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Joachim Eilts
Vom Glück
verfolgt ...
Erinnerungen eines
Anglers
Kosmos

Für Erika, Carsten und Carina

Geleitwort

Joachim Eilts ist leidenschaftlicher Angler von Kindesbeinen an und seit mehr als zwei Jahrzehnten hauptberuflich in der Redaktion FISCH & FANG beschäftigt. Bei der Fischwaid „vor der Haustür“ in seinem geliebten Ostfriesland, in verschiedenen Gewässern Deutschlands sowie auf Reisen rund um die Welt hat er im Laufe der Jahre unendlich viel erlebt. Grund genug, all die Abenteuer in einem Buch zusammenzufassen.

Der Autor, von Freunden nur „Akki“ genannt, angelt „seit ewigen Zeiten“ zu jeder Tages- und Nachtzeit: in lauen Mainächten, an warmen Sommer-, stürmischen Herbst- sowie kalten Wintertagen bei Eis und Schnee. Ist – sinnbildlich – mit allen Wettern gewaschen.

Joachim Eilts nimmt den Leser im wahrsten Sinne des Wortes mit ans Wasser. Die Nase im Wind, Salz auf den Lippen und eine gebogene Angelrute ... Es ist, als wäre man leibhaftig dabei! Ein herzerfrischendes, köstliches Werk, kurzweilig mit spürbarer Begeisterung geschrieben. Gespickt mit treffsicheren Pointen, tiefgründigem ostfriesischem Humor und einer gehörigen Portion Selbstironie. Man kann sich eines Schmunzelns beziehungsweise herzerfrischenden Lachens nicht erwehren.

„Akki“ hält sich den Blick frei für Land und Leute, für Flora und Fauna, beschreibt Originale und charakterisiert Menschentypen, die an Schlitzohrigkeit nichts zu wünschen übrig lassen, bringt Ihnen die Natur, die ihn umgibt, in die Wohnstube.

In der ihm eigenen Art beschreibt er bildhaft und spannend die große weite Welt des Angelns. Während des Lesens hat man das Gefühl, als würde vor dem inneren Auge ein Film ablaufen. Beim Schildern glühender Hitze im Sommer gerät der Leser ins Schwitzen, wenn der Autor vom Winterangeln bei Eis und Schnee berichtet, läuft es einem kalt den Rücken herunter. Man spürt förmlich, wenn der Wind weht und es zu regnen beginnt, sieht die Menschen, die Landschaft und die wilden Tiere, die ihn umgeben, gestochen scharf vor sich.

Joachim Eilts ist ein munterer Erzähler, Beobachter und – nicht weniger wichtig – aufmerksamer Zuhörer. Die Art und Weise, wie seine vor Lebendigkeit sprudelnden Geschichten zu Papier gebracht wurden, reißt jeden Petrijünger vom Stuhl. Wer das Buch einmal zur Hand genommen hat, mag es kaum wieder beiseite legen. In seinen Memoiren versteht es der Allroundangler außerdem „so ganz nebenbei“ ohne erhobenen Zeigefinger viel von der Technik des Angelns zu vermitteln.

Auch ich hatte des Öfteren das Vergnügen, mit Joachim Eilts fischen zu gehen und erinnere mich, dass praktisch an jedem Angeltag irgendetwas Verrücktes passierte. Es gibt Menschen, die zieht das Abenteuer förmlich an. „Akki“ gehört mit Sicherheit dazu.

„Vom Glück verfolgt ...“: Ein Werk, das einlädt zum Träumen. Die ideale Lektüre für Stunden am Wasser und lange Winterabende. Ich bin sicher, auch Ihnen werden die Erlebnisse von Joachim Eilts viel Freude bereiten.

Henning Stühring,
Chefredakteur FISCH & FANG

Kaminerinnerungen

Als ich neulich vorm flackernden, unaufhörlich knackenden Kaminfeuer saß und in aller Seelenruhe bei einer Tasse Tee mit Kluntjes und Sahne mal wieder meine Fangbücher durchblätterte, erschrak ich, denn speziell die ganz alten Notizhefte sahen überhaupt nicht mehr gut aus. Das jedoch ist kein Wunder. Immerhin sind sie zum Teil älter als 50 Jahre. Aber, und schon erhellten sich meine Gesichtszüge, sie hatten eine Menge zu erzählen.

Da ich peinlich genau viele Einzelheiten notiert hatte, konnte ich aufgrund meines „Elefanten-Gedächtnisses“, das mir Freunde nachsagen, unendlich viele Angeltage bis in die Details nachvollziehen. Und wieder einmal wurde mir bewusst, wie armselig mein Leben ohne die Fischwaid verlaufen wäre. Wie sagte einst ein guter Freund, den leider schon lange der grüne Rasen bedeckt: „Ein Leben ohne Angeln ist wie ein Fußballspiel ohne Tore, wie Wasser ohne Fische, wie Suppe ohne Salz.“ Es ist wohl so!

Wie viel Freude zum Beispiel macht allein die Vorbereitung auf den bevorstehenden Angeltag: Gerät zusammenbauen, Kleidung zurechtlegen, Thermosflasche hervorkramen, Köder kontrollieren, bereits am Abend vor dem Angeln den Frühstückstisch decken ...

Und dann erst am nächsten Morgen die Stimmung am Fischwasser: Was für ein Erlebnis, wenn in aller Herrgottsfrühe die Sonne glühend rot hinter den Bäumen, die den See säumen, aufgeht, wenn die Vögel zu zwitschern beginnen, wenn das erste Sonnenlicht die Dunstschleier der Nacht vertreibt, die Tautropfen an Halmen, Büschen und Bäumen funkeln wie Edelsteine. Wie großartig, den Spinnen zuzuschauen, wie sie kunstvoll ihre Netze bauen. Zu erleben, wie elegant Wildenten auf dem Wasser einfallen und im flachen Uferbereich zu gründeln beginnen, den noch arglosen Jungfuchs beim Mausen beobachten zu können, einen Hecht schlagen und Barsche in der Uferregion rauben zu sehen.

Was für ein Anblick, wenn dicke Karpfen langsam wie U-Boote an die Oberfläche kommen, um sich zu sonnen. Dann der erste Zupfer an der Pose, die Spannung, das Herzklopfen, wenn sie untergeht.

Angeln ist Lebenselixier, durch nichts zu ersetzen für jeden, der sich der Fischwaid verschrieben hat: Medizin ohne Nebenwirkungen. Angler haben eine Antenne für das, was da draußen in der Natur geschieht, haben ein Auge für den Zauber und die Stimmung einer besonderen Stunde, sehen Dinge, von denen andere nicht einmal träumen.

Hunderttausende von Kilometern bin ich im Laufe der Jahre gefahren oder geflogen, und oft kam ich ohne Beute nach Hause, nie jedoch ohne Erlebnisse, ohne Abenteuer. Irgendetwas passierte immer.

Dabei müssen es wirklich nicht nur die großen Fische sein, die uns begeistern. Allein, was die Natur im Frühling, Sommer, Herbst und Winter zu bieten hat, zieht uns in den Bann: neues Leben, strahlende Schönheit, Abschied nehmen, Kraft sammeln ... Jede Jahreszeit hat ihre Reize, und es lohnt sich, einfach mal zu verweilen, sich für einige Minuten mit dem Hintern auf den Boden zu setzen und zu staunen.

„Einfach mal auf den Boden setzen?“ Da fällt mir folgende Geschichte ein. Es war Ende Juni 1998, und während des Fliegenfischens in einem Forellenbach, der idyllisch durch einen Buchenwald mäanderte, begann es plötzlich fürchterlich zu regnen. Nein, es war ein richtiger Wolkenbruch, der da auf mich herniederprasselte. Mich stach der Hafer, und ich zog mich, in der Gewissheit, dass ich allein war, splitternackt aus, legte die Klamotten ins Auto, und genoss ausgiebig die kostenlose Dusche, die mir Petrus da spendierte. Einfach herrlich!

Nachdem ich dann bis in die Dunkelheit hinein – natürlich wieder angekleidet – vier schöne Forellen gefangen hatte, sah ich zunächst eins, dann zwei, dann zehn und schließlich unzählige Glühwürmchen, die sich am Waldrand, in Büschen und im hohen Gras „zum Zwecke der Vereinigung“ trafen. Die Männchen mit ihren auffällig lichtstarken Augen schwärmten unaufhörlich relativ flach über den Boden, um die zwar auch leuchtenden, aber flugunfähigen Weibchen aufzustöbern. Diese hatten sich vorwiegend auf hohen Grashalmen eingefunden und krümmten ihre Hinterleiber mit den Leuchtfeldern nach oben.

Wenn die Männchen das Licht eines Weibchens entdeckt hatten, schwebten sie einen Augenblick über ihnen und ließen sich dann punktgenau fallen. Aus nächster Nähe erkannten sie sich am Geruch. Und dann wurde es interessant: Wenn sie sich gefunden hatten, – „Ah, du bist ein Weibchen!“ – schalteten sie das Licht aus und paarten sich im Dunkeln. „Wie die Menschen“, dachte ich. „Allerdings nicht alle!“

Nachdem ich mir die „Love Storys“ im Scheine der Wurm-Taschenlampe mit rotem Licht mehrmals genau angesehen hatte, setzte ich mich am Waldrand mit dem Hintern auf die Erde und genoss die Stimmung. Was für ein Bild: Tausende von Glühwürmchen wuselten auf der Suche nach Partnern um mich herum und schrieben mit Leuchtfarbe die seltsamsten Sätze in die Dunkelheit. Ich kam mir vor, als säße ich inmitten der Milchstraße, dem abgeflachten, linsenförmigen Sternensystem so unendlich weit über mir. Wie lange ich verweilte und mich an diesem Naturschauspiel erfreute? Ich weiß es nicht.

Warmer Regen, brütende Hitze, Blitz und Donner, Schneefall, klirrende Kälte, kräftiger Südwestwind, Nebelschwaden, die das ganze Land in tiefe Einsamkeit hüllen ... Angler fühlen, sehen, hören, riechen und schmecken all das noch. Einen packenderen Film, als die Fischwaid höchstpersönlich in freier Natur zu erleben, gibt es nicht.

Ist es nicht großartig, wie ein Urmensch am Lagerfeuer zu sitzen und frisch gefangene Fische zu braten, sich nach einem Angeltag den Freunden mitzuteilen? Zu erzählen, wie es war, was man erlebt und vielleicht sogar gefangen hat? Zu zehren von dem Erlebten, die Mitfreude netter Menschen zu spüren?

Angeln – Medizin ohne Nebenwirkungen? Eigentlich nicht ganz richtig. Besser sollte ich sagen: Angeln, Medizin mit Tiefenwirkung – allerdings ohne Nebenwirkungen. Oder doch nicht?

Und wo ich gerade den nächsten Stapel meiner Fangbücher durchblättere, fallen mir weitere „seltsame Geschichten“ ein, und ich wundere mich gewaltig, wie viele Fische ich bei „falschem“ Wind, an der „verkehrten“ Stelle, mit „ungeeignetem“ Gerät zur unpassendsten Uhrzeit gefangen habe. Unglaublich, was vergessen war, aber plötzlich wieder „lebendig“ wird: Der winzige Hecht, der unaufhörlich vor meinen Augen Wasserflöhe jagte, die einzelne Möwe, die mir beim Fischen vom Boot aus in Kanada aus luftiger Höhe mitten auf den Kopf „schiss“, die Pose, die langsam tuckernd unterging und die wilden Gedanken, als ich den Anhieb setzte, den Fisch jedoch nicht hakte. „Das war unter Garantie ein Kapitaler!“

Was hab’ ich mich als kleiner Junge über meinen ersten mit primitiver Angel gefangenen Hecht gefreut. Jedenfalls so lange, bis eine dicke Wanderratte, die ich gerade noch aus den Augenwinkeln erspähte, den einige Meter vom Ufer abgelegten Fisch in eine undurchdringliche Brombeerhecke zog und ihn dort wohl genüsslich verspeiste. Trotz intensiver Suche habe ich weder den Hecht noch die Ratte wiedergesehen.

Wie großartig, als ich nach mehreren erfolglosen Versuchen endlich einen erwachsenen Fischotter doch noch fotografieren konnte. Was für eine Niederlage, als ein etwa 15-pfündiger Zander nach turbulentem Drill den Köder einen Meter vor dem Kescher ausspuckte und dann, wie ein U-Boot, im Zeitlupentempo auf Tiefe ging. Was für ein Auf und Ab in all den Jahren.

Güstern auf Fischstückchen, Hechte auf winzige, verpuppte Maden, Aale auf Teig, Barsche auf Mais ... Ein Erlebnis jagte das andere. Eine Wasserratte auf der Senke, der Rehbock, der vor meinen Augen eine Ricke trieb und mich im Liebesrausch fast umrannte. Die Fledermaus, die mir ein weißes, hochgehaltenes Taschentuch aus der Hand riss, der Maulwurf, der direkt unter meinen Füßen zu buddeln begann. Zwölf Fischarten in sechs Stunden, Schleien bei Eis und Schnee, zwei Hechte an einem Köder, sieben Meeräschen an einem Tag. Und dann wieder wochenlang keinen einzigen Fisch. Vier Mal nacheinander fürchterlich seekrank, beim fünften Törn auf die Nordsee 1400 Makrelen und 28 Grundhaie ... Angeln ist ja so was von langweilig ...

Aale, die über eine feuchte Wiese wanderten, Bullen, die neugierig einen Halbkreis um den Angler bildeten, bevor sie ihn ins Wasser trieben, ein Dreistachliger Stichling, der ein privates Wettfischen entschied, Wolkenbrüche mit Wassertropfen so groß wie Haselnüsse ...

Unglaublich, was die Fischwaid alles zu bieten hat: Einsame, gedankenverlorene Stunden im Boot, geselliges Treiben in der Fischerstube, Angeln in bisher unbekannten Gewässern. Spannung ohne Ende, auch wenn man die kapitalen Flossenträger nicht haufenweise nach Hause schleppt. Stundenlang sind die Adrenalin-Quellen in unseren Körpern auf Ausschüttung programmiert, und dennoch: Wir entspannen uns dabei. Meditation und Nervenkitzel. In dem Moment, in dem die Pose untergeht, vergessen wir alles um uns herum. Entspannung durch Spannung!

Ich nehme das nächste Fangbuch zur Hand und beginne damit, es durchzublättern. Wieder schwelge ich in Erinnerungen: 30 Aale in einem kleinen Graben, kein einziger Fisch an der „Superstelle“, das andächtige Schweigen der anderen Tiere, als ein Schwan sang, der 30-pfündige Karpfen an der Wasseroberfläche, der über mein Schwimmbrot nur den Kopf schüttelte, Spatzen, die sich minutenlang ungeniert im Köderfischkessel badeten ... „Normale“ Angeltage gibt es nicht!

Und noch etwas ist mir im Gedächtnis haften geblieben: „Den Akki Eilts, den kann man an einen Gulli setzen, dann fängt er immer noch seine Fische!“ Es war reiner Zufall, dass ich es hörte, aber irgendwie hatten sie wohl Recht, die beiden „Mitstreiter“, die mit mir am Wasser saßen und gerade geholfen hatten, einen dicken Hecht zu keschern. Dann sagten sie noch etwas: „Der wird ja regelrecht vom Glück verfolgt!“ Ein Satz, den ich nicht zum ersten Mal über mich ergehen lassen musste. Freund Erich drückte es noch deutlicher aus: „Du wirst ja wohl ständig vom Glück angepinkelt, was?“

Wieder komme ich ins Grübeln: Wie viel Freude haben mir die Jahre als Pressewart des Bezirksfischereiverbandes für Ostfriesland gemacht, unvergesslich die Zeit, die ich in meiner Sportangler-Zentrale in Emden verbrachte, die Stunden am Wasser, in denen ich zusammen mit Freunden Filme über das Angeln in Ostfriesland drehte. Und dann erst die großartigen Jahre in der Redaktion FISCH & FANG.

Schon fallen mir weitere spannende Abenteuer vom Angeln in aller Herren Länder ein: Riesen-Lachse in Alaska, prächtige Welse und Rapfen im Wolgadelta in Russland, dicke Meeresfische in Norwegen, wunderschöne Salmoniden in Österreich, urige Nilbarsche in Kenia, dicke Zander und Schwarzbarsche in Spanien, Blauhaie vor Irland, Hechte auf den Åland-Inseln sowie ganz besonders die ungezählten Süßwasserfische, die ich zu Hause sowie in anderen Gewässern Deutschlands überlisten konnte. Und, und, und ... Ich war wirklich nicht vom Pech verfolgt.

Schließlich fiel der Groschen, und ich entschloss mich, ein Buch mit dem Titel „Vom Glück verfolgt ...“ zu schreiben. Zusammenzufassen, was ich in mehr als 55 Jahren am Wasser so alles erlebte. „Immerhin ist man nicht mehr der Jüngste. Wenn ich Rheuma und Gicht habe, kann ich nicht mehr schreiben“, ging es mir durch den Kopf. „Und wenn ich mich in die ewigen Angel- und Jagdgründe verdrückt habe, ist sowieso alles zu spät.“ In der Kiste kann man nun wirklich nichts mehr formulieren. Das mit dem Sterben allerdings, das nahm ich mir ganz fest vor, sollte das Letzte sein, das ich in meinem Leben tue ... So. Genug gesabbelt: „Nu geit los!“

Joachim Eilts

Kein Tag ohne Fisch

Anfang Oktober, kurz vor 23 Uhr: Ich sitze im Flugzeug nach Trondheim in Norwegen. Draußen ist es stockdunkel, und es sind höchstens noch zehn Minuten bis zur Landung. Der Flieger macht eine Kurve, und urplötzlich erscheint hinter den Bergen der Vollmond über der nun zu sehenden, hell erleuchteten Stadt. Was für ein Bild! Ich fresse es regelrecht in mich hinein. Wenn das kein gutes Omen ist!

Am nächsten Morgen holt mich Klaas Jan, mein holländischer Freund, mit dem ich verabredet bin, ab, und wir fahren mit dem Auto nach Saeter Brygge in Fosen. 20 Kilometer vor Lauvsnes geht’s links ab, dann ist es nicht mehr weit bis zu unserem Angelziel.

Die Natur hat ihre schönsten Malstifte hervorgekramt und das urige nordische Land in eine unglaubliche Farbenpracht versetzt. Wohin wir auch schauen, die roten, braunen und gelben Blätter der Laubbäume inmitten grüner Nadelwälder, idyllische, schilfgesäumte Moorseen, der aufsteigende Nebel, mit Moosen bewachsene Felsen, das gelb gefärbte Farnkraut, die knorrigen Krüppelkiefern – all das zieht uns förmlich in den Bann. Ahornblätter präsentieren sich in gelb-roter Pracht, Lärchennadeln werden zu Rost und die Blätter der Birken zu Gold. Indianer-Sommer in Norwegen! Unverkennbar: Die Küste vor Fosen ist eine landschaftliche Perle.

In der Luft streiten sich zwei Seeadler um einen Fisch, attackiert von fünf hysterisch schreienden Möwen. Und kaum 20 Meter von der Straße entfernt steht ein mittelalter Elchbulle. Er lässt uns die Zeit, anzuhalten, den Fotoapparat hervorzukramen und aus dem Auto heraus ein paar Bilder zu machen.

Zugegeben, es ist ein weiter Weg bis Saeter Brygge. Aber der Aufwand lohnt sich, denn die Fangaussichten, wir werden es bald erfahren, sind hervorragend. Es ist wirklich ungewöhnlich, wie viele große Fische wir innerhalb kurzer Zeit sogar in unmittelbarer Nähe zur Anlage fangen.

Die kräftigen Bootsruten werden mit Pilkern, Beifängern, aber auch mit Fischfetzen bestückt und betören die verschiedensten Arten. Dorsche, Franzosendorsche, Köhler, Pollacks, Schellfische, Wittlinge, Lengs, Lumbs und Rotbarsche sind die häufigste Beute. Aber auch ein Katzenhai, ein Dornhai sowie zwei Seeteufel können den Ködern nicht widerstehen. „Die Tiefen des Atlantiks vor Saeter Brygge“, sagt Klaas Jan, „gehören mit Sicherheit zu den besten Stellen Norwegens, um einen Giganten auf die Schiffsplanken zu legen.“

Regelrecht begeistert bin ich von den vielen Rotbarschen, die an einer Stelle allesamt über zwei Pfund wiegen. Prächtige, wohlschmeckende Fische. Einen Heilbutt können wir zwar nicht fangen, aber möglich ist das durchaus. Kurz bevor wir mit dem Boot lostuckerten, berichtete ein Berufsfischer von Exemplaren in Gewichten von mehr als 100 Kilogramm.

Am dritten Tag unseres Aufenthaltes in Saeter Brygge angeln wir in einer Tiefe von etwa 70 Metern und fangen mehrere Köhler in Gewichten zwischen zwei und acht Pfund. Nachdem Klaas Jan wieder einen der eleganten Räuber hakt, wartet er noch ein wenig mit dem Drill. „Vielleicht beißt ja noch ein zweiter!“ Und dann passiert es: Ein wahres Ungetüm von Fisch nimmt, wie wir kurz darauf feststellen, den Köhler am grünen Beifänger und schwimmt – wie ein Unterseeboot – unaufhaltsam davon. Sekunden später kommt, was kommen muss: Schnurbruch!

„Ein Riesenfisch“, sagt Klaas Jan. „Vielleicht ein Heilbutt. Oder ein Monsterdorsch!“ Und dann erzählt er mir die Geschichte vom Fang eines Lengs, den ein holländischer Freund im vergangenen Jahr in der Nähe des Skarnsundet Fjordsenters erbeutete. Der Glückspilz hatte in 80 Metern Tiefe einen Köhler gehakt und wollte ihn hochpumpen. Auf den Rat von Klaas Jan jedoch wartete er noch etwas damit, denn „es könnte ja noch ein zweiter Köhler oder ein Riese beißen!“ Und dann schlug es wie eine Bombe in der Rute ein.

Ich will es kurz machen. Nach längerem, turbulentem und spannendem Drill kam ein 190 Zentimeter langer und 36 Kilogramm schwerer Leng an die Wasseroberfläche, der den beiden das Herz in die Hose rutschen ließ. Mit zitternden Knien und unbändiger Angst, den tollen Fisch zu verlieren, drillte Klaas Jans Freund den Leng ans Boot, und mit vereinten Kräften konnte er gelandet werden.

Von dieser Geschichte motiviert, versuche ich am nächsten Tag in 120 Metern Tiefe gezielt mit einem ganzen Köhler als Köder mein Glück auf einen Monsterfisch. Und tatsächlich erhalte ich nach etwa eineinhalb Stunden einen Biss. Zwar entpuppt sich der Kontrahent, ein Dorsch, als „nur halbstark“, aber der Versuch hat sich gelohnt. Dorsche von mehr als 20 Pfund übrigens, das erfahren wir abends in der Unterkunft, sind vor Saeter Brygge durchaus keine Seltenheit. Ein vor Jahren erbeuteter Köhler wog gigantische 44 Pfund.

Kein Tag ohne Fisch! Die Flossenträger scheinen allgegenwärtig zu sein. Klaas Jan und ich fangen uns dumm und dämlich. Dass wir ein Echolot dabeihaben, ist ein großer Vorteil. Es zeigt uns den Weg ins Paradies. Manchmal allerdings lassen wir uns einfach treiben und bleiben dennoch ständig mit den Ködern in den verschiedensten Fischmäulern hängen. Da wir täglich viele Stunden draußen sind, haben wir abends regelrecht salzige Lippen, sodass wir für die gekochten Eier zum Abendbrot keine zusätzlichen Gewürze mehr brauchen ...

Schweinswale sehen wir fast täglich, Seeadler sowieso. Verwundert sind wir über ein Reh, das im felsigen Uferbereich nach Nahrung sucht. Wahrscheinlich hat es Appetit auf etwas Salziges. Die größte Freude jedoch bereiten uns einige Orcas, die in Bootsnähe auf der Jagd sind. Mehrmals drehen sie sich propellerartig an der Wasseroberfläche, so dass wir sie hautnah erleben können. Um nicht zufällig einen an den Haken zu bekommen, stellen wir das Angeln ein. Erst als die Bühne leer ist, tuckern wir zu einem anderen Hotspot.

Auf den Spuren der Lachse

Der pure Wahnsinn! Es ist einfach nicht normal, was ich während meines Urlaubs vom 23. Juni bis zum 6. Juli rund ums Hausboot „Fisherman’s Dream“ am Nushagak River in Alaska erlebe. Weltklasse-Lachsfischen, und die Tiere springen mir – im übertragenen Sinne – fast in den Overall! Egal, an welcher Stelle ich fische, jeder Tag hält Überraschungen bereit. Ein Highlight jagt das andere.

Der Nushagak River liegt im Südwesten Alaskas und hat eine Länge von 560 Kilometern. Etwa 500 Kilometer nordwestlich von Anchorage mündet er in die Bristol Bay. Neun Stunden dauert der Flug von Frankfurt nach Anchorage, weitere eineinhalb nach King Salmon und dann noch eine Stunde mit dem Wasserflugzeug zum Hausboot.

Als wir, fünf Angler aus Österreich und ich, am Hausboot landen, erweist sich unser Reisetermin als goldrichtig. Helmut und Walter aus Deutschland sind bereits seit zwei Wochen da und freuen sich, uns mitteilen zu können, dass der Run eingesetzt hat: „Zigtausend Königslachse, Hunderttausende von Ketas, und auch die Rotlachse sind auf dem Weg!“ In der Tat: In den nächsten Tagen ziehen die Salmoniden unaufhörlich stromaufwärts zu ihren Laichgründen.

Was folgt, ist eine grandiose Fischerei. Egal, mit wem ich im Boot sitze, ob mit Katja, Markus, Helmut, Walter oder Frank, immer und überall fangen wir unsere Lachse. Beste Köder sind Hot Shots (Wobbler mit besonders langer Schaufel und Rasselkugeln im Bauch) sowie Spin n’ glows mit vorgeschaltetem Blei in den Farben Rot, Pink und Blau. Aber auch mit der Fliege werden viele Lachse erbeutet.

Keiner der Gäste bleibt auch nur einen Tag ohne Fisch, und Frank, der Leiter des Hausbootes, hat am Filetiertisch alle Hände voll zu tun. Kings in Gewichten bis 25 Pfund sind keine Seltenheit, auch Ketas von zehn bis 15 Pfund erregen kein großes Aufsehen.

Faszinierend ist, dass die Ketas fast ausschließlich in den flacheren Bereichen in Ufernähe ziehen, die Kings dagegen mehr im Tiefen. Wie auf einer zweispurigen Autobahn, nur dass sich in diesem Fall die dicken Brummer nicht rechts, sondern links auf der Überholspur befinden. Da ich zum dritten Mal dort bin, fällt es mir nicht schwer, die „Spuren der Lachse“ zu finden.

Eines Morgens erhalten Katja, Walter und ich am „Diamond Boulevard“ auf der Ketabahn stundenlang im Zehn-Minuten-Rhythmus Biss auf Biss. Wie beim Rotaugenstippen in Deutschland. Speziell Katja entpuppt sich als „Salmonidengöttin“, hat ein äußerst glückliches Händchen. Wenn sie nichts fängt, sind garantiert keine Fische da. Zwar haben einige Lachse bereits ihr buntes Hochzeitskleid angelegt, aber es ist dennoch absolut kein Problem, mehrere blanke Fische zum Räuchern zu erwischen.

Pro Angler und Tag dürfen maximal fünf Lachse entnommen werden, davon ein King. Beim vierten Königslachs allerdings ist das Kontingent dieser Spezies erschöpft. Alle weiteren Königslachse werden ausgedrillt und dann vorschriftsmäßig außerhalb des Bootes schonend vom Haken gelöst.

Gerade, als Walter zum dritten Mal hintereinander das Lied vom besoffenen Seemann, „what shall we do with the drunken sailor“, singt, knallt seine Rute wie eine Peitsche. Minuten später keschert Katja den kapitalen Keta: 16 Pfund! „Mein Gott Walter!“, sage ich, wobei die Betonung auf Gott liegt.

Walter nennt sich selbst den Anschlaglosen ... Seine Methode erfordert in der Tat keinen Anhieb, denn die Fische haken sich selbst. Er lässt den Hot Shot vom verankerten Boot aus 20 bis 30 Meter mit der Strömung abtreiben, schließt den Schnurfangbügel und stellt die Rute fast senkrecht ab. Das war’s schon. Klar, dass die Bremse der Tragkraft der Schnur entsprechend eingestellt ist.

Krönender Abschluss eines jeden Tages ist die im Juli erst gegen null Uhr untergehende Sonne. Während einer Mitternachtstour mit dem Boot fahren Frank und ich mehrmals nur wenige Meter an Elchen und Bibern vorbei. Die Elche gucken, als kämen wir vom Mond.

Als Frank einmal kurz Vollgas gibt, glaube ich, es regnet, so sehr prasselt es mir ins Gesicht. Das jedoch ist ein Trugschluss. Es sind Millionen von Mücken! Hätte ich beim Schauen gegen den Wind den Mund aufgemacht, ich wäre innerhalb von Sekunden satt geworden!

Nachdem wir im letzten „Büchsenlicht“ zurückgekehrt sind, entdecken wir am Biberbau in unmittelbarer Nähe zum Hausboot einen jungen Biber, der einen frisch gefällten Ast mit Blättern anschleppt. Aber der Busch scheint nicht die richtigen Maße zu haben, denn seine Mutter, es kann auch der Vater gewesen sein, haut ihm den Strauch regelrecht um die Ohren – wie ein Baumeister seinem Lehrling. „Was ist denn das für ein Blödsinn!“ Sicher hätte die Statik der Biberburg gelitten. Der Jüngling scheint die Lektion begriffen zu haben, denn sofort schwimmt er wieder los, um neues Baumaterial zu holen.

Großkampftage am „Hrubesch-Eck“ – davon muss ich unbedingt berichten: Innerhalb von zwei Tagen fange ich an der Lieblingsstelle von Horst Hrubesch, der Fußballkennern sicher auch heute noch ein Begriff ist, 32 Kings! Sieben davon sind über einen Meter lang, wiegen also jeweils mit Sicherheit mehr als 30 Pfund.

Es ist Schwerstarbeit. Um die großen Fische nicht unnötig lange zu drillen, schließlich sollen sie sich noch fortpflanzen, hole ich sieben Mal den Anker ein und kippe den Motor hoch. Das nun mit der Strömung driftende Boot und die ständig krumme Rute sorgen für eine schnelle Ermüdung der Kings.

Immer wieder treiben drei Amerikaner mit gebogenen Ruten im Boot vorbei. Das Driftfischen, welches sie betreiben, ist ungewöhnlich erfolgreich. Jedes Mal, wenn sie zurückkommen, um oberhalb von mir erneut mit dem Angeln zu beginnen, halten sie ihre Fische hoch. „Not so bad, for an old man!“, rufe ich dem etwa 40-jährigen am Bug zu. Die beiden anderen weitaus Älteren im Boot klopfen sich vor Freude auf die Schenkel ...

Und wieder schlägt es in der Rute ein. Gleichmäßig stark zieht der König der Lachse Schnur von der Rolle. Ich habe das Gefühl, ein U-Boot zu drillen. Mit krummer Rute stehe ich im Boot und versuche, den King für die Fisch & Fang-DVD zu filmen. Ein schwieriges Unterfangen. Links die Rute, rechts die Kamera.

Ich muss aufpassen, den Drill nicht zu stark zu forcieren. Ob er jemals müde wird? Er wird! Nach etwa 20 Minuten habe ich ihn am Boot. Aber als ich ihn keschern will, geht er wieder auf Tauchstation – und das Spiel in die Verlängerung. Die Schnur ist bis zum Äußersten gespannt, singt in höchsten Tönen. Mehrmals springt der Fisch aus dem Wasser, scheint unbändige Kraft zu haben. Endlich jedoch schaffe ich es, ihn zu landen. Zirka 1,20 Meter lang ist er und wiegt ganz sicher über 35 Pfund. Ein wunderschöner Fisch, dessen kaltgeräucherte Riesenfilets drei Wochen später in Deutschland hervorragend schmecken werden.

Während ich im Boot sitze und auf weitere Bisse warte, durchrinnt eine Elchkuh mit zwei Kälbern den Nushagak. Drei Stunden später suchen am gegenüberliegenden Ufer zwei etwa dreijährige Grizzlys nach Nahrung, und in unmittelbarer Nähe erbeutet ein Fischotter einen Lachs, den er am Ufer verspeisen will. Dabei wird er von zwei jungen Weißkopfadlern attackiert, die ihn zwingen, mit der Beute abzutauchen.

Auch die folgenden Tage bescheren mir prächtige Anblicke: Mehr als 100 Karibus überqueren auf ihrem Wanderweg zu den besten Äsungsflächen den Nushagak, und ein Altfuchs schnürt, während ich Frank am Filetiertisch filme, lediglich zwei Meter an mir vorbei. Ich glaube, er hat mich nicht einmal ignoriert.

Kaum zu fassen: Am helllichten Tag kommt urplötzlich ein vor Kraft strotzender Vielfraß um die Ecke gestapft, der sich erst verdrückt, als er kaum noch 20 Meter von Markus und mir entfernt ist. Ein Fischadler fliegt mir fast die Mütze vom Kopf, und ein Kingfisher schießt in einer Entfernung von zehn Metern unaufhörlich von einem windschiefen Ahorn ins Wasser. Nur etwa jedes fünfte Mal ist er erfolgreich.

Ein Loon, dieser faszinierende Wasservogel, beginnt in der Dämmerung etwa 40 Meter von mir entfernt zu heulen wie ein Wolf. Ich zucke zusammen, und es läuft mir kalt den Rücken herunter. Aber schon bald habe ich das „Raubtier“ entdeckt und muss lächeln. Das mit dem Heulen der Loone ist absolut normal. Es dient der Verständigung untereinander.

Irgendjemand meint, es müsse wohl an meinem „Artgeruch“ liegen, dass ich ständig derartige Anblicke habe. Die Tiere würden mich als „ihresgleichen“ betrachten. „Das liegt daran, weil du so stinkst!“ Eine Aussage, die ich jedoch klarstellen muss. Ich habe jeden Abend geduscht!

Ich weiß nicht, was mich reitet, aber auf der Rückfahrt nach einem weiteren grandiosen Angeltag mit dem Boot zum Hausboot überkommt es mich, und ich beginne laut über den Nushagak zu brüllen. Eigentlich soll es ein Lied werden: „So ein Tag, so wunderschön wie heute ...“ Aber es muss derart fürchterlich geklungen haben, dass ein Eskimo am Ufer wie von der Tarantel gebissen von seinem Stuhl fällt. Wahrscheinlich dachte er, da draußen auf seinem geliebten Fluss wird jemand umgebracht. Das hält mich jedoch nicht davon ab, weiterzusingen. Auch nicht, als es zu nieseln beginnt. Die Alaskaner nennen dieses Wetter „Alaska-Sunshine“, denn sie sind kaum etwas anderes gewohnt.

Während des Abendessens habe ich große Schwierigkeiten, die Gabel zum Mund zu führen. Die kräftezehrenden Drills der vergangenen Tage machen sich bemerkbar. Beide Schultern schmerzen, und die von Krämpfen steifen Krallenhände wären ganz sicher in der Lage gewesen, einem Baum die Rinde abzuschälen. Wie ein Grizzly am Kratzbaum ...

Kurz vor unserer Abreise stellen sich, wie von der Zählstation in Dillingham angekündigt, auch die Rotlachse noch ein. Sie versammeln sich auf flachen Kiesbänken, wo sie sich ausruhen. Dann – wie auf ein geheimes Kommando – ziehen sie urplötzlich weiter – große Bugwellen vor sich herschiebend. Ein grandioses Schauspiel. An ihren grün schimmernden Köpfen sind sie leicht von noch blanken Ketas zu unterscheiden.

Zwar ist es ein hartes Brot, aber sowohl den fünf freundlichen Österreichern als auch mir gelingt es, einige Rotlachse zu erbeuten. Schade, dass Helmut bereits abgereist ist. Der passionierte Fliegenfischer, den ich beim Fang eines Ketas und eines Kings filmte, hätte mit seinen lilafarbenen Spezialfliegen sicher auch an den „Roten“ seine Freude gehabt.

Als ich den Fluss mit dem Fernglas „ableuchte“, kann ich drei verschiedene Adlerspezies ausmachen: Weißkopf-, See- und Fischadler. Eine leichte Brise hält mir die Mücken vom Leib, während ich mich sattsehe an den Königen der Lüfte. 30 Minuten später zähle ich 14 elegante Greife, die jetzt, während der Lachsaufstiege, üppig mit Futter versorgt werden.

Insgesamt fange ich im Nushagak River in zwölf Angeltagen 102 Lachse (59 Kings, 41 Ketas, zwei Rotlachse), elf Äschen, eine Regenbogenforelle sowie einen Dolly Varden. Das sind im Schnitt nahezu zehn Fische pro Tag. Etwa die gleiche Menge verliere ich kurz nach dem Anhieb oder während der Drills. Bis auf einige wenige, die kalt geräuchert oder frisch zum Essen mit nach Hause genommen werden, setze ich sie schonend zurück.

Die Reise zum „Fisherman’s Dream“ steht unter einem wirklich guten Stern: Wahnsinns-Angeln und absolut unverhoffte Erlebnisse mit Tieren. Doch damit nicht genug. Rick, der alaskanische Betreiber einer Nachbar-Lodge, schenkt mir während eines Besuches „aus heiterem Himmel“ das Geweih eines von ihm erlegten gigantischen Elchbullen. Beide Schaufeln sind abnorm und wiegen insgesamt gut 15 Kilogramm. Sie erhalten einen Ehrenplatz in meinem „Angel- und Jagdmuseum“ daheim.

Hochinteressant und immer einen Besuch wert ist das 120 Seelen zählende Eskimodorf Ekwok, das sich lediglich neun Kilometer vom Hausboot entfernt direkt am Nushagak River befindet. Frank, Katja und ich sind mit Anuschka, der Frau des im vergangenen Jahr verstorbenen Häuptlings Wasili, verabredet. Sie will uns zeigen, wie die Einheimischen seit Generationen mit dem Ulu-Messer Lachse filetieren. Es ist ein einmaliges Bild, als sich Frank mit konventionellem Messer zu Anuschka gesellt und die beiden zu filetieren beginnen. Hier treffen zwei Welten aufeinander! Und wieder habe ich Glück, kann ein uraltes Ulu-Messer mit einem Elchgeweih-Griff erwerben. Es kommt daheim in den Schaukasten mit Beleuchtung.

Der ultimative Höhepunkt – neben der Fischwaid – ist für mich ein Sonderflug zu den Küstenbraunbären in den Brooks im Katmai-Nationalpark. Und es soll ein Abenteuer der besonderen Art werden. Alfred aus Österreich und ich gehen auf dem Weg zum Wasserfall, an dem die Bären fischen, einen schmalen Pfad entlang. Urplötzlich kommen uns, galoppierend wie Pferde, zwei Bären entgegen.

Da Alfred und ich höfliche Menschen sind, machen wir den „Einheimischen“ Platz und begeben uns, so schnell es geht, ein paar Meter seitlich in die Dickung. Als der im Wettlauf führende junge Bär uns passiert, beginnen wir zu ahnen, was geschehen ist, denn kaum zehn Meter hinter ihm folgt ein alter, sicher fünf Zentner schwerer Bär mit Narben an Körper und Haupt, aber auch frischen Abschürfungen, die wohl von „Einstandskämpfen“ herrühren. Etwa drei Meter von uns entfernt donnert er wütend schnaufend hinter dem Frechdachs her. Wahrscheinlich hat er versucht, ihm Rogen von einem erbeuteten Lachs zu klauen.

Nachdem der Alte dem Dreikäsehoch anständig was auf die Rippen gab, „du gehst mir nicht noch einmal an die Eier!“, kommt er zurück und beachtet uns nicht einmal. Die ganze Zeit bleiben wir – wie es sich gehört – stehen und klatschen in die Hände, um uns bemerkbar zu machen, wohl wissend, dass Wegrennen nicht nur töricht ist, sondern auch tödlich enden kann.

Der Alte muss das mit dem Klatschen wohl falsch gedeutet haben, denn als er etwa 30 Meter entfernt ist, bleibt er urplötzlich doch noch wie angewurzelt stehen und äugt mehrere Sekunden zu uns herüber. „Vielleicht“, sage ich zu Alfred, „denkt er, wir spenden ihm Beifall für seine Aktion, und er will das noch ein wenig genießen.“

Im Ernst: An den Brooks Falls ist noch nie etwas passiert. Die Bären interessieren sich ausschließlich für die Lachse. Nur gelegentlich kommt es vor, dass Eierdiebe verfolgt und zur Rechenschaft gezogen werden. Den jungen Bären jedenfalls sehen wir nur noch ganz kurz. Er zieht es vor, einen Umweg zum Wasser zu nehmen ...

Auf dem Rückweg vom Wasserfall, an dem wir acht Bären beobachten und fotografieren können, gehen wir nur wenige Meter an einem schlafenden Bären vorbei. Gelangweilt hebt er den Kopf, als er uns sieht, lässt ihn jedoch sogleich wieder zurückfallen und pennt weiter. Wir sind ihm wohl zu dünn ...

Wieder einmal wird mir bewusst, was für ein Glück ich habe, wie riesig die Sahnestücke waren, die ich am Nushagak und im Katmai-Nationalpark zu naschen bekam. Das allerdings ist nicht selbstverständlich. Frank erklärt es so: „Der Nushagak ist wie eine schöne Frau. Man muss ihn einfach lieben. Verstehen allerdings wird man ihn nie. Mal ist er den Anglern hold, manchmal aber auch etwas mürrisch.“ Von Letzterem jedoch habe ich nichts mitbekommen.

Mittelwasser-Aale

Mit dem Angeln, finde ich, ist es wie mit der großen Liebe. Wenn’s gefunkt hat, lässt es einen nie mehr los. „Ein ganzes Leben lang ...“ Zugegeben, ich gehe ausgesprochen gern allein fischen, aber durchaus auch mit einem Freund. Viel mehr allerdings sollten es nicht sein. Es sei denn, es geht mit einem Kutter oder größeren Schiff aufs offene Meer hinaus.

„Es gibt drei Arten von Menschen, mit denen es gut ist zu verkehren: die innerlich Starken, die Aufrichtigen und die, die viel gelernt haben“, sagt ein chinesisches Sprichwort. Das Wichtigste jedoch scheint mir zu sein, dass die „Chemie“ stimmt. So zum Beispiel kommt es vor, dass man einen Menschen trifft, den man von der ersten Sekunde an mag. Mit dem man sich blind versteht, der seine Pose auf der gleichen Welle tanzen lässt wie man selbst. Umgekehrt gibt es Leute, denen man spontan in den Hintern treten möchte, wenn man sie sieht, mit denen man absolut nichts zu tun haben will, obwohl man sie gar nicht kennt.

Auf keinen Fall sollte man mit einem solchen Menschen angeln gehen, denn die Katastrophe wäre programmiert. Stellen Sie sich vor, ein eher ruhiger Petrijünger geht mit einem Kollegen los, der unaufhörlich munter drauflosplappert, den Mund kaum stillstehen hat. Wie Feuer und Wasser! So etwas kann einfach nicht gut gehen: Der Blutdruck steigt, die Hände beginnen zu zittern. Schnurperücken sind unvermeidbar. Jeder zweite Anhieb geht ins Leere. Herzflattern, Schuppenflechte und Haarausfall können die Folge sein ...

Die Probleme haben Sie nicht? Ihr Angelfreund geht mit Ihnen durch dick und dünn? Sie verstehen sich auch ohne große Worte und Gesten? Klasse! Eine solche Beziehung lohnt es sich zu pflegen. Auch ich hatte einen solchen Freund, der jedoch leider viel zu früh verstarb: „Stacho“, mit Vornamen Klaus.

Folgende Geschichte aus dem Jahr 1972 muss ich unbedingt erzählen: Klaus hatte im Emder Hafen unwahrscheinlich viele Aale gefangen. Am Sonntag fünf Pfund, Montag sieben, Dienstag vier und Donnerstag acht Pfund. Alles herrliche „Räucheraale“. Damit meine ich besonders dicke Schlängler. Also keine „Brataale“, die ja wesentlich dünner sind.