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Für Vivian und Steve, meine unglaublichen Geschwister, und unsere kürzlich verstorbenen Eltern, Rose und Leonhard

Inhalt

Prolog

Teil I

Es wird nichts so bleiben, wie es ist

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Teil II

Wieder vereinigt

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Teil III

Am Ende des Regenbogens

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Teil IV

Ein Prosit auf das Leben

Kapitel 17

 

 

Bildteil

Auswahlbibliografie

Dank

Bildnachweis

Register

Prolog

Eine junge Frau verliebte sich an ihrem Arbeitsplatz in einen verheirateten Mann.

Weil sie noch recht jung war, war sie romantisch und meinte, mehr zu wissen, als sie eigentlich wusste. Sie musste romantisch sein, denn in ihrem Leben hatte es schon genug Ereignisse gegeben, mit denen sie sich auseinandersetzen musste. Ihre ganze Jugendzeit war von Entbehrungen und Gefahr gezeichnet. In jenen Jahren träumte sie davon, Ballerina zu werden. Doch träumte sie nicht nur, sie arbeitete auch hart daran, ihr Ziel zu erreichen. Trotz ihrer Disziplin und ihres Fleißes sagte ihr der vielgeachtete Lehrer jedoch, sie verfüge einfach nicht über das Talent, um eine großartige Tänzerin zu werden. Ihre Erscheinung war von einer extremen Zerbrechlichkeit geprägt: Sie war von zierlicher Statur und hatte riesige mandelförmige braune Augen. Ihr ansteckendes Lachen und herzliches Naturell, ihre sanfte, melodiöse Stimme und ihr tadelloses Benehmen deuteten darauf hin, dass sie sich mehr als um alles andere in der Welt darum bemühte, anderen zu gefallen. Doch hinter alldem verbarg sich ein eiserner Wille, der auch angesichts von Enttäuschungen zutage trat.

Der Arbeitsplatz, an dem die Liebenden sich begegneten, lässt sich kaum als spaßig beschreiben. In der Tat war es eine eher feindliche Umgebung mit einem strengen Chef und einem äußerst jähzornigen und unfreundlichen Kollegen. Mit solchen anspruchsvollen Menschen zusammenzuarbeiten erwies sich als anstrengend, daher befiel die junge Frau Unsicherheit, Nervosität und Angst. Erschwerend kam noch hinzu, dass sie keine klassische Ausbildung für den Beruf genossen hatte, für den sie eingestellt worden war. Sie brauchte jemanden, der sie beschützte, und da war er auch schon: ein Geschenk des Himmels – in gewisser Hinsicht.

Die junge Frau hieß Audrey Hepburn, und der Mann war William Holden. Und für beide überschlugen sich die Ereignisse.

Audreys Mutter, die zweifach geschiedene Baroness Ella van Heemstra Hepburn-Ruston, eine beeindruckende Frau, war erschüttert, dass ihre Tochter eine ernste Beziehung mit jemandem hatte, und dann noch mit dem amerikanischen Filmstar William Holden. Er wolle sie heiraten? Um Himmels willen, er war verheiratet und hatte drei Kinder. Allerdings war Bill weder der erste verheiratete Mann, mit dem Audrey etwas hatte, noch war sie die erste junge Schauspielerin, die sein Herz eroberte.

Klatschkolumnistin Hedda Hopper – eine Frau, die Karrieren zerstören konnte – nahm energisch die Fährte auf. Nichts machte Hedda mehr Freude, als die romantischen Illusionen von Hollywoods Auserwählten zu vernichten. Jeder, der »sich durch die Betten schlief«, zog ihre Wut und ihren Zorn auf sich. Wenn Hedda entschieden dazu beitrug, dass die Beteiligten zugrunde gerichtet wurden, dann »waren die Hurensöhne selbst schuld«. Einflussreiche Personen bei Paramount und Audreys Agenten nahmen sie und Bill in Schutz, doch konnten sie den Schaden nicht lange begrenzen. »Amerikas neues Liebchen«, das keineswegs Amerikanerin war, sondern aus Europa stammte, forderte sein Schicksal heraus.

Dies geschah mitten in den Dreharbeiten von Billy Wilders Film Sabrina, bei dem sich Hepburn und Holden kennenlernten. Neben ihnen spielte Humphrey Bogart mit, der beide nicht mochte und aus seiner Meinung keinen Hehl machte. Es lief nicht rund. »Macht die Eiswürfel warm!«, rief Holden am Ende eines Drehtags bei den meisten seiner Filme. Außer es gab gelegentlich Drinks beim Mittagessen. Am liebsten mochte er Dry Martinis. Soweit es die Erfahrungen von Regisseur Joshua Logan mit Bill betraf, »trank er nie vor Ende des Drehtages. Aber sobald sich diese Tageszeit näherte, blühte die Gin-Industrie auf. Dabei schien ihm der Alkohol nie etwas auszumachen. Er sprach wie immer, war witzig und warmherzig wie immer. Er war einfach ein echter Kerl, der seinen Spaß haben wollte. Und glauben Sie mir, den hatte er.«

Auch Audrey amüsierte sich gern. Sie spielte in Sabrina erst ihre zweite Hauptrolle, war also noch nicht lange in Hollywood, und sie fühlte sich dort nicht besonders wohl. Aber Holdens Offenheit und Charme waren ansteckend, und sie kannte sich mit echten amerikanischen Kerlen nicht aus. Doch auch sie war keine Unschuld, hatte etwas für Flirten und Abenteuer übrig und konnte einen deftigen Witz erzählen – natürlich nur auf ganz damenhafte Weise.

Bill sprühte vor Vitalität und Virilität. Er war ein Gentleman, der seine Kanten hatte. »Ich weiß nicht, warum, aber in meinem Leben hat Gefahr immer eine wichtige Rolle gespielt – ich wollte sehen, wie weit ich mich hinauslehnen konnte, ohne zu fallen, wie schnell ich sein konnte, ohne eine Bruchlandung hinzulegen«, erinnerte er sich einmal.

Holdens dunkle Haare waren für den Film blond gefärbt, er war knapp 1,82 Meter groß und hatte ein unglaubliches Lächeln. »Mit seinem Lächeln konnte er die Vögel aus den Bäumen herunterlocken«, schwärmte die Schauspielerin Martha Hyer. Und seine Augen »waren wie kornblumenblaue Saphire, hinter denen ein Licht erstrahlte!«. Der Blick aus diesen Augen galt Audrey. Seine Stimme hatte etwas Tröstliches, seine Berührung etwas Verführerisches. Beim Filmemachen, insbesondere bei romantischen Geschichten, kam es darauf an, dass sich die Schauspieler gegenseitig in die Augen schauten und sich berührten. Tag für Tag und Woche für Woche. Was dazu führte, dass intime Beziehungen fast unausweichlich waren. Kostümbildnerin Edith Head bemerkte: »Mein Gott, Audrey und Bill waren das am schönsten anzusehende Paar, das man je gesehen hat!« Aber die Beziehung zu Holden war für Audreys Image Gift – und auch für Bills Ruf. Trotz jüngster Rollen, in denen er einen harten Mann gespielt hatte, verkörperte er in jeder Hinsicht das Ideal des »All-American-Man«: attraktiv, freimütig, aufrichtig, ehrlich und patriotisch – der ideale Ehegatte, Liebhaber und Vater. Nach Audrey war er allerdings verrückt. Nie war er glücklicher gewesen, und es schien ihm gleichgültig zu sein, dass er gegen die Regeln verstieß. »Für mich ist die Schauspielkunst keine allumfassende Sache, außer in dem Moment, in dem ich wirklich spiele. Nach dem Spielen gibt es einen Punkt, an dem das Leben wichtig wird«, wie er es einmal formulierte.

Audreys Mutter, selbst eine wahre Schönheit, hatte sich zu Lebzeiten bemüht, ihre Tochter an jenen märchenhaften Punkt zu bringen, an dem sie zu einer Hollywood-Prinzessin wurde. In ihrer Kindheit hatte Audrey nicht nur mit dem Horror der Nazizeit fertig werden müssen, sondern auch mit einem Vater, einem Banker, der mit den Nazis sympathisierte; eine Tatsache, die Audreys PR-Leute bis dahin erfolgreich verschleiert hatten. Aber die Baroness sorgte mit größter Energie dafür, dass die Seelen ihrer Kinder – Audrey hatte noch zwei Halbbrüder, Alexander und Jan – keinen Schaden erlitten.

Erst kurz zuvor hatte Audrey die bislang ernsteste Beziehung ihres Lebens mit einem schneidigen britischen Millionär beendet, der sie heiraten wollte. Für viele junge Frauen wäre das eine einfache Entscheidung für Bequemlichkeit und Sicherheit gewesen, doch Audrey beschloss, ihrer Karriere nachzugehen: »Ich wollte immer etwas aus mir machen«, betonte sie später.

Der Weg zu Sabrina – und Bill – war nicht einfach gewesen, obgleich die Öffentlichkeit das Gegenteil glaubte. Audrey war Revuegirl, Model, Komparsin und Kleindarstellerin gewesen. Eines Tages sah die französische Autorin Colette (Gigi) sie in einem südfranzösischen Hotel, wo sie an einem britischen Film arbeitete, und rief aus: »Dort ist meine ›Gigi‹!« Das Mädchen war nicht nur freundlich, hübsch und frisch, sie hatte auch eine Samtstimme, die so rein war wie die eines Kindes. Für Colette war Audrey eine Offenbarung, bezaubernd und höchst erfreulich. Praktisch über Nacht wurde sie in dem Theaterstück, das auf Colettes Roman basierte, am Broadway berühmt.

Im Gegensatz dazu verglich ein Witzbold Bills Aufstieg zum Star mit »einem Lachs, der den Fluss hinaufschwimmt«. Er war schon über zehn Jahre lang im Geschäft, bevor er den Status eines Hauptdarstellers erlangte. Erst vier Jahre war es her, dass Regisseur Billy Wilder ihn als Protagonist in Boulevard der Dämmerung (Sunset Boulevard) gecastet hatte, woraufhin ihn die Branche – und die Kinogänger – wiederentdeckten. In der Ära eines Marlon Brando und Montgomery Clift trat Holden nicht mehr als Junge von nebenan auf. Jetzt präsentierte er sich auf der Leinwand als »schuldig, nicht unschuldig zu sein«. Er bewies, dass er in der Lage war, einen zynischen und desillusionierten Charakter darzustellen, während er zugleich verletzlich und sympathisch wirkte. In die sich wandelnde Kinolandschaft passte Holden nun genau hinein.

Im Jahr 1954 waren Audrey und Bill zugleich für die Academy Awards nominiert: Audrey als Beste Darstellerin für ihre erste große Rolle in Ein Herz und eine Krone (Roman Holiday); Holden als Bester Darsteller in Stalag 17. Es war ein gut gehütetes Geheimnis, dass man Audrey für eine Schlüsselszene in dem Film Menthol in die Augen blasen musste, um die nötigen Tränen hervorzurufen. Bis zum Zeitpunkt der Academy Awards hatte der Film die Umsatzerwartungen nicht erfüllt, doch international war er ein Kassenschlager. Bills Film war sowohl in den USA als auch im Ausland ein Hit.

In der Modewelt war die vierundzwanzigjährige Audrey sofort zu einem Trendsetter geworden. Frauen aller Altersgruppen übernahmen begeistert ihren Kurzhaarschnitt und das Make-up, mit dem sie ihre Rehaugen betonte. Ironischerweise sah sie ernste Mängel an ihrem Aussehen, und zur Bestürzung ihres Studios äußerte sie diese auch öffentlich: Ihre Nase sei zu groß, und sie mochte ihr Lächeln nicht. Sie war fast 1,70 Meter groß und mit 50 Kilogramm gertenschlank, ihr Taillenumfang betrug 51 Zentimeter – damit setzte sie neue Maßstäbe für die Definition der Leinwandgöttin, die nun nicht mehr kurvig und üppig-weiblich zu sein hatte (wie Marilyn Monroe, die auf dem Höhepunkt ihrer Karriere stand). »Dieses Mädchen wird den Busen völlig aus der Mode bringen«, soll Billy Wilder gesagt haben.

Audrey war es zu verdanken, dass eine jungenhafte Silhouette »in« war. Während alle anderen High Heels trugen, machte sie flache Schuhe zum Trend. Sie trug sie, »weil ich mich kleiner fühlen wollte«. Doch es gab noch einen weiteren Grund: Das jahrelange Ballett hatte an ihren Füßen große Schäden angerichtet – hohe Absätze schmerzten zu sehr. Auf der Leinwand projizierte sie ein starkes Selbst: Sie war liebenswert und warmherzig und strahlte aus, dass sie Umgangsformen besaß, einen persönlichen kultivierten Geschmack, dass sie »aus gutem Hause« stammte.

Und nun würde Bill Holden all das verderben? Audrey war die neue Ikone des Liebesfilms. Dass sie für romantische Liebe stand, damit war sie einverstanden, doch die Aura der damenhaften Tugend, welche ihr die Presse zuschrieb, verwirrte und amüsierte sie. Wenn sie allerdings als Ehebrecherin dastünde, wäre das nicht komisch und brächte das Aschenputtel-Märchen des Jahrzehnts ernsthaft in Gefahr. Doch von der Missbilligung anderer ließ Audrey sich nicht abhalten, sie war entschlossen, Bill Holden zu heiraten, der verrückt nach ihr war. Da spielte es keine Rolle, dass er selbst ernsthafte Probleme hatte. Seine Gefühle für Audrey waren eben, wie sie waren, und er würde sich vom Studio kaum etwas verbieten lassen. In beide Schauspieler hatte Paramount ein Vermögen investiert. Holden und Hepburn hatten gute Chancen, Oscars als Bester Schauspieler und Beste Schauspielerin des Jahres 1953 zu bekommen, und dass sie in Sabrina ein Paar waren, stellte eine potenzielle Goldmine dar.

Es war die Ära Eisenhower: Doris Days swingendes »I Can’t Give You Anything But Love, Baby« stand in der Hitparade ganz oben, und für die Götter und Göttinnen aus Hollywood war die Aufrechterhaltung der Illusion von Anständigkeit oberstes Gebot. Abgesehen von Hedda Hopper und ihren Erzrivalinnen Louella Parsons und Sheilah Graham, schnüffelte ein neuer Feind im Privatleben der Stars herum: Das gefürchtete Confidential Magazin war ein unglaublich erfolgreiches Boulevardblatt, das für Informationen über »das geheime Leben der Stars« viel Geld zu zahlen bereit war – ungeachtet der Konsequenzen. Deftige Details aus dem Privatleben bestimmter bekannter Darsteller förderten manchmal sogar die Umsätze an den Kinokassen. »Weder Audrey Hepburn noch Bill Holden gehörten zu dieser Gruppe«, erinnerte sich der einflussreiche Boss Jennings Lang von der Music Corporation of America MCA. »Das Publikum hatte beide auf einen Sockel gehoben, und das ist eine unsichere Position.«

Doch weder Audrey noch Bill hatten es so weit geschafft, weil sie auf Nummer sicher gegangen waren.