Autor: Arthur Clutton-Brock

Übersetzung: Dr. Martin Goch und Isabelle Weiss

Redaktion der deutschen Veröffentlichung: Klaus Carl

 

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61A-63A Vo Van Tan Street

4. Etage

Distrikt 3, Ho Chi Minh City

Vietnam

 

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Weltweit alle Rechte vorbehalten. Soweit nicht anders vermerkt, gehört das Copyright der Arbeiten den jeweiligen Fotografen. Trotz intensiver Nachforschungen war es aber nicht in jedem Fall möglich, die Eigentumsrechte festzustellen. Gegebenenfalls bitten wir um Benachrichtigung.

 

ISBN: 978-1-78310-657-8

 

Anmerkung des Herausgebers

Aus Respekt vor der einzigartigen Arbeit des Autors wurde der Text nicht aktualisiert, was die Änderungen bezüglich der Zuschreibungen und Datierungen der Werke betrifft, die bisher unsicher waren und es in manchen Fällen immer noch sind.

Arthur Clutton-Brock

 

 

 

 

William

 

 

 

 

 

INHALT

 

 

Einleitung

Die frühen Jahre. Eine viel versprechende Zukunft

Kindheit und Jugend

Rossettis Einfluss

Gründung der Firma

Morris als romantischer Dichter

Eine gedeihende Karriere

Das Wiederaufleben der Arts-and-Crafts-Bewegung

Die Sagen und Sigurd

Morris als Sozialist

Reife und Behauptung

Die Prosaromanzen und späteren Gedichte

William Morris’ Ideen

Bibliografie

Liste der Abbildungen

Anmerkungen

1. Cosmo Rowe, Porträt von William Morris, um 1895.

Öl auf Leinwand. Wightwick Manor, Staffordshire.

 

 

Einleitung

 

 

Das ästhetische Unbehagen, das sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts auszubreiten begann und bis in die heutige Zeit[1] anhält, ist von anderer Art als jenes, unter dem vorangegangene Epochen litten. Auch wenn sich schon unsere Vorfahren gerne darüber beschwerten, dass die Kunst ihrer Zeit weniger gut oder schön sei als die Kunst der Vergangenheit, war man über diese Minderwertigkeit niemals zuvor so bestürzt gewesen noch hatte man sie in diesem Ausmaß als einen Vorwurf gegen die eigene Zivilisation und als Symptom einer Gesellschaftskrankheit gesehen. Wir, die wir heute in vieler Hinsicht so viel mächtiger sind als frühere Generationen, schämen uns, dass wir in künstlerischer Hinsicht unfähiger sind als viele der so genannten unzivilisierten Völker. Tatsächlich sind wir heute in der Lage, Dinge zu produzieren, die niemals zuvor produziert wurden; aber wir beseelen sie nicht mit unseren Gefühlen. Die neuen Städte, die wir in so kurzer Zeit gebaut haben und die sich so rasant ausdehnen, scheinen uns im Vergleich zu den kleinen, langsam gewachsenen Städten der Vergangenheit entweder stumpf und ausdruckslos oder aber pompös – der Ausdruck von etwas, das wir lieber nicht hätten ausdrücken mögen. Genau dies meinen wir, wenn wir die Hässlichkeit moderner Artefakte beklagen, die uns entweder nichts sagen oder etwas, was wir nicht hören mögen, so dass uns eine Welt ohne sie lieber wäre.

In unserer modernen Welt besteht ein krasser Gegensatz zwischen der Schönheit der Natur und der Hässlichkeit der vom Menschen geschaffenen Erzeugnisse, der in vergangenen Epochen gar nicht oder nur in sehr viel geringerem Maß spürbar war. In unseren Augen verunzieren die Städte die Landschaft, ja selbst ein einziges modernes Haus kommt uns vor wie ein Schandfleck auf der Erde. Bis ins 18. Jahrhundert verstand der Handwerker seine Arbeit als eine Verschönerung der Natur – oder zumindest als mit der Natur in vollkommener Harmonie stehend. Noch heute spüren wir diese Harmonie in einer Dorfkirche, einem alten Landhaus oder einem alten Cottage mit Strohdach, so einfach diese Bauten auch von der Konstruktion her sein mögen, und fragen uns, worin das uns offenbar abhanden gekommene Geheimnis besteht.

Der Verlust dieses Geheimnisses liegt in der Zeit zwischen 1790 und 1830. Sicher, auch vor dieser Zeit gab es aufwändige Kunstwerke, die man nur als hässlich bezeichnen kann, doch danach wurde plötzlich alles hässlich, nicht allein durch eine perverse Verkünstelung, sondern durch schäbige Handwerksarbeit, minderwertigere Materialien und mangelnde Entwurfskraft. Es trat eine erschreckende Nivellierung des allgemeinen Geschmacks ein. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts kamen sowohl in England als auch in Frankreich „dekadente“ Möbel auf, die nicht für den täglichen Gebrauch, sondern als Luxus für die Reichen gedacht waren: Die satten Vertreter der Bourgeoisie umgaben sich mit einer Fassade geschmackloser Prunkstücke. Die Möbel für den praktischen Gebrauch hingegen waren nach wie vor schlicht und einfach, von solider handwerklicher Qualität und ausgewogen proportioniert. Es wurden pompöse Paläste gebaut und prunkvoll ausgestattet, während die Häuser bescheiden konstruiert und einfach möbliert waren. Was immer die Handwerker ohne künstlerische Ansprüche schufen, fertigten sie mit Geschick und in guter Qualität; ihre Arbeit war von einer unaufdringlichen, unbewussten Schönheit, die keine Aufmerksamkeit auf sich zog – bis es zu spät und das Geheimnis verloren war. Als dann die Katastrophe eintrat, betraf sie weniger die von wohlhabenden Gönnern unterstützten „höheren“ Künste wie die Malerei, sondern die angewandten oder „geringeren“ Künste, die auf eine unbewusste, universale Vorliebe für schlichtes Design und gute Handwerksarbeit gründen. Noch gab es große Maler wie Joseph M. W. Turner[2] und John Constable[3], doch weder Arme noch Reiche konnten Möbel oder Dinge des täglichen Bedarfs kaufen, die anders als hässlich waren. Jedes neue Gebäude war entweder vulgär oder abstoßend oder gar beides. Wo man auch hinsah, überall paarten sich hässliche, unnütze Ornamente mit schlechter Verarbeitung und schäbigen Materialien.

Zunächst schien niemand diese Veränderung zu bemerken. Jedenfalls finden wir bei den großen romantischen Dichtern, vielleicht mit Ausnahme von William Blake[4], keine Hinweise auf diesen Missstand. Die Dichter wandten sich mit unbewusstem Ekel von den menschlichen Artefakten ab und fanden ihre Zuflucht in der Natur. Wenn sie überhaupt von Kunst sprachen, dann von der des Mittelalters, weil sie sich zu allem hingezogen fühlten, was der Vergangenheit entsprang. Wenn man der romantischen Bewegung überhaupt eine Wirkung auf die bildende Kunst zugestehen kann, dann höchstens in Form einer weiteren Krankheit: Die Neugotik (engl. Gothic Revival), ein Teil der romantischen Bewegung, drückte nichts weiter aus als eine vage Abneigung gegen alles Moderne und ein ebenso unschlüssiges Bestreben, die Assoziationen an Vergangenes aufleben zu lassen, wie dies in der romantischen Lyrik der Fall ist. Zinnen, Spitzbogen und bunte Glasfenster waren die Symbole, die ebenso wie das Wort „Mesopotamien“ ohne Sinn und Verstand überall verwendet wurden. Diese „Wiederbelebung“ bedeutete nichts weiter als den Überdruss der Menschen an der Hässlichkeit ihrer eigenen Zeit, die sich deshalb in die Vergangenheit flüchteten, um sich eine Luft- und Ortsveränderung zu verschaffen.

Allerdings war dieser Überdruss zunächst unbewusst. Man erkannte nicht, dass die Kunst von einer Krankheit befallen war, und noch viel weniger, dass diese Krankheit sozialer Natur war. Die Lebensfreude war einer sauertöpfischen Unlust gewichen, ohne dass man sich dies eingestand. Erst der Kunstkritiker John Ruskin[5] sprach aus, dass und warum es so war. Erst mit ihm fand das ästhetische Unbehagen seinen Ausdruck und seine wissenschaftliche Begründung. Ruskin erkannte, dass die vorherrschende Hässlichkeit nicht bloß auf den Verlust einer bestimmten Fähigkeit zurückzuführen war und dass die künstlerische Begabung des Menschen nicht isoliert von seinen übrigen Fertigkeiten gesehen werden kann. Er war der Erste, der Kunstwerke wie menschliche Handlungen beurteilte, also nach moralischen und intellektuellen und nicht nur nach ästhetischen Qualitäten. Die Gesamtwirkung sah er als das Zusammenwirken all dieser Qualitäten sowie der Verhältnisse der Gesellschaft, die sie hervorbrachte. Seine Kritik verlieh den Werken der Kunst eine gänzlich neue Bedeutung, nämlich als den offenkundigen Ausdruck des menschlichen Geistes, der an künftige Generationen weitergereicht wird. Insbesondere galt dies für die Architektur und alle angewandten Künste, da diese durch Gemeinschaftsarbeit und zum Nutzen der Allgemeinheit entstehen und daher den kollektiven Geist besser repräsentieren als etwa die Malerei, die das Werk eines Individuums ist. All dies sah Ruskin, und er sah auch, dass die Bauwerke und die Gebrauchsgegenstände seiner Zeit schlechter und geschmackloser waren als je zuvor. Dieser Zustand machte ihm zu schaffen, so, als sei die Gesellschaft seiner Zeit irgendwie böse und korrupt. Er vermisste nicht nur die Freude, die, wie ihm schien, früheren Epochen vorbehalten war, er war sich auch eines Übels bewusst, das neu für seine Zeit war. Kunst war für ihn nicht etwas Überflüssiges, mit dem der Mensch sich nach Belieben umgeben kann oder nicht; für ihn war Kunst eine Qualität aller von Menschenhand gefertigten Dinge, die gut oder schlecht sein müssen. So war er weniger ein Kunstkritiker als ein Gesellschaftskritiker. Tatsächlich schrieb er nicht nur über alte Gebäude und zeitgenössische Künstler, sondern auch über politische, ökonomische und soziologische Themen sowie über die Ordnung und Unordnung seiner Gesellschaft, die so viel Hässlichkeit hervorbrachte.

2. William Morris und William Frend De Morgan (für den Entwurf) und Architectural Pottery Co. (für die Produktion), Gemälde auf Keramikfliese, 1876. Handbemalte und glasierte Keramikplatte, 160 x 91,5 cm. Victoria & Albert Museum, London.

3. Tulpen und Spalier, 1870. Handbemalte Keramikplatte

in blau und grün, glasiert, 15,3 x 15,3 cm.

Victoria & Albert Museum, London.

4. William Morris (für den Entwurf) und Architectural
Pottery Co. (für die Produktion), Nelke und Hagedorn,
wahrscheinlich im Jahre 1887 von William Morris entworfen.

Engobe – Überzug und handgemalt in Farbe,

15,5 x 15 cm. Victoria & Albert Museum, London.

 

 

Natürlich war er nicht der Erste, der die Übel seiner Zeit anprangerte, aber er war der Erste, den sein ästhetisches Unbehagen zum Propheten machte. Und dies war von großer Bedeutung. Er war ein Genie, der eine neue Bedrohung für das menschliche Leben erkannte und der es verstand, der immer mehr um sich greifenden Unlust in der Bevölkerung Ausdruck zu verleihen, auch wenn er zunächst als Einziger sich dessen bewusst war. Ruskin war und blieb in erster Linie ein Kritiker, einer, der seine eigene Befindlichkeit beschrieb und nicht selbst schöpferisch tätig wurde. Deshalb war seine Rebellion eine intellektuelle, nicht eine handelnde, und die Entdeckungen, die er für sich machte, bedurften noch der praktischen Umsetzung. Viele bezeichneten ihn als einen reinen Theoretiker, und es kann nicht in Abrede gestellt werden, dass er oft vorschnell und unbedacht Theorien postulierte und ihm nicht selten krasse Fehler unterliefen. Er hatte die Intuition eines Genies, ihm fehlte die praktische Erfahrung; oft sprach er mit mehr Eloquenz als Autorität.

Doch seine Rebellion erhielt Unterstützung von einem anderen genialen Geist, der von seinem Wesen her kein Kritiker sondern ein Künstler war, einem Mann, der in erster Linie Dinge mit seinen eigenen Händen schuf, um mit diesem kreativen Akt seine eigenen Werte auszudrücken. So wie John Ruskin sich von der Kritik der Kunst der Kritik der Gesellschaft zuwandte, so wurde William Morris von einem Kunstschaffenden zu einem Erneuerer der Gesellschaft. J. W. Mackail[6], sein offizieller Biograph, sagte von Morris, er hätte seine ganze außerordentliche Kraft für nichts Geringeres eingesetzt als die Erneuerung der menschlichen Zivilisation. Das ist wahr und kann von keinem anderen Künstler vor ihm gesagt werden; jedenfalls gab es vor ihm keinen Künstler, der sich aus seiner Kunst heraus der Politik zuwandte. Doch genau dies tat Morris, und aus diesem Grund ist er der Hauptvertreter des für seine Zeit charakteristischen ästhetischen Unbehagens.

Vielleicht würde man meinen, dass gerade er, in dessen Macht es stand, die wunderbarsten Gegenstände zu erschaffen, sich dieser Unstimmigkeit nicht bewusst gewesen wäre. Er war nicht nur imstande, seinen inneren Drang nach Schönheit poetisch auszudrücken, er vermochte auch dank seiner kreativen Schaffenskraft seinen eigenen ästhetischen Idealen Gestalt zu geben. Wie hässlich und nichtssagend auch die Welt um ihn herum sein mochte, er konnte für sich ein irdisches Paradies erschaffen und in seiner Tätigkeit das beglückende Gefühl des Künstlers erleben. Es gibt Menschen mit künstlerischer Begabung, die sich nicht mit der Ausübung ihrer Kunst zufrieden geben. Morris hingegen freute sich wie ein spielendes Kind an all den Hundert Dingen, die er entwarf und produzierte. Schon in jungen Jahren wusste er genau, was er wollte, und er war frei genug, diese Träume zu verwirklichen.

Bereits im Alter von 22 Jahren war er sein eigener Herr und Meister und verfügte über ein erhebliches, ihn unabhängig machendes Vermögen. Sein Vater war schon 1847 gestorben, und obwohl seine Mutter sich für ihren Sohn eine Karriere als Bischof erträumt hatte, fand sie sich doch schnell mit seiner beruflichen Entscheidung ab. Er begann sofort mit verschiedenen Kunstformen zu experimentieren und beglückte mit den Ergebnissen nicht nur sich selbst, sondern auch seine Freunde und Auftraggeber. Er lebte also in schönster Eintracht mit der Welt und hatte ein gutes Auskommen. Man könnte ihn in dieser Hinsicht mit seinem berühmten Zeitgenossen Lew (Leo) Tolstoi[7] vergleichen, und dies auch insoweit, als auch ihm sein privates Glück nicht genügte. Während manche aus ihrem persönlichen Unglück heraus gegen die Gesellschaft rebellieren, legten Morris und Tolstoi ihr Glück beiseite, um zu rebellieren. Beide vernahmen in ihrem privaten irdischen Paradies die Stimmen des Unglücks von draußen, sie sahen das Böse in der Welt, das ihnen ihr eigenes Glück unerträglich machte. Sie rebellierten aus unterschiedlichen Gründen, und für viele war ihre Rebellion irrational, führte sie doch bei beiden dazu, sich von der Tätigkeit, für die sie von ihrer Begabung her vorbestimmt waren, wegzuführen zu einer Arbeit, für die ihnen eigentlich die Voraussetzungen fehlten. Weder war Tolstoi zum Heiligen geboren noch Morris zum Revolutionär. Von daher ist es verständlich, dass die Welt den künstlerischen Verlust beklagt, der auf Rechnung ihrer Rebellion geht. Im Fall von William Morris erschien es vielen, dass er mit der Welt wegen einer Bagatelle in Streit geriet. Für die meisten Menschen ist die Kunst ein angenehmes Ornament des Lebens; wenn aus irgendeinem Grund die Gesellschaft sich darin nicht hervortut, nehmen sie das ohne viel Aufhebens hin, weil sie darauf eher verzichten wollen als beispielsweise auf Golf oder einen anderen Sport. Für sie ist Morris jemand, der ein großes Geschrei um sein ganz besonderes Steckenpferd machte, ihm war das Beste gerade gut genug – ein Anspruch, dem andere kaum Sympathien entgegenbrachten.

Morris hingegen war der Ansicht, Kunst sei nicht nur Sache des Künstlers, sondern sie hätte einen natürlichen und notwendigen Platz im menschlichen Leben. Und mit „Kunst“ meinte Morris, genau wie Ruskin, nicht nur Gemälde oder Plastiken, ganz im Gegenteil: Viel wichtiger waren für ihn die Gebrauchsgegenstände aus menschlicher Hand, die in vergangenen Epochen schön, nun jedoch hässlich geworden waren. Die Hässlichkeit von Häusern, Kleidern, Tassen und Tellern, Tischen und Stühlen – in der Tat von allem Handwerklichen – diese universelle Hässlichkeit empfand er zunächst wie ein körperliches Unbehagen, für das er keine Erklärung hatte. Und da Morris ein Mann der Tat und ein Künstler war, fing er an, für sich selbst und für andere schöne Gegenstände zu schaffen. Doch er sah schnell ein, dass sein persönlicher Einsatz in einer Welt voller Hässlichkeit nichts ausrichten würde, weil sämtliche Bedingungen unserer Gesellschaft das Hässliche begünstigten und das Schöne verhinderten. Seine eigene Erfahrung lehrte ihn auch, dass die Schönheit das Symptom einer lustvollen Arbeit, die Hässlichkeit jedoch dasjenige einer freudlosen, verdrießlichen sei, und so folgerte er, dass unsere Gesellschaft an einer neuen Art von Unbehagen krankte, die sich in der Hässlichkeit all ihrer Erzeugnisse niederschlug.

Dies wusste er wie kein anderer aufgrund des Glücks und des sinnlichen Vergnügens, das er bei seiner eigenen Arbeit empfand und der Schönheit, die daraus resultierte. Wäre er nur ein Dichter gewesen, hätte er dies wohl nie anders als durch die theoretischen Schriften Ruskins kennen gelernt; doch da er zwanzig verschiedene Kunsthandwerke ausübte, wusste er es mit einer stärkeren Gewissheit als selbst Ruskin, und dieses Wissen war ihm unerträglich. Es kam ihm vor, als wäre er selbst nur ein Tagedieb, der, indem er sich seiner eigenen Arbeit widmete, sein eigenes Glück genoss. Deshalb fand er keine Ruhe, bis er nicht anderen das Glück zeigen konnte, das ihnen entging – sowohl den Armen als auch den Reichen, also sowohl jenen, die sich freudlos schindeten als auch jenen, die von der freudlosen Arbeit anderer lebten.

5. William Frend De Morgan (für den Entwurf) und Sands
End Pottery (für die Produktion), Fliese, 1888-1897.

Bemalte Keramikfliese auf einer Engobe-Schicht,

61,4 x 40,5 cm. Victoria & Albert Museum, London.

6. Die Monate des Jahres, 1863-1864.

Handbemalte Keramikfliesen.

Old Hall, Queens College, Cambridge.

7. Edward Burne-Jones und Lucy Faulkner,
Schlafende Schönheit, 1862-1865. Glasierte Fliesen, handbemalt,

76,2 x 120,6 cm. Victoria & Albert Museum, London.

 

 

Viele haben sich gegen die Gesellschaft aufgelehnt und aufgrund des Zwiespalts zwischen Arm und Reich für eine Rebellion plädiert, doch Morris rebellierte nicht so sehr gegen die Armut als gegen das Wesen der Arbeit, die zu verrichten die meisten Armen seiner Zeit gezwungen waren. Er war der Meinung, ihre Arbeit sei lustloser als die ihrer Vorfahren. Dies, und nicht die Armut, sei das eigentlich Schlechte, gegen das er als Arbeiter – und mit ihm die Armen – rebellieren sollten. Sie wussten natürlich um ihre Armut, nicht jedoch um diese Not, die mit der Armut einherging. Morris sah es als seine Pflicht an, sie und die Reichen darüber aufzuklären. Er wollte den Menschen in Bezug auf die überall herrschende Hässlichkeit die Augen öffnen, er wollte den Reichen zeigen, dass auch sie ärmer als die Bauern des 13. Jahrhunderts waren, weil es in ihrer Zeit keine Schönheit gab, an der sie und die Allgemeinheit sich erfreuen konnten, sondern nur diese unerträgliche Hässlichkeit, die zu einer allgemeinen Unzufriedenheit und Verdrießlichkeit führte.

Aus diesem Grund wandte er sich ab von seiner Kunst und wurde zu einem Propheten, wobei der Wert seiner Predigten darin lag, dass er ein neues Übel angriff, ein Übel, das sich insgeheim mehr und mehr ausbreitete. Doch weil dieses Übel neu war, fand er zunächst kaum Beachtung, denn die Menschen sind in ihrem Missbehagen genauso konservativ wie in anderen Belangen. Jede Zivilisation wird bereits von neuen Gefahren bedroht, während sie sich noch gegen die alten wehrt. Morris sah die größte Gefährdung unserer Zivilisation im Entstehen eines durch freudlose Arbeit und ein ungewisses Unbehagen hervorgerufenen Barbarentums. Er fürchtete, die Masse der Bevölkerung würde irgendwann zu der Überzeugung gelangen, die Gesellschaft sei die Opfer nicht wert, die für sie erbracht worden waren; tatsächlich hoffte er manchmal, sie würde an diesem Glauben zu Grunde gehen. Dennoch war er entschlossen, sein Bestes zu tun, um sie zu retten, sofern sie gerettet und verwandelt werden konnte, denn er glaubte, wie es J. W. Mackail ausdrückte, dass sie allein durch einen Wiederaufbau des zivilisierten Menschentums gerettet werden könne. Die Reichen müssen lernen, die Kunst mehr zu lieben als ihr Vermögen, und die Armen, ihre freudlose Arbeit mehr zu hassen als ihre Armut.

Somit war eine Änderung der Werte vonnöten, die eine Änderung der Auffassung bedingte, und Morris ließ sich von der Notwendigkeit einer solchen Änderung nicht abhalten, obwohl er wusste, dass er mit seinen Bemühungen allein war, denn auch wenn er mit anderen Sozialisten verkehrte, so waren doch seine Wünsche und Hoffnungen – und auch seine Vorgehensweisen – ganz anders als ihre. Viele unter ihnen waren engagierte und kompetente Leute, die sich erhofften, anhand organisatorischer Änderungen die wirtschaftliche Struktur der Gesellschaft zu ändern, um der Kluft zwischen den armen und den reichen Bevölkerungsschichten ein Ende zu setzen.

Morris war unter ihnen wie ein Heiliger unter Geistlichen, weil seine Bestrebungen weit über eine gerechtere Güterverteilung hinausgingen. Eine Welt, in der zwar der extreme Wohlstand und die extreme Armut abgeschafft wären, in der die Menschen jedoch in der gleichen Weise lebten und arbeiteten, hätte seinen Ansprüchen nicht genügt. Andere Sozialisten protestierten gegen die Verschwendung von Arbeitskraft, sie gaben den Arbeitern zu bedenken, was sie alles mit ihrer Arbeitskraft anfangen könnten, wenn sie nicht mehr verschwendet würde. Die Ansicht, dass ein sozialistischer Staat notwendigerweise langweilig sein müsse, weil darin alle ein Dasein von der Art eines gut situierten Angestellten mit Haus in einer modernen Vorstadt leben würden, ist weit verbreitet und geht nicht zuletzt auf Autoren wie Edward Bellamy[8] zurück. In dessen Utopie brauchte im Jahr 2000 niemand mehr einen Regenschirm, da überdachte Säulengänge die Fußgänger gegen die Witterung schützten. Morris hingegen wünschte sich von einer neu organisierten Gesellschaft mehr als nur einen vom Staat finanzierten Regenschutz. Was er unserer Gesellschaft vorwarf, war, dass sie dem Komfort und dem Müßiggang den Vorrang vor dem Vergnügen gab, in anderen Worten, mehr Gedanken auf den Lehnstuhl verwendete als auf den Tanz.

8. Ariadne, 1870. Polierte Keramikfliese.

Victoria & Albert Museum, London.

 

 

Er versuchte, seinen Mitmenschen nahe zu bringen, sich mehr für das Vergnügen als für den Komfort zu interessieren, so wie er dies für sich selbst tat. In seiner Utopie waren die Lehnstühle für die Alten bestimmt, während die Jungen tanzen sollten. Der ideale Zustand aller Arbeit und allen Lebens war für ihn eine Art von Tanz, und nicht eine bequeme, aber letztendlich langweilige Ruhe. Dank der überflüssigen Energie einer zivilisierten Gemeinschaft würde jede menschliche Tätigkeit reizvoll. Die Menschen würden ihre gemeinschaftliche Arbeit genau so mit Freude verrichten wie die Baumeister und Handwerker des 13. Jahrhunderts beim Bau ihrer großartigen Kathedralen, wobei sich diese Freude in der Schönheit aller Erzeugnisse niederschlagen würde. Dies war für ihn der Sinn des Sozialismus, und alle Bestrebungen waren nur auf dieses Ziel gerichtet.

Es wäre leicht, William Morris als einen Visionär abzutun, doch sind Visionäre für alle großen Bewegungen notwendig, denn sie allein können den Kurs bestimmen, sie allein den Menschen das kollektive Ziel vorgeben. Es reicht nicht aus, den Frieden zu predigen, indem man von dem Grauen des Krieges erzählt, denn es liegt in der Natur des Menschen, die Schrecknisse der Langeweile vorzuziehen. Man muss sie überzeugen, dass Friede ein besseres und glorreicheres Leben bedeutet als Krieg und deshalb erstrebenswert ist. Morris meinte, unsere moderne Gesellschaft befände sich in einem Zustand des wirtschaftlichen Krieges, weshalb sie ängstlich, freud- und machtlos sei wie ein wilder, in endlose Fehden verwickelter Stamm von Eingeborenen. Der wirtschaftliche Frieden, den er sich wünschte, würde den Menschen genügend Freiheit und Freizeit für die schönen Dinge des Lebens geben. Diesen Frieden hoffte er herbeizuführen, indem er seinen Mitmenschen zeigte, wie sie schöner und besser leben konnten.

Und genau wie ein Heiliger die Menschen mehr durch seine Vision des Himmels beeinflusst als die ganze Priesterschaft durch ihre Disziplin und ihre Organisation, so hat vermutlich Morris mehr für den Sozialismus getan als alle wissenschaftlichen Sozialisten zusammen genommen. Denn er wusste sehr genau, was er im Leben wollte, und niemand kann sagen, dass er etwas wollte, was nicht wünschenswert gewesen wäre. Die Welt misstraut Philanthropen und Reformern jeglicher Art, weil es ihnen nur selten gelingt, andere davon zu überzeugen, dass sie selbst wissen, was Glück ist. Wenn sie verlangen, dass wir wie sie sein sollen, sehen wir sie uns an und beschließen dann, dass wir nicht wie sie sein möchten.

Bei Morris war das ganz anders: Niemand, der ihn und seine Lebensart kannte, wollte es ihm nicht gleich tun. Niemand konnte ihn beschuldigen, die Welt erneuern zu wollen, ohne zunächst seine Ideen in seinem eigenen Leben in die Praxis umgesetzt zu haben. Wenn Morris uns sagt, wie wir glücklich sein können oder weshalb uns das Glück entgeht, dann spricht er mit Autorität und aus persönlicher Erfahrung und nicht als Philanthrop. In der Tat sprechen seine Ideen vom schönen Leben für sich selbst, auch ohne seine Autorität, und es gibt viele Menschen, die diese Ideen teilen, ohne ihre Herkunft zu kennen.

9. Engel, undatiert. Fliesentafel.

St John the Baptist Church, Findon, Sussex.

10. Edward Burne-Jones und Lucy Faulkner, Aschenputtel, 1863.

Fliesentafel, bemalt mit farbiger Glasur auf holländischer Keramik,

Engobe-Überzug in einem Ebenholzrahmen, 71 x 153 cm.

Walker Art Gallery, Liverpool.

11. Venus, 1870. Miniatur, Tinte,

Gouache und goldener Überzug auf Papier,

27,9 x 21,6 cm. Victoria & Albert Museum, London.

12. Unbekannt, Adliger (wahrscheinlich Wolfert Van Borssel)
aus den Metamorphosen, spätes 15. Jahrhundert.

Pergament, 45 x 33,5 cm. Privatsammlung, Brügge.

 

 

Denn unsere Welt ist mehr an Morris’ Ideen interessiert als an ihm persönlich, und sein Einfluss ist wesentlich größer als sein Name. Durch seine Kunst hatte er einen nachhaltigen Einfluss auf ganz Europa. Unter den Dichtern verweisen wir ihn meist auf den Platz des letzten und extremsten der Romantiker, doch seine spätes poetisches Werk ist frei vom Weltschmerz und von den unbestimmten Gefühlen, die so typisch für die Romantiker sind. Wenn Morris die nur in seiner Vorstellung existierende Welt beschreibt, dann waren dies Entwürfe für die Welt, die er sich wünschte; sein Anliegen war stets die Zukunft, selbst wenn er noch so sehr mit der Vergangenheit verbunden schien. In dieser Hinsicht unterscheidet er sich von allen anderen romantischen Dichtern, und selbst in seinen visionären Gedichten sagt er uns stets, was er an der Wirklichkeit schätzt, was am meisten menschenwürdig ist und was das Leben lebenswert macht. Alles was er schrieb, ob Prosa oder Gedichte, sind Berichte seines eigenen großartigen Abenteuers in einer Welt, die er zu verwandeln hoffte. Noch können wir nicht sagen, wie groß die Änderungen sind, die er bewirkte, auf jeden Fall wissen wir aber, dass er einer der wichtigsten Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts und zusammen mit Tolstoi eine der einsamsten und herausragendsten war.

Ich will in diesem Buch versuchen, ein paar Beschreibungen seiner Größe zu geben, nicht etwa seine Biografie zu erzählen, denn dies hat J. W. Mackail bereits auf bewundernswerte Weise getan. In dieser Reihe ist William Morris der Gegenstand eines Bandes, nicht weil er ein Dichter oder Künstler war, sondern weil ohne ihn der menschliche Geist heute vielleicht ein anderer wäre. Dennoch sind seine Kunst und seine Gedichte ein wichtiger Teil seines Schaffens; tatsächlich war er ein Künstler und Poet noch bevor er bewusst daran ging, die Welt zu ändern, und die Welt schenkte ihm Gehör, weil er ein Künstler und ein Poet war.

Ich bin überdies der Meinung, dass er als Dichter bedeutender und interessanter ist als ihm dies allgemein zuerkannt wird. Man kennt ihn vor allem als den Verfasser von zwar reizvollen, aber düsteren Romanzen in Vers und Prosa. Deshalb habe ich mich über diesen Aspekt seines Werks länger ausgelassen, in der Hoffnung, zeigen zu können, dass er mehr als dies war. Es gibt kleine Menschen, die ein spezielles Talent für Kunst oder Literatur haben und deren Werk uns anziehend erscheint, auch wenn sie nicht zu den großen Meistern gehören. Doch Morris war ein großer Mann, von hoher Intelligenz, starkem Willen und großer Leidenschaft, und je besser man sein Werk kennt, desto deutlicher sieht man seine Größe. Alle, die ihn kannten, wussten darum; und selbst wenn ihnen Kunst oder Gedichte nichts bedeuteten, konnten sie sich seinem Bann nicht entziehen – so, wie die Menschen unter Napoleons Einfluss gerieten, auch wenn ihnen selbst jeglicher Machthunger fehlte.

Ich habe dieses Buch geschrieben, ohne ihn gekannt zu haben, als einen Versuch, seine Wirkung und die Größe seines Werks aufzuzeigen. Morris hat so viele Leistungen vollbracht, dass es unmöglich ist, alle in einem Buch dieses bescheidenen Umfangs zu würdigen, und doch war er niemals der Mittelpunkt eines Kreises wie etwa Dr. Johnson[9] oder Dante Gabriel Rossetti[10]. Diejenigen, die das Glück hatten, direkt mit ihm in Kontakt zu kommen, spürten, dass er ihnen alle Aspekte des Lebens und der Kunst näher brachte.

Dies wird er zweifellos noch für viele nachfolgende Generationen tun.

13. Dante Gabriel Rossetti, Beatrice trifft Dante
auf einem Hochzeitsfest, ihm ihren Gruß verwehrend, 1855.

Aquarell auf Papier, 34 x 42 cm. Ashmolean Museum, Oxford.

14. Rose, 1883. Bedruckte Baumwolle. Privatsammlung.

 

 

Die frühen Jahre. Eine viel versprechende Zukunft

 

 

Kindheit und Jugend

 

William Morris wurde am 24. März 1834 im Elm House, Walthamstow, einem in der Nähe von London gelegenen Dorf in Essex geboren. Seine Kindheit verlief in keiner Weise anders als die der meisten Kinder aus derselben bürgerlichen Schicht. Sein Vater war einer der Partner in einer Börsenmaklerfirma mit Sitz in der Lombard Street in der Londoner City. Bei seinem Tod hinterließ er der Familie ein ansehnliches Vermögen. William Morris’ Kindheit verlief durchaus glücklich, aber in keiner Weise bemerkenswert. Es gibt zwar keine frühen Beweise seiner Genialität, aber er zeigte schon als Kind denselben Charakter und denselben Geschmack wie später als Erwachsener. Er streifte gern durch den für seine schönen Eichen bekannten Epping Forest, er kannte die Namen der Vögel, so wie er überhaupt ein ausgezeichnetes Gedächtnis für alles hatte, was ihn interessierte. Morris war leidenschaftlich, temperamentvoll und dabei von liebenswürdigem Wesen.

Eine kleine Anekdote, die man sich von ihm erzählt, zeigt, wie gut er sich an die Dinge erinnerte, die in von frühester Jugend an faszinierten. Als Achtjähriger hatte er die normannische Kirche St Mary’s in Minster-in-Thanet[11] gesehen. Fünfzig Jahre später konnte er sie, ohne sie seither je wieder besucht zu haben, in jedem Detail beschreiben. Dies ist nur ein Beweis unter vielen, dass er die gotische Kunst so verstand wie der junge Mozart die Musik – wie eine Sprache, die ihm in die Wiege gelegt worden war. Diese ganz spezielle Art der Erkenntnis und des Lernens zog sich durch seine ganze Kindheit und Jugend. Sie machte den wesentlichen Teil seiner Bildung aus, sie war es auch, die ihn von anderen Jugendlichen unterschied und sie war das Zeichen seines starken Charakters sowie eine Vorbereitung für sein ganzes restliches Leben.

Für Morris war ein gotischer Bau nicht bloß schön, romantisch oder faszinierend. Der Genuss, den er empfand, ging weit über das hinaus, was die meisten von uns empfinden, wenn wir ein Musikstück hören. Die Schönheit einer gotischen Kirche hatte für ihn dieselbe Bedeutung wie die Musik für den jungen Mozart. Morris sah nicht nur, dass dies die Art von Kunst war, die ihn anzog, er wusste auch, weshalb dies so war. Mehr als Worte drückte diese Kunst für ihn einen begehrenswerten Zustand aus. Es war, als ob die Menschen, die diese Kunst geschaffen hatten, leiblich vor ihm stünden, so dass er sie sehen und sie lieben konnte. Mehr als das: Es entflammte eine leidenschaftliche Zuneigung in ihm zu der ganzen Gesellschaft, die diese großartigen gotischen Kunstwerke geschaffen hatte, vergleichbar mit der Liebe und Bewunderung, die wir für unsere Lieblingsdichter oder -komponisten empfinden. Er sehnte sich nach der gotischen Kunst, als sei sie die Stimme eines geliebten Verstorbenen. Als Heranwachsender besuchte er Kirche um Kirche und erinnerte sich später an sie wie an Begegnungen mit guten Freunden. Jede blieb seiner Erinnerung unauslöschlich eingegraben, nicht allein wegen ihrer Schönheit, sondern weil sie für ihn jenen Zustand verkörperte, der ihm so viel bedeutete. Jede Kirche war für ihn wie ein Gesicht, an das er sich mit Liebe erinnerte, jedes einzelne Detail grub sich ein, genau wie die Falten und Furchen eines Gesichts.

Diese Dinge muss man sich vor Augen halten, wenn man Morris’ frühe Leidenschaft für das Mittelalter und die mittelalterliche Kunst verstehen will, die so gar nichts gemein hatte mit dem trockenen Interesse eines Archäologen, der die Vergangenheit studiert als etwas Totes, das man sezieren kann. Morris studierte das Vergangene als etwas Lebendiges. Für ihn waren diese Kirchen nicht alt, sondern frisch, aktuell und vollkommen. Alt waren für ihn die neuen Bauten der Epoche, die er als das Zeitalter der Ignoranz bezeichnete. Sie erschienen ihm alt, weil sie etwas ausdrückten, was ihm fremd vorkam. So wie die großen Künstler der Renaissance sich über die ihnen unmittelbar vorangehenden Epochen hinwegsetzten und sich direkt an der römischen und griechischen Klassik inspirierten, so schlug Morris die Brücke zur Gotik. Hier fand er die neue Welt, die er erschaffen wollte.