Howey, Hugh Sandtaucher

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Übersetzt aus dem Amerikanischen von Andreas Decker

 

© Hugh Howey 2014
Titel des amerikanischen Originalmanuskripts »Sand«
© Piper Verlag GmbH, München 2019
Covergestaltung: Guter Punkt, München
Coverabbildung: Guter Punkt, Kim Hoang unter Verwendung von Motiven von Gettyimages

 

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Widmung

Für jene, die zu helfen wagen.

Teil 1

Der Gürtel der begrabenen Götter

1 – Das Tal der Dünen

Das Sternenlicht führte sie durch das Tal der Dünen bis in die Wüste des Nordens. Ein Dutzend Männer marschierten in einer Reihe, die Halstücher über Mund und Nase gebunden. Leder ächzte, Schwertscheiden klirrten. Die Route erschien zwar umständlich, auf dem direkten Weg hätte man sich aber dem nachgebenden Sand aussetzen und dem heulenden Wind auf den Hügelkämmen stellen müssen. Es gab einen langen Weg, und außerdem gab es einen anstrengenden Weg, und die Briganten der nördlichen Wüste wählten nur selten den anstrengenden Weg.

Palmer behielt seine Gedanken für sich, während sich die anderen schlüpfrige Witze und erfundene Geschichten über alle möglichen Arten von Beute erzählten. Sein Freund Hap marschierte ein Stück voraus und versuchte sich bei den älteren Männern einzuschmeicheln. Es war ziemlich unklug, mit einer Banditenhorde durch die Wüste zu wandern, aber Palmer war Sandtaucher. Er lebte für die rasiermesserscharfe Grenze zwischen Wahnsinn und gesundem Menschenverstand. Davon abgesehen boten diese Aufschneider mit ihren Bärten und ihrem Gestank einen ganzen Monatsverdienst für nur zwei Tage Arbeit. Wenn es dafür einen Haufen Münzen gab, waren ein Ausflug in die Wüste und ein schneller Tauchgang nicht mehr als eine Kleinigkeit.

Die lärmende Reihe schlängelte sich um eine steile Düne, verließ ihren Schatten und trat wieder in den Wind hinaus. Palmer richtete sein flatterndes Tuch. Er schob den Rand unter die Schutzbrille, damit es an Ort und Stelle blieb. Sand prasselte gegen seine rechte Gesichtshälfte und verriet ihm, dass sie nach Norden gingen. Das wusste er, ohne zu den Sternen blicken oder die hohen Gipfel im Westen sehen zu müssen. Der Wind verlor an Kraft oder schwoll vor Zorn an, aber seine Richtung war zu jeder Zeit so unverrückbar wie der Lauf der Sonne. Von Osten nach Westen mit dem Sand, der sich in seinen Haaren festsetzte und die Ohren füllte, sich zu gewundenen Wanderdünen auftürmte und die Welt unter tausend höllischen Metern begrub.

Als das piratenhafte Gelächter in der Marschreihe erstarb, konnte Palmer die anderen Stimmen des Wüstenchores hören. Da gab es das Stöhnen des Windes und einen zischenden Laut, wenn ganze Wogen fliegenden Sandes gegen Dünen prasselten und wie Schmirgelpapier über die Männer strichen. Sand auf Sand erzeugte ein Geräusch wie eine Klapperschlange, die gleich zubiss. Er hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gebracht, da stellte sich heraus, dass eine Falte in der Düne neben ihm mehr war als nur eine Falte. Die Schlange glitt jedoch vorbei und verschwand in einem Loch – sie hatte so viel Angst vor Palmer wie er vor ihr.

Da waren aber auch noch andere Laute. Das Klirren der schweren Ausrüstung auf seinem Rücken, die Druckluftflaschen und der Taucheranzug, das Visier und die Flossen, der Atemregler und die Transponder. Sein Handwerkszeug. Im Westen sangen die Kojoten, ihr durchdringendes Heulen reiste seltsamerweise mit dem Wind mit, um die Rudel in der Umgebung zu warnen, dort wegzubleiben. Sie riefen, dass Männer kamen. Könnt ihr sie nicht riechen?

Über diesen vielen Stimmen lag der Herzschlag des Wüstensandes, das Dröhnen, das niemals aufhörte. Ein Mann konnte es Tag und Nacht in seinen Knochen fühlen, Tag und Nacht von der Wiege bis zum Grab. Es handelte sich um ein tiefes Grollen, das aus dem Niemandsland weit im Osten kam, rollender Donner, Rebellenbomben oder furzende Götter – welchen Unsinn man auch immer bereit war zu glauben.

Palmer konzentrierte sich auf das ferne Getöse und dachte an seinen Vater. Seine Meinung über diesen Mann war so unbeständig wie die Dünen. Manchmal hielt er ihn für einen Feigling, weil er in dieser Nacht damals weggegangen war. Manchmal hielt er ihn auch für einen mutigen Bastard, weil er sich ins Niemandsland aufgemacht hatte. Dann war er jemand, der sich an einen Ort wagte, von dem noch keine Seele jemals zurückgekehrt war – das hatte etwas. Aber über ein Arschloch, das seine Frau und die vier Kinder verließ, um das zu tun, ließ sich kaum etwas Höfliches sagen.

In der steilen Düne im Westen klaffte eine Lücke, eine Öffnung, die ein breites Stück des sternenübersäten Himmels enthüllte. Palmer musterte ihn, begierig darauf, an etwas anderes als an seinen Vater zu denken. Die Kammlinie der unpassierbaren Steinberge konnte man sogar ohne das Mondlicht erkennen. Ihr zerklüfteter und beängstigender Rand wurde von einer schwarzen Leere markiert, an der die Sternbilder plötzlich endeten.

Jemand packte Palmers Ellbogen. Er drehte den Kopf. Hap hatte sich zurückfallen lassen, um sich ihm anzuschließen. Die Taucherlampe, die an seinem Hals baumelte und gedimmt war, strahlte das Gesicht seines Freundes von unten an.

»Willst du hier den starken und stummen Burschen spielen?«, zischte Hap. Wind und Tuch dämpften seine Stimme.

Palmer rückte das schwere Tauchergerät auf seinen Schultern zurecht und spürte den Schweiß, der sich zwischen seinem Hemd und dem Segeltuchsack gesammelt hatte. »Ich will gar nichts«, antwortete er. »Ich bin nur nachdenklich.«

»Wie du meinst. Jedenfalls, du kannst jederzeit mit den anderen reden, einverstanden? Ich möchte nicht, dass sie dich für einen Psycho halten.«

Palmer lachte. Dann warf er einen Blick über die Schulter, um zu sehen, wie weit der nächste Mann hinter ihm war und in welche Richtung der Wind ihre Worte trug. »Wirklich? Das wäre aber eine ziemliche Bevormundung von dir, findest du nicht?«

Hap schien darüber nachzudenken. Dann grunzte er. Vermutlich ärgerte es ihn, dass ihm das nicht zuerst eingefallen war.

»Bist du sicher, dass wir für diesen Tauchgang bezahlt werden?«, fragte Palmer in gedämpftem Tonfall. Er unterdrückte den Drang, den Sand aus dem Ohr zu kratzen. Das würde es nur noch schlimmer machen. »Ich will nicht wieder reingelegt werden, so wie beim letzten Mal.«

»Scheiße, nein, diese Kerle haben einen … die haben eine Art Kodex.« Hap hieb ihm gegen den Nacken, Sand und Schweiß vermischten sich zu einer schmierigen Schicht. »Entspann dich, Prinzessin. Man wird uns schon bezahlen. Ein schneller Tauchgang, etwas Sand in den Lungen, und am Sonntag trinken wir beide im Honey Hole eisgekühlte Drinks. Zum Teufel, vielleicht bekomm ich dann von deiner Mom sogar einen Lapdance.«

»Verpiss dich.« Palmer schlug die Hand seines Freundes weg.

Hap lachte. Er berührte Palmer ein weiteres Mal und verlangsamte den Schritt, um den anderen noch einen Witz über Palmers Mutter zu erzählen. Palmer kannte ihn bereits. Jedes Mal wurde er weniger witzig – und verletzender. Schweigend ging er allein weiter und dachte über seine kaputte Familie nach; der Wind wehte noch mehr Sand in seinen Nacken und kühlte den Schweiß. Wenn er ehrlich war, klang dieser eiskalte Drink im Honey Hole jetzt gar nicht mehr so schlecht.

2 – Der Gürtel der Götter

Bei ihrer Ankunft im Lager brannte dort ein gewaltiges Feuer; der flackernde Schein stieg über die Dünen hinweg und führte die Männer in einem Tanz der Schatten nach Hause. Es gab viele männliche Begrüßungen, man klopfte sich gegenseitig auf den Rücken oder hielt sich bei den Schultern; bei jeder wilden Umarmung wogten Sandwolken durch die Luft. Die Männer strichen sich durch die langen Bärte und erzählten sich Witze und Klatsch, als wären sie lange Zeit getrennt gewesen. Bündel wurden zu Boden geworfen, Feldflaschen aus einem Fass gefüllt. Den beiden jungen Tauchern befahl man, beim Feuer zu warten, während einige der anderen Männer sich zu einer Ansammlung von Zelten begaben, die zwischen steilen Dünen standen.

Palmer war dankbar, endlich sitzen zu können. Er streifte die Tauchausrüstung ab und baute sie gewissenhaft neben dem Feuer auf. Dann zog er die schmerzenden Beine unter den Körper, lehnte sich gegen die Geräte und genoss die flackernde Wärme der brennenden Scheite.

Hap setzte sich neben zwei der Männer, mit denen er sich unterwegs unterhalten hatte. Palmer hörte ihnen zu, wie sie debattierten und lachten, während er ins Feuer blickte und zusah, wie das Holz verbrannte. Er dachte an seine Heimat in Springston, wo es ein Verbrechen war, einen Baum zu fällen und zu verbrennen. Da wärmten und verpesteten Kohlen aus getrockneter Scheiße die Häuser und an dem einen Tag brannte da das Gas aus den Rohren und am nächsten konnte es eine Familie im Schlaf auslöschen. In der Wüste spielten solche Dinge keine Rolle. Die verstreut liegenden Wäldchen waren dazu da, geplündert zu werden. Zufällig gefundene Tiere wurden gegessen. Sprudelnde Quellen konnten leer getrunken werden – so lange, bis sie versiegten.

Palmer rutschte näher an die Flammen heran und streckte die Handflächen aus. Der Schweiß von der Wanderung, der Wind und die Gedanken an Zuhause ließen ihn frieren. Plötzliches Stimmengewirr sprang tapfer durch die hohen Flammen und er musste lächeln. Er lachte, wenn die anderen lachten. Und wenn sein Magen Geräusche machte, log er und behauptete, das käme vom Hunger. Tatsächlich beschlich ihn aber ein ganz mieses Gefühl wegen dieses Jobs.

Zum einen kannte er keinen der Männer hier. Und seine Schwester hatte ihn schon vor den Wilden gewarnt, die er kannte, ganz zu schweigen vor fremden Wilden. Hap hatte allerdings für die Gruppe gebürgt, was auch immer das wert war. Palmer sah zu, wie sein Freund im Feuerschein einen Witz erzählte. Sein Gesicht wurde rot angestrahlt, seine Arme fuchtelten enthusiastisch herum. Seit der Tauchschule waren sie die besten Freunde. Füreinander würden sie tiefer tauchen als alle anderen im Sand. Somit zählte die Bürgschaft durchaus etwas.

Ein Stück weit hinter Hap entdeckte Palmer zwei Sarfer mit zusammengefalteten Segeln und gesenkten Masten. Die vom Wind angetriebenen Fahrzeuge schaukelten auf ihren schlanken Kufen. Sie waren im Sand festgemacht, schienen aber ganz begierig, irgendwohin zu rasen. Allerdings, vielleicht projizierte Palmer da auch nur. Und vielleicht würden diese Kerle ihn und Hap nach getaner Arbeit zurück in die Stadt fahren. Alles nur um die nächtlichen Märsche und das Biwakieren im Windschatten der glühenden Dünen zu vermeiden.

Ein paar der Männer, die sich ihnen in Springston angeschlossen hatten, gesellten sich zu dem lockeren Kreis um das Feuer. Viele von ihnen waren alt, vermutlich Ende vierzig, doppelt so alt wie Palmer und damit am Ende der üblichen Lebensspanne. Sie hatten die dunkle, ledrige Haut der Wüstenwanderer. Männer, die unter den Sternen schliefen und in der Sonne schufteten. Palmer schwor sich, niemals so auszusehen. Er würde in seiner Jugend ein Vermögen machen, über den einen kostbaren Fund stolpern, danach würden er und Hap als Helden nach Hause zurückkehren und fortan im Schatten leben. Eine Düne aus Geld würde die alten Sünden auslöschen. Sie würden einen Tauchladen eröffnen und sich den Lebensunterhalt mit der Reparatur und dem Verkauf von Ausrüstung verdienen, würden die armen Idioten ausrüsten, die ihr Leben unter dem Sand riskierten. Die Narren, die dem Reichtum hinterherjagten, würden ihnen ein regelmäßiges Einkommen bescheren. Die jagten dem Reichtum hinterher, so wie er und Hap es gerade taten.

Eine Flasche wurde herumgereicht. Palmer hob sie an die Lippen und tat so, als trinke er. Er schüttelte den Kopf, wischte sich den Mund ab und reichte die Flasche an Hap weiter. Gelächter schien das Feuer anzufachen und Funken nach oben in den funkelnden Himmel zu schicken.

»Ihr beide.«

Eine schwere Hand legte sich auf Palmers Schulter. Er drehte sich um und erblickte Moguhn, den schwarzen Banditen, der sie durch die Dünen geführt hatte. Moguhn sah auf ihn und Hap herab, seine Silhouette verdeckte die Sterne.

»Brock will euch jetzt sehen.« Der Bandit drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit jenseits des Lichtkreises.

Hap lächelte, nahm noch einen Schluck und gab die Flasche an den bärtigen Mann neben ihm weiter. Dann stand er auf und schenkte Palmer ein Lächeln, ein seltsames Lächeln mit aufgeblähten Wangen. Er drehte sich um und spuckte in die Flammen, rief so noch höhere Flammen und lauteres Gelächter hervor. Nach einem Hieb auf Palmers Schulter eilte er Moguhn hinterher.

Palmer schnappte sich sein Zeug, bevor er ihm folgte; er vertraute niemandem genug, um ihn darauf aufzupassen zu lassen. Als er die Männer einholte, schnappte sich Hap seinen Ellbogen und zog ihn an sich. Gemeinsam folgten sie dem Banditen auf dem Pfad zwischen der Feuergrube und der Ansammlung von Zelten.

»Sei cool«, zischte Hap. »Das ist unser Ticket nach ganz oben.«

Palmer schwieg. Er wollte nur mal einen richtigen Treffer, mit dem er sich zur Ruhe setzen konnte; er hatte kein Interesse daran, sich dieser Bande zu beweisen und sich ihnen anzuschließen. Er fuhr sich über die Lippen, die noch immer vom Alkohol brannten, und verfluchte sich dafür, in seiner Jugend nicht mehr getrunken zu haben. Er hatte noch einiges nachzuholen. Seine kleinen Brüder kamen ihm in den Sinn. Wenn er sie wiedersah, würde er ihnen einschärfen, nicht die gleichen Fehler zu machen wie er. Lern zu tauchen. Lern zu trinken. Verbrenn keine Zeit, um nutzlose Dinge zu lernen. Seid mehr wie unsere Schwester und weniger wie ich. Das würde er ihnen sagen.

Moguhn war im Sternenlicht so gut wie unsichtbar, zeichnete sich aber vor den Zelten ab, in denen Lampen flackerten. Jemand schlug den Eingang zur Seite, was das Licht wie eine Insektenwolke herausströmen ließ. Die unzähligen Sterne am Himmel wurden schwächer und ließen nur noch den Kriegsgott strahlen. Das war Colorado, die große Sternenkonstellation des Sommers mit dem Schwert. Sein Gürtel bestand aus einer vollendeten Reihe von drei Sternen, die den Weg ausleuchteten, als wollten sie die Männer führen.

Palmer blickte von dem Band aus Edelsteinen zu dem kalten Feuer, das wieder aufblühte, als das Zelt geschlossen wurde. Dieser Streifen aus zahllosen Sternen erstreckte sich von einer Düne quer über den Himmel bis zum fernen Horizont. In der Stadt war das kalte Feuer nicht zu sehen, schließlich brannte das Gas die ganze Nacht. Aber hier existierte das Zeichen der Wüste, dieser Stempel über ihren Köpfen, der einem Jungen deutlich machte, dass er sehr weit entfernt von zu Hause war, der ihn wissen ließ, dass er sich mitten in der Wüste befand, also in der Wildnis. Und nicht nur in der Wildnis aus Sand und Dünen, sondern in der Wildnis des Lebens, wenn ein Mann in seinen Zwanzigern war und das Haus der Jugend hinter sich ließ, noch bevor er sich eine eigene Unterkunft baute. Die zeltlosen Jahre. Die hellen und blendenden Jahre, in denen Männer wanderten, so wie Planeten.

Über den Fixsternen flackerte ein heller Streifen, eine Sternschnuppe, und Palmer fragte sich, ob er ihr nicht ähnelte. Er – und Hap auch. Auf dem Weg zu anderen Orten, und das schnell. Ein Blitz, dann waren sie auch schon wieder weg, unterwegs an einen neuen Ort.

Weil er nach oben starrte, stolperte er und wäre beinahe über die eigenen Füße gefallen. Ein Stück vor ihm duckte sich Hap in das größte der Zelte. Die Plane raschelte wie Stiefel auf grobem Sand; der Wind jaulte, während er von einer Düne zur nächsten sprang. Die Sterne am Himmel wurden vom Licht verschlungen.

3 – Die Karte

Die Männer im Zelt wandten die Köpfe, als sich Hap und Palmer durch den Eingang schoben. Der Wind kratzte wie mit Fingernägeln spielerisch über die Wände, der Luftzug bat um Einlass. Die vielen Körper hatten das Zelt aufgeheizt, es roch wie in einer Bar nach Schichtende: Schweiß, harte Getränke und Kleidung, die schon seit Monaten nicht mehr gewechselt worden war.

Eine Düne von Mann winkte die beiden Jungs zu sich. Palmer ging davon aus, dass es sich bei ihm um Brock handelte, den Anführer dieser Bande, die die nördliche Wüste für sich beanspruchte. Ein beeindruckender Mann, scheinbar aus dem Nichts erschienen, so wie die meisten Bandenführer. Ein Jahr lang bauten sie Bomben und dienten jemand anderem, bis eine Reihe von Todesfällen einen einzelnen Mann an die Spitze beförderte.

Seine Schwester hatte ihm eingeschärft, solche Männer zu meiden. Aber statt ihr zu gehorchen, ging er nun auf den Mann zu. Er stellte seine Ausrüstung neben ein paar Kisten und einem Fass mit Wasser oder Grog ab. Acht Männer hatten sich um einen zerbrechlich wirkenden Tisch in der Zeltmitte versammelt. Eine Lampe baumelte vom Mittelträger. Sie schwankte mit dem Auf- und Abschwellen des Windes, der am Zelt rüttelte. Stämmige, mit Tätowierungen übersäte Arme waren wie kleine Baumstämme um den Tisch gepflanzt. Die Tätowierungen waren mit dicken Narben geschmückt, dazu rieb man Sandkörner in die offenen Wunden.

»Macht Platz«, sagte Brock. Sein Akzent war ausgeprägt und schwer zu bestimmen. Darin war vielleicht ein Zungenschlag der Zigeuner südlich von Low-Pub oder von den alten Gärtnern der Oase im Westen zu hören. Er fuchtelte mit der Hand herum, als verscheuche er Fliegen von einem Teller, und die beiden bärtigen Männer, die gemeint waren, traten ohne jeden Protest zur Seite. Hap nahm seinen Platz an dem taillenhohen Tisch ein, Palmer gesellte sich zu ihm.

»Ihr habt von Danvar gehört.« Brock verzichtete auf die Formalitäten und stellte auch niemanden vor. Es schien eine Frage zu sein, klang aber nicht so. Es war eine Annahme, eine Ankündigung. Palmer blickte sich am Tisch um. Viele der Männer beobachteten ihn, einige rieben sich die langen und verfilzten Bärte. Hier rief die Erwähnung von Legenden kein grölendes Gelächter hervor. Hier musterten erwachsene Männer bartlose Jungen, als würden sie abschätzen, was sie als Mahlzeit taugten. Allerdings wies keiner dieser Männer die Gesichtstätowierungen der Kannibalen aus dem hohen Norden auf, also ging Palmer davon aus, dass man ihn und Hap daraufhin einschätzte, ob sie für den Job geeignet waren. Man schätzte ihren Wert und überlegte nicht, ob sie für die Suppe taugten.

»Jeder hat schon von Danvar gehört«, flüsterte Hap. Palmer entging die Ehrfurcht in der Stimme seines Freundes nicht. »Wird uns das hinführen?«

Palmer musterte seinen Freund, dann folgte er seinem Blick auf den Tisch. Fleischige Fäuste, feuchte Becher und ein qualmender Aschenbecher hielten die vier Ecken eines großen Pergaments fest. Palmer berührte den Rand und erkannte, dass das gesprenkelte braune Material dicker war als das übliche Pergament. Es wirkte wie das gegerbte und gestreckte Fell eines Kojoten, und es fühlte sich so brüchig an, als wäre es schon sehr alt.

Einer der Männer lachte über Haps Frage. »Du bist doch längst da«, brüllte er.

Ausgeatmeter Rauch wehte wie ein aus großer Höhe beobachteter Sandsturm über die alte Zeichnung. Einer von Brocks Wurstfingern folgte genau der Konstellation, die Palmer noch wenige Augenblicke zuvor wie benommen angestarrt hatte.

»Der Gürtel des großen Kriegers Colorado.« Die Männer am Tisch verstummten und hörten auf zu trinken. Ihr Anführer sprach. Sein Finger fand einen Stern, den jedes Kind kannte. »Low-Pub.« Seine Stimme klang so rau wie mit Sand gefüllter Wind. Aber das war nicht der Name des Sterns, wie Palmer ihm hätte sagen können. Low-Pub war eine gesetzlose Stadt südlich von Springston, ein Emporkömmling, der noch kürzlich mit seinem Nachbarn im Streit gelegen hatte, weil die beiden um Öl- und Wasserquellen gerungen hatten.

Brock zeichnete eine Linie nach oben zum Gürtel, seine Fingerspitze segelte wie ein vom Wind getriebener Sarfer zwischen beiden Städten über das umstrittene Gebiet. Es war eine langsam ausgeführte Geste, als wollte er eine verborgene Bedeutung deutlich machen.

»Springston!«, verkündete er und verharrte bei dem mittleren Stern. Für Palmer war das die Heimat. Sein Blick glitt über den Rest der Karte, dieses Labyrinth aus Linien und vertrauten Sternenhaufen, aus Pfeilen und Strichen, akribischen Notizen, die sich im Laufe der Jahre in verschiedenen Tintenfarben angehäuft hatten, und zahllosen niedergeschriebenen Stimmen, die an den Seitenrändern stritten.

Der dicke Finger nahm wieder den Weg nach Norden auf – falls diese Sterne tatsächlich Low-Pub und Springston repräsentieren sollten.

»Danvar«, verkündete Brock und klopfte mit dem Finger auf den Tisch. Er zeigte auf den dritten Stern im Gürtel des großen Colorado. Die Karte schien zu verkünden, dass die vergrabene Welt der Götter mit ihren himmlischen Sternen übereinstimmte. Als wäre der Mensch zwischen den sich widerspiegelnden Welten oben und unten gefangen. Während Palmer darüber nachsann, schwankte das Zelt.

»Ihr habt es gefunden?«, fragte Hap.

»Aye«, antwortete jemand, dann wurde weiter getrunken und geraucht. Durch das Anheben eines Bechers drohte sich die Karte zusammenzurollen.

»Wir haben eine solide Vermutung«, sagte Brock mit seinem seltsamen Akzent. »Ihr Jungs werdet uns bestimmt sagen, ob sie zutrifft.«

»Danvar soll eine Meile in der Tiefe liegen«, murmelte Palmer. Am Tisch kehrte Schweigen ein und er blickte auf. »Niemand ist je auch nur halb so tief getaucht.«

»Niemand?«, fragte jemand. »Nicht mal deine Schwester?«

Gelächter polterte aus Bärten. Palmer hatte darauf gewartet, dass die Sprache auf sie kam.

»Das ist keine Meile tief.« Brock wedelte mit der großen Hand herum. »Vergesst die Legenden. Danvar ist hier. Mehr Beute als in ganz Springston. Hier liegt die uralte Metropole. Die drei begrabenen Städte dieses Landes sind entsprechend den Sternen von Colorados Gürteln angelegt.« Er sah Hap mit zusammengekniffenen Augen an, dann Palmer. »Euch brauchen wir nur, damit ihr es bestätigt. Aber wir brauchen eine richtige Karte, nicht dieses Stück Tierhaut.«

»Von welcher Tiefe sprechen wir?«, wollte Hap wissen.

Palmer sah seinen Freund an. Er war davon ausgegangen, dass das längst besprochen worden war. Hatte man sich auf den Lohn, der ihnen versprochen worden war, schon geeinigt, oder hatte sein Freund nur Mist erzählt? Sie waren nicht hier, um einen großen Fund zu machen; sie sollten nach Geistern tauchen, nach Legenden graben.

»Achthundert Meter.«

Bis auf den stöhnenden Wind ließ die Antwort alles verstummen.

Palmer schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ihr überschätzt gewaltig, wie tief ein Taucher …«

»Wir haben die ersten zweihundert Meter gegraben«, sagte Brock. Wieder tippte er auf die Karte. »Und auf dieser Karte hier steht, dass die höchsten Gebäude zweihundertfünfzig Meter in die Höhe ragen.«

»Damit bleiben …« Hap zögerte und wartete zweifellos darauf, dass ein anderer es ausrechnete.

Die schaukelnde Lampe schien dunkler zu werden, die Ränder der Karte verschwammen, als Palmer auf die Antwort kam. »Dreihundertfünfzig Meter.« Ihm schwindelte. Mit zwei Flaschen war er ein paarmal auf zweihundertfünfzig Metern gewesen. Er kannte auch Leute, die es bis dreihundert Meter geschafft hatten. Seine Schwester und ein paar andere konnten sogar vierhundert schaffen – ein oder zwei behaupteten fünfhundert. Niemand hatte ihn davor gewarnt, dass sie so tief tauchen oder ein paar Goldgräbern dabei helfen sollten, ihre Zeit mit der Suche nach Danvar zu verschwenden. Einen Augenblick lang hatte er befürchtet, für Rebellen zu arbeiten, aber das hier war noch schlimmer. Hier ging es um die Illusion von Reichtum, und nicht von Macht.

»Dreihundertfünfzig ist kein Problem«, behauptete Hap. Er legte die Hände auf die Karte, beugte sich über den Tisch, tat so, als würde er die Kommentare studieren. Palmer ging davon aus, dass auch seinem Freund schwindelig war. Für sie beide würde es ein Rekord sein.

»Ich will nur wissen, ob es dort ist.« Brock klopfte auf die Karte. »Bevor wir weitergraben, brauchen wir exakte Koordinaten. Das verdammte Loch ist verteufelt schwer aufrechtzuerhalten.«

Die Männer, die Palmers Einschätzung nach die eigentliche Arbeit taten, murmelten ihre Zustimmung. Einer von ihnen lächelte ihn an. »Deine Mama wüsste, wie man Löcher in Schuss hält«, sagte er, und das Gemurmel wurde zu Gelächter.

Palmers Wangen brannten. »Wann fangen wir an?«, überbrüllte er den Lärm.

Und das Lachen verstummte. Sein Freund Hap wandte sich von der schwindelerregenden Karte ab. Wie Palmer keineswegs entging, stand in seinen aufgerissenen Augen Angst geschrieben. Angst und der Ansatz zu einer Entschuldigung, dass er sie für diesen Wahnsinn so weit nach Norden geführt hatte; ein Funkeln in den Augen, das all das Schlechte ankündigte, das bald folgen sollte.

4 – Die Grabung

In dieser Nacht lag Palmer in dem überfüllten Zelt wach und lauschte dem Schnarchen und Husten von Fremden. Der Wind heulte noch lange und trug das Flüstern des Landes mit sich, dann ließ er nach. Das langsame Dämmern des Morgens war willkommen, das Dunkel im Zelt wurde zu Grau und dann zu Cremefarbe. Als er nicht länger still liegen und seine Blase unter Kontrolle halten konnte, schlüpfte Palmer von seinem Platz zwischen Hap und der Segeltuchwand, schnappte sich seinen Rucksack und seine Stiefel und schlüpfte hinaus.

Die Luft war noch kühl von der wolkenlosen Nacht, der Sand war die am Vortag gespeicherte Hitze losgeworden. In der Dunkelheit im Westen hingen nur noch wenige Sterne. Die Venus stand allein hoch über den Dünen auf der anderen Seite. Irgendwo war die Sonne aufgegangen, aber sie würde sich noch eine ganze Stunde lang nicht über der Wüste zeigen.

Bevor sie zwischen den hohen Sandbergen brennen konnte, hoffte Palmer bereits zu tauchen. Er genoss die Kühle des tiefen Bodens, auch wenn die Taschen aus feuchtem Sand den Tauchfluss behinderten. Er setzte sich, kippte die Stiefel um, Sand rieselte heraus und häufte sich zu kleinen Pyramiden. Er klopfte sich die Socken ab, zog die Stiefel wieder an und schnürte sie sorgfältig zu, machte einen doppelten Knoten. Er konnte es kaum erwarten, seine Flossen anzulegen und loszulegen.

Er überprüfte seine Ausrüstung. Einer der Prospektoren kam aus dem Zelt, räusperte sich und spuckte nahe genug neben Palmer auf den Boden, dass der es bemerkte, aber sich nicht sicher sein konnte, ob er das Ziel gewesen war. Nach einigem Nachdenken, während der Mann gegen eine Düne pinkelte, kam Palmer zu dem Schluss, dass die Reichweite aus fragwürdiger Absicht zwischen vier und fünf Fuß betrug. Es fühlte sich akademisch an.

Ein drahtiger Mann mit schwarzer Haut trat aus Brocks Zelt. In dem schwachen Morgenlicht sah Moguhn weniger Furcht einflößend aus. Nach der Art und Weise zu urteilen, wie sich die beiden Männer in der vergangenen Nacht unterhalten hatten, musste er Brocks Stellvertreter sein. Moguhn sah Palmer mit hochgezogenen Brauen an, als wollte er den jungen Mann fragen, ob er sich schon auf die Herausforderung des Tages eingestellt hatte. Palmer senkte den Kopf, sowohl als Gruß wie auch zur Bestätigung. Er fühlte sich großartig. Fertig für den tiefen Tauchgang. Er überprüfte die beiden großen Druckluftflaschen, die auf dem Rücken seiner Tauchausrüstung befestigt waren, und nahm eine Reihe von tiefen und schnellen Atemzügen, bereitete seine Lungen vor. Es war nicht nötig, in die von Brock gewünschte Tiefe vorzustoßen. Sein Tauchervisier konnte durch ein paar Hundert Meter Sand blicken. Er musste nur so tief gehen, wie er konnte, die dreihundert vielleicht zum ersten Mal schaffen, das dokumentieren, was auch immer sie dort sehen würden, und dann wieder nach oben kommen. Mehr konnte man nicht von ihm verlangen.

Hap kam aus dem Zelt und beschattete die Augen vor der kommenden Morgendämmerung. Er schien auf das Tieftauchen noch nicht vorbereitet zu sein. Palmer dachte an ihm bekannte Leute, die in den Sand gegangen waren, um nie wieder gesehen zu werden. Hatten sie das am Morgen beim Aufwachen schon gefühlt? Hatten ihre Knochen gewusst, dass jemand an diesem Tag sterben würde? Hatten sie das Gefühl ignoriert und waren trotzdem aufgebrochen? Er dachte an Roman, der außerhalb von Springston nach unten gegangen war, um nach Wasser zu suchen. Er war nie zurückgekehrt und man hatte ihn nie gefunden. Vielleicht hatte Roman gewusst, dass er besser nicht gehen sollte, hatte es im letzten Augenblick deutlich gespürt, sich aber verpflichtet gefühlt und das Gefühl abgeschüttelt, das an seiner Seele gezerrt hatte. Möglicherweise taten er und Hap in genau diesem Augenblick das Gleiche. Brachen trotz ihrer Zweifel und Befürchtungen auf.

Wortlos überprüften die beiden Männer ihre Ausrüstung. Palmer holte ein paar Streifen Schlangendörrfleisch aus dem Rucksack und gab Hap einen davon. Sie kauten das würzige Fleisch und nahmen kleine Schlucke aus ihren Feldflaschen. Als Moguhn ihnen Bescheid sagte, dass die Zeit zum Aufbruch gekommen war, packten sie ihre Tauchausrüstung wieder ein und luden sich die schweren Bündel auf den Rücken.

Diese Männer hatten behauptet, zweihundert Meter tief gegraben zu haben, um ihnen den dringend benötigten Vorsprung zu verschaffen. Palmer kannte solche Bemühungen; jeder Taucher würde nach einer Stelle suchen, die so tief wie möglich zwischen langsamen Wanderdünen lag – aber zweihundert Meter? Das war tiefer als die Quelle in Springston, aus der sein kleiner Bruder jeden Tag Eimer voller Sand schleppte. Es war ausgesprochen schwer, so viel Sand zu bewegen und ein Nachrutschen zu verhindern. Der Wind hatte bedeutend mehr Hände als die Leute, die in der Erde buddelten. Die Wüste begrub sogar all die Dinge, die auf dem Sand gebaut waren, nicht nur die darunter. Und hier verließen sich Hap und er auf Piraten, die für sie das Dach freihalten sollten.

Wäre seine Schwester hier gewesen, sie hätte ihn grün und blau geprügelt, weil er sich auf diesen Unsinn eingelassen hatte, und ihn dann an den Füßen über die heißen Dünen nach Hause geschleift. Sie hätte ihn allein schon dafür umgebracht, dass er sich überhaupt mit Briganten eingelassen hatte. Dabei war sie mit solchen Leuten ausgegangen. Aber seine Schwester war nun mal eine Heuchlerin. Schärfte ihm ständig ein, Autorität infrage zu stellen. Solange es nicht ihre Autorität war.

»Mehr habt ihr nicht?« Moguhn sah ihnen zu. Er hielt die schwarzen Hände in die Ärmel seiner weißen Kleidung geschoben, die er so locker wie Frauenkleidung trug. Hell wie sie war, floss sie um seine Knöchel und tanzte wie die Hitze. Er sah aus wie die Nacht, die in den Tag gehüllt war.

»Das ist alles«, antwortete Hap und lächelte. »Hast du noch nie einen Sandtaucher gesehen?«

»Schon eine ganze Menge.« Moguhn wandte sich ab und bedeutete den Jungen, ihm zu folgen. »Die letzten beiden, die das versucht haben, trugen jeweils drei Flaschen. Das ist alles.«

Palmer glaubte sich verhört zu haben. »Die letzten beiden, die das versucht haben?«, fragte er. Aber Moguhn schob sich an den Zelten vorbei zwischen die Dünen, und er und Hap mussten sich anstrengen, um mit ihm mithalten zu können.

»Was hat er gesagt?«, fragte Palmer seinen Freund.

»Konzentrier dich auf den Tauchgang«, erwiderte Hap grimmig.

Der Tag war noch jung und die Wüstenluft noch immer kühl, aber Haps Nacken glänzte bereits vor Schweiß. Palmer rückte seine Ausrüstung höher und marschierte durch den weichen Sand, sah zu, wie sein Atem in der Morgenbrise, die durch die Dünen flüsterte, kleine Wölkchen bildete.

Sobald sie das Zeltlager hinter sich gelassen hatten, glaubte Palmer in der Ferne das tiefe Dröhnen eines Motors zu hören. Es klang wie ein Generator. Die Dünen wichen zurück, der Boden ging in eine Schräge über, die Sandhügel gaben den Blick auf ein breites Stück offenen Himmel frei. Vor ihnen wartete eine Grube, die größer als die Wasserquelle von Shantytown war. Es war ein umgekehrter Berg, eine riesige, auf den Kopf gestellte Pyramide aus fehlender Erde. In der Ferne flog Sand aus einem Rohr und wurde vom Wind nach Westen getragen.

Männer arbeiteten bereits auf dem Hang. Bis nach unten mussten es mindestens hundert Meter sein. Das war nur die Hälfte von dem, was man ihnen versprochen hatte, aber das Ausmaß der hier mitten im Nichts geleisteten Arbeit war ein sehenswerter Anblick. Hier arbeiteten Piraten mit Ehrgeiz, die sich länger als nur eine Woche organisieren konnten. Ganz unten auf der Sohle der Grube ragte die riesige Gestalt auf, die für das alles hier verantwortlich war: Brock. Palmer folgte Hap und Moguhn den Hang hinunter; losgetretener Sand rauschte wie eine Lawine vor ihnen weg, die die Männer unten besorgt betrachteten, als sie sich in ihre Richtung wälzte.

Als Palmer ihr Ziel erreichte, verklang das Geräusch des knatternden Generators. Er zog die Stiefel aus dem losen Sand, der ununterbrochen in Bewegung war und ihn zwang, das ständig zu wiederholen. Die anderen standen auf einer Metallplatte. Die Plattform war schwer zu erkennen, da der losgetretene Sand sie bedeckte. Palmer hatte Schwierigkeiten zu verstehen, wie die Grube überhaupt existieren konnte, wodurch die Sandwolke ausgestoßen wurde, wie man die Grabung aufrechterhielt. Hap musste genauso verwirrt sein, denn er fragte Brock, wie das möglich war.

»Das ist nicht mal die Hälfte«, antwortete Brock. Er gab zwei von seinen Männern ein Zeichen, die sich bückten und Sand wegwischten. Man befahl Palmer, ein paar Schritte zurückzutreten, während jemand einen Griff anhob. Verrostete Scharniere quietschten, eine Luke wurde aufgestemmt. Jemand leuchtete hinein, und Palmer sah, wo sich die restlichen hundert Meter befanden.

Ein zylindrischer Schacht führte durch den festen Sand direkt in die Tiefe. Einer der Männer nahm zwei Seile und begann, sie zu entrollen. Palmer spähte in das bodenlose schwarze Loch, diese große, schattenverhangene Tiefe. Seine Knie wurden weich.

»Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.« Brock machte eine Handbewegung.

Einer der Männer trat vor und zog das Halstuch vom Mund. Er half Hap, seinen Rucksack abzunehmen und wollte ihm auch mit der Ausrüstung helfen, doch der winkte den alten Mann zurück. Palmer befreite sich von seinem Bündel, behielt den Mann aber im Auge. Sein Bart war lang, grau und strähnig, aber Palmer glaubte, in ihm Yegery zu erkennen, einen alten Bastler, den seine Schwester kannte.

»Du hattest früher doch diesen Tauchladen in Low-Pub«, sagte Palmer. »Meine Schwester hat mich mal mitgenommen. Yegery, oder?«

Der Mann musterte ihn einen Augenblick lang, bevor er nickte. Als er begann, Palmer dabei zu helfen, seine Ausrüstung auszupacken, hielt dieser ihn nicht davon ab. Palmer konnte gar nicht glauben, dass Yegery so weit im Norden mitten in der Wüste war. Einen Augenblick lang vergaß er den Tauchgang und verfolgte, wie sich alte und kundige Hände mit seinem Gerät beschäftigten, Ventile und Schläuche überprüften, sich um die Luftflaschen kümmerten, die Palmer mit Schmirgelpapier aufgeraut hatte, um den Anschein zu erwecken, dass er bereits mehr Tauchgänge absolviert hatte, als es tatsächlich geschehen war.

Er und Hap entkleideten sich bis auf die Unterwäsche und zwängten sich in ihre Taucheranzüge und achteten darauf, dass sich die Drähte, die an Armen und Beinen verliefen, nicht verhedderten. Seine Schwester hatte ihm einmal erzählt, dass Yegery mehr über das Tauchen wusste als zehn Männer zusammen. Und da stand er nun, befeuchtete die alten Finger und drückte die Batterieklemmen am Visier zusammen, bevor er das Headset an- und wieder ausschaltete. Palmer staunte erneut darüber, was Brock und diese Briganten geleistet hatten. Er hatte sie unterschätzt, sie für desorganisierte und verrückte Schatzjäger gehalten. Hoffentlich waren sie an diesem Tag nicht die Einzigen, die die Erwartungen erfüllen konnten.

»Die Luke hält den Sand aus dem Loch«, sagte Yegery. »Also müssen wir sie hinter euch schließen.« Er sah von Hap zu Palmer, um sich zu vergewissern, dass die beiden auch richtig zuhörten. »Behaltet eure Luft im Auge. Ungefähr auf dreihundert Meter oder so hatten wir einen Ping von etwas Hohem. Nicht besonders ausgeprägt, aber regelmäßig.«

»Ihr könnt so tief sondieren?«, fragte Hap. Er und Palmer waren so gut wie fertig angekleidet.

Yegery nickte. »Ich habe hier zweihundert meiner Taucheranzüge miteinander verbunden. Das hält die Schachtwände aufrecht und macht den Sand in der Umgebung weicher, damit wir ihn abpumpen können. Wir haben nur noch Treibstoff für wenige Tage im Generator, aber bis dahin seid ihr entweder tot oder zurück.«

Der alte Tüftler lächelte nicht, und Palmer begriff, dass das keineswegs als Witz gemeint gewesen war. Er zog das Visier über, hielt den gebogenen Schirm aber auf der Stirn, um sehen zu können. Dann hängte er sich die Taucherlampe um den Hals, bevor er die Flossen an den Stiefeln befestigte. Den Sack für die Ausrüstung und die Klamotten würde er zurücklassen; allerdings schnallte er die Feldflasche fest an den Körper, damit sie nicht baumelte – er vertraute nicht darauf, dass diese Männer während seiner Abwesenheit nicht hineinpinkelten.

»Und die anderen beiden Taucher«, fragte er Yegery. »Was ist mit ihnen geschehen?«

Der alte Tauchmeister kaute auf dem Schutt in seinem Mund herum, wie sie es nannten, den feinen Sandkörnern, die sie alle im Mund hatten, die jeder für alle Ewigkeit im Mund hatte. »Sorgt euch lieber um euren eigenen Tauchgang«, riet er den beiden Jungen.

5 – Der Tauchgang

Das Seil schnitt in Palmers Achselhöhlen, während man ihn in den Schacht senkte. Er schwebte in die Tiefe, unterbrochen von plötzlichen ruckartigen Pausen, spürte, wie die Männer oben das Seil mit ihren behandschuhten Händen bedienten. Die Taucherlampe beleuchtete die glatten Wände des Schachtes, während er sich langsam in die eine und dann in die andere Richtung drehte. Hap baumelte ein paar Meter unter ihm an seinem eigenen Seil.

»Es ist verflucht still«, sagte er.

Palmer trug seinen Teil zu der Stille bei. Er streckte den Arm aus und berührte die Wand dieses künstlichen Schachtes. Seine Finger ertasteten die unverkennbare Körnung von Sand, der von einem eingeschalteten Taucheranzug fixiert wurde. Dieser Schacht war nicht natürlichen Ursprungs. Palmer verspürte ein Frösteln. Er erinnerte sich wieder, dass Yegery etwas von zweihundert Anzügen gesagt hatte. »Das haben sie gemacht«, flüsterte er.

Zentimeterweise gingen er und Hap weiter in die Tiefe. Dabei drehten sie sich hin und her.

»Das alles halten sie mit den Vibrationen der Anzüge zusammen. Und um den Sand zu lockern, bevor sie ihn abpumpen.« Palmer erinnerte sich an das weiche und matschige Gefühl des Sandes, durch den sie nach unten in den Krater gestiegen waren.

»Wir nähern uns dem Grund«, verkündete Hap. »Ich kann ihn sehen.«

Palmer stellte sich vor, wie der Generator ausgeschaltet wurde oder dass jemand den Strom kappte, der diese Sandwände zurückhielt. Und dann, wie das alles augenblicklich einstürzte. Bei dem Gedanken an die Last der Erde fiel es schwer zu atmen. Beinahe hätte er seinen Taucheranzug eingeschaltet, nur für alle Fälle.

»Ich bin unten«, meldete Hap. »Pass auf deine Flossen auf.«

Palmer spürte seine Hand auf dem Knöchel; sein Partner lenkte ihn, damit er nicht auf seinem Kopf landete. Als die beiden auf dem Boden standen, war es in dem Schacht ziemlich eng. Sie lösten die Knoten auf ihrer Brust und zogen zweimal am Seil, so wie Brock angeordnet hatte.

»Ich übernehme die Führung«, bot Hap an. Er hob den Atemregler von der Brust, überprüfte den Schlauch und griff dann über die Schulter, um das Luftventil zu öffnen. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass es eingerastet war, biss er auf das Mundstück.

Palmer tat das Gleiche. Er schob sich das Mundstück zwischen die Zähne und nickte. Irgendwie überkam ihn bei dem ersten tiefen Atemzug aus der Flasche eine seltsame Ruhe. Bald würde er im Sand sein, dem einzigen Ort, an dem er jemals Frieden verspürt hatte. Dort würde der ganze Wahnsinn um ihn herum vergessen sein. Es würde nur ihn und die Tiefe geben, den ruhigen, kühlen Sand und die Chance, Danvar tief unter ihren Flossen zu entdecken. So gering sie auch sein mochte.

Hap schlug auf den großen Knopf auf seiner Brust und setzte den Anzug unter Strom. In dieser Nähe konnte Palmer die Vibrationen in der Luft spüren. Er griff sich ebenfalls an die Brust und schaltete seinen Anzug ein, dann schob er die Lederklappe über den Knopf, damit der Schalter auf der Reise durch den Sand nicht versehentlich umgelegt werden konnte und ihn auf der Stelle begrub.

Hap klappte das Visier über die Augen, lächelte und winkte ein letztes Mal. Dann lockerte sich der Sand zu seinen Füßen und schien ihn in die Tiefe zu ziehen – Hap verschwand.

Palmer schaltete die Taucherlampe aus, um Saft zu sparen. Er zog das Visier herunter und schaltete es ein. Die Welt wurde dunkel, dann waberte dort ein purpurner Fleck aus Umrissen, die sich ständig bewegten. Die Luft störte die Sandsicht und machte es unmöglich zu sehen. Das Stirnband des Visiers schmiegte sich an seine Schläfen; er dachte gezielt daran, wie sich der Sand verhalten sollte. Und der Sand gehorchte. Der Anzug, in dem Palmer steckte, vibrierte und schickte Unterschallwellen durch Moleküle und Atome. Der Sand bewegte sich. Er verhielt sich wie Wasser, floss um Palmer herum und schickte ihn in die Tiefe.

Sobald ihn der Sand umgab, verspürte Palmer ein Hochgefühl, wie es ein Dünenfalke beim Flug verspüren musste, ein Gefühl von Schwerelosigkeit und Freiheit, die Macht, in jede gewünschte Richtung gleiten zu können.

Er lenkte seine Gedanken, wie es ihm seine Schwester vor so vielen Jahren beigebracht hatte, lockerte den Sand unter sich und ließ sich von dem erneut gehärteten Sand, der über ihm war, schieben, hielt eine Blase um die Brust locker, damit er atmen konnte, verteilte die Last um sich herum, um den Druck von sich fernzuhalten. Dabei nahm er kontrollierte Atemzüge aus dem Atemregler, um die Luft einzuteilen.

Die pulsierenden purpurfarbenen Flecke wurden von einem ganzen Regenbogen aus Farben ersetzt; alles, was weit entfernt war, zeigte sich in kalten purpurnen und blauen Tönen, alles Harte und alles in unmittelbarer Nähe war orange oder rot. Ein Blick nach oben zeigte Palmer den Schacht als hellgelbe Masse. Er glühte, wie nur Sand glühen konnte, der von einem Anzug gehärtet wurde. Tatsächlich war es sogar so hell, dass das weiße Pulsieren der Transponder schwer zu entdecken war, aber ein Signalfeuer war so gut wie das andere. Er blickte nach unten, und da war Hap, ein oranger Fleck mit grünen Umrissen. Das neue Visier funktionierte großartig, die bedeutend bessere Versiegelung hielt den Sand draußen und die Wiedergabequalität war viel besser als beim letzten Mal. Wo sonst nur ein einzelner Fleck zu sehen gewesen war, konnte er nun deutlich Haps Arme und Beine ausmachen. Er tauchte seinem Freund hinterher und sprach in der Kehle, um ihn wissen zu lassen, dass er ihn in der Sicht hatte.

Ich empfange dich, erwiderte Hap. Die Töne kamen von hinter und unter Palmers Ohren und vibrierten in seinem Kieferknochen.

Die beiden jungen Männer gingen senkrecht herunter, ließen den Sand an sich vorbeifließen. Der Widerstand, mit dem die Anzüge zu kämpfen hatten, wurde größer, je tiefer sie kamen. Das machte die Aufrechterhaltung des Flusses strapaziöser, was wiederum das Atmen erschwerte. Palmer beruhigte sich, indem er sich das ganze Unternehmen als einen schnellen Tauchgang vorstellte, schnell mal runter und dann wieder rauf. Dabei musste man nichts Brauchbares finden und mitbringen. Einfach nur um ein bisschen anzugeben, hart und schnell so tief nach unten gehen, wie es nur möglich war, sich kurz umsehen und dann wieder nach oben. Vor einem solchen Tauchgang hatte ihn seine Schwester immer gewarnt. Aber hier ging es nicht ums Ego, hier ging es um Geld. Das hier war ein Job, es ging nicht darum, etwas zu beweisen.

Siehst du was?, fragte Hap.

Noch nicht. Palmer betrachtete den Tiefenmesser im Visier. Die Distanzangabe kam von dem zurückgelassenen Transponder. Fünfzig Meter. Hundert Meter. Das Atmen fiel immer schwerer, die körnige Masse zu bewegen erforderte immer größere Konzentration. Je tiefer sie kamen, umso schwerer und dichter wurde die messbare Sandsäule über ihnen. Das war der Augenblick, in dem viele Taucher in Panik gerieten und sich »einsargten«. Sie ließen den Sand erstarren. Während der Ausbildung mit ihrer alten Ausrüstung hatte ihn seine Schwester zweimal aus einem solchen Sarg geholt. Wenn die Wüste einem ihre großen Arme um die Brust schlang und sich entschied, dass man nicht länger atmen sollte – das war der Augenblick, in dem man fühlte, wie klein und unbedeutend man doch war, nicht mehr als ein Sandkorn, das inmitten einer unendlichen Zahl von Sandkörnern zerquetscht wurde.

Palmer hielt seine Gedanken frei, als sie die Hundertfünfzig-Meter-Marke passierten. Dann zweihundert. Tiefer ging er nicht gern. Er beruhigte sich und ignorierte den Sand, der am Visier vorbei und in seine Ohren kroch, ignorierte den Sand in den Mundwinkeln, der die Lücke zwischen Lippen und Atemregler füllte, der zwischen seinen Zähnen knirschte. Er konzentrierte sich nur auf den Fluss. Die Batterien seines Anzugs waren leistungsfähig. Ein paar Tauchgänge zuvor hatte er sie verdoppelt. Seine Ausrüstung und sein Verstand befanden sich in hervorragendem Zustand. Er spürte die Gelassenheit, die ihn überkam, wenn er es schaffte, den Atem minutenlang anzuhalten, dieses Gefühl vollständigen Friedens. Der Sand auf Kopf und Nacken fühlte sich kühl an, die Welt trieb immer weiter fort.

Zweihundertfünfzig Meter. Palmer verspürte eine Woge des Stolzes. Er konnte es nicht erwarten, dies alles Vic …

Scheiße. Scheiße. Scheiße.

Die Worte vibrierten zwischen seinen Zähnen – Hap musste brüllen. Palmer blickte zu seinem Freund hin, und da sah er es auch. Einen hellen Fleck. Etwas Hartes. Gewaltiges.

Wo ist der Boden?, fragte er.

Keine Ahnung, verdammt. Was ist das?

Sieht aus wie ein Würfel. Vielleicht ein Haus? Das sich der Wüstensand geholt hat?

Wüstensand reicht nicht so tief. Scheiße, es geht immer tiefer.

Nun sah Palmer es auch. Das hellrote Rechteck verfärbte sich orange, als sie näher kamen, und die harten Kanten der Struktur verblassten zu grünen und blauen Tönen, als sie tiefer gingen. Dort lag ein irgendein vertikaler, quadratischer Schacht tief begraben.

Das Atmen wird schwerer, sagte Hap.

Palmer fühlte es auch. Seiner Meinung nach erschwerte dieses seltsame Objekt in der Sandsicht das Atmen, aber er spürte, wie fest der Sand hier war, wie es immer schwerer fiel, ihn fließen zu lassen. Sinken war noch immer möglich, aber das Auftauchen würde zur Prüfung werden. Das Gewicht des Sandes über ihm war deutlich zu spüren.

Kehren wir um?, fragte er.

Sein Visier zeigte zweihundertfünfzig Meter an. Bis zu der Konstruktion waren es noch ungefähr weitere fünfzig. Zusammen mit den zweihundert Metern, die durch die Grabung entstanden waren, wären sie genau genommen auf vierhundertfünfzig. Verdammt. Er hätte sich nie träumen lassen, so tief tauchen zu können. Andererseits war er selbst nur zweihundertfünfzig Meter getaucht. Aber seine Schwester hatte ihm gesagt, er sei selbst dafür noch nicht bereit. Er hatte ihr zwar heftig widersprochen, aber jetzt glaubte er ihr. Gottverdammt, musste sie denn immer in allem recht haben?

Wir sollten uns das ansehen, sagte Hap. Dann kehren wir um.

Der Boden muss eine Meile tief liegen. Ich kann ihn nicht sehen.

Aber ich sehe etwas. Noch mehr von denen hier.

Palmer wünschte sich, Haps Visier zu haben. Seines grub sich ins Gesicht, drückte gegen Stirn und Wangenknochen, als wollte es seinen Schädel zerquetschen. Er bewegte den Kiefer, um die Schmerzen zu verringern, spähte angestrengt nach unten. Dann sah auch er etwas. Dort unten leuchteten hellblaue Töne, weitere rechteckige Schächte, ein Stück tiefer existierte noch einer, der sich aber bloß als purpurner Umriss darstellte. Und war das dort der Boden? Vielleicht weitere dreihundert Meter tiefer?

Ich besorge eine Probe, sagte Hap. Seine Worte dröhnten laut. Der Sand war dicht, die Visierbänder übertrugen die Worte von der Kehle zum Kieferknochen lauter als üblich. Davon hatte Vic erzählt. Palmer versuchte sich zu erinnern, was er sonst noch über tiefen Sand gehört hatte. Mittlerweile musste er sich für jeden Atemzug abmühen, es fühlte sich an, als wäre der Tank leer, aber die Anzeige befand sich noch immer im grünen Bereich. Das war nur die Enge um seine Brust, die langsam unerträglich wurde. Als würde gleich eine Rippe brechen. Er hatte schon früher Taucher gesehen, denen das passiert war. Aus ihren Nasen und Ohren war Blut geflossen, als sie wieder an die Oberfläche kamen. Palmer konzentrierte sich. Befahl dem Sand zu fließen. Er folgte Hap, obwohl jeder Impuls ihn anschrie, hier zu verschwinden, sich umzudrehen und sein Signal zu finden, sich so schnell wie nur möglich durch den Sand nach oben zu schieben, und dann – zum Teufel mit dem Geld.

geatmet