Dieses Buch konnte nur entstehen, weil ich auf die tatkräftige Unterstützung und Geduld meiner Ehefrau vertrauen konnte.

Danke Beate!         

Inhaltsverzeichnis

Die Stars des Jahres 1954

1. Friedel Hensch und die Cyprys

2. Hans Arno Simon

3. Lys Assia

4. Gerhard Wendland

5. Vico Torriani

6. Herbert Imlau und das Comedien-Quartett

7. René Carol

8. Bibi Johns

9. Golgowsky-Quartett

10. Wolfgang Sauer

Die Monats-Charts 1954

Auszeichnung „Hit des Monats“

Januar 1954

Februar 1954

März 1954

April 1954

Mai 1954

Juni 1954

Juli 1954

August 1954

September 1954

Oktober 1954

November 1954

Dezember 1954

Jahres-Charts 1954

Regional-Charts 1954

Alphabetisches Titel-Verzeichnis

Alphabetisches Künstler-Verzeichnis

Die unerforschten Jahre (Vorwort)

Caterina Valente, Vico Torriani und Peter Alexander sind Künstler an die sich viele noch gut erinnern können. Bereits in den 50er- Jahren waren sie beliebt. Auch Lys Assia kennt wahrscheinlich noch der eine oder andere. Wie sieht es aber mit Friedel Hensch, Hans Arno Simon oder dem Comedien-Quartett aus? Sie alle waren Stars des Jahres 1954. Jedoch gab es noch keine verlässlichen oder verbreiteten Hitparaden, die ihre Erfolge auch für die Zukunft widerspiegeln konnten.

Die Musik-Charts in Deutschland nahmen in den 50er-Jahren ihren Anfang. Man kann die Zeit von 1954 bis 1959 auch die Lehrjahre der deutschen Hitlisten nennen. Die Zeitschrift „Der Automatenmarkt“ begann Übersichten für die Musikboxen-Aufsteller zu erstellen, damit diese eine Richtschnur für die Auswahl ihres aktuellen Musikangebotes bekamen. Das System funktionierte in einer Wechselbeziehung. Die Automatenaufsteller meldeten die Häufigkeit der gespielten Titel und der Automatenmarkt veröffentlichte diese Ergebnisse, anfangs nur als Einzellisten, später auch eine Aggregation zu einer Gesamt-Hitparade der Top30.

Zur gleichen Zeit entwickelten einige Radiostationen Sendeformate, bei denen sie Bestenlisten nach Hörerwünschen erstellten und die entsprechenden Titel den Hörern in ihren Sendungen präsentierten. Die Ergebnisse hingen dabei von der Zusammensetzung der Hörerschaft und den regionalen Unterschieden aber ebenso von eigenen „Haus-Regeln“ ab. Neben den öffentlichrechtlichen Sendern in Deutschland gewannen in den Folgejahren zunehmend die Rundfunkstationen der Alliierten, AFN und BFN, und das neu aufkommende, deutschsprachige Radio-Luxemburg-Programm an Bedeutung.

Ab Ende 1956 begann dann auch die heutige Jugendzeitschrift „Bravo“ mit der Veröffentlichung ihrer eigenen „Musikbox“-Charts. Zusätzlich zu den Automaten-Charts begann der Automatenmarkt im Jahr 1957 mit dem zusätzlichen Abdruck von Hitlisten auf der Grundlage von Platten-Verkaufszahlen.

Wie in Findungsphasen üblich, gab es eine Reihe von Unzulänglichkeiten. Neben Druckfehlern und falschen Titel-/Musiker- Zuordnungen kam es zu Auslassungen, Mehrfachnennungen, Verwechslungen, Mehrfachabdruck von gleichen Listen in unterschiedlichen Monaten und zu Lücken in der Datenerhebung.

In den 50ern war es übliche Praxis, dass der gleiche hitverdächtige Titel von mehreren Musikverlagen mit verschiedenen Interpreten veröffentlicht wurde. In den Hitlisten wurden diese dann teilweise unter einem Titel gemeinsam eingeordnet, so dass nicht eindeutig zu erkennen war, welcher Künstler dabei jeweils Erfolg mit seiner Version hatte. Da war dann der Automatenmarkt mit den Einzellisten der Boxenaufsteller und (meist) getrennter Auswertung eine rühmliche Ausnahme. Jedoch kam es dabei in der Zusammenführung der Listen zu einer Gesamtliste ab und an zu nicht ganz plausiblen Ergebnissen. Ein weiterer Aspekt machte die Unterscheidung der Beliebtheit einzelner Titel undurchsichtig. In den Zeiten der Single-Schallplatten (Schellack und Vinyl) wurde bei Verkaufszahlen und dann auch in einigen Hitparaden nur die sogenannte A-Seite einer Platte gelistet. Damit blieb die oftmals ebenso beliebte B-Seite unerwähnt.

Bis in das Jahr 1959 hinein gab es also ein sehr buntes Spektrum an Hitlisten, von denen jede für sich alleine immer nur einen Ausschnitt des Gesamtbildes widerspiegelte. Das änderte sich erst, als im Juni 1959 die Zeitschrift „Musikmarkt“ mit der Veröffentlichung seiner eigenen monatliche Charts begann. Das zugrunde liegende System bezog dabei neben den Spielergebnissen der Musikboxen auch systematisch den Plattenverkauf sowie die sogenannten „Airplays“, also die Sendehäufigkeit von Musiktiteln im Radio, mit ein. Damit lehnte sich diese neue Hitparade an die Standards im englischsprachigen Raum (z.B. Billboard in den USA) an.

Eine Aufarbeitung des Chart-Zeitraums 1954-1959 fehlt aber seither.

Für die Veröffentlichungsreihe „Deutsche Musik-Charts“, die mit dem vorliegenden Band für das Jahr 1954 beginnt, wurden alle verfügbaren Datenquellen nochmals analysiert, auf Plausibilität überprüft und Lücken wurden geschlossen. Anschließend erfolgte die Zusammenführung zu einer Gesamtliste. Dabei wurden ausschließlich statistische Methoden und Bewertungssysteme herangezogen. Persönliche Einschätzungen und Vorlieben meinerseits (der Autor) haben damit keinen Einfluss auf die Ergebnisse der Auswertungen.

Hier ein paar Beispiele dafür, dass Teile der Musikgeschichte der 50er-Jahre doch etwas anders verliefen, als heute vielfach (ungeprüft) nachzulesen ist:

1. Der häufig als Nummer-1-Hit in Deutschland für 1954 genannte Titel „Granada“ von Vico Torriani verdankt diese Einschätzung nur einem Zufall. Die Zeitschrift „Automatenmarkt“ veröffentlichte in ihrer Ausgabe 2/1954 erstmals eine Liste der Spielergebnisse eines Automatenaufstellers aus Bremen. Dort wurde der Titel auf Platz 1 geführt. Doch die Ergebnisse des Folgemonats für 6 Städte zeigen „Granada“ nicht ein einziges Mal in den Top10. Auch kann ein Ergebnis für eine einzige Stadt nicht als repräsentatives Bild für ein ganzes Land herhalten. Das lässt sich im Regionalteil dieses Buches leicht nachvollziehen.

2. Die Sieben Raben veröffentlichten 1956 eine sehr erfolgreiche Single mit dem Titel „Smoky“ auf der A-Seite und „Oklahoma Tom“ auf der B-Seite. Häufig verwendete Listen der Nummer-1- Hits nennen nur die A-Seite als Top-Hit. In den Musikboxen des Landes wurde tatsächlich zuerst „Smoky“ als Nummer 1 geführt. Jedoch in der Folgezeit klettert dann „Oklahoma Tom“ auf den Spitzenplatz. Verkaufslisten berücksichtigten trotzdem fast ausschließlich die A-Seite. In den Hitlisten der „Bravo“ tauchte ebenfalls nur „Smoky“ auf, auch als dieser Titel in den Musikboxen nur noch selten, „Oklahoma Tom“ jedoch sehr häufig gespielt wurde.

3. Die Liste der Nummer-1-Titel zeigt vielfach das Lied „Sei zufrieden“ vom Lucas-Trio als einen der Spitzenreiter (Februar 1957). Dieser Titel wurde jedoch niemals vom Lucas-Trio aufgenommen. Dies bestätigte zu Lebzeiten auch ein ehemaliges Mitglied des Ensembles. Hier handelt es sich offensichtlich um eine Verwechslung mit dem Roland-Trio.

4. Im gleichen Jahr wird neben Margot Eskens auch Wolfgang Sauer als Nummer 1 mit dem Titel „Cindy oh Cindy“ geführt. Beide Interpreten veröffentlichten ihre Schallplatten nahezu gleichzeitig. In den Musikboxen war die Version von Margot Eskens eindeutig vorne. Parallel dazu wurde aber die zweite Seite von Wolfgang Sauers Platte auch sehr häufig gespielt - deutlich häufiger als seine Version von „Cindy oh Cindy“. Hier schlugen also gleich zwei Chart-Regeln der damaligen Zeit zu: die Zusammenfassung mehrerer Künstler zu einem Musiktitel und die übliche Weglassung der B-Seite in Single-Hitparaden.

Manfred J. Franz

Die Stars des Jahres 1954

1. Friedel Hensch und die Cyprys

Besetzung: Karl Geithner, Kurt Grysok, Friedel Hensch, Werner Cyprys
Besetzung:
Karl Geithner, Kurt Grysok, Friedel Hensch, Werner Cyprys
Foto: Polydor

Mit dem Titel „Heideröslein“ auf Platz 1 der Jahres-Charts und sechs weiteren Liedern in den Top100 kann den Künstlern kein anderer Musiker den Spitzenplatz streitig machen. Auch in sieben der zehn Bundesländer (einschließlich Berlin) ist Friedel Hensch mit ihren Mannen erfolgreicher als die gesamte musikalische Konkurrenz. Neben zweiten Plätzen in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg springt in Hessen nur ein „schlechter“ dritter Platz in der Künstlerrangliste heraus.

Die musikalische Mischung aus volkstümlichen Schlagern und moderner Musik mit augenzwinkernden Texten trifft den Geschmack der Hörerschaft. Titel wie „Mein Kaugummi“, „Holdrio - liebes Echo“, „Ansonsten Herr Luther“, „Das ist ja prima!“ und „Emil“ machen das Quartett bald im ganzen Land bekannt. Der große Durchbruch gelingt aber erst 1954 mit dem Verkaufsschlager „Heideröslein“, woraufhin die Gruppe für 3 Millionen verkaufte Tonträger im Folgejahr eine goldene Schallplatte von Polydor erhält.

Friedel Hensch und die Cyprys gehören, wie bereits in den Vorjahren, zu den Vielproduzenten zeitgenössischer Musik. Betrachtet man die monatlichen Top100 über das Jahr, so finden sich dort insgesamt 15 Musiktitel der Gruppe wieder.

Biographisches: Bereits 1945 gründet sich das Ensemble und hat seine ersten Erfolge ab 1946 auf der Hamburger Reeperbahn. Im Jahr 1947 heiratet die 41-jährige Friedel ihren Band-Kollegen, den 25-jährigen Werner Cyprys, der auch Namensgeber für die Musikgruppe ist. Weiterhin gehören Karl Geithner und Kurt Grysok (ab 1948) zur Besetzung der Gruppe. 1949 werden die Musiker von der Plattenfirma Polydor entdeckt und unter Vertrag genommen. Bereits im Folgejahr treten sie in „Mädchen mit Beziehungen“ erstmals in einem Spielfilm auf. Neben ihrem typischen Programm spielt die Gruppe unter dem Pseudonym „Tante Fröhlich und die Hutzelmänner“ für ihren Plattenverlag auch Kinderlieder ein.

2. Hans Arno Simon

Foto: Elektrola
Foto: Elektrola

Das Markenzeichen von Hans Arno Simon ist flotte Polka-Musik gepaart mit Humor, manchmal aber auch mit melancholischen Klängen. Seit 1953 ist der Musiker zudem in seiner eigenen Fernsehreihe „Klingendes Rendezvous bei Hans Arno Simon“ zu sehen, in der er neben Stars und Sternchen auch seine eigene Musik vorstellt.

Gleich mit seiner ersten Eigenkomposition „Anneliese“ verzeichnet Hans Arno Simon zu Beginn des Jahres 1954 einen „Hit des Monats“. Als erstem Musiker gelingt ihm mit seinem „Wodka-Fox“ das gleiche Kunststück im September noch ein zweites Mal. Damit ist er mit dem 5. und 6. Platz der einzige Künstler der 1954 gleich zwei Top10-Hits in den Jahres-Charts hat. Dazu gesellen sich mit seiner melancholische Polka „Sag doch nicht immer Dicker zu mir“ und „Ludwig“ zwei weitere Top100-Hits.

Besonders beliebt ist der Sänger und Komponist in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Hier läuft er sogar Friedel Hensch den Rang ab. In Bayern hingegen schafft er es in der Interpreten-Rangliste nur auf Platz 7. Hans Arno Simon erhält für seinen Hit „Anneliese“ eine der ersten deutschen Goldenen Schallplatten nach dem 2. Weltkrieg.

Biographisches: Hans Arno Simon, geboren 1920 in Breslau, studiert Kunstgeschichte, Germanistik und Musik. Er versucht sich sowohl in der Schriftstellerei als auch in der Musik. Schließlich verschreibt er sich bereits vor dem 2. Weltkrieg dem Swing. Nach Kriegsende arbeitet er weiter in diesem Musikstil und tingelt mit seinem „Hamburger Klavierduo“ durch die Lande. Sesshaft wird er erst wieder als Musikredakteur beim „Radio Hamburg“. Anfang der 50er Jahre entscheidet sich Hans Arno Simon für einen Wechsel des Genres. Er folgt damit anderen nach, die bereits mit Schlager- und Volksmusik zu Ruhm, Ehre und auch finanziellem Erfolg gekommen sind.

3. Lys Assia

Foto: Telefunken
Foto: Telefunken

Die Schweizerin Lys Assia ist bereits seit 1950 mit ihrem Titel „Oh mein Papa“ aus der Operette „Feuerwerk“ von Paul Burkhard auch in Deutschland bekannt. Obwohl das Lied bereits vier Jahre zuvor aufgenommen wurde, ist es auch 1954 noch bis Oktober in den Top50 zu finden. Dies gelingt ihr trotz gleichzeitiger Konkurrenz durch Harry James und Ray Anthony mit deren Versionen des Titels, die sich ebenfalls in den Top100 des Jahres platzieren können.

Ihren Durchbruch in Deutschland erfährt Lyss Assia aber mit ihrem Lied „Schwedenmädel“. Im Mai und Juni setzt sie sich damit an die Spitze der deutschen Monats-Charts und erringt damit auch die Auszeichnung „Hit des Monats“. Hinter dem „Heideröslein“ landet die Sängerin damit die Nummer 2 des Jahres.

Ihre Beliebtheit findet dabei keine Grenzen, auch (fast) nicht zwischen denen der deutschen Bundesländer. In Hessen erobert sie sich sogar die Spitzenposition unter den Interpreten und überall findet sie sich unter den Top5 wieder, nur nicht in Niedersachsen, wo sie sich mit Platz 9 zufrieden geben muss. Im Süden Deutschlands, in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen, belegt ihr „Schwedenmädel“ sogar Platz 1 in den Länder-Hitparaden.

Biographisches: Lys Assia wird im Kanton Aargau in der Schweiz als Rosa Mina Schärer geboren. Zur Ausdruckskunst kommt sie bereits in jungen Jahren. Aufgewachsen in Zürich, erhält sie bereits als Kind Ballettunterricht und debütiert als sechzehnjährige Tänzerin vor großem Publikum. Nach ersten Auftritten als Sängerin wird ihr im Alter von 18 Jahren nach Probeaufnahmen ihr erster Plattenvertrag in der Schweiz angeboten. Auf Auslandstournee erhält Lys Assia in Paris die Gelegenheit in einer Show für die erkrankte Josephine Baker einzuspringen - und sie überzeugt Publikum und Kritiker gleichermaßen. So nimmt die Karriere ihren Lauf. In Deutschland feiert sie ihre ersten Erfolge mit „Was kostet das Hündchen im Fenster?“, „Übers Jahr, wenn die Kornblumen blühn“ und „Moulin Rouge“.

4. Gerhard Wendland

Foto: Polydor
Foto: Polydor

Gerhard Wendland kann 1954 zwar keinen seiner Musiktitel in den Top10 des Jahres unterbringen und auch keinen „Hit des Monats“ landen, aber mit insgesamt fünf Titeln in den Top100 einen hervorragenden vierten Platz in der Interpreten-Rangliste belegen. Sein persönlicher Hit des Jahres ist „Das Vagabundenlied“, mit dem er als Elfter die Top10 nur knapp verpasst. „Jambalaya“ und „Lebe wohl du schwarze Rose“ landen in den Top50 und mit „Die Donna und der Troubadour“ und „Capitano“ kann der Sänger zumindest in die Top100 vorstoßen.