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HIGHLIGHTS | GEHEIMTIPPS | WOHLFÜHLADRESSEN

»Das Mondlicht stahl sich durch die Zweige.
Wir hatten unser Lager unter einem Dawibbaum
mit langen, zitternden, feinen Blättern, die sich
im Nachtwind hin und her wiegten.
Das Feuer prasselte und knisterte.«

Margarethe von Eckenbrecher 1911 in: »Was Afrika mir gab und nahm«

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INHALT

Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen

Willkommen in Namibia

ZENTRALES HOCHLAND

  1Windhoek

  2Aloe Trail und City Walk

  3Die Buschpiloten von Eros

  4Khomas-Hochland

  5Okahandja

  6Erongo

  7Spitzkoppe

  8Jagdfarmen

ETOSHA

  9Der Waterberg

10Tsumeb / Grootfontein

11Etosha-Pfanne

12Onguma Game Reserve

13Ongava Game Reserve

14Ovamboland

DAMARALAND

15Damaraland

16Brandberg Nature Reserve

17Twyfelfontein

18Palmwag

SKELETTKÜSTE

19Swakopmund

20Atlantisch golfen

21Walvis Bay

22Henties Bay und Cape Cross

23Skeleton Coast

24Hoanib Skeleton Coast Camp

25Skeleton Coast Safaris

KAOKOVELD UND HIMBALAND

26Kaokoveld

27Purros

28Serra Cafema

29Epupa und Ruacana Falls

DIE NAMIB

30Über die Pässe zur Namib

31Namib Naukluft Park

32Sossusvlei

33Im Ballon über der Wüste

34NamibRand Nature Reserve

35Gondwana Desert Collection

DIAMANTKÜSTE/LÜDERITZBUCHT

36Lüderitzbucht

37Hochkarätig: Das Sperrgebiet

38Kolmannskuppe

39Die Wildpferde von Garub

40Bethanien – Schloss Duwisib

KALAHARI UND CO.

41Stampriet

42Keetmanshoop

43Fish River Canyon

44Gondwana Canyon Park

45Cape Namibia Route

CAPRIVI UND GRENZGEBIET

46Rundu und Okavango

47Zambezi

48Vierländereck

49Von Kasane ins Delta

50Victoriafälle

REISEINFOS

Namibia von A bis Z

Kalender

Register

Impressum

MEHR WISSEN

Die afrikanische Seele der Hauptstadt

Trophäentiere der Großwildjäger: Big Five

Die Kultur der Damara

Adrenalinsport zwischen Swakop und Walvis

Letzte Krieger der Wildnis

Sehnsuchtsziel Safari

Exotisch: Namibias Flora und Fauna

Kaza: Naturschutz für fünf Länder

MEHR ERLEBEN

Namibia auf eigene Faust

Vom Glück, in Namibia zu leben

Namibia für Kinder und Familien

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Spannend: Bootsafari auf dem Kwando River nahe der Lianshulu Lodge.

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Geniales Kaffeehaus mit Kuchentheke und kolonialem Touch in Lüderitz

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Bildschön im Licht: der Köcherbaum, der als Aloeart eigentlich gar kein Baum ist.

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Im Bwa-Bwata-National Park sind grauenerregende Krokodile ziemlich alltäglich.

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Herero-Frau mit Kind in traditionellem Putz und mit typischer Kopfbedeckung

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Der Fischfluss, der Namibias grandiosen Fish River Canyon seinen Namen gibt.

DAS SOLLTEN SIE SICH NICHT ENTGEHEN LASSEN

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Nichts toppt diese Schönheit, wenn die Sonne sich über der Savanne senkt.

image Windhoek (S. 32)

Die namibische Hauptstadt steht schon deshalb auf der Liste, weil sich das gesellschaftliche und kulturelle Leben des Landes beinahe ausschließlich in dieser einzigen Urbanität abspielt. Und weil es drei richtige Burgen gibt und Joe’s Beerhouse, dazu altkoloniale Geschichte und Architektur und – etwas außerhalb – die Township Katutura, wo die afrikanische Seele pulsiert.

image Waterberg Plateau Park (S. 62)

Auf der Strecke von Windhoek zur Etosha-Salzpfanne ist ein Abstecher in den Waterberg Plateau Park eine Option: Namibias Ayers Rock erhebt sich bis auf über 200 Meter aus der Ebene, die »Beletage«-Plattform oben misst ca. 50 Kilometer Länge und bis zu 20 Kilometer Breite. Mit seiner dichten Vegetation ist das Waterberg Plateau ein Tierparadies und ein Ziel für Hiker, die dort den Waterberg Wilderness Trail gehen.

image Etosha National Park (S. 74)

Das namibische Dschungelbuch findet in der Etosha statt, Big Five inklusive, und das Motto in der Salzpfanne heißt »warten«: an einem der zahlreichen Wasserlöcher, die Wildtiere während der Trockenzeit magnetisch anziehen. Selbstfahrer erschließen sich ihre Safari auf gut gekennzeichneten Pisten, sehr historisch lässt es sich in den staatlichen Lodges Namutoni, Halali und Okaukuejo innerhalb des Parks übernachten.

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Prächtige Gründerzeit-Architektur in Swakopmund: Hohenzollernhaus, Baujahr 1906.

image Jugendstilperle Swakopmund (S. 114)

Allgegenwärtig ist das Erbe der Wilhelminischen Epoche, die dem begehrten Seebad am Atlantik sein historisches Stadtbild verschafft mit der Bismarckstraße, der Bergstraße, der Bäckerstraße, seinem Hansa-Hotel, Baujahr 1905, und natürlich seinem rot-weißgekringelten Leuchtturm. Bombastisch kommt die Architektur des Alten Bahnhofs daher, in dem heute das feine Swakopmund Hotel residiert.

image Marienflusstal, Zebra- und Hartmannsberge (S. 151 und 162)

Frappierende Landschaften füllen das nordwestliche Kaokoveld. Vom Hartmann Valley Airstrip geht es noch eine Stunde per Landrover offroad durch eine obskur schöne Welt aus zersägten Bergketten und gewaltigen Sandpaketen, mit Blick auf die 2000 Meter hohen Cafema Mountains jenseits des Kunene River an der angolanischen Grenze. Hier, im nordwestlichen Kaokoveld im Land der Himba hält den besten Spot die Serra Cafema Lodge besetzt.

image Sanddünenmeer Sossusvlei (S. 176)

Das touristische Herz der Namib heißt Sossusvlei, mit seinen bis zu 388 Meter hohen Dünengipfeln ist es Namibias beliebtestes Ausflugsziel. Die schönste und kühlste Zeit ist das Sonnenaufgangsspektakel, wenn das sanfte Licht nicht nur Fotografen mit weichem Sandformenspiel begeistert, Sunset-Motive werden durch Schwitzen erkauft. Die Prachtexemplare Big Daddy und Big Mama zählen zu den beeindruckendsten Sanddünen der Welt.

image NamibRand Nature Reserve (S. 186)

In einem der landschaftlich reizvollsten Gebiete gleich neben dem Namib Naukluft Park hat der deutschstämmige Südwestafrikaner Albi Brückner durch Aufkäufe unrentablen Farmlands die NamibRand Private Reserve zusammengestückelt und mit den Lodges und Camps der Wolwedans Collection ein exklusives Halbwüsteneldorado für exotische Wildtiere und anspruchsvolle Safarigäste geschaffen.

image Sperrgebiet Rand Park (S. 202)

Zur Klein-Aus Vista Lodge zählen die Geisterschlucht und sieben natursteinerne Chalets, die sich sieben Kilometer von der Hauptlodge entfernt im Gebirgsland verstecken. Das Erwachen in diesen verwunschenen Eagle’s-Nest-Domizilen ist mit berauschenden Ausblicken auf die Tiefebene so außerirdisch wie der blutrote Sunset am Abend zuvor, und es wird schwer, sich aus diesem Traum zu lösen.

image Lüderitzbucht und Kolmanskop (S. 196 und 210)

Die Stadt der Diamantenbarone schmückt sich mit prächtigen Jugendstilbauten in der Bergstraße, der Kirchstraße und der Hohen Straße, mit der Turnhalle des Männerturnvereins Lüderitzbucht, dem Lesesaal und Kapps Konzert- und Ball-Saal, Baujahr 1907. In der benachbarten Jugendstilfabrik Kolmanskop, immer noch Diamantenmine, zugleich viel besuchtes Freilichtmuseum sowie Drehort zahlreicher Filme, werden alte Zeiten wieder lebendig.

image Fish River und Canyon Park (S. 232)

Mit über 500 Metern Tiefe und 161 Kilometern Länge ist der Fish River Canyon der zweitgrößte der Welt nach dem Grand Canyon und zählt zu den besonderen Attraktionen im Südlichen Afrika. Unmittelbar daneben liegen die Domizile der Gondwana Canyon Lodges, eine Oase zwischen Fels und Sand inmitten der Wüste.

image Caprivi (S. 248)

Mit seinen Nationalparks Bwabwata, Mudumu und Mamili kann die Caprivi-Provinz Zambezi mit tropischen Feuchtgebieten, Flusspferden, Krokodilen, Hunderten Vogelarten und natürlich den Big Five nur so protzen. Im Gegensatz zu den ariden Landesteilen Namibias explodieren Flora und Fauna: Wasser und Weidegründe existieren im Überfluss, imposante Papyrusstauden und Galeriewälder säumen die Flussufer.

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Birdwatcher kommen bei Namibias exotischer Vogelwelt voll auf ihre Kosten.

WILLKOMMEN IN Namibia

Als wäre die Zeit nicht vergangen, führt das Land mit einer Vielzahl exotischer Darsteller ein einzigartiges Bühnenstück auf: Schier unglaublich sind Namibias Kompositionen schnell wechselnder Farben, wenn der Sonnenball sinkt. Brillant der Schein funkelnder Sterne, wenn der Mond auf seine Reise über Namibias Wüsten geht. Die Horizonte sind hier, im ehemaligen Deutsch-Südwest, unendlich. Sie spannen sich über grandiose Landschaften, die statistisch gesehen eigentlich nur Flora und Fauna kennen.

Namibias Pfründe sind seine unermesslichen Naturräume. Seine unendlichen Weiten, aus denen sich bizarre Felsgebirge erheben, aus der Ebene steigende Ayers-Rock-Formationen sowie Hügel- und Berglandschaften in den vielfältigsten Formen. Zum Beispiel das Brandbergmassiv, das als eines der großen namibischen Naturwunder besonders dann fasziniert, wenn sein 2573 Meter hoher Königsstein in der untergehenden Sonne aufglüht. Vielleicht nannten ihn die Herero deshalb den »Berg der Götter«. Viele der geografischen Erhebungen (Gamsberg, 2347 m, Hohenstein, 2319 m oder die Fahle Kuppe, 1723 m) erinnern mit ihren Namen an vergangene Zeiten.

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Felsklötze nahe des UNESCO-Welterbes Twyfelfontein im Herzen des Damaralands

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Die prachtvoll gekleidete Herero-Dame stammt aus der Kunene-Region.

Ein menschenleeres Land

Wobei die Liste namibischer Naturphänomene ziemlich lang ist. Dazu gehört eine der trockensten Wüsten der Welt, die Namib, mit ihren gewaltigen Sanddünengebieten, der Fish River Canyon als zweitgrößter der Welt sowie Hochebenen, Dschungelflüsse, Salzpfannen und endlose Küsten – completely untouched. Zweieinhalbmal so groß wie Deutschland ist das ehemalige Deutsch-Südwest, hat aber kaum mehr Einwohner als Hamburg und deshalb nur zweieinhalb pro Quadratkilometer. Die Entfernungen sind beträchtlich in diesem praktisch menschenleeren Territorium der Löwen, Elefanten, Leoparden und all der anderen Exoten aus dem Dschungelbuch, weshalb zahlreiche Charter-Airlines als Fly-in in Namibias Weiten starten. Los geht es auf Windhoeks Domestic Airport Eros. Quasi nonstop werden hier die Ein- und Zweipropellermaschinen beladen, die neben der Runway parken. Dann geht es ab in den Himmel über der Wildnis. 300 Flugkilometer sind es bis zu den Pisten des Etosha-Nationalparks. Der »Ort des trockenen Wassers«, wie die 5000 Quadratkilometer große Salzpfanne in der Sprache der Ovambo heißt, fängt die Abflüsse des Okavango im Osten und des Ekuma und Oshigambo im Norden auf. Meist ist sie komplett ausgetrocknet und wird nur für kurze Zeit im Jahr zu einer wassergefüllten Lagune. Dann verwandelt sich die salzige Ödnis in ein Paradies für Flamingos und Pelikane.

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Unberührte Natur: Die unermessliche Schönheit der Weite im Skeleton Coast National Park

Der Ort, an dem nichts ist

Seit 1968 nennt sich das ehemalige Deutsch-Südwestafrika Namibia, was in der Nama-Sprache so viel bedeutet wie »Der Ort, an dem nichts ist«. Der grenzt im Süden an Südafrika, im Norden an Angola, im Osten an Botswana und mit seiner nordöstlichen Ausstülpung, dem Caprivi-Zipfel, an Simbabwe und Sambia. Die Längsausdehnung zwischen dem Oranje River im Süden und dem Kunene an der Nordgrenze zu Angola misst 1280 Kilometer. Vom Sambesi im östlichen Teil des Caprivi bis zum Atlantik im Westen sind es ein paar Hundert mehr. Durch diese Unermesslichkeit heiß gebackenen Landes treiben Flüsse, wenn sie denn fließen, als lebenssichernde Arterien. Dabei bringen es der Fish River, der Nossob, der Olifants River, der Oranje und der Okavango jeder für sich auf viele Hundert Kilometer. Nicht alle verfrachten ihr sonnengewärmtes Nass in den eiskalt-verfrorenen Atlantik. Manche versickern auf dem Weg dorthin oder zu anderen großen Flüssen komplett im Nirgendwo. Einer bringt mit seinen Fluten das lebhafteste und größte Tierparadies der Welt auf die Beine – im aquatischen botswanischen Kulminationspunkt, dem Okavango-Delta.

Die Kurven der Namib

Auf der Liste namibischer Phänomene stehen auch die rotsandfarbenen Dünen des Namib Naukluft Park, die sich von einem Moment auf den anderen in die für Sanddünen befremdliche Farbe Grün wandeln können: wenn Regenfälle, die selten genug sind, einen kraftvoll sprießenden Pflanzenteppich für kurze Zeit auf die windgestylten Sandberge der Wüste zaubern, was nicht nur Fotografen komplett aus dem Häuschen bringt. Nur aus der fliegenden Perspektive lassen sich die sandigen Dünengebirge der Namib in ihrer ganzen Schönheit begreifen; unter der Cessna zieht Walvis Bay vorbei, Namibias umtriebige Hafenstadt, die 30 Kilometer südlich von Swakopmund liegt. Danach The Falling Dunes, gewaltige Sandfelder, die steil zum Atlantik abbrechen, bevor das erste Schiffswrack, die »Shaunee«, in Sicht kommt. Im Tiefflug geht es dann über die »Edward Bohlen« hinweg, die 1909, beladen mit Whisky und Trinkwasser, hier auf Grund lief. Danach dreht die Maschine mit Kurs auf die Wüste ab. Hier und da ragen Überreste von Diamantencamps aus dem Sand, Häusergerippe und Hütten. Verloren steht ein Ochsenkarren im Nirgendwo. Zunehmend färben sich die Sandgebirge rot und die Namib (mit 20 Millionen Jahren die älteste Wüste der Welt) breitet sich bis zum Horizont aus mit endlosen Dünengebieten in weich gezeichneten Mustern. Im Herzen der Namib liegt das Sossusvlei, mit bis zu 388 Meter hohen Dünengipfeln Namibias beliebtestes Ausflugsziel.

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Alltägliche klimatische Extreme, erst sengende Sonne, dann grollendes Unwetter

Verrückt spielt das Wetter

Über die Hälfte des Landes gilt als aride oder sehr trocken, wobei der durchschnittliche Jahresniederschlag an der Küste mit 10 mm an der Grenze zum Nichts liegt, im feuchteren Nordosten bei 700 mm, im Landesdurchschnitt bei mageren 270 mm. Die meisten Regenmengen fallen zwischen Dezember und März, also im Jahreszeiten-verdrehten namibischen Sommer, den heißesten Monaten. Dann treibt es die Städter aus Windhoek mit Vorliebe an die kühlende Brandung der Küstenenklaven Swakopmund und Walvis Bay zur erfrischenden Seebrise. Eine klimatische Kapriole bietet dagegen der namibische Winter, den Europäer bei trockener Luft und Tagestemperaturen um die 25 Grad als herrlich sommerlich empfinden, während nachts die Temperaturen leicht auf unter null absinken können und ein kräftiges Väterchen Frost zu Besuch kommen kann.

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Auf anderthalbtausend Kilometer zieht sich die Skelettküste am Atlantik entlang.

Temperaturspiele sind namibische Spezialität. Harsch sprang die unerbittliche Natur früher mit Schiffbrüchigen um, die es durch die eiskalten Fluten des antarktischen Benguelastroms bis zu den Stränden der Skeleton Coast geschafft hatten. Es dauerte nicht lange, bis den gerade Geretteten dämmerte, dass hinter dem schmalen Küstenstrich das entgegengesetzte Extrem wartete, nämlich die vollkommene Wasserlosigkeit. Nun stand für die Seeleute nicht mehr Erfrieren oder Ertrinken auf dem Programm, sondern Verdursten, falls sie nicht vorher ein gnädiger Hitzschlag ereilte.

Wie frappierend Namibias kuriose Wettergeschichten sind, lässt sich auf der Hafenmole Swakopmunds am allerbesten beobachten. Wer dort in wohliger Sonnenwärme die Kontraste des rot-weiß gekringelten Leuchtturms im Azurblau eines wolkenlosen Himmels bewundert, wird sich wundern, wenn er sich auf die nächste Sekunde an einem Ort findet, wo gar nichts mehr ist: Dicht gewebte nordfriesisch anmutende Nebelschwaden lassen blitzschnell erst die oberen Leuchtturmkringel verschwinden, danach Swakops Hafenbecken und spielende Robben, zuletzt die eigenen Füße. Kühle zieht auf und es folgt der tastende Griff nach dem Pullover. Was für ein filmreifes Stück, inszeniert von Wüste und Atlantik, deren heiße und kalte Luftmassen an der Küstenlinie aufeinanderprallen, was in der Geschichte der stark befahrenen Wasserstraße zwischen Kap und Europa für zahlreiche Schiffe das Ende bedeutete. Während der Sommer Tagestemperaturen schnell über 30 Grad treibt (in der Namib-Wüste auf 45 Grad und mehr), lassen sich an feinsandigen Stränden nur selten Badewillige finden. Bei extremer Hitze über der Landmasse bleibt der Atlantik durch den eisigen Benguelastrom kalt.

Maßlose Schönheit

Ein Großteil des namibischen Staatsgebiets ist Hochland. Die meisten Siedlungen befinden sich auf durchschnittlich 1400 bis 1800 Meter. Der etwas feuchtere Norden reicht gerade mal für die Viehzucht, im trockneren Süden schaffen es nur noch die Schafe. Im Osten flacht das Land bis auf 1000 Meter über dem Meeresspiegel ab, bevor es in die Kalahari-Wüste übergeht. Im Westen begrenzen bizarre Gebirgsketten die weiten Ebenen der Namib. Man stelle sich vor, ein Land, eingeklemmt zwischen zwei beinharten Wüsten! Skurrile Bilder entfalten sich dort, wo Inselberge und Felskuppeln trostlose Flächen mit Schattenwürfen ausschmücken und im frühen und späten Tageslicht eine landschaftliche Zauberwelt schaffen. So ist es mit dem »Ort, an dem nichts ist«: Die Natur in diesem riesigen Land spielt ihr Stück wie seit Tausenden Jahren. Der Mensch bleibt in Relation zur Fläche eine Randerscheinung und der zerstörerische zivilisatorische Prozess aufgrund beinharter und wenig ausbeutungsfreundlicher Bedingungen als verlangsamte Maschinerie weit hinter dem globalen Durchschnitt zurück.

Namibias tierische Exoten

Auch deshalb ist der »Ort, an dem nichts ist« ein praktisch menschenleeres Territorium. Zahlreich sind afrikanische Wildtiere hier vertreten: Giraffen und Geparde, Wüstenluchse und Wildhunde, Tüpfelhyänen und Schakale, Stachel- und Warzenschweine, Paviane, Honigdachse, Ameisenbären und die gemütlich wirkenden Flusspferde, die unberechenbare und gefährliche Angreifer sein können. Allgegenwärtig sind rund 30 Antilopenarten, darunter die prächtig gehörnte Oryx- und die Rappenantilope. Zuweilen zeigen sich sehr seltene oder auch endemische Tierarten, die ausschließlich die spezifische Umwelt Namibias zustande gebracht hat. So das Hartmann-Bergzebra, von dem es gerade noch 13 000 Exemplare gibt, die vom Aussterben bedrohte Damara-Seeschwalbe oder die Sandechse, die problemlos im Wüstensand taucht und schwimmt.

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Raubtier, nicht Schmusekatze: Geparden zählen zu den schönsten und schnellsten.

Die namibischen Rangern und Fährtenlesern am häufigsten gestellte Frage zielt auf die Existenz von Schlangen, die hier besonders vielgestaltig sind und in über 70 Arten auftreten. Zu den giftigsten zählen die gehörnte Puffotter, drei verschiedene Formen der Speikobra, viele Sandschlangenarten, die Grüne und die Schwarze Mamba sowie neben vielen anderen die Zebra- und die Baumschlange. Wer es in der Kategorie der Reptilien etwas größer mag: In den Flüssen des Nordens tummeln sich zahlreich bis zu sechs Meter lange Nilkrokodile. Fernglasbewehrte Ornithologen gehen nicht nur wegen Sekretären, Flamingos, Pinguinen, Riesentrappen, Adlern, Geiern, Marabus und bunt schillernden Enten- und Gänsearten auf Beobachtungstour. Von 887 geschützten Vogelarten des Südlichen Afrikas stehen zwei Drittel auf der namibischen Liste, elf Arten gelten als endemisch, manche sind prominent: Der afrikanische Fischadler hat es ins namibische Wappen geschafft, der emsige Webervogel, der seine kugeligen Hängenester baut und in Kolonien lebt, ziert jeden Namibia-Bildband. So vielfältig Namibias Fauna auch ist, natürlich stehen The Big Five – die begehrten Trophäentiere der einstigen Großwildjäger – Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard – auf der Skala der Attraktionen ganz oben.

Ökosysteme und Artenvielfalt

Tierbeobachter kommen im ariden Klima generell auf ihre Kosten, besonders, wenn die Trockenperioden sich zuspitzen. An den noch Wasser führenden Tränklöchern scharen sich dann die Wildtiere in einer unglaublichen Vielfalt. Zu danken ist ihr Artenreichtum mutigen Tierschützern, die sich schon frühzeitig für die exotische Fauna und deren Erhalt engagiert haben. Namibias bekanntestes Tierreservat, der Etosha National Park, existiert schon seit über 100 Jahren. Wenngleich die namibische Verfassung festschreibt, dass der Staat mit seiner Politik Ökosysteme und Artenvielfalt als Erbe der Menschheit zu bewahren hat, stellt sich diese Aufgabe im Wechselspiel der Interessen nicht einfach: Allein die Wirtschaftssektoren Fischerei, Bergbau und Landwirtschaft erbringen einen Großteil des Bruttosozialprodukts. Dazu zählt der »Ort, an dem nichts ist« zu den größten Diamantenproduzenten der Welt, gefördert werden aber auch Bodenschätze wie Zinn, Kupfer, Uran, Blei und Zink, die unter ihm schlummern. Zudem kursieren im Volk Gerüchte über Erdgas- und Erdölvorkommen vor Namibias Küsten. Trotz knallharter Wirtschaftsinteressen ließen sich die Naturschutzgebiete des Landes mit 22 Nationalparks auf 17 Prozent der Gesamtfläche ausweiten, was über ein Drittel der Bundesrepublik Deutschland entspricht.

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Der Ephippiorhynchus senegalensis (Sattelstorch) zeigt stolz seinen Schnabel.

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Springendes Löwenfutter: Athletische Antilopen müssen allzeit sehr wachsam sein.

Renaturierung und Tierschutz

Sie sind zahlreich, die Beispiele engagierter Naturschützer, die erfolgreich auf Rückwärts an der Zivilisationsschraube drehten, um der modernen Welt kostbare Wildnis wieder abzuringen, die im Strudel der Geschichte unterging. Die NamibRand Nature Reserve ist so entstanden, dreimal so groß wie der Bodensee und das Lebenswerk des deutschstämmigen Albi Brückner. Auch der Gondwana Canyon Park am Fish River, den der Namibier Mannfred Goldbeck aus aufgekauftem Land von Wildtieren komplett entleerter Schaffarmen zusammenstückelte, um es zu renaturieren und als Ganzes der heimischen Tierwelt zurückzugeben. Heute gibt es ein Dutzend solcher ehemaligen Farmbetriebe mit Arealen von der doppelten Fläche des Bodensees. 500 Kilometer Zäune mussten dafür weichen und jede Menge Gnus, Nashörner, Antilopen und Giraffen importiert werden.

Natürlich verbraucht der Wiederaufbau solcher Gebiete substanzielle Mittel, allein der Ankauf von Nashörnern und Giraffen kostet viel Geld. Weshalb der Reisemarkt mit zahllosen Lodges und Camps mit Naturschutzprojekten wie diesen untrennbar verbunden und eine nachhaltige Entscheidung für den namibischen Naturschutz ist. Er sichert nicht nur den Wildtieren die Existenz, sondern schafft auch Arbeitsplätze für die Menschen. Nachhaltigkeit im Sinne einer Renaturierung von Farmland nehmen auch die nicht wenig umstrittenen namibischen Jagdfarmen für sich in Anspruch, deren Areale erst durch weiße Einwanderer mittels Vieh- und Schafszucht kultiviert und als Lebensraum für die Wildtiere zerstört worden sind, jetzt aber wilden Spezies wieder eine Heimat bieten. Hier schließt sich der Kreis: In dem Land, in dem nichts ist, geht das Werk der frühen Siedler Südwests in etwas Neuem auf: »Altes Land des Anfangs, werde wieder jung und wachs und blüh! Wer so alt ist wie die Erde, der ist auch so jung wie sie.« (James Krüss, Südwestafrika)

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Dickhäuter gelten als freundlich, solange man ihnen nicht zu nahe kommt.

Die Diamanten des Kaisers

Nur ein Meilenstein in der Geschichte war, was Ende des 19. Jahrhunderts in Lüderitzbucht begann. Dennoch sorgten zwei Schicksalsfügungen für eine Zeitenwende, die das bis dahin weitgehend archaische Land auf einen Schlag in die Moderne katapultierte: der Anmarsch der Deutschen, deren Kaiser sich ein Sahnestück vom kolonialen Kuchen abzuschneiden gedachte, sowie die beinahe zeitgleiche Entdeckung von Diamanten. Letztere sind immer noch da und erwirtschaften einen nicht unbeträchtlichen Anteil des Staatshaushalts: Namibias Diamantenproduktion steht weltweit an fünfter Stelle, die größte Minengesellschaft des Landes, die Namdeb Diamond Corporation, beschäftigt über 3000 Menschen.

Die Ära der Deutschen währte hingegen nur kurz: genau von 1883, als Heinrich Vogelsang im Auftrag von Lüderitz die deutsche Flagge aufzog, bis 1915. Da kam sie, nach der Kapitulation der Deutschen Schutztruppe, auch schon wieder herunter. Allerdings stellten die drei Jahrzehnte das damalige Südwestafrika nachhaltig auf den Kopf. Dazu zählen die Vernichtungsfeldzüge eines Generals von Trotha gegen die Völker der Nama und Herero (die über 100 Jahre später ihre Entschädigungsforderungen im Berliner Kanzleramt vorbringen) ebenso wie der Bau von Straßen, Brücken und Bahngleisen, auf denen auch heute noch Zugwaggons rollen. Denn die Kaiserdeutschen brachten wirtschaftlichen und technischen Fortschritt mit und die ersten Vorboten hochmoderner Business-Standorte aus Marmor, Spiegelglas und Edelstahl, die das moderne Windhoek heute mitprägen, vor allem aber eine feine Architekturansammlung, die Besucher magnetisch anzieht und dem Reisesektor hilft, der 20 Prozent der Wirtschaft ausmacht. Gerade Deutsche zieht Namibia an, das mit Jugendstil, Kirchbauten, deutschen Buchhandlungen, der Allgemeinen Zeitung und nach deutschem Reinheitsgebot gebrautem Bier aufwarten kann. Der gesellschaftliche Input deutschstämmiger Namibier, deren verbliebene Zahl mit ca. 20 000 beinahe gegen null geht und weniger als ein Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht, ist in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht immer noch sehr groß. Abgesehen von den Staatsunternehmen, befinden sich nicht selten Deutschstämmige an der Spitze namibischer Firmen.

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Koloniales Relikt in der verlassenen Diamantenstadt Kolmannskuppe

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Touren durch Windhoeks Township Katutura sollte man hungrig angehen.

Relikt der Apartheid

Ein Muss ist der Besuch von Windhoeks Township Katutura, die sichtbarste Hinterlassenschaft der südafrikanischen Besatzungszeit mit ihrer menschenverachtenden Apartheidpolitik, die von 1920 bis zur Unabhängigkeit 1990 währte. Groß angelegte Umsiedlungsaktionen sollten Nichtweiße in diese Location für Einheimische bringen. Am 10. Dezember 1959 protestierten mutige Schwarze gegen die Umsiedlungsmaßnahmen und wurden von der südafrikanischen Polizei brutal zurückgedrängt. Die kaltblütige Erschießung von 13 Demonstranten zog damals die Gründung der namibischen Unabhängigkeitsbewegung South West African People’s Organisation (SWAPO) nach sich. Bei den Protestaktionen war auch Sam Nujoma zugegen, der spätere Führer der SWAPO, der 1990 zum ersten Präsidenten des unabhängigen Namibia gewählt wurde. Das Apartheidrelikt Katutura ist den Windhoekern geblieben. Ein Besuch dort ist ebenso ein Kontrastprogramm wie eine Zeitreise zu den zahlreichen altkolonialen Architekturdenkmälern des ehemaligen Deutsch-Südwest.

Urbane Schätze

Einige der hübschen Kirchen Namibias sind zu Nationalmonumenten erklärt worden, auch das Wahrzeichen Windhoeks, die 1910 von Gottlieb Redecker entworfene Christuskirche. Die kunstvoll farbverglasten Fenster wurden in Nürnberg gefertigt und von Kaiser Wilhelm II. gespendet. Die Altarbibel steuerte Ehefrau Augusta bei, die Orgel stammt aus Ludwigsburg, das Geläut aus der Glockengießerei Franz Schilling in Apolda. Nachts steht sie unwirklich märchenhaft hoch oben über der Hauptstadt zwischen Palmen im Flutlicht! Swakopmund hat seinen 21 Meter hohen rot-weiß gekringelten Leuchtturm, der dem beliebten Seebad sein nordfriesisches Ambiente verschafft, und die evangelisch-lutherische Kirche in der Poststraße, Baujahr 1912. Lüderitz’ Felsenkirche thront imposant auf dem Diamantenhügel, Architekt Walter Bause konnte mit privaten Spenden aus Deutschland den Kirchenbau 1911 in nur einem Jahr vollenden. Unter den Geldgebern war Kaiser Wilhelm II., der die bleiverglasten Chorfenster über dem Altar stiftete, Gattin Augusta blieb bei der obligatorischen Bibel. Die Liste der Hinterlassenschaft deutscher Missionsgesellschaften ist lang: Dazu zählt die von der Rheinischen Mission 1872 erbaute Friedenskirche in Okahandja, heute Nationaldenkmal, ebenso wie die ehemalige Missionskirche aus dem Jahr 1895 in Keetmanshoop, die jetzt als Museum dient.

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Allerorts im Straßenbild zu entdecken: Herero-Frauen in landestypischer Tracht

Boomender Reisemarkt

Tatkräftig helfen die prachtvollen Jahrhundertwendepaläste aus der Gründerzeit heute mit, einen stetig wachsenden Reisemarkt zu befeuern, der sich außerordentlich positiv ins Bruttosozialprodukt einbringt. Ein PR-Geschenk des Himmels waren die beiden Superstars Angelina Jolie und Brad Pitt, die 2006 ausgerechnet den »Ort, an dem nichts ist« zum Geburtsort ihrer Tochter erwählten. Das Medienereignis zog zahllose Fotostrecken und Filmberichte über die Hollywood-Beauties nach sich und präsentierte aller Welt die Schönheiten des Landes. Der Erfolg der glücklichen Fügung ließ nicht lange auf sich warten: Von beinahe anderthalb Millionen internationalen Besuchern kommen ca. 20 Prozent aus Europa, darunter die Hälfte aus dem deutschsprachigen Raum. Der Stellenwert des wachsenden Reisesektors ist beträchtlich, weshalb die namibische Regierung einen weiteren Ausbau der touristischen Infrastruktur betreibt. Die darf jetzt schon als hervorragend gelten: Zahlreiche Flugverbindungen, ein gut ausgebautes Straßennetz, Übernachtungsmöglichkeiten vom Campingplatz über Wildlife Lodges unterschiedlichster Standards bis hin zum Schlosshotel machen die Erschließung der 23 staatlichen Nationalparks und Schutzzonen sowie über 150 privater Game Reserves zu einem kalkulierbaren afrikanischen Abenteuer.

Und was gibt’s zu essen?

Krokodilshäppchen, frische Austern, Schwarzwälder Kirschtorte! Drei Jahrzehnte deutscher Kolonialherrschaft haben dem modernen Namibia auch Eisbein mit Sauerkraut hinterlassen. Immer noch wirken Omas altdeutsche Kochbücher nebst Rezepten für feine Bäckerei- und Konditoreiwaren nach. So gehören Bienenstich, Sachertorte und Apfelstrudel ebenso zum gastronomischen Alltagsgeschäft wie Jägerschnitzel mit Bratkartoffeln. Straußencarpaccio hingegen oder Straußenfilet auf würziger Merlotsoße treffen schon eher die Geschmacksnerven von Feinschmeckern – und wie erst Krokodilshäppchen vom Grill oder Springbockrücken mit Kräuterkruste in Portwein! Unschwer zu erraten ist, dass im Land der Jäger und Sammler – auch der Großwildjäger und Jagdfarmen, die gesetzlich streng geregelten Abschussquoten unterliegen – Fleisch, ganz besonders Wildfleisch, als vollbiologisches Produkt an erster Stelle in der landestypischen Küche steht, weshalb Filets von Kudu, Oryx- und Elenantilope, Springbock, ja, selbst Zebrafleisch zu den Selbstverständlichkeiten gehobener Speisekarten gehören. Zum Testen für Einsteiger wäre ein Buschmannspieß aus Perlhuhn, Krokodil, Strauß, Zebra und Kudu vielleicht das Richtige.

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In Katutura gibt es traditionelle Speisen wie Mopane-Raupen und Smiley (Schafskopf).

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Körnerbrötchen oder Sauerteig? Kein Problem in Swakops deutscher Bäckerei

Gemüse und Fisch

Auch vegetarisch orientierte Genießer müssen nicht darben – mit Salaten, Obst und Gemüse versorgt sich die namibische Küche täglich durch Importe aus Südafrika. Aber nicht ausschließlich: Grüner Spargel, der im Swakopmunder Brauhaus zusammen mit Kartoffelpüree auf den Tisch kommt, wird im Flussbett des Swakop River gestochen. Trüffel-Delikatessen gedeihen im Kalahari-Sand und werden von den namibischen Buschleuten, den San, geerntet, um als Omelett mit Kalahari-Trüffeln, Trüffelsuppe oder als hausgemachte Tagliatelle mit cremigem Trüffelragout zu brillieren. Und dann der fangfrische Fisch: Bei anderthalbtausend Kilometern Küstenlinie werden Liebhaber von Kingklip, Kabeljau, Lachs, Schwert- und Butterfisch, Hai sowie von Meeresfrüchten – hervorragend bedient, wobei Lüderitz für die qualitätsstärksten Austern steht.

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Lecker Essen: Es müssen ja nicht gleich Mopane-Raupen oder geröstete Termiten sein.

African Style

Natürlich hat das moderne Namibia auch Fast-Food-Ketten zu bieten und vermehrt breiten sich via Südafrika asiatische Einflüsse aus. Von dort stammt die burisch inspirierte Boerekoos, leckere Potjiekos (Eintöpfe) gehören dazu, die im dreibeinigen gusseisernen Topf über dem offenen Feuer gegart werden. Mit Gerichten aus wild wachsendem würzig-scharfen Spinat mit Rindfleisch nach Oshiwambo Art, Oshifima (Mahangu-Hirsebrei), Oxuxwa (gegrilltes Hähnchen) sowie Mealie Pap (Maisbrei) schafft sich die namibische Küche African Style ihre Liebhaber. Wobei es beim Probieren der Landesküche ja nicht gleich Omaungu sein muss, die bei afrikanischstämmigen Namibiern beliebte, proteinreiche Spezialität aus Mopane-Raupen. Gebraten und mit Chili und Zwiebeln oder in Tomatensoße schmecken die wirklich gut, müsste man beim Essen nur nicht immerfort an sie denken. Experimentierlust erfordert die namibische Delikatesse Smileys: über offenem Feuer gekochte Ziegenköpfe, die zu grinsen beginnen, sobald das Gesichtsmuskelfleisch weich wird. Da hilft nur noch ein frisch gezapftes Hansa-Pils oder ein Windhoek Lager aus der 1920 von Carl List und Hermann Ohlthaver gegründeten Südwestbrauerei (SWB), die heute Namibia Breweries Ltd. heißt.

Steckbrief Namibia

Lage: Südwestlicher Teil im Südlichen Afrika

Name: Republik Namibia

Fläche: 824 292 km2

Einwohner: 2,2 Mio., 2,4 EW/km2

Hauptstadt: Windhoek

Größere Städte: Swakopmund, Lüderitz, Walvis Bay, Tsumeb, Okahandja

Nachbarländer: Angola, Botswana, Simbabwe, Sambia, Südafrika

Flagge:

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Sprache: Große Sprachenvielfalt aus 11 verschiedenen traditionellen Sprachen und 26 Dialekten, dazu kommen Afrikaans, Deutsch, Englisch (Amtssprache) sowie 29 andere Stammessprachen. Vor allem im Tourismus ist Deutsch eine wichtige Verkehrssprache.

Währung: Namibia-Dollar (N$), südafrikanischer Rand (ZAR) wird 1:1 akzeptiert.

Zeitzone: MEZ bzw. MESZ – 1 Std. (im europäischen Sommer müssen die Uhren in Namibia um 1 Std. zurückgestellt werden)

Landesvorwahl: 00264 (Notruf im Land: 101 11)

Geografie und Klima: Inlandsplateau mit beeindruckenden Bergen über 2500 m, im südlichen Landesteil trocken-heiße Namib- und Kalahari-Wüste, im Westen 1500 km kühle Atlantikküste, zur Grenze Angolas tropisches Klima wie auch im 450 km langen Caprivi-Streifen

Flüsse: Kunene, Okavango, Oranje

Staat und Verwaltung: Präsidialdemokratie, deren Staatsoberhaupt alle fünf Jahre gewählt wird, Regierungs- und Parlamentssitz ist Windhoek

Wirtschaft und Tourismus: Neben dem Bergbau mit Diamanten, Uran und anderen Rohstoffen ist der Tourismus mit einer Million Besuchern der zweitwichtigste Wirtschaftszweig. An dritter Stelle rangieren Landwirtschaft und Fischerei.

Religion: 87 % Christen, davon 50 % Lutheraner, 20 % Katholiken, 10 % Niederländische-Reformierte und Anglikaner, Rest traditionelle afrikanische Religionsgemeinschaften

Bevölkerung: Vielvölkerstaat unter anderem aus San, Damara, Ovambos, Kavangos, Herero, Himba, Caprivianer, Rehobother Baster und Weißen

Geschichte im Überblick

1486   Der portugiesische Seefahrer Diogo Câo erreicht als erster Europäer Cape Cross, 1488 Bartolomeu Diaz Lüderitzbucht. Im 15./16. Jh. werden die Buschleute sowie hier lebende Nama und Damara zunehmend von Bantu-Stämmen, vor allem den Herero, bedrängt.

Ab 1723   Buren ziehen vom Kap ein, amerikanische und englische Walfänger gründen Stützpunkte bei Walvis Bay, Lüderitz und Sandwich Harbour.

1793   Kap-Holländer nehmen Walvis Bay in Besitz.

Ab 1800   Erste kriegerische Auseinandersetzungen zwischen ansässigen Nama-Stämmen und vom Norden einwandernden Herero.

1806   Beginn der Missionstätigkeit in Warmbad durch die Londoner Missionsgesellschaft.

Ab 1840   Afrikaans sprechende Oorlam-Nama, von den Buren auch als Hottentotten bezeichnet, wandern von Südafrika ins zentrale Hochland ein. Ihr Häuptling, Jan Jonker Afrikaner, tauft seine Siedlung Klein Winterhoek und begründet damit die heutige Hauptstadt Windhoek.

1842   Die Rheinische Mission lässt sich in Windhoek nieder, dann in Otjikango (Groß-Barmen) und Gobabis, in Scheppmannsdorf (Walvis Bay) und in Otjimbingwe.

1863–1870   Erbitterte Kämpfe zwischen Nama und Herero.

1878   Annexion des Seehafens Walvis Bay durch Großbritannien.

1883   Der Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz erwirbt vom Nama-Häuptling Josef Fredericks Land um die Bucht Angra Pequena, heute Lüderitzbucht.

1884   Reichskanzler Otto von Bismarck erklärt Lüderitz und Umgebung am 24. April zum deutschen Protektorat, die Deutsche Kolonialgesellschaft für Südwestafrika wird gegründet.

1890   Im Helgoland-Sansibar-Vertrag überlässt England dem deutschen Schutzgebiet den Caprivi-Zipfel, der Südwestafrika mit der deutschen Kolonie Ostafrika (Tansania) verbinden soll, Namibia wird deutsche Kolonie.

1900–1902   Eröffnung der Kupfermine in Tsumeb sowie der Eisenbahnlinie Windhoek–Swakopmund.

1903–1906   Aufstände der Herero und Nama werden von General von Trotha, dem Kommandierenden der Deutschen Schutztruppe, blutig niedergeschlagen. Drei Viertel aller Herero und die Hälfte aller Nama (ca. 90 000) werden niedergemetzelt, die Überlebenden kommen in Konzentrationslager und werden in die Zwangsarbeit getrieben.

1908   Erste Diamantenfunde bei Lüderitz; Eröffnung der Eisenbahnlinien Lüderitz–Keetmanshoop–Windhoek, Swakopmund–Grootfontein–Tsumeb und Swakopmund–Windhoek.

1914   Ausbruch des Ersten Weltkriegs und Kapitulation der Deutschen Schutztruppe vor den britisch-südafrikanischen Truppen am 9. Juli 1915.

1920   Südwestafrika wird vom Völkerbund zum südafrikanischen Mandatsgebiet erklärt.

1939   Beginn des Zweiten Weltkriegs, deutschstämmige Südwestafrikaner werden interniert.

1946   Südafrika versucht, das UN-Mandatsgebiet Südwestafrika in die Südafrikanische Union einzugliedern, Apartheid und Zwangsumsiedlungen der schwarzen Bevölkerung nach Katutura inklusive.

1959   Am 10. Dezember erschießt die südafrikanische Polizei 13 Schwarze, die gegen die Apartheitspolitik protestierten.

1960   Die namibische Unabhängigkeitsbewegung South West African People’s Organisation (SWAPO) entsteht.

1964–1966   Nach Gefechten zwischen SWAPO- und südafrikanischen Truppen verliert Südafrika sein UN-Mandat, bleibt aber Besatzungsmacht.

Ab 1985   Schwere Kämpfe mit der aus Angola operierenden SWAPO-Guerilla. Unter der Ägide der UNO erfolgt ein Friedensschluss, woraufhin die SWAPO mit 56,5 % aller Stimmen die ersten freien Wahlen gewinnt.

1990   Am 21. März wird Namibia als letztes afrikanisches Land unter seinem ersten frei gewählten Präsidenten Sam Nujoma unabhängig.

1994   Eingliederung des bis dahin britischen Walvis Bay.

2001   Klage der Hereo gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Völkermords vor einem US-Gericht, die abgewiesen wird.

2005   Nach drei Amtszeiten Nujomas wird Hifikepunye Pohamba Präsident.

2013   Das Reiterdenkmal aus dem Jahr 1912 wird demontiert.

2015   Nach drei Amtszeiten Pohambas wird Hage Geingob Präsident.

2017   Die verbotene Diamantenstadt Oranjemund wird für die Öffentlichkeit frei zugänglich.

2018   Vertreter der Nama- und Herero-Volksgruppen verklagen die Bundesrepublik Deutschland auf Entschädigungszahlungen wegen Völkermords vor einem New Yorker Gericht.

2019   Namibia erhält tonnenschwere Kreuzkap-Säule zurück, die Kaiser Wilhelm II. aus der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika nach Deutschland schaffen ließ.

ZENTRALES HOCHLAND

  1Windhoek

Rasant wachsende Metropole

  2Aloe Trail und City Walk

Der Blick auf die Hauptstadt

  3Die Buschpiloten von Eros

Auf der Runway zur Wildnis

  4Khomas-Hochland

Zwischen Wellness und Wildtieren

  5Okahandja

Das Zentrum der Herero

  6Erongo

Weinbau in Omaruru

  7Spitzkoppe

Das Matterhorn Namibias

  8Jagdfarmen

Wo die Büchse kracht

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Blick auf die Spitzkoppe

1 Windhoek

Rasant wachsende Metropole

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Namibias wirtschaftliches, kulturelles und politisches Zentrum liegt auf 1650 Metern Höhe und überrascht mit einem angenehm trockenen Klima zwischen 16 und 34 Grad im namibischen Sommer und 6 bis 22 Grad im Winter. Alle politischen und wirtschaftlichen Fäden sind hier verknüpft – ohne Windhoek geht gar nichts, selbst das Bier des riesigen Landes kommt aus der zentralistischen Hauptstadt.

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Den besten Blick über die Stadt gibt es von der Terrasse der Heinitzburg.

Reiche Wasservorkommen und die geografische Lage waren ideale Voraussetzungen für die Gründung der Siedlung Klein Winterhoek zu Beginn der 1840er-Jahre durch die aus Südafrika eingewanderten Oorlam-Nama (von den kapholländischen Buren auch abschätzig als Hottentotten bezeichnet) unter ihrem Anführer Jan Jonker Afrikaner. Die geografischen Gegebenheiten nutzte auch die Deutsche Schutztruppe, als sie zu Beginn der Kolonialzeit hier ihr Hauptquartier aufschlug. 1890 wurde die Alte Feste errichtet, die heute das älteste Gebäude ist. Nach dem Bau der Eisenbahnlinie zwischen Swakopmund und Windhoek avancierte die schnell wachsende Kleinstadt zum Verwaltungssitz von Deutsch-Südwestafrika, was einen Entwicklungsschub brachte.

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Der Ruch der deutschkolonialen Ära ist in Windhoeks Alter Feste noch zu spüren.

GUT ZU WISSEN

SICHERHEIT

Aufgrund großer sozialer Unterschiede ist in und um Windhoek herum Vorsicht geboten, es gelten die üblichen Regeln: Nicht nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs sein, in Taxis nur nach Vorbestellung einsteigen, sich nicht auf die Ansprache Fremder im Vorbeigehen einlassen, auch an Tankstellen den verschlossenen Wagen samt Gepäck im Blick behalten, keine Wertsachen auffällig herumtragen – das volle Programm eben, das für urbane Zentren überall und generell gilt. Für den Fall aller Fälle: www.nampoltouristunit.com

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Die historische Heinitzburg in Windhoek

Alle Straßen führen nach Windhoek

Heute hat Windhoeks City moderne Business-Standorte aus Marmor, Spiegelglas und Edelstahl zu bieten. Zunehmend poppen Banken und Hotels architekturbewusst aus dem noch bis vor wenigen Jahren verschlafenen Kolonialstädtchen, dessen historische Insignien im Schatten der Moderne optisch beinahe verschwinden, und ein wuseliger Verkehrsbrei zeichnet den namibischen Knotenpunkt für Schiene, Straße und Luftverkehr inzwischen wie jede andere Urbanität aus. Eine schnell wachsende Einwohnerzahl, die dem Industrie- und Wirtschaftsstandort sowie der allgemeinen Landflucht geschuldet ist, verschafft einer der putzigsten Hauptstädte der Welt den Anschluss an die moderne, globale Zeit. Offiziell schlägt die mit 320 000 zu Buche, manche behaupten, es könnte schon eine halbe Million oder gar noch mehr sein, wobei der größte Teil des menschlichen Getriebes in der Township Katutura und der angrenzenden Khomasdal-Location für Farbige verschwindet.

Einfach gut!

EINFACH GUT!

Rooms with a view Zum stilvollsten Domizil der Stadt hat sich die Heinitzburg mit ihren drei Feinschmeckerrestaurants Knight’s Room, Felsenkeller und Leo’s at the Castle gemausert. Wer es nicht auf die Liste der Reservierungen schafft, kann sich auf der Burgterrasse eines traumhaften Ausblicks über Windhoek erfreuen, bei klassisch europäischer oder typisch afrikanischer Cuisine. Oder bei einem erlesenen Gläschen Wein vielleicht? Der im urigen Felsenkeller der altdeutschen Burg (1914 vom Grafen von Schwerin erbaut) in 15 000 Flaschen reichlich vorhanden ist, wie die Eigner des Fünf-Sterne-Boutique-Domizils Beate und Tibor Raith glaubhaft versichern. Das Hotel Heinitzburg in der Heinitzburg Street 22 hat nur 16 Zimmer und ist deshalb rechtzeitig zu buchen.

Hotel Heinitzburg. 22 Heinitzburg St, Tel. 061/24 95 97, www.heinitzburg.com

Längst reicht die B1 zwischen Swakopmund, der hauptstädtischen Weekend-Perle mit dem guten atlantischen Klima, dem umtriebigen Okahandja und Windhoek nicht mehr aus: Eine Autobahn, bislang ein Fremdwort im namibischen Verkehr, ist im Bau. Mit Regierungs- und Parlamentssitz, Universität sowie – nicht unwichtig – der einzigen Brauerei spielt sich das wirtschaftliche, politische und kulturelle Leben ausschließlich hier, in der zentralistischen Metropole des Hochlands, ab.

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Der sogenannte Tintenpalast (Parlamentsgebäude) liegt im Park hinter der Christuskirche, die Windhoeks Wahrzeichen ist.

Kolonialpaläste und richtige Burgen

Windhoeks architektonische Preziosen ziehen Besucher magisch an. Dazu gehört der Tintenpalast (1913), entworfen von Gottlieb Redecker als Sitz der Hauptverwaltung von Deutsch-Südwestafrika, der die kuriose Bezeichnung dem spöttelnden Volksmund verdankt – in den Amtsstuben regierten nur Formulare und Tinte, hieß es früher, was sich bis heute in der Residenz des namibischen Parlaments ganz sicher nicht geändert hat. Nur eben damals walteten preußische Beamte ihres Amtes, immer mit Blick auf den heimatlich-neugotischen Kirchturm, den heute ein Ensemble prachtvoll gewachsener Palmen verfremdet.

Gleich nebenan steht das Wahrzeichen der Stadt, die 1910 als Friedenssymbol von Redecker erbaute evangelisch-lutherische Christuskirche. Die kunstvollen Fenster des typisch deutsch wirkenden neogotischen Gebäudes wurden von Kaiser Wilhelm II. gespendet, die Altarbibel von Gemahlin Auguste Viktoria. Nachts steht die Christuskirche mit ihrem 42 Meter hohen Glockenturm märchenhaft im Flutlicht über der Stadt. Die deutschen Gründerväter benannten ihre Straßen nach Bismarck, Mozart oder den Brüdern Grimm und erbauten Prachtstücke wie die Schwerinsburg, die Sanderburg und die Heinitzburg, Letztere fungiert heute als bildschöne Luxusherberge.

Kaiser Wilhelms Prachtstraße

NamibianAllgemeine Zeitung