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Shida Pourhosseini

OPTIMALE REGENERATION

MIT YOGA UND

BLACKROLL®

Shida Pourhosseini

OPTIMALE REGENERATION

MIT YOGA UND

BLACKROLL®

Die besten Übungen für mehr Mobilität, Stabilität und Leistung im Sport

Mit Trainingsplänen für über 15 Sportarten

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

info@rivaverlag.de

Wichtige Hinweise

Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung und Fitnessberatung dar und sollte auch nicht als solcher benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und die Autorin haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.

Originalausgabe

2. Auflage 2021

© 2018 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Anna Gülicher-Loll

Umschlaggestaltung: Manuela Amode

Umschlagabbildungen: Christian Grau

Fotos: alle Bilder von Christian Grau außer S. 15 shutterstock/Gehrke, S. 17 © BLACKROLL®, S. 19 Robert Schleip, S. 22 shutterstock/Prostock-studio, S. 26 shutterstock/michelangeloop, S. 27 Robert Erbeldinger, S. 39–41 © BLACKROLL®/Sebastian Schöffel, S. 207, 208, 211, 212, 215, 217, 220, 221 Andreas Kernbach, S. 229 Axl Reese

Layout: Laura Osswald

Satz: Satzwerk Huber, Germering

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-7423-0588-6

ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-0145-8

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-0144-1

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

INHALT

Vorwort

Einführung

Wie funktioniert dieses Buch?

Yoga im Profisport

Sport und der Körper

Faszien und Fitness

Die Yogawelt

Yoga für Sportler

BLACKROLL® meets Yoga

Die Übungen

Die Basics vorweg

Ab auf die Rolle: Selbstmassage mit BLACKROLL®-Produkten

Mobilisationsübungen

Stabilisierende und kräftigende Yogahaltungen

Dehnende Yogahaltungen

Hotspot Schulter

Für Fortgeschrittene

Entspannung durch Atemübungen und Meditation

Trainingspläne

Basketball, Volleyball, Handball

Fußball

Triathlon (Laufen, Radfahren, Schwimmen)

Tennis, Golf, Hockey, Badminton

Klettern, Bouldern

Windsurfen, Snowboarden, Wasserski, Skaten, Skifahren

Übungsverzeichnis

Literaturempfehlungen

Quellen

Über die Autorin

Dank

VORWORT

Dieses Buch ist mir eine Herzensangelegenheit. Nach meinen Vorträgen und meinem Unterricht wurde ich oft von Trainern gefragt, ob es ein sportartspezifisches Buch gibt für Yoga und BLACKROLL® inklusive Trainingsplänen. Das musste ich leider verneinen und so kam ich darauf, selbst ein solches Buch zu schreiben.

Seit zwei Jahren setze ich mich intensiv damit auseinander, Faszientools in mein Yogaprogramm zu integrieren, und habe viel ausprobiert. Ich habe festgestellt, dass sich die Kombination bei Sportlern, die oft verkürzte Sehnen haben, bewährt. Ich bin dankbar und stolz, dass zahlreiche Experten und Profis an meinem Buch mitgewirkt und meine Erfahrungen auch aus ihrer Sichtweise bestätigt haben. Herausgekommen ist ein Ratgeber für jeden, der »sportlich aktiv« ist. Vom Spaziergänger mit Hund bis zum ambitionierten Triathleten, vom Freizeitkicker bis zum Marathonläufer, ob Basketballer oder Schwimmer, Golfer oder Kletterer, Tennisspieler oder jemand völlig anderes: Jeder, der dieses Buch liest und die Übungen gewissenhaft in sein Training und seinen Alltag einbaut, profitiert – von Profiwissen, von Profierfahrungen, von Profitipps.

Mit den erwähnten Sportarten gebe ich nur Beispiele, aber ich bin davon überzeugt, dass der Weg von Tennis zu Badminton, von Yoga zu Pilates, von X zu Y gar nicht so weit ist. Die Übungen eignen sich, übergreifend und unabhängig von der hier zugeordneten Sportart, für jeden, der sich als sportlich bezeichnet (oder es werden will), sowie auch für Yogalehrer, Athletiktrainer und alle, die andere bei ihrer körperlichen Betätigung anleiten.

Kurz gesagt: Ich habe Übungen bestimmten Sportarten zugeordnet, weil sie dort erfahrungsgemäß – also von Teamärzten und Physiotherapeuten bestätigt – besonders wirkungsvoll sind. Trotzdem kann sich die Läuferin von den Übungen für Schwimmer viel abschauen und alles genauso für sich nutzen.

Hört her, ihr Golfer, Handballer, Hockeyspieler und alle, die gern Sport treiben: Regeneration mit Yoga und BLACKROLL® ist optimal für den ganzen Körper. Jeder Körper ist anders gebaut, trotzdem haben wir alle einen Kopf, zwei Arme, Schultern, Beine – und eine Menge Möglichkeiten, diese gut zu fordern und zu pflegen.

Was wir noch gar nicht so lange wissen: Alles im Körper ist von Faszien umhüllt und durchzogen. Die Übungen in diesem Buch geben Impulse, damit der Körper mit eigenem Einsatz stabiler, schneller, kräftiger, flexibler werden kann. Nicht jeder Läufer hat ein Läuferknie, nicht jeder Tennisspieler einen Tennisarm … Wer in sich hineinfühlt, der wird in diesem Buch sehr schnell genau das finden, was zu den eigenen Schwachstellen passt oder bestenfalls vorbeugt.

In diesem Buch kommen nicht nur Profisportler zu Wort, die die Übungen selbst regelmäßig (und nicht nur für die Fotos) machen, sondern es gibt auch Meinungen, Tipps und wertvolles Wissen von renommierten Ärzten, Physiotherapeuten und Osteopathen aus dem Profisport. Sie alle befürworten Yoga in Kombination mit Faszientraining für Spitzen- und Breitensportler gleichermaßen.

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Ich habe also versucht, meine Erfahrungen mit »meinen« Sportlern in das Buch einzubauen. Viele der in Bildern festgehaltenen Übungen mit der BLACKROLL® eignen sich nicht nur zum klassischen Ausrollen der Faszien, sondern auch als nützliches Yogahilfsmittel. Jeder kann hier selbst kreativ werden oder sich inspirieren lassen und die BLACKROLL®-Produkte bei weiteren Yogahaltungen einbauen. Selbstverständlich lassen sich alle Übungen auch ohne Hilfsmittel als klassisches Yoga ausführen. Diese Übungen und den ganzen Hintergrund dazu habe ich in ein BLACKROLL®-Ausbildungskonzept gepackt und biete es über die BLACKROLL®-Education-Abteilung auch deutschlandweit an.

Aufgrund des sportlichen Hintergrundes habe ich entschieden, mich auf das körperliche Yoga zu konzentrieren. Yoga bietet hinsichtlich Meditation und Atemtechniken natürlich weit mehr! Das Buch soll Sportlern den Yogaeinstieg erleichtern. Sicher wollen viele im Prozess des Trainings mehr über Yoga erfahren.

Ich freue mich auf Ihr Feedback und hoffe, ich konnte Ihnen helfen, neue Reize und Impulse für Ihr Training vorzustellen.

Keep rollin’, keep yogin’!

Shida Pourhosseini

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EINFÜHRUNG

Bestimmte Yogapraktiken sind mittlerweile im Leistungssport angekommen – und das zu Recht. Ergänzt durch das in den letzten Jahren wachsende Interesse und Wissen über unsere Faszien, bietet Yoga in Kombination mit Faszientraining eine unschlagbar gute Regenerationsmaßnahme für den Körper aktiver Sportler.

WIE FUNKTIONIERT DIESES BUCH?

Am Anfang steht immer eine gute Theorie. Sie könnten jetzt die Matte ausrollen und sich Ihre BLACKROLL® unter die Beine legen, denn in Kapitel 2 sind alle Übungen bebildert und genau erklärt. Aber: Einige Dinge sind mir wichtig, einige Dinge sind für Sie wichtig und einiges sollte man einfach wissen. Aus diesem Grund fangen Sie bitte dieses Buchs beim ersten Kapitel an. Hier erfahren Sie alles, was Sie über Faszien und deren Trainierbarkeit wissen müssen, wieso Yoga Ihrem Körper guttun wird und warum gerade die Kombination von Faszientraining mit der BLACKROLL® und den Yogahaltungen (Asanas) eine optimale Trainingsergänzung für Sportler darstellt.

Ab Seite 29 folgt dann in die Praxis. Die Übungen sind thematisch gruppiert: Rollübungen, Mobilisationsübungen, Körperstellungen und Entspannungsübungen. So steht Ihnen für jede Trainingstechnik ein eigener, umfangreicher Übungskatalog ur Verfügung und Sie sehen auf den ersten Blick, für welche Sportart welche Übungen am effektivsten sind.

Um das Programm auch sportartspezifisch einsetzen zu können, habe ich Ihnen im letzten Kapitel strukturierte Trainingspläne und nützliche Informationen zu den einzelnen Sportarten zusammengestellt. Jede Übung und jeder Übungsplan wurde von Profisportlern getestet und gutgeheißen. Infoboxen mit wertvollen Tipps und Ergänzungen der Profis sowie von deren Ärzten und Betreuern runden das Programm ab.

Dieses Buch eignet sich für Profi- und Freizeitsportler gleichermaßen, unabhängig von der Sportart. Es zeigt Zusammenhänge und Erfahrungen von Profis, die bereits mit diesem Programm arbeiten. Auch Trainer, ob im Verein oder im Einzeltraining, die Interesse an Yoga und Beweglichkeitstraining haben, werden hier Anregungen zur Regeneration finden, die in keinem Trainingsplan fehlen darf. Mir liegt außerdem am Herzen, das Thema Regeneration auch jugendlichen Sportlern zugänglich zu machen. Das Programm ist bestens geeignet für Jugendmannschaften ab 13 oder 14 Jahren.

YOGA IM PROFISPORT

Dieses Buch schlägt die Brücke zwischen Spiritualität und Fitness, um Yoga auch für Sportler zugänglich und attraktiv zu machen, denn Yoga hat einen hohen gesundheitlichen Nutzen. Yoga kann fit halten, Yoga kann körperliche und geistige Verspannung reduzieren, Yoga kann die Stimmung heben, gegen Schmerzen helfen, für Entspannung sorgen ... Diese Liste lässt sich noch beliebig erweitern. Doch wofür Yoga vor allem steht, ist Balance. Yoga hilft, die persönliche Mitte zu finden. Und gerade das kommt im Sport oft zu kurz.

Mit welchen mentalen und körperlichen Extremsituationen Profisportler konfrontiert sind, weiß niemand besser als die Spieler der Fußballnationalmannschaft. Der Bundestrainer reagierte bereits vor der WM 2006 darauf und setzte als Maßnahme auf Yoga und dessen positive Wirkung auf Körper und Geist.

Viele andere Sportler haben ebenfalls entdeckt, dass Yoga eine sinnvolle Ergänzung zu ihrem Training ist. Ob Triathleten, Basketballer oder Tänzer – Athleten sind in der Regel sehr disziplinierte Menschen und verbringen viele Stunden mit sich selbst und ihrem Sport. Es fällt trotz aller Fitness auf, dass es ihnen nicht selten an Beweglichkeit fehlt. Dies bringt die sportartspezifische Anforderung an den Bewegungsapparat mit sich. Bei einseitiger Trainingsbelastung und antrainierten Bewegungsabläufen fehlt es den weniger genutzten Muskeln und Gelenken oft an Flexibilität.

SPORT UND DER KÖRPER

Im Sport gilt das Gleiche wie im »normalen« Leben. Unser Körper braucht Erholungspausen, um sich (von anstrengenden Trainingseinheiten) zu erholen und neue Energie zu sammeln. Immer nur aktiv zu sein, ist auf Dauer kein Erfolg versprechendes Konzept. Erholungsphasen beziehungsweise Regenerationseinheiten sollten in einem guten Trainingsplan genauso ihren Platz haben wie die Leistungseinheiten. Während dieser Erholungsphase müssen Mikrotraumata (winzige Risse in der Muskulatur) repariert werden, Stoffwechselendprodukte werden abtransportiert und das Nervensystem regeneriert. Diese Reparaturprozesse finden nie während der Belastung statt, sondern danach und bringen den Körper wieder in ein Gleichgewicht zurück.

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Training und Regeneration sind ein unschlagbares Team.

TRAINING PLUS REGENERATION

Das Geheimnis des Trainingserfolgs liegt in der richtigen Dosierung von Belastung und Erholung. Klingt nach einer simplen Formel, die allerdings gar nicht so leicht umzusetzen ist. Sportler sind mit Herzblut beim Training dabei, denn es ist ihre Passion. Zeit und Motivation über das Training hinaus aufzubringen fällt hingegen oft schwer. Nicht selten finden Sportler erst über eine Verletzung zu einem bewussteren Umgang mit dem eigenen Körper und lernen, ihrem Körper auch Regenerationszeit zu gönnen.

Regeneration ist ein ganz natürlich ablaufender Vorgang im Körper, der nach jeder Belastung von allein eingeleitet wird. Der Organismus versucht, geschädigte Zellen, Gewebe oder Organe sowie deren Funktion wiederherzustellen, damit sie auf die nächste Belastung wieder gut beziehungsweise noch besser vorbereitet sind. Je nach Intensität und Dauer einer Belastung verändert sich auch der Regenerationsbedarf. Wird dieser nicht ausreichend gedeckt, wird der Körper nach und nach an Leistungsfähigkeit verlieren. Dieses Phänomen nennen Ärzte und Sportwissenschaftler Übertraining, ein chronisches Überlastungs- oder Erschöpfungssyndrom, das in der ICD-Statistik (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) gelistet ist, also offiziell als Krankheit anerkannt ist.

Wir können auf verschiedene Art und Weise beeinflussen, wie effizient die Erholungsphase verläuft. Passive Maßnahmen wie ausreichend Schlaf, aber auch aktive Maßnahmen wie die richtige Ernährung, physiotherapeutische Behandlungen wie Massagen oder das Rollen mit der BLACKROLL® unterstützen die Erholung. Viele Sportler und Vereine nutzen bereits die Massagerollen, die viele Vorteile bieten. Das Training mit der Rolle ist simpel, kann fast überall durchgeführt werden und schont den Geldbeutel beziehungsweise die Kassen der Vereine, denn die Rollen sind im Vergleich zu anderen Gerätschaften und Anwendungen günstig.

Mit der Faszienmassage lassen sich Fehlstellungen korrigieren, indem Sie Verspannungen durch die Behandlung von Triggerpunkten lösen. So werden Ihre Gelenke und Ihre Wirbelsäule mobilisiert, wodurch sich Ihre Körperstatik langfristig verbessert. Darüber hinaus helfen aktive Regenerationseinheiten wie Yoga oder Mobilitätsübungen dem Körper, schnell wieder fit und geschmeidig zu werden. Schließlich sollte der mentale Aspekt nicht vergessen werden. Durch das Zusammenspiel aus körperlicher Entspannung, bewusster Atmung und geistiger Ruhe ist Yoga ideal, um sich physisch und psychisch zu erholen.

Mit BLACKROLL® meets Yoga treffen also aktive und passive Regeneration aufeinander. Eine perfekte Kombination, die in keinem Trainingsplan fehlen sollte!

FASZIEN UND FITNESS

Wann es um Sport und Bewegung geht, führt kein Weg an den Faszien vorbei, denn ohne unsere Faszien ist Bewegung unmöglich. Die Bedeutung der Faszien – oder, wie man früher gesagt hat, des Bindegewebes – wurde lange Zeit von Wissenschaft und Medizin nicht ausreichend gewürdigt. Die Konzentration galt vor allem den Knochen, Muskeln oder Nerven. In den letzten Jahren hat sich jedoch dank neuer Untersuchungsmethoden und einer Vielzahl ambitionierter Forscher einiges getan, sodass man sich heute einig ist: Faszien sind der Drehund Angelpunkt im Körper. Sie bilden ein mehr oder weniger unsichtbares Netz, ohne das unser Körper nicht fähig wäre, sich zu bewegen, zu kommunizieren, die Form zu behalten oder die Organe zu versorgen.

WAS SIND FASZIEN?

Faszien durchziehen unseren ganzen Körper von Kopf bis Fuß und von der Außenhaut bis nach innen in jede Muskelfaser. Sie verbinden Muskeln, Knochen, Nervenfasern, Blutgefäße und sogar unser Gehirn spinnennetzartig miteinander. Speziell die Faszien des Bewegungsapparates (Sehnen, Muskeln, Bänder und Gelenkkapseln) bilden ein durchgängiges Netzwerk, das über lange Muskel-Faszien-Ketten alle Extremitäten miteinander verbindet und mechanische Kräfte überträgt. Diese langkettigen Zugbahnen schauen wir uns später noch genauer an.

Zum Fasziengewebe zählen

stabilisierende Bänder und Sehnen,

umhüllende Organhüllen und Knochenhaut,

bewegende Muskel- sowie Muskelfaserhüllen und

schützendes Bindegewebe.

Faszien erfüllen jedoch noch weitaus mehr Funktionen im Körper. Das lose Bindegewebe im Bauchraum stützt und polstert die inneren Organe wie Darm, Leber, Milz und Herz. Faszien formen also unseren Körper und geben ihm Halt und Struktur. Sie grenzen die Haut von den oberen Muskelschichten ab und enthalten wichtige Versorgungsgefäße und eine Vielzahl an Rezeptoren, die jederzeit Reize und Informationen empfangen und weiterleiten. Unsere Faszien sind ein gigantisches Kommunikationssystem, das sämtliche funktionellen und physiologischen Vorgänge im Körper managt.

FASZIENKETTEN: BEWEGUNG VERSTEHEN

Die noch in vielen Köpfen verankerte Vorstellung, dass Knochen durch die Kraft einzelner Muskeln bewegt werden und die Muskelkraft dabei isoliert über eine Sehne auf den Knochen übertragen wird, muss mit dem heutigen Wissen über die Faszien revidiert werden. Die Faszien, das bis dato fehlende Bindeglied, arbeiten quasi Hand in Hand mit der Muskulatur. Zug- und Druckbelastungen, wie Sie beim Dehnen oder Krafttraining entstehen, werden von einer Körpereinheit zur nächsten weitergegeben, damit sich die Belastung über den ganzen Körper verteilt. Das ist ein intelligentes System, wenn unser Körper, wie etwa beim Sport, größeren Belastungen ausgesetzt ist. Problematisch wird es, wenn dieses Weiterleitungssystem aufgrund von Verletzungen, Verklebungen, Dysbalancen oder mangelnder Flexibilität nicht effizient arbeiten kann. Deswegen ist Faszientraining hinsichtlich der Verletzungsprophylaxe sehr wichtig.

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Ohne das Zusammenspiel der Faszien wäre keine Bewegung möglich.

Ein Großteil der Sportverletzungen sind Faszienverletzungen. In den meisten Fällen sind Sehnen, Bänder, Kapseln oder Knorpel betroffen und hier wiederum entstehen die meisten Schäden durch Überlastung (Läuferknie, Impingementsyndrom der Schulter oder Schienbeinkantensyndrom). Darunter leiden vor allem Athleten mit monotonen Ausdauerbelastungen wie Läufer oder Triathleten. Aber auch akute Verletzungen, Stürze oder Zusammenstöße im Kontaktsport können zu Muskelfaszienverletzungen wie Muskelzerrungen und Muskelfaserrissen führen. Jede Sportart birgt typische, belastungsabhängige Verletzungs- und Überbelastungs-syndrome. Überkopfsportarten führen nicht selten zu Schulterbeschwerden, Skifahrer erleiden häufig Kreuzbandrisse und Fußballer haben oft mit Muskelfaszienverletzungen zu kämpfen. Umso wichtiger ist es, dass nicht nur im Leistungssport, sondern schon im Nachwuchs- und Breitensport auf ein adäquates Faszientraining geachtet wird, um langfristig beschwerdefrei trainieren zu können.

Vor allem Thomas Myers prägte in den letzten Jahren den Begriff der »myofaszialen Leitbahnen«. Damit sind die den ganzen Körper durchziehenden, langen Muskel-Faszien-Ketten gemeint, die bei der Koordination, Kraftübertragung und Geschmeidigkeit eine wichtige Rolle spielen. Die Leitbahnen stellen eine »Körperlandkarte« dar, die hilft, die Wirkung der Dehnung und der Kraftverteilung einer Bewegung zu verstehen.

Rückwärtige Zuglinie: Verläuft über die Fußfaszien (Plantarfaszie), über die Achillessehne und die ganze Beinrückseite bis zum Rücken nach oben und von dort weiter über den Nacken und die Schädeldecke bis zu den Augenbrauen. Sie bildet ein zusammenhängendes Band und ist verantwortlich für die aufrechte Haltung sowie die Streckung des Oberkörpers nach oben und hinten.

Frontale Zuglinie: Verläuft in zwei Teilen von den Zehen aus die gesamte Beinvorderseite entlang bis zum Becken. Von dort als ein Strang weiter über die Rumpffaszie und die Rippen bis zum Hals und endet am Unterkiefer. Durch die Zweiteilung agiert sie nur im Stand als eine Einheit. Bei einer Hüftbeugung ist die Kontinuität unterbrochen. Die frontale Zuglinie stabilisiert die aufrechte Haltung, schützt die weichen Körperpartien der Vorderseite (Bauchraum) und beugt, hebt und senkt den Oberkörper.

Seitliche Zuglinien: Sie klammern den Körper von beiden Außenseiten ein. Sie entspringen mittig an der Fußaußenseite und verlaufen über die gesamte Beinaußenseite aufwärts. An den seitlichen Rippen fächern sie sich wie ein Korbgeflecht auf, über die Seiten nach oben bis zum Kopf. Sie balancieren den Körper zwischen der vorderen und hinteren Zuglinie aus, stabilisieren die Beinachse und sind sowohl für Rotationsbewegungen des Beckens als auch für Seitwärtsbewegungen des Körpers zuständig.

Spirale Zuglinie: Auch hier handelt es sich um zwei Zugbahnen, die sich wie eine Doppelspirale um den gesamten Körper winden. Die spiralen Zuglinien ermöglichen Rotationsbewegungen und sorgen für ein Gleichgewicht zwischen allen anderen Ketten, indem sie mit jeder in Verbindung stehen.

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Die globalen Muskel-Faszien-Ketten durchziehen den Körper von Kopf bis Fuß. Die Namen der Faszien orientieren sich oft an den Namen des Anatoms.

Armlinie: Die Arme und Schultern sind sehr komplex aufgebaut, was darauf zurückzuführen ist, dass unsere Schultern – im Gegensatz zu den Beinen – eher auf die Beweglichkeit ausgelegt sind. Etwa zehn Gelenke, die alle über die Armlinien miteinander verknüpft sind, spielen bei Arm-, Schulter- und Handbewegungen eine wichtige Rolle.

Tiefe frontale Zuglinie: Anders als bei den langkettigen, oberflächlichen Verbindungen hat die tiefe Kette eine dreidimensionale Ausdehnung. Man kann sie auch als Körpermitte oder inneren Kern bezeichnen, der vom Fußgewölbe über die Innenseite der Beine (Adduktoren) zum Beckenboden und weiter die Wirbelsäule entlang bis zum Schädel verläuft. Sie übernimmt primär stützende und stabilisierende Aufgaben und ist daher an jeder Art von Bewegung beteiligt, denn sie steht in ständiger Interaktion mit den oberflächlichen Ketten.

MECHANOREZEPTOREN

Faszien besitzen unglaublich viele Rezeptoren. Das sind »Fühler«, die ihre Informationen von Position und Lage direkt an den Muskel und das zentrale Nervensystem weiterleiten und so seine Spannung (Tonus) beeinflussen können. Je trainierter diese Faszien sind, desto sensibler reagieren diese Fühler. Dieses körpereigene Informationssystem, das über die sensiblen Mechanorezeptoren der Faszien erzeugt wird, hilft, das Gleichgewicht in schwierigen Situationen zu halten, Muskeln und Sehnen schnell anzusteuern und dreidimensionale Bewegungen auszuführen, aber auch Fehlhaltungen schneller aufzuspüren und zu korrigieren. Das ist ein Grund von mehreren, warum die Faszien von Wissenschaftlern als weiteres Sinnesorgan – für die Körperwahrnehmung – »anerkannt« werden.

REZEPTORTYP WIRKUNGSORT TRAININGS MÖGLICHKEIT
Golgi-Rezeptoren (Golgi-Sehnenorgane) Muskel-Sehnen-Übergang Kontraktion und Dehnung (z. B. Yoga)
Pacini-Rezeptoren (Vater-Pacini-Körperchen) Muskel-Sehnen-Übergänge Schnelle Druckwechsel, Vibration (Federungen; kleine Amplitude/hohe Frequenz)
Ruffini-Rezeptoren (Ruffini-Körperchen) Haut, Ligamente, periphere Gelenke Langsame Dehnungsveränderung (Yin Yoga, Hautberührung)
Nozizeptoren (freie Nervenendigungen) Gesamter Bewegungsapparat Druck, Dehnung, Schmerz (BLACKROLL®)