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Deutsche Erstausgabe (ePub) September 2018

 

Für die Originalausgabe:

© 2011 by SJD Peterson

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Lorcan's Desire«

 

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

 

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2018 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

 

 

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

 

ISBN-13: 978-3-95823-714-8

 

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

 


 

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Aus dem Englischen von Anne Sommerfeld


 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem die Autorin des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

 

Vielen Dank!

Ihr Cursed-Team

 

 

 

 

Klappentext:

 

Lorcan ist auf der Suche nach Abenteuern. Endlich weg von der heimatlichen Farm und rein ins echte Leben. Doch was er auf der Whispering Pines-Ranch findet, ist deutlich mehr, als er erwartet hat: Ranchbesitzer Quinn geht Lorcan sofort unter die Haut, doch Quinn ist nicht bereit, Lorcan zu geben, was dieser sich am meisten von ihm wünscht: Liebe. Und dann ist da auch noch Jess, der Lorcan alles andere als unberührt lässt. Doch kann er Quinn und die tiefen Gefühle für ihn wirklich hinter sich lassen?


 

 

 

 

 

Für Jason Bradley, dessen Weisheit, Unterstützung und Küsse von unschätzbarem Wert waren. Danke für deinen Rat, deine Ehrlichkeit

und vor allem dafür, dass du einfach du bist!

Und für meinen kritischen Partner, der niemals nachlässt, bis ich auf Senden drücke.

 

 


 

Kapitel 1

 

 

Die Straßen mochten staubig und trocken sein, sodass er mit jedem seiner Schritte eine Wolke aufwirbelte, aber immerhin war der Himmel klar. Gott sei Dank wehte eine kühle Brise, denn Lorcan glaubte nicht, dass er auch nur einen Schritt hätte machen können, wenn es so heiß wie gestern gewesen wäre. Am schlimmsten war, dass er an dieser Zwickmühle selbst schuld war. Seine Mom hatte ihn gewarnt, dass es da draußen hart sein würde und hatte ihre Rede mit einem Wir sehen uns in spätestens einer Woche beendet. Sein alberner Stolz hatte ihn dazu getrieben, seinen einundzwanzigjährigen Hintern zu Fuß auf der Suche nach Abenteuern durch dieses gottverlassene Land zu bewegen. Und was hatte ihm seine Mühe gebracht? Neun Cent in der Tasche, keine Aussicht auf Arbeit oder eine Unterkunft und hässliche Blasen an den Füßen. Das Letzte, was er tun wollte, war, den Schwanz einzuziehen und zurück nach Hause zu kriechen, und sich eine weitere Runde von Moms Ich hab's dir ja gesagt anzuhören. Eine letzte Chance auf Arbeit und eine Unterkunft war ihm noch geblieben. Eine letzte Chance, um Moms selbstgefälliges Grinsen oder den verzweifelten Ausdruck auf Daddys Gesicht zu vermeiden.

Der Tankstellenmitarbeiter hatte ihm vorhin erzählt, dass auf der Whispering Pines-Ranch nach Helfern gesucht wurde, und obwohl er in die Richtung lief, die ihm der Angestellte genannt hatte, war er nicht gerade zuversichtlich. Die Art, wie der Mann gegrinst und gelacht hatte, als er ihn nach Arbeit gefragt hatte, war nicht überraschend gewesen. Die Art, wie er angedeutet hatte, dass Lorcan genau das war, wonach diese Leute suchten, zwang ihn, seinen üblichen Drang nach einem Wutanfall zu unterdrücken. Wäre er nicht so ich-muss-Arbeit-finden-weil-ich-sonst-am-Straßenrand-verhungere-verzweifelt gewesen, hätte er diesem Hinterwäldler mit den Fäusten ein paar Manieren beigebracht.

Lorcan war daran gewöhnt, dass die Leute mit nur einem Blick seine sexuelle Orientierung vermuteten. Deshalb hatte er schon früh gelernt, seine Fäuste einzusetzen, um zu beweisen, wie männlich er war. Die Pubertät hatte seine zierlichen, beinahe femininen Züge, die er von seiner Mutter geerbt hatte, nicht unbedingt verändert. Sein großer, schlanker Körper hatte auch nicht die Wucht und Muskelmasse angenommen, die sein Vater und seine Brüder zur Schau trugen. Trotzdem hatte er immer und immer wieder bewiesen, dass er von allen der Härteste war. Lorcan hatte schließlich ein perverses Vergnügen darin empfunden, seine Peiniger niederzuschlagen. Er trieb es sogar so weit, dass er seine haselnussbraunen Haare wachsen ließ und die anderen noch weiter provozierte, indem er ihnen seinen hüftlangen Zopf präsentierte. Jetzt konnte er nur darauf hoffen, dass diese Leute auf der Whispering Pines einen Mann mit guter Arbeitsmoral und einem starken Rücken gebrauchen konnten, selbst wenn sein geflochtener Zopf mittlerweile über seinem Hintern wippte.

Als das Haus der Ranch in Sichtweite kam, hätte Lorcan beinahe kehrtgemacht und wäre in die entgegengesetzte Richtung abgehauen. Das große, zweistöckige Haus sah aus, als würde es eher auf die Titelseite eines Magazins für Geisterhäuser passen, als auf die Ranchers Weekly. Die Fensterläden hingen schief an der abblätternden Verkleidung, die Terrasse neigte sich gefährlich nach rechts und der Rasen sah aus, als wäre er seit Jahren nicht mehr gemäht oder von Unkraut befreit worden.

Er ging durch das fast kniehohe Gras und setzte vorsichtig einen Fuß auf die erste Stufe der Veranda, um zunächst die Belastbarkeit zu testen, bevor er sich mit dem ganzen Gewicht darauf lehnte. Erstaunlicherweise schien die halb verrottete Terrasse stabil zu sein. Lorcan ging zum Eingang, öffnete die zerfetzte Fliegentür und klopfte fest an die stabilere Tür dahinter. Lorcan zog sich den Hut vom Kopf und wischte sich den Schweiß von der Stirn, während er auf eine Antwort wartete. Angestrengt lauschte er auf mögliche Anzeichen, dass sich drinnen jemand näherte.

Als er weder eine Antwort bekam, noch hörte, dass sich jemand auf der anderen Seite der Tür bewegte, klopfte er etwas energischer dagegen. Weil erneut kein Laut aus dem Inneren des Hauses drang, ging er um das Gebäude herum und stellte überrascht fest, dass die Scheune und die Zäune in einem ausgezeichneten Zustand waren. Offensichtlich war dem Besitzer die Unterbringung der Tiere wichtiger, als seine eigene.

Eine alte Wasserpumpe rief wie das verlockende Lied einer Sirene nach ihm und er ging darauf zu, weil ihm bis zu diesem Moment nicht klar gewesen war, wie durstig er eigentlich war. Er betätigte die Pumpe ein paar Mal, ehe das Wasser floss und soff sich förmlich an dem sauberen, kalten Wasser satt. Nachdem sein Durst gestillt war, zog er das Halstuch aus seiner hinteren Hosentasche und wischte sich über das nasse Gesicht, während er sich gegen den Zaun lehnte. Langsam begann er zu bereuen, sich vor seiner Abreise nicht die Haare geschnitten zu haben. Er musste einen guten Eindruck hinterlassen, wenn er den Job haben wollte. Lorcan wollte nicht zurück zum Haus seiner Mom marschieren und er wollte das verdammt noch mal nicht heute tun. Seit mehr als einem Tag hatte er nichts mehr gegessen, unzählige Meilen steckten ihm in den Knochen und er hatte schon lange nicht mehr richtig geschlafen. Deshalb fand er es nicht unter seiner Würde, den Besitzer der Farm nach einem Heuballen anzuflehen, auf dem er sich zusammenrollen konnte, falls sie ihm keinen Job gaben.

 

»Verdammte Hurensöhne! Wenn noch eines von euch hässlichen Drecksviechern durch diesen Zaun bricht, verspreche ich euch, dass ich einen Rindfleischverkauf starte, wie ihn dieser County noch nie gesehen hat.«

Wütend schmiss Quinn seine Werkzeuge in die Satteltaschen und schwang sich auf Jebs Rücken. Er wurde langsam zu alt und auch zu müde, um sich fast im Alleingang um eine gesamte Ranch zu kümmern. Vor zwei Monaten hatte dieses Arschloch Henderson Gerüchte über Quinns Sexualität verbreitet und seinen Farmhelfern fast doppelt so viel angeboten, wie Quinn ihnen zahlen konnte.

Seitdem hatte er alle verloren, die für ihn gearbeitet hatten, abgesehen von Ole John und seinem Partner Conner. Sie waren schon auf der Ranch gewesen, als sie noch seinem Daddy gehört hatte, und da sie ihre Vorlieben niemals versteckt hatten, war sich Quinn sicher, dass Henderson sie als Nächstes benutzen würde, um ihn in den Ruin zu treiben.

Die Krux an der Sache war, dass ihn noch nie zuvor jemand verdächtigt hatte. Er war während der wenigen Male, die er zu Jackson gegangen war, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, immer sehr diskret gewesen. Verdammt, in den fünf Jahren, seit sein Daddy gestorben war und ihm die Ranch hinterlassen hatte, war er nur drei Mal zu Jackson gegangen. Der einzige Groll, den Mr. Henderson gegen ihn hegen könnte, war die Tatsache, dass er sich geweigert hatte, ihm das Land seines Daddys zu verkaufen. Der alte Furz hatte während der letzten fünf Jahre versucht, ihn bankrott zu machen und zum Aufgeben zu zwingen. Mittlerweile hatte es sich für sie beide in eine hässliche Besessenheit verwandelt – Henderson tat alles in seiner Macht Stehende, um sicherzugehen, dass Quinn die Ranch verlor, während Quinn im Gegenzug alles in seiner Macht Stehende tat, um diesem gemeinen Scheißer das Gegenteil zu beweisen.

Er konnte seinen Helfern nicht böse sein, dass sie dorthin gingen, wo das Geld war. Bevor sie gegangen waren, hatten ihm die meisten versichert, dass sie die Gerüchte entweder nicht glaubten, oder dass es ihnen egal war und ihr Weggang aus rein finanziellen Gründen geschah. Er konnte es ihnen nicht verübeln, dass sie das zusätzliche Geld wollten. Trotzdem blieb die Arbeit von zehn Männern an ihm hängen, egal, aus welchen Gründen, und er wusste nicht, wie lange er das noch durchhalten würde. Seufzend lenkte er Jeb zurück in Richtung Stall. Es hatte keinen Sinn, sich über Dinge den Kopf zu zerbrechen, die er nicht kontrollieren konnte. Ställe mussten ausgemistet und Tiere gefüttert werden. Hoffentlich hatte Conner ein hübsches Essen auf den Tisch gebracht, wenn er fertig war.

Als er das Gehege erreichte, schwang sich Quinn von Jebs Rücken, nahm die Zügel und führte den Hengst zum Stall, um ihm eine wohlverdiente Fellpflege und eine Belohnung zukommen zu lassen. Jeb war ein verdammt gutes Pferd und hatte ihn noch nie im Stich gelassen, ganz egal, wie viel er ihm in letzter Zeit abverlangte. Quinn hatte gerade den Stall umrundet, als er bei dem Anblick vor sich wie angewurzelt stehen blieb.

Am Zaun neben der alten Wasserpumpe lehnte entweder der schönste Mann, den er je gesehen hatte, oder eine verdammt große Frau. Das Traumbild vor ihm hatte zarte, feine Gesichtszüge, eine schmale Nase und hohe Wangenknochen. Dunkle Brauen und dichte Wimpern hoben sich von der goldenen, sonnengeküssten Haut ab. Obwohl die Augen geschlossen waren, war sich Quinn sicher, dass sie ebenso dunkel und umwerfend waren, wie das lange, haselnussbraune Haar, das in einem geflochtenen Zopf über seinen Rücken bis hin zu seinem festen Hintern fiel. Quinns Schwanz zuckte, als eine pinke Zunge hervorblitzte und über die vollen Lippen leckte. Himmel, er musste dringend wieder flachgelegt werden, wenn eine Zungenbewegung ausreichte, um seinen Schwanz hart werden zu lassen. Vielleicht brauchte er einen kleinen Ausflug nach Jackson in naher Zukunft.

Quinn trat einen Schritt nach vorn und räusperte sich, ehe er rief: »Kann ich dir helfen?«

Der Kopf des Mannes ruckte nach oben und er richtete sich zu voller Größe auf, wobei er beinahe stolperte. Es war definitiv ein Mann. Die Sonne schimmerte auf den leichten Stoppeln an seinem schmalen Kinn, als er den Kopf in Quinns Richtung drehte. Falls das noch nicht gereicht hätte, war die Tatsache, dass Quinn auf der Stelle wusste, dass der Fremde ein Rechtsträger war, ein untrügliches Zeichen.

»Himmel, Sir, jetzt hab ich ein Leben weniger.«

Quinns Blut rauschte angesichts dieser tiefen, samtig weichen Stimme direkt Richtung Süden. Oh ja, es war definitiv Zeit, nach Jackson zu fahren.

Er streckte seine Hand aus. »Tut mir leid. Ich wollte dich nicht erschrecken. Dachte bloß, dass du gehört hast, wie Jeb und ich gekommen sind.«

Der Fremde wischte seine Hand an seinem Hosenbein ab, ehe er Quinns Griff fest erwiderte. »Tut mir leid, Sir. Bin wohl kurz ein wenig weggenickt.«

Die Berührung jagte einen Stromstoß Quinns Arm hinauf und den geweiteten Pupillen und dem leichten Beben der Nasenflügel nach zu urteilen, war er nicht allein damit. Widerwillig ließ Quinn die Hand des Mannes los und tätschelte Jebs Nase, als dieser sich neugierig schnüffelnd nach vorn beugte. »Gibt es etwas, wobei ich dir helfen kann?«

Der Mann, der sich offensichtlich gerade an seine Manieren erinnerte, riss sich den Hut vom Kopf und knetete nervös die Krempe. »Ja, Sir. Ich, na ja… Ich hatte gehofft… Ich meine…« Er schnaubte frustriert und versuchte es erneut. »Ich hab gehört, dass Sie möglicherweise Hilfe brauchen.«

Quinn versteifte sich leicht, während sich Misstrauen in ihm regte. Nach all dem Scheiß, den er in letzter Zeit mit Henderson durchgemacht hatte, konnte er seinen Argwohn nicht unterdrücken. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass im selben Moment jemand nach Arbeit suchte, in dem er darüber nachdachte, einfach aufzugeben und Henderson zu geben, was er wollte? Ganz zu schweigen davon, dass er es diesem Arschloch zutrauen würde, jemanden anzuheuern, der wie der Junge vor ihm aussah, nur um ihn zu verführen. Trotzdem war er nicht ganz überzeugt davon, dass der alte Mann so viel Glück hatte und jemanden beauftragen konnte, der wirklich alle Schalter in Quinn umlegte. Außerdem sah der Junge ziemlich verzweifelt aus und er klang nicht gerade zuversichtlich. Entweder war er ein verdammt guter Schauspieler oder er suchte tatsächlich nach Arbeit. Sein Instinkt sagte ihm, dass es Letzteres war, aber er würde dieses Angebot trotzdem mit Vorsicht genießen.

Quinn zog an Jebs Zügeln und führte ihn in Richtung Stall. »Ich muss diesen Burschen hier striegeln. Hilfst du mir, ihn fertigzumachen? Wir können uns dabei ein bisschen unterhalten.« Er sah nicht zurück, als er zum Stall ging. Stattdessen konzentrierte er sich darauf, seine wachsende Erregung zu kontrollieren und drohte seinem Schwanz mit einem netten Schlag, wenn dieser sich nicht benahm.

»Ja, Sir.«

Nachdem er Jeb neben dem Stall angebunden hatte, nahm er sich ein paar Bürsten und warf eine davon seinem Begleiter zu. »Hast du einen Namen, Junge?«

»Lorcan, Sir. Lorcan James.« Er fing an, Jeb zu striegeln, und schien offenbar zu wissen, was er da tat. Dabei murmelte er etwas, das verdächtig nach bin kein Junge klang.

»Tja, Lorcan, ich bin Quinn Taylor und wenn es hier jemanden gibt, den du nach einem Job auf dieser Ranch fragen solltest, dann bin ich das. Hast du irgendwelche Erfahrungen mit Rindern?«

Lorcan striegelte das Pferd und seine langen, schlanken Finger folgten der Spur der Bürste. Quinn dachte unwillkürlich, dass diese zerbrechlichen Hände eher zu einer Klaviertastatur passten, als zu einer Viehwirtschaft. Und dann war da natürlich noch das Bild, das für einen kurzen Moment in seinen Gedanken aufblitzte. Das Bild, das seinen Herzschlag beschleunigte, als er sich vorstellte, wie diese zarten, filigranen Hände sogar noch besser aussehen würden, wenn sie sich um etwas Hartes legten, das mit jeder Minute härter wurde. Er schüttelte den Kopf und ging zur Gerätekammer, um die Belohnung für Jeb zu holen und versuchte mehr als angestrengt, nicht zu offensichtlich zu zeigen, dass er ein kleines Problem hatte, richtig zu laufen. Glücklicherweise war Lorcan zu beschäftigt damit, sich auf Jeb und seine nächsten Worte zu konzentrieren, um ihn zu beachten.

»Ja, Sir. Meine Familie hat zu Hause in Indiana einen Milchbetrieb.«

»Na ja, das unterscheidet sich nicht sehr von einem Mastbetrieb, nur, dass es kein morgendliches Melken und dafür mehr Bullen gibt.«

Er starrte – okay, es war mehr ein Glotzen – als Lorcan den Hengst abkühlte. Quinns langjährige Erfahrung darin, seine Emotionen zu unterdrücken und den Ausdruck auf seinem Gesicht zu kontrollieren, versteckte seine Erregung. Eine Erregung, die dafür sorgte, dass sein Schwanz beinahe durch den Stoff seiner Jeans drückte und bei der ihm der Atem stockte, als sich der Junge bückte, um Jebs Hufe auszukratzen. Der Mann war etwas zu dürr, aber seine langen Beine und der feste Hintern ließen Quinn mit seiner Selbstbeherrschung kämpfen, während ein Beben durch seinen gesamten Körper jagte. Quinn war sich nicht sicher, ob es daran lag, dass er lange Zeit nachts nur seine eigene Hand als Gesellschaft gehabt hatte, oder weil Lorcan verdammt umwerfend war. Die Art, wie er sich bewegte, ermutigte Jeb, bereitwillig seine Hufe zu heben, und so, wie er sich mit Leichtigkeit gegen das Tier drückte, strahlte er die Anmut einer großen Katze aus.

Er wartete, bis alle vier Hufe ordentlich gesäubert und untersucht waren. Quinn redete sich ein, dass er den Mann nicht so eindringlich beobachtete, weil sein Schwanz pulsierte und elektrische Stromstöße durch seinen Körper jagten, sondern um sicherzugehen, dass der Kerl wusste, was er tat und Jeb keinen unnötigen Stress verursachte. Lorcan reichte ihm die Bürsten und sah ihn erwartungsvoll an, während die Frage Was nun? deutlich in seinen großen, dunklen Augen schimmerte.

Quinn richtete seinen Blick auf die Bürste in seinen Händen und stellte beschämt fest, dass er nicht dabei geholfen hatte, Jeb zu versorgen. Er war zu sehr mit Glotzen beschäftigt gewesen. Er brauchte die Werkzeuge in die Sattelkammer, während er gedanklich seine fehlende Kontrolle verfluchte und anschließend nach Jebs Zügeln griff. »Lass mich Jeb schnell rausbringen, dann unterhalten wir uns bei einem kleinen Mittagessen über den Job, nach dem du suchst.«

Der Junge sah aus, als würde er vor Hunger und Erschöpfung gleich ohnmächtig werden und wäre das nicht der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte? Henderson würde die Sache so lange verdrehen, bis man ihn beschuldigte, einen wunderschönen, unschuldigen Jungen entführt und getötet zu haben. Quinn trieb das Pferd auf die Weide und bedeutete Lorcan, ihm zu folgen. Er konnte selbst etwas zu Essen vertragen und hoffentlich würde das seine schmutzigen Gedanken ein wenig ablenken.

 


 

Kapitel 2

 

 

Lorcan saß an dem kleinen Tisch in der Küche und sah sich um. Es war hell, luftig und überraschend makellos. Die Einrichtung erinnerte ihn an etwas, das er in alten Wiederholungen aus den Siebzigern auf Nick at Nite gesehen hatte. Die ausgeblichenen Spitzenvorhänge wehten in der kühlen Brise, die durch das kleine Küchenfenster kam. Lorcan war sich sicher, dass die Blümchentapete eher von einer Großmutter ausgewählt worden war, als von dem großen Mann, der gerade ein paar Sandwiches zubereitete. Irgendwie erwartete er, dass jeden Moment eine kleine alte Dame durch die Tür kommen würde und dabei einen Teller mit hausgemachten Keksen und ein Glas kalter Milch in den Händen hielt. Bei dieser Vorstellung knurrte sein Magen laut in der Stille der Küche.

Quinn stellte zwei Teller mit jeweils einem riesigen Berg Sandwiches, Kartoffel- und Fruchtsalat auf den Tisch, ehe er sich auf den Stuhl gegenüber setzte. Lorcan nahm die Anwesenheit des anderen Mannes kaum wahr, weil er sich auf das Essen vor sich konzentrierte. Beinahe hätte er seine Manieren vergessen. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen und sein Körper zitterte vor Verlangen, diese Mahlzeit zu vertilgen.

»Hau rein, Junge, iss. Wir reden, wenn du fertig bist.«

»Danke, Sir«, brachte er gerade so heraus, bevor er seinen Mund füllte. Das erste Sandwich ging vollkommen an seinen Geschmacksnerven vorbei. Lorcan hatte das zweite bereits zur Hälfte hinuntergeschlungen, bevor er sich mäßigte, um den Geschmack seines Essens überhaupt wahrzunehmen. »'tschuldigung«, murmelte er mit vollem Mund. »Hab Hunger.« Und dann schob er sich einen Löffel Kartoffelsalat in den bereits vollen Mund. Das tiefe Lachen ließ ihn einen kurzen Moment innehalten, bevor er sich auf den Rest stürzte.

Gott, wie lange war es her, dass er tatsächlich satt gewesen war? Er wusste, dass er lächerlich aussehen musste, aber das Bedürfnis, gesättigt und zufrieden zu sein, war einfach zu groß, um es zu ignorieren. Immer wieder murmelte er zwischen den Bissen Entschuldigungen, bis der Teller schließlich leer war. Immerhin hatte er sich nicht vollkommen blamiert und ihn sauber geleckt, aber der Gedanke war ihm durchaus gekommen. Lorcan lehnte sich in seinem Stuhl zurück und fand endlich den Mut, dem Mann in die Augen zu sehen. Er schenkte Quinn ein zaghaftes Lächeln, obwohl er sich wie ein Idiot fühlte.

»Danke, Sir. In letzter Zeit hatte ich nicht oft Gelegenheit, so viel zu essen.« Verdammt, wenn das nicht erbärmlich klang.

Quinn sah ihn mit Sorge in seinen blauen Augen an und schob sein halb gegessenes Sandwich über den Tisch. »Du musst dich nicht entschuldigen. Möchtest du noch mehr?«

»Oh Gott, nein«, sagte er und tätschelte seinen zum Platzen gefüllten Bauch. »Ich fürchte, dass ich explodiere, wenn ich noch was esse, aber danke, Sir.«

Außerdem war jetzt, da sein Hunger gestillt war, die Tatsache, dass er seit – tja, er hatte keine Ahnung, wann er das letzte Mal richtig geschlafen hatte. Er kämpfte damit, seine schweren Lider offen zu halten.

»Wie bist du den ganzen Weg von Indiana nach Pegasus, Oklahoma gekommen und warum, wenn ich fragen darf?«

»Ich bin gelaufen, Sir, und warum was?«

Sein Gehirn war mehr als nur ein wenig benebelt und er verstand nicht wirklich, was Quinn ihn gefragt hatte. Er musste sich zusammenreißen, bevor der Mann ihn noch für einen kompletten Idioten hielt, denn er brauchte diesen Job dringend. Wenn er sich wie ein Depp aufführte, würde er ihn nicht bekommen, so viel war sicher.

»Warum solltest du von einer Familienranch weglaufen, nur um dann auf einer Ranch in Oklahoma nach Arbeit zu suchen?«

Lorcan lehnte sich weiter zurück und sank ein wenig in sich zusammen. Oh gut, eine leichte Frage. »Bin nicht von zu Hause weg, um auf 'ner anderen Farm zu arbeiten.« Mann, dieser Stuhl ist verdammt gemütlich. »Ich bin einfach auf der Suche nach Abenteuern, verstehen Sie? Hab's satt, der kleine Bruder zu sein und wollte meinen eigenen Weg gehen.«

Er starrte und war von den Mustern fasziniert, die Quinn mit seinen dicken, schwieligen Fingern auf die Tischplatte malte. Entfernt hörte er ihn fragen: »Du wurdest also nicht von zu Hause weggejagt?«

Weggejagt? »Nein, nein. Nichts dergleichen. Es war nur…« Er musste darüber nachdenken, wie er diese Frage beantworten sollte.

Ihm war es zu Hause gut ergangen. Einen Moment lang schloss er die Augen, um sich eine gute Antwort auszudenken, warum er gegangen war. Er dachte daran zurück, wie die umwerfendsten Gerüche aus der Küche seiner Mom gekommen waren, wenn er nach einem langen, harten Arbeitstag das Haus betreten hatte. Er erinnerte sich, wie hart er gearbeitet hatte, um seine Aufgaben schneller als seine drei Brüder zu erledigen, damit er beim Duschen noch heißes Wasser abbekam. Oh, und er erinnerte sich daran, wie warm und weich sich sein Bett jede Nacht unter ihm angefühlt hatte, wenn er sich hineingekuschelt hatte. Hmm… warum war er gegangen? Es musste einen Grund geben, aber im Moment fiel ihm kein guter ein. Sein letzter Gedanke galt seinem Bett, wie großartig es sich darin angefühlt hatte und dass er nicht vorhatte, es in nächster Zeit zu verlassen.

 

Quinn konnte das leise Lachen nicht unterdrücken, als er beobachtete, wie sich die Brauen des Jungen konzentriert zusammenzogen. Seine schweren Lider blinzelten langsamer und langsamer, bis er sie schließlich schloss und sich seine Brust gleichmäßig hob und senkte. Lorcans Gesicht nahm einen friedlichen Ausdruck an, als sich seine Muskeln im Schlaf entspannten. Er sah wirklich jung aus und zu Quinns Verwunderung, so unmöglich das auch schien, schöner als auf den ersten Blick. Es juckte ihn in den Fingern, seine Hand auszustrecken und die leicht geöffneten Lippen zu berühren, um herauszufinden, ob sie sich so weich anfühlten, wie sie aussahen.

Er drückte seine Hände fest aneinander, um der Versuchung vor sich zu widerstehen, während sein Blick langsam über das Bild vor ihm glitt. Der Junge war unglaublich dreckig und zerzaust. Sein Jeanshemd war staubig und mit Schweißflecken bedeckt, aber es sah immer noch besser aus als die dünne, fadenscheinige Jeans, die eine Runde in der Waschmaschine kaum überleben würde. Die Nägel an seinen langen, eleganten Fingern waren abgebrochen. Dreck sammelte sich darunter und um das Nagelbett herum. Trotz des Schmutzes sah dieser Mann großartig aus. Er stellte sich vor, dass Lorcan umwerfend sein würde, sobald er sauber wäre. Ohne Zweifel musste es Männern und Frauen schwerfallen, den Blick von ihm abzuwenden. Er war groß und wahrscheinlich nur ein oder zwei Zentimeter kleiner als Quinn mit seinen einen Meter neunzig. Aber der Junge wirkte im Gegensatz zu ihm schlank und beinahe dürr. Aus einem ihm unerfindlichen Grund verspürte Quinn das Bedürfnis, diesen Mann vor sich zu beschützen und zu besitzen. Er wollte ihn aufnehmen, dafür sorgen, dass er es sicher und warm hatte und gut gefüttert war.

Himmel, wo kam denn dieser Gedanke her?

Er kannte den Jungen nicht. Soweit er wusste, könnte Lorcan auch ein Schauspieler sein, den Henderson auf ihn angesetzt hatte. Oder ein Schnorrer, der auf der Suche nach einer Mahlzeit und Schlafgelegenheit war und alles klaute, was sich in seiner Reichweite befand.

Quinn stand auf und räumte leise den Tisch ab, da er etwas Abstand zwischen sich und Lorcan bringen musste. Schon als Junge hatte er gewusst, dass er sich vom selben Geschlecht angezogen fühlte, aber noch nie in seinem Leben hatte er sich so von jemandem angezogen gefühlt, dass er sich kaum kontrollieren konnte. Bis jetzt. Sein Kopf sagte ihm, dass er den Jungen wieder dahin schicken sollte, wo er hergekommen war. Er sollte nur dafür sorgen, dass er sich ausschlief, einen vollen Bauch, ein ausgiebiges Bad und genug Geld für eine Busfahrkarte nach Hause hatte, denn er konnte nicht noch mehr Probleme gebrauchen.

Selbst wenn Lorcan nicht hier war, um einen von Hendersons verkorksten Plänen auszuführen, konnte sich Quinn nicht noch mehr Kummer aufladen. Außerdem war er sich nicht sicher, ob er seine niederen Bedürfnisse kontrollieren konnte, wenn das Verlangen weiter so heftig in ihm wütete.

Auch wenn er zerzaust war, fachte Lorcan seine Lust an und Quinn wusste, dass es nur schlimmer werden würde, wenn der Mann erst sauber und satt war. Wie diese Haare aussehen mussten, wenn sie von dem Haargummi befreit waren… Er konnte sie beinahe zwischen seinen Fingern spüren und erschauderte. Auf keinen Fall würde er sich kontrollieren können und er würde Henderson damit noch mehr Munition geben. Nach nur einem Blick auf Lorcan würde sich Henderson auf ihn stürzen, wie eine Fliege auf einen Scheißhaufen.

Quinn wusch das Geschirr ab und räumte es weg, ehe er Kaffee auf setzte. Sein Kopf beschäftigte sich mit der Frage, was das Richtige war und zwar nicht nur für den Jungen, sondern auch für ihn selbst. Mit Sicherheit konnte er die Hilfe hier gebrauchen und der Junge hatte Erfahrung. Er müsste keine Zeit verschwenden, um ihm die Grundlagen der Rancharbeit beizubringen. Trotzdem machte er sich unwillkürlich Sorgen. Welchen Schwachsinn müsste sich der Junge wohl von dem Arsch auf der Nachbarranch gefallen lassen? Nur, weil sein Boss scharf auf ihn war?

Mit dem Kaffee in der Hand nahm Quinn wieder auf dem Stuhl Platz. Er nippte an seiner Tasche und beobachtete den schlafenden Jungen. Er lauschte den leisen, schnaubenden Geräuschen und ließ sich davon einlullen. Ja, sein Kopf sagte ihm, dass er den Jungen wegschicken sollte, aber in seinem Bauch wurde es angenehm warm und schmerzte ein wenig, wenn er daran dachte, dass Lorcan gehen würde. Von der Anziehung einmal abgesehen hatte Lorcan etwas an sich, das ihn anzog. Obwohl Quinn fürchtete, die Kontrolle zu verlieren, war diese Angst nicht so mächtig wie das Verlangen, alles über diesen wunderschönen Mann vor sich zu wissen.

Oh ja, er würde dem Jungen einen Job anbieten.