Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2014 Bodo Schulenburg

Einband- und Buchgestaltung: © Elinor Weise

Gesetzt in Times

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand, Norderstedt

ISBN 978-3-7357-6733-2

Inhaltsverzeichnis

Das 1. Kapitel erzählt

von einer geheimnisvollen Insel

Ich habe einen Freund, der ein Löwe ist. Echt und nicht aus Stoff! Trotzdem kein Löwe, der durchs hohe Gras schleicht, einen Steppenhasen sucht, zum Frühstück. Oder auf einem Zebra reiten will, eine Runde, um das Wetter zu erkunden. Nein, ein König der Tiere ist er nicht! Nur ein alter Zirkuslöwe. Und nicht mutig. Weil er Angst hat. Nämlich Knallangst!

Jedes mal, wenn er Geburtstag hat, erzählt er mir den Anfang von dieser Angst. Da war er noch ein Löwenbaby. Und es kam ein Donnern. Aber das war kein Gewitter mit Blitzen, sondern ein Jäger, der schoss seine Mutter tot und steckte ihn in einen Sack. Verkaufte ihn, an einen Zirkus. Dort gab ihm Willy, der Dompteur, den Namen Fridolin. Auch musste er einen Clownshut tragen. Und Willys Peitschenschnur strich durch die Luft, dass es zischte:

Huuuiit! Und dann knallte die Peitsche. Pthhh Peng!

Das klang auch wie Mörderschüsse von einem wilden Jäger. Willy nannte das: Knaller hinter die Löwenohren schieben. Und er machte das, damit Fridolin Kunststücke lernte und den albernen Clownshut nicht vom Kopf fegte.

So kam es zu dieser Knallangst. Ich, Jacob, war sein Freund und konnte die Angst sehen. Weil sie so groß war, dass sie nicht in das Löwenherz passte. Und in die Pfote lief, in die linke. Dort klopfte die Angst und klopfte. Ich dachte Mist! Die Bangigkeit klopft wieder! Und ich sah schnell woanders hin. Damit Fridolin sich nicht schämen musste.

Ich sagte zu ihm: Ich will, dass du dir heute zum Geburtstag etwas wünscht!

Irgendetwas? fragte der Löwe. Auch eine schwere Sache?

Ja, irgendetwas. Auch eine schwere Sache.

Etwas, das ich dann auch bekomme? fragte der Löwe.

Ich verspreche es dir, Fridolin.

Mein Löwe dachte angestrengt nach. Dann sprach er:

Jedes Jahr im Frühling landet der älteste der Kraniche bei mir. Er hat mir erzählt, das es ein Land gibt, da leben alle Tiere der Welt. Ohne Zirkus, Peitsche und Knallerei. Es ist kein Paradies! Nur Sand und Steine. Gräser verschiedene Sorten. Gänseblümchen und Kamille. Aber die Tiere dort leben glücklich und zufrieden. Weil kein Mensch das Land je betreten hat, ist es ein Land vollkommen ohne Angst! Es soll eine Insel sein. Am Ende der Welt. Wenn es so ist, dass ich mir etwas wünschen kann, wünsche ich mir, dass ich einmal dieses Land besuche.

Hugo, der Zirkuselefant, kannte den Traum des Löwen. Er fragte mich: Meinst du Jacob, diese Insel ist nur ein Märchen?

Ich antwortete: Vielleicht, aber man kann auch ein Märchen aufspüren. Hugo nickte. Dann sagt er: Es wird erzählt, dass diese Insel am Ende der Welt sich hinter einem wilden Urwald versteckt. Und hinter einem wilden Riesenberg mit wilden Eisspitzen. Auch schwimme sie mitten in wilden Hochwellen eines wilden Urmeeres.

Klar, sagte ich. So viel WILDES musste schon sein. Als Schutz! Damit nicht jeder Trottel durch Zufall diese Insel findet: Oho, sieh an! Eine Spielinsel! Aber langweilig und ohne Pommes, Majo und Tomatenpamps!

Das zweite Kapitel erzählt

von einem Jurassic Park,

dem Heiligen Marcellus

und weißen Löwen

Zuerst suchte ich das Versteck auf der Weltkarte. Wildes gab es noch. Hier und da, aber das Wilde war knapp. Dafür gab es Inseln aller Sorten. Säcke voll: Osterinsel, Weihnachtsinsel, Pfingstinsel. Alle Feiereien waren vertreten. Manche doppelt. Auch fand ich mit der Lupe einen Haufen Pirateninseln, von früher und vielleicht auch von jetzt. Weil sie so winzig waren, passte da ein Name nicht mehr mit drauf. Und erst recht nicht viele Angsttiere! Also weiter, Tierinseln: Bären-, Affen- und Elefanten. Das waren aber nur Namen, denn diese Tiere lebten dort nicht mehr. Weil nur noch Platz war für Hotels und Golfrasen, manchmal mit Regenwürmern. Und darüber jede Menge Möwen, welche diese Inseln weiß bekleckerten.

Dann wurde ich unruhig. Schuld war Griechenland! Weil es dort sechstausend Inseln gab! Manche sogar mit wilden Bergen. Und wildes Meer drum herum gab es jede Menge. Nur Wald war dürftig. Ein paar mickrige krumme Olivenbäume waren kein wilder Urwald! Zudem ich nicht wusste, ob die Griechen schon das eine oder andere Inselchen verkauft hatten. Aus Sparsamkeit. Denn so viele Inselchen brauchen wir nicht, sagten sie. Und ein cleverer Zoo- und Geldmann hatte darauf schon einen Jurassic Park gesetzt. Mit Fähre dorthin. Damit auch die Griechen den Park mal besuchen konnten.

Natürlich war es möglich, überlegte ich, dass eine Insel auch mal vom Meer verschluckt worden war. Früher. Wie zum Beispiel Atlantis. Oder die Nordseeinsel Rungholt, nämlich vom Hochwasser. (Anmerkung. Nur falls es einen interessiert: Untergang der Insel Rungholt, am 16. Januar 1362. Bei Google abgeschrieben, das Datum. Dabei war der Heilige Marcellus. Vielleicht sortierte er schnell noch auseinander, wer im Himmel und wer in der Hölle ersäuft?)

Danach begann bei mir ein blödes Zucken, gemischt mit Rückenschauder. Das kriselte den Rücken rauf und runter. Wie eine Herde hungriger Termiten. Das kam, weil ich mich fragte:

Hat EINER die Insel ohne Angst vielleicht aus der Karte geklaut und gelöscht? Mit einem rosa Schulradiergummi auf der Hintenseite der Bleistiftspitze? Und übrig geblieben auf der Karte war nur noch ein Löchlein zusammengehalten von Gummifasern? Gelöscht, wie mein Computer flüsterte, weil sonst viel zu viele Tiere auf diese Insel flüchten würden. Und das wäre echt eine Katastrophe. In diesem traurigen Augenblick brauchte ich zornigen Mut. Besonders Kopfmut! Und dafür gibt es Mutmachersprüche. Zum Beispiel:

Suchet, so werdet ihr finden!

Oder:

Ein blinder Gaul findet die Krippe auch!