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I M P R E S S U M

Reisefieber

Reisevorbereitungen

Es geht los

 

 

 

 

 

 

 

I M P R E S S U M

Titel: Reisefieber
Autor: Peter B. Meyer

© 2019 by Peter B. Meyer

 

14476 Potsdam, Deutschland

peterbmeyer@online.de

 

 

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Reisefieber

 

Reisevorbereitungen

 

 

"Habt ihr auch wirklich alles eingepackt?". Rainer traute seiner Familie nicht immer. Das lag wohl auch daran, dass seine Fragen in der Regel einfach ignoriert wurden. Das sein Vater nicht antwortete, konnte zum einen daran liegen, dass der schwerhörig war, zum anderen erlaubte ihm der vor einigen Jahren entfernte Kehlkopf keine verständlichen gutturalen Aussagen.

 

 

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Vom Rest der Familie hätte Rainer sich schon Antworten gewünscht. Aber weder seine Söhne Frank noch Bernd, den alle wegen seines r sein Alter ungewöhnlichen Leibesumfanges Bubbles nannten, nahmen ihren Vater so richtig ernst. Von seiner Frau Lisa hatte er am wenigsten eine Antwort erwartet. Lisa beantwortete keine Fragen, sie stellte welche. Und sie war eine Meisterin darin, andere damit zur Weißglut zu bringen. "Willst du damit sagen, wir könnten etwas vergessen haben?" Da dies exakt dem Inhalt seiner Frage entsprach, schien es sich zu erübrigen, Lisas Frage zu beantworten. "Meinst du etwa, wir sind so vergesslich?" Rainer hatte in seinen nunmehr zwanzig Ehejahren gelernt, konfliktbewusst damit umzugehen. Er ignorierte Lisa einfach, wie der Rest der Familie vorher seine Frage. Als Lisa, angespornt von seiner Ignoranz, zu mehreren nervenden Fragen gleichzeitig anhub, schloss Rainer die Diskussion mit einem alles beendenden "Wir müssen jetzt los, sonst kommen wir hier nie weg!“. Lisa akzeptierte dies, denn sie hatte erst kürzlich in der Apotheken-Rundschau gelesen, dass Frauen dreimal mehr herzinfarktgefährdet wären, wenn sie Streit oder Ärger in der Familie hätten. Diesem Risiko wollte sie sich keineswegs aussetzen, denn sie war nicht nur eine stark ökologisch orientierte, sondern auch eine sehr gesundheitsbewusste Frau, was zu ihrem Verdruss nicht immer in Einklang zu bringen war.

 

 

Allerdings bedeutete Rainers Machtwort und Lisas fehlende Reaktion darauf auch nicht, dass sie tatsächlich gleich losfahren konnten. Lisa bemerkte nicht nur, dass ihre Tochter Andrea geschminkt war, was eine sofortige Reinigung des jugendlichen Gesichtes unter ihrer strengen Aufsicht erforderlich machte, sie befand auch, dass ihre Söhne nicht dem Anlass eines großen Urlaubes entsprechend gekleidet waren, denn legere Kleidung passte zwar gut zum Urlaub, nicht aber zu dem feierlichen Akt der Abfahrt. Um diesen Umständen abzuhelfen, brauchte sie etwas Zeit. Zeit, die Rainer insgeheim natürlich eingeplant hatte, denn noch nie konnten sie Verabredungen jeglicher Art pünktlich wahrnehmen, weil Lisa eine Art eingebaute Uhr besaß, die ihr bei solchen Gelegenheiten vermittelte, dass sie noch viel Zeit hatten, da Rainer immer viel zu früh losfahren wollte.

 

Und so setzte er sich in seinen großen Ohrensessel, harrte der Dinge, die Lisa unbedingt noch erledigen musste, nahm seine Kopfhörer und versuchte, zu entspannen. Er merkte, wie gut ihm dies in der jetzigen Stresssituation tat und er bemerkte mit einem wohligen Gefühl, wie er immer tiefer in die ruhige Musik eintauchte…

 

 

Der Urlaub war gut geplant. Rainer hatte, weil Kanada zu seinen Traumländern gehörte, aus Alibigründen eine Reihe von Katalogen nicht nur zu diesem Land aus dem Reisebüro geholt und sie hatten viele Tage und vor allem Nächte mit dem Lesen und den Diskussionen verbracht. Denn sie waren sich über das Ziel der Reise überhaupt nicht einig.

 

 

Seine Tochter Andrea wollte wegen der vielen hübschen Südländer in der Hoffnung, vielleicht einmal einen davon abzubekommen, unbedingt nach Mallorca. Und wenn sie schon keinen abbekommen sollte, dann wollte sie wenigstens durch einen Austausch der ihr eigenen blassen Hautfarbe in ein gepflegtes bräunliches Aussehen ihre Chancen beim männlichen Geschlecht erhöhen.

 

Bubbles wollte überhaupt keinen Urlaub machen, sondern stattdessen lieber ausgiebig mit seinen Freunden unterwegs sein. Frank, der wegen seines Aussehens und seiner etwas linkischen Art keine Freunde hatte, hätte hingegen gerne den Urlaub in Großbritannien verbracht, weil er meinte, er könne dort massenhaft Rockstars sehen, was möglicherweise r sein weiteres Leben von entscheidender Bedeutung sein könne. „Ob, wenn vier sich streiten, sich der Fünfte freut?“ dachte sich Lisa. Sie hatte eine ganz klare Vorliebe r asiatische Turnübungen und ebensolchem Essen und deshalb kam r sie eigentlich nur Indien in Frage.

 

Wie sich herausstellte, ging Rainers Plan, den Umfang der Kataloge auf einige Länder und insbesondere Kanada zu beschränken, nicht auf. Auch Lisa und Frank hatten sich in den einschlägigen Reisebüros umgesehen und weil die Reiseziele sehr vielfältig waren, war auch die Menge der Kataloge sehr groß und erforderte umfangreiche Abstimmungsprozesse, bei denen schließlich ein Wunsch nach dem anderen auf der Strecke blieb.

 

Lisa musste schnell einsehen, dass Indien bei dem Umfang ihrer Haushaltskasse nicht in Frage kam, zumal sie bei dem Wunsch nach einem gemeinsamen regenerierenden Urlaub mit vielen Yoga- und Thai-Chi- Übungen und ausschließlich vegetarischer Nahrung sehr allein war. In finanzieller Hinsicht sprach viel für Bubbles, aber Frank und Rainer wollten unbedingt verreisen. Die fehlende Vorliebe der übrigen Familie r Rockstars aller Art ließ auch Franks Träume auf eine große und vor allem reiche Zukunft gegen Null tendieren. Bei dem Ziel Mallorca wehrte sich Rainer erfolgreich, da er die Hitze nicht ertrug und schließlich mussten sie seines Berufes wegen im Sommer verreisen. Da sowohl der Hund als auch Großvater nicht gefragt wurden, blieb eigentlich nur Rainers Vorschlag übrigund die Kataloge wurden, bis auf die Kanada betreffenden, merklich ausgedünnt.

 

 

Wie sie bald merkten, war der ausgewählte Urlaub genau so teuer wie eine Fahrt r fünf Personen nach Indien, was Lisa zu erneuter Diskussion über ihren Vorschlag reizte. Als aber insbesondere die Kinder das von Lisa mit blumigen Worten geschilderte zu erwartende Essen strikt ablehnten und zudem Rainer anmerkte, dass auch Indien sehr heiß war, brach die Ablehnungsfront gegen Kanada endlich zusammen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Rainer geschickt und abseits von Lisas Hörbereich von den dort zu den Grundnahrungsmitteln gehörenden Hamburgern und Pommes Frites sprach und sich so zumindest die Zustimmung der Kinder sicherte. So ein Urlaub will schließlich gut geplant sein, dachte sich Rainer und freute sich ob der aus seiner Sicht einstimmigen Entscheidung über das Reiseziel.

 

 

Der Flug und der vor Ort abholbare Camper waren relativ schnell gebucht, obwohl Lisa dies in die Hand nahm. Die Verhandlungen mit dem Reisebüroleiter, und dieser musste es sein, nachdem Lisa festgestellt hatte, dass der eigentliche Verkäufer in ihren Augen offenbar nicht kompetent genug war, weil er ihre Fragen nicht abschließend hatte beantworten können, dauerten mehrere Stunden. Und führten fast zu einem Zusammenbruch des Verhandlungspartners, der schließlich, nur um endlich diese Frau loszuwerden und Feierabend machen zu können, einen nicht unerheblichen Preisnachlass gewährte. Lisa jedenfalls war, trotz des von ihr eigentlich nicht gewünschten Reisezieles sehr zufrieden. Dies konnte man auch von ihrem Gatten behaupten, denn dieser hatte sich frühzeitig zurückgezogen und mit dem Ziel in eine nahegelegene Kneipe gesetzt, erst wieder herauszugehen, wenn Lisa tatsächlich fertig war. Aufgrund früherer Erfahrungen wusste er, dass dies sehr lange dauern und er wohl ziemlich betrunken sein würde, was ihm eine gewisse Gelassenheit gab.

 

 

Drei Tage vor der geplanten Abreise fing Lisa an, die Koffer zu packen. Jegliche Gewichtsbeschränkungen der Fluglinie außeracht lassend, leerte sie sämtliche heimischen Schränke und bereitete alles auf dem Ehebett und den Betten der Kinder vor, um gut sortiert und wohlgeordnet die Koffer zu befüllen. Diese erwiesen sich im Laufe des nächsten Tages als nicht ganz so aufnahmefähig wie geplant, denn die von Lisa r die Reise und auch sonst bevorzugten Jutekleider nahmen sehr viel Platz ein. Die einzige Lösung war, einiges von Rainers Kleidungsstücken wieder in die Schränke zu verpacken. Auch die Kinder würden wohl mit weit weniger auskommen, als zunächst gedacht. Und Großvater brauchte schließlich erst recht nicht so viel zum Anziehen. Also war die Auswahl schnell getroffen und die vier Koffer, drei r Lisas unbedingt notwendige Kleidung und einer r Rainer und die Kinder sowie ein kleines Handgepäck r Großvaters Ersatzhemd und -hose, noch einen Tag vor der Abfahrt gepackt. Auch die Kinder freuten sich, dass sie ihre Betten wieder nutzen konnten.

 

Es geht los

 

 

Die Befüllung des Autos, mit dem man tags darauf zum Flugplatz zu fahren gedachte, war wegen der Menge der Personen und der Leibesfülle eines Teils davon nicht ganz einfach. Der Wagen war nicht allzu groß, aber bei weitem größer als Jaspers Wille, sich der Familie anzuschließen.

 

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Rainer betrachtete seinen Hund Jasper als ein echtes Familienmitglied, obwohl dies nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. Jasper mochte nichts und niemanden, ausgenommen andere Hunde. Und auch die nur dann, wenn sie wesentlich kleiner und somit wesentlich schwächer waren. Und er dachte daran, wie sich ein Hund gegen Freiheitsberaubung zur Wehr setzen könne, denn er wurde nicht wie sonst einfach auf dem Rücksitz, sondern in einer kleinen Tasche verstaut, die seinen ausgeprägten Bewegungsdrang stark beeinträchtigte. Aber bereits nach wenigen Minuten war sein Wille geschwächt und aus dem protestierenden Bellen wurde ein kleinlautes Jaulen, das niemand mehr zur Kenntnis nahm.

 

Andrea, ebenfalls Familienmitglied und vom Alter her zwischen Frank und Bubbles angesiedelt, hätte eigentlich ein Junge werden sollen. Sie war burschikoser wie Frank und Bubbles zusammen, was auch auf ihr Gewicht zutraf. Trotzdem reichte bei ihr schon der kleinste Anlass, um sie zu einem Heulkrampf zu bewegen. Leicht naiv und doppelt so plump schritt sie durch ihr bisheriges sechzehn Jahre altes Leben und ließ hinsichtlich ihrer Umgänglichkeit keinen Zweifeldaran, dass ihre Pupertätsphase noch in vollem Gange war.

 

 

Die Frage nach derr die Abfahrt unerlässliche Vollzähligkeit erübrigte sich. Im Laufe der Jahre hatte Rainer anhand der durch das chaotische Geschreie der Familie entstehenden Phonzahlen ein System entwickelt, das es ihm jederzeit auch mit verbundenen Augen ermöglichte, die Anzahl der anwesenden Familienmitglieder zu bestimmen. Rainer nannte das insgeheim immer den „Nervfaktor“, der diesmal auch nicht beendet war, als alles im Auto verstaut war. Er schrieb dies der Aufregung zu, denn solch einen Urlaub machte man schließlich nicht allzu oft. Sogar Jasper schöpfte zwischenzeitlich wieder Kraft und Mut und bellte, was das Zeug hielt. Er störte die Anderen jedoch nicht mehr, weil sie ihn nicht hören konnten, da der Reißverschluss der Tasche, in der er verstaut wurde, bereits seit längerem geschlossen war.

 

Und so sollte endlich der zumindest von Rainer lang ersehnte Kanada-Urlaub in Angriff genommen werden.

 

Auf der Fahrt zum Flughafen fragte Bubbles, was sie machen sollten, wenn Großvater plötzlich fehlen sollte. Rainer, Lisa und die übrigen drehten sich, bis auf Jasper, den das aufgrund fehlenden Durchblickes überhaupt nicht interessierte, sofort um und erblickten, nicht wirklich erleichtert, den eingeschlafenen Großvater. Frank, der glaubte, als ältestes Kind das Vorrecht zum Stellen schlauer Fragen zu haben, meinte nur:" Im Ernst, was passiert, wenn wir ihn verlieren? Oder ihr mich wieder vergesst?" brüllte Andrea dazwischen, die aufgrund einer entsprechenden früheren Erfahrung durchaus das Recht zu dieser Frage hatte. Um deutlich zu machen, dass Fragen zu stellen zu Lisas Kompetenzen gehörte, ging sie auch gleich dazwischen: „Muss man nicht bei einem solchen Urlaub in freier und rauher Natur immer befürchten, dass jemand verloren geht?“ Sie schauten sich gegenseitig an und binnen Sekunden entflammte eine Diskussion darüber, ob sie Großvater suchen sollten oder nicht, wenn er tatsächlich verloren gehen sollte.

 

Um der unnützen Fragerei ein Ende zu bereiten und seine mittlerweile ohnehin angegriffenen Nerven zu schonen, schlug Rainer der Familie schließlich vor: "Wenn wir uns wirklich irgendwie verlieren sollten, was aber eigentlich nicht passieren sollte, treffen wir uns am 13. im Restaurant des Berliner Funkturms." r diese Aussage erntete er zwar böse Blicke von Lisa, die sowohl das Einhalten des Haushaltsbudgets als auch den Zusammenhalt ihrer Familie als ihre Aufgabe betrachtete, aber gleichzeitig hatte er mit seiner Entscheidung bei allen r nachdenkliche Ruhe gesorgt.

 

Die weitere Fahrt verlief problemlos und auch ein Parkplatz in der Nähe des Bahnhofes wurde schnell gefunden. Etwas Sorge bereitete ihnen die Parkplatzgebühr, die, wie Andrea schnell ausrechnete, exakt der Differenz zwischen dem billigen Mallorca- Urlaub und der teuren Reise nach Kanada entsprach. Der gefundene Parkplatz trieb auch Lisa angesichts der Kosten, die, wie sie süffisant bemerkte, durchaus dem Kauf eines neuen Autos nahe kamen, Tränen in die Augen, denn die Haushaltskasse war dafür eigentlich nicht ausgelegt. Aber bei den vielen Personen und dem dazugehörigen Gepäck wären mehrere kleine Taxis nötig gewesen, um sie zur Abfertigungshalle zu bringen.

 

Leider gab es keine kostengünstigen Direktflüge in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und so hatte man die Wahl gehabt, entweder mit dem Flugzeug zu einem Flugplatz zu fliegen, der schließlich auch Kanada-Flüge ermöglichte, oder eben mit der Bahn dorthin zu fahren, was wesentlich kostengünstiger war. Und so hatte Lisa zugunsten der Haushaltskasse eine schnelle Entscheidung getroffen, der sich niemand mehr entziehen konnte.

 

Natürlich fuhren die Züge stündlich nach Frankfurt und natürlich verpassten sie den ersten ganz knapp. Die anschließende einstündige Wartezeit wurde mit dem beliebten Spiel „wie langweile ich mich am besten“ überbrückt und als schließlich der Zug ankam, wurden die Koffer schnell verstaut. Der Zug hielt nur kurz und sie schafften es gerade noch, auch Großvater mitsamt Rollstuhl hinein zu hieven, als es endlich losging. Das die Züge im Stundentakt fuhren, war recht praktisch, denn so hatte auch Rainer noch die Chance, mit dem nächsten Zug das Flugzeug rechtzeitig zu erreichen. Denn nur die Tatsache, dass er noch schnell eine Zeitung kaufen wollte und so den Zug verpasste, konnte ja wohl nicht ernsthaft dazu führen, dass er an seinem eigenen Urlaubstraum nicht teilnehmen konnte!

 

Die Zugfahrt verlief ruhig und wurde eigentlich nur von dem ständigen und nervenden Nörgeln der anderen Passagiere gestört, die sich darüber aufregten, dass fünf Personen, ein offensichtlich in einer Tasche verstauter Hund und ein Rollstuhl fast ein gesamtes Abteil belegten und so kaum Platzr Mitfahrer ließen. Auch der Geräuschpegel lag familiengemäß etwa bei einer Dezibelzahl, die einer Flugschau mit Düsenjets ebenbürtig gewesen wäre.

 

Rainer hatte bei der Planung ganze Arbeit geleistet. Die Zugfahrt dauerte zwar mehrere Stunden, aber er hatte r genügend Spielraum gesorgt, um den Weg vom Bahnhof zum Flugplatz fristgerecht zu schaffen, denn der geplante Weiterflug nach Kanada war ein Nachtflug. Was er bei seiner Planung nicht berücksichtigte, war der recht weite Weg vom Bahnhof zum Flugplatz. Als das erste Taxi angehalten wurde, fragte Lisa zunächst den Taxifahrer nach dem voraussichtlichen Preis und anschließend die Kinder, ob ihr Vater denn jetzt völlig verrückt geworden sei. Sie konnten es drehen und wenden, wie sie wollten, ein Taxi reichte nicht r alle und zwei waren entschieden zu teuer. Zudem bemerkten sie, dass Rainer das Bargeld vor der Abfahrt an sich genommen hatte, was die Abfahrt zusätzlich erschwerte. Lisa fragte schließlich, was denn dagegen spreche, zum Flugplatz zu laufen. Nun, es sprach viel, vor allem aber die Weite des Weges dagegen, aber Lisa ließ sich durch nichts mehr davon abbringen. Der Taxifahrer war bereits bei Lisas Frage laut lachend abgefahren und so liefen sie los.

 

Ohne ihr Familienoberhaupt verteilte sich das Gewicht der vielen Koffer auf nur wenige Schultern. Bubbles schob den Großvater, der sich wie ein Kind freute, dass er endlich mal wieder einen Ausflug machen konnte und Frank weigerte sich

 

schlicht, denn er argumentierte, dass Koffertragen erhöhten Schweißausbruch verursachen würde und dies die Chancen verschlechterte, irgendetwas Weibliches kennenzulernen. Und dies sei schließlich das Einzige, was in seinem Alter zähle.

 

Natürlich waren sie trotz des gewaltigen Fußmarsches viel zu früh angekommen und es fiel ihnen sichtlich schwer, die drei Stunden Wartezeit zu überbrücken. Eine davon war geprägt durch das nervöse Warten auf das Familienoberhaupt, welches schließlich wegen des geräumigen Taxis und der netten Fahrerin gutgelaunt und durchaus pünktlich ankam. Zwei weitere Stunden verbrachten sie in einer langen Schlange vor dem Flugschalter. Lediglich Großvater hatte, bedingt durch seinen Rollstuhl, eine etwas bequemere Lage als die Anderen. Schnell wurde dann anschließend noch Lesematerial r den langen Flug eingekauft. r Lisa eine Sonderausgabe der Apothekerzeitschrift, die sich speziell mit dem Diät-Thema befasste und deshalb für Schweißausbrüche bei der übrigen Familie sorgte und Rainer, der Lisas Frage, ob er es denn diesmal schaffen würde, geflissentlich überhörte, kaufte sich ein Rätselheft, ohne zu wissen, was er damit eigentlich machen wolle. Bubbles bekam eine Zeitschrift für angehende Spitzensportler, und Frank wollte nichts zu lesen, was er später noch bereuen sollte.

 

Die Probleme beim Einstieg in das Flugzeug ergaben sich durch Großvaters Handikap mit dem Rollstuhl. Zwei Stewardessen bemühten sich redlich, ihn die Treppe herauf zu tragen, während mehrere männliche Kollegen bereits oben standen und interessiert zusahen. Es erweckte ein wenig den Eindruck, als ob sie entweder bei sicherer Ankunft Beifall klatschen würden, oder, was wahrscheinlicher war, sie Wetten abschlossen, ob die Stewardessen es überhaupt schaffen würden. Sie schafften es nicht. Jedenfalls nicht ganz. Kurz vor der oberen Rampe verließ eine der beiden die notwendige Kraft. Großvater fiel zwar nicht, wie einer der Kollegen oben gewettet hatte, die Treppe wieder hinunter, sondern er verkeilte sich mitsamt Rollstuhl, was einer Startverzögerung von einer halben Stunde entsprach, da Großvater sich beharrlich weigerte, den weiteren Transport von den Stewardessen durchführen zu lassen. Er war der Auffassung, wer es nicht einmal schaffte, ihn heil an Bord zu bringen, könne auch kein Flugzeug übers Land bewegen. Auch Franks dezenter Hinweis, dass ein Flugzeug nicht nur Rollen, sondern sogar fliegen könne, trug nicht gerade dazu bei, ihn zu beruhigen, denn er erinnerte sich und ständig auch seine Nachkommen an die erlebten Kriegsereignisse, bei denen diese Dinger am Himmel viel Unheil anrichteten. Die Lösung des Problems führte dann erst die eilig herbeigeschaffte Packung Valium herbei, die seine Gegenwehr stark beeinträchtigte und ihn anschließendr den gesamten Rest des Fluges ruhig stellte.

 

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Der weitere Fortgang verlief erstaunlich ruhig, wenn man davon absieht, dass sich Andrea ununterbrochen übergeben musste, was angesichts der nach einer Stunde Flugzeit knapp werdenden dafür vorgesehenen Tüten zu einer nicht unerheblichen Belästigung der anderen Fluggäste führte.

 

Gott sei Dank war dies ein Nachtflug, bei dem zwischen den gezeigten Filmen und dem Essen auch geschlafen wurde, so dass die Zeit schnell verrann. Das Essen war gar nicht so schlecht, wie sie befürchtet hatten. Lisa bemängelte zwar fragend, warum es denn nicht mehr Salat gebe und sich stattdessen dieses merkwürdig aussehende Fleisch, das sich als Huhn entpuppte, in ihrer Essschale befand, fand aber kein Gehör bei den Stewardessen, die diese Frage wohl schon von den anderen Fluggästen gehört hatten und sich dementsprechend und demonstrativ teilnahmslos zeigten.

 

 

Bubbles stopfte alles in sich hinein. Ihn schien es überhaupt nicht zu interessieren, was ihm geboten wurde. Andrea hatte verständlicherweise keinen Hunger und meinte sehr zur Freude ihrer Eltern sogar, sie würde nie wieder etwas essen, was Bubbles interessiert aufhorchen ließ.

 

 

Frank hingegen dachte aufgrund seiner durch fehlende Lektüre entstandenen Langeweile intensiv darüber nach, was wohl passieren würde, wenn auch der Flugkapitän dieses verdorbene Fleisch essen würde. Sie würden zu Boden fallen ohne Aussicht auf Rettung oder wenigstens einem Abschiedskuss seiner daheimgebliebenen neuen Freundin. Immerhin wusste er, dass ein Flugzeug zwei Flügel und mindestens einen Motor hatte und er war, zumindest in Gedanken, auch schon einmal mit dem Auto gefahren, so dass er auch ein Lenkrad kannte. Deshalb entschloss er sich, nichts zu essen, weil er offensichtlich dann der Einzige an Bord sein würde, der das Flugzeug irgendwie und am einem Stück auf die Landebahn setzen könne. Auch der Gedanke an die weltweiten Schlagzeilen, die den Rockstar Frank feierten, weil er nicht nur eine neue Schallplatte veröffentlicht hatte, sondern durch seine mutige Tat auch viele Tausende von Menschen gerettet hatte, weil die Maschine schließlich inmitten einer Großstadt abgestürzt wäre, gefiel ihm sehr. Über diesen Gedanken schlief auch er ein und wachte erst wieder auf, als dass Flugzeug bereits gelandet war.

 

Den ganzen Flug über dachte Rainer an das Gepäck. Nicht etwa das Handgepäck, in dem der mittlerweile nur noch leise und gelegentlich winselnde Jasper an den Behörden vorbei geschmuggelt werden sollte, um die Quarantänezeit zu umgehen. Der Grund lag in einer schlechten Erfahrung eines früheren Fluges nach Tokio, wo ihm nach der Ankunft mitgeteilt wurde, dass sein Gepäck bereits vor drei Stunden gelandet war, allerdings in Kapstadt. Die drei darauf folgenden Tage verbrachte Rainer dann mangels frisch gewaschener Kleidung praktisch unter der Dusche, was wiederum den Erfolg der Geschäftsreise gegen Null tendieren ließ.

 

In Kanada angekommen, erwies sich jegliche Sorge das Gepäck betreffend als unnötig. Der Vancouver International Airport gehörte zwar zu den größten Flughäfen Kanadas und war deshalb sicher eine logistische Herausforderung, aber alles war da, bis auf das bisherige Gewicht Andreas. Die allerdings wirklich unnötige Frage Lisas, ob Andrea denn jetzt vorhabe, das jüngst erworbene und eindeutig vorteilhaftere Gewicht beibehalten zu wollen, führte statt zu stolzem Lächeln zu einem Weinkrampf, der nur durch Andreas enorm und unverzüglich anwachsenden Hunger überflügelt wurde.

 

Mit Großvater, der mittlerweile gut ausgeschlafen war gab es diesmal keine Schwierigkeiten. Er hatte prächtige Laune, weil er sich an das Drama beim Abflug nicht mehr erinnern konnte, und diesmal gab es auch keine Treppe, sondern ein modernes Andocksystem, bei dem die Passagiere direkt vom Flugzeug zur Abfertigungshalle laufen konnten. Dieser Schlauch war nur leicht abschüssig, so dass Großvater mangels helfender Hand nicht fiel, sondern rasante Fahrt aufnahm. Mit quietschenden Reifen bewältigte er die zwei eingebauten Kurven und kam schließlich am Gepäckband zum Stehen. Genauer gesagt auf dem Band, denn die Fliehkräfte erlaubten ein so plötzliches Abbremsen nicht konsequenzenlos. Er war nicht sicher, ob ihm die Fahrt auf dem Laufband gefallen würde, denn er konnte wild gestikulierend das Ende sehen, das in einem schwarzen Loch verschwand. Glücklicherweise waren auch die Kinder, zumindest Frank und Bubbles, sehr schnell und konnten ihn gerade noch abfangen, kurz bevor er verschwunden wäre.

 

Das Gepäck war, dem Urlaub angemessen, recht umfangreich und auch das Ausladen der Maschine dauerte seine Zeit. Zeit, die eine immer unruhiger werdende Lisa, die sich dagegen gesträubt hatte, die Flugzeugtoilette zu benutzen, weil die Bakterien dort angeblich so zahlreich vertreten waren, dass sie das Flugzeug über den Atlantik hätten tragen können, eigentlich nicht mehr hatte.

 

Kaum, als sie das Flughafengebäude verlassen hatten, wurde auch Jasper wieder auf freien Fuß gesetzt, der sich zunächst einmal kräftig schüttelte, weil er natürlich einen so langen Flug ohne Toilettengang nicht geschafft hatte und deshalb zuerst die nassen Fransen auf seinem Körper gesäubert werden mussten. Anschließend und um sich an dem neuen Ort gleich richtig zu etablieren, lief er zu einem wartenden Taxi und hob sein Bein am rechten Hinterreifen. Der Taxifahrer, keineswegs erfreut darüber, nahm sofort Abstand davon, diese Familie fahren zu wollen. Der nächste Taxifahrer lehnte zwar die Beförderung nicht ab, erwartete jedoch ein saftiges Trinkgeld im voraus oder das Zurücklassen des Hundes. Jasper, der gerade zubeißen wollte, wurde wieder in die Reisetasche verfrachtet , das Trinkgeld im voraus bezahlt und es konnte endlich weitergehen, nachdem ein zweites Taxi geordert wurde, denn Großvater wollte auch mit.

 

Im Hotel angekommen, staunten sie nicht schlecht. Rainer hatte sich bei der Auswahl aus dem Katalog nicht lumpen lassen. Ein feines Hotel, ruhig gelegen, direkt an der Shopping-Meile, was Andrea zu der Frage veranlasste, ob sie denn nicht gleich dort bleiben könnten. Lisa fragte, ohne eine Antwort zu erhalten, nach den Kosten r die Übernachtung und Frank und Bubbles fragten, wo es die Hamburger gibt. Sie waren alle guter Laune und überlegten, was sie mit der freien Zeit machen sollten. Sie mussten nach dem langen Transatlantikflug eine Nacht im Hotel verbringen, bevor sie ihr Campmobil in Empfang nehmen durften. So bot es sich an, einen Stadtbummel durch Vancouver zu unternehmen, nachdem die Koffer im Hotel verstaut waren.

 

Wiederum und sehr zu Lisas Leidwesen mit einem Taxi ging es direkt in das Zentrum der Stadt und zehn Minuten später hatten sie sich im Chinesenviertel verirrt. Vancouver hat fast zwei Millionen Einwohner, aber die schienen alle außerhalb der Stadt zu wohnen, denn hier sprach niemand englisch, geschweige denn sogar deutsch. Und Chinesisch beherrschte niemand in der Familie, so dass es einige Zeit dauerte, bis sie wieder in der kommunikationsfähigen Zivilisation waren. Nichts destotrotz war es ein spannender Ausflug, der nur von den ständigen Beschwerden der Kinder beeinträchtigt wurde, die den permanenten Gestank, der von den vielen Gewürzständen ausging, nicht vertrugen. Bubbles erbrach sich sogar deshalb, was seine sonst meist gute Laune trübte.

 

Sie machten viele Bilder mit der eigens r diesen Urlaub gekauften Kamera. Als die historische Dampfuhr in der Downtown anfing, ihren regelmäßigen dumpfen Ton auszustoßen, ließ Andrea die Kamera vor Schreck fallen. Selbst wenn diese den Sturz überstanden hätte, den reichlichen Tränenfluss Andreas, der sich anschließend über das neue Stück ergoss, hätte sie nicht überlebt.

 

Sie hätten auch gerne die beeindruckende Sammlung von Totempfählen im Thunderbird Park fotografiert, aber das ging ja jetzt nicht mehr. Rainer, dessen Gedächtnis nicht ausreichte, um sich all das Gesehene daheim in Berlin wieder in Erinnerung zu rufen, entschied, dass sofort eine neue Kamera gekauft werden müsse. Lisa bestand auf einer sehr billigen Lösung und fragte, ob es denn nicht besser sei, gleich eine Wegwerfpackung zu kaufen und Bubbles merkte noch an, dass die neue Kamera auch wasserdicht sein müsse, was zu einem weiteren Weinkrampf bei Andrea führte. Aber alle drei Kinder waren sich einig, den ganzen Weg nicht noch einmal machen zu wollen, nur um die verlorenen Bilder noch einmal zu knipsen.

 

Rainer, der alle Sehenswürdigkeiten dieses Urlaubes unbedingt auf Film gebannt haben wollte, entschied sich, notfalls auch allein die Strecke nochmals abzugehen, denn Lisa schloss sich den Kindern an und verweigerte sich ebenfalls: „Warum sollte ich den Weg nochmal laufen? Glaubst du denn, ich hätte irgendetwas übersehen?“ Also ging Rainer allein los, verlief sich wie erwartet und traf seine Familie, die mit dem Essen bereits fertig war, am späten Abend im Hotel wieder. Natürlich hatte er nach diesem langen Spaziergang auch Hunger und natürlich war die Küche bereits geschlossen. Wie sich herausstellte, waren seine Kinder wahre Meister im Sammeln und Aufbewahren von Speisen aller Art. Bubbles hatte in der Hosentasche noch ein Würstchen von einem Stand im Zentrum der Stadt, da er nur fünf davon hatte essen können, bevor ihm schlecht wurde. Andrea hatte dagegen noch fünf Schokoladenriegel, drei davon körpergewärmt in der Tasche ihrer ehemals weißen Bluse, so dass die Riegel leicht wiederzufinden waren und Frank steuerte zu dem opulenten Mahl eine Serviette bei.

 

Alle wollten mit ihrem Vater teilen, was ihn schon ein wenig stolz machte. Als Lisa daraufhin fragte, ob dieses Essen nicht ungesund sei, wurde Rainer, entgegen seiner sonstigen Art, ungehalten. Laut schimpfend, das alle gut auf seine Kosten gegessen hätten und ihm jetzt von seiner eigenen Frau nicht einmal ein Resteessen gegönnt wurde, ging er in das Hotelzimmer und verspeiste genüsslich die Mahlzeiten seiner Kinder. Bei dieser Gelegenheit entdeckte er auch den Großvater, schlafend im Rollstuhl sitzend, den sie zwar mitsamt ihrer Koffer in das Hotel gebracht, dort aber vergessen hatten. Aber die Wahrscheinlichkeit war groß, dass diesem der Stadtbummel ohnehin nicht gefallen hätte und hier im Zimmer hatte er wenigstens seine Ruhe gehabt.

 

Entgegen allen Erwartungen klappte am nächsten Tag auch die Übernahme des Campmobils reibungslos, was die Hochachtung vor der kanadischen Perfektion ins Unermessliche steigen ließ und nur durch die Tatsache etwas gedämpft wurde, dass die durch Andreas Fresssucht beim Frühstück ausgelöste Zeitverzögerung dazu führte, dass nicht das eigentlich bestellte, sondern nur noch ein etwas kleineres Campmobil zur Verfügung stand. Nun, man war eine Familie und konnte sicher auch mal ein paar Wochen auf engstem Raum verbringen, obwohl die Aussicht darauf insbesondere Rainer nicht gerade beglückte und auch die Kinder dies vehement bestritten.

 

 

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Trotz allem, der Camper sah aus wie neu, was sich die freundliche Angestellte der Verleihstation auch ausführlich und schriftlich bestätigen ließ. Aber auch die ausführlichen Erläuterungen, dass alle Schäden am Wagen selbst bezahlt werden müssten, führte nicht zu einer Vollkaskoversicherung, die zwar alle Schäden, auch die selbstverschuldeten, abgedeckt hätte, aber dermaßen teuer war, dass die Haushaltskasse gesprengt worden wäre. Und nachdem die Kinder monierten, sie würden lieber essen statt eine Versicherung abzuschließen, war das Thema erledigt. Man musste ja nur etwas vorsichtig sein und nicht gegen Bäume, Büsche, Autos oder andere Menschen fahren.

 

Und wieder einmal war es Großvater, der Probleme machte. Die Tatsache, dass die Eingangstür des Campers rund fünfzig Zentimeter hoch lag, machte ihm und dem Rest der Familie zu schaffen. Zwar gab es eine kleine ausklappbare Treppe, Großvater weigerte sich jedoch -und das nicht ganz zu Unrecht- dort mit seinem Rollstuhl hoch zu fahren. Auch Franks gutgemeinte Idee, eine Art Rutsche zu bauen scheiterte an dem zu engen Türrahmen, durch den der Rollstuhl nicht passte. Bubbles´ Vorschlag, Großvater könnte doch draußen schlafen, quittierte dieser mit lautem Getöse und drohend erhobenen Krückstock und Rainers Entscheidung, Großvater müsse von nun an hinein- und hinausgetragen werden, brachte ihm nicht gerade die Sympathien der übrigen Sippschaft ein.

 

Überhaupt kamen Zweifel ob der Entscheidung auf, Großvater auf eine solche Reise mitzunehmen, denn auch die sanitären Anlagen im Camper waren alles andere als behindertenfreundlich gestaltet. Und Opas altersbedingt schwache Blase verstärkte, wie sie in den folgenden Tagen und insbesondere in den Nächten noch bemerken sollten, diese Zweifel nicht unerheblich.

 

Als Großvater dann auch verfrachtet war, konnte es endlich losgehen und Lisa fragte, warum sie auf Rainers Wunsch aussteigen und ihm helfen sollte, den Wagen rückwärts auszuparken, denn er hätte ja schließlich Rückspiegel. Rainer fuhr los und Lisas Frage war nach zwei Metern Rückwärtsfahrt auch schon durch die

Begegnung der Stoßstange mit einer Mauer beantwortet. Rainer überlegte noch, ob er die Entscheidung, keine Versicherung abzuschließen, revidieren sollte, solange sie noch auf dem Parkplatz des Verleihers standen, dachte aber, dass die das ohnehin nicht sehen würden, denn es war schließlich nur eine sehr kleine Beule.

 

Sie erinnerte ihn an sein erstes Auto. Auch dieses hatte zwei Tage nach dem Kauf eine kleine Beule, weil er rückwärts einparken wollte und dabei mangels Erfahrung den hinter ihm stehenden Lastwagen übersah. Zwei Monate später war aus der kleinen Beule eine große geworden, weil er wieder einen Lastwagen, der diesmal aber von rechts kam, übersah. Der Kotflügel und die hintere Stoßstange sahen danach nicht mehr wie neu aus und weder sein Geldbeutel mangels Masse noch die Versicherung mangels Verständnisses kamen r den Schaden auf, denn die Schuld dafür lag eindeutig bei Rainer.

 

Und so kamen Monat r Monat, während denen Rainer Erfahrungen sammelte, immer mehr Beulen zustande, manchmal mit und manchmal ohne sein Mitverschulden. Nach zwei Jahren musste er zum technischen Überwachungsverein, wo der Wagen, nachdem die Mitarbeiter dort mit dem Lachen endlich fertig waren, unverzüglich stillgelegt wurde. Der anschließende Neukauf eines Autos riss in Rainers Girokonto ein grosses Loch und er musste noch Jahre danach einen Kredit abzahlen.

 

 

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Dadurch wurde er wesentlich vorsichtiger beim Fahren und der Wagen überstand tatsächlich drei Jahre ohne eine einzige Beule. Dann versuchte er Lisa, die Alkohol abstoßend fand, das Fahren beizubringen, weil er nicht einsehen konnte, dass er, wenn sie ausgingen, nicht mal ein Bier trinken durfte, ohne dass anschließend Taxikosten fällig wurden. Lisa war leider nicht lernwillig oder unfähig, so dass der Kredit nach ihrem Unfall kräftig aufgestockt werden musste. Zudem wurde auch die Größe des neuen Wagens den Kinderwünschen Lisas angepasst, was die Sache noch teurer machte. Es verstand sich von selbst, dass Lisa nie wieder an das Steuer wollte.

 

Seitdem er aber nur noch selbst fuhr und trotz des nervtötenden Drängelns von Frank niemand anderes mehr an das Steuer ließ, hielten die Autos von Rainer wesentlich länger.

 

Natürlich musste der noch jungfreuliche Camper zunächst gefüllt werden. Sanitäre Nützlichkeiten, Getränke und vor allem Essen in allen erdenklichen Variationen, sofern sie Lisas Geschmack entsprachen, mussten gekauft werden.

 

Dazu bot sich der Supermarkt an, der nicht nur riesig groß war, sondern auch eine riesige Auswahl bot. Hier gab es nichts, was es nicht gab und schon nach einer Stunde schob die Familie nicht nur Großvater, sondern auch drei Einkaufswagen vor sich her, die zum Bersten gefüllt waren. Die Prozedur des Einkaufens gestaltete sich schwierig, da Lisa und der Rest der Familie unterschiedliche Ansichten hatten, was eigentlich gekauft werden müsse. Und so versuchten insbesondere die Kinder immer wieder Dinge, die nach ihrem Geschmack waren, unter den übrigen, bereits eingelagerten Waren im Einkaufswagen zu verstecken. In der Hoffnung, ihre Mutter bemerke dies nicht, wurden nicht nur Schokolade und Speiseeis, sondern auch T-Shirts und CD´s eingepackt.

 

Lisa war jedoch sehr aufmerksam, fand alles Überflüssige und packte es mit mütterlich verständnisvollem Blick in die Regale zurück. Lediglich das von Andrea versteckte Speiseeis