Über Jaron Lanier

Foto: 2013, Insightfoto.com

Jaron Lanier, 1960 in New York geboren, ist Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels und weltweit anerkannter Tech-Guru. Er prägte Begriffe wie »Virtual Reality« oder »Avatar«. Bereits Anfang der achtziger Jahre entwickelte er einen Datenhandschuh, mit dem man sich im virtuellen Raum bewegen konnte. Er lehrte an der Columbia University, in Yale und Berkeley und arbeitet heute für Micro-soft Research. Bei Hoffmann und Campe erschienen u.a. die Bestseller Wem gehört die Zukunft? (2014) und Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst (2018).

Fußnoten

 Gebaut wurde diese Version von Seattle, ebenso wie die echte, von Einwohnern der Stadt. Es waren Forscher, die sich später dem »HIT Lab« der Universität Washington anschlossen, einer der ersten VR-Forschungsabteilungen, gegründet von Tom Furness, der zuvor an Militärsimulatoren gearbeitet hatte.

 Dies ist die erste der durchnummerierten Definitionen der VR, die über dieses Buch verteilt sind.

 Wie ich in den achtziger Jahren den Begriff »Mixed Reality« verwendet habe, kann man nachlesen in: Kevin Kelly, Adam Heilbrun und Barbara Stacks, »Virtual Reality: An Interview with Jaron Lanier« in: Whole Earth Review 64 (1989), S. 108. Dt.: »Virtuelle Realität – Ein Gespräch mit Adam Heilbrun, eingeleitet von Kevin Kelly«, in: Jaron Lanier, Wenn Träume erwachsen werden: Ein Blick auf das digitale Zeitalter, Hamburg 2015, S. 41ff.

 Ich bin kein Freund der aktuellen Kampagne, die Pluto vom Planeten zu einem markanten Objekt im Kuipergürtel herabstufen möchte. Seine eigenwillige Flugbahn dort draußen ist eine Inspiration für jedes eigenwillige Kind. Sind wir nicht auch vollwertige Planeten? Werdet ihr uns nur akzeptieren, wenn wir uns anpassen? Lasst Pluto einen Planeten bleiben, heute und für immer! Warum verlangen die Leute, die eine Rückstufung von Pluto fordern, nicht stattdessen, Europa den Status als Kontinent abzuerkennen? Das wäre hilfreicher.

 Orson Welles’ berühmtes Radiohörspiel aus dem Jahr 1938, das eine Alien-Invasion simulierte und dadurch Panik in der leichtgläubigen Bevölkerung auslöste.

 In den siebziger Jahren überredete ich Ellery, bei der Nebel-Sendung anzurufen, die immer noch gesendet wurde. Lester del Rey, Nebel und er beschimpften sich, und ich verstand, warum die Sendung so populär gewesen war.

 L. Ron Hubbard gehörte anfangs zu diesem Kreis und experimentierte damit, seine Ideen im Rahmen dieser Wetten zu verbreiten. Diese Fähigkeiten wendete er später in sehr viel größerem Maßstab an.

 In diesem gigantischen Buch von Stewart Brand konnte man stundenlang blättern und Bilder von Menschen betrachten, die interessante Dinge taten und interessante Dinge produzierten, die man von ihnen kaufen konnte. Alles darin war angenehm ambivalent-utopisch. Offensichtlich gab es Menschen, die sich aufs Land zurückzogen, aber gleichzeitig futuristisch waren. Der Wälzer gilt bei manchen als Papier-Vorläufer der besonders farbigen Aspekte des frühen Google, oder zumindest hat Steve Jobs es später so formuliert.

 Die große Höhle, von der jedes Kind in New Mexico träumt. Sie ist so groß, dass der Himmel aus Felsgestein besteht. Ein Freund aus Italien sagte, sie sei besser als der Vatikan.

 Harold Scott MacDonald »Donald« Coxeter war der größte Geometer des 20. Jahrhunderts. Er erforschte das Reich symmetrischer Formen, in das auch geodätische Kuppeln gehören. Er war nicht nur eine Größe in der Mathematik, sondern er inspirierte auch direkt den Architekten geodätischer Kuppeln Buckminster Fuller und den Künstler M.C. Escher.

 Bateson war Anthropologe und einer der bekanntesten Philosophen der Kybernetik. Ich kann seine Arbeit hier unmöglich zusammenfassen, aber er zeigte einen Weg aus der erschreckenden Vision Wieners auf. Er vertrat eine demütige Sicht auf Technologie, bei der die Menschen sich nicht über die Natur stellen, sondern sich als Teil eines größeren Systems betrachten.

 Jahrzehnte später sagte Ted, er bereue an diesem Buch vor allem die Schriftgröße.

 Okay, das hier ist für die Leser, die immer etwas auszusetzen haben. Mich erreichten Beschwerden, meine Bücher seien schwer zu lesen. So viele lange Worte, während ich gleichzeitig den digitalen Elitarismus kritisiere. Auf diese Kritik habe ich keine befriedigende Antwort. Man muss eben so schreiben, wie man ist.

 Ein weiterer Anwärter auf diesen Titel ist Doug Engelbarts berühmte erste Demonstration einer Produktivitätssoftware aus dem Jahr 1968. Doug zeigte damals, wie man am Bildschirm Text editiert und auf Dinge zeigt und sie auswählt, es gab Fenster, die Möglichkeit, Texte von mehreren Nutzern bearbeiten zu lassen, verschiedene Dateiversionen, Videokonferenzen und viele andere Elemente, die heute unser Leben prägen. Manchmal wird Ivans Demo als »bestes Demo aller Zeiten« bezeichnet und Dougs als »Mutter aller Demos«, obwohl Ivans Arbeit älter ist.

 Ich hoffe, diese sarkastische Definition ist okay. Sarkasmus steht jungen Leuten besser. Wenn man älter wird, klingt das schnell nach »besserwisserischer Altersweisheit«, selbst wenn man schon immer so sarkastisch war. Ich behalte meinen Sarkasmus-Quotienten im Auge und hoffe einfach, dass er in diesem Buch das richtige Maß findet.

 Mort baute um 1963 mehrere Prototypen seiner Sensorama-Anlagen. Man warf eine Münze ein, betrat die Kabine und legte das Gesicht an eine Stereobrille. Das Gerät zeigte nicht nur Stereofilme, sondern spielte auch eine Stereo-Tonspur ab: Man wurde durchgeschüttelt, spürte Wind. Man konnte in so einer Maschine zum Beispiel eine Fahrt auf dem Motorrad machen. Ich mochte aber lieber das »Date«, bei dem man mit einem Teenagermädchen in einen Freizeitpark ging. Diese Produktion fing das Gefühl der Unschuld der frühen sechziger Jahre ein. Hinter den Kulissen war die Sensorama-Kabine mit Projektoren, Tonbandgeräten, Ventilatoren und Motoren vollgestopft. Die Maschinen waren sehr pflegeintensiv. Als Rentner entwarf und baute Mort seine eigenen Motorroller, die er auf Flohmärkten verkaufte. Er erzählte mir, er liebe es zu handeln. »Ich gebe den Leuten so wenig von mir, und sie geben mir so viel.« Ich schenkte meiner Tochter einen seiner Motorroller, als sie alt genug dafür war. Das war lange nach seinem Tod, und ich weinte bei der Erinnerung an ihn.

 Über diese Sichtweise wurde in den achtziger Jahren viel – und ziemlich hitzig – gestritten. Die Gegenseite beharrt damals wie heute darauf, man werde mit Hilfe einer hypothetischen Nanotechnologie letztendlich jedes Detail der physischen Realität beherrschen können, sodass es keine Unterscheidung mehr zwischen virtueller und physischer Realität geben wird. Ein Beispiel hierfür wäre eine technisch unterstützte menschliche Anatomie der Zukunft. Wenn wir die Welt durch verbesserte Sinnesorgane besser wahrnehmen können, müssten wir dann nicht eben jene Organe direkt mit Daten aus einer Simulation füttern können? Diese Argumente hört man immer wieder, aber ich glaube dennoch, dass das Gehirn einfach immer besser darin werden wird, Fälschungen zu entdecken. Der Interaktivität der Realität kann man schließlich nicht entkommen. Wenn wir eines Tages unser Sehvermögen mit superhochauflösender künstlicher Netzhaut verbessern, die viel mehr Farben sehen kann – selbst dann wird die Interaktivität, das Abtasten für die Wahrnehmung entscheidend sein. Auch dann wird VR nicht ebenso real aussehen wie das, was wir mit unseren neuen Augen sehen, vorausgesetzt, wir lassen diese Augen wahrhaftig wandern.

 Manchmal wird das mit dem »Chi« aus »Tai-Chi« gleichgesetzt, aber darüber weiß ich zu wenig, um das zu beurteilen.

 Hier ein Beispiel, das zeigt, dass es bei Wissenschaft um Annäherung und nicht um Erreichen geht: Im 20. Jahrhundert gab es zwei neue Theorien der Physik, die Quantenfeldtheorie und die allgemeine Relativitätstheorie. Beide sind so gut, dass bisher noch kein Experiment entwickelt wurde, mit dem sich eine der beiden Theorien widerlegen ließe. Trotzdem widersprechen sie sich bei manchen Extremsituationen, wenn es um das Universum als Ganzes geht oder um schwarze Löcher.

Physik ist also noch nicht »fertig«. Das bedeutet aber nicht, dass es keine echten Fortschritte gegeben hätte. Durch die Relativitätstheorie arbeiten GPS-Sensoren genau, und dank der Quantenfeldtheorie können wir die entsprechenden Daten in Glasfaserkabel auf dem Meeresboden stopfen. Ohne die Theorien wäre nichts davon möglich. Dennoch gibt es offensichtlich noch mehr zu entdecken.

Bei Wissenschaft geht es nicht um die Gewissheit einer endgültigen Schlussfolgerung, was unbefriedigend sein kann. Der Verstand denkt und will daher, dass auch die Realität wie ein Gedanke ist, eine Position einnimmt, platonisch ist. Doch bei der Wissenschaft geht es um stetigen Fortschritt, darum, in großer Dunkelheit eine Kerze anzuzünden.

Der Verstand kann ganz schön stur sein, wenn es um Gedanken geht, und er will, dass die Realität eine bestimmte Eigenschaft hat und die Sache damit erledigt ist. Leider wurde uns die ewige Realität noch nicht vollständig und prompt enthüllt.

 Falls Sie blind sind: Das Prinzip funktioniert auch beim Gehör.

 Dies ist ein Gedanke, der manchen Menschen so offensichtlich erscheint, dass ihnen jede Ausführung unnötig vorkommt. Andere Menschen verwirrt diese Vorstellung allerdings. Bei wem das so ist, der kann zu den Kapiteln über künstliche Intelligenz weiter hinten im Buch vorblättern, ins 19. Kapitel, zum Abschnitt »Die Geburt einer Religion«.

 Wieners Buch war das erste »systemische« Werk über Computer, hatte damals aber noch keinen begleitenden psychedelischen Teil wie später II Cybernetic Frontiers und Computer Lib/Dream Machines.

 Conlon Nancarrow war ein Komponist in Mexiko-Stadt. In Wem gehört die Zukunft? gehe ich näher auf mein Verhältnis zu ihm ein. Conlon war gebürtiger Amerikaner, doch ihm wurde die Wiedereinreise in die USA mit der Begründung verweigert, er sei ein »übereifriger Antifaschist« gewesen, weil er im Spanischen Bürgerkrieg in der Abraham-Lincoln-Brigade auf Seiten der Republikaner gekämpft hatte. Er komponierte Klavierwerke, indem er die Notenrollen für ein mechanisches Pianola von Hand selbst stanzte, um bei Tempo und Rhythmus völlige Freiheit zu haben. Er war ein Pionier, weil er die Bedeutung der Unbegrenztheit in der Kunst auslotete. Für eine Hörprobe sollten Sie sich nach den alten Aufnahmen des Labels »1750 Arch Records« umsehen. Die späteren digitalen Aufnahmen sind etwas trocken und gehen meiner Meinung nach am eigentlichen Sinn der Sache vorbei.

 Ein Auto auf diese Weise zum Stehen zu bringen, klingt jetzt vielleicht grausam, doch in der Frühzeit des Automobils war das nicht ungewöhnlich, und in unserer verarmten Gegend war diese Frühzeit noch nicht vorüber. Es war zwar nicht unbedingt üblich, aber auch nicht völlig außergewöhnlich.

 Präsident Dwight D. Eisenhower sprach in einer berühmten Rede vor den Vereinten Nationen mit dem Titel »Atoms for Peace« von der friedlichen Nutzung der Atomkraft. Mit dem Schlagwort wurde auch die erweiterte Nutzung der Nukleartechnologie über Atomwaffen hinaus umschrieben, um die Ängste zu beschwichtigen, die nach dem Abwurf der Atombomben auf Japan im Zweiten Weltkrieg bestanden.

 Wirtschaftswissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang vom Averch-Johnson-Effekt.

 Wenn Ingenieure eine sichere und effiziente Nutzung der Atomenergie entwickeln können, die sich nicht für Waffen eignet, und wenn der Atommüll keine tödliche, jahrtausendelang strahlende Bedrohung mehr darstellt, könnte die Atomkraft eine tolle Sache sein. Noch ist ungewiss, ob und wann es dazu kommen wird, aber es gibt keinen Beleg dafür, dass wir das nicht schaffen könnten.

 Falls es Sie interessiert: Cynthia und ich sind nach all den Jahrzehnten immer noch befreundet. Da war eine echte Verbindung zwischen uns. Sie lebt heute als Cellistin in Wien.

 Warum ausgerechnet eine Tarantel? Ich war kurz zuvor auf einen Berg in der Bay Area gewandert, wo sie sich zur Paarungszeit in Scharen aufhielten.

 Betonung auf »manchen«, begleitet von einem vorwurfsvollen Blick ins Publikum.

 Auch zu diesem Geschöpf gibt es eine Geschichte. Als ich den Vortrag hielt, waren ein paar Freunde und ich damit beschäftigt, einen Roboter ähnlich dem Ungeheuer von Loch Ness zu bauen. Er sollte im trüben Wasser der Bay herumschwimmen und meistens nicht zu sehen sein, nur hin und wieder in Touristengebieten wie Fisherman’s Wharf auftauchen.

 Jahrzehnte später, als Computer schon lange vernetzt waren, tauchte der Begriff »Cracker« wieder auf, dieses Mal als negative Bezeichnung für »eine männliche weiße Person, die ihre angeborenen Privilegien nicht zu schätzen weiß«. In dem Sinn waren fast alle Cracker der achtziger Jahre Cracker.

 Das »Gefangenendilemma« ist eins der faszinierendsten Gedankenexperimente der Spieltheorie. Es ist Bestandteil von Spielshows und Spielfilmhandlungen. Ich werde es hier nicht näher erläutern, Sie können das leicht selbst recherchieren. Aus mathematischer Sicht ein interessanter Ansatz, aber furchtbar, so über das reale Leben zu denken, das nie so eindeutig ist. Es bricht mir das Herz, wenn Menschen in Spielshows oder anderen Umsetzungen des Gefangenendilemmas lernen, grausam zu handeln und sich gegenseitig zu täuschen. Ich vermute, dass diese üble Anwendung der Mathematik viele Kinder und Jugendliche genauso abschreckt wie die üblichen Dämonen in Form furchtbarer Lehrer und Lehrbücher.

 Die Hackerszene war damals mehr oder weniger eine Untergruppe der Hippieszene, und Hippies dachten oft, sie hätten einen Anspruch auf etwas. So gab es beispielsweise Hacker, die dachten, Sex solle »gratis« sein, wie Software oder Luft. Man beachte den Slogan einer Tech-Kommune in San Francisco, die wir früher alle gern besuchten: »Jeder Mensch verdient einen ausreichenden Anteil an Luft, Wasser, Sex, Nahrung und Bildung.« Der entsprechende »Konsum« war bescheiden – geradezu asketisch, nur »ausreichend« und nicht übermäßig, damit für alle genug blieb. Ein kommunitärer, nachhaltiger Anspruch auf Sex. Was rein theoretisch eine sexuelle Verpflichtung bedeutete.

Warum machte ich mir überhaupt die Mühe, darüber zu diskutieren? »Und was ist, wenn eine Frau oder meinetwegen auch ein Mann nach dem Maßstab der anderen gar nicht ›ausreichend‹ Sex haben möchte?«

»Du machst dir Gedanken über ein Problem, das nicht existiert. Alles gleicht sich aus.«

»Aber was, wenn nicht?«

Am Ende hatte ich diese Diskussion in verschiedenen Versionen mit jedem denkbaren kalifornischen Utopisten geführt. Mit Anhängern des Libertarismus, mit Sozialisten und KI-Idealisten. Sie alle ignorieren die Möglichkeit, dass jemand nicht in ein »perfektes« Format passen könnte, ob es nun um Sex geht oder etwas anderes.

 Die Suche nach »Rent-a-Mom« im Jahr 2016 ergab verschiedene Treffer, darunter Kindermädchen, Pflegedienste und Au-Pair-Vermittlungen. Soweit ich weiß, besteht keine Verbindung zwischen den aktuellen Angeboten und der legendären Firma, die in den Achtzigern in unseren Köpfen herumspukte. Im Zeitalter der textbasierten Suche wird jede Bezeichnung von irgendjemandem für irgendetwas verwendet.

 Wir wünschten uns alle mehr weibliche Hacker. Das Programmieren war größtenteils eine Erfindung der Frauen, doch seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Beruf immer mehr von Männern dominiert. Es gab eine Frau, die einen Videospiel-Hit namens »Centipede« für die erste Computerspielfirma programmiert hatte, für Atari, außerdem noch ein paar verstreute Hackerinnen im Umfeld des Silicon Valley.

Es war das universitäre Umfeld in jenen Tagen, das für den Frauenmangel verantwortlich war. Das Silicon Valley hatte gar keine Chance zu zeigen, was in ihm steckte. Wir wünschten uns wirklich, dass mehr Frauen von den Instituten für Mathematik und Computerwissenschaften zu uns kommen würden, aber dort gab es kaum Frauen.

Ich erinnere mich sehr genau an dieses Gefühl, basierend auf einem Sinn für Gleichberechtigung, gemischt mit Arroganz, weil wir dachten, ein Hacker zu sein wäre das Wichtigste und Glorreichste, was man tun könnte.

 Gesicherte Erkenntnisse gibt es nicht, aber man schätzt, dass etwa jeder vierzigste Mensch von dieser Störung betroffen ist. Wie ich erfahren viele Menschen erst nach Jahren, dass sie unter dieser Krankheit leiden. Anderen wird die Störung nie bewusst. Man kann sie ausgleichen, indem man Menschen anhand anderer Merkmale identifiziert, etwa anhand des Umfelds, der Umstände oder ihrer Begleitung, anhand besonderer Bewegungen oder mittels strategischen Plauderns, anhand ihres Kleidungsstils oder ihrer Accessoires (die Popularität von Tätowierungen ist da sehr hilfreich).

 Scott Kim ist auch bekannt für seine symmetrische Kalligraphie und eine mathematische Tanzgruppe. Douglas R. Hofstadter berichtet in seinem berühmten Buch Gödel, Escher, Bach aus dem Jahr 1979 über ihn. Mit dem Buch erhielt die breite Öffentlichkeit zum ersten Mal eine digitale Perspektive auf das Leben und das Universum. Warren Robinett entwickelte »Rocky’s Boots«, eins der ersten Spiele, bei dem die Spieler auf dem Bildschirm der frühen 8-Bit-Computer funktionierende visuelle Programme konstruierten. Später arbeitete Warren für das VR-Labor der Universität North Carolina in Chapel Hill.

 Marie ist als Interviewpartnerin in dem britischen Dokumentarfilm The Century of the Self zu sehen.

 Mehr über die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs »Mixed Reality« und seine Entwicklung erfahren Sie im Abschnitt »Aufgepflanzte Flaggen« im 18. Kapitel.

 Bill war einer der Gründer von Sun Microsystems, einst ein Gigant im Silicon Valley. Er verfasste einen berühmten Essay über die Zukunft der Technologie mit dem Titel »Why The Future Doesn’t Need Us«, in dem er vor den Folgen der Digitalisierung warnte. Richard war ein Vordenker der Open-Source-Bewegung. Unsere Diskussionen darüber können Sie in meinem Buch Gadget – Warum die Zukunft uns noch braucht nachlesen. Andy entwickelte das originale Macintosh-Betriebssystem.

 Abgeleitet vom griechischen haptikós, was »zum Berühren geeignet« bedeutet. Im Englischen wurde der Begriff schon 1683 von Isaac Barrow in seinen Lectiones Mathematicae verwendet, wird aber erst seit kurzem stärker gebraucht.

 Die Entwickler, die das Glas für Smartphones gestalten, haben natürlich Fachbegriffe für diese Eigenschaften, aber ihr Vokabular ist nicht in die Alltagssprache eingegangen.

 Hände sind wie das Gesäß gern Gegenstand von Scherzen aller Art. Sie sind ein grundlegender Bestandteil der menschlichen Identität. Falls Sie mich je treffen, versuchen Sie nicht, irgendwelche VR-Witze an mir auszuprobieren. Ich kenne sie alle.

 Ich muss in dem Zusammenhang Steve Feiner von der Columbia University erwähnen, der auf diesem Gebiet großartige Arbeit geleistet hat.

 http://publicationslist.org/data/melslater/ref-238/steptoe.pdf

 http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jcc4.12107/full

 Lisp-Maschinen waren Computer, die für – wer hätte es gedacht? – LISP-Programme optimiert waren, eine frühe Programmiersprache, sehr beliebt bei Mathematikern und Wissenschaftlern einer bestimmten Altersgruppe, die sich mit künstlicher Intelligenz befassten.

 Ecstasy kann auch gefährlich sein. Ich rate nicht zum Konsum. In meinem Bekanntenkreis bekam jemand Herzprobleme nach dem Konsum und starb.

 Anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen (etwa auf den derzeitigen Anführer der freien Welt), die sich bei der Nutzung von sozialen Medien nicht gerade von ihrer besten Seite präsentieren, verrate ich hier, dass ich mit dem Zeug, das es heute gibt, nicht umgehen kann. Ich habe keine Konten in sozialen Netzwerken, obwohl ich dort für meine Bücher werben könnte und es auch noch andere Gründe gäbe. Aber ich habe festgestellt, dass ich bei Online-Diskussionen kleinlich werde. Ich gerate in Feedback-Schleifen mit Leuten, die meine Arbeit entweder lieben oder hassen, und werde dadurch zu Extremen getrieben, die ich nicht will. Ich habe Angst, dass die sozialen Netzwerke nur meine schlechteste Seite zum Vorschein bringen.

Vielleicht würden soziale Netzwerke meiner Karriere helfen, aber das ist kein Grund, mir deshalb selbst zu schaden. Ich sage damit aber nicht, dass die Netzwerke zwangsläufig für jeden schädlich sind. Vielleicht ist das wie beim Alkohol, manche Leute kommen damit zurecht, andere hingegen sollten die Finger davon lassen.

Ich mache mir Sorgen um die Verstärkung der ultrarechten, paranoiden Alt-Right-Bewegung. Ich will hier nicht parteiisch sein, sondern ganz objektiv feststellen, dass die Kritik der Rechten an den Linken oft um die Behauptung kreist, die Collegestudenten von heute seien so verschroben. So empfindlich! So schnell beleidigt! Erkennen Sie das Muster? Kommt Ihnen das bekannt vor? Die »Persönlichkeitsstörung«, die »Überempfindlichkeit«, die rechte Kritiker als Merkmal der sogenannten »Generation Snowflake« ausgemacht haben wollen, ist genau die, die man bei Donald Trump beobachten kann. Quer durchs politische Spektrum finden sich Leute, die nach sozialen Netzwerken süchtig sind.

 Nicht im Esalen Institute. Sorry, den Ort werde ich nicht verraten.

 In meinen Kreisen war besonders The Wizard of the Upper Amazon beliebt, doch vermutlich bildeten die extrem einflussreichen Bücher von Carlos Castaneda (wenn auch über eine andere Droge in einer anderen Region) die Grundlage.

 Da wir gerade über Haare sprechen, kann ich hier wohl auch etwas über mein Gewicht sagen. Es war nicht einfach, aber ich wurde die Pfunde, die ich als Kind zugenommen hatte, etwa ein Jahr nach meinem Krankenhausaufenthalt wieder los, allerdings kamen sie als Teenager mit voller Wucht zurück. Anfang zwanzig kämpfte ich heftig gegen mein Übergewicht an und wurde es tatsächlich immer wieder los, aber die Pfunde kamen mit scheinbar übernatürlicher Gewalt regelmäßig wieder, sodass ich langfristig betrachtet deutlich zunahm. Ich vermute, ich würde heute weniger wiegen, wenn ich damals nicht mit aller Gewalt versucht hätte, mich zu verändern.

Gelegentlich sagen mir wildfremde Leute ganz fröhlich, ich müsse mich eben mehr anstrengen, es sei ganz einfach, sie hätten es auch geschafft. Und dann jammern sie mir praktisch im gleichen Atemzug vor, dass sie ihr Startup nicht finanziert bekommen oder sie keinen Verlag für ihr Buch finden oder sonst irgendwie Pech haben, für das sie nicht selbst verantwortlich sind.

Im Silicon Valley besteht ein regelrechter Kult um Selbstoptimierung und Produktivität. Doch die Erwartung, dass man sein Leben in jeder Hinsicht optimiert, ist nicht nur dumm, sondern auch destruktiv. Der Impuls, so zu tun, als ob wir bereits alles wüssten, ist genauso wissenschaftsfeindlich wie die Bewegung gegen das Impfen oder die Verneinung der Evolutionstheorie. Außerdem wird damit der Zwang zur Konformität gefördert. Jeder soll die gleichen Vorstellungen von Erfolg und Produktivität hegen. Und alle sollen in ihrem Äußeren einer bestimmten Norm entsprechen.

Die seriöse Wissenschaft kommt immer wieder zu komplizierten, oft auch widersprüchlichen Erkenntnissen, was unser Körpergewicht angeht. Und natürlich gibt es eine Vielzahl verblüffender, manipulativer pseudowissenschaftlicher Behauptungen. Doch in Wirklichkeit ist das Körpergewicht eins von vielen Dingen im Universum, die wir nicht richtig verstehen.

Eines Tages werden wir es verstehen, wahrscheinlich sogar bald, da es heutzutage so viele wunderbare Möglichkeiten gibt, biologische Zusammenhänge zu untersuchen. Wenn die Menschen eines Tages selbst entscheiden können, sollten sie verschiedene Möglichkeiten haben. Vielfalt ist ein kostbares Gut.

Hat mein Gewicht negative Auswirkungen auf mein Leben? In gewisser Weise vielleicht schon. Kameras mögen dünne Menschen. Wenn ich dünner wäre, wäre ich vielleicht öfter im Fernsehen zu sehen, wenn es darum geht, Werbung für ein neues Buch zu machen oder über ein aktuelles Thema der Cyberwelt zu diskutieren. Aber eigentlich möchte ich gar nicht erfolgreicher sein. Ungewollt bediene ich vielleicht sogar auch nur eine Klischee, denn schlaue Technikfreaks sollen ja ein bisschen sonderbar aussehen. Man denke nur an Einstein und seine Frisur. Insgesamt spielt mein Aussehen in meinem Leben keine große Rolle, aus dem einfachen Grund, dass ich ein Mann bin. Es ist schmerzhaft, das sagen zu müssen, aber eine dicke Frau hätte wohl nicht die gleiche Karriere gemacht wie ich.

shallow: »oberflächlich« (Anm. d. Ü.).

 »Leave no trace« ist ein gefeiertes Grundprinzip für die Teilnehmer beim »Burning Man«-Festival, bei dem es ansonsten kaum Vorschriften oder Beschränkungen gibt. Jährlich kommen Zehntausende in der Wüste von Nevada zu exzentrischen Kunstaktionen, Happenings und zum Feiern zusammen.

 Ich entschuldige mich bei den Nicht-Technologen unter meinen Lesern für all die Fachbegriffe. Einige werden im Anhang erklärt.

 Ja, das ist ein Gruß an Diana Vreeland!

 Es gibt verschiedene Arten von Tracking: Da die Augen fast kugelförmig sind und sich nahezu in ihrem Zentrum drehen, kommt man oft damit durch, dass man weiß, wo sich die Augen befinden, und nicht, wohin sie schauen. So lange man in der VR ein breites Panorama im Blickfeld der Augen präsentieren kann, können diese hin und her schauen und die Dinge in der VR gut sehen. Das nennt man »Eye-Tracking«. Tatsächlich ist der Radius, in dem sich die Augen in den Augenhöhlen bewegen, relativ klein, deshalb kommt man manchmal auch schon mit »Head-Tracking« durch. Bei manchen VR-Displays muss man die Richtung kennen, in die die Augen blicken, nicht nur ihre Position. Das nennt man »Gaze-Tracking«. (Das Tracking nimmt kein Ende, ebenso wenig wie die Messungen. Manchmal muss man die Brennweite der einzelnen Augen erfassen oder die Öffnung der Pupille.)

 Eine erstaunlich dramatische und doch alltägliche Erfahrung ist der blinde Fleck. Jedes Auge ist an einer gar nicht so kleinen Stelle blind, nicht weit entfernt vom Zentrum des Gesichtsfeldes, weil sich an der Stelle, wo der Sehnerv auf die Netzhaut trifft, keine Lichtrezeptoren befinden. Trotzdem merkt man nicht, dass das Gehirn die fehlenden Informationen ergänzt.

 Die frühe Bezeichnung für ein VR-Headset.

 Das ist ein Beispiel für ein wichtiges Prinzip: Günstige Chips sorgen dafür, dass andere Teile mehr leisten. Neben dem maschinellen Sehen sind auch die Chips besser und günstiger geworden, die Bewegungen trotz Reglosigkeit registrieren. Heutzutage hat jedes tragbare Gerät einen Beschleunigungsmesser. Wenn man die Daten von einem Beschleunigungsmesser mit den Daten einer Kamera kombiniert, hat man einen noch schnelleren, genaueren Tracker. Das Moore’sche Gesetz umfasst einfach alles.

Und es geht noch weiter: Schnelle Chips machen auch Versuche zur Vorhersage der Zukunft lohnend. Das mathematische Verfahren, das man üblicherweise dafür einsetzt, heißt Kalman-Filter. So wie unser Gehirn (vermutlich das Kleinhirn) vorhersagen kann, wo sich unsere Hand befinden muss, um einen Baseball im Anflug zu fangen, sagen Kalman-Filter voraus, wo sich der Kopf befinden wird. Spezielle Algorithmen können sich die Anatomie des Körpers und des Halses zunutze machen. Unser Kopf hat nur ein begrenztes Bewegungsvermögen, unmögliche Kopfbewegungen müssen daher nicht berücksichtigt werden.

Darüber hinaus könnte es sein, dass eine bestimmte 3D-Szenerie, bis man sie gerendert hat, schon wieder ein bisschen veraltet ist, weil 3D-Graphiken immer noch viel Arbeit sind, selbst für die günstigen, leistungsstarken Chips von heute. Daher sollten leistungsstarke VR-Konfigurationen letzte Anpassungen in Sekundenbruchteilen auf einer einfacheren Grundlage vornehmen können, damit die Bilder ein bisschen schneller laufen. (Beispielsweise könnte das Gesamtbild verlagert, gekippt und verzerrt werden.)

 Richtig gut fühlt sich die VR an, wenn bestimmte wahrgenommene Latenzen auf 7 oder 8 Mikrosekunden gedrückt werden können.

 http://www.scientificamerican.com/article/virtually-there

 Die zweite Generation produzierte später viel glattere und feinere Daten.

 Bekanntlich wurde Steve Jobs gefeuert, woraufhin auch das gesamte Mac-Team kündigte. Daran wäre Apple fast zugrunde gegangen, bis Jobs zurückkam und Apple zum erfolgreichsten Unternehmen der Welt wurde. Deshalb behandelt man Leute wie Mark Zuckerberg heutzutage so mit Samthandschuhen.

 Patricof zählte zu den Menschen, die mit VPL kein Glück hatten. Ich habe deshalb ein schlechtes Gewissen. Nach allem, was ich gehört habe, hat er nie wieder in die VR investiert.

 Falls das je galt, dann gilt es heute nicht mehr. Im Silicon Valley gibt es mittlerweile bemerkenswert geniale CEOs, die absolut keine Arschlöcher sind.

 Ein Startup muss mehrere aufeinanderfolgende Runden an Anteilen ausgeben, mit denen die Beteiligung, Kosten und Rechte der Anteilseigner festgelegt werden. Normalerweise muss die erste Runde verkauft sein, bevor die nächste Runde aufgelegt wird. Die frühen Investoren bekommen bessere Bedingungen, tragen aber auch ein höheres Risiko.

 Sprich »No-o-sphäre«. Das war früher die von Hackern bevorzugte Bezeichnung für den globalen Hirn-Superorganismus, eine posthumane künstliche Intelligenz, die sich angeblich durch die Algorithmen im Internet einstellt. Die Noosphäre könnte uns Menschen als kognitive Elemente umfassen oder auch ohne Menschen funktionieren. Niemand sah da einen großen Unterschied. Ursprünglich wurde der Begriff von Pierre Teilhard de Chardin in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts als zentrierte Wirklichkeit des Denkens geprägt. Die Hacker von heute verwenden den Begriff nicht mehr so häufig, er umfasst aber immer noch Visionen einer zukünftigen Organisation auf globaler Ebene, die frühere Strukturen wie Religion, Märkte und Nationen ablösen soll.

 Damit die kleinen Displays vor den Augen ein scharfes Bild zeigten und man ein entsprechend weites Blickfeld hatte.

 Beim Verfassen dieses Buchs machten gerade die Spectacles von Snapchat Schlagzeilen.

 In Anhang 3 gehen wir näher auf das Problem ein.

 Es gibt allerdings ein paar Möglichkeiten, das Unmögliche vorzutäuschen. Man kann Luft mit starken Lasern erhitzen, bis sie ionisiert, wodurch helle bläuliche Sternchen in der Luft aufblitzen. Eine kleine Anzahl Sternchen lässt sich koordinieren und oft genug ersetzen, um rudimentäre schwebende 3D-Trugbilder entstehen zu lassen. (Das ist doch genau die Art von extremen VR-Experimenten, die man von der energiegeladenen japanischen VR-Forscher-Gemeinde erwartet.)

Luft ist nicht nichts: Sie beugt ein bisschen das Licht. Es ist möglich, intensive Klangwellen zu koordinieren und so dichte Lufttaschen zu erzeugen, die das Licht stärker als üblich beugen – allerdings nicht genug, um ein Photon dazu zu bringen, mitten im Raum einen Haken zu schlagen und Richtung Auge abzubiegen. Aber vielleicht gibt es eine Möglichkeit, wenigstens eine coole Demoversion zu bauen. Soweit ich weiß, hat sich bisher noch niemand an einer auch nur rudimentären Demo für diese Annäherung an das Unmögliche versucht, aber früher oder später wird es wahrscheinlich jemand probieren. Es wäre natürlich unglaublich schwierig umzusetzen.

Der Ansatz, der einem frei schwebenden »Hologramm« am nächsten kommt, war vermutlich der, für den mein einfallsreicher Freund Ken Perlin den Prototyp entwickelte. Ken scannte einen kleinen Luftbereich mit Hilfe unsichtbarer Laserstrahlen und bestrahlte dann sofort zufällige Staubpartikel mit Laserstrahlen im sichtbaren Lichtspektrum, um so den gewünschten Effekt zu erzielen. Der Versuch, Staub aufleuchten zu lassen, funktioniert zwar ein bisschen, doch das Ergebnis ist zwangsläufig unscharf, trübe, verschwommen und pockennarbig.

Es gibt noch andere Annäherungen: Ein heller Projektor kann einfach Bilder auf beliebige Objekte projizieren, die sich bereits im Raum befinden. Kollegen von mir bei Microsoft Research, vor allem Andy Wilson, haben untersucht, was erreicht werden kann, wenn man projizierte Bilder so koordiniert, dass sie zu den bereits vorhandenen realen Objekten passen. Dadurch entsteht die Illusion, dass der Raum pulsiert, außerdem gibt es noch eine Reihe weiterer interessanter Effekte. Wenn man 3D-Brillen trägt, lassen sich in die Raumerfahrung 3D-Bilder aufnehmen, aber damit entfernt man sich natürlich wieder von dem Wunsch, ohne Brillen auszukommen.

Falls Sie zufällig eine Schwäche für weiße Inneneinrichtungen haben, mit glatten, aber nicht glänzenden Oberflächen, können Sie Ihre komplette Wohnung als Projektionsfläche nutzen. Ein nützlicher Effekt für Theateraufführungen und genau geplante interaktive Kunstaktionen. Pionier bei diesem Ansatz, der manchmal »projizierte Augmented Reality« genannt wird, war Michael Naimark. Dazu gibt es jede Menge Literatur.

 Die Allosphere befindet sich nicht weit von einer Niederlassung von Microsoft Research entfernt. Station Q ist in den Campus integriert. Dort versuchen Mathematiker und Physiker, eine bestimmte Art des Quantenrechnens zu verstehen.

 Hier muss man unbedingt zwischen verschiedenen Geräten unterscheiden, die ziemlich ähnlich klingen. Jeder kennt 3D-Fernseher. Ein VR-Gerät in Form eines großen Bildschirms hätte andere Eigenschaften als diese Fernseher. Zum einen könnte man Tiefe erkennen. 3D-Fernseher bieten Stereosehen, was inzwischen bedeutet, dass die beiden Augen ein jeweils anderes Bild sehen. »Tiefe« bedeutet, dass die Augen zusätzlich auch fokussieren können, damit Gegenstände in der Ferne verschwommen wirken, während Gegenstände in der Nähe scharf erscheinen und umgekehrt. Die wichtigere Unterscheidung ist jedoch das Eye-Tracking: Das Display weiß, wo sich die Augen jeweils befinden, und passt die Perspektive von einem Moment zum anderen an. (Warum das so wichtig ist, habe ich weiter oben im 13. Kapitel erklärt.) Doch vor allem muss ein großer VR-Bildschirm wie jedes andere VR-Display eine VR-geeignete Eingabemethode haben. In der VR startet man nicht einfach ein Video. Man modelliert Elemente, wirft mit ihnen herum und fügt sie zusammen.

 Eine im Silicon Valley übliche Bezeichnung für Größe und Form. Früher verwendete man den Begriff hauptsächlich für Leiterplatten, heute bezieht er sich auf fast jedes vorstellbare Produkt.

 Falls Ihnen die Anspielung entgangen ist, schauen Sie bei Emily Dickinson nach.

 Verständlicherweise kann man nicht einfach kleine Bildschirme vor den Augen herumbaumeln lassen, weil diese dann unscharf wären. Also muss man zumindest für Bildschärfe sorgen. Aber das ist nicht alles. Hier ist eine unvollständige Liste weiterer Anforderungen:

– Das Gesichtsfeld wird oft zum Macho-Wettbewerb. Wer konstruiert das größte Gesichtsfeld? Marc Bolas führte die Experimente durch, die uns einen Richtwert von neunzig Grad als vernünftiges Maß für das Gesichtsfeld bei einem klassischen VR-Headset für den Massenmarkt bescherten.

– Bilder sollten nicht verzerrt sein. Das Stereosehen sollte im gesamten Gesichtsfeld korrekt sein.

– In der realen Welt werden Objekte in unterschiedlicher Entfernung von den Augen unterschiedlich fokussiert. Es ist schön, wenn den Augen diese Option auch in der VR ermöglicht wird. Die Fachbezeichnung lautet Akkomodation.

– Headsets sollten leicht sein, denn der Nacken verkrampft ziemlich schnell.

– Der Schwerpunkt des Kopfes mit Headset sollte sich nicht vom Schwerpunkt des Kopfes ohne Headset unterscheiden.

– Die Bilder sollten scharf genug sein, damit man auch Kleingedrucktes lesen kann.

– Um den Kopf sollte nicht zu viel Energie herumschwirren; ein derartiges Risiko sollte vermieden werden.

– Das Headset sollte nicht heiß werden.

– Man sollte unter dem Headset nicht schwitzen; die Brille sollte nicht beschlagen.

– Idealerweise sollte man kein Kabel benötigen; das Headset hat einen Akku und ist auch sonst autark.

– Kontraste und Farbspektrum sollten mindestens so gut wie in der realen Welt sein.

– Kein Flimmern oder andere Störungen.

– Textur, Timing und andere Eigenschaften der Pixel sollten entweder nicht wahrnehmbar sein oder positiv überraschen.

– Headsets sollten erschwinglich für den alltäglichen Gebrauch sein.

Die Liste bezieht sich nur auf klassische VR-Headsets, mit denen man nur die VR sieht. Dazu gehören die originalen VPL-EyePhones und aktuellere Produkte wie Oculus Rift und HTC Vive. Bei den Headsets für die Mixed Reality wie HoloLens wird der Wunschzettel deutlich länger, und die Anforderungen verlagern sich. Mixed-Reality-Headsets sind viel schwieriger zu konstruieren.

 Valve ist eins der Unternehmen, die sich erst seit dem Wiederaufleben der VR in den zehner Jahren des 21. Jahrhunderts mit VR befassen. Valve ist vermutlich die charmanteste Firma in diesem Haufen und erinnert mich am meisten an alte VPL-Zeiten. Das Unternehmen ist auch für »Steam« bekannt, eine Internet-Vertriebsplattform für Spiele, Software und Serien.

 Margaret Minsky (wer sonst?) machte mich noch am MIT mit Scott Fisher bekannt. Er ging in den Westen und wurde Forscher am »Ames Research Center« der NASA im Silicon Valley. Scott wollte ein richtig gutes VR-Labor bauen. Übrigens bevorzugte er den Begriff »virtuelle Umgebung«. Die Arbeit seines Labors war wegweisend für die damalige Zeit und genoss Kultstatus. Er konstruierte ein eigenes Head-Mounted Display und verwendete einige der ersten Datenhandschuhe, die wir von VPL verkauften. Später gründete Scott einen eigenen Fachbereich und lehrte an der University of Southern California.

 Tom Furness war ein weiterer Wegbereiter der VR. Er hatte VR-ähnliche Technologie bei der Air Force entwickelt – Flugsimulatoren, Head-up-Displays und so weiter, bevor er sich entschied, an die Universität zu gehen. Er gründete eins der großen Labore, das »HIT Lab« der Universität Washington in Seattle. Das Labor hatte eine ganz eigene angenehme Atmosphäre, und es kam mehrfach zur Zusammenarbeit mit VPL. Das virtuelle Seattle zu Beginn des Buchs mit meiner riesigen Hand stammt aus dem HIT Lab. Der Fehler bei der Größe der Hand geht jedoch nicht auf das Konto des Labors.

 Ich bin schon in den Genuss zahlreicher Auszeichnungen und Ehrungen gekommen, doch die größte Ehre war für mich mitzuerleben, wie Teile von VPL im Labor der Universität North Corolina zur Anwendung kamen. Genau das, was ich immer erhofft hatte, war eingetreten. Indem wir die grundlegenden Instrumente zur Verfügung stellten, konnte die Forschung beschleunigt werden.

 In den frühen neunziger Jahren entstanden weitere kleine VR-Unternehmen. Oft waren sie gleichzeitig Konkurrenten und Partner von uns. Allerdings war niemand anderes so verrückt, ganze VR-Systeme zu bauen und zu verkaufen, das kam erst Jahre später. Mein Favorit war Fakespace, das von Mark Bolas und Ian McDowall gegründet wurde. Sie bauten ein auf einen Minikran montiertes VR-Headset, das ähnliche Eigenschaften hatte wie das EyePhone. Wie VPL hatten sie interessante Partner und Kunden aus der Wirtschaft und dem universitären Bereich. Manchmal arbeiteten sie auch mit VPL zusammen.

Mark wurde später Professor an der University of Southern California und spielte eine sehr große Rolle am Wiederaufleben der VR in den zehner Jahren des 21. Jahrhunderts. Er entwickelte eine Halterung aus Karton zum Selberbauen als Open-Source-Projekt, genannt FOV2GO, mit der ein Smartphone zu einem rudimentären VR-Headset umgebaut werden kann (übrigens mit der Unterstützung von Microsoft), Jahre bevor Google seine eigene Version herausbrachte. Dadurch wurde die VR zum ersten Mal für viele Anwender erschwinglich und zugänglich. Marks Studenten entwickelten unter seiner Ägide auch solidere Headsets. Einige Studenten gründeten später Oculus.

 Auch Sherlock Holmes nutzt diese Technik, zumindest in seiner modernen Inkarnation in der Fernsehserie Sherlock mit Benedict Cumberbatch.

 Auffallend unterrepräsentiert in dieser Liste der VR-Anwendungen ist die Unterstützung von Menschen mit Behinderungen. Tatsächlich haben wir viel mit Handschuhen für Zeichensprache gemacht, für Therapien bei Sprachverlust und so weiter, aber ich habe den PR-Hype um VR und Körperbehinderung satt. Ein Hype stellt sich schnell ein und ist wie eine Droge, kann aber Geldgeber und Organisationen abschrecken.

CGI: »Computer Generated Imagery«, mit 3D-Computergraphik erzeugt.

 Wenn ich Randy erwähne, muss ich auch seinen Mentor Andy van Dam von der Brown University nennen. Andy ist der beste Lehrmeister für Informatik. Seine Studenten haben unser Informationszeitalter erfunden. Mehrere wurden schon im Buch genannt, etwa Andy Hertzfeld. Aber man findet sie überall.

 Randy Pausch mit Jeffrey Zaslow, Last Lecture: Die Lehren meines Lebens, München 2008.

 Für die Leser, die zu jung sind, um sich zu erinnern: Jerry war in gewisser Weise der Bandleader der Grateful Dead, allerdings steht schon die Bezeichnung im Widerspruch zum eigentlichen Konzept von Grateful Dead. Ich staune immer wieder, wie die Erinnerung schwindet, seit es das Internet gibt. Als ich Teenager war, kannte ich die Musikergrößen früherer Generationen wie Eva Tanguay, einen Varieté-Star und Vorläufer von heutigen Stars wie Lady Gaga. Heute haben Angehörige der Generation Y, mit denen ich zusammenarbeite, oft noch nie etwas von The Grateful Dead gehört, obwohl sich die Band und ihre Musik damals oft größer anfühlten als die Computer im Silicon Valley der achtziger und neunziger Jahre. Die Grateful Dead standen für psychedelische Drogen, für eine scheinbar telepathische Verbindung zum Publikum und eine so treue Anhängerschaft, dass sich das Leben vieler Fans daran ausrichtete, der Band nachzureisen und möglichst viele Konzerte zu erleben. (Ich selbst war kein großer Fan, aber ich war eben ein Sonderfall.)

 Berühmter Puppenspieler; Schöpfer von Kermit, Miss Piggy und vielen anderen Figuren.

nostril: »Nasenloch« (Anm. d. Ü.).

 Die tatsächliche Umsetzung ist etwas komplizierter als 360-Grad-Videos im wortwörtlichen Sinn, aber das ist eine vertretbare Annäherung.

 Jahrelang nutzte jeder im Bereich Computergraphik dasselbe Teekannenmodell zur Demonstration von Rendertechniken. Sogar in der Original-Toy Story von Pixar sieht man eine derartige Kanne.

 Eine Klein’sche Flasche ist ein beliebter seltsamer geometrischer Körper: eine Flasche, bei der innen und außen nicht unterschieden werden können, weil sie in sich selbst enthalten ist.

 Bei den vier Kandidaten handelte es sich um Bill Clinton, Al Gore, Bob Dole und Jack Kemp. Was sie damals sagten, würde heute längst nicht mehr als aggressiv gelten.

Wired veränderte die Zusammensetzung der frühen Literatur über Computer: Die eine Hälfte bestand aus dem Systemdenken der Nerds mit einer Neigung zu Utopien und der Haltung, dass Nerds die Welt lenken, und die andere Hälfte, die mir besser gefiel, bestand aus psychedelischen Ausschweifungen aus einer persönlichen Perspektive. In den ersten Jahren stand mein Name regelmäßig als Redakteur und Autor im Impressum.

 Isadora Duncan war ein früher Star des modernen Tanzes und ein berüchtigter Freigeist. Sie stammte ursprünglich aus der Bay Area.

 Ein einflussreicher amerikanischer Maler, der besonders für seine traumartigen Landschaften bekannt ist.

 Das ist nicht nur meine Meinung; so hat Barlow sich verschiedentlich selbst beschrieben.