch kulinarisch verantwortlich zu sein. Das war ein ganz besonderer Anspruch, denn Julien Surfin, Margeaux’ Vater, war ein herausragender Koch, und sein Bistrorant in Avignon, das »Chez Louise«, lief hervorragend. Der gestandene Küchenchef konnte die Einflüsse seiner Ausbildung bei diversen deutschen und französischen Größen nicht verhehlen und zeigte sein Können in wunderbar ausbalancierten Gerichten. Er hatte Margeaux aus Deutschland geholt, als die tiefe Traurigkeit über den Verlust der Mutter sie in alles vernichtende Lethargie gestürzt hatte. Der furchtbare Fall rund um diesen irren Mörder hatte ganz sicher auch dazu beigetragen. Nachdem sie im Anschluss den Dienst quittiert hatte, hatte sie den Kontakt zur Außenwelt abgebrochen und sich in ihrer Wohnung am Stuttgarter Killesberg vergraben. Julien hatte sie in die Provence gelockt, und dafür war Hilde ihm noch heute dankbar, denn sie hatte vor Sorge um das Mädchen kaum noch schlafen können.

Auch sie hatte einen schmerzlichen Verlust erlitten, denn sie und Margeaux’ Mutter waren immer im Herzen miteinander verbunden gewesen, auch wenn die deutsche Ärztin und Unternehmerin ein vollkommen anderes Leben geführt hatte als die aus Oberschlesien geflüchtete Frau eines südfranzösischen Dorfpolizisten. Als Marie-Louise tödlich erkrankt war, war das auch für Hilde eine furchtbare Zeit gewesen, und dass sie an Margeaux gar nicht mehr herangekommen war, hatte es nur noch schlimmer gemacht.

Umso besser war es dann gewesen, als das anfangs erschreckend blasse Gespenst das Haus in der Provence wieder als Heimat angenommen hatte und nach und nach zu einer gebräunten aktiven Besitzerin geworden war. Denn das war sie ja nach dem Tod der Mutter ganz augenscheinlich geworden: die Eigentümerin des Anwesens.

Kurze Zeit später hatte Julien dann noch den Dackel angeschleppt, und Margeaux war vollends wieder aufgeblüht.

Mit dem quietschenden Dino im Maul umkreiste der Hund den Innenhof und stieß immer wieder freudig knurrende Geräusche aus. Nur wenn man die Stelle kannte, konnte man anhand des Fellwuchses noch die Nachwirkungen seiner Verletzung sehen.

Hilde seufzte und ging wieder ins Haus zurück. Sie hatte sich vorgenommen, den Vorratsraum zu sortieren. Eigentlich müsste sie gar nicht mehr arbeiten, zumindest nicht des Geldes wegen. Aimé und sie waren finanziell gut gestellt, vor allem auch durch ihr am Anfang des Jahres unverhofft erhaltenes Erbe. Aber das Haus und Margeaux bedeuteten eben weit mehr für sie als nur einen Job.

Das Telefon klingelte schrill, und sie beeilte sich, in den Flur zu kommen, um den Anruf an dem dort stehenden Festnetzanschluss anzunehmen. Sie meldete sich und erwartete eine französische Freundin am Apparat, denn sonst rief kaum jemand dort an. Die meisten Anrufer heutzutage nutzten ja das Mobiltelefon.

Es redete jedoch niemand mit ihr. Erst dachte sie, die Verbindung sei einfach nur schlecht, und sie rief zweimal: »Hallo, hallo?« Aber dann hörte sie Geräusche wie von einer viel befahrenen Straße und Atemzüge.

Stuttgart

Der Fahrer schien überglücklich zu sein, dass sie nun endlich sein Fahrzeug verlassen hatte. Er murmelte etwas wie »Weiber«, stieg in den Wagen ein und brauste davon.

Margeaux stand mit ihrem Koffer in der Hand auf dem Bürgersteig und blickte auf das Mehrfamilienhaus, in dem Franks Wohnung lag. Unentschlossen stand sie da und zückte ihr Telefon. Besorgnis war ihr ins Gesicht geschrieben, denn sie befürchtete, einen Anruf oder eine Nachricht von Thierry vorzufinden, und das konnte sie jetzt gerade so dringend gebrauchen wie Magenschmerzen. Doch das Display war schwarz, und sie atmete erleichtert auf.

Frank hatte sie unter »Favoriten« abgespeichert, und schnell war die Ruftaste gedrückt, und der trötende Ton schepperte in ihr Ohr. Sie würde auf keinen Fall jetzt einfach so nach oben traben und dann vor seiner Tür stehen, ohne zu wissen, ob er zu Hause und allein war. Es wäre einfach zu peinlich, auch noch auf dem Koffer sitzend vor der Wohnung zu campieren.

Es läutete dreimal, und dann war Frank auch schon dran. »Hey, Margeaux«, rief er leicht atemlos, und sie hoffte schon, er sei noch beim Sport und sie könnte sich einfach schnell wieder ein Taxi ordern und flüchten.

»Was machst du so?«, fragte sie, und es sollte unbefangen klingen, aber vor lauter Aufregung vergaß sie die Begrüßung, und ihre Stimme transportierte den Stress wie ein Verstärker.

Ihr ehemaliger Kollege merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. »Was ist passiert?«, fragte er.

»Nichts, nichts«, wiegelte Margeaux rasch ab und versuchte, sich zu fangen, »ich wollte nur mal hören, wie es dir geht, und ich habe dich ehrlich gesagt auch vermisst!«

»Ist dir so langweilig ohne blutige Mörder in deinem Umfeld?«, flachste Frank.

»Na ja«, stotterte Margeaux, »langweilig ist mir nicht, aber es ist halt anders ohne dich.«

»Mit Thierry ist alles klar?« Er klang alarmiert.

»Thierry geht es gut«, beeilte sich Margeaux zu sagen, wohlwissend, dass er das nicht gemeint hatte. »Wo bist du denn gerade?«

»Ich hatte vor, mir eine Pizza in den Backofen zu schieben.«

»Igitt«, rief Margeaux erschrocken aus, »das ist doch nicht gesund! Wie kann ein sportlicher Mann wie du nur so wenig auf seine Gesundheit achten?«

Sie hatte sich mittlerweile auf den Weg zu seiner Wohnung begeben, und ihre Schritte hallten auf dem gefliesten Boden. Der Aufzug war rasch da, und sie plauderte betont munter auf den Freund ein: »Du solltest wirklich gesünder essen, das weißt du. Vielleicht sollte ich dir einfach noch ein paar mehr leckere, schnelle Gerichte beibringen!«

»Ja, das solltest du vielleicht«, ging Frank auf ihren Ton ein, »warte kurz, Margeaux, es klingelt …«

Sie hörte seine Schritte doppelt: Einmal im Telefon und einmal hinter der Tür, an der sie gerade geklingelt hatte. Ihr Herz begann zu rasen, und sie kam sich wie eine vollkommene Idiotin vor, aber sie musste einfach herausfinden, was das für verwirrende Gefühle und Gedanken in ihr waren, denn wenn sie Frank wirklich auf eine andere Art liebte, dann wäre es eine fatale Entscheidung, mit Thierry zusammen zu bleiben. Und auch dem französischen Bäcker gegenüber wäre es alles andere als fair.

Schwungvoll wurde die Tür aufgerissen, und der hochgewachsene blonde Mann nahm erstaunt das Handy vom Ohr. Die Überraschung in seinem Gesicht machte rasch der Sorge Platz, als ihm bewusst wurde, wer da vor ihm stand.

Provence – Hameau les Bouisses

Hilde schüttelte den Hörer mehrere Male verständnislos, denn außer dem Verkehr und dem Atmen hörte sie nichts, und dann wurde das Gespräch plötzlich unterbrochen.

»Sonderbar«, sagte sie und drehte sich dann zu dem Dackel um, der schlitternd durch den Flur flitzte und sie vorwurfsvoll anblickte. Er legte ihr das Spielzeug vor die Füße und forderte sie fiepend auf, sich mit ihm zu beschäftigen. Kurz darauf hatte Hilde den Anruf vergessen, denn der knopfäugige Hund brachte sie zum Lachen, und sie konnte gar nicht anders, als sich auf sein Spiel einzulassen.

Danach machte sie sich zügig an den Vorratsraum. Bald würde Aimé seinen Dienst beenden, und sie wollten im Anschluss noch ein wenig in ihrem Gartengrundstück werkeln. Das kleine Cabanon dort war mit einer Küche und einem Essplatz voll ausgestattet, und draußen hatte Aimé aus hellem Stein einen großen Grill gemauert und aus dem urwüchsigen Pinienholz Bänke und Tische mit markanter Maserung gezimmert. Hilde hatte aus typisch provenzalischen Stoffen Sitzkissen genäht, sodass sie mit Freunden und Familie dort großartige Feste feiern konnten. Bei genauerem Hinsehen wurde auch klar, dass ihre Leidenschaft für auffällige Muster Kittelschürzen wie Polsterstoffe gleichermaßen betraf. Auch zum Boule-Spielen war genügend Platz unter den hohen Pinien und Zypressen, die großzügig Schatten spendeten, um auch an heißen Sommertagen gemütliche Stunden dort verbringen zu können. Hier entspannten sie häufig und ließen einfach die Seele baumeln. Doch den gemütlichen Bereich umgab auch eine große Anzahl an Oliven- und Aprikosenbäumen und diese mussten gehegt, gepflegt und geerntet werden. Heute stand Gartenpflege auf dem Programm, aber im Anschluss würde Aimé ein paar Merguez auf den Grill legen, und sie würde einen Salat dazu bereiten, und im Anschluss gab es Käse. Ein einfaches, aber köstliches Mahl. Aimé liebte diese scharfen Würstchen, die eine Spezialität der Region darstellten, und auch Hilde mochte sie mittlerweile gern.

Als sie Anfang der Siebzigerjahre in der Provence Fuß gefasst hatte, war es ihr oft nicht leicht gefallen, sich für das typische Leben und Essen zu begeistern, aber mittlerweile war sie so sehr Französin, dass nur wirklich geübte Ohren den leichten Dialekt hörten – wie sie manche französische Silben etwas zu hart aussprach oder eine Betonung in die Länge zog. Aimé pflegte oft zu sagen, sie sei südfranzösischer als er. Darauf war sie stolz, denn sie fühlte sich in Barbentane so zu Hause, als hätte es vorher nie eine andere Heimat gegeben.

»Zu Hause ist da, wo dein Herz ist«, pflegte sie oft zu sagen, und ihr Herz saß in Frankreich. In Aimé hatte sie sich sofort, bei der ersten Begegnung, verliebt, auch in ihren schweren Zeiten nach ihrer Fehlgeburt, als sie keine Freude mehr am Leben hatte finden können, war diese Liebe in ihr geblieben. Es war so, als würde er sie vervollständigen. Ein Blick genügte, eine kleine Geste, und sie verstanden einander wortlos.

Während sie ihre Gedanken fließen ließ, räumte Hilde die Regale leer, wischte sie feucht aus und sortierte die Lebensmittel wieder ordentlich ein. Draußen wieherte ein Pferd, und Kinderlachen schallte über den Weiler. Wehmütig dachte sie kurz an ihren Sohn Pierre und seine Familie in Paris. Sie besuchten einander regelmäßig, aber es war doch etwas anderes, wenn die Familie um die Ecke wohnte und man sich jederzeit sehen konnte, so, wie es bei den Nachbarn, Michel und Suzette, der Fall war. Hilde steigerte ihr Tempo, denn sie wollte gern gleichzeitig mit Aimé im Garten ankommen. An das Telefonat verschwendete sie keinen einzigen Gedanken mehr.

Raum und Zeit

Für den Unreinen nimmt man etwas Brandasche vom Sündopfer, schüttet sie in ein Gefäß und gießt Quellwasser darüber.

4. Mose 19,17

Wie kannst du dich aus diesem formlosen Haufen nur wieder zusammenfügen? Wie macht man aus Asche Leben?

Ist das Zauberei? So, wie man einen Golem aus Lehm modellieren kann? Ein Golem besitzt Kraft und Macht und kann daher einiges bewirken. Um ihn zu formen, braucht es Weisheit und Entschlossenheit. Alle Elemente fließen in ihn ein: Erde, Wasser, Feuer und Luft. Wer über diese Elemente verfügt, der kann alles erreichen: Gutes, aber auch Böses.

Doch was denkst du wirklich? Was willst du wirklich? Gibt es nicht genug Böses auf dieser Welt? Ist der Planet und jeder noch so winzige Kosmos nicht voll genug von Gewalt und Unheilvollem? Wenn der Golem einmal durch sein Wort zum Leben erweckt wurde und sich Wahrheit in Tod verwandelt, ist er dann eine andauernde Gefahr? Ist er jemals zu stoppen? Der Golem kann nicht sprechen, was, wenn die Sprache für immer im Verborgenen bleibt, wenn sie ein Flüstern ist, das im Inneren stattfindet und nach Außen keinen Widerhall mehr erzeugt? Welche Fragen stellen sich im leisen Flüstern seiner machtvollen Gestalt? Oder ist er nur die Antwort? Weil die Wahrheit ungesagt und ungehört bleibt? Und der Tod ist die logische Schlussfolgerung. Und wenn dem so ist – wessen Tod ist dann gemeint?

Montpellier

Sie wandte sich um und ging die Straße entlang. Es war heutzutage gar nicht mehr so leicht, Münztelefone zu finden. Dafür machte es das Internet den Menschen umso einfacher: Man konnte sich billig ein Mobiltelefon kaufen, jede Adresse unproblematisch herausfinden, Festnetznummern feststellen oder Autokennzeichen, eine Anleitung zum Bauen einer Bombe ansehen oder Todesarten ausprobieren. Sie wunderte sich jedes Mal wieder, wie das alles möglich war, denn gerade Europa legte doch so einen großen Wert darauf, Daten zu schützen, Kriminalität einzudämmen oder gar dem Terrorismus entgegenzuwirken. Wie konnte es da sein, dass man ungehindert gegen alles verstoßen konnte – mit ein bis zwei Klicks?

Seit sie am Flughafen bei ihrer Ankunft prompt dem südfranzösischen Dorfpolizisten Aimé mit seiner Frau über den Weg gelaufen war, war sie noch mehr davon überzeugt, dass das Schicksal auf ihrer Seite war. Frankreich war doch wirklich groß genug. Wieso also war sie ausgerechnet in diesem Moment diesen beiden Menschen begegnet? Das musste doch etwas bedeuten. Vielleicht sollte sie ihren Fokus erneut anpassen und sich nicht nur auf die verhasste Vaterdiebin konzentrieren?

Was war nur mit ihr geschehen? Sie war immer klar strukturiert gewesen, und wenn sie ein Ziel vor Augen gehabt hatte, dann hatte sie es kompromisslos umgesetzt. Ihre Mutter Carla hatte ihr Zielstrebigkeit vorgelebt, und sie war in ihrer Erziehung immer konsequent geblieben. Nie hatte sie ein Wort über den Vater verloren, egal wie sehr sie sie als Mädchen bedrängt hatte. Ob die Mutter wohl geahnt hatte, dass der Mann einst zu so grandios Furchtbarem fähig sein würde, und deshalb beharrlich geschwiegen hatte? Vielleicht auch, um vor dem Erbe, das ihre Tochter in sich trug, die Augen zu verschließen?

Alles war hervorragend gelaufen. Sie hatte ihren Weg gemacht, studiert, sie war klug gewesen, gepflegt und hübsch. Nur Freundschaften hatte sie nicht so einfach geschlossen, und auch Partnerschaften waren ihr nicht leicht von der Hand gegangen. Manche hatten sie als kühl oder gar frigide bezeichnet. Ein junger Mann war sogar mit den Worten, sie sei eine »manipulative Blutsaugerin« aus ihrem Leben gerauscht. Irgendwie hatte er recht gehabt, aber das war damals noch nicht abzusehen gewesen. Hatte der Tod ihrer Mutter dazu beigetragen, dass sie nun war, wer sie war, oder war es dem Ergebnis ihrer Schnüffeleien zu verdanken?

Der nicht vorhandene Vater war schon in ihrer Fantasie zu einem Überwesen herangewachsen. Vielleicht hätte ihre Mutter alles verändern und verhindern können, wenn sie offensiver mit ihren Informationen umgegangen wäre und die Tochter auf der Suche nach ihren Wurzeln unterstützt hätte. Aber so hatte sie nicht nur die riesige Neugier gefüttert, sondern auch die Idealisierung des Vaters befeuert.

Und wenn alles anders gekommen wäre, wer wäre sie dann heute?

Verwundert hielt sie inne und schüttelte leicht den Kopf, so, als wolle sie diese Gedanken vertreiben, aber ihr Kopf ließ sich nicht so einfach abschalten. Wäre ihr Vater vielleicht heute auch ein anderer, wenn er Kontakt zu seinem Kind hätte haben dürfen? Wenn er überhaupt gewusst hätte, dass er Vater war?

Heute wusste er es, aber die Umstände, durch die er es erfahren hatte, waren ja eher ein wenig besonders gewesen. Sie war aus demselben Holz geschnitzt wie er, das konnte man nicht verleugnen. Waren sie beide diejenigen, in deren Psyche sich Ungesundes herumtrieb, oder war die Welt dafür verantwortlich, dass sie wurden, wer sie sind? Als Psychologin konnte sie rasch viele Aspekte finden, die sowohl die eine als auch die andere Theorie unterfütterten.

Sie fühlte keine Reue, nur Verwunderung.

Verwunderung, wohin das Leben sie beide gebracht hatte: Er saß im Gefängnis, und sie schrubbte auf Kreta Böden und lebte unter einem falschen Namen ein einfaches Leben. Sie hatte ein wunderschönes Haus in der Nähe von Stuttgart gehabt und eine gut laufende Praxis, denn vielen Klienten war ihre klare, emotional abgegrenzte Art ohne viel Firlefanz lieb gewesen. Sie hatte ein stabiles Leben geführt, und dann hatte sie im wahrsten Sinne des Wortes Blut geleckt. Wie konnte es sein, dass die Art zu töten, die ihr Vater perfektioniert hatte, so faszinierend sein konnte? Es war ihr trotz aller Emotionen wie ein logischer Schritt vorgekommen, seine Taten als Inspiration zu nutzen. Es war ein großartiger Coups gewesen, denn man hatte nur die Schwachstelle einer Person finden müssen, und schon war alles möglich geworden. Es hatte ihr, obwohl sie sich ihrem Vater dadurch näher gefühlt hatte, keine Freude bereitet, selbst aktiv zu werden, dennoch war sie letzten Endes ja nicht drumherum gekommen, sich selbst die Hände schmutzig zu machen.

In diese Gedanken vertieft war sie einfach immer weitergelaufen und stand nun vor dem historischen Babote-Turm. Der bereits im zwölften Jahrhundert begonnene Bau war ein Teil der Umfassungsmauer der Stadt. Fast sechshundert Jahre hatte es gedauert, den Turm fertigzustellen, und nun stand er dort und trotzte der Zeit.

Gut Ding wollte eben Weile haben.

Sie empfand es als eine Art Zeichen, dass sie genau hier gelandet war, ähnlich wie bei der Begegnung mit dem Flic Aimé und dessen Frau am Flughafen. Das Schicksal wollte ihr etwas mitteilen. Geduld zahlte sich irgendwann aus, und sie war nun lange geduldig gewesen und hatte allem getrotzt.

Interpol hatte sie vergebens gesucht. Margeaux wähnte sich und ihre Lieben inzwischen in Sicherheit. Bei dieser Vorstellung machte sich Abscheu in ihrem Kopf breit, und sie musste lachen. Es war jedoch kein freudvolles Gelächter, das sich ihrem Mund entrang. Der Hohn sprang ihr dabei geradezu über die Lippen. Sicherheit gab es nicht! Für niemanden und vor allem nicht für Margeaux Surfin.

Stuttgart

Da standen sie nun, zwei wirklich beste Freunde, und starrten einander verwirrt an. Frank mit der Sorge, die sich nach der Überraschung eingestellt hatte und die somit auch klarmachte, dass die Überraschung wirklich echt gewesen war. Denn typischerweise dauerte eine wirklich erlebte Überraschung nicht länger als ein bis zwei Sekunden und machte dann einer anderen Emotion Platz. Jedes Gefühl, das auf Überraschung folgte, wurde etwa fünfmal stärker wahrgenommen als ohne vorherige Überraschung. So war Franks Besorgnis auch offensichtlich, denn er verlagerte sogar spontan sein Gewicht nach hinten und musste einen Schritt zurückgehen.

Margeaux stand wie angewurzelt mit dem Koffer in der Hand vor der geöffneten Tür und hatte das Gefühl, wie eine »Kuh, wenn’s donnert« aus der Wäsche zu schauen. Dann lächelte sie einfach, denn sie freute sich wirklich, diesen großartigen Kerl zu sehen, und die Situation entspannte sich.

»Hey, du verrücktes Weib, was machst du hier? Komm doch rein!«, sprudelte es aus Frank heraus, und er machte Platz im Flur, sodass sie samt Koffer hereinkommen konnte.

Margeaux schob das Gepäck an ihm vorbei und dann umarmten sie sich. Rasch waren die drei südfranzösischen Wangenküsse getauscht, und er hielt sie auf Armeslänge entfernt, um sie wohlwollend zu mustern.

Sie trug eine leichte schwarze Joggingpants locker auf der Hüfte, eine weiße Bluse, die nur vorn in der Hose steckte, und eine rote weiche Lederjacke. Die roten Lackpumps mit Mörderabsatz vervollständigten das leger elegante Outfit. Eine schwarze Sonnenbrille hielt ihr das Haar aus dem Gesicht und thronte wie gewohnt auf ihrem lockigen nachlässig zusammengezwirbelten Dutt.

Er stieß einen anerkennenden Pfiff aus, und Margeaux machte sich lachend frei. »Du bist auch nicht von schlechten Eltern.« Lächelnd unterzog sie ihn einer Musterung, und er konnte sehen, dass sie zufrieden war.

Die enge, schmal geschnittene Jeans betonte seine trainierten Beine, und das weiße Hemd lag körperbetont auf seinem muskulösen Oberkörper. Er hatte die Ärmel hochgekrempelt. Seine Socken sprachen mal wieder für sich. Sie war fest davon überzeugt, dass Happysocks oder eine andere Firma eine Kaiserkollektion kreiert hatte, denn Frank trug nicht einfach nur Strümpfe: Seine Socken waren ein Statement. Heute waren sie schwarz und mit grellbunten Affen verziert, die sich alle die Ohren zuhielten. Er hatte die Hose leicht hochgekrempelt, sodass man einen freien Blick auf die Message an seinen Füßen genießen konnte.

»Hattest du heute ein Gespräch mit Walter?«, fragte Margeaux neugierig, die Augen auf die Strümpfe geheftet.

Frank nickte schmunzelnd. »War klar, dass du das sofort verstehst! Willst du die Jacke ausziehen?« Er hielt ihr die Hand hin.

Margeaux schüttelte kurz den Kopf und ging ins Wohnzimmer. Ihre Schritte hallten auf dem Holzboden durch den fast leeren Raum. »Wann wirst du endlich mal ein Zuhause aus diesen vier Wänden machen?« Sie drehte sich um und sah in fragend an.

Die kärglich-lieblose Einrichtung stand im absoluten Gegensatz zu dem gepflegten Mann, der so viel Wert auf sein Aussehen legte.

Er zuckte entschuldigend mit den Schultern. Sie hatte recht. Gemütlich war es bei ihm nicht so recht. Die Möbelstücke, die im Raum standen, waren teuer und bequem, sahen aber aus, als seien sie versehentlich von einem Laster gefallen und dann einfach stehen geblieben. Er hatte keine Pflanzen, und die Bilder, die an den Wänden hingen, machten mehr den Eindruck einer Möbelhausausstellung. Von Persönlichkeit keine Spur. Einzig seine Schallplatten und den Plattenspieler hatte er liebevoll in ein Spezialregal gestellt. Die überdimensionalen Bose-Boxen hätten sicher eine Konzerthalle beschallen können, sie gaben einen herausragenden Klang wieder. Dann fiel Frank ein, dass diese Situation hier alles andere als normal war.

»Margeaux, willst du mit mir über Inneneinrichtungen sprechen? Ist das der Grund, warum du plötzlich in meiner Wohnung stehst?« Seine Stimme klang verwirrt. »Ich freue mich, dass du da bist, aber das ganze Drumherum ist irgendwie komisch«, schob er nach.

Sie stand immer noch da und schaute ihn an.

Er war ein geübter Beobachter, und ihm wurde klar, dass die coole Ermittlerin nervös war. Ihre Wangen röteten sich leicht, als sie antwortete: »Also ich, ich wollte, ich musste …« Stotternd brach sie ab. Das Stottern und die vielen Wortwiederholungen waren ein absolut klares Zeichen für Stress. Sie atmete ein paarmal tief ein und aus und fing erneut an: »Ich wollte dich sehen, denn ich habe dich wirklich vermisst. Es war so entspannt, als du da warst, und alles war irgendwie wie früher, nur ohne Walter!«

Sie redete wie ein Maschinengewehr und kam sich selbst blöd dabei vor. Was tat sie da nur? Das war Frank! Ihr vertrauter Freund, der Kollege, dem sie so oft ihr Leben anvertraut hatte, und genauso oft hatte seines in ihren Händen gelegen. Sie atmete noch einmal tief ein und ging dann mit schnellen Schritten auf ihn zu.

Provence – Boulbon

Thierry fuhr sich mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn und hinterließ dabei eine erdige Spur. Er kniete im Garten seiner Schwester Elodie und buddelte ein Loch. Er liebte seine jüngere Schwester wirklich von ganzem Herzen, sie besaß den wohl grünsten Daumen, den man sich vorstellen konnte, aber die Faszination für Gartenarbeit war komplett an ihm vorbeigegangen.

Warum konnte Matze nicht dieses vermaledeite Loch graben? Nachdem Thierry sich mit der Partnerwahl seiner Schwester arrangiert hatte – er mochte das deutsche IT-Genie ja auch –, hatte er ihn in der Familie willkommen geheißen. Er war da wesentlich zugänglicher gewesen als sein Vater.

Der Hotelier aus Arles, den alle nur »Bap« nannten, hatte den zukünftigen Schwiegersohn einer grimmigen Befragung unterzogen. Kein Polizist der Welt hätte fieser und tiefer nachbohren können. Jean-Baptiste Baile hatte sogar herausbekommen, was Matze so sorgsam zu verbergen versucht hatte. Der junge Hacker hatte einen recht unschönen Kontakt mit dem deutschen Geheimdienst gehabt und daraufhin einige Zeit in Berlin tätig sein müssen. Matze war derart leichenblass geworden, als Bap ihn damit konfrontiert hatte, dass Thierry gedacht hatte, der junge Kerl würde gleich aus den Latschen kippen, aber Margeaux war Matze beigesprungen und hatte ihn geschickt unterstützt. Unterm Strich war allen Anwesenden, außer vielleicht Matze selbst, klar gewesen, dass er Baps Inquisition überleben würde.

Elodie wollte mit ihm zusammen sein. Sie liebte ihn von ganzem Herzen, und niemand in der Familie würde es daher wagen, ihr diesen Partner auszureden. Sie war eine ganz besondere junge Frau, und es war das erste Mal, dass sie so offensichtlich an einem Mann interessiert war. Warum grub also dieser Kerl nicht das Loch für diese Riesenpflanze? Thierry hatte das Gefühl, schon bald am Erdkern angekommen zu sein.

Er hörte Schritte hinter sich, und Elodie kam mit einem Krug selbst gemachter Rosmarin-Zitronen-Limonade und einem Handtuch auf ihn zu. »Hier großer Bruder«, sie reichte ihm das Tuch und goss ihm ein Glas ein, »eine Erfrischung für dich.« Fachmännisch betrachtete sie die Ausgrabung und nickte anerkennend: »Gleich hast du es geschafft!«

Während er das kühle, leicht säuerliche Getränk in einem Zug trank, fragte sie: »Wo ist eigentlich Margeaux? Wollte sie nicht mitkommen und den süßen Willi mitbringen?«

Elodie liebte den Dackel voller Hingabe, und der sonst so freche Vierbeiner legte sich meistens einfach auf ihre Füße und schaute sie zufrieden an. Elodie hatte eine ganz besondere Wirkung auf Lebewesen, das zeigte sie auch als Kindergärtnerin täglich.

»Sie musste nach Deutschland zu diesem Irren«, erklärte Thierry das Fehlen seiner Freundin, »er hat mal wieder nach ihr verlangt, und warum auch immer springt sie dann.« Er schüttelte missbilligend den Kopf und machte sich wieder daran, Erde auszuheben.

Stuttgart – Stammheim

»Sie müssen diese Nachricht unbedingt an Frank Kaiser weiterleiten. Es ist von nahezu ausnehmender Wichtigkeit, dass er informiert wird!«

Martin Angerer war kurz davor, laut zu werden und die Contenance zu verlieren. Dies geschah nur extrem selten, denn der eiskalte Killer hatte sich immer im Griff und legte dazu noch besonderen Wert auf Manieren. Nun jedoch hatte ihn etwas aus der Bahn geworfen, und er bestand mit volltönender Stimme darauf, angehört zu werden und dass sein Begehr erledigt wurde.

Manchmal war es auf dem einfachen Weg möglich, seinen Wünschen nachzukommen, und manchmal benötigte es Raffinesse oder gar Bestechung. Der achtfache Mörder hatte jede nur mögliche Währung zur Verfügung, denn ein Mann wie er hatte nichts zu befürchten und kam an alles, was nötig war, ohne große Anstrengung heran. Heute jedoch gestalteten sich die Verhandlungen zäh, denn der verantwortliche Beamte war nicht besonders zugänglich. Er war noch neu und wollte gern überall Exempel statuieren. So nun auch bei Angerer.

»Der Schächter«, so hatte ihn die Presse damals getauft, sinnierte einen kurzen Moment, wie es seinerseits wäre, ein Exempel zu statuieren, aber bisher hatte er sich, was die Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt anging, vollkommen zurückgehalten. Er war kein angriffslustiger Mensch mit ungezügelter Wut im Bauch – wie einige seiner Mithäftlinge. Das Töten war eine Passion für ihn. Ihm ging es dabei nicht ums Kämpfen. Das Sterben war es, was ihn faszinierte … wie der Tod das Leben nahm. Denn das konnte man tatsächlich sehen: wie der Mensch immer weniger wurde. Die Hülle blieb, aber das, was das Wesen ausmachte, verflüchtigte sich. Deshalb hatte er sich ihre Seelen genommen, jede so einzigartig und doch am Ende nur ein durchsichtiger zäher Tropfen.

Was wäre also das Schlimmste, was er hier tun könnte? Mit einem Gitter zwischen sich und dem anderen. Er hatte die Gitter in sein Denken integriert. Sie gaben dem Tag Struktur und fügten ihn in die Logik des Lebens ein. Es war erstaunlich, wie schnell er sich mit dem Gefängnis arrangiert hatte. Letztendlich war es ihm egal, in welchem Raum er gerade war. Seine Zeit konnte er überall füllen, denn seine Gedanken waren nicht eingesperrt. Sie schwelgten, sie flogen und sie ersannen. So senkte er nun auch den Blick und machte sich ein wenig kleiner. Der Beamte wollte den Status des Höhergestellten, des Gutmenschen leben. Angerer gab ihm, was er wollte, er konnte sehen, was die Menschen verlangten, und nutzte dies zu seinen Gunsten. Zu Beginn des Gesprächs hatte er sich noch durchsetzen wollen. Nun nutzte er die Statusachse ganz bewusst und ließ den Mann im Glauben, dass er die Zügel in der Hand hatte. Angerer seufzte demütig und ging einen winzigen Schritt zurück. Der Beamte straffte sich noch ein bisschen mehr und sah quasi auf den Häftling herab.

»Frank Kaiser bei der Kripo Stuttgart soll diesen Brief von Ihnen erhalten? Warum?«

Angerer wusste sich fast am Ziel. Manipulation war so leicht. Er erfüllte einfach nur das tiefe Bedürfnis des Wärters nach Macht und Kontrolle. Also würde er ihm jetzt mit gesenkter Stimme die gewünschte Information geben: »Es geht um den Fall im vergangenen Jahr in der Provence. Mir ist da noch etwas Wichtiges eingefallen, dass Herrn Kaiser helfen kann – und auch seiner Dienststelle.« Angerer blieb demütig, und seine Rechnung ging auf.

»Geben Sie schon her!«, befahl der Mann harsch, und Martin Angerer reichte ihm den Brief.

Mit seiner geschwungenen Handschrift hatte er die Adresse und »Von äußerster Wichtigkeit« auf den Umschlag geschrieben.

Martin Angerer blieb noch so lange in der Tiefstatushaltung stehen, bis der Beamte den Flur hinab entschwunden war, dann straffte er sich, und ein verächtliches Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Der Stein war ins Rollen gekommen und würde in seiner ihm eigenen Dynamik nicht mehr aufzuhalten sein.

Sie würde kommen. Er vermisste sie.

Raum und Zeit

Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt.

Lukas 13,3

Was, wenn du spürst, wie die Zeit dahinfliegt, obwohl du das gar nicht willst. Du willst die Uhr zurückdrehen, immer wieder. Zu den glücklichen Augenblicken, zur Sorglosigkeit. Wenn die Tage angefüllt sind mit Planung und großem Schaffensgeist, dann sind die Nächte plötzlich umso leerer. Du drehst dich um, und das, was einst angefüllt mit Fleisch war und warm, ist nun kalt und ohne Atem. Wie der leichte Abdruck einer Fußspur im Sand am Meer. Das Wasser spült darüber, und mit jeder Welle wird die Spur geringer. Das darfst du nicht zulassen.

Du musst die Erinnerung lebendig halten und die Spur jede Nacht erneuern. Nur: Wenn du als brüchige Masse am Boden liegst und deine Seele so laut schreit, dass du nichts anderes mehr hören kannst, weil dein Blut den Schrei im ganzen Körper verteilt, wie schaffst du es dann, die Spur aufzufrischen?

Es bedarf besonderer Zeichen, um den Körperabdruck nachhaltig zu machen. Die Körperabdrücke. Denn wenn du mehr verloren hast, als du ertragen kannst, dann ist es an der Zeit, dich neu zu erfinden und wie ein Phoenix aus der Asche zu steigen. Und nur in deinen leuchtend roten Augen ist zu sehen, dass es einzig Hass ist, der dich weiterleben lässt.

Sünden müssen öffentlich gesühnt werden, damit die Schuld irgendwie beglichen werden kann. Ob sich das realisieren lässt und sich Schuld je abbüßen lässt, ist fraglich, aber einen Versuch ist es wert. Du wirst dafür sorgen. Bald ist es so weit, und dann lässt sich nichts mehr aufhalten. Wenn der Stein erst ins Rollen gekommen ist, ist es zu spät.

Stuttgart

Sie stürmte geradezu auf ihn zu, schlang ihre Arme um ihn und presste ihren Mund auf seinen. Frank war so perplex, dass er einen Moment lang gar nicht reagieren konnte, und für diesen Zeitraum lagen ihre Lippen ungehindert aufeinander.

Zarte Haut berührte raue Bartstoppeln. Empfindsame Lippen trafen aufeinander, und gut konditionierte Gefühlssysteme machten sich bereit für mehr.

Dann fuhren beide wie von der Tarantel gestochen auseinander, und Margeaux schlug sich die Hand auf den Mund. »Nein«, entfuhr es ihr, »das ist ja, als würde ich Aimé küssen!«

Frank war noch immer sprachlos. Er räusperte sich: »Was war das denn? Aimé küssen?« Er schüttelte verständnislos den Kopf.

»Also ich war irgendwie so traurig, dass du weg warst, weil es doch so schön war, als du da warst, und wir uns so gut verstehen. Und da meinte Aimé, ich sei vielleicht verliebt in dich. Und ich war mir nicht sicher, ob er nicht vielleicht recht hat, und ich wollte wissen, ob es stimmt, und deshalb hab ich einfach mein Zeug gepackt und bin hergekommen. Und hab dich geküsst, aber das fühlt sich nicht richtig an, obwohl ich dich wirklich lieb hab …« Sie sprudelte all ihre Worte ohne Punkt und Komma hervor, und Frank fing an zu kichern. »Mach dich nicht lustig über mich, das war echt nicht leicht jetzt.« Margeaux war irritiert über Franks Reaktion.

Mittlerweile lachte der Mann schallend, und auch in ihr Gesicht stahl sich langsam ein Lächeln. Kurze Zeit später lachten sie beide Tränen.

Frank fing sich als Erster. »Ach, Margeaux, du bist wirklich ganz große Klasse, aber wusstest du nicht, dass Bruder und Schwester nicht so recht fürs Knutschen gemacht sind?«

»Na ja«, gab sie zu, »eigentlich schon, aber ich wollte es überprüfen, nicht dass wir eine Chance vergeben, von der wir gar nichts wussten!«

»Das zwischen uns ist mehr als einfach nur eine Beziehung. Das hatten wir doch damals schon mal, als Walter uns zum Team gemacht hat. Erinnerst du dich nicht? Wir haben so viel Zeit miteinander verbracht. Wir kennen uns in jeder Lebenslage. Glücklich, unglücklich, verliebt, entliebt, gereizt, entspannt, bedroht, sicher, verkatert, nüchtern«, zählte er auf, »das lässt sich jetzt ewig so fortführen. Das bringt unser Job so mit sich, vor allem, wenn man so gut zusammenarbeitet wie wir, und das meine ich nicht nur in Bezug auf die Erfolgsquote.«

Margeaux zog ihre Jacke aus und hängte sie über den Stuhl: »Du hast vollkommen recht, aber vielleicht gehört es auch zu meiner neuen Lebensphase dazu, so etwas offensiv zu überprüfen. Weißt du, ich habe gesehen, wie schnell so eine Krankheit einem alles nehmen kann, was man mal war. Daraus habe ich gelernt, nichts, was mich bewegt, einfach in die Tonne zu stecken!«

Er nickte verständnisvoll. Der Tod ihrer Mutter hatte sie verändert, sie hatte nicht nur ihren Job gekündigt, sondern auch ihren Lebensmittelpunkt achthundert Kilometer gen Süd-Westen verlegt. Und sie war eine ganz neue Beziehung eingegangen.

»Was, um Gottes willen, ist mit Thierry? Du hast doch nicht etwa Schluss gemacht?«

Margeaux wand sich ein wenig, senkte den Kopf und sagte dann mit schuldbewusster Stimme: »Ich habe gesagt, ich müsse zu Angerer. Ich habe ihn einfach angelogen und Hilde auch! Nur Aimé weiß Bescheid.«

»Mensch, Margeaux, du bist aber auch wirklich bekloppt.« Frank verzog tadelnd das Gesicht.

»Das ist mir jetzt auch klar, aber was, wenn es anders gewesen wäre und du ab jetzt immer mit einem Gettoblaster und handgeschriebenen Schildern vor meiner Tür aufgetaucht wärst?« Sie spielte auf eine Szene aus »Tatsächlich Liebe« an, einem Film, den sie beide mehrfach angeschaut hatten.

»Ja, das hätte natürlich sein können«, schmunzelte er. »Aber was machst du denn nun mit dieser fetten Lüge an der Backe? Willst du Angerer einfach mal so besuchen? Wie einen netten Freund, der eben zufällig im Knast sitzt?«, fügte er ernster hinzu.

»Das weiß ich jetzt noch nicht, aber was ich weiß, ist, dass Tiefkühlpizza echt kein Essen ist!« Sie krempelte die Ärmel hoch und ging in die Küche. Dort überkam sie dasselbe stille Entsetzen, das wohl ihr Vater verspürt haben musste, als er damals nach Stuttgart gekommen war, um sie aus ihrer Depression zu befreien: Der Kühlschrankinhalt war schlichtweg furchtbar!

Raum und Zeit

Was gesät wird, ist armselig, was auferweckt wird, herrlich. Was gesät wird, ist schwach, was auferweckt wird, ist stark.

1. Korinther 15,43

Wenn der Phönix aus der Asche steigt, so ist es die Asche, die durch ihn entstanden ist – durch sein Verbrennen. Er wartet in seinem Nest darauf zu verbrennen! Dann entsteht ein Ei aus der Asche, und aus dem Ei schlüpft er verjüngt erneut. Er erfindet sich also neu. Auch wenn er sich nur zu diesem Zweck verbrennt, so nimmt er doch den Schmerz des Verbrennens in Kauf, wohl wissend, dass daraus eine neue Kraft erwächst.

Aus Schmerz kann Kraft erwachsen. Ob es auch funktioniert, wenn der Schmerz jede Faser deines Körpers durchdrungen und deinen Geist vollkommen infiltriert hat? Wenn deine Hülle auf ihre Art stabil erscheint, aber dein Inneres aus einem einzigen lauten, schrillen Schrei besteht? So wie die Schreie, die du Stunde um Stunde, Tag für Tag, wochenlang, ja sogar viele Monate in deinem Umfeld gehört hast, sie dich immerzu umgeben haben. Schreie des Schmerzes und des Irrsinns, grell, beinahe unmenschlich und doch von menschlichen Stimmbändern produziert.

Und jetzt gebärdet sich dein Inneres genau so. Es ist an der Zeit, die Schreie verstummen zu lassen und sie durch andere zu ersetzen. Ob es funktioniert, weißt du erst, wenn du es versucht hast.

Also öffnest du den Schrank, betrachtest die Bilder, und dann schlägst du den Ordner auf und beginnst erneut zu lesen, um deinen Plan weiterzuschmieden und endlich für Ruhe und Gerechtigkeit zu sorgen. Ein neues Kapitel in einer alten Geschichte wird geschrieben werden.

Stuttgart

Margeaux zog mit spitzen Fingern eine Möhre aus dem Gemüsefach, die gut und gern als Mutter der Urmöhren hätte gelten können, und entsorgte sie mit angewidertem Gesichtsausdruck. Stünde sie vor dem Spiegel, wäre der Ekel in ihrem Gesicht ganz deutlich durch die leicht nach oben verzogene Oberlippe und den gekräuselten Nasenrücken zu erkennen gewesen.

Die Ausbeute in den Schränken war jedoch gar nicht so schlimm wie befürchtet. Sie hatte einiges gefunden, aus dem sich ein passables Essen würde zaubern lassen. Sie hatte Eier entdeckt, deren Datumsstempel Margeaux noch als genießbar bezeichnete, und zwei Avocados hatten es sich mit der Möhre im Gemüsefach gemütlich gemacht. Den Platz teilten sie noch mit einer leicht verschrumpelten Ingwerwurzel. Ein gelb angelaufenes Stück Parmesan lag in der Kühlschranktür neben einer angebrochenen Packung Bacon-Würfeln. Ansonsten war das Kühlgerät mit Weißwein und Bier gefüllt.

Kopfschüttelnd fand sie eine Packung Miracoli im Vorratsschrank, aber auch daraus würde sich etwas machen lassen.

»Wieso hast du Sesampaste im Schrank?« Erstaunt drehte sie sich mit dem Tahini-Glas in der Hand zu ihm um. »Hast du eventuell zufällig noch irgendwo Kakaopulver? Dann gibt’s nämlich noch einen Nachtisch.«

»Die soll für Sportler echt gut sein, daher habe ich die Paste gekauft, aber ich fand sie irgendwie nicht lecker genug«, erklärte er das Vorhandensein des Lebensmittels. »Kakao könnte auch noch irgendwo sein, ich hab das mal eine Zeit lang echt gern getrunken.«

Er machte sich daran, einen hohen Apothekerschrank zu durchsuchen, in dem absolutes Chaos herrschte. Während er Sachen von einer Seite zur anderen räumte fiel Margeaux’ Blick auf ein halb volles Honigglas, und das schnappte sie sich gleich, um es zu ihrer Ausbeute zu stellen.

Frank stieß ein triumphierendes Geräusch aus und hielt die braune Verpackung des Kakaos in der Hand. Er schubste den Schrank zu und stellte die Schachtel neugierig auf die Anrichte.