Inhalt

Cover

Impressum

Titel

Hallo, lieber Gott!

Ein Tag mit Gott

Allmächtig oder nicht?

Spinnen die anderen denn alle?

Gute Nacht kleine Julia

Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Dateien sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Impressum:

© 2015 Verlag Kern GmbH

© Inhaltliche Rechte bei der Autorin

1. Auflage 2015

Autorin: Julia Allmann

Umschlag/​Satz: www.winkler-layout.de

Titelmotive: Mädchen © Syda Productions - Fotolia.com

Himmelslicht © Ig0rZh - Fotolia.com

Lektorat: Manfred Enderle

Sprache: deutsch, broschiert

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015

ISBN: 9783957161-161

ISBN E-Book: 9783957161-604

www.verlag-kern.de

Julia Allmann

Die kleine Julia
und der liebe Gott

Erzählung

Hallo, lieber Gott!

„Gute Nacht, Prinzessin. Schlaf gut.“ Julias Mutter drückte ihr einen dicken Gute-Nacht-Kuss auf die Stirn. „Gute Nacht, Mama! Ich hab dich liieb!“, antwortete Julia. „Ich dich auch. Bis morgen.“ Mama machte das Licht aus und zog die Tür hinter sich zu, als sie das Zimmer verließ. Julia lag in ihrem Bett und dachte über das Gebet nach, das sie eben erst mit ihrer Mutter gesprochen hatte.

„Müde bin ich, geh zur Ruh,

schließe meine Augen zu.

Vater lass die Augen dein,

über meinem Bette sein.

Hab ich Unrecht heut getan,

sieh es lieber Gott nicht an.

Deine Gnad und Jesu Blut

machen allen Schaden gut.

Oh Gott, beschütz die Eltern mein

und lass uns lang beisammen sein.

Die Liebe soll uns zusammen binden,

bis wir miteinander ins Himmelreich finden.“

Und dann hatte sie sich bei Gott bedankt, dass er sie an diesem Tag beschützt und geführt hatte und ihn darum gebeten, dass er sie diese Nacht gut schlafen lassen würde.

Aber jetzt, da sie in der Dunkelheit allein in ihrem Bett lag, fing sie an sich zu fragen, ob Gott wirklich heute bei ihr gewesen war. Natürlich gab es Gott, das war überhaupt nicht die Frage und auch war ihr heute wirklich nichts Schlimmes passiert. Aber mal ehrlich, wer sagt denn, dass das wirklich Gottes Verdienst war. Vielleicht hatte Julia selbst einfach nur gut genug auf sich achtgegeben. Außerdem war sie ja erst sechs Jahre alt geworden und war immer unter der Aufsicht ihrer Eltern. „Mama hat gesagt, Gott würde ihr helfen, auf mich aufzupassen. Er gäbe ihr die Geduld und die Vorsicht, die sie brauchte“, dachte die kleine Julia sich. „Und Papa hat gesagt, dass sie davon wirklich viel brauchen, wenn es um mich ging.“ Aber ist Gott wirklich so? Gibt er uns genau das, was wir brauchen? Julia drehte sich in ihrem Bett hin und her. „Aber das kann doch eigentlich nicht sein. Denn ich brauche unbedingt ein Pony und bisher habe ich von Gott noch keines bekommen“, ging es ihr durch den Kopf.

„Meine Oma hat gesagt, wenn wir sünigen oder war es sindigen … hm, nein, das war es auch nicht … ist ja auch egal … also wenn wir das eben machen, dann kann es passieren, dass Gott uns bestraft und wir in die Hölle kommen.“ Julia schüttelte sich. Was für ein grauenhafter Gedanke. „Andererseits hat Mama gesagt, dass Gott wie ein liebender Vater ist und uns verzeiht, denn kein Mensch ist fehlerfrei … was auch immer das bedeuten soll.“ Julia war verwirrt. Sie starrte hoch zur Decke. „Wie kann Gott einmal so sein und ein anderes Mal so?“

Sie setzte sich in ihrem Bett auf und fing an zu rufen: „Hey Gott! Hey du da oben! Ja, dich meine ich! Kannst du mir vielleicht mal erklären, wie du bist?“ Es blieb still. „Halloooooo!!! Ich rede mit dir! Kannst du mir mal antworten!“ Wieder kam nichts zurück. „Hey jetzt sperr mal die Lauscher auf. Mein Name ist Julia! Ich bin sechs Jahre alt und komme bald in die Schule! Ich bin bestimmt nicht das bravste Mädchen, das du hast, aber ich habe da mal eine Frage!!!“ Wieder keine Antwort. Julia verschränkte die Arme vor der Brust und ließ sich bockig zurück auf die Matratze fallen. „Von wegen, er hört uns immer zu!“ Julia schnaubte wütend. Dann kam ihr eine Idee. „Patin hat mir doch gesagt, Gott gäb es schon ganz lang. Das heißt er ist ganz alt. Vielleicht sogar so alt wie Oma? Hm, Oma hört auch manchmal nicht, dann muss sie erst ihr Hördingsbums ins Ohr tun. Vielleicht braucht Gott auch so eins?“ Julia schwang sich aus dem Bett. Sie öffnete leise die Tür und schlich den Gang entlang zur Treppe. Die Fliesen waren sehr kalt. Julia trat von einem Fuß auf den anderen, damit sie nicht so kalt wurden. Sie hörte Stimmen von unten. Mama und Papa unterhielten sich mit Oma. Dann hörte sie ein Klappern und Quietschen. Sie mussten auf die Terrasse gegangen sein. Perfekt! Julia ging die Treppe hinunter und in den Korridor. Mit viel Glück hatte Oma das Hörteil herausgenommen, weil es sie so sehr drückte. Julia tappte auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer. Ja, da lag es auf dem Tisch. Aber wenn sich Mama und Papa umdrehen würden, dann könnten sie sehen, dass Julia auf war. Julia erinnerte sich, was ihre Mutter ihr gesagt hatte, wie Julia früher gekrabbelt sei. „Du hast dich auf deinen Hintern gesetzt und bist über den Boden gerutscht. Zum Krabbeln hattest du keine Lust.“ Julia grinste und ließ sich auf ihren Hintern plumpsen und zog sich langsam mit den Beinen vorwärts. Natürlich würden ihre Eltern sie auch so sehen, wenn sie sich umdrehten, doch Julia war noch klein und wusste das nicht. Langsam arbeitete sie sich so zum Tisch vor. Am Tisch angekommen zog sie sich an der Tischkannte hoch und streckte ihre Hand nach dem Teil aus. „Mist!“ Ihr Arm war zu kurz. Sie streckte sich und streckte sich, bis sie halb auf dem Tisch lag. Und schnapp. Endlich! Da hatte sie es. Schnell huschte sie wieder zurück in ihr Zimmer und kroch unter die warme Bettdecke. Diesmal ohne auch nur darauf zu achten, dass sie leise war.

Sie hielt das merkwürdig geformte Ding in der Hand und drehte es hin und her. Wie ging das wohl an? Da entdeckte sie einen kleinen Knopf und drückte ihn. „Aaaaaah!“, rief sie, als ein schrilles Piepsen aus dem Ding kam. Schnell schaltete sie es wieder aus. „Mhm, so funktioniert das schon mal nicht“, dachte sie sich. Vielleicht würde es auch schon genügen, wenn man es einfach in der Hand hielt. Aber wie sollte sie es zu Gott bringen, sodass er damit hören konnte? Julia stellte sich auf ihr Bett und streckte sich, soweit es ging. „So ein Mist!“, sagte sie zu sich selbst. „Ich bin zu klein. So schaff ich’s nie bis zum Himmel. Wie soll Gott denn jetzt dieses Ding bekommen? Der wird mich doch nie hören.“ Geknickt ließ sie sich auf ihr Bett plumpsen. Sie war enttäuscht und sauer. Sie war einfach immer zu klein. Zu klein, um mit ihrem großen Bruder zu spielen, der es nur peinlich fand, sie irgendwohin mitnehmen zu müssen. Sie war zu klein, um an den Schrank zu kommen, in dem Mama die Süßigkeiten versteckte. Sie war zu klein, damit Gott ihr zuhörte oder zu klein, um etwas daran zu ändern, damit Gott ihr zuhören konnte. Immer war sie einfach zu klein. Auch ihre Eltern sagten oft zu ihr: „Das verstehst du noch nicht, Julia. Dafür bist du einfach noch zu klein.“

Julia hatte es satt, so klein zu sein. Vor lauter Wut traten ihr schon Tränen in die Augen. Sie zog ihre Bettdecke bis über den Kopf und vergrub das Gesicht in ihrem Kopfkissen.