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ROLAND KADAN

Da
Josef und seine
Briada

Altes Testament

auf Wienerisch II

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

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1. Auflage 2018

© 2018 by Braumüller GmbH

Servitengasse 5, A-1090 Wien

www.braumueller.at

Fotos auf den Seiten 37 und 91: Katholische Bibel, Das ist die ganze Heilige Schrift alten und neuen Testaments, gedruckt bey Johann Joseph Fleischmann, Nürnberg 1763; Seite 68: © LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna

ISBN 978-3-99100-264-2

eISBN 978-3-99100-265-9

Vorwort

Im Frühjahr 2017 erschien „Da David und sei Pantscherl“, und so liegt es durchaus nahe, das nun vorliegende Buch als dessen zweiten Teil zu betrachten. Aber man muss den „David“ nicht gelesen haben, um den „Josef“ zu verstehen, nur der Untertitel lautet bei beiden gleich: Altes Testament auf Wienerisch.

Während sich in jenem die (ältere) jahwistische Schöpfungserzählung und, als längere Erzähleinheit, die Geschichten um Moses und den Auszug aus Ägypten finden, sind nun die (jüngere) priesterschriftliche Schöpfungserzählung und die Josefsnovelle enthalten (der Vater Josefs wird dort übrigens abwechselnd als Jakob und als Israel bezeichnet). Bei der Auswahl der Texte wurde erneut nicht nur auf deren religiöse Bedeutsamkeit Bedacht genommen, sondern auch auf ihre Wirkungsgeschichte: So ist die Geschichte von Noah und der Sintflut wohl jedem Kindergartenkind bekannt, sie wurde aber auch zuletzt 2014 von Darren Aronofsky (mit Russell Crowe) verfilmt. Das in der bildenden Kunst sehr beliebte Motiv „Susanna im Bade“ ist im Wiener Kunsthistorischen Museum durch keinen Geringeren als Tintoretto vertreten. Weniger bekannt, aber in Form eines Brunnens im 1. Bezirk präsent ist die Witwe von Sarepta (1. Könige 17). Weiters erschien mir der Abschnitt über Jeremia reizvoll, weil dessen unbequeme Kritik (aus dem 6. Jh. v. Chr.) dem entspricht, was in der NS-Zeit als „Wehrkraftzersetzung“ bezeichnet wurde (oder auch: „defätistische Parolen“). Das Ende des Buches bilden die persönlichsten und wohl auch unmittelbarsten Texte des sogenannten Tanach: die Psalmen. Beim Übersetzen dienten mir wieder die Lutherübersetzung, die „Bibel in gerechter Sprache“ (2006) und die Vulgata als Arbeitsgrundlage, an einigen Stellen zog ich aber auch die Septuaginta und das hebräische Original zurate.

Warum aber dies alles auf Wienerisch? Weil ich als Wiener, als mit diesem Idiom Aufgewachsener, seinen emotionalen Reichtum und seine Intensität bewundere und liebe. Der Unterschied, der sich ergab, als Ernst Molden in seinen Liedern vor einem Jahrzehnt von Hochdeutsch auf Wienerisch wechselte, spricht meines Erachtens Bände. Warum dies alles auf Wienerisch? Weil auch seit Wolfgang Teuschls „Da Jesus und seine Hawara“ als ausgemacht gelten darf, dass die Kraft und die Präzision des Dialekts sich mit Geschichten aus der Bibel bestens vertragen. Mehr noch: Ich hege die Hoffnung, dass auf diese Weise mancher Leserin und manchem Leser diese altehrwürdigen und quasi auf einem Podest stehenden Geschichten direkt zu sprechen beginnen.

Apropos sprechen: Das Wienerische ist primär gesprochene Sprache, und so empfiehlt es sich, die Texte laut zu lesen. Von den kleinen Ringen und Wellen (Tilden) möge sich niemand abschrecken lassen, diese sogenannten diakritischen Zeichen sind für den Klang, um nicht zu sagen: Sound des Dialekts unverzichtbar. Während das helle „a“ in „Baana“ (Knochen) ganz simpel wie in „Banane“ gesprochen wird, ist der Vokal in „Håckn“ (Arbeit) der gleiche wie im englischen „small“, und das nasalierte „ã“ in „Wãmpn“ (Bauch) klingt wie die letzte Silbe von „Restaurant“.

Wo es nicht nur um die Aussprache geht, sondern auch um Wörter, die außerhalb Wiens kaum verstanden werden, sei auf das Glossar am Ende des Buches hingewiesen; dort erfährt man, was „Maschekseitn“ bedeutet, aber auch, dass sich hinter „Möö“ simples „Mehl“ verbirgt.

Die Einschätzung, dass das Wienerische den Kampf gegen das „Deutschland-Deutsch“, das im Fernsehen und auf YouTube dominiert, in absehbarer Zeit verlieren wird, halte ich für übertrieben; immerhin wird die Rockband Wanda beileibe nicht nur in Österreich gefeiert. Eine besondere Freude wäre es natürlich, wenn „Da Josef und seine Briada“ selbst als Hinweis darauf gesehen würde, dass das Wienerische in Blüte steht.

Mein Dank gilt Anita Luttenberger für ihr so sachkundiges Lektorat und meinem lieben Kollegen Dr. Georg Geiger, der dieses Projekt von den ersten Anfängen an begleitet hat.

Roland Kadan

Inhalt

Leiwãnd håt da Scheff d Wööd gmåcht (Genesis 1,1–2,4a)

Da Noah mid sein Schwüü (Genesis 6,5–9,29)

Wia da Jakob sein Bruada bedacklt (Genesis 25,19–34; 27,1–28,19)

Da Josef und seine Briada (Genesis 37; 39,1–46,7.28–30)

Dem Scheff sei Ãnsåg: Wås a Gheatsi is (Exodus 19,1–20,17)

Beim Måtschker-Wåssa, wo da Moses ned auf n Scheff ghoitn håt (Numeri 20,1–13)

A Hãndfoi Möö und a Äuzerl Öö (1. Könige 17,8–16)

Im Nabot sei Weĩbeag (1. Könige 21)

Wia da Jesaja a Prophet wuan is (Jesaja 6)

Da Jeremia im Gatsch (Jeremia 37,17–38,6)

Die Susanna & die zwaa, de wås gspechtlt håbm (Daniel 13)

Da Hiob: frãnk und a Guada (Hiob 1–2; 42,7–17)

A poa Gsangln:
Da Mensch is a Wãhnsinn, åba ea geht päule (Psalm 3, 14, 23, 30, 49, 56, 69, 75, 85, 90, 92, 94, 115, 118, 120, 130, 137, 146)

Glossar

Leiwãnd håt da Scheff d Wööd gmåcht

Genesis 1,1–2,4a

11 Ãngfãngan håt s mid den, dåss da Scheff in Himme und d Ead gmåcht håt. 2 Und auf da r Ead woa goa nix, ois woa wia r a Gstettn, und es woa nåss und finsta, und driba n Scheff sei Geist. 3 Und da Scheff håt gsågt: „Es soi höö wean!“, und då is höö wuan. 4 Und da Scheff håt gseng, dåss es Liachd leiwãnd is. Då håt s da Scheff wegtãn vom Finstern 5 und håt s Liachd Dåg ghaaßn und es Finstare Nåchd. Då is Ãbmd wuan und Frua: da r easchde Dåg. 6 Und da Scheff håt gsågt: „In da Mittn vom Wåssa soi s a Gwööb gebm, dåss des aane Wåssa då is und es ãndare duatn.“ 7 Då håt da Scheff es Gwööb gmåcht, dåss des aane Wåssa unta m Gwööb woa und es ãndare iba m Gwööb. Und so is gscheng. 8 Und da Scheff håt des Gwööb Himme ghaaßn. Då is Ãbmd wuan und Frua: da zweite Dåg. 9 Und da Scheff håt gsågt: „Es Wåssa unta m Himme soi beinãnd sei ãn aana Stöö, dåss d es Drockane siachst.“ Und so is gscheng. 10 Und da Scheff håt des Drockane Ead ghaaßn und des, wo s Wåssa beinãnd woa, Mea. Und da Scheff håt gseng, dåss leiwãnd is. 11 Und da Scheff håt gsågt: „D Ead soi Grås wåchsn låssn, Kräudln, die an Sãman bringan, und Bam, die a Fruchd trågn, wo da Sãman drin is, olle nåch ihra Oat.“ Und so is gscheng. 12 Und d Ead håt Grås wåchsn låssn, Kräudln, die an Sãman bringan, a jeds nåch seina Oat, und Obstbam, die a Fruchd trågn, wo da Sãman drin is, olle nåch ihra r Oat. Und da Scheff håt gseng, dåss leiwãnd is. 13 Då is Ãbmd wuan und Frua: da dritte Dåg. 14 Und da Scheff håt gsågt: „Ãm Gwööb obm ãm Himme soi s Liachda gebm, dåss d n Dåg kennst von da Nåchd. De soin a Zeichn seĩ fia die Feiadäg, fia Däg und fia Joa. 15 Es soi Liachda gebm, de wås auf d Ead scheinan.“ Und so is gscheng. 16 Und da Scheff håt zwa große Liachda gmåcht, a gräßers, des ãm Dåg duad, und a klaanas, des in da Nåchd duad, und die Stean dazua aa no. 17 Und da Scheff håt s ãm Gwööb hĩpickt, damid s auf d Ead scheinan 18 und auf n Dåg und die Nåchd schaun, und dåss a so s Hölle wegduad vom Finstan. Und da Scheff håt gseng, dåss leiwãnd is. 19 Då is Ãbmd wuan und Frua: da vierte Dåg. 20 Und da Scheff håt gsågt: „Im Wåssa soin lewendiche Viecha wurln, und iba d r Ead soin Vägl fliagn, ãm Himme unta m Gwööb.“ 21 Und da Scheff håt die riesign Fisch gmåcht und a jeds Viech, wås si bewegt und umanãndawurlt im Wåssa, a jeds nåch seina Oat, und olle Vägl mid Fedan, an jedn nåch seina Oat. Und da Scheff håt gseng, dåss leiwãnd is. 22 Und da Scheff håt ihnan an Segn gebm und gsågt: „Es soits Junge kriagn und mea wean und ibaroi im Wåssa von die Meere seĩ, und die Vägl soin mea wean auf da r Ead.“ 23 Då is Ãbmd wuan und Frua: da finfte Dåg. 24 Und da Scheff håt gsågt: „D Ead soi wås Lewendichs håbm, ois nåch seina Oat: Rindviecha, Wirma und wöchane, de ãm Fööd lebm, a jeds nåch seina Oat. Und so is gscheng. 25 Und da Scheff håt die Viecha vom Fööd gmåcht, a jeds nåch seina Oat, die Rindviecha nåch ihra Oat und ois, wås ãm Bodn umanãndakräut, nåch seina Oat. Und da Scheff håt gseng, dåss leiwãnd is. 26 Und da Scheff håt gsågt: „Måch ma Menschn, a Büüdl von uns, aus n Gsicht grissn: Die soin da Scheff seĩ fia die Fisch im Mea und fia die Vägl ãm Himme und fia die Rindviecha, die Viecha ãm Fööd und ois, wås ãm Bodn umanãndakräut.“ 27 Då håt da Scheff in Menschn gmåcht, eam sööba aus n Gsicht grissn, wia r a Büüdl vom Scheff håt a s gmåcht, ois Manderl und Weiberl. 28 Und da Scheff håt ihnan an Segn gebm und gsågt: „Es soits Bãmbaledsch kriagn und mea wean und ibaroi auf dera Wööd seĩ und des Sågn håbm. Es soits da Scheff seĩ fia die Fisch im Mea und fia die Vägl ãm Himme und fia die Rindviecha und ois, wås auf da r Ead umanãndakräut.“ 29 Und da Scheff håt gsågt: „Oisa, zum Hawern geb i eich olle Kräudln, de wås Sãman bringan, auf dera gãnzn Wööd, und olle Bam, die wås a Fruchd trågn, wo da Sãman drin is. 30 Åba den Viechan auf da r Ead und n Vägln ãm Himme und oim, wås ãm Bodn umanãndakräut, håb i olle Graserln zum Hawern gebm.“ Und so is gscheng. 31 Und da Scheff håt si ois ãngschaut, wås a gmåcht håt, und, pfäu, s woa r echt leiwãnd. Då is Ãbmd wuan und Frua: da sechste Dåg.

21 So san da Himme und d Ead gmåcht wuan mid oin, wås dazuagheat. 2 Und da Scheff håt ãm siemtn Dåg de Håckn, wås a ghåbt håt, zua an End bråcht und håt ãm siemtn Dåg knozt, nåch dera gãnzn Håckn, die wås a ghåbt håt. 3 Und da Scheff håt auf n siemtn Dåg an Segn glegt und håt wås Bsundas aus eam gmåcht, weul ãn eam håt a knozt, nåch da gãnzn Håckn, die wås a ghåbt håt. 4 So woa des, wia da Himme und d Ead gmåcht wuan san.

Da Noah mid sein Schwüü

Genesis 6,5–9,29

65 Wia da Scheff gseng håt, dåss die Leit auf dera Wööd echte Gfrastsackln woan und dåss ois, wås a si denkt und woin håbm, in ana Dua bäs woa, von vuan bis hintn, 6 då håt s eam laadtãn, dåss a de Menschn gmåcht håt auf dera Wööd, des håt eam einegschnittn mittn ins Heaz. 7 Ea håt gsågt: „I wüü n Menschn, de wås i gmåcht håb, die Gas ådrahn auf dera gãnzn Wööd, von die Menschn bis zu die Viecha und bis zu oim, wås ãm Bodn kräut, und bis zu die Vägl ãm Himme; weu s duad ma laad, dåss i s gmåcht håb.“ 8 Åba mid n Noah håt da Scheff a Eĩsegn ghåbt. 9 Des is die Gschicht vom Noah und von seine Gschråppn: Da Noah woa r a echt guada Lådsch zu seina Zeid, ea is mid n Scheff duach s Lebm gãngan. 10 Und ea håt drei Buam ghåbt: in Sem, in Ham und in Jafet. 11 Åba in dn Scheff seine Augn woa die Wööd a r echte Oaschpartie, nix ois wia Gwoit. 12 Da Scheff håt si d Wööd ãngschaut: Nå wås? S woa r a Oaschpartie, weu des woan olle Gfrastsackln, so wia die glebt håbm. 13 Då håt da Scheff zum Noah gsågt: „Es Fleisch håt bei mia ausgschissn, und zwoa a jeds, weu wegn die is die Wööd voi von Gwoit. Heast, i wüü s midsåmt da r Ead zamerschern. 14 Måch da r an Kåstn aus Tãnnanhoiz, måch Kabinan eine und dua r eam innan und außn mid Pech ådichtn. 15 Und aso soist eam måchn: hundertfuffzg Meter lãng, finfazwanzg Meter braad und fuffzehn Meter hoch. 16 Obm soist a Dåch von an hoibm Meter draufduan, und måch auf da Seitn a Dia und drei Stockweak, aans untn, a Mezzanin und aans obm. 17 Schau, i wüü s auf d Ead waschln låssn ohne End, damid ois, wås unta m Himme an Schnaufa måcht, hinich wiad. Ois, wås auf dera Wööd is, soi a Bangl reißn. 18 Åba mid dia wül i ma wås ausmåchn. Du soist in Kåstn eine, mid deine Buam, mid deina Oidn und mid die Oidn von deine Buam. 19 Und von olle Viecha, von oim Fleisch soist imma zwaa in dn Kåstn bringan, damid s mid dia ibalebm, a Manderl und a Weiberl. 20 Von die Vägl nåch ihra Oat, von die Rindviecha nåch ihra Oat, und von oim, wås auf da r Ead kriacht, nåch seina Oat – von die olle soin imma zwaa zu dia eine, damid s ibalebm. 21 Und du soist da von oim, wås ma so hawert, wås nehman und bei dia eĩlågan, dãnn håbts wås zan Hawern.“ 22 Und da Noah håt ois gmåcht, wås da Scheff eam gschåfft håt, genau aso.

71 Dãnn håt da Scheff zum Noah gsågt: „Kräu eine in Kåstn, du und deine Leit, weu wãnn i ma zu dera Zeid di ãnschau, bist a Guada. 2 Von die saubern Viecha nimmst da imma sieme, es Manderl und es Weiberl, åba von die graupertn nimmst zwaa, es Manderl und es Weiberl. 3 Aa bei die Vägl vom Himme imma sieme, es Manderl und es Weiberl, damid s auf dera gãnzn Wööd a no a Lebm gibt. 4 Weu heit in siebm Dåg wül i s waschln låssn auf d Ead, gãnze vierzg Dåg lãng, und wüü oin auf dera Wööd, wås i gmåcht håb, oin Lewendichn die Gas ådrahn.“ 5 Und da Noah håt ois gmåcht, wås da Scheff eam gschåfft håt. 6789101112131415161718192021222324