VVorwort

Whose job is it?

This is a story about four people named Everybody, Somebody, Anybody, and Nobody.

There was an important job to be done and Everybody was asked to do it.

Everybody was sure Somebody would do it.

Anybody could have done it, but Nobody did it.

Somebody got angry about that, because it was Everybody’s job.

Everybody thought Anybody could do it but Nobody realized that Everybody wouldn’t do it.

It ended up that Everybody blamed Somebody when Nobody did what Anybody could have done.

Vielleicht wollen Sie lediglich wissen, was sich hinter dem schillernden Begriff „Teammanagement“ verbirgt. Vielleicht denken Sie bereits darüber nach, ob und wie „Teammanagement“ in Ihrem eigenen Unternehmen, Aufgabengebiet oder Ihrer Abteilung funktionieren könnte. Möglicherweise sind Sie auch schon Betroffener, dem ein „Teamleiter-Posten aufs Auge gedrückt wurde“ ohne entsprechend darauf vorbereitet worden zu sein. Oder Sie sind plötzlich als Mitglied für ein „Kernteam“ benannt worden und wollen nicht nur der Dinge harren, die da auf Sie zukommen werden, sondern beginnen mit diesem Buch eine aktive Vorwärtsstrategie.

Ganz gleich, ob Sie also Interessierter, Geschäftsführer, Führungskraft, Teamleiter oder Teammitarbeiter sind, Sie werden in diesem Buch praxisnahe Anregungen und Hilfestellungen finden, unabhängig davon, ob Sie den „Teamalltag“ erst Wirklichkeit werden lassen wollen oder ihn bereits bewältigen müssen.

Bei diesem Buch handelt es sich um ein How-to-do-Buch, ein Arbeitsbuch, das aus der Praxis für die Praxis geschrieben wurde. Sie finden im Einzelnen:

Kapitel 1 umreißt die Notwendigkeit neuer Arbeitskonzepte im Zuge des Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft. Es stellt Chancen und Grenzen der Teamarbeit heraus und klärt den Begriff Team in Abgrenzung zur altbekannten „Arbeitsgruppe“.

VIKapitel 2 beinhaltet systematische Erläuterungen zu den Erfolgsfaktoren für Teamarbeit, zur optimalen Zusammensetzung von Teams, zu den notwendigen Entwicklungsschritten im Leben eines Teams, zum richtigen Umgang mit Konflikten im Team und zur Gestaltung des organisatorischen Rahmens für Teamarbeit.

Kapitel 3 befasst sich mit den Aufgaben, die in jedem Team erfüllt werden müssen, und der Rolle des Teamleiters auf dem „Spielfeld“ des Teams.

Kapitel 4 gibt Hinweise auf die Bedeutung von Qualifizierung und Coaching für das Gelingen der Umgestaltung eines Unternehmens hin zur Teamorganisation.

Kapitel 5 schildert kurz die möglichen „Problemzonen“ der Teamarbeit.

Kapitel 6 will Hilfestellung geben, wie Teams über die einzelnen Hürden und Barrieren der gemeinsamen Entwicklungsstufen geführt und begleitet werden können.

Die Anwendung der praxisbezogenen Theorie in jedem Kapitel wird durch Merkblätter, Checklisten und Fragebögen unterstützt. Sie finden in jedem Kapitel Arbeitsmaterial, das Sie in Ihrer täglichen Praxis einsetzen können.

Die 5. Auflage integriert die unterschiedlichen neueren Strömungen in der Teamdiskussion und bringt das Buch damit auf den aktuellsten Stand.

Es zeigt auf, dass Teamführung und Teamentwicklung in der kommenden digitalen Welt die notwendige „Software“ darstellt, um eine effektive Zusammenarbeit mit den „Digital Natives“ erst möglich zu machen.

Die mit der Digitalisierung einhergehende Leistungsverdichtung, die gesteigerten unternehmerischen Anforderungen, aber auch die zunehmende Individualität der Mitarbeiter erzeugen dabei eine brisante Mischung, die Teamführung heute zu einer besonderen Herausforderungen macht.

Darüber hinaus trägt die abnehmende „Führungsbereitschaft“ bei den Führungskräften und der zunehmende Unwillen bei den Mitarbeitern VII„sich führen zu lassen“ wesentlich zu der Herausforderung bei, „erfolgreich im Team“ sein zu können.

Dieses Buch ist das Ergebnis jahrelanger praktischer Arbeit in Training, Beratung und Organisationsentwicklung mit Hunderten von Führungskräften und Mitarbeitern zahlreicher Firmen.

Es ist in gewisser Weise die Quintessenz ihrer Fragen, Wünsche und Bedürfnisse im Hinblick auf Teamführung und Teamarbeit.

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Darüber hinaus ist dieses Buch auch das Ergebnis von Teamarbeit. Es ist sozusagen eine „Teamleistung“. Es ist ein Buch  über Teams verfasst von einem Team.

Deshalb gilt mein besonderer Dank Cornelia Haug, meiner Teamkollegin, die mich immer mit Rat und Tat unterstützt hat.

Insbesondere möchte ich an dieser Stelle auch noch allen Kunden, Freunden und Kollegen danken, die durch ihre Fragen, Anregungen und unterstützende Diskussionsbeiträge dieses Buch in dieser Form möglich gemacht haben.

Augsburg, im Januar 2016

Christoph V. Haug

1 1. Kapitel
 
Teammanagement – Das Ende der Hierarchien?

1.1 Teamorganisation – Mode oder Notwendigkeit?

Die meisten Unternehmen sind heute nach Grundprinzipien organisiert, die vor mehr als zweihundert Jahren von Adam Smith begonnen wurden und eine fundamentale Revolution einläuteten: die Fragmentierung der Arbeit, die Arbeitsteilung. Was damals für viele fast über Nacht zum totalen Wettbewerbsvorteil wurde, wird heute und in der nahen Zukunft den meisten Unternehmen enorme Probleme bereiten, denn die Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln haben sich in den letzten Jahrzehnten wesentlich verändert (vgl. Megatrends 2020, McCrystal 2015):

Sicherlich ist die Aufzählung nicht vollständig, aber sie zeigt in beeindruckender Weise, dass diese Einflüsse direkt oder indirekt auf Unternehmen und ihre Wettbewerbsfähigkeit einwirken. Das bleibt nicht ohne Konsequenzen. Gefordert werden künftig z. B.:

Dabei bereitet die herkömmliche Arbeitsweise z. T. erhebliche Probleme:

3Die zukünftige Wirtschaftskraft wird zunehmend von Qualität, Service, ständiger Innovation und Verbesserung sowie steigender Anpassungsfähigkeit und Mitverantwortung abhängen. Mitarbeiter, die fest in den Organisationen eingebunden, flexibel, vielseitig ausgebildet und durch ständige Schulung immer auf dem neuesten Stand sind und darüber hinaus in autonome Teams zusammengefasst werden, machen den Weg frei, auf dem diese Strategie durchzusetzen ist.

Diese veränderten Anforderungen werden zwangsläufig wesentliche Auswirkungen auf die Organisation von Arbeit und Produktivität haben, die eine radikale Umorientierung erzwingen.

Die provokative These lautet: Unternehmen, die gestern besonders gut funktionierten, werden gerade deshalb in der Zukunft die größten Probleme haben (vgl. Dierke, Houben 2013).

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Abb. 1: Optimum der Arbeitsteilung

Die Konsequenz ist deshalb ebenso paradox wie einfach: Die Rückführung der Fragmentierung von Arbeit auf eine praxisorientiertere Teamarbeit.

Wie aus Abb. 1 hervorgeht, bedeutet das, dass wir ein neues „Optimum der Arbeitsteilung“ finden müssen, bzw. dass das „Rad der Arbeitsteilung“ an bestimmten Stellen wieder ein Stück zurückgedreht 4werden muss. Überspitzt gesagt, „drehen“ viele Unternehmen inzwischen im „roten Bereich“ der Arbeitsteilung, ohne es direkt zu merken. Fatalerweise bedeutet nämlich ein Mehr an Arbeitsteilung u. a. auch ein Mehr an Schnittstellen, was widerum auch ein Mehr an Fehlerquellen mit sich bringt. Relativ unproblematisch ist dieser Sachverhalt bei „technisch voll beherrschten Prozessen“, problematisch wird dies überall dort, wo Menschen in Prozessketten involviert sind, die mit all den Unschärfen, Höhen und Tiefen menschlicher Leistungsfähigkeit und Bereitschaft behaftet sind. Der Grad der produktivitätssteigernden Arbeitsteilung schlägt deshalb relativ bald in eine kontraproduktive Abstimmungsproblematik um. Diesen Kulminationspunkt des Optimums zu finden, ist eine der entscheidenden Herausforderungen bei der Neugestaltung von Teamorganisationen.

Hier wird das ganze Dilemma offensichtlich. Einerseits nimmt der Grad der Komplexität der Aufgabenstellung ständig zu, d. h. eine Person allein kann vielfach die anstehenden Aufgaben fachlich oder umfangmäßig nicht mehr bewältigen, andererseits läuft man bei zu vielen Beteiligten Gefahr, sich gegenseitig erhebliche Abstimmungsprobleme zu machen. Die Kunst liegt darin, aufgabenbezogen die richtige Anzahl und Zusammensetzung der Teammitglieder zu erreichen.

Weitergedacht bedeutet das, daß der Markt bzw. der Kunde die prozessorientierte Teamorganisation einfordern wird, da sie schon von der Anlage her ein erheblich höheres Potential an Kundenorientierung beinhaltet als die optimale Linienorganisation . Denn unternehmensinterne Reviergrenzen und organisatorische Schnittstellen behindern nicht nur die Effizienz und bremsen die Geschwindigkeit der Prozesse, sondern sind insbesondere „kundenfeindlich“.

Teammanagement wird daher die Arbeitsform der Zukunft für alle hierarchie- und fachübergreifenden Aufgaben und Vorhaben, da die konsequente und durchgängie Anwendung die Aufgabenabwicklung transparenter, rationeller, schneller und für alle Beteiligten besser steuerbar macht.

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Abb. 2: Veränderungen, die mit der teamorientierten Organisationsform verbunden sein können (vgl. Oetting 2008 )

In Abb. 2 sind wesentliche Konsequenzen für die Organisation der Zukunft zusammengestellt. Eine bedeutende Veränderung wird die 6z. T. deutliche Verringerung der Hierarchie ebenen darstellen, die neben Kostengesichtspunkten insbesondere die Reaktions- und Entscheidungsgeschwindigkeit erheblich positiv beeinflussen wird.

Die zweite wesentliche Veränderung wird die notwendige Verlagerung der Macht weg von den Fachbereichen hin zur Verantwortung für die Wertschöpfungskette betreffen. Überspitzt ausgedrückt haben viele Organisationen vergessen, dass den Leistungsabnehmern bzw. Kunden in erster Linie das Produkt bzw. die Dienstleistung interessiert, während die arbeitsteilige Hierarchie häufig mehr klar abgegrenzte Aufgabenpakete wünscht, die oftmals das Gesamtinteresse in den Hintergrund treten lassen. Die dadurch entstehenden Schnittstellenprobleme gehen dabei oft zu Lasten des Abnehmers bzw. der Funktionstüchtigkeit des Gesamtproduktes.

Zum Dritten werden die Marktveränderungen den bisherigen Grad der Starrheit deutlich beeinflussen. Die zu erwartenden Schwankungen zwingen zu einer flexibleren Form der Organisation.

Nur wenige Firmen werden sich in der Zukunft noch den Luxus leisten können, externe Leistung erst dann einzubinden, wenn „Not am Mann“ ist. Wie bereits viele praktische Beispiele zeigen, lässt sich durch die frühzeitige Integration externer Leistungen eine bessere Wirtschaftlichkeit und schnellere Reaktionsfähigkeit erzielen.

Außerdem werden sich die traditonellen Über- und Unterstellungsverhältnisse wandeln in Richtung Auftragnehmer-Auftraggeber- bzw. Kunden-Lieferanten-Beziehungen, in denen sorgfältige Ziel- und Ressourcenvereinbarungen eine wesentlich bedeutsamere Rolle spielen als bisher.

Besonders betroffen sein werden von diesen Veränderungen u. a. die Führungskräfte . Von ihnen werden künftig mehr und mehr Kommunikation s-, Team- und Integrationsfähigkeiten gefordert. Die Leitung von Meetings, Teams und Projekten ohne disziplinarische Zugriffe auf die zu Führenden stellt sehr hohe Anforderungen an Teamleiter im psychosozialen Bereich. Das Team-Management fordert und fördert Managementfähigkeiten im realen Einsatz und macht Potentiale deutlich.

7Teammanagement ist die neue und kooperative Form von „Führung ohne disziplinarischen Zugriff“ für mehr Systematik und Motivation in Projektteams.

Die genannten Veränderungsnotwendigkeiten führen dazu, dass immer mehr Organisationen dazu übergehen, im Vorfeld von Entscheidungen – also bereits im Problemlösungsprozess – kooperativ zu arbeiten. In solchen Organisationen bestehen daher Teams, Task Forces, Ausschüsse, Konferenzen etc., in denen sich Menschen verständigen müssen, die

Als Folge müssen wir bei derartigen Problemlösungsprozessen davon ausgehen, dass die beteiligten Personen verschiedene Auffassungen darüber haben,

Die Problemlösung wird noch komplizierter, wenn wir uns bewusst werden, dass es neben den an der Lösung Beteiligten auch noch diejenigen gibt, die vom Problem und dessen Lösung betroffen sind. Die Erfahrung lehrt, dass Problemlösungen aus der Sicht der Betroffenen meist anders bewertet werden als aus der Sicht der Problemlöser. Hinzu kommt, dass die Betroffenen oft mehr über Problem und Problemlösung wissen als die von der Situation distanzierten Problemlöser. Sie können mehr Detailinformationen beitragen und haben oft bereits Ideen für Lösungen. Bei Nichtbeteiligung gehen diese verloren. Der Aufwand der so genannten „Experten“ wird dadurch unnötigerweise größer.

8Das ist der pragmatische Grund, warum es sinnvoll ist, die Betroffenen nicht nur über eine Entscheidung zu informieren, sondern sie bereits in den Problemlösungsprozess einzubeziehen. Zweifellos erzielt man damit Lösungen, die nicht nur akzeptiert werden, sondern oft auch besser sind als die aus dem Elfenbeinturm. Bei effizienter Durchführung des Problemlösungsprozesses wird man auch schneller zu einer Lösung kommen.

Problemlösungen im Team sind um so sinnvoller und notwendiger,

Salopp ausgedrückt liegt die Stärke von sich selbst führenden Teams in der Tatsache, dass Leute, die in Gruppen von zehn bis dreißig zusammengeschlossen sind, die Chance haben, sich gegenseitig gut kennen zu lernen, fast jede Einzelarbeit zu erlernen, die sonst die anderen bewältigen, sich ohne große Umstände abzusprechen und zu einigen und unter einer entsprechenden Führung am Ende auch Teamgeist und ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln. Deshalb gilt: Teamarbeit führt zur besseren Qualität und macht mehr Spaß!

1.2 Team- versus Linienorganisation: Die erste Hürde

Die aufgezeigten Veränderungen und Zwänge durch Markt, Aufgabenstellung, Technologie und Menschen können nur noch effizient bewältigt werden, wenn auch auf der untersten operativen Ebene eigenständig gedacht, qualifiziert entschieden und am Ort des Geschehens koordiniert wird. Das heißt insbesondere, dass über Arbeitsplatz-, Abteilungs- und Ressortgrenzen hinweg kommuniziert und kooperiert werden muß. Dies verlangt die neue, an den Funktionen und Aufgaben ausgerichtete Organisationsform der „crossfunktionalen Teams“ (fach- und abteilungsübergreifende Teams), die im Wesentlichen durch zwei Merkmale gekennzeichnet ist:

Erfolgreiche Teamarbeit ist somit ohne bereichs- und hierarchieübergreifende Kooperation nicht möglich!

Damit aber werden die strukturellen Grundprinzipien der hierarchischen Organisation unmittelbar in Frage gestellt. Obwohl wir in nahezu allen Bereichen der Zusammenarbeit arbeitsteilig und hierarchisch organisiert sind, lässt sich deutlich erkennen, dass in den letzten Jahren ein schleichender Wandel stattgefunden hat. Die Grundstrukturen der Organisationen sind zwar immer noch die gleichen, aber die Art, wie wir zusammenarbeiten und Entscheidungen treffen, vollzieht sich zum Teil bereits nach den neuen Prinzipien der Teamorganisation. Diese sind mit einer klaren hierarchischen Ordnung und einer eindeutigen Arbeitsteilung nicht mehr vereinbar und führen deshalb zu massiven Störungen und Konflikt en im System.

Teamorganisation will diesen notwendigen Veränderungen durch die Anforderungen der Praxis nun einen offiziellen Charakter geben.

Um jedoch Sinn und Zweck einer Teamorganisation in vollem Umfang erfassen zu können, müssen zunächst die Prinzipien der bestehenden Linienorganisation herausgearbeitet werden, denn erst die Einsicht in die Stärken und Schwächen der Linienorganisation macht die Chancen und Grenzen der Teamorganisation deutlich.

Umsetzung des „Herrschaftswillens“

Ein erstes wesentliches Prinzip der Linienorganisation besteht in der schriftlichen Fixierung sämtlicher Abläufe, an deren Steuerung und Überwachung die Führungsspitze interessiert ist. Ziel ist es, die Arbeitspraxis und den Weg des Führungswillens von der Spitze bis zur letzten ausführenden Instanz und wieder zurück umfassend zu dokumentieren und das nicht nur in Form von Erlassen, Gesetzen, Verträgen, gelegentlichen Berichten und Mitteilungen. Dieses Verfahren ermöglicht weitgehende Transparenz bezüglich der aktuellen 11Vorgänge und zudem eine lückenlose Kontrolle der Verwaltungsvergangenheit. Dies wiederum ist die Voraussetzung für eine entsprechende Analyse der Vergangenheit und damit auch einer zielgerichteten Korrektur oder Planung zukünftigen Verhaltens. So wird dafür gesorgt, dass der Herrschaftswille nunmehr wirklich in der beabsichtigten Weise „unten“ ankommt und die „Spitze“ gleichzeitig auch weiß, dass und wie er „unten“ angekommen ist.

Top-Management als „Schnittstellenmanager“

Ein zweites wichtiges Prinzip der Linienorganisation ist die Tatsache, dass allein die vertikalen Verbindungslinien institutionalisiert werden und horizontale Abhängigkeitsverhältnisse in keiner Weise geregelt sind. Kompetenzprobleme treten aufgrund dieser Struktur nicht auf, da alle ressortübergreifenden Themen und viele neue Themen, die noch nicht ressortmäßig aufgeteilt sind, automatisch in den Entscheidungsbereich der höheren und höchsten Instanzen fallen.

Doch mit der zunehmenden Komplexität der Aufgaben und dem soziokulturellen Wandel stößt die hierarchische Organisationsform immer deutlicher an ihre Grenzen und der Übergang zu anderen, flexibleren Organisationsformen wird immer dringlicher. Hier gilt Teamorganisation als die Alternative.

Teams erfüllen zahlreiche, manchmal auch unausgesprochene oder unbewusste Aufgaben! Doch ihre Einbettung in die bestehende Organisation ist oft schwieriger als die Initiatoren glauben, weil zwischen Teamorganisation und traditioneller Linienorganisation eine gravierende strukturelle Widersprüchlichkeit besteht (vgl. Kunz 1994, Dierke, Houben 2013).

So können Projektteams als soziale Gebilde „auf Zeit“ verstanden werden, in denen Menschen zur Erreichung besonderer, „einmaliger“ Ziele zusammenarbeiten. Zur Definition des Projektes gehört die zeitliche Begrenzung, die zu Projektbeginn feststeht, weil die Termineinhaltung ein zentrales Erfolgskriterium darstellt. Das planmäßige Ende eines Projektes ist ein wesentliches Ziel des Projektes.

12Im Gegensatz dazu sind Unternehmen mit ihren Linienorganisationen soziale Gebilde „auf Dauer“, um bestimmte Ziele und Aufgaben, die sich häufig wiederholen, gemeinsam zu erreichen. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass im Gegensatz zum Projekt die Linienorganisation auf Beständigkeit angelegt ist. Bildhaft formuliert heißt das, Projekte sind per se „sterblich“, während die Linie tendenziell für das Bestreben nach „Überzeitlichkeit“ steht. Nur so lassen sich bestimmte Führung sprobleme bei der Teamarbeit verstehen.

Auf der organisatorischen Steuerungsebene sind die aus dieser strukturellen Widersprüchlichkeit resultierenden Schwierigkeiten erkannt und zum Teil gelöst. Wie immer hinkt jedoch die Lösung der mehr psychosozialen und mental-einstellungsbedingten Aspekte weit hinterher. Das Grundproblem dabei ist, dass Menschen Spiegelbilder und Produkte der sie umgebenden Alltagskultur und ihrer Prozesse in Freizeit und Beruf sind. An ihrem Verhalten kann die „Krankheit der Organisation und Kultur“ diagnostiziert werden. Insofern ist verständlich, dass die zeitliche Begrenzung von Teamprojekten vielen Mitarbeitern Angst macht, weil sie dem Bedürfnis nach Orientierung und Sicherheit nicht ausreichend gerecht wird.

Nach den bisher gemachten Aussagen könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass zwei so unterschiedliche Organisationsformen unvereinbar sind. Und dennoch gibt es genügend Unternehmen, die sehr erfolgreich Teamarbeit einsetzen, ohne diesen strukturellen Widerspruch gelöst zu haben.

Nach anerkannten aufbauorganisatorischen Grundsätzen sind dem, der für einen bestimmten Aufgabenbereich die Verantwortung trägt, auch die nötigen Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse einzuräumen, damit er seiner Verantwortung nachkommen kann. Doch gerade hier liegt für viele Teamleiter ein zentrales Problem: Sie haben nicht die notwendigen Kompetenzen, die sie zur erfolgreichen Realisierung ihrer Arbeit benötigen.

Darüber hinaus gibt es noch weitere „eingebaute“ Probleme und Schwierigkeiten, die Teamorganisation und Teams in der Praxis das Leben schwer machen. Tatsächlich macht beim Wechsel von herkömmlichen Strukturen zu Teamorganisation nicht nur die Mentalität der Mitarbeiter Probleme, sondern insbesondere:

Herrschaftsgehabe der Initiatoren, das die Illusion kompensieren soll, man könne bei dem langfristigen Ziel der Institutionalisierung des Teamkonzeptes rasche Erfolge erzielen,

schlechte Ausbildung bzw. „Eintagsschulung“ der Teammitglieder, der Teamleiter und der Topmanager,

ungenügende Vorbereitung der Organisation, für die Teilnahme an Teamarbeit Anreize zu schaffen,

Versäumnisse der Organisation, Vorschläge von Teams umzusetzen, bzw. die nicht erfolgte Umsetzung entsprechend stichhaltig zu begründen,

mangelhafte Vorkehrungen der Organisation, die für die Problemlösung erforderliche Information und Unterstützung der Teammitglieder sicherzustellen,

141.3 Was ist ein Team – Was kann es leisten?

Um den Begriff „Team“ herrscht in der Praxis geradezu eine „babylonische Sprachverwirrung“. Der Begriff wird so vielschichtig verwendet, dass seine Unschärfe z. T. zu erheblichen Problemen bei der Einführung und Umsetzung von Teamorganisation führt. Die Assoziationen zum Thema „Team“ umfassen folgende sechs Dimensionen (Abb. 3):

  1.  Erlebnis-Dimension: Das Team wird in erster Linie als eine Gemeinschaft aus Gleichgesinnten, die „auf derselben Wellenlänge funken“, empfunden. Im Vordergrund steht damit der Aspekt gefühlsmäßiger Verbundenheit (z. B. herkömmliche Arbeitsgruppe ).
  2.  Aufgaben-Dimension: Zusammenschweißendes Element ist in diesem Fall die gemeinsame sachliche/fachliche Aufgabenstellung und Herausforderung, zu der jeder seinen spezifischen Teil zum Gelingen beitragen muss (z. B. Projektarbeit).
  3.  Image-Dimension: Ein Team zu sein hat häufig auch einen Marketing-Aspekt. Es ist derzeit eben „in“, sich als Team darzustellen, auch wenn es nur ein strategischer Deckmantel ist, den sich eine Ansammlung von Einzelkämpfern umhängt (z. B. Geschäftsleitung).
  4.  Krisen-Dimension: Häufig finden sich Mitarbeiter erst dann zu einem Team zusammen, wenn es „brennt“, d. h. in Krisenzeiten. Interessanterweise funktioniert das nicht selten erstaunlich schnell und gut. Allerdings ist der Bestand des Teams erfahrungsgemäß von kurzer Dauer und beschränkt sich auf den Zeitraum, in dem problembezogene Feuerwehr-Aktionen nötig sind.
  5.  Prozess-Dimension: Diese Dimension stellt insbesondere den Gesichtspunkt bereichs- bzw. abteilungsübergreifender Zusammenarbeit im Interesse der Sache in den Mittelpunkt. Das Team soll dazu dienen, die durch Arbeitsteilung entstandenen Schnittstellenprobleme wenigstens teilweise (wieder) zu beseitigen (15z. B. Arbeitsgruppen mit interdisziplinärer Aufgabenstellung, die dann als Problemlösungsteams oder „Task Forces“ auf Zeit alle Regeln ausser Kraft setzen dürfen).
  6.  Ergebnis-Dimension: Schließlich können Teams ausschließlich von der Faszination des gemeinsam angestrebten Zieles/Ergebnisses getragen sein. Im extremen Fall berücksichtigt das Team dann den Einzelnen nicht mehr bei seiner Vorgehensweise, sondern für den Erfolg heiligt der Zweck alle Mittel (z. B. Militäreinheit).

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Abb. 3: Assoziationen zum Begriff „Team“

Je nach der Dimension, die in der Praxis im Vordergrund steht, kann die Rollen verteilung und Leistungsfähigkeit eines Teams sehr unterschiedlich sein.

Um den Begriff „Team“ im Einzelnen zu klären, sind zwei Dinge nötig: das Team anhand seiner wesentlichen Merkmale konkret zu beschreiben und die Unterschiede zwischen einer „gewöhnlichen Arbeitsgruppe“ und einem Team zu präzisieren. Bei der Definitionsklärung hilft eine einfache Frage: Wann wird eigentlich ein Team gebildet?

16Ein Team wird immer dann gebildet, wenn ein komplexes Vorhaben eine (interdisziplinäre) Zusammenarbeit erfordert. Teams werden dabei für unterschiedliche Zwecke und Zielsetzungen mit unterschiedlicher zeitlicher Dauer gebildet. Die Bezeichnungen für diese mehreren Arten von Teams variieren von Unternehmen zu Unternehmen. So kann es z. B. „Fachteams“ geben, die über längere Zeiträume eine bestimmte Aufgabe wahrnehmen (z. B. Kundenbetreuung für ein bestimmtes Verkaufsgebiet), oder „Projektteams“, deren Lebensdauer auf die Laufzeit eines bestimmten Vorhabens begrenzt ist (z. B. Innovationen im Bereich der Fertigung), oder „Spezialteams“, wie sie häufig in Krisenfällen befristet als „Strategieteams“ zum Einsatz kommen.

In der Praxis werden Teams meist als sich selbst organisierende und sich selbst steuernde Einheiten eingerichtet.

In diesem Sinne ist ein Team eine Gruppe von Mitarbeitern, die für einen ganzen, geschlossenen Arbeitsgang verantwortlich ist und die das Ergebnis ihrer Arbeit als Produkt oder Dienstleistung an einen internen oder externen Empfänger liefert.

Je nach ihrer Funktion arbeiten die Mitglieder mehr oder weniger intensiv zusammen, um ihre Leistung zu verbessern, alltägliche Probleme zu lösen, ihre Arbeit zu planen und die Ergebnisse zu kontrollieren. Mit anderen Worten: Sie leisten nicht nur Arbeit, sondern organisieren sich auch selbst.

Sich selbst organisierende Teams

Grundsätzlich zeichnen sich jedoch Teams, gleichgültig für welchen Zweck und welche Lebensdauer sie eingerichtet wurden, durch folgende wesentliche Merkmale aus:

Merkmale eines Teams

Angesichts dieser Charakteristika von Teams wird deutlich, dass ein Team mehr ist als eine Gruppe. Team und Gruppe haben zwar verschiedene Gemeinsamkeiten, wie z. B. die Tatsache, dass sie beide aus mehreren Personen bestehen, die ein gemeinsames Ziel anstreben, doch bei näherem Hinsehen sind ihre Unterschiede vielfältig (Checkliste).